Arbeitsdokumentation 2006 - Freiburger Münsterbauverein
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Im Mauermörtel sind die Abdrücke zweier Rundstäbe erkennbar, die beide in vertikaler Ausrichtung<br />
gestaffelt nebeneinander liegen. Beide Rundstäbe besaßen einen Durchmesser von<br />
etwa 16 cm. Ihre Mittelpunkte waren 24 cm voneinander entfernt, ihr Abstand müsste demnach<br />
rund 8 cm betragen haben (Durchmesser und Lage der Rundstäbe ließen sich mit Hilfe einer<br />
Schablone in Form einer Kreisscheibe aus Pappe mit entsprechendem Durchmesser präzise<br />
einmessen).<br />
Beide Rundstababdrücke setzen in vollem Umfang am Oberlager an, während sich unten das<br />
Kernmauerwerk vorschiebt. Der rechte Rundstab war offenbar schräg abgebrochen und besaß<br />
eine Höhe von 22 bis 27 cm, der linke Rundstab von nur etwas über 17 cm, jeweils vom<br />
Oberlager aus nach unten gemessen. Die tiefste Stelle des rechten Abdrucks reicht von der<br />
Mauerflucht gemessen 42 cm in die Mauertiefe, diejenige des linken 33,5 cm. Ihre vertikale<br />
Ausrichtung und ihre Nähe zur Mauerflucht legen nahe, dass sich die Rundstäbe auf der Rückseite<br />
des hier eingebauten Mauerquaders befunden haben, es sich also nicht um Werkstücke<br />
handelt, die innerhalb des Kernmauerwerks wiederverwendet worden sind.<br />
Um die Fundstelle herum weisen viele Werksteine genau dasselbe charakteristische Steinmaterial<br />
mit häufigen Farbwechseln und zahllosen Tongallen auf.<br />
Die Herkunft<br />
Das Auftreten desselben Steinmaterials an den geborgenen Rundstäben und um deren Fundstelle<br />
herum legt nahe, nach deren Herkunft zuallererst innerhalb desselben Bauzusammenhangs,<br />
also im Bereich des Seitenschiffs, zu suchen. Passende Stellen lassen sich an den<br />
Bündelpfeilern auf der Innenseite finden.<br />
Die Bündelpfeiler sind aus einem spornförmigen Kern und insgesamt fünf angesetzten Rundstäben<br />
zusammengesetzt, und sie besitzen auf beiden Seiten noch kurze Fortsätze, womit<br />
sie auf vorgestellte schlanke Rundsäulen reagieren. Der mittige Rundstab an der Spitze ist<br />
mit 24 cm Durchmesser der stärkste und bildet das Auflager für den Jochbogen. Zu beiden<br />
Seiten folgt jeweils ein Rundstab mit 16 cm Durchmesser für die Kreuzrippen der Gewölbe<br />
des Seitenschiffs, dem sich dann wiederum ein Rundstab desselben Durchmessers für den<br />
Schildbogen anschließt, beidseitig mit S-förmigem Profilansatz. Die vorgestellten Rundsäulen<br />
gehören zu einer Blendarkatur innerhalb der Wandnischen im Brüstungsbereich und treten im<br />
höheren Teil der Wand nicht mehr auf.<br />
Die beiden nebeneinander liegenden Rundstäbe gleicher Stärke stimmen sowohl im Durchmesser<br />
von 16 cm, im Abstand zueinander und in der Form des Profilansatzes mit den Beobachtungen<br />
an den Spolien bzw. der Fundstelle überein. Es darf deshalb davon ausgegangen<br />
werden, dass ein Werkstück mit zwei Rundstäben im Bauverlauf wegen schlechten Materials<br />
ausgesondert worden oder vielleicht auch beim Versetzen auseinander gebrochen ist – wie<br />
die abgebrochenen Rundstäbe im Abdruck vermuten lassen. Es wurde dann umgearbeitet und<br />
auf seiner Rückseite geglättet, um doch noch einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden<br />
zu können.<br />
Es kam die Frage nach möglichen Farbspuren an den geborgenen Spolien auf. Nach dem geschilderten<br />
Zusammenhang muss der Stein noch während des Bauverlaufs zweckentfremdet<br />
worden sein und dürfte eigentlich keine Farbfassung tragen. Bei der genaueren Betrachtung<br />
der Spolien konnten solche auch nicht erkannt werden bzw. die danach aussehenden Bereiche<br />
sind Teil der durch den Stein verlaufenden dunkelroten Tonschicht.<br />
Anlagen<br />
3 Aufmaßzeichnungen, M 1.5:<br />
• größtes zusammensetzbares Bruchstück der geborgenen Spolien im Grundriss<br />
• Fundstelle im Grundriss<br />
• Dienstbündel an der Innenseite der südlichen Seitenschiffsaußenwand im Grund-<br />
riss<br />
Überlagerung, M 1:5:<br />
• Spolienbruchstück mit Dienstbündel<br />
• Dienstbündel mit Fundstelle<br />
Stefan King<br />
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