Rundbrief 20 - Bundesverband für körper
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Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik, <strong>Rundbrief</strong> <strong>20</strong> - Juni <strong>20</strong>07 Seite 2<br />
Erika Feyerabend<br />
PRÄNATALDIAGNOSTIK ALS GESCHÄFT.<br />
WIRTSCHAFTLICHE UND FORSCHUNGSPOLITISCHE<br />
HINTERGRÜNDE DES BOOMS<br />
____________________________________________________<br />
Die Pränataldiagnostik als Geschäft wird<br />
von vielen als Realität angesehen. Viele<br />
betrachten die erkannten ökonomischen<br />
Regeln als einen Nebeneffekt. Sie werden<br />
interpretiert im Sinne einer Dienstleistung,<br />
die auf „Gesundheit“ und „Sicherheit <strong>für</strong><br />
Mutter und Kind“ gerichtet ist und halt etwas<br />
kostet. Oder sie werden als Preis <strong>für</strong><br />
eine gesellschaftlich und politisch gewollte<br />
Selektion betrachtet. In beiden Fällen werden<br />
dominierende, gesundheitspolitische<br />
Ziele angenommen, die die Gestalt der Versorgung<br />
schwangerer Frauen bestimmen<br />
sollen und der Ökonomie diffus übergeordnet<br />
sind.<br />
Ob diese Gewichtung tatsächlich stimmt –<br />
also ob politische Absichten tatsächlich kalkulierte<br />
Versorgungskonzepte hervorbringen<br />
und die da<strong>für</strong> erforderlichen Geldflüsse<br />
gezielt fließen, das können und sollten wir<br />
durchaus diskutieren. Derzeit scheint die<br />
Kontrolle von Geldströmen in der Gesundheits-<br />
und Forschungspolitik eines der wenigen,<br />
wirkungsvollen Steuerungsinstrumente<br />
zu sein. Das muss aber nicht heißen,<br />
dass diese Steuerung immer auch gezielte<br />
Effekte erzeugt, die alle beteiligten Akteure<br />
auch alle gemeinsam vor Augen haben. Es<br />
gibt auch sich verselbständigende Prozesse,<br />
gegenläufige Wirkungen, widersprüchliche<br />
Interessen und unterschiedliche Ziele.<br />
Die Regeln im Forschungsbereich – das<br />
alles überschattende Gebot ständiger Innovation<br />
mit möglichst anwendungsorientierter<br />
Ausrichtung – können beim Laborunternehmen<br />
und in der Gynäkologenpraxis<br />
freudig aufgenommen, aber gesundheitspolitisch<br />
ein Ärgernis werden. Ein Krankenhaus,<br />
das im Konkurrenzkampf mit anderen<br />
Kliniken steht, wird die Innovation als<br />
Wettbewerbsvorteil nutzen wollen. Eine<br />
Gynäkologenpraxis, die unter dem Budgetierungsgebot<br />
„leidet“, könnte sich davon<br />
ebenfalls Vorteile versprechen, ebenso wie<br />
das privatwirtschaftliche Laborunternehmen<br />
oder der Gerätehersteller, die beide ihre<br />
Angebotspalette erweitern. Für die Krankenkassen<br />
und den öffentlichen Gesundheitsetat<br />
können sich hier aber Probleme<br />
ergeben. Soll das Angebot in den Leistungskatalog<br />
aufgenommen werden – also<br />
von den Kassen bezahlt werden oder nicht?<br />
Dieses Budget ist offensichtlich limitiert.<br />
Arbeitslosigkeit und Lohndumping haben zu<br />
einem Einnahmeproblem der Kassen beigetragen.<br />
Endlos können hier also keine Innovations-<br />
und Wachstumsgebote widerspruchslos<br />
greifen.<br />
In Debatten um Gesundheitsreformen –<br />
und nun auch der drohenden Pflegeversicherungsreform<br />
– wird vor allem und auf<br />
den ersten Blick die Kostensenkung und das<br />
Kostensparen als Perspektive gehandelt.<br />
Bislang werden 70% aller Gesundheitsausgaben<br />
von den Kassen bezahlt. Das ist eine<br />
enorm komfortable Position <strong>für</strong> die Pharmaindustrie,<br />
die Gerätehersteller, zum Teil