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alexander fehling miriam stein moritz bleibtreu material - GEW

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JOHANN UND ALBERT<br />

O mir war das Herz so voll – Und wir gingen auseinander, ohne einander verstanden zu haben.<br />

Wie denn auf dieser Welt keiner leicht den anderen versteht.<br />

Johanns Vorgesetzten und Gegenspieler Albert lernen wir in<br />

Goethes Arbeitsumfeld als abweisend und herabwürdigend<br />

kennen. Damit eröffnet sich der Spannungsbogen: Wie wird er<br />

mit dem wohl klar kommen? Sobald wir das Nacheinander des<br />

Vorstellungsrituals in der Kirche erlebt haben – erst Johann bei<br />

Lotte, dann Albert bei Lotte und Vater – wissen wir als Zuschauer<br />

noch vor dem Protagonisten, dass Albert auch sein Gegenspieler<br />

in der Liebesgeschichte sein wird. Aus der Kombination dieser<br />

gleichen Rolle in beiden Positionen erfahren wir eine glaubwürdige<br />

Macht-Hierarchie und bangen um unseren Helden: Er<br />

wird es nicht leicht haben. Das wird sofort gespiegelt durch das<br />

Mobbing, dem der Schreibtisch- und Zimmerkollege Jerusalem<br />

ausgesetzt ist. Für uns sind Druck und Hindernisse klar, denen<br />

Johann konfrontiert ist, und die Parallelen in den beiden Handlungs<br />

strängen um Karriere und Liebe sind auch optisch eindeutig<br />

eingeführt.<br />

Durch seine guten Arbeitsleistungen in der ungeliebten<br />

Schreibstube erwirbt sich Johann Sympathie und Vertrauen<br />

seines Vorgesetzten Albert bis hin zum Freundschaftspakt im<br />

Angebot des Du und der Einweihung in die Liebesgefühle. Die<br />

Hierarchie bleibt dabei noch erhalten, scheint nur trügerisch<br />

aufgehoben, wie nur wir wissen. Beim Schießen auf dem<br />

Brief vom 12. August 1771<br />

Jagdausflug kann Johann einerseits Schwäche zeigen ohne<br />

Alberts Wertschätzung zu verlieren. Andererseits ist diese<br />

Aktion auch ein Vorausverweis auf das Schuss-Duell, an dem<br />

die Gegnerschaft zum Höhepunkt kommen wird. Freundschaft<br />

und Gegnerschaft werden als Polarität erzählt in diesen Handlungen.<br />

Regie und Kamera zeigen uns die beiden in der Bildkomposition<br />

meist in Halbnahen oder Halbtotalen, nur selten<br />

im Gegenschnitt sehr naher Gesichter: Es geht nicht um ihre<br />

persönliche individuelle Beziehung; es geht um ihre Rollen<br />

im Themenkontext von Karriere und Liebe. Umso auffälliger,<br />

wenn sich die Hierarchie zwischen den beiden einmal umdreht<br />

in dem kleinen Spannungsbogen, wo Johann Albert sehr konkreten<br />

Rat bei der Wortwahl zur Erklärung seiner Liebe gibt<br />

und Lotte später genau bei diesen Worten in Tränen ausbricht.<br />

Wir erleben damit Johanns Triumph als Liebhaber wie als Dichter<br />

statt seiner; Albert ist nur der Mittler hier bzw. steht zwischen<br />

den beiden eigentlich sich Liebenden. Dies setzt sich fort bis<br />

ans Ende, wo zwar Albert der Ehepartner Lottes wird, aber<br />

Goethe den Triumph der Liebe wie des erfolgreichen Dichters<br />

gleichermaßen davonträgt. Dies ist einer der deutlichsten<br />

Hinweise im Film, wie gelungene Dichtung entsteht, weil wir<br />

die Wirkung unmittelbar emotional miterleben.<br />

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