Dr. Friederike Benthaus-Apel, Köln. - Haus kirchlicher Dienste
Dr. Friederike Benthaus-Apel, Köln. - Haus kirchlicher Dienste
Dr. Friederike Benthaus-Apel, Köln. - Haus kirchlicher Dienste
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Ein im engeren Sinne christlich-normatives Verständnis des Evangelisch-Seins wie es die<br />
Aussage „nach den 10 Geboten zu leben“ zum Ausdruck bringt, findet dagegen weniger Zu-<br />
stimmung. „Daran zeigt sich, dass „Evangelisch-Sein“ als eine selbstverantwortete Haltung<br />
der Gewissensbindung und Anständigkeit definiert (wird), den anderen in seinen differenten<br />
Überzeugungen achtet, für sich selbst denselben Respekt einfordert und zu vorgegebenen in-<br />
stitutionellen Anforderungen auf Distanz geht – und zwar je mehr desto enger sie formuliert<br />
sind.“ (Pollack 2002 :19).<br />
Ein im kirchlichen Sinne partizipatorisches Verständnis des Evangelisch-Seins ist nicht sehr<br />
verbreitet: Nur 33% der evangelischen Kirchenmitglieder (West) sehen es als unbedingt er-<br />
forderlich für das Evangelisch-Sein an, dass man zur Kirche geht und am Abendmahl teil-<br />
nimmt (34%). Und nur für 22% gehört es zum Evangelisch Sein unbedingt dazu, dass man die<br />
Bibel liest. Dagegen gehört es für 71% der Kirchenmitglieder unbedingt zum Evangelisch<br />
sein dazu, dass man gute Werke tut. D.h., Evangelisch zu sein, soll nach der Meinung der<br />
evangelischen Kirchenmitglieder durchaus Folgen in der Lebensführung haben, allerdings<br />
werden diese nicht im Kontext <strong>kirchlicher</strong> Partizipation gesucht, sondern eher unabhängig<br />
von der Institution Kirche gestaltet. Zu ergänzen ist hier, dass die evangelischen Kirchenmit-<br />
glieder der neuen Bundesländer von den Kirchenmitgliedern der alten Bundesländer dahinge-<br />
hend in ihrem Urteil über die Bedeutung des Evangelisch-Seins abweichen, dass sie es etwas<br />
häufiger für wichtig erachten, zur Kirche zu gehen und in der Bibel zu lesen.<br />
Aus dem bisher Gesagten geht hervor, dass die evangelischen Kirchenmitglieder dem institu-<br />
tionellen Aspekt durchaus einen bedeutenden Stellenwert für ihr Selbstverständnis als Chris-<br />
ten beimessen. Man ist evangelischer Christ, weil man (zahlendes) Mitglied der evangelischen<br />
Kirche ist und die von der Institution vorgegebenen integrativen Riten von Taufe und Kon-<br />
firmation vollzogen hat. Das persönliche Glaubensverständnis ist damit jedoch nur partiell<br />
abgedeckt. Die religiöse Praxis und Sinngebung des Evangelischseins folgen individuell ges-<br />
talteten Plausibilitätsstrukturen des Religiösen, welche vor allem auch biographisch verankert<br />
sind.<br />
2.3 Gründe für die Kirchenmitgliedschaft und Erwartungen an die evangelische Kirche<br />
Die Frage nach den Mitgliedschaftsmotiven (vgl. Graphik 5) gibt einen weiteren Einblick, wie<br />
die Kirchenmitglieder ihre Zugehörigkeit zur Institution verstehen.<br />
Es zeigt sich, dass mit 50% die kultische Begleitung der am häufigsten genannte Grund für<br />
die Mitgliedschaft in der Kirche ist, dicht gefolgt von der Begründung, dass „der christliche<br />
10