Dr. Friederike Benthaus-Apel, Köln. - Haus kirchlicher Dienste
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werde in der Regel Zahlenmaterial über die westdeutschen evangelischen Kirchenmitglie-<br />
der präsentieren, da für diese Gruppe Zeitreihen seit 1972 vorliegen.<br />
2. Der Titel „Wieviel Institution braucht Religion?“ spielt auf die Differenz zwischen Reli-<br />
giösität und Kirchlichkeit an. Hierzu kann aus den Kirchenmitgliedschaftsstudien einiges<br />
gesagt werden, da sie es sich zur Aufgabe gemacht haben, diese Differenz näher auszu-<br />
leuchten und zu verstehen, wie evangelische Kirchenmitglieder ihre (christliche) Religio-<br />
sität verstehen und sie sie in dem institutionellen Rahmen der Kirchenmitgliedschaft auf-<br />
gehoben und verankert sehen.<br />
In diesem Zusammenhang steht auch die religionssoziologische Frage zur Diskussion, in-<br />
wieweit sich durch den geringer werdenden Grad der Institutionalisierung von Religion in<br />
der bundesrepublikanischen Gesellschaft (Kirchenaustritte, Rückgang in der Teilnahme<br />
am Gottesdienst) auch insgesamt ein wachsender Trend zur Säkularisierung abzeichnet.<br />
3. Die Frage nach dem nötigen oder für notwendig erachteten Grad der Institutionalisierung<br />
von Religion läßt sich jedoch weder unabhängig von der Rolle der Institution Kirche in<br />
der bundesrepublikanischen Gesellschaft noch unabhängig von ihrer Bedeutung in sozial-<br />
historischer Perspektive beantworten. Auf diese Fragen kann ich in meinem Vortrag nicht<br />
ausführlich eingehen, möchte aber dennoch andeuten, welche Aspekte in diesem Zusam-<br />
menhang m.E. von Bedeutung sind:<br />
3a) Das Mitgliedschaftsverständnis vieler Kirchenmitglieder ist mit geprägt durch die staats-<br />
kirchliche Tradition der evangelischen Kirche. „Seit der Reformation war die Kirche einer-<br />
seits institutionell bis nach dem 1. Weltkrieg vom Staat getragen, was auch in die volkskirch-<br />
lichen Verhältnisse seitdem nachwirkte. Andererseits haben Reformation und Aufklärung die<br />
Freiheit des Gewissens, Denkens und Urteilens befördert. Die Kombination beider Faktoren<br />
scheint in der Mitgliedschaft bei allen Größenverhältnissen gleichbleibend ein relatives<br />
Gleichgewicht von Distanz und Nähe zu bewirken“(Schloz 2003 :10).<br />
3b) Da die Kirchenmitgliedschaft in der Regel durch die Kindestaufe zustande gekommen ist,<br />
wird sie dementsprechend in der persönlichen Biographie zunächst als ein zugeschriebenes<br />
Merkmal erfahren. Erst im Verlauf der eigenen Lebensgeschichte unterliegt sie unterschiedli-<br />
chen Wandlungen und Ausgestaltungen. Die in Elternhaus und Schule erlebte religiöse Sozia-<br />
lisation ist deshalb von nicht unerheblicher Bedeutung für das eigene Mitgliedschaftsver-<br />
ständnis. D.h., für eine angemessene Erklärung der Art und Weise der Kirchenmitgliedschaft<br />
und ihrer Gestaltung von Nähe und Distanz ist der hier angedeutete sozialisationsbedingte<br />
Hintergrund zu berücksichtigen.<br />
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