Department: Radiomachen 2.0 | Gespräch: Sputnikmoderator ...
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n Weit weg<br />
24<br />
Die zweite Heimat in Süd-Ost-Asien<br />
Nach dem Zivildienst hatte ich das berechenbare deutsche Leben satt. Ich musste raus aus die-<br />
sem Leben und diesem Land. Ich war auf der Suche nach einem exotischen Abenteuer, fernab<br />
der sicheren europäischen Grenzen. So ganz nebenbei wollte ich noch ergründen, worin meine<br />
primären Lebensziele in Zukunft bestehen sollen. Und zwar jetzt! Denn: Wann, wenn nicht di-<br />
rekt nach Abitur oder Zivildienst, ist die Gelegenheit günstig, frei wie ein Vogel zu sein?<br />
Von Ludwig Gundermann<br />
Die Neugier der thailändischen Kinder ist unübertrefflich Improvisieren statt meckern: überschwemmte Stadtviertel als Spielplatz<br />
ir schreiben den 2. Oktober 2007, es ist 0:45<br />
Uhr, ein Montag. Dies ist der wahrscheinlich irrealste<br />
Zeitpunkt meines Lebens. Ich betrete das<br />
erste Mal asiatischen Boden. Genauer gesagt: die<br />
Betonlandebahn des Flughafens in Singapur. An<br />
35 Grad bei Nacht kann man sich schon gewöhnen,<br />
denke ich noch, bis mir Sekunden später die<br />
Schweißtropfen das Gesicht hinunter rinnen. Ich<br />
kann nur schwer atmen, die immense Luftfeuchtigkeit setzt<br />
meiner Lunge zu. Und plötzlich kommt mir ein Stück Vertrautheit<br />
in der Fremde entgegen: mein treuer, holländischer Reisekamerad<br />
Arie. Er ist mir bereits in Australien ein guter Freund<br />
gewesen und so haben wir uns entschieden, auch Asien gemeinsam<br />
zu erkunden.<br />
Von rasenden Reisbauern, Tropeninseln und<br />
überfüllten Großstädten<br />
Die nächsten Wochen treibt es uns durch verschiedene Areale von<br />
Singapur, Malaysia und Thailand. Wir bereisen tropische Inselarchipele<br />
wie Tioman Island, die PhiPhi Islands (Drehort für „the<br />
beach“) und Ko Pha Ngan. Wir fahren mit den Magnetschwebebahnen<br />
Singapurs zu den paradiesischen Sentosa-Sandstränden<br />
und dem monströsen Industriehafen. Der Zug rast mit uns von<br />
Singapur nach Kuala Lumpur durch tropische Regenwälder und<br />
verträumte asiatische Dörfer. Wir betreten buddhistische Riesenhöhlen<br />
und werden Zeugen eines Raubzuges heiliger Affen. Sie<br />
entwenden den gesamten Blumenschmuck eines Tempelaltars,<br />
um ihn dann ohne Hast genussvoll zu verspeisen.<br />
Man kann sich aufgrund nicht verriegelter Zugtüren komplett<br />
aus dem fahrenden Zug baumeln und die Freiheit ins Gesicht<br />
wehen lassen. Die Schwierigkeit besteht darin, den Kopf rechtzeitig<br />
einzuziehen bevor ein Hindernis ihn abreißen kann. Das<br />
ist gar nicht so einfach angesichts der in mir explodierenden<br />
Reiseeuphorie. Es ist unsere Vorstellung vom Frei sein: Keine<br />
peniblen Sicherheitsstandards, keine nervenden Kontrollen, keine<br />
unfreundlichen Bürokratiegesichter. Nur der rasende Zug,<br />
wir, freundliche Thais und die Regenwälder. Wir sehen, wie sich<br />
Büffel in Schlammlöchern suhlen und Reisbauern auf ihren Mopeds<br />
die Staubpisten entlang rasen. Reisfelder ziehen sich schier<br />
endlos an den Berghängen entlang.<br />
Verdammte Millionäre<br />
Plötzlich sind wir da, in Kuala Lumpur. Eine Stadt, die größere<br />
Menschenmassen in sich trägt, als sie verkraften kann. Im<br />
Gegensatz zum schicken Singapur liegt hier überall Müll herum<br />
und man kann den langsamen Zerfall der Stadt förmlich<br />
riechen. Wir sind beeindruckt von dieser morbiden Szenerie,<br />
denn alles wirkt realer und älter als die künstlich aufpolierten<br />
Fassaden westlicher Großstädte. All diese unüberschaubar verwinkelten<br />
Gassen, dreckigen Kanäle und riesigen Märkte mit<br />
exotischem kulinarischem Angebot. All das fühlt sich nach einem<br />
wirklichen Abenteuer an, das man eben nicht einfach so in<br />
einem Reisekatalog buchen kann. Wir fühlen uns lebendig wie<br />
nie zuvor. Betrachten die toten Ratten und Kakerlaken auf der<br />
Straße. Der Verstand braucht einige Zeit, um zu begreifen, dass<br />
ein Großteil der Welt völlig anders funktioniert und wirkt als