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Leselust statt Einkaufsfrust<br />
Kinder und Eltern profitieren von der „Leselei“<br />
Von Silke Takacs<br />
nter den Studierenden sind Vorlesungen mal mehr,<br />
mal weniger beliebt - doch eines ist sicher: Fast alle<br />
Kinder lieben es, vorgelesen zu bekommen. Aktuelle<br />
Studien, etwa die von der Bahn AG oder der Stiftung<br />
Lesen initiierten, zeigen jedoch, dass Eltern ihren Sprösslingen<br />
immer seltener vorlesen. Aus diesem Grund hat Dr. Cordula<br />
Günther das Projekt „Leselei“ ins Leben gerufen. Gemeinsam<br />
mit einer Gruppe von Magisterstudierenden möchte sie wieder<br />
mehr Lesen ins Leben der Kleinen bringen.<br />
Eltern sollen Einkäufe entspannt erledigen,<br />
während ihre Kinder pädagogisch wertvoll<br />
bespaßt werden<br />
Den Wunsch, sich auch außerhalb der Universität zu engagieren,<br />
hatte Dr. Günther schon länger. Als in ihrer eigenen<br />
Familie das Problem der Kinderbetreuung zu den Haupteinkaufszeiten<br />
aufkam, hatte sie die zündende Idee: einen Ort zu<br />
schaffen, an dem die Kleinen betreut und gleichzeitig durch<br />
Vorlesen gefördert werden. Wie ein Laden sollte dieser Ort gezielt<br />
zur Rushhour geöffnet werden und den Kindern optimale<br />
Betreuung bieten. „Welches Kind sitzt gerne stundenlang im<br />
Wartezimmer während des Arztbesuches der Mutter oder wird<br />
gerne an der Hand durch die vollen Einkaufsläden gezerrt?“,<br />
so die Dozentin.<br />
Initiatorin des Projekts „Leselei“:<br />
Dr. Cordula Günther<br />
Die Projektidee „Leselei“ entwickelte<br />
Günther im Rahmen des<br />
„Ideenwettbewerbs“ 2008, welcher<br />
vom Gründungsförderungsprojekt<br />
Scidea an der MLU veranstaltet<br />
wurde. Obwohl die Vorleseinitiative<br />
bei dem Wettbewerb nicht den<br />
ersten Platz belegte, bot Scidea<br />
ihr Rechtsberatung und spezielles<br />
Hintergrundwissen an. Daraus entstand<br />
der Kontakt zur städtischen<br />
Wirtschaftsförderung. Weitere<br />
Partner konnten gewonnen werden:<br />
die Stiftung Lesen, die Citygemeinschaft,<br />
die IG Alter Markt und<br />
die Kinderbibliothek Hallmarkt. So<br />
sollen Eltern notwendige Einkäufe<br />
entspannt erledigen, während ihre<br />
Kinder pädagogisch wertvoll bespaßt<br />
werden. Im Projekt „Leselei“<br />
wird ihnen vorgelesen und die Zeit<br />
so sinnvoll genutzt. Auf diese Weise will man<br />
das Interesse an Büchern und am Lesen allgemein<br />
fördern.<br />
„Gerade den Kindern, denen wenig bis überhaupt nicht vorgelesen<br />
wird, kann ein solches Projekt helfen, den ersten Kontakt<br />
mit Büchern herzustellen“, ist Dr. Günther überzeugt. „Vorlesen<br />
soll hauptsächlich Spaß machen und nicht nur pädagogische<br />
Hintergründe haben.“ Dennoch wird für die Zielgruppe<br />
der Vier- bis Achtjährigen ein spezielles Programm bereit gestellt,<br />
in dem klassische Märchen oder Bücher vorgelesen werden,<br />
in denen es um Themen wie Familie, Freundschaft oder<br />
Natur geht. Titelvorschläge basieren auf eigenen Recherchen,<br />
den Ideen der Stiftung Lesen, des Instituts für Kinder und Jugendliteratur<br />
sowie der Hallmarkt–Bibliothek.<br />
Im Unterschied zu anderen Konzepten, bei denen ehrenamtliche<br />
Vorleser in Grundschulen gehen und dort stundenweise<br />
vorlesen, soll das Projekt „Leselei“ ein festes Angebot der Halleschen<br />
Innenstadt sein. Gekoppelt an die Hauptgeschäftszeiten<br />
soll ein fester Ort regelmäßig geöffnet werden. „Auch die<br />
Innenstadt kann von solch einer Kampagne profitieren“, so die<br />
Initiatorin. „Durch das Angebot dieser Vorleseinitiative wird<br />
die Stadt attraktiver und die wirtschaftliche Situation der Unternehmen<br />
kann sich verbessern.“<br />
Das Besondere an der Initiative ist die wissenschaftliche Mitarbeit<br />
von Studierenden. Im Seminar „Projekt Leselei“ entwickeln<br />
MuK-Studierende Vorleseprogramme anhand spezieller<br />
Zielgruppenanalysen und erstellen Musterwochenpläne. Zudem<br />
gehören Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Recherche und<br />
die Entwicklung eines Logos zu ihren Aufgaben. Institutsübergreifend<br />
wird mit den Studierenden der Sprechwissenschaft<br />
kooperiert. Im Rahmen des ersten Bachelor-Moduls „Sprechkünstlerisches<br />
Gestalten“ bereiten sie ausgewählte Vorlesetexte<br />
intensiv vor, welche dann präsentiert werden können. Theorie<br />
wird so durch konkrete Aufgaben praktisch umgesetzt.<br />
Bevor sich das Projekt „Leselei“ etablieren kann, müssen noch<br />
Fragen nach den Rechts- und Sicherheitsvorschriften, der Trägerschaft<br />
und der Kinderbetreuung geklärt werden. Bis dahin<br />
werden die Lesestunden in der Kinderbibliothek und im Cafe<br />
Avecio am Eselsbrunnen veranstaltet. Probeweise kommen<br />
dort Schulklassen und Kindergartengruppen in den Genuss des<br />
Vorlesens. n<br />
Aktuelles, Lesetermine und allgemeine Informationen:<br />
8 www.leselei.de.vu<br />
Lesestunde in der Kinderbibliothek<br />
am Hallmarkt