Download - Konzerthaus Dortmund
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FOTO: GUNTER GLÜCKLICH/DEUTSCHE GRAMMOPHON<br />
den Sprung in die Top Ten der taiwanesischen Popcharts. Und<br />
das mit Werken Chopins.<br />
Doch dieser Erfolg ist hart erarbeitet. Als Kind erfuhr der 1982<br />
im zentralchinesischen Chongquing geborene Yundi Li eine<br />
strenge Erziehung. Sein Vater arbeitete als Manager in der Edelstahlproduktion,<br />
seine Mutter widmete sich ganz seiner musischen<br />
Bildung. Zunächst lernte der Vierjährige am Akkordeon,<br />
wechselte wenig später jedoch zum Klavier. „Ich liebte klassische<br />
Musik und war damit anders als die Kinder aus meiner<br />
Umgebung, die sich prügelten und Fußball spielten“, beschrieb<br />
er in einem Interview mit dem TV-Sender Arte seine außergewöhnliche<br />
Jugend. Eine Ausbildung an der südchinesischen<br />
Kunst- und Musikhochschule in Sichuan formte ihn maßgeblich.<br />
Mehr als einmal geriet er jedoch in Konflikt mit dem von Gehorsam<br />
geprägten System der sozialistischen Volksrepublik.<br />
Li: „Die Erziehung war sehr gut, sehr ernst, die Eltern geben<br />
sehr Acht auf einen, man ist selten sich selbst überlassen. Und<br />
was der Lehrer sagte, musste gemacht werden. Ich aber wurde<br />
oft wütend als Kind, wenn ich zu sehr bevormundet wurde.“<br />
Bereits früh gewann das fernöstliche „Wunderkind“ weltweit<br />
mehrere Preise, so 1995 in den USA bei der Strawinsky International<br />
Youth Competition in Champaign, Illinois, und vier Jahre<br />
später in den Niederlanden bei der Liszt International Youth<br />
Competition in Utrecht. Der Ehrgeiz für das Klavierspiel habe<br />
ihn damals einfach gepackt: „Ich wollte unbedingt erfolgreich<br />
sein auf diesem Gebiet. In China ist man sehr ehrgeizig.“<br />
Er selbst ist obendrein neugierig: „Yundi“ bedeutet im Chinesischen<br />
„Junge“. Und eine jungenhafte Unruhe, den Willen, den<br />
eigenen Horizont ständig zu erweitern, hat sich der künstlerisch<br />
gereifte Li bis heute erhalten: „Vor allen Dingen muss ich einfach<br />
besser werden. Immer besser“, meinte er noch vor einiger<br />
Zeit. Neben seiner internationalen Karriere ließ er sich deshalb<br />
an der Hochschule für Musik in Hannover bei Arie Vardi weiter-<br />
SA 25.11.2006<br />
Klavierabend Yundi Li<br />
Yundi Li, Klavier<br />
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
Sonate Nr. 10 C-Dur, KV 330<br />
Robert Schumann<br />
Carnaval, op. 9<br />
Franz Liszt<br />
Klaviersonate h-moll<br />
Frédéric Chopin<br />
Andante spianato et Grande<br />
Polonaise brillante Es-Dur, op. 22<br />
20.00<br />
_hörbar 04/2006<br />
_porträt<br />
bilden. Das erstaunt, da ihn selbst der große Pianist Krystian<br />
Zimerman mit der Begründung ablehnte, er könne ihm kaum<br />
noch etwas beibringen.<br />
Kann es sein, fragt man sich unwillkürlich, dass dieser junge<br />
Chinese in einem Alter etwas erreicht hat, für das andere ihr ganzes<br />
Leben brauchen? Die Kritiker jedenfalls liegen dem Jungpianisten<br />
bereits jetzt zu Füßen. Klaus Geitel etwa schwärmte nach<br />
dem Berlin-Debüt 2004 in der „Welt“: „Yundi Li braucht nur die<br />
Hände auf die Tasten zu legen, und schon scheint der Flügel verwandelt.<br />
Der leicht fließende, geradezu schwebende Anschlag<br />
bereitet schon schwerelose Seligkeit. Und so bleibt es. Stets<br />
wenn Li sich in ein Lento, ein Andante zurückzieht, ob bei Liszt<br />
oder Chopin, beginnt die Musik zu blühen, zu atmen, zu singen.“<br />
Poetischer kann man sein Klavierspiel wohl nicht umschreiben.<br />
Mit seinen Chopin-Einspielungen<br />
schaffte er es in die Top Ten<br />
der taiwanesischen Popcharts.<br />
Dass Li sich innerhalb seines Exklusivvertrags mit der Deutschen<br />
Grammophon zunächst Liszts h-moll-Sonate und Chopins Impromtus<br />
und Scherzi widmete, hängt übrigens mit seinen Wettbewerbsauszeichnungen<br />
zusammen. Sie machten ihn schnell<br />
zum Experten für diese Musik. Dementsprechend präsentiert er<br />
am 25. November im <strong>Konzerthaus</strong> Werke dieser beiden Komponisten,<br />
darüber hinaus jedoch auch Mozarts C-Dur-Sonate KV 330<br />
und Schumanns „Carnaval“ von seiner neuesten CD „Vienna<br />
Recital“, auf der er – neben seiner glänzenden musikalischen<br />
Ausdrucksfähigkeit – einmal mehr seine überragende, fast mühelos<br />
wirkende Klaviertechnik demonstriert.<br />
Denn Yundi Li ist eben auch ein brillanter Virtuose und Tastenzauberer.<br />
Seine phänomenale Technik scheint kaum an Grenzen<br />
zu stoßen. Risiko und Kontrolle gehen Hand in Hand. Oder wie<br />
Klaus Geitel sagt: „Er spielt Killer-Passagen durchaus draufgängerisch,<br />
brillant und in mitreißend großem Stil. Er besitzt offenkundig<br />
Phantasie in den Fingerspitzen. Es setzt delikate Verzögerungen,<br />
dann wieder ein heftiges Vorschnellen zu schnellen<br />
Attacken. Lis Steigerungsfähigkeiten sind enorm. Sie münden in<br />
die effektvolle, streng kontrollierte Raserei.“ Yundi Li selbst übrigens<br />
vergleicht sein Klavierspiel mit seiner Leidenschaft für Autos<br />
und den Klang ihrer Motoren: „Ich liebe den Klang eines Motors,<br />
jeder hat einen anderen Sound, es ist wie in der Musik. Ein Auto<br />
ist so aufregend, die Mechanik und Technik, die Schönheit des<br />
Designs und auch die Gefahr, in die man sich begibt, wenn man<br />
schnell fährt, sind faszinierend. Klavierspielen kann auch gefährlich<br />
sein. Man weiß nie, was aus dem Konzertabend wird.“<br />
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