BALTIC MEETINGS - Baltic Writers Council
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waren ja so dünn. Und der kalte Winter... Es war furchtbar, es war so furchtbar.”<br />
O-Ton Gramzow<br />
“Und hier stand immer das allerhübscheste Mädchen von Königsberg. Ich habe mit meinem<br />
Vater auch viele Einheiten besucht, mit seinem Jeep. Er nahm mich immer mit. In der Kanonenstraße,<br />
am Rande der Stadt heute, dort stand das Bataillon für Straßenreguliererinnen. Das<br />
waren alles Mädchen, Frauen. Sie waren sehr schick angezogen, sehr diszipliniert, und man<br />
hatte vor ihnen Respekt. Sie waren sehr streng. Und der Kommandeur des Bataillons sagte, die<br />
Hübscheste, die Schönste muss hier an dieser Stelle stehen - vor dem Schloss.”<br />
“Ich bin Wladislaw Gramzow, geboren 1937 in der Stadt Penza. Das ist Wolgagebiet. Meine<br />
Eltern arbeiteten dort. Sie konnten ziemlich gut Deutsch sprechen, nicht perfekt, aber ziemlich<br />
gut konnten sie Deutsch sprechen. Und wir sind natürlich Russen. Nach Königsberg kam<br />
der Vater als Offizier nach dem Sturm im Jahre 1945. Und dann schon im August kamen wir<br />
mit der Mutter. Also ich bin hier seit August 1945 in dieser Stadt, bin hier aufgewachsen. Ein<br />
Jahr, ein Jahr war ich Königsberger, und ich will das nicht vergessen.”<br />
Sprecherin<br />
Königsberg im August 1945.<br />
O-Ton Gramzow<br />
“Als ich und meine Mutter aus dem Eisenbahnwagen ausstiegen, sahen wir ein Gerüst, das<br />
eiserne Gerüst des Südbahnhofes. Und das eigentlich war das einzige, was wir beobachten<br />
konnten, weil ringsum waren nur Steine, völlig ausgebombte Ruinen, zerstörte Häuser, praktisch<br />
wie eine Lunalandschaft. Ich kann mich erinnern, nicht ein einziges bewohntes Haus<br />
haben wir gesehen. Und wir gingen mit ihr durch die Stadt. Sie sprach etwas Deutsch, und<br />
wir suchten nach dem Stab, um dort meinen Vater zu finden. Und dann wir auch die zerstörte<br />
Kant-Universität gesehen. Sein Denkmal stand nebenan, auch zerstört. Also praktisch eine<br />
ganz zerstörte Stadt.”<br />
O-Ton Elvira<br />
“Dies ist ja ein alter deutscher Friedhof. Auf diesem Friedhof haben wir Kinder - wo jetzt Kinotheater<br />
POBEDA ist, da war ein großes Loch, und in dieses Loch haben die Russen Pferde<br />
tote Pferde und Tote und allen Müll da rein geschmissen, sogar Leichen von Deutschen, Zivilleute.<br />
Und diese Leichen, fünf Leichen, haben wir Kinder rausgeholt und auf diesem Friedhof<br />
beerdigt. So ein alter Kinderwagen haben wir raus genommen und, wo die Räder waren, ein<br />
Brett hingelegt. Da haben wir die Leiche hingelegt und hier zu diesem Friedhof gebracht. Und<br />
die Jungens haben ein Loch gebuddelt, und da haben wir die beerdigt. Jeder bekam seinen<br />
Platz - 45. Und denn ein alter russischer Soldat, der kam mit zwei jüngeren Soldaten, hat sich<br />
dann hingehockt, hat sich aus einer Zeitung so eine Zigarette gemacht und hat angeschaut,<br />
was wir machen. Wir konnten ja damals noch nicht viel verstehen, aber wir hatten immer<br />
einen Bleistift und ein Stückchen Papier. Wir haben auf Russisch aufgeschrieben, was er gesagt<br />
hat: Er hat gesagt: ‚Solche Kinder möchte ich haben...’ Denn hat er aus diesem Beutel so einen<br />
Laib Brot genommen, hat das zur Hälfte zerschnitten. Eine Hälfte hat er für die Soldaten und<br />
für sich genommen und die andere Hälfte hat er uns gegeben. Wir waren drei Mädchen, aber<br />
zwei Jungs waren ja noch auf dem Friedhof. Und denn sind wir hingegangen und haben was<br />
verteilt und haben gegessen. Sehen Sie, so was gab’s auch. Darum sage ich ja immer: Es gibt<br />
keine schlechten Völker, es gibt schlechte Menschen. So was gab’s auch.”<br />
Zitator<br />
An den Kommandanten der Stadt Königsberg, Generalmajor Gen. Smirnow<br />
Alle in der Stadt Königsberg aufgefundenen Lebensmittel und Futtermittel sind der Intendantur<br />
zur Verfügung zu stellen. Für die Versorgung der deutschen Bevölkerung sind Mehl aus<br />
gesunkenen Lastkähnen, Kartoffeln aus den städtischen Lagern sowie Fleisch (Kopf, Füße und<br />
Innereien geschlachteter Tiere) aus dem Kühlhaus zu verwenden.<br />
Der Befehlshaber der Etappe der Weißen Front, Generalmajor Roshkow<br />
22. April 1945<br />
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