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Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderates

Wörtliches Protokoll 3.4.2008 - Der Wiener Psychiatrieskandal

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<strong>Untersuchungskommission</strong> 3. April 2008 2. Sitzung / 17<br />

Die Fragen sind hier aus diesem Report entnommen:<br />

Fördert die Politik und/oder die Gesundheitsverwaltung<br />

den Schutz der Menschenrechte<br />

psychisch Kranker, die Entwicklung einer gemeindenahen,<br />

bürgernahen Psychiatrie?<br />

Fördert die Politik die Gesundheitsverwaltung,<br />

die Zusammenarbeit zwischen Patient,<br />

Familie, Behandlern im Sinne <strong>des</strong> Trialogs?<br />

Das Empowerment von PatientInnen und deren<br />

Familien?<br />

Die Stärkung, die Bekräftigung, das Kraftverleihen<br />

für PatientInnen, um selbst die ihnen zustehenden<br />

Rechte in Anspruch zu nehmen?<br />

Die Kooperation zu anderen Teilen <strong>des</strong> Gesundheitssystems?<br />

Die Verantwortung für Bedürfnisse bislang<br />

Unterversorgter? Denken Sie daran, dass Studien<br />

ergeben haben, dass 70 % der Obdachlosen<br />

schwere, psychiatrische Störungen aufweisen,<br />

die heute auch zu jener Gruppe zählen, die<br />

auch weitgehend unterversorgt sind.<br />

Fördert die Politik ein kontinuierliches Monitoring<br />

und Evolution von Diensten?<br />

Dieselben Fragen jetzt konkretisiert auf die<br />

Einrichtungen: sind die Dienste umfassend, sind<br />

die Dienste koordiniert?<br />

Sind sie in die Grundversorgung integriert?<br />

Werden die Bedürfnisse von Kindern, von<br />

Jugendlichen, von Frauen, von alten Menschen,<br />

von MigrantInnen, von definierten diagnostischen<br />

Gruppierungen, fiktiv Gestörten, Schizophrenen,<br />

Essgestörten berücksichtigt?<br />

Erfolgen Aufklärung und Prävention in ausreichendem<br />

Maße?<br />

Wird das Stigma als sehr häufig die 2. Erkrankung<br />

auch berücksichtigt?<br />

Sind die Behandlungen und die rehabilitativen<br />

Bemühungen auch Medizin - basiert?<br />

Ist der Standort für die Personalausbildung<br />

ausreichend?<br />

Das sind Fragen, die ich eben auch aus dem<br />

World Health Report auch entnommen habe und<br />

die sicherlich auch hier von Bedeutung sind.<br />

Die versorgungspolitischen Leitlinien denen<br />

sich wir in Österreich verpflichtet fühlen und die<br />

in Österreich weitestgehend auch verwirklicht<br />

sind, setzen einmal die Gleichstellung von psychisch<br />

Kranken mit körperlichen Kranken voraus.<br />

Fordern eine Therapie und Rehabilitation, die<br />

dem Bedarf gerecht wird und auch den Bedürfnissen<br />

der einzelnen PatientInnen entspricht. Die<br />

Orientierung zum einzelnen Kranken bzw. zu<br />

<strong>des</strong>sen, wie erwähnt, Bedürfnissen und Zielvorstellungen,<br />

die Integration der psychiatrischen<br />

Versorgung in die soziale, medizinische Grundversorgung,<br />

die Gemeindenähe, die Bürgernähe,<br />

die Nähe zum Patienten mit entsprechender<br />

Regionalisierung der Angebote und schlussendlich<br />

Strukturen, die die Dienste koordinieren und<br />

eine optimale Kooperation der unterschiedlichen<br />

psychosozialen Dienste auch gewährleisten.<br />

Österreich hat sich sicherlich auch bereits in<br />

den 70iger Jahren mit der Psychiatriereform<br />

beschäftigt. Ich erinnere an den <strong>Wiener</strong> Zielplan<br />

1979. Etwas früher habe ich als damaliger Beauftragter<br />

im Sozialpsychiatrischen Dienst der<br />

autonomen Provinz Bozen-Südtirol in Italien<br />

auch hier den PSD beraten können beim Aufbau<br />

von entsprechenden Einrichtungen. Es kommen<br />

dann in der mittleren Phase der Psychiatrieplanung,<br />

der Reformplanung die Länderpläne – wir<br />

waren in Tirol die ersten, die einen psychiatrischen<br />

Lan<strong>des</strong>plan verabschiedet haben – Salzburg,<br />

Niederösterreich, Steiermark und schlussendlich<br />

die aktuelle Bemühung im Rahmen <strong>des</strong><br />

ÖKAP, beispielsweise im Jahr 2003, schriftstruktureller<br />

Bedarf in der psychiatrischen Versorgung.<br />

Sicherlich war Österreich in diesen 35<br />

Jahren auch erfolgreich im Aufbau von Einrichtungen.<br />

Im Jahr 1974 hatten wir in ganz Österreich<br />

inklusive der Versorgung von psychisch<br />

Kranken, gestörten Kindern und Jugendlichen<br />

inklusive von Einrichtungen, die sich spezifisch<br />

den Bedürfnissen von Patienten in Suchtfragen<br />

gewidmet haben, hatten wir zehn psychiatrische<br />

Krankenhäuser. Heute haben wir schon über 30,<br />

2004 waren es 28 Einrichtungen. Sie sehen<br />

auch, dass ein sehr beeindruckender Abbau von<br />

psychiatrischen stationären Behandlungsfällen<br />

war.<br />

Und der Gesundheitsbericht <strong>des</strong> Jahres 2006<br />

bezeichnet auch die Reduktion <strong>des</strong> Bettenumfanges<br />

– ich möchte lieber sagen, der stationären<br />

Behandlungsplätze – an den Standorten<br />

psychiatrischer Krankenhäuser zugunsten <strong>des</strong><br />

Ausbaues wohnortnahen dezentraler Abteilungen<br />

in allgemeinen Krankenhäusern als Indikator,<br />

als wesentlichen Indikator für eine erfolgreichend<br />

verlaufende Psychiatriereform. Ich möchte<br />

hier noch einsetzen, dass nicht nur als Indikator<br />

die Strukturierung, die Errichtung von wohnortnahen<br />

Abteilungen für Psychiatrie in allgemeinen<br />

Krankenanstalten zu gelten hat, sondern auch,<br />

wie die psychosozialen Dienste in den jeweiligen<br />

Regionen auch ein multiprofessionelles Angebot<br />

an die betroffenen PatientInnen zu richten in der<br />

Lage sind.<br />

Ich möchte jetzt noch etwas näher über die<br />

Grundzüge der psychiatrischen Versorgung<br />

sprechen und Ihnen summarisch, das heißt ich<br />

möchte von den allgemeinen Voraussetzungen<br />

einer guten, ausreichenden psychiatrischen Versorgung<br />

sprechen.<br />

Als erstes ist sicherlich einmal die Multidisziplinarität,<br />

die Multiprofessionalität im Rahmen<br />

der psychiatrischen Versorgung ein wesentlicher<br />

Punkt. Dann die Dezentralisierung, die Regiona-

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