Untersuchungskommission des Wiener Gemeinderates
Wörtliches Protokoll 3.4.2008 - Der Wiener Psychiatrieskandal
Wörtliches Protokoll 3.4.2008 - Der Wiener Psychiatrieskandal
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<strong>Untersuchungskommission</strong> 3. April 2008 2. Sitzung / 29<br />
entfernen kann. Also die Fixierung ist je nach<br />
Notwendigkeit, wird eben auch eine Zwei-Punkt-<br />
Fixierung, wo ich eben auch zwei Punkte, die<br />
beiden Hände, wie Sie es eben auch an innermedizinischen<br />
Abteilungen, ja immer wieder<br />
notwendig ist, gesehen haben. Es kann dann<br />
beispielsweise auch weiter bei einer beispielsweise<br />
psychomotorischen Unruhe eines Patienten,<br />
der eben sich auch selbst gefährdet, wenn<br />
er immer das Bett in einem benommenen Zustand<br />
verlässt, er aber nicht weiter medikamentös<br />
betreut werden kann, wo dann eben auch ein<br />
Bauchgurt angelegt wird, um eben auch ihm,<br />
dieser Gurt ermöglicht ihm noch eine Bewegungsfreiheit,<br />
er kann sich in verschiedene Lagen<br />
bringen, weil der Gurt eben nicht fixiert ist,<br />
sondern eine bestimmte Bewegung auf Grund<br />
einer entsprechenden Anordnung, eine Bewegungsmöglichkeit<br />
dem Patienten erlaubt. Also<br />
wir haben von Ein-Punkt-Fixierungen bis zu<br />
Fünf-Punkt-Fixierungen je nach, leider je nach<br />
den Erfordernissen, unterschiedliche Möglichkeiten<br />
durchzuführen.<br />
Die zweite Frage: Zentrale gegen dezentrale<br />
Unterbringung, Umsetzung <strong>des</strong> Unterbringungsgesetzes.<br />
Die Frage ist, jede psychiatrische<br />
Krankenanstalt, muss jede Krankenanstalt in der<br />
Lage sein, auch PatientInnen gegen ihren Willen<br />
aufzunehmen. In der Zwischenzeit hat sich eben<br />
auch in Tirol die Möglichkeit ergeben, dass auch<br />
Kufstein eine kleine Einheit mit 35 PatientInnen<br />
auch einen kleinen geschlossenen, virtuell zu<br />
schließenden Bereich hat und sie auch die Aufnahme<br />
dort durchführen. In der ersten Zeit mit<br />
nicht ausreichenden Fachärzten, die eben auch<br />
an 365 Tagen <strong>des</strong> Jahres nicht auch den Dienst<br />
hätten aufrecht erhalten können, war eine Vereinbarung,<br />
dass das psychiatrische Krankenhaus<br />
<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Tirol in Hall die Aufnahmen<br />
gegen den Willen <strong>des</strong> Betroffenen durchgeführt<br />
hat. Also es sind hier bei einer gut funktionierenden<br />
Kooperation von zwei Krankenanstalten<br />
durchaus auch Möglichkeiten der Regelung <strong>des</strong><br />
Unterbringungsbereiches denkbar, und ich würde<br />
sagen, dass das durchaus auch in einer bestimmten<br />
Entwicklungsphase einer dezentralen<br />
Psychiatrie durchaus auch akzeptiert werden<br />
kann und auch eine Notwendigkeit darstellen<br />
kann.<br />
Diese von Ihnen beobachtete selbst aggressive<br />
Verhaltensweise <strong>des</strong> Patienten fordert natürlich<br />
auch eine entsprechende Betreuung <strong>des</strong><br />
Patienten und ist mit Sicherheit auch Grund einer<br />
ärztlichen Intervention. Dass der Arzt etwa<br />
schlussendlich den Patienten in dieser Notsituation<br />
oder in dieser – es ist auch dieser zweite<br />
Patient, der sich da selbst verletzt hat, es muss<br />
nicht eo ipso eine suizidale Handlung sein, sondern<br />
wir erleben beispielsweise gerade das Anrennen<br />
gegen die Wand, das sich Schmerzen<br />
zufügen, auch bei Patienten in einer schweren<br />
Form einer schizophrenen Erkrankung, wo eben<br />
auch das Wissen bezüglich der eigenen Lebendigkeit<br />
schwerstens gestört ist, der Patient verletzt<br />
sich, er rennt gegen die Wand, um sich<br />
noch als lebendig zu erleben, ich lebe noch.<br />
Irgendwie auf Grund einer schwersten Störung<br />
der Ich-Identität oder der Ich-Vitalität fühlt er sich<br />
bereits tot, fühlt er sich bereits eben auch eher<br />
unwirklich. Und seine gesunden Anteile fordern<br />
von ihm, ich will Blut sehen, damit ich doch weiß,<br />
ich lebe, und er rennt dagegen an. Und in dieser<br />
extremen Notsituation braucht er Hilfe, Hilfe eines<br />
Pflegers, Hilfe <strong>des</strong> Arztes, Hilfe eines Psychotherapeuten,<br />
wer immer hier eben auch anwesend<br />
ist.<br />
Vorsitzender Dr. Baumgartner: Frau GR Korosec,<br />
bitte.<br />
GRin Korosec: Herr Professor, ich habe<br />
noch einige Frage im Zusammenhang mit Personal.<br />
Also 1. Wie wird die Sicherheit <strong>des</strong> Personals<br />
in psychiatrischen Einrichtungen gewährleistet.<br />
Ist es üblich, gibt es da irgendeine Norm, für wie<br />
viele PatientInnen soll das Sicherheitspersonal<br />
vorhanden sein. Das ist das eine. Weil im Otto-<br />
Wagner-Spital war bis Ende Dezember 2007<br />
kein Sicherheitspersonal vorhanden, außer für<br />
die forensische Abteilung, also für den Regelbetrieb<br />
nicht, jetzt sind zwei Sicherheitsleute vorhanden.<br />
Ich hätte gerne gewusst, wie das nationale<br />
und international üblich ist. Das zum Ersten.<br />
Zum Zweiten – die Personalbedarfsplanung.<br />
Wie wird das in Österreich angewendet. Da gibt<br />
es ja diesen deutschen Psych-PV, wird der generell<br />
herangezogen, haben Sie das auch in<br />
Innsbruck, vor allem Innsbruck würde mich interessieren,<br />
wird er da herangezogen. Und zwar<br />
frage ich <strong>des</strong>halb, weil ja gerade auch in Innsbruck,<br />
da haben Sie ja Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
auch Gerontopsychiatrie, und da verlangt<br />
ja der deutsche Psych-PV, dass es hier<br />
wesentlich mehr Personal geben soll. Und da<br />
hätte ich gerne gewusst, wie das bei Ihnen in<br />
Innsbruck ist.<br />
Und dann würde mich noch interessieren, wie<br />
Sie ja auch gesagt haben, die Verweildauer<br />
sinkt. Das heißt, ist daher der Psych-PV überhaupt<br />
noch zeitgemäß oder gibt es da auch andere<br />
Überlegungen und Alternativen.<br />
Vorsitzender Dr. Baumgartner: Danke.<br />
Univ.-Prof. Dr. Hinterhuber: Ich lehne prinzipiell<br />
so eine Entwicklung ab, die wir …<br />
Ich finde diese Vorstellung fürchterlich, wie<br />
uns beim Besuch von psychiatrischen Krankenhäusern<br />
in den USA begegnet, wo neben der<br />
Eingangstür ein mit einem Maschinengewehr