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2015-03_pfarrbrief

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Die Darstellungen der zwei Kanzeln im Dom -<br />

eine für‘s Wort, eine für d’Lehr‘<br />

10<br />

Die Kirchenlehrer-Kanzel<br />

Im Kapellenkranz, links vor dem Rudigierkenotaph,<br />

ist die Kanzel der<br />

Votivkapelle aufgestellt. Der Kanzelkorpus<br />

ruht auf einer Bündelsäule mit<br />

achteckigem Fuß. Sechs Stufen führen<br />

zum Kanzelkorb mit vier geschnitzten<br />

Segmenten. Der obere<br />

Abschluss wird von stilisierten Blumen<br />

gebildet, wobei sich jeweils vier<br />

verschiedene Blüten in einem Segment<br />

abwechseln. Das Hauptfeld ist<br />

unterteilt in zwei untereinanderliegende<br />

Felder und widmet sich den<br />

vier großen Kirchenlehrern der Spätantike.<br />

Im ersten Feld, gegenüber der Stiege,<br />

ist Hieronymus, der Übersetzer der<br />

Bibel ins Lateinische, abgebildet. Er<br />

lebte von 347 bis 420 in Trier, Aquileia,<br />

Syrien, Antiochia, Konstantinopel<br />

und Bethlehem. Als Attribut ist<br />

im unteren Feld eine Rute für seine<br />

Bußfertigkeit beigestellt inmitten von<br />

Blättern, Blüten und Früchten. Er<br />

selbst ist darüber mit Buch, Schreibstift,<br />

Kardinalshut und Einsiedlerbart<br />

zu sehen.<br />

Die Kanzel aus der Votivkapelle an<br />

ihrem neuen platz betont die Kirchenlehre.<br />

Der zweite Kirchenlehrer ist Ambrosius;<br />

Schreibfeder, Buch und Mitra<br />

sind seine Erkennungs merkmale, der<br />

Bienenkorb sein Attribut. Er lebte von<br />

339 (Trier) bis 397 (Mailand) und war<br />

29 Jahre Bischof von Mailand.<br />

Das flammende Herz, Lilien und Disteln<br />

erscheinen in dem Feld über Augustinus,<br />

der mit Buch, Feder und<br />

Bischofsmitra dargestellt ist. Augustinus<br />

von Hippo (*354 in Tagaste - Algerien)<br />

war 35 Jahre Bischof von<br />

Hippo, Philosoph, Verfasser vieler<br />

theologischer Schriften und starb 430.<br />

Mit Tiara, Schwurhand und Buch ist<br />

Gregor der Große als Relief im oberen<br />

Feld ins Eichenholz geschnitzt.<br />

Die Heilig-Geist-Taube ist eines seiner<br />

Kennzeichen. Er ist 540 in Rom geboren<br />

und 604 ebenfalls in Rom gestorben.<br />

Nach seiner weltlichen Tätigkeit<br />

als Politiker wurde er Mönch und war<br />

von 590 bis 604 Papst.<br />

Die Wort-Gottes-Kanzel<br />

Die Kanzel im Hauptschiff wird von<br />

sieben Säulen getragen, hat einen<br />

Schalldeckel mit einem neugotischen<br />

Turm, Wimpergen, Krabben und floralem<br />

Rankwerk als Verzierung. An der<br />

Unterseite des Schalldeckels ist eine<br />

Heilig-Geist-Taube montiert. Der gerundete<br />

Stiegenaufgang umschließt<br />

die Jochsäule neben der Orgel im<br />

Chor zur Hälfte und ist mit Maßwerkverzierungen<br />

ausgestattet. In den Feldern<br />

des Kanzelkorpus sind die vier<br />

Evangelisten mit ihren Attributen als<br />

Halbfiguren in Frontalansicht geschnitzt.<br />

Jeweils im Maßwerkrahmen<br />

auf einem vorspringenden Sockel<br />

sind: Matthäus mit Engel, Markus mit<br />

Löwe, Lukas mit Stier und Johannes<br />

mit Adler ersichtlich. Johannes wird<br />

wie üblich bartlos als Jüngling gezeigt.<br />

Allen gemeinsam ist, dass sie<br />

mit offenem Buch oder Schriftrolle zu<br />

sehen sind.<br />

Die Kanzel im Hauptschiff verweist<br />

auf das Wort Gottes.<br />

Seit der Liturgiereform des II. Vatikanischen<br />

Konzils ist die Predigt vom<br />

Ambo aus vorgesehen. Die durch die<br />

Prediger- und Bettelorden eingeführten<br />

erhöhten Lese- und Sprechpulte<br />

hatten ihren praktischen Wert in der<br />

Verständlichkeit und Sichtbarkeit des<br />

Verkünders.<br />

In unserer Alltagssprache haben sich<br />

einige Redewendungen als Synonym,<br />

wie es nicht gemeint war und sein<br />

sollte, erhalten, wie z. B. „abkanzeln“,<br />

„von oben herab“, „von der<br />

Kanzel herunter“ und „über die<br />

Köpfe hinweg“.<br />

Der Domgucker<br />

Dom<strong>pfarrbrief</strong> 3/<strong>2015</strong><br />

Fotos: Franz Wurm

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