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Raumunternehmen

ISBN 978-3-86859-319-8

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Hans J. Lietzmann, Alexandra Ehlers<br />

TEILHABE<br />

106<br />

Platzhirsch oder neue Form von Nachbarschaft?<br />

<br />

In der Debatte um Stadterneuerung, die kommunalen Entwicklungsfragen und den<br />

Ausbau der qualifizierten Bürgerbeteiligung gehören die Fragen nach dem Einfluss von<br />

Lobbyisten, Investoren und Gewerbeverbänden zu den Standardthemen. Bürgerbeteiligung<br />

soll und kann hier immer wieder die Anliegen der Anwohner und der urbanen<br />

Community gegenüber den rein gewerblichen Interessen zur Sprache bringen. Wohlstand<br />

und Wohlfahrt soll sich – gerade in den eng vernetzten Ballungs- und Siedlungsräumen<br />

– nicht allein nach materiellen Verwertungsinteressen bemessen; Lebensqualität,<br />

Bewahrung der urbanen, regionalen oder räumlichen Lebensmuster und die Gestaltungskraft<br />

der bürgerschaftlichen Entwürfe werden hier gegen Profitinteressen und gegen den<br />

spekulativen ökonomischen Gewinn gestellt.<br />

<strong>Raumunternehmen</strong> und ihre neue Form des Raumaktivismus stehen nun in einer<br />

zunächst überraschenden Weise quer zu dieser Debatte. Teilen sie doch einerseits die<br />

Opposition gegen die Verflachung und Stereotypisierung der alleine auf die schnelle<br />

Umsetzbarkeit und Verwertung gerichteten Projektplanungen von Kommunen, Stadtplanern<br />

und Immobilienverwertern. Andererseits aber betreiben sie ihr widerständiges und<br />

oft kreativ-kontroverses Engagement mit den Mitteln betriebswirtschaftlichen Entrepreneurships:<br />

Sie sind ökonomische Unternehmer und gründen Unternehmen zur Raumgestaltung.<br />

Sie erheben zugleich den Anspruch, gehaltvolle, nicht selten nachhaltige<br />

und kommunitäre Entwürfe zur Realisierung zu bringen. Sie sind ökonomisch versierte<br />

Gründer. Und sie haben in der Regel eine ganz und gar individualistische Perspektive.<br />

Dies auch dann, wenn sie mit ihren Gründungsvorhaben über das Ökonomische hinausweisende<br />

Ziele verbinden. Doch kommunizieren sie diese Ziele nur selten ausgiebig und<br />

kaum einmal auf „Augenhöhe“ mit dem räumlichen urbanen Umfeld.<br />

Was aber sind das für Ziele? Sind die Raumunternehmer (individualistische) Verbündete<br />

einer Bürgergesellschaft in dem Sinne, dass sie deren Orientierungen insgesamt<br />

befördern? Stehen die Ziele zur Diskussion mit den Anrainern und Nachbarschaften?<br />

Oder sind sie kreative Individualisten, die sich sozial eher autistisch verhalten und<br />

ökonomisch zu den „Platzhirschen“ werden, die ihre eingesessenen Nachbarschaften und<br />

deren Lebenskulturen verdrängen und zwangsweise umformen? Heißt „Ko-Produktion<br />

von Stadt“, dass alle Interessierten mitmachen können? Womöglich nach formell vereinbarten<br />

festen Regularien der Bürgerbeteiligung und mit hoher Inklusion? Oder dass nur

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