Raumunternehmen
ISBN 978-3-86859-319-8
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die Eingeweihten und diejenigen, die sich dem Masterplan des „Raumprojektes“ ein- und<br />
unterordnen, partizipieren können?<br />
<strong>Raumunternehmen</strong> stehen für nutzergetragene Stadt- und Projektentwicklung und<br />
sind Formen eines bürgerschaftlichen Engagements, welches sich also weder unmittelbar<br />
gegen die Staatlichkeit wendet noch sich vordringlich und altruistisch um die Mitmenschen<br />
bemüht. <strong>Raumunternehmen</strong> verbinden in der Regel die eigenen ökonomischen<br />
Vorteile mit einer Raumplanung, die öffentliche Verantwortung unter mehr Aspekten<br />
als nur denen der Sanierung und reinen Profitsicherung versteht. Sie sind zwar keine<br />
„Weltrettungsprojekte“, sie sind auch nicht rein karitativ gegenüber der Bürgerschaft oder<br />
primär politisch auf eine Umwandlung oder Reformierung öffentlicher Institutionen und<br />
Entscheidungen gerichtet, sondern verfolgen im Kern auch ein individuelles Anliegen.<br />
Dennoch sind sie „geprägt von nicht-formalisierten und selbstermächtigten Möglichkeiten<br />
des bürgerschaftlichen Engagements und der eigenmächtigen (Mit-)Gestaltung<br />
des lokalen Lebensfeldes“ (Halemba 2012, S.12). Bürgerbeteiligung nimmt also zumindest<br />
in diesem (weiten) Sinne der herkömmlichen Quartier- und Stadtentwicklung auch bei<br />
ihnen eine tragende Rolle ein.<br />
In einer interdisziplinären Diskussion über die Entstehung von <strong>Raumunternehmen</strong> ist<br />
es daher aus politikwissenschaftlicher Perspektive zunächst reizvoll, <strong>Raumunternehmen</strong><br />
auf die Beteiligungsstrukturen und die Beteiligungschancen hin zu untersuchen, die<br />
sie für ihre Umgebungen bereithalten. Es handelt sich hier um ein ganz neues Thema.<br />
Wissenschaftlich-empirische Studien dazu liegen demnach bislang nicht vor, zumal ja<br />
auch die Debatte um die „Bürgerbeteiligung“ bislang regelhaft und beinahe obsessiv als<br />
eine eher antiinstitutionelle, antistaatliche und antiexekutive Diskussion geführt wird.<br />
Und dies von beiden Seiten: die für Bürgerbeteiligung kämpfenden „Robin Hoods“ stehen<br />
staatlichen oder kommunalen politischen Akteuren gegenüber, die sich, bewaffnet mit<br />
Kompetenzallüren, in formalen „Wagenburgen“ verschanzen. Bürgerbeteiligung meint<br />
hier also meist die Partizipation von Bürgern an staatlichen Planungen; es geht um Legitimität<br />
und Akzeptanz öffentlicher Vorhaben.<br />
All das spielt bei <strong>Raumunternehmen</strong> eine nachgeordnete Rolle. Aber dass auch Bürger<br />
die anderen Bürger an ihren Planungen, Ideen und Projekten beteiligen und sie und<br />
ihre Ideen in die Umsetzung einbeziehen können, bleibt weitgehend undiskutiert (auch<br />
wenn zunehmend private Investoren Bürgerbeteiligungsverfahren in ihre Vorhaben<br />
aufnehmen; sie versprechen sich größere Umsicht und Beschleunigung ihrer Planverwirklichung).<br />
Und dass Bürgerbeteiligung ein kooperatives und beide Seiten potentiell<br />
stärkendes und bereicherndes Vorgehen sein kann, blitzt nur momenthaft auf.<br />
Für eine erste Einschätzung der Beteiligungschancen und -strukturen in <strong>Raumunternehmen</strong><br />
erscheint deshalb ein kurzer Seitenblick auf die landläufige Bürgerbeteiligung<br />
sinnvoll. Vermutlich ähneln sich, so unsere These, die Beteiligungsstrukturen von<br />
<strong>Raumunternehmen</strong> und Bürgerinitiativen, denn sie weisen signifikante Gemeinsamkeiten<br />
in ihrem Selbstverständnis und ihren Zielsetzungen auf: Beide verstehen sich<br />
als Plattform der Teilhabe; beide verstehen sich als lokal verankerte Akteure; beide sind<br />
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