Laktation_und_Stillen_2015-4 S1-11
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TITELTHEMA<br />
<strong>11</strong><br />
So funktioniert die Muttermilch-Börse<br />
Die Muttermilch-Börse ist ein Portal für<br />
persönliche Kontakte interessierter Mütter.<br />
Mütter <strong>und</strong> Babys werden lokal zusammengebracht.<br />
Mütter mit Milchüberschuss<br />
geben ein Inserat auf <strong>und</strong> Mütter,<br />
die suchen, können diese kontaktieren.<br />
Durch den Bezahlvorgang beim Aufgeben<br />
des Inserates (4,99 Euro für ein Jahr) ist<br />
gewährleistet, dass es sich immer um reale<br />
Personen handelt. Echte Daten, wie ihr<br />
richtiger Name, ihre Adresse <strong>und</strong> Kontoinformationen,<br />
werden hinterlegt. Es gibt<br />
keine Anonymität. Über 90 % der Mütter<br />
suchen sich mit der Postleitzahlen-Suchfunktion<br />
regional, treffen sich nach dem<br />
ersten Kontakt mit der Anbieterin <strong>und</strong><br />
übergeben die Muttermilch persönlich. Auf<br />
der Website der Muttermilch-Börse findet<br />
jede Mutter alle wichtigen Fachinformationen<br />
zur sicheren Gestaltung des Muttermilch-Tausches<br />
auf Deutsch. Es wird auch<br />
erläutert, wie wahrscheinlich die vermeintlich<br />
theoretischen Risiken überhaupt sind.<br />
Wie pumpe ich ab? Wie friere ich ein? Wie<br />
taue ich die Milch wieder auf? Wie verhalte<br />
ich mich hygienisch richtig? Müttern wird<br />
geraten, die Spenderinnen zu Hause zu besuchen<br />
<strong>und</strong> zu interviewen: Wie sieht ihre<br />
Pumpe aus? Was für eine Tiefkühltruhe<br />
hat sie? Wie geht sie mit dem eigenen Kind<br />
um? Was für einen Eindruck machen Küche<br />
<strong>und</strong> Utensilien? Es wird auch erklärt,<br />
welche Fragen an die Spenderin wichtig<br />
sind, wie zum Beispiel: Ist sie gegen Hepatitis<br />
B geimpft? Hat sie Ergebnisse ihrer<br />
Blut-Tests aus der Schwangerschaft (beispielsweise<br />
den HIV-Test) bei ihrem Arzt<br />
kopiert <strong>und</strong> vorliegen? All diese Fragen<br />
werden erläutert. An der Muttermilch-Börse<br />
sehe ich täglich, wie ernst die kaufenden<br />
Mütter ihre Verantwortung in puncto Kontrolle<br />
der Milch <strong>und</strong> der Spenderin nehmen<br />
– gerade weil sie wissen, dass nicht von<br />
einer anderen Stelle geprüft wird. Manche<br />
schließen sogar schriftliche Verträge<br />
ab oder lassen sich die wahrheitsgemäßen<br />
Antworten des Gespräches unterschreiben.<br />
Mütter, die sich unsicher fühlen, finden<br />
auf der Muttermilch-Börse auch eine<br />
Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Pasteurisation<br />
zu Hause. Hierbei werden alle relevanten<br />
Keime wie Viren oder Bakterien<br />
inaktiviert oder abgetötet. Selbst zu einer<br />
sterilen Flüssigkeit gekocht, ist sie besser<br />
als Formulanahrung. Die hohe Professionalität<br />
der Muttermilch-Börse zeigt sich<br />
ferner in der Kooperation mit dem Institut<br />
für Milchuntersuchung (IFM), einem<br />
bakteriologischen Labor zur stichprobenartigen<br />
Analyse der Milch nach DIN-<br />
Norm. Hier kann jede Käuferin die Milch<br />
vor der Fütterung auf Bakterien oder auf<br />
Streckung mit z.B. Wasser, Formula oder<br />
Kuhmilch testen lassen. Die Muttermilch-<br />
Börse empfiehlt den Versand nicht. Ist er<br />
dennoch gewollt, gibt es nicht nur eine<br />
genaue Anleitung dafür, sondern auch ein<br />
Partnerunternehmen.<br />
Fluch oder Segen, oder einfach nur<br />
zweierlei Maß<br />
Im Gegensatz zu den vielen dokumentierten<br />
ges<strong>und</strong>heitlichen Schäden durch Pulvernahrung<br />
bei Säuglingen wurde weltweit<br />
bisher kein Fall einer Schädigung durch private<br />
Spender-Muttermilch bekannt – trotz<br />
hoher Nutzungszahlen des privaten Muttermilch-Tausches.<br />
Dies ist ein Gr<strong>und</strong>, warum<br />
die Warnungen der Behörden bei den<br />
Müttern immer weniger funktionieren. Andererseits<br />
scheint es nicht zu interessieren,<br />
dass laut WHO täglich Kinder an den Folgen<br />
der Pulvermilchernährung erkranken,<br />
auch in Industriestaaten wie Deutschland.<br />
Immer wieder werden auch Keime, Giftstoffe<br />
oder falsche Zusammensetzungen<br />
DOWNLOAD<br />
Den Artikel in Originallänge finden<br />
Sie auf unserer Homepage: www.<br />
elacta.eu/media/muttermilchboersels.pdf<br />
in Formula gef<strong>und</strong>en. Beim privaten Muttermilch-Tausch<br />
scheint hingegen schon<br />
die bloße Vorstellung einer Schädigung<br />
auszureichen, um ihn komplett abzulehnen.<br />
Vorsicht <strong>und</strong> Achtsamkeit sind beim<br />
Thema Spendermilch ebenfalls geboten, da<br />
mittlerweile finanzstarke wirtschaftliche<br />
Interessen mitmischen. Der private Austausch<br />
von Spendermilch ist wirtschaftlich<br />
gesehen unerwünscht, da außer den Müttern<br />
<strong>und</strong> Babys niemand Gewinne macht.<br />
Hierzulande wird eine Menge an Regierungsmitteln<br />
sowie Marketing- <strong>und</strong><br />
Werbekampagnen in die Förderung des<br />
<strong>Stillen</strong>s gesteckt – was auch gut ist <strong>und</strong><br />
weiterhin an erster Stelle stehen muss.<br />
Aber es sollte mutig ein Schritt weiter gegangen<br />
<strong>und</strong> parallel Spender-Muttermilch<br />
als selbstverständlicher Ersatz zur Formulanahrung<br />
zur Verfügung gestellt werden<br />
Denn die Kombination beider Maßnahmen,<br />
die Still- <strong>und</strong> Spendermilch-Förderung,<br />
begünstigt sich gegenseitig <strong>und</strong> verspricht<br />
eine verbesserte Gesamtsituation<br />
in puncto Muttermilchernährung <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit unserer Babys.<br />
Tanja Müller arbeitete viele Jahre als<br />
Marketingleiterin bei einem mittelständischen<br />
Unternehmen. Dann wurde sie<br />
Mutter. Ihre Kinder <strong>und</strong> ihre neue Rolle<br />
veränderten ihr Leben <strong>und</strong> sie machte<br />
sich Mitte 2013 selbständig. Sie ist<br />
heute Geschäftsführerin der MIMARA,<br />
einer gemeinnützigen Unternehmergesellschaft,<br />
deren erstes Projekt die<br />
Muttermilch-Börse ist. Frau Müller<br />
setzt sich für Spender-Muttermilch<br />
anstelle von Formula ein, in unseren<br />
Geburtskliniken <strong>und</strong> von Mutter zu<br />
Mutter.