Laktation_und_Stillen_2015-4 S1-11
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AUS DER PRAXIS<br />
7<br />
Da ist eine ablehnende Haltung eines<br />
nicht-stillk<strong>und</strong>igen Gynäkologen quasi<br />
vorprogrammiert. Und auch für den stillk<strong>und</strong>igen<br />
Gynäkologen gibt es viel zu berücksichtigen.<br />
Ganz anders gelagert, aber nicht weniger<br />
anspruchsvoll ist das zweite Beispiel:<br />
Fluconazol bei Soormastitis<br />
Differentialdiagnostisch bekanntermaßen<br />
komplex. Was löst die Schmerzen aus?<br />
Schlechte Trinktechnik, Vasospasmen?<br />
Auch in diesem Fall ist eine ausführliche<br />
Anamnese, Kontrolle des Stillmanagements<br />
<strong>und</strong> Beobachtung eines kompletten<br />
Stillvorgangs von Anlegen bis Loslassen<br />
eigentlich essentiell.<br />
Und selbst wenn man sich als Arzt dann<br />
auf die Diagnose Soor einlässt - die empfohlene<br />
Therapie bei Soormastitis „Initialdosis<br />
von 200–400 mg Fluconazol gefolgt<br />
von einer mehrtägigen bis mehrwöchigen<br />
Einnahme von 100–200 mg Fluconazol<br />
täglich, einige Tage über die Beschwerdefreiheit<br />
hinaus“ kostet in dieser Form weit<br />
über 100 Euro, in diesem Fall auf Kassenrezept<br />
für die Patientin <strong>und</strong> in Zeiten reglementierter<br />
Budgets für den Gynäkologen<br />
hochgradig unrentabel.<br />
Dies sind nur zwei Beispiele aus der<br />
Praxis, es gäbe noch viele weitere. Bei vielen<br />
Ärzten bestehen bekanntermaßen<br />
große Wissenslücken im Bereich <strong>Laktation</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Stillen</strong>. Doch auch den in diesem<br />
Bereich versierten Ärzten wird es schwer<br />
gemacht, der Patientin die Behandlung,<br />
die ihr zweifelsfrei zusteht, zukommen zu<br />
lassen <strong>und</strong> gleichzeitig dabei wirtschaftlich<br />
arbeiten zu können.<br />
Denkbare Lösungsansätze für das geschilderte<br />
Dilemma der ärztlichen Stillberatung<br />
in Klinik <strong>und</strong> Praxis könnten sein:<br />
› FrauenärztInnen stark machen durch<br />
maßgeschneiderte Fortbildungsangebote<br />
<strong>und</strong> Bereitstellung geeigneten Informationsmaterials<br />
› PatientInnenbindung fördern durch<br />
Optimierung verbaler <strong>und</strong> nonverbaler<br />
Kommunikation<br />
› Netzwerke fördern, um die Ressourcen<br />
aller Berufsgruppen optimal zu nutzen<br />
zum Wohle von Mutter <strong>und</strong> Kind.<br />
Hoffnung machen Nachrichten wie diese<br />
vom 13. 10. <strong>2015</strong>: 6<br />
Wie einer Presseinformation des Netzwerks<br />
Ges<strong>und</strong> ins Leben vom 13.10.<strong>2015</strong> zu entnehmen<br />
ist, bietet das vor wenigen Wochen<br />
in Kraft getretene Präventionsgesetz Chancen<br />
für präventive Beratungen in Schwangerschaft<br />
<strong>und</strong> erstem Lebensjahr. Das Bündnis<br />
Frühkindliche Prävention aus den IN FORM<br />
Projekten „9+12 Gemeinsam ges<strong>und</strong> in<br />
Schwangerschaft <strong>und</strong> erstem Lebensjahr“ <strong>und</strong><br />
„Ges<strong>und</strong> ins Leben – Netzwerk Junge Familie“,<br />
dem Berufsverband der Frauenärzte <strong>und</strong><br />
dem Berufsverband der Kinder- <strong>und</strong> Jugendärzte<br />
ist gestartet mit dem Ziel, das Bewusstsein<br />
für die Bedeutung der frühkindlichen<br />
Prävention zu den Themen Ernährung <strong>und</strong><br />
Bewegung zu steigern <strong>und</strong> wichtige Vertreter<br />
des Ges<strong>und</strong>heitswesens für die Nutzung dieses<br />
wichtigen Präventionspotentials zu gewinnen.<br />
Die gesetzlich verankerten Vorsorgeuntersuchungen<br />
in Schwangerschaft <strong>und</strong> erstem Lebensjahr<br />
können um präventive Beratungen<br />
erweitert werden. Bevor aber ein verpflichtendes<br />
Beratungsangebot durch Gynäkologen <strong>und</strong><br />
Pädiater eingeführt werden kann, sind Erprobungsstudien<br />
durch den G-BA (Gemeinsamer<br />
B<strong>und</strong>esausschuss) denkbar, falls die Evidenz<br />
bereits vorgelegter Studien nicht ausreicht.<br />
QUELLEN<br />
› [1] Mothers‘ and Clinicians‘<br />
Perspectives on Breastfeeding<br />
Counseling During Routine<br />
Preventive Visits, Taveras et al.<br />
Pediatrics Vol. <strong>11</strong>3 No- 5 May 2004<br />
› [2] Do perceived attitudes of<br />
physicians and hospital staff<br />
affect breastfeeding decisions? Di<br />
Girolamo AM et al Birth 2003 Jun,<br />
30 (2):94-100<br />
› [3] G-BA 1/15<br />
› [4] Frauenheilk<strong>und</strong>e up2date,<br />
1/2010, Off-label-use: Konflikt<br />
zwischen medizinischer<br />
Notwendigkeit <strong>und</strong><br />
Rechtssprechung.<br />
› [5] Rote Hand Brief 20.August 2014<br />
› [6] www.ges<strong>und</strong>-ins-leben.de/<br />
Fachtagung-Fruehkindliche-<br />
Praevention<br />
Elke Cramer, IBCLC<br />
Angestellte Fachärztin für<br />
Frauenheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geburtshilfe<br />
Dr. med. Alexandra Glaß, IBCLC<br />
Angestellte Fachärztin für<br />
Frauenheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geburtshilfe<br />
Jeanette Vocht, IBCLC<br />
Angestellte Fachärztin für<br />
Frauenheilk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Geburtshilfe<br />
in der Praxis Joachim Kuhl in<br />
Hofgeismar sowie der gynäkologischgeburtshilflichen<br />
Belegabteilung der<br />
Kreisklinik Hofgeismar