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...der steirer land ... Ausgabe 02/2018

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Der Grund, warum es das „Steirer<strong>land</strong>“ mit allen seinen<br />

Geschichten gibt, ist <strong>der</strong>, dass ich den vorangegangenen Generationen<br />

jene Wertschätzung entgegenbringen möchte, die sie sich<br />

durch ihre Leistungen verdient haben. Dass ich es dabei nicht<br />

immer leicht habe, erzähle ich in <strong>der</strong> folgenden Geschichte.<br />

Wenn ich eine Geschichte<br />

schreibe, ist <strong>der</strong> Ablauf immer<br />

<strong>der</strong>selbe: Ich besuche zum<br />

Reden einen alten Menschen,<br />

zeichne das Gesprochene auf<br />

und besuche meinen Interviewpartner<br />

mit <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>geschriebenen<br />

Geschichte noch einmal,<br />

um sie absegnen zu lassen. So auch<br />

unlängst im oberen Sulmtal. Gut zwei<br />

Wochen zuvor war ich zum Gespräch<br />

bei einer Dame, die ihren 90er schon<br />

lange hinter sich hatte. Sie wusste<br />

sehr viel von früher zu erzählen, nur<br />

bei dem, was „gestern“ war, setzte sie<br />

aus. Zum Glück war ihre Tochter, selbst<br />

schon weit über 60, dabei, um sie beim<br />

Erzählen zu unterstützen. Daheim suchte<br />

ich mir alles zusammen, um eine schöne,<br />

runde Geschichte daraus zu machen. Als<br />

ich sie zu Papier gebracht hatte, rief ich an und<br />

kündigte für den folgenden Tag meinen Besuch an.<br />

Bereits beim Einfahren in den Hof dachte ich mir,<br />

dass es so aussieht, als wäre die Tochter nicht daheim,<br />

aber da ich ja gestern mit meiner Gesprächspartnerin<br />

telefonierte, wird sich wohl kein Problem<br />

ergeben – dachte ich zumindest.<br />

Ich stieg aus meinem Auto, die Geschichte in <strong>der</strong><br />

Hand, und hämmerte gegen die schwere Doppelflügeltür<br />

des alten Bauernhauses. Lange passierte<br />

nichts, dann hörte ich seitlich von mir ein Fenster<br />

aufgehen und meine Erzählerin rief heraus: „Wer<br />

is?“ Ich antwortete: „Do is da Oswald Karli vom<br />

Steirer<strong>land</strong> – <strong>der</strong> mit den alten Geschichten!“ Die<br />

nächste Frage lautete: „Wos wüllst?“ Antwort:<br />

„Dir dei G’schicht vorlesen, die du mir dazöhlt<br />

host“. Worauf sie mich fragte, ob ich denn schon<br />

einmal da war. Als ich ihr erklärte, dass dies vor<br />

zwei Wochen <strong>der</strong> Fall gewesen war und wir gestern<br />

erst telefoniert hatten, meinte sie: „I woa heit schon<br />

beim Teich draußen – da Nochbar hot mi gfiat“.<br />

Ich freute mich darüber und lobte sie dafür, fragte<br />

dann aber noch einmal, ob sie mich denn nicht<br />

hineinlassen will. Darauf meinte sie wie<strong>der</strong>: „Wos<br />

wüllst?“<br />

Nachdem ich wie<strong>der</strong>holt hatte, warum ich hier bin,<br />

kam erneut die Frage: „Wer bist?“ Auch das erklärte<br />

ich nochmals, sie verstand und fragte mich ganz<br />

freundlich, ob wir uns denn kennen. Ja, denn vor<br />

zwei Wochen… „Von wo kummst?“ war ihre nächste<br />

Frage. Aus Heimschuh, meine Antwort, worauf<br />

sie meinte: „Dann bist eh net va weit weg!“ Nein,<br />

bin ich nicht und bevor ich noch etwas erwi<strong>der</strong>n<br />

konnte, sagte sie: „Du kummst nia drauf, wo i heit<br />

schon woa“. Ich meinte: „Du woast heit schon ban<br />

Teich und da Nochbar hot di gfiart“. Darauf sie ganz<br />

erstaunt: „Woher woaßt du des?“ und dann skeptisch<br />

weiter: „Tuast du mir lacht nochspioniern?“<br />

Nein, tue ich nicht; wie<strong>der</strong> erklärte ich ihr, dass ich<br />

mit ihr über ihre Geschichte sprechen möchte. Um<br />

sicher zu gehen, dass sie mich verstehen würde, erwähnte<br />

ich ein paar Dinge daraus. Ich sprach von<br />

ihrem Vater, <strong>der</strong> Wirtschaft und von <strong>der</strong> Großmutter,<br />

nur um mich dann mit <strong>der</strong> Frage konfrontiert<br />

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