FOCUSMONEY_2021-35_Vorschau
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moneyeditorial<br />
EDITORIAL<br />
Über Afghanistan<br />
und Absurdistan<br />
Im Internet kursiert derzeit ein Witz: „Wir haben die Lage<br />
falsch eingeschätzt!“, wird dort die Bundesregierung zitiert.<br />
Die User fragen: „Welche? Corona? Flüchtlingskrise?<br />
Wirecard? Flutkatastrophe oder Afghanistan?“<br />
Tatsächlich fragt man sich, was die Damen und Herren in<br />
den mit Experten wohlgefüllten Berliner Ministerien eigentlich<br />
den ganzen Tag so treiben. Immer wenn etwas Außergewöhnliches<br />
geschieht, werden sie davon völlig überrascht.<br />
Und vor allem sieht man dann, dass niemand auch mal vorsichtshalber<br />
vorgedacht oder einen Plan gemacht hat.<br />
So war es 2015 mit den Flüchtlingen, die plötzlich und unerwartet<br />
an den Landesgrenzen auftauchten. So war es in der<br />
Energiepolitik praktisch seit über einem Jahrzehnt immer.<br />
Mal rein in die Atomkraftwerke, mal raus, den Ausbau Erneuerbarer<br />
forcieren, dann wieder einschlafen lassen. Irgendwann<br />
wird es in Bälde den ab September Regierenden<br />
wie Schuppen von den Augen fallen, dass es schön wäre, Solarstrom<br />
auch für die Nacht zu speichern. Oder Windstrom<br />
für Zeiten, in denen der Wind mal nicht so stark weht. Man<br />
könnte weitere Beispiele finden.<br />
Das spektakulärste, weil alle die Bilder vor Augen haben:<br />
Afghanistan. Zwei Jahrzehnte lang sitzen da nun deutsche<br />
Experten vor Ort und niemandem fällt auf, dass die westlich<br />
ausgebildete und mit Waffen ausgestattete Armee nun mal<br />
aus Afghanen besteht. Und die arrangieren sich miteinander<br />
halt am Hindukusch, anders, als es Außenminister Heiko<br />
Maas so vorschwebt.<br />
Für den früheren Kommandeur des Allied Joint Force Command<br />
der Nato, Bundeswehrgeneral a. D. Egon Ramms, ist<br />
die Lage klar: „Es sieht so aus, als hätte es zwischen der Armeeführung<br />
und den Taliban Absprachen gegeben. Ich kann<br />
mir einfach nicht vorstellen, dass 300 000 Soldaten und Polizisten<br />
schlicht und einfach ihre Waffen niederlegen, wenn<br />
die Taliban kommen. Bezeichnend dafür ist auch die Tatsache,<br />
dass Präsident Aschraf Ghani ja schon sehr frühzeitig<br />
sein Land verlassen hat.“<br />
Und nun wird klar: Es gibt offenbar in den Schubladen von<br />
Außen- und Verteidigungsministerium noch nicht einmal<br />
eine schnell umzusetzende Idee für die Evakuierung des Botschaftspersonals.<br />
Schon gar keine, wie man die jahrelangen<br />
Helfer der Deutschen vor den nicht gerade als zartfühlend<br />
bekannten Taliban in Sicherheit bringen kann. „Das XXL-<br />
Versagen von Kabul“, titelt denn auch die „Bild“-Zeitung und<br />
fragt sich wie so viele, warum das Außenministerium nicht<br />
auf seine eigenen Botschaftsangehörigen gehört hat, die<br />
wohl seit Wochen vor der Entwicklung gewarnt hatten.<br />
FRANK PÖPSEL<br />
CHEFREDAKTEUR<br />
FOCUS-MONEY<br />
Einzig SPD-Allesexperte Karl Lauterbach hat zur Entspannung<br />
der Lage in Afghanistan einen Rat parat. „Der Impfstoff<br />
(in Deutschland, Anm. der Red.) verfällt. Hier brauchen wir<br />
eine schnelle unbürokratische Lösung. Der Impfstoff könnten<br />
z. B. nach Afghanistan weitergegeben werden. Dort liegt<br />
die Impfquote bei zwei Prozent“, twittert der Politiker doch<br />
tatsächlich am selben Tag, an dem die Evakuierungsmaßnahmen<br />
anlaufen. „Haben die Taliban bestimmt Bock drauf!<br />
Bomben Idee!“, retweetet ein Follower und ein anderer fragt<br />
sich, „ob das ein Satire Kanal ist“.<br />
Dumm nur: Der afghanische Sender Shamshad vermeldete<br />
schon Tage vorher, dass die Taliban in der afghanischen<br />
Provinz Paktia bereits ein Verbot von Corona-Impfungen<br />
verkündet haben. Aber Lauterbach könnte auch hier Überzeugungsarbeit<br />
leisten: „Warum nicht gleich Lauterbach als<br />
erfahrenen Impfarzt in den Airbus setzen“, witzelt ein Kommentator<br />
im Netz. „Als Dreingabe liegt im Flieger bereits ein<br />
schöner Turban bereit und schwups: Am Kabuler Flughafen<br />
steigt Abu Al-Vakzini von der Gangway.“<br />
Es wird einem wirklich angst und bange, wenn man sich<br />
– fiktiv – ausdenkt, wie die Politiker*innen und ihre Behörden,<br />
die sich ansonsten in Gleichstellung und Gendersternchen<br />
bestens auskennen, auf eine ernste Bedrohung wie einen<br />
Angriff Russlands reagieren würden.<br />
Um Deutschland vor russischer Spionage zu schützen,<br />
würde eine rot-rot-grüne Regierung, die derzeit laut Umfragen<br />
möglich erscheint, vermutlich erst einmal das Alphabet<br />
neu und gendergerecht umbenennen (Vorsicht: Dieser Absatz<br />
ist Satire).<br />
Tatsächlich schlägt das Institut für Normung (DIN) vor<br />
(dieser Absatz ist wahr): Ab Mitte 2022 sollen Buchstaben<br />
mit Städtenamen statt wie bisher mit Vornamen (Anton,<br />
Berta, Cäsar, Dora) veranschaulicht werden. Hintergrund:<br />
In der seit 1890 gebräuchlichen „Buchstabiertafel“ werden<br />
16 männliche, aber nur sechs weibliche Vornamen verwendet.<br />
Da es jedoch unmöglich sei, „alle relevanten ethnischen<br />
und religiösen Gruppen geschlechtergerecht ausgewogen“<br />
darzustellen, müsse eine gendergerechte Lösung gefunden<br />
werden.<br />
Nein, wir leben nicht in Afghanistan. Wir leben in Absurdistan!<br />
Ihr<br />
FOCUS-MONEY <strong>35</strong>/<strong>2021</strong><br />
Foto: D. Gust/FOCUS-MONEY Composing: FOCUS-MONEY 3
moneyinhalt<br />
25. AUGUST <strong>2021</strong> www.money.de<br />
moneykompakt<br />
98 Andis Börsenbarometer: Warum<br />
das Portfolio nicht auf nur einem<br />
Pfeiler stehen sollte<br />
moneytitel<br />
6 Dividendenstrategien: Wie<br />
Renditejäger mit System ihren<br />
Wohlstand aufbauen und welche<br />
Aktiensektoren besonders<br />
profitabel sind<br />
8 Deutsche Dividendenmeister:<br />
Hohe Renditen, immer gezahlt,<br />
diese 16 Aktien sind der Hammer<br />
14 Erfolgreich mit Dividenden: Von<br />
kontinuierlichem Dividendenwachstum<br />
profitieren. Was eine<br />
aktuelle Studie über dieses<br />
überlegene System verrät.<br />
Plus: Die besten Dividenden-ETFs<br />
18 Dividendenaristokraten: Sechs<br />
spannende Titel aus den USA<br />
21 Internationale Dividenden: Wie<br />
die Rendite mit Währungsgewinnen<br />
aufgepeppt wird<br />
24 Dividendenbesteuerung: Wie<br />
Dividenden-Picking im In- wie<br />
im Ausland lohnt<br />
28 Das Solventis-System: Drei<br />
deutsche Dividendenperlen mit<br />
mehr als vier Prozent Rendite<br />
31 Rohstoffaktien-Strategie:<br />
Können die atemberaubenden<br />
Renditeentwicklungen wiederholt<br />
werden?<br />
moneymarkets<br />
34 Dax 16 000: Das nächste Allzeithoch<br />
ist erreicht. Welche Indikatoren<br />
für noch weiter steigende<br />
Kurse sprechen<br />
38 Nachkaufzertifikate: FOCUS-<br />
MONEY erklärt die Funktionsweise<br />
und mögliche Chancen<br />
41 Ringmetall: Warum der deutsche<br />
Weltmarktführer gute Aktienkurschancen<br />
besitzt<br />
6<br />
Reich mit System –<br />
und Dividenden<br />
Die Alternative zu niedrigen<br />
Zinsen sind teilweise üppige<br />
Dividenden. Wer langfristig<br />
agiert und die besten Strategien<br />
nutzt, baut sich nahezu sicher<br />
ein finanzielles Polster auf<br />
42 Deutsche Industrie Reit:<br />
Spezialisiert und wachsend – das<br />
Investment für Daueranleger<br />
44 Wahl in Deutschland: Drei<br />
Aktien, die bei jedem Szenario<br />
zu den Gewinnern zählen<br />
48 Otis: Mit Aufzuganlagen und<br />
Fahrtreppen hat der Konzern<br />
einen Milliardenmarkt erschlossen<br />
56 Mic: Als Hightech-Konzern soll die<br />
einstige Beteiligungsgesellschaft<br />
auf Erfolgskurs kommen<br />
44<br />
Eine Wahl – drei Sieger<br />
Schwarz-Grün, Ampel oder Tiefrot? Bei der<br />
Bundestagswahl werden die Karten neu gemischt,<br />
auch für deutsche Konzerne. Wer immer gewinnt<br />
4 Titelfotos: 123RF, iStock<br />
FOCUS-MONEY <strong>35</strong>/<strong>2021</strong>
31<br />
Rohstoff-Cash<br />
Notieren Kupfer, Eisenerz,<br />
Gold, Öl & Co. hoch,<br />
verdienen die Produzenten<br />
prächtig und schütten<br />
reichlich Dividenden aus.<br />
Über die vergangenen<br />
20 Jahre waren mit der<br />
richtigen Aktienauswahl<br />
mehr als 1000 Prozent<br />
Gewinn drin<br />
64<br />
Grüne Investments<br />
Seit Mitte 2020 vervielfachte sich der<br />
Aktienkurs von Ökoworld. Wohin die Reise<br />
des Pioniers für nachhaltige Investments<br />
gehen könnte<br />
16.000<br />
Noch immer günstig?<br />
34<br />
Natürlich wird die Luft dünner, auch beim Dax, wenn er einen neuen<br />
Tausender knackt. Die anschließende Konsolidierung erscheint jedoch<br />
als Kaufgelegenheit, das zeigt die umfassende Marktanalyse<br />
58 Ibu-tec: Heftige Schwankungen<br />
im Aufwärtstrend zeichnen die<br />
Aktie des Spezialchemiewerts aus<br />
59 Kolumne: Ken Fisher über fette<br />
Bruttomargen und warum Anleger<br />
diese analysieren sollten<br />
60 Wandelanleihen: Mit den besten<br />
Fonds und ETFs auf ganze Pakete<br />
dieser Renditebringer setzen<br />
64 Ökoworld: Der Pionier der<br />
nachhaltigen Kapitalanlage<br />
verdient prächtig<br />
65 Musterdepots: Der Goldmarkt<br />
konsolidiert weiter, daher schichtet<br />
Böger etwas um. Fischer<br />
tauscht Facebook gegen Tencent<br />
66 Dürr: Der Automobilzulieferer<br />
stellt sich breiter auf. Das zahlt<br />
sich immer besser aus<br />
68 Inflationsschutz: Mit innovativen<br />
ETFs die Volatilität und Renditen<br />
von Staatsanleihen nutzen<br />
moneyyou<br />
52 Aktienanalyse: Bei Biontech<br />
kommen Analysten ins Schwitzen<br />
55 Chartsignal: Thyssenkrupp<br />
besitzt nach einer unteren<br />
Umkehrformation Kurschancen<br />
55 Börsenwissen: Warum der<br />
Einfluss des ökologischen<br />
Fußabdrucks an der Börse immer<br />
stärker wird<br />
moneyanlegerschutz<br />
70 Vorstandspensionen: Anteile der<br />
Gehälter werden in die Altersvorsorge<br />
verlagert<br />
moneyservice<br />
72 Kreditkarten: Sie sind die<br />
Gewinner der Corona-Krise. Egal,<br />
ob Charge-, Prepaid-, Credit- oder<br />
Gold-Card – die Top-Angebote im<br />
Überblick<br />
76 Innovationskraft: Welche Firmen<br />
in dieser Disziplin Kunden<br />
beeindrucken, zeigt der FOCUS-<br />
MONEY-Test<br />
moneyanalyse<br />
81 Fonds<br />
82 Deutsche Aktien<br />
90 Internationale Aktien<br />
96 ETFs<br />
97 Zertifikate<br />
moneyrubriken<br />
3 Editorial<br />
80 Leserbriefe – Impressum<br />
98 Termine<br />
FOCUS-MONEY <strong>35</strong>/<strong>2021</strong><br />
Inhaltfotos: Bündnis 90/Die Grünen, L. Chaperon/CDU, Bundesministerium der<br />
Finanzen/Photothek/Th. Koehler, Christian Lindner, iStock (2), Bloomberg<br />
Composing: FOCUS-MONEY<br />
5
moneytitel<br />
DEUTSCHLAND-<br />
SYMBOLIK:<br />
Unternehmen finden,<br />
die weniger anfällig<br />
sind für Konjunkturschwankungen<br />
DEUTSCHE DIVIDENDENAKTIEN<br />
Die Champions <strong>2021</strong><br />
Dividenden sind der neue Zins. Das gilt vor allem, wenn sie zuverlässig gezahlt<br />
werden. Das Research-Haus Solventis hat sieben deutsche Champions<br />
identifiziert. FOCUS-MONEY hat davon drei Performance-Bringer analysiert<br />
DIVIDENDEN MIT<br />
4 % RENDITE & MEHR<br />
von LUDWIG BÖHM<br />
Die Dividendenrendite hat in der Vergangenheit noch<br />
einmal an Bedeutung gewonnen. Denn bei Anleihen<br />
ist kaum mehr etwas zu holen. Die EZB hat im März<br />
2020, also auf dem Höhepunkt des Corona-Crashs, ihr sogenanntes<br />
Pandemic Emergency Purchase Programme, kurz<br />
PEPP genannt, gestartet. Damit standen 750 Milliarden<br />
Euro zur Verfügung, um Anleihen zu kaufen und dadurch<br />
das Zinsniveau nach unten zu drücken. Im Juni und Dezember<br />
des vergangenen Jahres legte die EZB dann noch einmal<br />
600 Milliarden beziehungsweise 500 Milliarden nach.<br />
Das gesamte Volumen beläuft sich auf kaum vorstellbare<br />
1,85 Billionen Euro. Davon hatte die EZB bis zum 1. Januar<br />
<strong>2021</strong> knapp 760 Milliarden Euro abgefeuert. Die Folge: Die<br />
Renditen deutscher Bundesanleihen bewegen sich schon länger<br />
im negativen Bereich. Aktuell rentieren zehnjährige<br />
Laufzeiten mit minus 0,5 Prozent. Und ein Ende ist nicht in<br />
Sicht. Denn die EZB verfügt noch über Hunderte von Milliarden<br />
Euro, mit denen sie am Rentenmarkt interveniert.<br />
Mehrstufiger Filter. Angesichts des desolaten Zinsniveaus<br />
ist die Dividendenrendite von Aktien wichtiger denn je. Das<br />
gilt vor allem, wenn die Ausschüttungen zuverlässig erfolgen,<br />
was vor allem in der Corona-Krise nicht bei jedem Unternehmen<br />
der Fall war. Das Analysehaus Solventis hat schon<br />
vor Jahren einen mehrstufigen Filter entwickelt, mit dem<br />
sich die besten deutschen Dividendenwerte selektieren lassen,<br />
die Champions also.<br />
28 Illustration: VectorStock<br />
FOCUS-MONEY <strong>35</strong>/<strong>2021</strong>
Besser als der Dax<br />
In den vergangenen Jahren schnitten die Dividenden-Champions<br />
deutlich besser ab als die deutschen<br />
Standardwerte. 2020 war coronabedingt eine<br />
Ausnahme. Und für 2016 liegen leider keine<br />
Daten vor.<br />
Dividenden-Champions Dax<br />
9,2<br />
0,1<br />
2015<br />
k. A.<br />
2016<br />
21,9<br />
15,4<br />
2017<br />
2018<br />
–9,1<br />
Wertentwicklung der<br />
Dividenden-Champions –19,6<br />
jährliche Performance in Prozent<br />
28,5<br />
2019<br />
21,9<br />
–17,2<br />
Das Universum besteht aus mehr als 700 Unternehmen,<br />
überwiegend aus dem CDax, der die deutschen Aktiengesellschaften<br />
umfasst, die im General oder Prime Standard notieren.<br />
Ihre Dividendenrendite muss, gemessen am Schlusskurs<br />
vom 8. Januar <strong>2021</strong>, mindestens vier Prozent betragen – Sonder-<br />
und Bonusausschüttungen miteingerechnet. Außerdem<br />
berücksichtigt der Filter die Dividendenkontinuität. Die Ausschüttung<br />
muss mindestens so hoch wie im Jahr zuvor ausfallen<br />
oder die Marke von vier Prozent übertreffen. Solventis<br />
überprüft die Daten für den Zeitraum 2015 bis 2022, wobei<br />
die künftigen Dividenden natürlich geschätzt werden. Unternehmen,<br />
die erst nach 2015 an die Börse gekommen sind,<br />
fliegen aus dem Universum raus. Schließlich muss die Ausschüttungsquote<br />
unter 80 Prozent liegen, damit die Dividenden<br />
nicht aus der Substanz gezahlt werden.<br />
Das Ergebnis ist ein Korb aus deutschen Aktiengesellschaften<br />
mit dauerhaft hohen Dividendenrenditen. „Zudem sind<br />
die Unternehmen in der Regel weniger anfällig für konjunkturelle<br />
Schwankungen“, so Solventis-Analyst Dennis Watz.<br />
In den meisten Jahren sind die Dividenden-Champions<br />
spürbar besser gelaufen als der Vergleichsindex. Dabei umfasst<br />
die Performance wie beim Dax sowohl die Entwicklung<br />
des Aktienkurses als auch die Dividende. 2020 entwickelten<br />
sich die Dividenden-Champions aber schlechter als das deutsche<br />
Standardwerte-Barometer. Vier der insgesamt sieben Dividenden-Champions<br />
hatten 2020 angesichts der Pandemie<br />
die Dividende gestrichen. „In so einem Fall muss sich eine Reihe<br />
dividendenorientierter Investoren von ihren Anteilen trennen.<br />
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Aareal Bank. Nach der<br />
Streichung der Dividende reduzierte Blackrock den Anteil an<br />
Aareal von neun auf zwei Prozent“, erklärt Watz. Neben dem<br />
Dividendenausfall gibt es dann noch zusätzlichen Abgabedruck<br />
auf den Aktienkurs. 2020 dürfte es sich aber um ein Ausnahmejahr<br />
gehandelt haben. <strong>2021</strong> zählen Allianz, Evonik,<br />
Grand City Properties, Hochtief, DIC Asset, Hamborner Reit<br />
und die Talanx zum exklusiven Kreis.<br />
7,0<br />
2020<br />
Quelle: Bloomberg<br />
Mehr Gewinn trotz Hochwasserschäden<br />
Die verheerenden Überschwemmungen in Westeuropa treffen natürlich auch<br />
die Versicherer. So rechnet Talanx im dritten Quartal mit einer Bruttobelastung<br />
von 600 Millionen Euro, netto soll die Summe 300 Millionen betragen.<br />
Trotzdem hat das Management die Prognose für das Konzernergebnis im<br />
Gesamtjahr auf 900 Millionen bis 950 Millionen Euro angehoben. Vorher lag<br />
der Zielkorridor bei 800 Millionen bis 900 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2019<br />
hatte Talanx 923 Millionen Euro verdient. Im vergangenen Jahr war dann der<br />
Gewinn durch Corona-Schäden auf 673 Millionen Euro zurückgegangen.<br />
Die Anhebung der Gewinnprognose beruht maßgeblich auf den Ergebnissen<br />
des ersten Halbjahrs, mit denen der Versicherer auch die Unternehmensanalysten<br />
positiv überrascht hat. In den ersten sechs Monaten legte das Konzernergebnis<br />
von 325 Millionen auf 546 Millionen Euro zu, was bereits mehr<br />
als der Hälfte des für das Gesamtjahr angepeilten Betrags entspricht.<br />
Covid-19-Schäden lassen nach. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der<br />
ersten Hälfte 2020 die Corona-Pandemie stark belastet hatte. Vor allem Betriebsschließungen,<br />
Veranstaltungsausfälle und Kreditversicherungen hatten<br />
sich auf eine Schadenssumme von 824 Millionen Euro summiert. In der ersten<br />
Hälfte <strong>2021</strong> ging die coronabedingte Belastung auf 263 Millionen Euro zurück.<br />
Das Unternehmen hat die Dividenden in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich<br />
gesteigert. Selbst für 2020 erhielten die Anteilseigner mit 1,52 Euro<br />
pro Aktie eine um zwei Euro-Cent höhere Dividende als ein Jahr zuvor. Durch<br />
die 50,2-prozentige Beteiligung an der Hannover Rück sollte der Kurs gut nach<br />
unten abgesichert sein.<br />
FOCUS-MONEY <strong>35</strong>/<strong>2021</strong><br />
Noch deutlich Luft nach oben<br />
Mit einer Ausschüttungsquote von circa <strong>35</strong><br />
bis 45 Prozent vom Konzernergebnis agiert<br />
die Talanx eher konservativ. Eine Anhebung<br />
der Quote wäre durchaus drin.<br />
Talanx<br />
Aktienkurs in Euro<br />
2019 2020 <strong>2021</strong><br />
WKN/ISIN<br />
TLX100/DE000TLX1005<br />
Börsenwert 9,6 Mrd. €<br />
Kurs-Gewinn-Verhältnis 2020/21 9,8/8,4<br />
Dividendenrendite 2020/21e 4,5/4,9 %<br />
Kursziel/Stoppkurs 44,50/33,45 €<br />
Risiko Kurspotenzial 17 %<br />
Quellen: Berenberg Bank, eigene Schätzungen<br />
45<br />
40<br />
<strong>35</strong><br />
30<br />
25<br />
20<br />
29<br />
e = erwartet
moneymarkets<br />
BUNDESTAGSWAHL<br />
Die echten Wahlsieger<br />
Jubiliäum für das Herz der bundesrepublikanischen Demokratie!<br />
Die wahlberechtigten deutschen Bürger geben zum 20. Mal<br />
ihre Stimme bei Bundestagswahlen und damit für eine neue Regierung<br />
ab. Die Krux: Niemals war es so schwer, seine Kreuzchen zu<br />
machen. Aber sagen wir das nicht bei jedem Urnengang? Mit Blick<br />
auf die Kanzlerkandidaten scheint das dieses Mal jedoch mehr denn<br />
je zu gelten, auch wenn wir sie nicht direkt wählen: hier der unglücklich<br />
bis peinlich agierende Armin Laschet, da die entzauberte und<br />
an den eigenen Moralvorstellungen gescheiterte Annalena Baerbock<br />
und dort der blasse und alltagsferne Olaf Scholz. Doch egal, was die<br />
ersten Hochrechnungen am Abend des 26. September anzeigen, komödiantisch<br />
dürfte es auf jeden Fall werden. Denn selbstverständlich<br />
haben wir wieder nur Wahlsieger. Krampfhaft suchen dann die<br />
Kandidaten und anderes Parteipersonal hastig in TV-Interviews<br />
nach Formulierungen, warum die eigenen Farben heute triumphiert<br />
haben. Wetten, dass die Aussagen wie folgt lauten: „Wir sind stärkste<br />
Partei“ (trotz wahrscheinlich massiver Verluste). Oder: „Wir haben<br />
am stärksten in der Wählergunst zugelegt“ (landen trotzdem<br />
nur auf dem dritten Platz). Oder: „Wir haben einen fantastischen<br />
In gut vier Wochen ist Bundestagswahl. FOCUS-<br />
MONEY kennt jetzt schon die Gewinner: Drei<br />
Aktien profitieren in der nächsten Legislaturperiode<br />
auf jeden Fall, gleich, wer am Ende regiert<br />
von MARC BÄCHLE<br />
Endspurt hingelegt“ (fahren jedoch das vermeintlich historisch<br />
schlechteste Partei-Ergebnis ein). Wer’s glaubt!<br />
Auf der Siegerseite. Nun ja, jetzt aber Schluss mit den Unkenrufen.<br />
Vielleicht kommt es ja total anders, schließlich ist das Lager der<br />
unentschlossenen Wähler bislang am größten. Die Messe ist gut vier<br />
Wochen vor der Wahl jedenfalls noch nicht gelesen. Ganz gleich, wer<br />
am Ende tatsächlich als politischer Wahlsieger hervorgeht –<br />
FOCUS-MONEY kennt bereits heute die echten Wahlgewinner. Zu ih-<br />
44 Fotos: Bündnis 90/Die Grünen, L. Chaperon/CDU, Bundesministerium der Finanzen/Photothek/Th. Koehler, Christian Lindner<br />
FOCUS-MONEY <strong>35</strong>/<strong>2021</strong>
POLITISCHES QUARTETT:<br />
Drei Kanzleranwärter, ein<br />
Joker – fällt der FDP die<br />
Rolle des Königsmachers zu?<br />
Meist Verlass auf den Dax – egal, wer regiert<br />
Der Deutsche Aktienindex hat bewiesen, dass er unter<br />
sämtlichen Koalitionen im Bund performen kann. In den<br />
bisher acht abgeschlossenen Legislaturperioden seit Einführung<br />
des Dax am 1. Juli 1988 legte er mit Ausnahme<br />
des 14. Deutschen Bundestags immer zweistellig zu.<br />
Zugegeben, die Betrachtung ist sehr reduziert, schließlich<br />
hängt die Entwicklung des Dax weitaus stärker von<br />
deutlich mehr (weltweiten) Faktoren ab als von der Zusammensetzung<br />
der Regierungsparteien in Deutschland.<br />
nen zählen der Digitalisierer Nagarro, der Software-Anbieter im Gesundheitsbereich<br />
Nexus und der Windpark-Projektierer PNE.<br />
Warum? Weil bei den Parteien – trotz aller programmatischen Abgrenzungen<br />
und Unterschiede – in bestimmten Punkten eine parteiübergreifende<br />
Einigkeit vorhanden ist. Das trifft vor allem in den Bereichen<br />
Digitalisierung und Ausbau der erneuerbaren Energien zu.<br />
Zwar wird später das Tempo der Umsetzung in der Koalition diskutiert,<br />
dennoch dürfte man sich über die Weichenstellung weitgehend<br />
einig sein. Und genau daraus schlagen Nagarro, Nexus und PNE Profit.<br />
Natürlich müssen die genannten Unternehmen einen Großteil ihres<br />
Gesamtumsatzes (mindestens 25 Prozent) in Deutschland erwirtschaften.<br />
Denn nur so können die politischen Entscheidungen<br />
relevant auf die bilanziellen Kennzahlen durchschlagen. Schauen wir<br />
uns die beiden Top-Themen und die Konzerne genauer an.<br />
Beschleunigte Digitalisierung. Beispielsweise herrscht bei den<br />
vier Parteien Konsens darüber, dass die Digitalisierung in der neuen<br />
Legislaturperiode massiv voranzutreiben ist – sei es in der Wirtschaft<br />
oder beim Staat selbst. Für Letzteren beschloss das Parlament<br />
2017 das Onlinezugangsgesetz, wonach Bund, Länder und<br />
Kommunen bis Ende 2023 verpflichtet sind, knapp 600 Verwaltungsleistungen<br />
digital anzubieten. Dabei wird es wohl nicht bleiben,<br />
denn der allgemeine Tenor in den Parteien lautet: Deutschland<br />
fit machen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben bzw.<br />
wieder aufzuschließen. Der am nächsten liegende Beweis für die<br />
Bedeutung des Megatrends findet sich in den Wahlprogrammen.<br />
Gemessen an der Häufigkeit der Nennungen „Digitalisierung“, „digital“<br />
oder „Digitales“ kommen die Begriffe in allen vier Agenden<br />
mit ihren insgesamt 569 Seiten fast 600-mal vor. Am häufigsten<br />
davon im Textwerk von CDU/CSU (196 Nennungen auf 140 Seiten<br />
Wahlprogramm), dahinter im Programm der Grünen (158/272), in<br />
dem der FDP (146/91) und der SPD (91/66). Zum Vergleich: In den<br />
2017er-Schriften zur letzten Bundestagswahl wurden diese Begriffe<br />
auf insgesamt 570 Seiten lediglich 361 erwähnt.<br />
Die Ableitung daraus: Die Priorität des Themas hat in den politischen<br />
Agenden enorm zugenommen – sicherlich zur Freude von Nagarro.<br />
Und speziell auf einem Gebiet liegt besonderes Augenmerk:<br />
auf dem Gesundheitsbereich. Dort wollen alle Parteien aufrüsten<br />
und die digitale Infrastruktur weiter ausbauen. Dazu zählt z. B. die<br />
Förderung von Robotern im Pflegebereich, der Telemedizin oder der<br />
Vernetzung der Gesundheitsakteure untereinander. Der Experte für<br />
einen digitalen Health-Care-Sektor: die Nexus AG.<br />
Legislaturperiode (LP) Zeitraum 1) Regierungskoalition Bundeskanzler Schlusskurse 2)<br />
Anfang/Ende je LP<br />
Entwicklung Dax<br />
in Prozent je LP<br />
11. Bundestag 18.02.1987–20.12.1990 CDU/CSU FDP Helmut Kohl 1163,52 3) /1409,26 +21,1 3)<br />
12. Bundestag 20.12.1990–10.11.1994 CDU/CSU FDP Helmut Kohl 1409,26/2082,40 +47,7<br />
13. Bundestag 10.11.1994–26.10.1998 CDU/CSU FDP Helmut Kohl 2082,40/4577,74 +119,8<br />
14. Bundestag 26.10.1998–17.10.2002 SPD Grüne Gerhard Schröder 4577,74/3172,46 –30,6<br />
15. Bundestag 17.10.2002–18.10.2005 SPD Grüne Gerhard Schröder 3172,46/4947,18 +55,9<br />
16. Bundestag 18.10.2005–27.10.2009 CDU/CSU SPD Angela Merkel 4947,18/56<strong>35</strong>,02 +13,9<br />
17. Bundestag 27.10.2009–22.10.2013 CDU/CSU FDP Angela Merkel 56<strong>35</strong>,02/8947,16 +58,7<br />
18. Bundestag 22.10.2013–24.10.2017 CDU/CSU SPD Angela Merkel 8947,16/13013,19 +45,4<br />
19. Bundestag 24.10.2017–(18.08.<strong>2021</strong>) 4) CDU/CSU SPD Angela Merkel 13013,19/(15965,97) 4) (+22,7) 4)<br />
1)<br />
Beginn der Legislaturperiode ist der Tag der konstituierenden Sitzung des jeweiligen Deutschen Bundestags<br />
2)<br />
ab dem 4.1.1999 Xetra, zuvor Frankfurter Parkett; in Punkten<br />
3)<br />
Einführung des Dax am 1.7.1988, Performance wurde ab diesem Datum berücksichtigt<br />
4)<br />
bei Redaktionsschluss, LP noch nicht zu Ende<br />
Quellen: eigene Recherche, Deutsche Börse<br />
FOCUS-MONEY <strong>35</strong>/<strong>2021</strong><br />
Composing: FOCUS-MONEY 45
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Biontech 60 % Novavax 24 % Moderna 16 %<br />
WKN: A2PSR2 ISIN: US09075V1026<br />
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Das Ende einer Hausse oder erst der Startschuss<br />
einer neuen Rally? Der Biotech-<br />
Konzern Biontech bringt selbst erfahrene<br />
Analysten ins Schwitzen. Geht da noch mehr?<br />
von VERENA SEPP<br />
Solide Werte wie Daimler, Allianz & Co. gehören bekanntermaßen<br />
zu den Lieblings-Heim-Aktien der Deutschen.<br />
Inzwischen hat sich jedoch ein, man könnte beinahe<br />
sagen „Exot“, dazugesellt: das Mainzer Biotech-<br />
Unternehmen Biontech. Seit dem Ausbruch der Pandemie<br />
Mitte Februar 2020 hat sich der Wert des Papiers verzwölffacht.<br />
Teils ist die Rede von einer Art „Volksaktie“. Kürzlich<br />
knackte der Börsenwert des Konzerns erstmals die 100-Milliarden-Dollar-Marke<br />
an der US-Tech-Börse Nasdaq. Damit<br />
bringt Biontech inzwischen mehr auf die Waage als große<br />
Dax-Werte wie BASF, Adidas oder BMW. Nach der gigantischen<br />
Rally drängt sich Anlegern nun jedoch die Frage auf:<br />
Wie viel Potenzial steckt noch in dem Papier?<br />
Kurstreiber Corona. Trotz hoher Impfquoten steigen die<br />
Infektionszahlen in Ländern wie Großbritannien oder Israel<br />
aufgrund der Delta-Variante rasant an. Die Annahme, im<br />
Herbst rolle eine vierte Corona-Welle an, ist daher gerechtfertigt.<br />
Damit dürften sich die Anleger von Biontech auf ein<br />
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