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Nr. 83 - Sommer 2022

Mont Saint-Michel: die Geheimnisse des "Gefängnisbergs" Drôme: die Schönheit der Dörfer Okzitanien: Céret, das "Mekka des Kubismus" Territoire de Belfort: die Stärke der Kleinen

Mont Saint-Michel: die Geheimnisse des "Gefängnisbergs"
Drôme: die Schönheit der Dörfer
Okzitanien: Céret, das "Mekka des Kubismus"
Territoire de Belfort: die Stärke der Kleinen

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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>83</strong> · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong><br />

BELFORT · CENTRE-VAL DE LOIRE · DRÔME · NORMANDIE · OKZITANIEN · PARIS<br />

Mont Saint-Michel<br />

Die Geheimnisse des « Gefängnisbergs »<br />

Drôme<br />

Die Schönheit der Dörfer<br />

Rambouillet<br />

Der Krieg der Schafe<br />

Okzitanien<br />

Céret, das « Mekka<br />

des Kubismus »<br />

Territoire de<br />

Belfort<br />

Die Stärke der Kleinen<br />

Paris Streit um die « Schönheit » der Stadt<br />

Rezept Tarte aux myrtilles<br />

Tradition Das « Trou normand »<br />

www.frankreicherleben.de<br />

Deutschland 6,90 €<br />

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EDITORIAL<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

wenn man es sich innerhalb der Redaktion<br />

zum Ziel gesetzt hat, « Sie, unsere<br />

Leser, in Erstaunen zu versetzen! », dann<br />

ist es nicht einfach, einen umfassenden Artikel über den<br />

Mont Saint-Michel, einen der bekanntesten und meistbesuchten<br />

Orte Frankreichs, zu verfassen! Über ihn scheint<br />

schon alles gesagt und geschrieben worden zu sein.<br />

Und doch haben wir nicht nur für das<br />

Titelbild eine ganz ungewöhnliche Perspektive<br />

– vom Dach der Basilika – gefunden,<br />

sondern der Beitrag handelt zudem, wie Sie<br />

feststellen werden, von einem ungewöhnlichen<br />

und kaum beachteten Abschnitt der<br />

Vergangenheit des Mont Saint-<br />

Michel: von seiner Zeit als Gefängnis.<br />

Selbst diejenigen, die glauben, den<br />

Klosterberg zu kennen, werden ihn<br />

unter diesem Aspekt neu entdecken!<br />

Und nun noch ein paar Worte<br />

an Sie, liebe Abonnentinnen<br />

und Abonnenten. Es geht um<br />

ein Thema, das uns am Herzen<br />

liegt: den Schutz der Umwelt. Sie<br />

haben sicherlich festgestellt, dass<br />

die letzte Ausgabe (<strong>Nr</strong>. 82) zum ersten<br />

Mal ohne die übliche Plastikhülle<br />

in Ihrem Briefkasten steckte. Immer<br />

mehr Verlage nutzen inzwischen diesen<br />

neuen Service der Deutschen Post für<br />

den Versand innerhalb Deutschlands.<br />

Dies trägt dazu bei, eine große Menge an Plastikmüll zu<br />

vermeiden, denn es ist allgemein bekannt, dass dieses Material<br />

sehr umweltschädlich ist. Obwohl uns der Nutzen<br />

dieser Umstellung für unseren Planeten sofort überzeugte,<br />

muss ich ehrlicherweise zugeben, dass dennoch<br />

eine gewisse Skepsis blieb. Wir wollten sicher sein, dass<br />

die Magazine in einwandfreiem Zustand bei den<br />

Empfängern ankommen. Die Deutsche Post hat<br />

dies garantiert, wir haben darauf vertraut. Dass<br />

es die richtige Entscheidung war, bestätigen<br />

die Zahlen, die wir Ihnen nicht vorenthalten<br />

möchten: Lediglich bei 0,2 % der im<br />

Abonnement gelieferten Magazine gab<br />

es eine Reklamation. Diese Quote ist<br />

kaum höher, als es mit der Plastikverpackung<br />

der Fall war. Insofern haben<br />

wir entschieden, diese Versandart beizubehalten.<br />

Sollte Ihr Exemplar aus unglücklichen<br />

Umständen einmal nicht in einwandfreiem<br />

Zustand bei Ihnen ankommen, kontaktieren Sie<br />

einfach unseren Aboservice. Wir senden Ihnen<br />

dann gerne ein neues Exemplar. Dieses wirtschaftliche<br />

« Risiko » nehmen wir angesichts<br />

der ökologischen Herausforderungen auf uns.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen dieser<br />

Ausgabe von Frankreich erleben und einen sonnigen,<br />

heiteren <strong>Sommer</strong> voller schöner Entdeckungen!<br />

Titelbild: Blick vom Dach der Basilika auf die<br />

Bucht des Mont Saint-Michel (Manche).<br />

Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur<br />

jc.albert@frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 3


INHALT<br />

Belfort · 68<br />

Mont Saint-Michel · 24<br />

Rambouillet · 46<br />

Montrichard · 82<br />

Paris · 78<br />

Drôme · 36<br />

Rezept · 92<br />

Céret · 56<br />

4 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Lille<br />

Rennes<br />

Nantes<br />

Bordeaux<br />

Rouen<br />

24 · Mont Saint-Michel 78 · Paris<br />

46 · Rambouillet<br />

Tours<br />

82 · Montrichard<br />

Montpellier<br />

Toulouse<br />

Marseille<br />

56 · Céret<br />

Straßburg<br />

68 · Belfort<br />

22 · Dijon<br />

Lyon<br />

36 · Drôme<br />

Unterwegs in Frankreich<br />

24 Mont Saint-Michel<br />

Die Geheimnisse des « Gefängnisbergs »<br />

Der Mont Saint-Michel, das « Wunder des Westens », hat nichts von<br />

seiner magischen Anziehungskraft auf Touristen und Pilger verloren.<br />

Die Kehrseite des Erfolges: Die Besichtigung gleicht oftmals<br />

einem « touristischen Pflichtprogramm ». Dabei ist es durchaus<br />

möglich, sich für eine ganz andere Seite des Klosterbergs zu<br />

interessieren: für die Zeit, in der der Mont ein Gefängnis war.<br />

36 Drôme<br />

Die Schönheit der Dörfer<br />

Zwischen Vercors und Provence laden Flüsse und Wälder, Berge<br />

und Lavendelfelder dazu ein, dem Alltag zu entfliehen! Unser<br />

Vorschlag für eine 341 Kilometer lange Strecke, auf der Sie sechs<br />

sehenswerte Dörfer in einer vielfältigen Landschaft entdecken.<br />

46 Bergerie nationale de Rambouillet<br />

Der Krieg der Schafe<br />

Südwestlich von Paris liegt in einer abgelegenen Ecke des Parks<br />

von Schloss Rambouillet eine ganz besondere Schäferei, die<br />

erstaunlicherweise selbst bei Franzosen relativ unbekannt<br />

ist, obwohl sie unter anderem einen regelrechten Schatz<br />

besitzt: eine Herde mit Merinoschafen und -widdern, die sich<br />

dadurch auszeichnen, dass sie niemals gekreuzt wurden.<br />

56 Okzitanien<br />

Céret, das « Mekka des Kubismus »<br />

Braque, Chagall, Dalí, Dufy, Gris, Soutine und Picasso sind<br />

nur einige Namen berühmter Künstler, die in Céret lebten<br />

oder sich zumindest zeitweilig dort aufhielten. Der Ort besitzt<br />

ein Museum, das mit einer der reichhaltigsten Sammlungen<br />

Frankreichs nicht nur diese weltweit renommierten Meister<br />

ihres Fachs würdigt, sondern sich auch dafür engagiert,<br />

zeitgenössische Künstler bekannt zu machen. Ein Besuch.<br />

Frankreich heute<br />

66 Tourismus<br />

Hotels: die Reform des französischen Sterne-Systems<br />

Am 1. April <strong>2022</strong> trat im französischen Hotelwesen ein neues<br />

Verfahren für die Vergabe der Sterne in Kraft. Eine Übersicht über<br />

diese bedeutende Neuerung, die man als Tourist kennen sollte.<br />

68 Territoire de Belfort<br />

Die Stärke der Kleinen<br />

Das Territoire de Belfort wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Trotz<br />

der überschaubaren Größe – 609 km 2 – wollte man dort immer<br />

hoch hinaus und agierte entschlossen, ganz nach dem Vorbild<br />

der Symbolfigur, dem berühmten Löwen von Belfort. Ein Beispiel,<br />

das zeigt, wie stark manchmal gerade die Kleinsten sein können.<br />

78 Städteplanung<br />

Streit um die « Schönheit » von Paris<br />

Ist Paris die « schönste Stadt der Welt » oder ist Paris<br />

« verwüstet »? Darüber wird in der Hauptstadt diskutiert,<br />

zuweilen sogar sehr heftig. Worum geht es dabei? Wir haben<br />

versucht, vor Ort etwas Klarheit in das Thema zu bringen ...<br />

Art de vivre<br />

82 Weintourismus<br />

Wenn Loire-Schlösser Weinkeller illuminieren<br />

In den Kellern von Maison Monmousseau in Montrichard werden<br />

seit 1886 Schaumweine nach der Méthode traditionnelle<br />

hergestellt. Die beeindruckenden Stollen sind die Kulisse für<br />

ein ganz unerwartetes Erlebnis. Lesen Sie mehr über eine<br />

schöne Art, die Region und ihre Weine zu entdecken!<br />

92 Chantals Rezept<br />

Tarte aux Myrtilles<br />

94 Produkt<br />

Louit Frères: der besondere Senf im kleinen Fass<br />

Denkt man an Senf, fallen einem unweigerlich Burgund und die<br />

« Hauptstadt des Senfs », Dijon, ein. Dabei gibt es noch einen<br />

anderen Senf, den man kennen sollte und dessen Ursprung<br />

überraschenderweise nicht in Dijon, sondern in Bordeaux liegt.<br />

3 Editorial<br />

6 On en parle<br />

12 On lit<br />

14 On lit en France<br />

16 On regarde<br />

18 On surfe<br />

20 Am Tag als …<br />

22 On écoute<br />

77 Leserbriefe<br />

88 Nach bestellungen<br />

96 Guéwen a testé<br />

98 Impressum<br />

98 Vorschau<br />

Frankreich erleben im Internet: www.frankreicherleben.de<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 5


ON EN PARLE<br />

SEHNSUCHT<br />

Grand Est versus Elsass<br />

Manche Veränderungen setzen sich offensichtlich<br />

nur schwer durch. Sechs Jahre nach der<br />

Gründung der neuen Region Grand Est, in der<br />

die ehemaligen Regionen Elsass, Champagne-<br />

Ardenne und Lothringen zusammengefasst<br />

sind, und ein Jahr nach der Fusion der beiden<br />

elsässischen Departements Haut-Rhin und<br />

Bas-Rhin haben die Elsässer in einer aktuellen<br />

Bürgerbefragung den Wunsch geäußert, wieder<br />

ihrer « alten » Region Alsace anzugehören. Dafür<br />

sprachen sich 92,4 % der 168 456 abgegebenen<br />

Stimmen aus. An der Befragung, die von der<br />

Collectivité européenne d’Alsace organisiert<br />

wurde und die einen rein beratenden Charakter<br />

hat, nahm zwar lediglich 13 % der elsässischen<br />

Wählerschaft teil, allerdings überstieg die<br />

Beteiligung die bei der Lancierung der Umfrage<br />

erwarteten 100 000 Stimmen deutlich. Vor allem<br />

aber beeindruckt die hohe Quote derer, die eine<br />

Rückkehr zur Region Alsace befürworten. Über<br />

dieses Thema wird in den kommenden Monaten<br />

vermutlich heftig diskutiert werden …<br />

STRASSBURG<br />

Der « grüne Strahl »<br />

ist verschwunden<br />

Den berühmten « grünen Strahl », ein<br />

bei Touristen und Esoterikanhängern<br />

sehr beliebtes Phänomen im<br />

Straßburger Münster, gibt es nicht<br />

mehr. Er war erstmals 1972 zu sehen,<br />

nachdem eine getönte Scheibe<br />

des Kirchenfensters, das Judas<br />

repräsentiert, im Rahmen von<br />

Renovierungsarbeiten durch eine<br />

transparente Scheibe ersetzt worden<br />

war. Seitdem durchquerte jeweils<br />

bei Tagundnachtgleiche ein grüner<br />

Lichtstrahl das Kirchenschiff und fiel<br />

auf die große steinerne Kanzel der<br />

Kathedrale. Doch nun wurde der Teil<br />

des Kirchenfensters, das für dieses<br />

Phänomen verantwortlich war, erneut<br />

ersetzt, und es gibt keinen « grünen Strahl » mehr. Das Ende<br />

eines « Mysteriums », das nicht wirklich eines war …<br />

6 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


TURMSPITZE<br />

Eiffelturm jetzt 330 Meter hoch<br />

Die Passanten konnten es nicht fassen: An einem regnerischen Tag « wuchs » der<br />

Pariser Eiffelturm innerhalb nur weniger Stunden um sechs Meter und ist nun 330<br />

Meter hoch. Eine neue, 350 kg schwere Antenne wurde per Hubschrauber innerhalb<br />

nur weniger Stunden auf die Turmspitze gesetzt und dort befestigt. Sie dient der<br />

Übertragung des Digitalradios und deckt die gesamte Region Île-de-France ab. Auf<br />

diese Weise erinnert die « eiserne Dame » an ihre historische Beziehung zu Radiowellen:<br />

Der Eiffelturm, der für die Weltausstellung 1889 errichtet worden war, hätte eigentlich<br />

20 Jahre später wieder abgebaut werden sollen. Seine Rettung war schließlich die<br />

Möglichkeit, ihn für die Ausstrahlung von Radiowellen – zunächst für militärische,<br />

später dann für zivile Zwecke – zu nutzen.<br />

GASTRONOMIE<br />

Guide Michelin Frankreich: eine sehr maskuline Rangliste<br />

Der Guide Michelin zeigte sich am 22. März dieses Jahres insofern innovativ,<br />

als die Verantwortlichen die Auszeichnungen <strong>2022</strong> nicht wie üblich in<br />

Paris, sondern in Cognac (Charente) verkündeten. Schließlich « befinden<br />

sich 80 % der französischen Sternerestaurants außerhalb des Großraums<br />

Paris », äußerte sich Gwendal Poullennec, seines Zeichens International<br />

Director der Guides Michelin, bei dem Anlass. Erstaunlich ist jedoch, dass<br />

von den insgesamt 49 vergebenen Sternen nur drei (!) an Küchenchefinnen<br />

gingen. Für eine Küchenchefin war es der erste Stern,<br />

die beiden anderen waren bereits mit Sternen gekrönt.<br />

Aber es geht noch weiter: Die Kategorie « Ambiente<br />

und Service », deren Bewertungen traditionell zu<br />

Beginn der Zeremonie bekanntgegeben werden, ist<br />

die einzige Kategorie, in der mehr Frauen als Männer<br />

gewürdigt wurden. Sollte der Guide Michelin etwa<br />

frauenfeindlich sein? Die Kritik scheint etwas vorschnell,<br />

obwohl sie in Frankreich zunehmend lauter wird. « Es<br />

arbeiten zwar viele Frauen in Restaurants, doch nur<br />

wenige besetzen verantwortungsvolle Positionen in<br />

der Küche. Das bedauern wir. » So rechtfertigte sich<br />

der Direktor des Guide Michelin in einem Interview mit<br />

der Zeitung Le Monde, bevor er seinem Gedankengang<br />

eine überraschende Wendung gab: « Aber die Rolle des<br />

Michelin besteht darin, Fachkönnen zu bewerten und<br />

nicht, Quoten einzuhalten. » Mit dieser Aussage geriet er<br />

jedoch umgehend in die Kritik: Ist es wirklich notwendig,<br />

« Quoten für Frauen in der Küche » vorzugeben, damit<br />

die Qualität der Arbeit französischer Küchenchefinnen<br />

anerkannt wird? Die Diskussion ist eröffnet! Das Thema<br />

sollte man im Auge behalten …<br />

Video von der Zeremonie der Sterneverleihung: https://<br />

guide.michelin.com/fr/fr/article/michelin-star-revelation/<br />

guide-michelin-france-<strong>2022</strong>-toutes-les-nouvelles-etoiles<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 7


ON EN PARLE<br />

BRETAGNE<br />

MUSEUM<br />

UMZUG<br />

Maison Gainsbourg in Paris<br />

wird eröffnet<br />

Aus Paris wegziehen ist möglich!<br />

In der Stadt zu wohnen, galt lange Zeit bei vielen Franzosen als<br />

Chance, vor allem, wenn die Stadt Paris hieß. Seit jedoch vor zwei<br />

Jahren die Coronakrise mit ihren diversen Lockdowns begann,<br />

hat sich die Einstellung geändert. Laut der statistischen Abteilung<br />

des Arbeitsministeriums stieg die Anzahl der Umzüge von der<br />

Hauptstadt an einen mehr als 100 km entfernten Ort zwischen April<br />

2020 und April 2021 sprunghaft um 34 %. Und in welche Gebiete<br />

wanderten die Pariser ab? 28,6 % der Umzüge entfallen auf Zielorte,<br />

die in ländlich geprägten Departements liegen.<br />

Viele nach wie vor treue Fans des Texters,<br />

Komponisten und Interpreten Serge Gainsbourg<br />

(1928-1991) warten seit langer Zeit auf die<br />

Realisierung eines Projektes, für das sich die<br />

Tochter des Künstlers, Charlotte Gainsbourg,<br />

engagierte: Das legendäre Pariser Stadthaus in<br />

der Rue de Verneuil 5 bis (VII. Arrondissement),<br />

in dem Serge Gainsbourg 20 Jahre lang lebte,<br />

soll in Kürze zugänglich sein. So erstaunlich es<br />

auch klingen mag, im Inneren wurde seit seinem<br />

Tod nichts verändert: weder die Einrichtung<br />

noch die Getränkedosen im Kühlschrank und<br />

die überall verstreuten Zigarettenkippen. Im<br />

Rahmen einer dreißigminütigen Audioführung<br />

kann man dann den Ort, an dem die Zeit stehen<br />

geblieben zu sein scheint, besichtigen. Genau<br />

gegenüber (Hausnummer 14) bietet ein Museum<br />

mit angeschlossenem Museumsshop eine weitere<br />

Möglichkeit, in das Leben und Werk des Künstlers<br />

einzutauchen. Nach dem Besuch werden echte<br />

Fans es sich nicht nehmen lassen, im Café-<br />

Restaurant Gainsbarre (das sich abends in eine<br />

einladende Pianobar verwandelt) ein Glas zu<br />

trinken oder eine Kleinigkeit zu essen.<br />

Informationen: www.maisongainsbourg.fr<br />

PRIX GONCOURT<br />

Flucht durch Lesen<br />

Der renommierteste der französischen<br />

Literaturpreise, der Prix Goncourt,<br />

wurde 1892 kreiert und zeichnet<br />

jedes Jahr Anfang November<br />

französischsprachige Autoren für<br />

ein Werk aus, das im jeweiligen Jahr<br />

veröffentlicht wurde. Inzwischen gibt<br />

es mehrere « Ableger » des berühmten<br />

Preises, darunter den Goncourt des<br />

lycéens, den Goncourt du premier<br />

roman, den Goncourt de la poésie und<br />

den Goncourt de la biographie. Jetzt hat<br />

die Académie Goncourt gemeinsam<br />

mit dem Centre national du livre (CNL)<br />

und den Strafvollzugsbehörden den<br />

Goncourt des détenus kreiert. Dabei sind<br />

die Inhaftierten in dreißig französischen<br />

Haftanstalten aufgefordert, die 15 für<br />

den Prix Goncourt nominierten Werke<br />

zu lesen und über sie abzustimmen.<br />

Die erste Preisvergabe ist im Dezember<br />

<strong>2022</strong> vorgesehen.<br />

Streit um Lithium<br />

In ganz Europa gibt<br />

es Projekte, um die<br />

Abhängigkeit von<br />

den großen Lithium-<br />

Förderländern zu<br />

reduzieren. Der Rohstoff ist<br />

ein wichtiger Bestandteil<br />

bei der Herstellung<br />

von Batterien und<br />

Akkus, vor allem für<br />

umweltfreundliche Autos. In<br />

Frankreich gibt es mehrere<br />

Lithiumvorkommen,<br />

beispielsweise im<br />

Departement Allier<br />

und im Elsass. Im<br />

Zusammenhang mit der<br />

« neuen Lithiumbranche »<br />

macht jedoch derzeit<br />

vor allem Tréguennec im<br />

Finistère von sich reden:<br />

Vor vier Jahren wurden<br />

dort vielversprechende<br />

Reserven entdeckt, die der<br />

französische Staat abbauen<br />

möchte. Das Problem: Sie<br />

befinden sich in der Bucht<br />

von Audierne, in einem<br />

Gebiet mit Mooren und<br />

Dünen, das als Natura-2000-<br />

Schutzgebiet ausgewiesen<br />

ist und das die Bretonen<br />

logischerweise schützen<br />

möchten. Umso mehr,<br />

als dass sie bereits Ende<br />

der 70er-Jahre den Bau<br />

eines Atomkraftwerks am<br />

anderen Ende der Bucht<br />

erfolgreich verhinderten. Vor<br />

Ort gab es bereits mehrere<br />

Demonstrationen gegen<br />

das Vorhaben. Allerdings<br />

betont die Regierung,<br />

dass der Lithiumbedarf<br />

laut der Internationalen<br />

Energieagentur bis 2040<br />

um das 42-Fache steigen<br />

wird. Wir werden Sie über<br />

die aktuelle Entwicklung auf<br />

dem Laufenden halten.<br />

8 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


ERNÄHRUNG<br />

Franzosen und ihr Brot<br />

Laut einer aktuellen Umfrage der Fédération des Entreprises de<br />

Boulangerie (FEB) haben 87 % der Franzosen immer Brot im Haus; 52 %<br />

von ihnen haben sogar einen Vorrat an Brot eingefroren, damit die<br />

« Versorgung » gesichert ist. Mit durchschnittlich 57 kg Brot pro Kopf<br />

und Jahr konsumieren die Franzosen dabei aber nur noch ein Drittel<br />

dessen, was sie 1950 verzehrten. Und sie liegen noch weit hinter den<br />

« größten Brotessern » der Welt, dies sind mit einem Pro-Kopf-Verzehr<br />

von 104 kg pro Jahr die Türken.<br />

LE CORBUSIER<br />

Kapelle Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp wird renoviert<br />

Die Kapelle Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp (Haute-<br />

Saône) wurde zwischen 1953 und 1955 vom französischschweizerischen<br />

Architekten Le Corbusier (1887-1965)<br />

errichtet und ist seit 2016 Teil des Weltkulturerbes der<br />

UNESCO. In der Ausgabe 69 von Frankreich erleben widmeten<br />

wir dem meisterhaften Sakralbau des 20. Jahrhunderts<br />

einen Artikel (Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp: eine<br />

Rechenaufgabe für Le Corbusier). Während die Struktur des<br />

Gebäudes den Angriffen von Wind und Wetter standhalten<br />

konnte und nach wie vor als solide eingestuft wird, hat der<br />

äußere Verputz gelitten. Er wurde seinerzeit mit Spritzbeton<br />

aufgebracht und bildete all die Jahre eine Art « schützende<br />

Hülle » für die Struktur. Heute besteht jedoch dringender<br />

Renovierungsbedarf. Für die notwendigen Arbeiten wurde<br />

ein umfangreiches Projekt entwickelt, das sich durch<br />

die Coronapandemie verzögerte. Die Arbeiten sollen<br />

demnächst mit dem Abbeizen der südlichen Fassade – der<br />

sogenannten Mur de Lumière – beginnen. Dafür wird eine<br />

innovative Technik angewendet, die auf der Kombination<br />

eines chemischen Stoffes und mechanischem Sandstrahlen<br />

beruht. Auf diese Weise soll der ursprüngliche Spritzbeton<br />

erhalten werden. Das Restaurierungsprojekt, für das<br />

ein Budget von 2,3 Millionen Euro angesetzt ist, wird<br />

voraussichtlich bis August 2024 dauern.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 9


ON EN PARLE<br />

LABEL<br />

Befürchtungen für Bio-Salz<br />

Die französischen Hersteller von<br />

Meersalz an der Atlantikküste sind<br />

über ein europäisches Vorhaben<br />

zutiefst beunruhigt: Ein Gesetzentwurf<br />

sieht vor, ein Bio-Label für Salz<br />

zuzulassen, egal mit welcher<br />

Methode dieses produziert wird.<br />

Die traditionellen Salzhersteller,<br />

die grobes Salz und Fleur de Sel<br />

von Hand und auf vollkommen<br />

natürliche Art – nach der sogenannten<br />

« Solarmethode » – erzeugen (siehe<br />

Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 4: Atlantikküste,<br />

die wilde Schönheit), sind jedoch<br />

der Ansicht, dass lediglich Salz, das<br />

seine natürlichen Merkmale bewahrt<br />

hat und keinerlei Zusatzstoffe<br />

enthält, mit dem Label « Bio »<br />

ausgezeichnet werden darf. Sollte<br />

das Gesetzesvorhaben angenommen<br />

werden, könnten ihrer Aussage nach<br />

jedoch in Europa Dutzende Millionen<br />

Tonnen industriell hergestelltes Salz<br />

ein solches Gütesiegel erhalten.<br />

Auch Salz, das mit immensem<br />

Wasser- und Energieeinsatz aus<br />

Salzminen gewonnen (indem man<br />

Süßwasser mit hohem Druck in<br />

den Salzstock in der Tiefe presst)<br />

oder mithilfe chemischer Stoffe<br />

extrahiert wird. Für die traditionellen<br />

Salzerzeuger ist es zudem « der<br />

Gipfel », dass selbst Streusalze und<br />

Salze, die in der chemischen Industrie<br />

verwendet werden, als « Bio-Produkt »<br />

ausgezeichnet werden könnten.<br />

Daher wollen sie das europäische<br />

Gesetzesvorhaben genauestens im<br />

Auge behalten.<br />

BEWERBUNGEN<br />

Viele möchten Europäische<br />

Kulturhauptstadt 2028 werden!<br />

Das französische Kulturministerium hat das Bewerbungsverfahren<br />

für die Ernennung der Europäischen Kulturhauptstadt 2028 eröffnet.<br />

Wie üblich wird der Titel jeweils an zwei Städte in Europa vergeben, in<br />

diesem Fall an eine französische und eine tschechische Stadt. Nach<br />

Paris (1989), Avignon (2000), Lille (2004) und Marseille (2013) stehen<br />

mehrere Kandidaten Schlange: Amiens, Bastia, Bourges, Clermont-<br />

Ferrand, Nizza, Reims und Saint-Denis haben bereits ihr Interesse<br />

bekundet. Anfang 2023 werden vier Bewerber ausgewählt, die finale<br />

Entscheidung wird 2024 getroffen.<br />

HOCHZEITEN<br />

Nachholbedarf in Frankreich<br />

Dem Institut National de la Statistique et des<br />

Études Économiques (INSEE) zufolge wurde 2021 in<br />

Frankreich 220 000 Mal geheiratet. Das entspricht<br />

einer Steigerung von 42 % gegenüber 2020. Allerdings<br />

ist zu berücksichtigen, dass sich während der ersten<br />

Ausgangssperre (17. März bis 10. Mai 2020) lediglich<br />

538 Paare das Ja-Wort gaben, während es im<br />

selben Zeitraum des Vorjahres 25 000 waren.<br />

Der starke Anstieg der Trauungen ist also<br />

vor allem auf einen Nachholeffekt<br />

zurückzuführen.<br />

10 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


RESTAURANTS<br />

« Immersive Restaurants »: ein neues Konzept?<br />

Auf den ersten Blick hat das neue « immersive Restaurant »<br />

Ephemera in Paris alles, um die Verfechter der « traditionellen<br />

französischen Küche », wie sie 2010 ins immaterielle<br />

Weltkulturerbe aufgenommen wurde, zu reizen: Es hat nur<br />

wenig mit dem « Ritual » zu tun, das Teil der französischen<br />

« Volkskultur » ist und dessen Bedeutung von der UNESCO<br />

gewürdigt wurde. Die Mahlzeit, die man dort serviert,<br />

verspricht laut den Aussagen der drei erst 23 Jahre alten<br />

Gründer – für die Duzen ein Bestandteil des Konzepts ist –<br />

« ein Eintauchen und eine Erfahrung, die du noch niemals<br />

erlebt hast », « einen unvergesslichen immersiven Moment ».<br />

Wenn schon, denn schon! Das Trio konnte mit dem Ansatz<br />

immerhin zwei bedeutende französische Unternehmer<br />

überzeugen: Xavier Niel (unter anderem Gründer des<br />

Telekommunikationsanbieters Free) und Elisha Karmitz<br />

(Direktor von MK2). Gemeinsam entwickelten sie große<br />

Ambitionen und eröffneten ein XXL-Restaurant (700 m², 150<br />

Plätze) im Gebäude des Multiplexkinos MK2 Bibliothèque<br />

(Paris, XIII. Arrondissement). Die Besonderheit besteht darin,<br />

dass die Dekoration von Fachleuten aus dem Bereich Kino<br />

kreiert wurde und vollkommen von der Unterwasserwelt<br />

inspiriert ist. Das wird damit begründet, dass sich die Gäste<br />

sofort wie « untergetaucht » vorkommen sollen. Um dies zu<br />

erreichen, wurde der Raum mit immensen Tüll-Leinwänden<br />

ausgestattet, auf die täuschend natürliche Bilder von Delfinen,<br />

Schildkröten und Haien projiziert werden. An der Decke<br />

baumeln über den Gästen riesige Imitationen von Korallen und<br />

Algen, der Boden scheint sich durch die aufgedruckten Wellen<br />

zu bewegen. Das Personal trägt Matrosenkostüme, während<br />

ein nahezu berauschender Walgesang den akustischen<br />

Hintergrund bildet … Zweifellos ein großes Spektakel für das<br />

Ambiente! Aber was befindet sich eigentlich auf dem Teller?<br />

Mancher mag vermuten, die Initiatoren hätten sich auf einen<br />

aufsehenerregenden « Marketing-Coup » beschränkt, der<br />

mehr mit Disneyland als mit einem Restaurant zu tun hat. Die<br />

gute Nachricht: Der kulinarische Aspekt wird bei Weitem nicht<br />

vernachlässigt, denn auch in dieser Hinsicht erfüllt Ephemera<br />

die Erwartungen – und das noch dazu zu Preisen, die für ein<br />

Pariser Restaurant absolut korrekt sind: kurz angebratene,<br />

marinierte Riesengarnelen (9 €), gegrillter Tintenfisch mit<br />

glasierten Karotten und Ingwer (19 €), Ceviche von der<br />

Dorade mit Passionsfrucht, Kaffernlimette, Kokosmilch und<br />

grüner Zitrone (17 €). Es sei darauf hingewiesen, dass alle<br />

Meeresprodukte in französischen Gewässern nachhaltig<br />

gefischt werden. Das sollte auch die letzten Zweifler<br />

überzeugen und vielleicht – das hoffen zumindest die<br />

Kreateure des gewagten Konzeptes – in Frankreich den Trend<br />

zu « immersiven Restaurants » lancieren. Diesen ersten Ort<br />

kann man nun 16 Monate lang in Paris besuchen, bevor er<br />

abgebaut und an einem anderen Ort im Hexagon wieder<br />

aufgebaut wird.<br />

Informationen: www.ephemerarestaurant.com<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 11


ON LIT<br />

BIOGRAFIE - REISEBUCH<br />

Marcel Proust am Genfer See<br />

Jürgen Ritte, Insel, 139 Seiten, 14 €, ISBN 978-3458195115<br />

Es war zu erwarten, dass die französischen Buchhandlungen in diesem Jahr anlässlich des 100.<br />

Todestages von Marcel Proust (1871-1922) mit unzähligen, dem Dichter gewidmeten Werken<br />

überschwemmt werden. Von diesen vielen Veröffentlichungen bieten allerdings nur wenige<br />

einen so originellen Ansatz wie dieses kleine Buch im Taschenformat, das in Deutschland<br />

herausgegeben wurde. Geschrieben hat es der deutsche Literaturkritiker und Übersetzer Jürgen<br />

Ritte, der unter anderem Mitbegründer und Vizepräsident der Marcel-Proust-Gesellschaft ist. Die<br />

meisten der in Frankreich erschienenen Werke spielen in Paris oder der Normandie, was insofern<br />

nicht überraschend ist, als sich der Dichter dort bekanntlich gerne aufhielt. Nur wenige wissen<br />

jedoch, dass Proust auch dem Charme von Évian-les-Bains (Haute-Savoie) und dem Genfer See<br />

erlegen war. Und genau dahin nimmt uns dieses Buch mit. Man erfährt, dass Proust nach einem ersten Aufenthalt<br />

dort im September und Oktober 1899 in der Folge regelmäßig die Region besuchte. « In Évian fühlte ich mich noch am<br />

ehesten zu Hause », schrieb er sogar. Jürgen Ritte besuchte die Gegend, recherchierte viel über die Verbindung Prousts<br />

zu ihr und lädt uns ein, mit ihm auf den Spuren des Dichters zu wandeln und selbst nachzuvollziehen, was diesen<br />

an Évian so anzog. Die Verbindung von Stadtbesichtigung, Literatur und Geschichte lässt beim Leser eine Neugier<br />

entstehen, die auch Proust eigen war. Eine universelle Neugier, die unweigerlich Lust zum Reisen weckt. Dabei entdeckt<br />

man auf nicht alltägliche, spannende und zudem reich bebilderte Art nicht nur Marcel Proust (wieder), sondern auch die<br />

Gegend um Évian, der wir in der Ausgabe 71 einen Artikel widmeten (Évian: das Gedächtnis des Wassers).<br />

SPRACHLICHE KURIOSITÄTEN<br />

Andere Länder, andere Sprüche<br />

Michela Tartaglia, mit Illustrationen von Daniele Simonelli,<br />

Originaltitel: Una mela al giorno. Proverbi e modi di dire dal<br />

mondo, aus dem Italienischen von Alexandra Titze-Grabec,<br />

Dumont, 144 Seiten, 18 €, ISBN 978-3<strong>83</strong>2169022<br />

Wenn Sie gerne ins Ausland reisen, beispielsweise nach<br />

Frankreich, ist Ihnen vermutlich bereits aufgefallen, dass es viele<br />

beliebte Redewendungen gibt, die sich von einem zum anderen<br />

Land durch – oftmals lustige – Details unterscheiden und<br />

am Ende doch dasselbe ausdrücken. Dieses Buch nimmt auf<br />

humorvolle Art die französischen, englischen, italienischen und<br />

spanischen Pendants zu 25 in Deutschland sehr gebräuchlichen<br />

Redewendungen unter die Lupe und erläutert gleichzeitig deren<br />

Ursprung in den jeweiligen Ländern. Wenn man in Deutschland<br />

« vom Teufel spricht », bezieht sich der Franzose beispielsweise<br />

auf « den Wolf, von dem man schon den<br />

Schwanz sieht » (quand on parle du loup,<br />

on en voit la queue). Oder während man<br />

in Deutschland nach dem berühmten<br />

« Haar in der Suppe » sucht, fahndet man<br />

in Frankreich « nach kleinem Getier »<br />

(chercher la petite bête). Amüsant ist<br />

auch das französische Gegenstück zum<br />

deutschen Ausdruck « Perlen vor die<br />

Säue werfen », denn jenseits des Rheins<br />

« gibt man den Schweinen Marmelade »<br />

(donner de la confiture aux cochons). Es<br />

lebe Europa!<br />

ROMAN<br />

Was es braucht<br />

in der Nacht<br />

Laurent Petitmangin, Originaltitel:<br />

Ce qu’il faut de nuit, übersetzt aus<br />

dem Französischen von Holger Fock<br />

und Sabine Müller, dtv Verlag, 160<br />

Seiten, 20 €, ISBN 978-3423290128<br />

Mit seinem ersten Roman<br />

hinterließ Laurent Petitmangin in<br />

Frankreich sofort Eindruck. Das Buch<br />

wurde mit mehreren Preisen – unter anderem mit dem<br />

renommierten Prix Femina des lycéens – ausgezeichnet. Es<br />

erzählt mit viel Feingefühl vom vordergründig einfachen<br />

Leben eines Eisenbahners der französischen SNCF, der<br />

nach dem Tod seiner Frau die beiden Kinder alleine<br />

großziehen muss. Der liebevolle und aufmerksame Vater<br />

ist Mitglied der Sozialisten und muss zu seinem Bedauern<br />

erleben, wie einer seiner Söhne sich immer mehr von ihm<br />

entfernt und den örtlichen Rechtsextremen annähert. Die<br />

Ereignisse überstürzen sich, dieses Engagement gipfelt<br />

in einer schrecklichen Tragödie. Kann man seinem Kind<br />

verzeihen, wenn es sich von den Werten, die man ihm<br />

vermittelt hat, abwendet und eine furchtbare Tat begeht?<br />

Das ist eine der wesentlichen Fragen, auf die Laurent<br />

Petitmangin versucht, eine Antwort zu finden. Ein Buch<br />

voller Liebe und Hellsichtigkeit. Schönes Lesevergnügen.<br />

12 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


ERZÄHLUNGEN<br />

Bretonisches Lied<br />

HISTORISCHER ROMAN<br />

Celeste, Gott und der<br />

König (Band 1) / Das<br />

Manuskript der Amazone<br />

(Band 2)<br />

Sabrina Kiefner, Celeste, Gott<br />

und der König (Band 1), Tredition<br />

Verlag, 344 Seiten, 26 €,<br />

ISBN 978-3347121317 / Das<br />

Manuskript der Amazone (Band<br />

2), Tredition Verlag, 380 Seiten,<br />

27 €, ISBN 978-3347154049. Die<br />

französischen Ausgaben erschienen<br />

bei Le Lys et le Lin Éditions (www.lelysetlelin-editions.com).<br />

Das Departement Vendée liegt an der Atlantikküste<br />

und ist Teil der Region Pays de la Loire. Während der<br />

Französischen Revolution war es Schauplatz besonders<br />

blutiger Bürger- und Religionskriege. Dabei standen<br />

Katholiken und Royalisten aus dem Westen Frankreichs<br />

den republikanischen Truppen der Revolutionsregierung<br />

gegenüber. Die im baden-württembergischen Waiblingen<br />

geborene Sabrina Kiefner lebt heute im Departement<br />

Vendée und begeistert sich für diese immer noch heikle<br />

Periode der französischen Geschichte. In zwei Bänden<br />

– die zunächst in französischer Sprache veröffentlicht<br />

wurden und in der Folge durch die Autorin selbst auf<br />

Deutsch übersetzt wurden – zeichnet sie ein sehr gut<br />

belegtes, lebendiges und lehrreiches Porträt einer<br />

unerschrockenen Reiterin und mutigen Kämpferin aus<br />

der Vendée, Céleste Bulkeley (1753-1<strong>83</strong>2), die unter dem<br />

adeligen Namen Céleste Talour de la Cartrie geboren<br />

wurde. Man spürt sofort, dass dieser Roman über das<br />

Schicksal von Céleste<br />

Bulkeley und ihren<br />

lebenslangen Einsatz<br />

für ihre Ideale von der<br />

Begeisterung der Autorin<br />

für diese Zeit und dem<br />

Kampf der Bewohner der<br />

Vendée inspiriert wurde.<br />

Letzten Endes ist es ein<br />

ehrliches und zweifellos<br />

engagiertes Porträt. Aber<br />

zeichnet nicht gerade das<br />

ein interessantes Buch<br />

aus?<br />

Jean-Marie Gustave Le Clézio, Originaltitel:<br />

Chanson bretonne/L’enfant et la guerre - Deux<br />

contes, übersetzt aus dem Französischen<br />

von Uli Wittmann, Kiepenheuer & Witsch,<br />

192 Seiten, 22 €, ISBN 978-3462001709<br />

Es ist immer wieder schön, von einem<br />

Autor, den man zu kennen glaubt,<br />

überrascht zu werden! Jean-Marie Gustave<br />

Le Clézio, Literaturnobelpreisträger 2008,<br />

hat uns mit seinen Romanen schon oft<br />

begeistert. Mit den beiden Erzählungen in<br />

diesem Buch lernen wir den Schriftsteller<br />

jedoch von einer ganz anderen Seite<br />

kennen. In zwei<br />

Erzählungen lässt<br />

uns der Autor durch<br />

seine Kindheitserinnerungen<br />

in die<br />

Bretagne und die<br />

Provence reisen.<br />

Bretonisches Lied<br />

ist eine regelrechte<br />

Hymne an die<br />

Bretagne. Le Clézio<br />

erinnert sich an<br />

die glücklichen<br />

<strong>Sommer</strong> aufenthalte,<br />

die er<br />

zwischen 1948 und<br />

1954 mit seiner<br />

Familie im Finistère<br />

verbrachte.<br />

In Das Kind und der Krieg erzählt der<br />

Autor dann allerdings von einem sehr<br />

traumatisierenden Ereignis, das er im<br />

Alter von nur drei Jahren hatte: Eines<br />

Nachts verliert ein kanadisches Flugzeug<br />

versehentlich eine Bombe, die in<br />

unmittelbarer Nähe des Gebäudes in Nizza<br />

einschlägt, in dem die Familie lebt. Sie<br />

ist gezwungen, in das Dorf Roquebillière<br />

(Alpes-Maritimes) im Hinterland zu<br />

fliehen. Der kleine Le Clézio entdeckt<br />

urplötzlich den Krieg und erlebt, wie die<br />

Erwachsenen versuchen, ihre eigenen<br />

Ängste vor ihm zu verbergen. Der Autor<br />

war vermutlich nicht darauf gefasst,<br />

dass diese Erzählung angesichts der<br />

derzeitigen Situation aktueller denn je ist.<br />

Gleichzeitig ruft er uns ins Gedächtnis, dass<br />

solche Kindheitserinnerungen niemals in<br />

Vergessenheit geraten dürfen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 13


ON LIT EN FRANCE<br />

Unsere Auswahl an Büchern, über die man<br />

zurzeit in Frankreich spricht<br />

NOVELLEN<br />

HISTORISCHE ERZÄHLUNG<br />

Une sortie honorable<br />

Les petits personnages<br />

Marie Sizun, Arléa, 260 Seiten,<br />

20 €, ISBN 978-2363082909<br />

Die « kleinen Figuren » von denen Marie Sizun<br />

in den 30 Novellen in diesem Buch spricht, sind<br />

« diese Winzigen, diese Namenlosen », die Maler manchmal in ihre<br />

Gemälde integrieren, « wie Statisten zweiten Grades, die ohne<br />

Zweifel die Gesamtaussage des Bildes stützen, deren individuelles<br />

Schicksal jedoch offensichtlich niemanden interessiert ». Diese<br />

unaufdringlichen menschlichen Gestalten haben die Autorin schon<br />

immer neugierig gemacht. Die am Anfang jeder Novelle abgebildeten,<br />

mehr oder weniger bekannten Gemälde haben die Fantasie von<br />

Marie Sizun beflügelt, und sie erzählt uns amüsiert die Geschichten<br />

der « nur grob umrissenen Kreaturen ». Aus der unerwarteten und<br />

nicht alltäglichen Begegnung zwischen Kunst und Literatur sind<br />

liebenswerte und sehr poetische kleine Leseerlebnisse entstanden.<br />

Ein erfreuliches und ermutigendes Buch!<br />

Éric Vuillard, Actes Sud, 208 Seiten, 18,50 €, ISBN 978-2330159665<br />

Éric Vuillard, der 2017 für sein Buch L’ordre du jour den Prix Goncourt<br />

erhielt (das Buch erschien 2018 in Deutschland bei Matthes & Seitz<br />

unter dem Titel Die Tagesordnung), besitzt echtes Talent: Auf der<br />

Basis eingehender Recherchen – man könnte sie auch nahezu als<br />

verbissen bezeichnen – gelingt es ihm, Abschnitte der Geschichte,<br />

die jeder zu kennen glaubt, unter einem neuen Blickwinkel zu<br />

zeigen. In diesem Fall geht es um den Indochina-Krieg (1946-1954),<br />

einen nicht sehr rühmlichen Abschnitt der französischen<br />

Kolonialgeschichte, in dem sehr viel Blut floss. Der Autor<br />

zeichnet ein lehrreiches Porträt dieser Zeit, indem<br />

er uns sowohl mit nach Saigon (Vietnam), auf eine<br />

vom Michelin-Konzern auf üble Weise ausgebeutete<br />

Gummibaum-Plantage, als auch in die französische<br />

Nationalversammlung mitnimmt. Das Bild der<br />

politischen und militärischen Klassen dieser Zeit<br />

ist oftmals erschreckend. Ein nützliches Werk, das<br />

bewegt und nachdenklich macht!<br />

HISTORISCHER ROMAN<br />

Le gosse<br />

Véronique Olmi, Albin Michel, 304<br />

Seiten, 20,90 €, ISBN 978-2226448040<br />

An dieses Buch erinnert man sich mit<br />

Sicherheit noch lange, nachdem man es<br />

gelesen hat. Le gosse, der kleine Junge, das<br />

ist Joseph, ein sogenannter Titi parisien, ein<br />

Pariser Bengel, wie man auf Deutsch sagen<br />

würde: ein lebenslustiger Kerl, der 1919<br />

im Armenviertel Bastille in Paris geboren<br />

wird. Zunächst führt Joseph ein glückliches<br />

Leben mit Mutter und Großmutter, bis sein<br />

Leben eines Tages eine Wendung nimmt:<br />

Als Joseph sieben Jahre alt ist, stirbt seine<br />

Mutter, und er wird offiziell Pupille de l’État,<br />

ein vom Jugendamt betreutes Waisenkind.<br />

Anstatt nun vom französischen Staat in<br />

Obhut genommen zu werden, landet der<br />

Waise jedoch in der Hölle des Gefängnisses<br />

Petite Roquette (eine schreckliche<br />

Pariser Anstalt, die heute noch düstere<br />

Erinnerungen hervorruft, obwohl sich an<br />

ihrer Stelle heute ein Park befindet). Später<br />

teilt Joseph das tragische Schicksal vieler<br />

anderer Waisenkinder der damaligen Zeit in<br />

einem der sogenannten « Kinder-Bagnos »,<br />

die es überall im Land gibt. Dennoch gelingt<br />

es ihm, in diesem schrecklichen Umfeld die<br />

Liebe zu finden und schließlich die Freiheit<br />

zu erlangen. Ein erschütterndes Buch,<br />

wunderschön aus der Sicht des Kindes<br />

geschrieben. Anmerkung: Zum Thema der<br />

« Kinder Bagnos » haben wir in Frankreich<br />

erleben <strong>Nr</strong>. 76 einen Artikel publiziert (26.<br />

August 1934: Am Tag als die Kinder aus dem<br />

Bagno auf Belle-Île-en-Mer flüchten).<br />

14 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


ROMAN - FAMILIENSAGA<br />

Regardez-nous danser - Le pays des autres, 2<br />

Leïla Slimani, Gallimard, 370 Seiten, 21 €, ISBN 978-2072972553<br />

Regardez-nous danser ist der zweite Band der dreiteiligen<br />

Familiensaga, die Leïla Slimani vor zwei Jahren mit Le Pays des<br />

autres begann. Das Buch erschien in Deutschland 2021 bei Luchterhand<br />

unter dem Titel Das Land der Anderen. Erfreut treffen wir die Elsässerin<br />

Mathilde und den Marokkaner Amine wieder, in deren Leben inzwischen 12<br />

Jahre vergangen sind. Seit 1956 lebt das französisch-marokkanische Paar<br />

in einem unabhängigen Land. Mit dieser zum großen Teil autobiografisch<br />

geprägten Familiensaga setzt die Autorin, die selbst französischmarokkanischer<br />

Abstammung ist, auf elegante, aber zielstrebige Art das<br />

Porträt eines Landes fort, das auf der Suche nach sich selbst ist. Das Buch ist<br />

weit mehr als das Bild einer Familie, es ist ein ausgesprochen interessanter<br />

historischer Roman, den vor allem diejenigen schätzen, die mehr darüber<br />

erfahren möchten, was Marokkaner und Franzosen verbindet.<br />

ROMAN<br />

Monument national<br />

Julia Deck, Les Editions de Minuit, 208<br />

Seiten, 17 €, ISBN 978-2707347626<br />

In diesem Buch bleibt Julia Deck ihrer Gabe treu,<br />

soziale Klassen der französischen Gesellschaft und<br />

deren Widersprüche zu beschreiben. Größer könnten<br />

die Unterschiede kaum sein, als zwischen der Welt eines alternden<br />

Stars des französischen Kinos, der mit seiner Patchworkfamilie und<br />

zahlreichen Angestellten in einem Schloss im Großraum Paris residiert,<br />

und der Welt einer Supermarktangestellten, die mit ihrem Sohn unter<br />

einer falschen Identität lebt … Das Resultat ist ein amüsantes Porträt<br />

von Menschen, die oft scheinheilig, dabei aber immer anziehend sind.<br />

Eine verwirrende und erfreuliche Sozialsatire, wie wir sie lieben!<br />

Sie möchten Ihren französischen<br />

Freunden ein deutsches Buch<br />

empfehlen, das kürzlich auch in<br />

Frankreich erschienen ist? Hier kommt<br />

unser derzeitiger Coup de cœur:<br />

ROMAN<br />

L’Ukrainienne<br />

Joseph Winkler, aus dem österreichischen<br />

Deutsch übersetzt von Bernard Banoun,<br />

mit einem Vorwort für die französische<br />

Ausgabe von Josef Winkler, Verdier,<br />

Kollektion Der Doppelgänger, 272<br />

Seiten, 22 €, ISBN 978-2378560645<br />

Dieser Roman ist die wahre und<br />

berührende Geschichte der Begegnung<br />

zwischen dem österreichischen<br />

Schriftsteller Josef Winkler und<br />

Njetotschka Iljaschenko, einer 1928<br />

geborenen Ukrainerin, die als Bäuerin<br />

in Kärnten (Österreich) lebt. 1982<br />

ist der Autor auf der Suche nach<br />

einem abgelegenen und ruhigen<br />

Ort zum Schreiben und mietet bei<br />

ihr ein Zimmer. Im Laufe zahlreicher<br />

Gespräche entwickelt sich ein<br />

vertrauensvolles Verhältnis zwischen<br />

den beiden, sodass die Bäuerin nach<br />

und nach ihr schmerzliches Schicksal<br />

preisgibt. Mit ihrer Erlaubnis macht<br />

Joseph Winkler daraus einen Roman,<br />

der eine wunderschöne Hommage<br />

an die Ukrainerin ist. Angesichts der<br />

russischen Invasion in die Ukraine<br />

erhält dieses Buch eine zusätzliche<br />

Dimension, da es unter anderem die<br />

Lebensbedingungen in der ehemals<br />

russischen Ukraine dokumentiert.<br />

Ein Zeugnis, das es wert ist, gelesen<br />

zu werden. Das Buch wurde 19<strong>83</strong><br />

in Deutschland unter dem Titel Die<br />

Verschleppung - Njetotschka<br />

Iljaschenko erzählt ihre<br />

russische Kindheit<br />

veröffentlicht<br />

(Suhrkamp<br />

Taschenbuch,<br />

285 Seiten,<br />

10 €, ISBN 978-<br />

3518111772).<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 15


ON REGARDE<br />

ROMANTISCHE KOMÖDIE<br />

KOMÖDIE / FAMILIENFILM<br />

Der kleine Nick auf Schatzsuche<br />

Schmetterlinge im Ohr<br />

Alle Menschen im Umfeld von Antoine<br />

(Pascal Elbé) scheinen ihm etwas<br />

vorzuwerfen, trauen sich jedoch nicht,<br />

dies auszusprechen. Ob Schüler, Kollegen<br />

oder Geliebte: Sie wünschen sich von ihm<br />

mehr Aufmerksamkeit, Konzentration,<br />

Einfühlungsvermögen. Keiner ahnt, dass<br />

Antoine im Laufe der Zeit sehr schwerhörig<br />

geworden ist. Auch Claire (Sandrine Kiberlain), seine neue Nachbarin,<br />

schimpft zunächst über den Lärm, den Antoine macht. Vor allem<br />

über die Musik, die er immer in voller Lautstärke hört. Doch die<br />

ausgesprochen sensible Frau kommt sehr schnell hinter das<br />

Geheimnis um Antoines Handicap und hilft ihm, damit umzugehen.<br />

Dieser humorvolle und feinfühlige Film regt zum Nachdenken über<br />

eine unsichtbare Behinderung an, die mehr Menschen betrifft, als<br />

man denkt. Der Regisseur, Pascal Elbé, hat im Übrigen beim Filmstart<br />

zugegeben, dass er selbst unter dieser Situation gelitten hat. Eine<br />

Komödie mit autobiografischen Zügen also …<br />

Schmetterlinge im Ohr • Frankreich, 2021, 93 min • Originaltitel: On est fait pour<br />

s’entendre • Ein Film von Pascal Elbé, mit Pascal Elbé, Sandrine Kiberlain, Valérie<br />

Donzelli, François Berléand, Emmanuelle Devos u. a. • Ab 16. Juni <strong>2022</strong> im Kino.<br />

DRAMA<br />

Le Petit Nicolas ist in Frankreich eine<br />

richtige Institution: Das Werk der<br />

Jugendliteratur entstand zwischen 1956<br />

und 1965. Es stammt aus der Feder von<br />

René Goscinny (1926-1977), einem der<br />

Asterix-Schöpfer, und wurde von Jean-<br />

Jacques Sempé illustriert. Die Geschichten<br />

erzählen liebevoll und mit Humor die<br />

Abenteuer eines kleinen Jungen und<br />

seiner Freunde im Frankreich der 60er-<br />

Jahre. Diese Kinoverfilmung hat trotz ihrer<br />

etwas holperigen Art die französischen<br />

Kinder (ab 8 Jahren) sofort begeistert –<br />

und in vielen Fällen die Eltern ebenfalls.<br />

Man hat fast den Eindruck, letztere<br />

würden sich etwas wehmütig an die Zeit<br />

erinnern, in der Kinder noch ganz ohne<br />

Mobiltelefon und Bildschirm aufwuchsen.<br />

Eine relativ gelungene Komödie, die<br />

Erinnerungen weckt und teilweise sehr<br />

berührend ist.<br />

Der kleine Nick auf Schatzsuche • Frankreich,<br />

2021, 103 min • Originaltitel: Le trésor du Petit<br />

Nicolas • Ein Film von Julien Rappeneau, mit<br />

Illan Debrabant, Jean-Paul Rouve, Audrey<br />

Lamy u. a. • Ab 2. Juni <strong>2022</strong> im Kino.<br />

Die Zeit, die wir teilen<br />

Joan (Isabelle Huppert, großartig!) ist eine Verlegerin, der im<br />

Leben offensichtlich alles zu gelingen scheint. Als jedoch ihre erste<br />

Jugendliebe plötzlich wieder auftaucht, wirft sie das aus der Bahn.<br />

Sie beschließt, den gemeinsamen Sohn zu verschweigen, und<br />

verlässt überstürzt Paris, um sich aufs Land zurückzuziehen. Die<br />

Flucht wird zu einer regelrechten Reise zu sich selbst, bei der Joan<br />

ihr ganzes Leben Revue passieren lässt. Gleichzeitig ist es eine Reise<br />

durch 40 Jahre europäische Geschichte, in Irland, Frankreich und<br />

Deutschland. Bei dieser Gelegenheit muss Joan sich auch mit einem<br />

gut gehüteten Geheimnis auseinandersetzen … Der Film lief als<br />

Vorpremiere während der Berlinale <strong>2022</strong>, bei der Isabelle Huppert<br />

– leider coronabedingt abwesend – für ihr Lebenswerk mit dem<br />

Goldenen Bären ausgezeichnet wurde. Sowohl das Publikum als<br />

auch die Filmkritiker haben den Film sehr gut<br />

aufgenommen. Er wechselt meisterhaft und mit<br />

viel Sensibilität zwischen Komödie und Drama<br />

und strahlt eine Atmosphäre aus, die – wie so oft<br />

bei Isabelle Huppert – manchmal geheimnisvoll,<br />

an der Grenze zum Irrealen ist.<br />

Die Zeit, die wir teilen • Frankreich, Irland, Deutschland,<br />

2021, 102 min • Originaltitel: À propos de Joan • Ein<br />

Film von Laurent Larivière, mit Isabelle Huppert, Lars<br />

Eidinger, Swann Arlaud, Freya Mavor u. a. • Der Filmstart<br />

ist im Laufe des <strong>Sommer</strong>s vorgesehen, das genaue<br />

Datum war bei Drucklegung noch nicht bekannt.<br />

16 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


DOKUMENTATION<br />

UNESCO Weltkulturerbe<br />

- Schätze für<br />

die Ewigkeit: Arles<br />

Das südfranzösische<br />

Arles erfindet sich<br />

gerade neu. Bislang war der malerische Ort am<br />

Rande der Camargue vor allem für seine antiken<br />

Wahrzeichen wie das berühmte Amphitheater<br />

bekannt, die Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind.<br />

Mit dem weithin sichtbaren Turm des amerikanischkanadischen<br />

Architekten Frank O. Gehry hat die<br />

Stadt nun ein weiteres Wahrzeichen erhalten. Auf<br />

einer ehemaligen Industriebrache ist rund um den<br />

Gehry-Turm ein Kulturcampus entstanden, der sich<br />

als « Zukunftswerkstatt » und als Anziehungspunkt<br />

für die relevantesten Künstler des 21. Jahrhunderts<br />

versteht.<br />

Dokumentation von Marion Schmidt, <strong>2022</strong>, 52 Min.<br />

· Sonntag, 5. Juni <strong>2022</strong> um 15.55 Uhr. Online<br />

verfügbar vom 5. Juni bis 4. Juli <strong>2022</strong>.<br />

SERIE<br />

Beau Rivage (Die<br />

Rückkehr) - Staffel 2<br />

Die belgische Fantasy-Krimi-Serie « Beau Séjour » feierte<br />

bereits im Jahr 2016 ihr Debüt und gewann auf dem<br />

französischen Serienfestival « Séries Mania » kurz nach der<br />

Premiere den Publikumspreis. ARTE hat die erste Staffel unter<br />

dem Titel « Zimmer 108 » ausgestrahlt. Nun folgt die zweite<br />

Staffel mit dem Titel « Die Rückkehr ». Auch hier ermittelt<br />

sozusagen ein lebendiger Toter die Umstände seines eigenen<br />

Todes. In diesem Fall ist es der ehemalige Marineoffizier<br />

Maurice, der plötzlich während eines nächtlichen Seesturms<br />

am Mast seines Segelbootes baumelt. Von Selbstmord ist<br />

die Rede. Auch wenn Maurice sich nicht mehr daran erinnern<br />

kann, glaubt er nicht, dass er Selbstmord begangen hat.<br />

Aber was ist in jener Nacht geschehen? Unsichtbar für<br />

seine Mitmenschen macht sich Maurice auf die Suche nach<br />

Antworten.<br />

Serie von Nathalie Basteyns und Kaat Beels, 2021, 54 Min. · Donnerstag,<br />

16. Juni um 22.30 Uhr. Online verfügbar vom 9. Juni bis 14. Juli <strong>2022</strong>.<br />

Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />

Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />

Weitere Informationen und Angebote von ARTE : www.arte.tv<br />

KONZERT<br />

Mozarts Idomeneo aus<br />

Aix-en-Provence<br />

In diesem Jahr zeigt das Festival eine neue<br />

Produktion von Mozarts Idomeneo, Re die Creta<br />

(1781). Das Werk wird von dem international<br />

renommierten Regisseur Satoshi Miyagi inszeniert,<br />

der dafür bekannt ist, östliche und westliche<br />

Theatertraditionen miteinander zu verbinden.<br />

Idomeneo ist Miyagis erste Opernaufführung<br />

in Europa. Sie wird vom Leiter des Ensembles<br />

Pygmalion, Raphaël Pichon dirigiert. Vor der<br />

unvergleichlichen Kulisse des Erzbischöflichen Palais<br />

erklingen die virtuosen Stimmen<br />

von Michael Spyres und Sabine<br />

Devieilhe in den Hauptrollen.<br />

Konzert, 190 Min. · Freitag, 15.<br />

Juli <strong>2022</strong> um 21.30 Uhr live auf<br />

ARTE Konzert, Samstag, 16.<br />

Juli <strong>2022</strong> um 22 Uhr im TV.<br />

SPIELFILM<br />

Stavisky<br />

Durch Charme und<br />

Hochstapelei verschafft<br />

sich der in Russland<br />

geborene Schwindler Serge<br />

Alexandre Stavisky einflussreiche Freunde in der Pariser<br />

Gesellschaft. Er pflegt enge Kontakte zu korrupten Politikern<br />

und Industriellen, die ihm jegliche Privilegien verschaffen und<br />

es ihm ermöglichen ein erfolgreiches Imperium aufzubauen.<br />

Als Stavisky unter rätselhaften Umständen ums Leben<br />

kommt, stürzt das Pariser Establishment in eine politische<br />

und wirtschaftliche Krise. Ein Drama über die Stavisky-<br />

Affäre, die in den 1930er Jahren in Frankreich einen großen<br />

finanziellen Skandal auslöst.<br />

Spielfilm von Alain Resnais, mit Jean-Paul Belmondo, Charles Boyer,<br />

Anny Duperey u. a., 1974, 115 Min. · Montag, 18. Juli <strong>2022</strong> um 20.15 Uhr.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 17


ON SURFE<br />

SPRACHEN<br />

Lernen mit dem Departement<br />

Moselle<br />

Das Departement Moselle, auch<br />

« Eurodepartement » genannt, ist das<br />

französische Departement, in dem man<br />

sich des Stellenwerts von kulturellem<br />

und sprachlichem Austausch am meisten<br />

bewusst ist. Die gemeinsame Grenze<br />

mit zwei deutschen Bundesländern und<br />

Luxemburg sowie die Nähe zu Belgien<br />

haben dazu geführt, dass man sich dort<br />

seit vielen Jahren für einen möglichst<br />

frühen Kontakt mit Sprache und Kultur der<br />

Nachbarn einsetzt, was in besonderem<br />

Maße für Deutschland und die deutsche<br />

Sprache gilt. Die jüngste Kreation in diesem<br />

Zusammenhang ist Moselle Langues, eine<br />

digitale Plattform zum Sprachenlernen.<br />

Ziel des kostenlos zugänglichen Portals ist<br />

es, Menschen, die ihre Sprachkenntnisse<br />

in Französisch, Deutsch, Englisch oder<br />

Luxemburgisch evaluieren, verbessern<br />

oder einfach auf dem aktuellen Stand<br />

halten möchten, das Leben zu erleichtern.<br />

Das Tool ist zwar in erster Linie für die<br />

Bewohner des Departements Moselle<br />

gedacht, erweist sich jedoch für alle als<br />

praktisch, die neugierig auf Sprachen sind.<br />

Besonders nützlich sind die Tests, mit<br />

denen man in circa 15 Minuten sein Niveau<br />

in einer der vier Sprachen evaluiert, sowie<br />

die Informationen über die verschiedenen<br />

Weiterbildungsangebote. Aktuelle<br />

Informationen im Zusammenhang mit<br />

der Mehrsprachigkeit in der Großregion<br />

(Saarland, Rheinland-Pfalz, Lothringen,<br />

Luxemburg, Wallonien, Ostbelgien)<br />

ergänzen das Angebot. Ein sinnvolles und<br />

gut durchdachtes Tool.<br />

www.mosellelangues.eu<br />

KONSUM<br />

Spritpreise in Frankreich vergleichen<br />

Angesichts des Höhenflugs der Spritpreise hat die französische Regierung eine<br />

Website eingerichtet, die mit nur wenigen Klicks Auskunft über die Spritpreise<br />

an den Tankstellen des Hexagons liefert. Die Angaben werden in Echtzeit<br />

aktualisiert. Man kann beispielsweise Ausgangspunkt und Ziel einer Reiseroute<br />

eingeben und erhält – in Listenform oder auf einer Karte – die Tankstellen<br />

entlang der Strecke. Neben den Preisen für die verschiedenen Spritsorten sind<br />

die Öffnungszeiten sowie das Serviceangebot angegeben. Diese Informationen<br />

können sich als sehr gut für den<br />

Geldbeutel erweisen. Bei einem<br />

Test für die Strecke Bordeaux-Paris<br />

stellten wir fest, dass der Literpreis für<br />

E5/SP98 zwischen 1,86 € und 2,55 €<br />

schwankte. Dies entspricht immerhin<br />

einer Differenz von 0,69 € pro Liter!<br />

Grund genug also, sich im Vorfeld zu<br />

informieren …<br />

www.prix-carburants.gouv.fr<br />

KULTUR<br />

Die Comédie-Française immer in Reichweite<br />

Das einzige Nationaltheater Frankreichs mit einem festen Ensemble,<br />

die Comédie-Française, ist eine prestigeträchtige Institution in Sachen<br />

Kultur in Paris. Seit der Gründung im Jahr 1680 wurde der Spielbetrieb<br />

niemals unterbrochen. An dieser Tradition konnte selbst die Coronakrise<br />

nicht rütteln. Während der aufeinanderfolgenden Lockdowns ging diese<br />

altehrwürdige Institution zur allgemeinen Überraschung ganz neue Wege<br />

und kreierte einen eigenen YouTube-Kanal, auf dem mittlerweile mehr<br />

als 1500 Videos veröffentlicht wurden. Diese Initiative wird nach wie<br />

vor fortgesetzt, denn einige Serien erwiesen sich als ausgesprochene<br />

Renner, beispielsweise Théâtre à la table (wo man auf bisher noch nie<br />

da gewesene Weise mehrere Tage lang die Proben für ein Theaterstück<br />

mitverfolgen kann), packende Lesungen der Schauspielerinnen und<br />

Schauspieler des Stückes À la recherche du temps perdu von Marcel<br />

Proust (1871-1922) oder, anlässlich des 400. Geburtstags von Molière<br />

(1622-1673), Interviews mit den Mitgliedern des Ensembles über ihre<br />

Beziehung zu diesem berühmten Theaterdichter. Die Reichweite<br />

von bisher schätzungsweise knapp fünf Millionen Zugriffen auf<br />

dieses « Webfernsehen » ganz neuer Art bestätigt das Interesse der<br />

Öffentlichkeit. Vor allem junge<br />

Menschen und Menschen<br />

aus dem Ausland (ca. 20 %<br />

der Zuschauer, obwohl das<br />

Programm in französischer<br />

Sprache ausgestrahlt wird)<br />

sind zahlreich vertreten. Ein<br />

toller Erfolg also!<br />

www.youtube.com/user/<br />

LaComedieFrancaise<br />

18 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


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AM TAG ALS …<br />

Es gibt Tage, die anders sind. Sie erscheinen<br />

zunächst ganz « banal », doch dann ereignet<br />

sich etwas, das die Menschen so bewegt,<br />

dass sie sich noch lange daran erinnern.<br />

Über solche Tage, die im Gedächtnis der<br />

Franzosen haften geblieben sind, berichten<br />

wir in dieser Rubrik.<br />

… die Stadt Dijon den<br />

« Trauernden <strong>Nr</strong>. 17 »<br />

zurückerhielt<br />

Auf den ersten Blick sieht man der 42 cm hohen<br />

Skulptur aus Alabaster, die heute im Musée des<br />

Beaux-Arts in Dijon, im Saal mit den Grabmälern<br />

der Herzöge von Burgund zu sehen ist, nichts Besonderes<br />

an. Eine Statuette unter vielen, ist man fast versucht zu sagen,<br />

denn dieser « Trauernde, der seine Tränen zurückhält »<br />

– auch bekannt unter dem verwaltungstechnischen und<br />

viel weniger poetischen Namen Pleurant No 17 – ist nur<br />

eine von 82 kleinen Statuen. Die Pleurants von Dijon gelten<br />

weltweit als Meisterwerke der mittelalterlichen Kunst,<br />

zu ihren Bewunderern zählten bereits Stendhal (17<strong>83</strong>-<br />

1842) und Victor Hugo (1802-1885). Sie schmückten das<br />

Grab Philipps des Kühnen (1342-1404), des ersten Herzogs<br />

von Burgund, sowie die Gräber seines Sohnes, Johann<br />

Ohnefurcht (1371-1419) und dessen Frau Margarete von<br />

Bayern (1363-1424). Dennoch ist es dieser diskrete « Trauernde<br />

<strong>Nr</strong>. 17 » wert, dass man nicht einfach an ihm vorbeigeht,<br />

sondern ihm etwas Aufmerksamkeit schenkt. Seine<br />

Geschichte gleicht einem Epos, in dem große Geschichte<br />

und juristische Rangeleien verwoben sind. Lassen Sie uns<br />

erzählen, wie sich das Ganze abspielte …<br />

Alles beginnt im Mittelalter. Damals ist es Brauch,<br />

dass man verstorbenen illustren Persönlichkeiten die Ehre<br />

erweist, indem man zu Füßen ihrer liegenden Grabfiguren<br />

(den sogenannten Gisants) kleine Statuen aufstellt, die<br />

oft Familienmitglieder oder Ordensgeistlichkeiten repräsentieren.<br />

Es ist eine Art, sie ins Jenseits zu begleiten und<br />

die Trauer um sie aufrecht zu erhalten. Da die Herzöge<br />

von Burgund in jener Zeit am Ende des Mittelalters zu<br />

den mächtigsten Herrschern in Europa gehören, erscheint<br />

es nur logisch, nach ihrem Tod ihre Gisants mit solchen<br />

Statuetten zu dekorieren. Genau aus diesem Grund werden<br />

im Laufe der Zeit in Burgund für die Dekoration der<br />

Grabmäler von Philipp dem Kühnen, seinem Sohn Johann<br />

Ohnefurcht sowie dessen Gemahlin Margarete von<br />

Bayern insgesamt 82 Skulpturen geschnitzt.<br />

Hätte nicht die Französische Revolution den Lauf<br />

der Dinge und das Schicksal vieler Zeugnisse des Anci-<br />

20 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


en Régime geändert, hätte in der Folge vermutlich nichts<br />

mehr die Ruhe dieser bemerkenswerten Gisants gestört.<br />

Dabei ist es zu Beginn gar nicht so schlecht um sie bestellt:<br />

Ein Dekret vom 2. November 1789 überführt die<br />

Gräber einschließlich der Pleurants in Staatsbesitz, um<br />

sie auf diese Weise zu schützen. Einige Jahre später,<br />

1793, ordnet allerdings ein neuer Erlass – der viel eher<br />

dem revolutionären Geist der Epoche<br />

entspricht – schlicht und einfach die<br />

Zerstörung « aller königlichen Bildnisse<br />

» an. Daraufhin werden auch die<br />

genannten Grabmale umgehend dem<br />

Erdboden gleichgemacht. Die « Trauernden<br />

» jedoch, die einfacher zu demontieren<br />

und zu transportieren sind,<br />

werden in alle Winde zerstreut. Dieses<br />

vorübergehende « Untertauchen » trägt<br />

letzten Endes zu ihrer Rettung bei.<br />

1799 tauchen die meisten von ihnen<br />

zur allgemeinen Überraschung wieder<br />

auf und werden zu Füßen originalgetreuer<br />

Rekonstitutionen der Grabmäler<br />

im ehemaligen Palast der Herzöge von<br />

Burgund (in dem sich heute das Musée<br />

des Beaux-Arts befindet) aufgestellt.<br />

Doch damit ist die Angelegenheit<br />

noch nicht zu Ende. Nach wie vor fehlen mehrere Pleurants.<br />

Vor allem für eine der Statuen, die <strong>Nr</strong>. 17, soll es<br />

sehr lange dauern, bis sie wieder ihren ursprünglichen<br />

Platz einnehmen kann …<br />

Bereits 1794 ist der Pleurant retenant ses larmes zwar<br />

– gemeinsam mit einigen seiner « Brüdern » – bei einem<br />

Antiquitätenhändler in Dijon aufgetaucht, doch aufgrund<br />

eines bis heute unergründlichen Mysteriums verliert sich<br />

die Spur direkt wieder. Erst als sie 1811 an einen privaten<br />

Kunstsammler verkauft wird, stößt man erneut auf diese<br />

Skulptur. Doch damit ist der Irrweg dieses « Trauernden »<br />

immer noch nicht beendet. Zwei Jahre später, 1813, gerät<br />

er in den Besitz einer Pariser Familie, wo er fast 200 Jahre<br />

lang verbleibt,<br />

ohne Aufsehen zu<br />

erregen.<br />

2013 kommt<br />

allerdings Bewegung<br />

in die<br />

Angelegenheit.<br />

Zu diesem Zeitpunkt<br />

erben drei<br />

Wo kann man den<br />

« Trauernden <strong>Nr</strong>. 17 »<br />

(und all die anderen)<br />

besichtigen?<br />

Musée des Beaux-Arts<br />

de Dijon<br />

Palais des Ducs et des Etats<br />

de Bourgogne<br />

Geöffnet täglich außer<br />

Dienstag.<br />

Der Zutritt zu den<br />

Dauerausstellungen,<br />

darunter der Saal mit den<br />

Grabmälern der Herzöge<br />

von Burgund und den<br />

Pleurants, ist kostenlos.<br />

www.beaux-arts.dijon.fr<br />

Schwestern in<br />

Paris den Pleurant<br />

No. 17, ohne den<br />

Hintergrund und<br />

die Geschichte der<br />

Statuette zu kennen.<br />

Sie lassen die<br />

Skulptur von Sachverständigen<br />

schätzen und erfahren zu ihrer großen Freude,<br />

dass diese fast 3 Millionen Euro wert ist! Da die drei<br />

Erbinnen das große Geschäft wittern, begleichen sie 2014<br />

anstandslos die Erbschaftssteuer, werden damit – vermeintlich<br />

– rechtmäßige Besitzerinnen des Schatzes und<br />

vertrauen das wertvolle Stück dem renommierten Auktionshaus<br />

Pierre Bergé an, um es versteigern zu lassen.<br />

Gemäß den gesetzlichen Vorschriften<br />

beantragt das Auktionshaus beim<br />

französischen Staat eine Ausfuhrgenehmigung,<br />

ein unerlässliches Dokument<br />

im Hinblick auf einen möglichen<br />

Verkauf ins Ausland. Die Antwort lässt<br />

nicht lange auf sich warten und ist für<br />

die Erbinnen eine herbe Enttäuschung.<br />

Anstatt der gewünschten Genehmigung<br />

erhalten sie vom Staat postwendend<br />

die Aufforderung, das Werk auszuhändigen,<br />

denn die drei Schwestern<br />

sind – wenngleich « unschuldig » – in<br />

den Besitz einer Sache gelangt, die « öffentliches<br />

Eigentum » ist. Im Klartext:<br />

Die Statuette ist seit dem Dekret von<br />

1789 staatliches Eigentum, deshalb<br />

muss sie an den Staat zurückgegeben<br />

werden.<br />

Es folgt eine lange juristische Auseinandersetzung.<br />

Die Schwestern sind nicht gewillt, sich etwas wegnehmen<br />

zu lassen, was sie als ihr Eigentum ansehen. Es gibt<br />

Urteile und Berufungen, im Laufe der Jahre geht die<br />

Angelegenheit bis vor den obersten französischen Verwaltungsgerichtshof,<br />

nämlich den Conseil d’État. Da der<br />

französische Staat über stichhaltige Beweise verfügt, die<br />

eine Rückforderung des Werkes stützen, bestätigt die<br />

oberste Gerichtsbarkeit am 21. Juni 2018, dass der Pleurant<br />

No 17 « öffentliches Eigentum » ist, und zwar « unveräußerlich<br />

und unverjährbar ». Am 11. Juli 2020 wird das<br />

Urteil schlussendlich umgesetzt und die Skulptur an die<br />

Stadt Dijon zurückgegeben,<br />

wo sie nach<br />

mehr als 200-jähriger<br />

Abwesenheit<br />

ihren Platz zu Füßen<br />

des Grabmals wieder<br />

einnimmt. Die Trauernden<br />

sind wieder<br />

(nahezu) vereint,<br />

denn noch immer<br />

fehlen sieben von<br />

ihnen: Vier befinden<br />

sich heute in den<br />

Vereinigten Staaten,<br />

im Cleveland<br />

Museum of Art,<br />

drei sind nach wie<br />

vor verschollen …<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 21


ON ÉCOUTE<br />

KLASSIK<br />

Quatuor Modigliani – Schubert: The String Quartets<br />

Das französische Quartett Modigliani (Amaury Coeytaux, Violine; Loïc Rio,<br />

Violine; Laurent Marfaing, Bratsche; François Kieffer, Violoncello) wurde<br />

2003 gegründet und tritt heute in den renommiertesten Konzertsälen<br />

der Welt auf. Die Aufnahme sämtlicher Streichquartette von Schubert,<br />

die auf den fünf CDs in dieser Kassette zu hören sind, war eine Premiere<br />

für die Musiker. Dem vor allem in Deutschland durch zahlreiche<br />

Auftritte bekannten Quartett gelang mit seiner Interpretation zweifellos<br />

eine musikalische Meisterleistung. Abgesehen von der perfekten<br />

Beherrschung der Noten und Instrumente ist vor allem die unglaubliche<br />

Harmonie zwischen den Musikern ein emotionales Highlight. Jeder<br />

von ihnen ergänzt bei seinem Einsatz auf subtile Art die Darbietung der<br />

anderen und vervollkommnet dadurch das kollektive Werk. Angesichts<br />

dieses Wohlklangs stockt einem nahezu der Atem. Man hat den Eindruck,<br />

die Musik sei nicht nur das Ergebnis jahrelanger hartnäckiger Arbeit, sondern<br />

beruhe auch auf einer tiefen Freundschaft und Vertrautheit zwischen den Künstlern. Ein Meisterwerk! Zur<br />

Information: Das Quatuor Modigliani hat die künstlerische Leitung von Vibre, dem renommierten Concours<br />

International & Festival de Quatuors à cordes in Bordeaux. Dieses Festival mit angeschlossenem Wettbewerb<br />

findet vom 9. bis 20. Mai <strong>2022</strong> statt. Aus diesem Anlass werden in Stadt und Umgebung zahlreiche Konzerte<br />

ausgetragen. Freunde klassischer Musik sollten sich die Daten vormerken! (www.vibrefestival.com)<br />

POP<br />

Stromae: Multitude<br />

Der aus Belgien stammende und in Frankreich sehr populäre Popstar<br />

Stromae gab nach siebenjähriger Abwesenheit Anfang des Jahres in den<br />

20-Uhr-Nachrichten des französischen Senders TF1 überraschend ein<br />

Interview. Es war sehr ergreifend und sorgte für Schlagzeilen. Vor allem,<br />

weil Stromae dank einer minutiös geplanten Inszenierung die letzte Frage<br />

der Journalistin zu seiner jahrelangen Abwesenheit plötzlich mit einem<br />

Chanson beantwortete: Ich habe manchmal Suizidgedanken gehabt,<br />

und darauf bin ich nicht gerade stolz / Man glaubt manchmal, dass es der<br />

einzige Weg ist, sie zum Schweigen zu bringen. Ganz Frankreich entdeckte<br />

bei dieser Gelegenheit den schmerzlichen Text des Songs L’enfer, der<br />

auf dieser neuen CD zu hören ist. Gleichzeitig erfuhren die Zuschauer<br />

in dem Interview zur besten Sendezeit mehr über ein bislang von einer<br />

prominenten Person nur selten so offen angesprochenes Thema:<br />

Depressionen. In der Zwischenzeit wurde dieses Album von Stromae, das<br />

im Übrigen voller liebevoller<br />

Texte und Musik steckt,<br />

zum Symbol dafür,<br />

wie man mit<br />

Entschlossenheit<br />

wieder zurück<br />

zu Optimismus<br />

und Lebenslust<br />

finden kann.<br />

Ermutigend!<br />

CHANSON<br />

Fishbach: Avec les yeux<br />

Fishbach ist eine dreißigjährige Sängerin<br />

mit einer vielversprechenden Begabung.<br />

J’aimerais quitter la ville singt sie mit sanfter<br />

Stimme im gleichnamigen Chanson dieses<br />

Albums, worauf die Backgroundsänger fragen:<br />

Pour aller où? Die Musikerin hat schließlich im<br />

Verlauf der verschiedenen Ausgangssperren<br />

und Lockdowns der jüngsten Zeit den Weg aus<br />

der Stadt Paris zurück in die geliebte Region<br />

gefunden, in der sie ihre Kindheit verbrachte:<br />

die Ardennen. Die Rückkehr zu den Wurzeln war<br />

offensichtlich eine Inspirationsquelle für die<br />

Realisation dieses sehr persönlichen Albums<br />

voller Poesie. Schöne musikalische Momente!<br />

22 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


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UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Manche<br />

Mont Sain<br />

Die Geheimnisse des<br />

24 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


t-Michel<br />

« Gefängnisbergs »<br />

Nähert man sich der Baie du Mont Saint-Michel lässt der Anblick der<br />

pyramidenförmigen Silhouette der Insel mit ihrer Abtei auch heute<br />

noch, mehr als 1300 Jahre nach der Gründung des Klosters im Jahr<br />

708, niemanden gleichgültig. Das Betreten des felsigen Eilands ist<br />

nach wie vor ein besonderes Erlebnis. Kein Zweifel, das « Wunder des<br />

Westens » hat nichts von seiner magischen Anziehungskraft auf Touristen<br />

und Pilger verloren. Die Kehrseite des Erfolges ist jedoch, dass<br />

die Besichtigung eines solchen Anziehungspunktes oftmals einem<br />

« touristischen Pflichtprogramm » gleicht, das keine Gelegenheit für<br />

wirkliche Entdeckungen bietet. Dabei ist es durchaus möglich, sich für<br />

eine ganz andere, vielfach unbekannte Seite des Mont Saint-Michel zu<br />

interessieren: die Zeit, in der der Mont ein Gefängnis war, als das ehemalige<br />

Benediktinerkloster in eine der bedeutendsten Haftanstalten<br />

Frankreichs verwandelt worden war. Ein Thema, um ausgetretene<br />

Touristenpfade zu verlassen und diesen besonderen Ort unter einem<br />

ganz neuen und packenden Blickwinkel zu entdecken!<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 25


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Manche<br />

26 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Diskutiert man mit François Saint-James während<br />

des Spaziergangs durch die Gassen der<br />

Gemeinde Mont Saint-Michel, muss man darauf<br />

gefasst sein, immer wieder unterbrochen zu werden.<br />

Von allen Seiten ertönt ein « Hallo, wie gehts? » oder ein<br />

« Tag François, alles klar? », sodass man den Eindruck<br />

hat, sich in Begleitung einer lokalen Berühmtheit zu<br />

befinden. Was im Grunde genommen nicht falsch ist.<br />

Die meisten der noch verbliebenen rund 20 Einwohner<br />

und derjenigen, die hier arbeiten, kennen ihn gut, denn<br />

der Mann gehört sozusagen zum « Inventar ». Seit 1989<br />

ist der « altgediente » Gästeführer der Abtei hier tätig,<br />

lange Zeit wohnte er zudem hier, und schon immer<br />

hegte er eine ausgeprägte Leidenschaft für den Felsen<br />

und seine Geschichte. Beide kennt er wie seine Westentasche.<br />

Wie die meisten seiner Kollegen trennt er sich<br />

niemals von dem beeindruckenden Schlüsselbund mit<br />

riesigen Schlüsseln, die ihm Zugang zu allen Räumen<br />

der Abtei und den Respekt der Besucher verschaffen.<br />

Wir haben einen Termin mit François Saint-James vereinbart,<br />

weil er der Initiator einer der spannendsten und<br />

ungewöhnlichsten Besichtigungen des Mont Saint-Michel<br />

ist, die sich einer eher unbekannten Epoche widmet,<br />

nämlich der Zeit, in der hier ein Gefängnis war:<br />

Zunächst gingen die Mönche einer « Nebentätigkeit »<br />

als Kerkermeister nach; in der Folge wurde aus der Abtei<br />

ein bedeutendes Gefängnis, in dem knapp 600 Häftlinge<br />

eingesperrt waren. Grund genug also, den Mont<br />

einmal aus einer ganz anderen, ungewöhnlichen Perspektive<br />

zu betrachten!<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 27


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Manche<br />

Die Grausamkeiten Ludwigs XI. und seine schrecklichen Eisenkäfige werfen noch immer dunkle Schatten über den<br />

Mont Saint-Michel. François Saint-James präsentiert gerne ganz konkrete Zeugnisse dieser « dunklen Vergangenheit»,<br />

die bei den « klassischen Führungen » meist übergangen werden. So wie die Botschaften, die ein Gefangener<br />

in die Tür seines Kerkers ritzte (rechts unten). Er zeigt auch alte Stiche, mit deren Hilfe man den damaligen<br />

Zustand einiger Räume des Klosters mit dem jetzigen Zustand vergleichen kann (rechts oben das Vestibül).<br />

Ein etwas spezielles « Gastgewerbe »<br />

Diejenigen, die ab dem Jahr 708 diese heilige Stätte<br />

zu Ehren des Erzengels Michael gründeten, konnten sich<br />

vermutlich nicht vorstellen, dass der Ort eines Tages als<br />

Kerker dienen würde. Doch genau dazu kam es im Verlauf<br />

der Jahrhunderte. Alles begann, wie uns François Saint-<br />

James erläutert, im Mittelalter: Die abgelegene geografische<br />

Lage und die Befestigungsanlagen des Berges legten bei<br />

manchen den Gedanken nahe, dort eine Haftanstalt zu<br />

schaffen, da eine solche Einrichtung besonders einfach zu<br />

überwachen schien. König Ludwig XI. (1423-14<strong>83</strong>) witterte<br />

ein « gutes Geschäft » und versuchte die Kirchenmänner<br />

auf dem Klosterberg davon zu überzeugen, einen Teil der<br />

Abtei für diese neue « Aktivität » bereitzustellen. Da diese<br />

eine nicht unerhebliche Einkommensquelle darstellen<br />

sollte, akzeptierten die Mönche den Vorschlag, auf dieses<br />

spezielle « Gastgewerbe » umzusatteln. Als Gegenleistung<br />

erhielten sie vom König für jeden Gefangenen ein Unterhaltsgeld,<br />

das teilweise von der Familie des Inhaftierten<br />

aufgestockt wurde, um dessen Verpflegung zu verbessern.<br />

Ludwig XI. war darüber erfreut, dass die Mönche seinen<br />

Vorschlag annahmen, und nutzte umgehend die Gelegenheit,<br />

politische Gegner dort einsperren zu lassen. Er ließ<br />

in der Abtei sogar einen seiner berüchtigten « Eisenkäfige »<br />

installieren, die heute noch in unseliger Erinnerung sind.<br />

Diese bestanden aus mit Eisenstäben verstärktem Holz und<br />

wurden an der Zellendecke aufgehängt, sodass sie bei jeder<br />

Bewegung des Häftlings, der sich darin befand, schwankten.<br />

Der Käfig existiert zwar heute nicht mehr, doch bei<br />

einer Besichtigung der entsprechenden Zelle in Begleitung<br />

von François Saint-James kann man sich vorstellen, welche<br />

Qualen diese Instabilität wohl ausgelöst haben muss.<br />

28 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Von « VIP-Zellen » zur unbewohnten Abtei<br />

Die Praxis, Gegner der Staatsgewalt und unerwünschte<br />

Politiker in der Abtei einzusperren, stieß auch bei den<br />

Nachfolgern Ludwigs XI. auf Interesse. Das Vorgehen<br />

war sehr « praktisch » und es bürgerte sich daher ein, dass<br />

in den Wohnräumen der Abtei einige « VIP-Zellen » für<br />

« Pensionsgäste des Königs » reserviert waren. Letztere<br />

waren meist aus gutem Hause und wurden ohne Verurteilung,<br />

lediglich auf Wunsch des Königs, dort eingesperrt.<br />

Manchmal ging die Initiative auch von Standesgenossen<br />

oder Familienmitgliedern aus, die Personen auf diese Weise<br />

« aus persönlichen Gründen aus dem Verkehr ziehen »<br />

wollten. Der Auslöser war oftmals relativ unbedeutend,<br />

teilweise handelte es sich lediglich um einen Sittenskandal.<br />

Selbstverständlich waren die Zellen dieser Inhaftierten<br />

nicht mit denen politischer Häftlinge vergleichbar.<br />

Da die Mönche in solchen Fällen einen höheren Betrag<br />

erhielten, war die Unterbringung ziemlich komfortabel,<br />

was den Aufenthalt für die Betroffenen « angenehmer »<br />

machte. Dennoch reichte das durch diese Tätigkeit erzielte<br />

Einkommen nicht aus, um den Finanzbedarf der Abtei<br />

zu decken, deren glanzvolle Ausstrahlung mehr und mehr<br />

verblasste. Umso mehr, als zu Beginn der Französischen<br />

Revolution, 1789, nach einhelliger Meinung der Historiker<br />

nur noch schätzungsweise sechs bis zwölf Gefangene<br />

auf dem Mont Saint-Michel eingesperrt waren. Für den<br />

Orden, der bereits mehr als 1000 Jahre dort lebte, begann<br />

damals eine schreckliche Zeit. Am 2. November 1789<br />

beschloss die konstituierende Nationalversammlung die<br />

Verstaatlichung der Kirchengüter, und am 13. Februar<br />

1790 wurden Orden ganz verboten, die Mönche aus ihren<br />

Klöstern verjagt. Auch auf dem Klosterberg mussten die<br />

letzten Geistlichen die Abtei verlassen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 29


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Manche<br />

Von der « Bastille des Mers »<br />

zum « Maison centrale »<br />

In den folgenden Jahrzehnten wurde von der Revolutionsregierung<br />

die Bestimmung des Mont Saint-Michel<br />

als Gefängnis wieder aufgegriffen, knapp 300 widerspenstige<br />

Priester, die sich weigerten, den Schwur auf die<br />

Zivilverfassung des Klerus zu leisten, kamen dort hinter<br />

Gitter. Doch erst Napoleon (1769-1821) ließ die Funktion<br />

als « Bastille der Meere » in vollem Umfang wieder<br />

aufleben und nutzte den Ort als Kerker. Durch ihn erhielt<br />

das Gefängnis auf dem Mont eine ganz andere Dimension.<br />

Bisher hatte die königliche Macht – abgesehen<br />

von einigen politischen Häftlingen – im Wesentlichen<br />

bekannte Persönlichkeiten der Aufsicht der Mönche<br />

« unterstellt ». 1811, während des Ersten Kaiserreichs,<br />

wurde die Haftanstalt im Rahmen einer umfassenden<br />

administrativen Reorganisation nach der Revolution in<br />

ein Maison centrale, ein Zentralgefängnis, verwandelt.<br />

Solche Einrichtungen waren Häftlingen vorbehalten,<br />

die lange Strafen verbüßen mussten. So war aus dem Ort<br />

eine neue Art von Gefängnis geworden, in dem Verurteilte<br />

nun ganz « offiziell » inhaftiert und von Aufsehern<br />

und Soldaten einer dort stationierten Einheit bewacht<br />

wurden. Neben dem Mont Saint-Michel wurden noch<br />

andere weitläufige Nationalgüter in Gefängnisse umgewandelt,<br />

beispielsweise die Abbaye de Fontevraud, über<br />

die wir in der Ausgabe <strong>Nr</strong>. 81 von Frankreich erleben berichteten<br />

(Fontevraud, eine Abtei, die ihrer Zeit schon immer<br />

voraus war).<br />

« So gut wie eben möglich »<br />

Aufgrund des kaiserlichen Dekrets von 1811 bevölkerten<br />

also Gefangene und ihre Wächter die Abtei. Und<br />

Arbeiter, denn die Umwandlung des Ortes in ein Zentralgefängnis<br />

war mit einigen Umbaumaßnahmen verbunden.<br />

So wurden die Öffnungen beispielsweise mit Eisengittern<br />

versehen, um Ausbrüche zu vermeiden. Angesichts der beeindruckenden<br />

Zahl an Häftlingen, die man dort einsperrte<br />

(im Durchschnitt 600 Frauen und Männer), wurde schnell<br />

offensichtlich, dass es an Platz fehlte. In der Abtei machte<br />

man sich daher daran, jede noch so kleine Fläche für die<br />

Nutzung als Gefängnis im großen Stil umzubauen. Allerdings<br />

hatte der Staat nicht vor, viel Geld für seine Gefangenen<br />

auszugeben, ganz im Gegenteil. Die meisten Arbeiten<br />

wurden nur notdürftig ausgeführt, zu geringstmöglichen<br />

Kosten. Die Architektur des Ortes oder gar der « Komfort »<br />

Als sich auf dem Mont ein Gefängnis befand, war die Insel sehr isoliert, da es keinen Deich gab. Der Zugang war<br />

von den Gezeiten abhängig und oft sehr gefährlich. Rechte Seite: Die Krypta wurde in jener Zeit als Lagerraum<br />

für Waren für die diversen Werkstätten genutzt, in denen die Gefangenen arbeiten mussten.<br />

30 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


der Inhaftierten waren keine Aspekte, an die man einen<br />

Gedanken verschwendete. Offenbar ging es nur darum,<br />

alles « so gut wie eben möglich » zu machen. Der Gipfel<br />

der Ironie: Im Bestreben, Kosten zu sparen, schreckte die<br />

Staatsgewalt nicht einmal davor zurück, die Gefangenen<br />

selbst für bestimmte Arbeiten einzusetzen. Man war<br />

demzufolge sehr weit von dem entfernt, was man unter<br />

einem modernen Gefängnis versteht. In vielen Fällen<br />

nutzte man die bestehende Gebäudestruktur, beispielsweise<br />

vorhandene Zellen und Kerker. In anderen Fällen,<br />

zum Beispiel im ehemaligen Refektorium der Mönche,<br />

zog man eine Decke ein, sodass der obere Teil als Schlafsaal<br />

genutzt werden konnte, während unten eine Werkstatt<br />

eingerichtet wurde. Nach demselben Prinzip wurde<br />

auch das Kirchenschiff der ehemaligen Abtei verwandelt:<br />

Eingezogene Decken teilten den Raum in drei Ebenen<br />

auf. François Saint-James weist bei Besichtigungen regelmäßig<br />

darauf hin, dass deren Spuren heute noch zu sehen<br />

sind. Auf diese Weise entstanden ein Speisesaal für die<br />

Häftlinge, ein Schlafsaal und ebenfalls eine Werkstatt.<br />

In den angrenzenden Kapellen wurden Webereien und<br />

Schuhmachereien eingerichtet, der ehemalige Rittersaal<br />

wurde zur Spinnerei umfunktioniert, der Wandelgang des<br />

Klosters diente als Hutfabrik. Die Abtei war kaum mehr<br />

wiederzuerkennen.<br />

Eine Art ausgedehnte « Fabrik »<br />

Die Gefängnisverwaltung beschränkte sich demnach<br />

nicht nur darauf, aus der Abtei eine Haftanstalt zu machen,<br />

sondern sie verwandelte sie gleichzeitig in eine Art<br />

ausgedehnte « Fabrik », deren offizielle Bestimmung es<br />

war, die Gefangenen « zu beschäftigen », damit diese mit<br />

den Früchten ihrer Arbeit einen großen Teil ihrer Unterbringungskosten<br />

selbst finanzierten. Überall entstanden<br />

unterschiedlichste Arbeitsbereiche, in denen Wolle gesponnen<br />

wurde, Stoffe gewoben oder Strohhüte gefertigt<br />

wurden. Insofern darf man sich die Abtei in dieser Epoche<br />

nicht – wie es naheliegend wäre – als Ort vorstellen,<br />

an dem Mönche ein ruhiges Leben mit Beten und Arbeiten<br />

zubrachten; es war vielmehr eine Ansammlung von<br />

Ein umstrittenes Thema: Hat das Gefängnis den<br />

Mont Saint-Michel vor dem Verfall gerettet?<br />

Standpunkt von Jérémie Halais, Doktor für<br />

Geschichte, Experte für die Geschichte der<br />

Normandie im 19. Jahrhundert und Autor<br />

eines demnächst erscheinenden Werkes<br />

über das Gefängnis auf dem Mont Saint-<br />

Michel.<br />

Jérémie Halais, man sagt manchmal, dass das<br />

Gefängnis, das sich von 1792 bis 1864 auf dem<br />

Klosterberg befand, diesen – und vor allem die Abtei – vor<br />

dem Verfall gerettet habe. Wie denken Sie darüber?<br />

Sicher ist, dass sich die Abtei Ende des 18. Jahrhunderts<br />

in einem sehr schlechten Zustand befand, dass sie zum<br />

Großteil verlassen war. Aufgrund der Tatsache, dass dort<br />

ein Gefängnis eingerichtet wurde, führte man einige<br />

Arbeiten durch, und die riesigen Gebäude wurden im<br />

Laufe der Jahre zumindest minimal instand gehalten.<br />

Unter diesem Aspekt hat das Gefängnis sicher dazu<br />

beigetragen, einen Verfall der Abtei zu verhindern,<br />

zumindest was das Gebäude an sich angeht. Dennoch<br />

glaube ich nicht, dass die Abtei ohne das Gefängnis<br />

« eingestürzt » wäre, wie manche behaupten. Oft wird<br />

der furchtbare Brand im Jahr 1<strong>83</strong>4 zitiert, bei dem die<br />

Abtei in der Tat beinahe zerstört worden wäre. Sicher, in<br />

diesem Zusammenhang erinnert man gerne daran, dass<br />

Aufseher und Gefangene dabei halfen, die Flammen zu<br />

löschen und so das Gebäude retteten. Doch dabei vergisst<br />

man gerne, dass es während der « Gefängniszeit » der<br />

Abtei mindestens zehn Brände gab, die gerade von den<br />

Häftlingen oder dem Personal ausgelöst wurden … Daher<br />

ist es schwierig, diese Zeit als « positiv » für den Mont Saint-<br />

Michel einzustufen. Man darf zudem nicht vergessen,<br />

dass der Staat für den Unterhalt seines Gefängnisses so<br />

wenig Geld wie möglich ausgeben wollte. Eine « Null-<br />

Kosten-Politik », aufgrund derer beispielsweise einer der<br />

Direktoren auf der Suche nach Material für dringende<br />

Reparaturarbeiten in der Abtei gezwungen war, Steine<br />

direkt aus der Stadtmauer zu entnehmen. Auch auf die<br />

Gefahr hin, dass diese einstürzt … Insofern betrachte ich<br />

die Aussage, das Gefängnis habe die Abtei « gerettet » sehr<br />

differenziert. Man kann vielleicht sagen, dass es die Abtei<br />

« am Leben erhalten » hat. Im Übrigen muss man sich nur<br />

die Berichte der Architekten der Monuments historiques<br />

nach Schließung des Gefängnisses ansehen: Alle sind sich<br />

darin einig, dass es eine regelrechte Ruine war!<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 31


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Manche<br />

Räumen, in denen Frauen und Männer unter Bewachung<br />

arbeiteten, Webstühle und lärmende Maschinen bedienten,<br />

mehr schlecht als recht einen Strohhut oder einen<br />

Stoff anfertigten, sofern sie nicht damit beschäftigt waren,<br />

Rohstoffe von einem Raum in den anderen zu transportieren.<br />

Jérémie Halais, ein Experte für diese Zeit (siehe<br />

Infobox « Für alle, die noch tiefer einsteigen möchten »)<br />

hält diesbezüglich fest: « Es gibt zwar nur wenige Aussagen<br />

von Gefangenen, allerdings haben wir das wertvolle<br />

Zeugnis eines von ihnen, des Doktors Hyacinthe Ledain.<br />

» Dieser musste nach einem versuchten politischen<br />

Aufstand bis 1824 eine fünfjährige Zuchthausstrafe auf<br />

dem Mont Saint-Michel verbringen und in der Krankenabteilung<br />

dem Gefängnisarzt zur Hand gehen. Dies sind<br />

einige seiner Aussagen über die Arbeitsbedingungen der<br />

Häftlinge in den Werkstätten: « Tagsüber sind alle arbeitenden<br />

Häftlinge in ihren Werkstätten eingesperrt, die<br />

sie nicht verlassen können […] Die geringe Fläche der<br />

Werkstätten im Verhältnis zur Anzahl der Arbeiter, die<br />

dort eingepfercht sind, ist ein Nachteil […] Einige Werkstätten<br />

des Mont Saint-Michel sind ziemlich geräumig<br />

und ausreichend hoch; in den meisten macht man diese<br />

Vorteile jedoch wieder zunichte, indem man zu viele Gefangene<br />

einsperrt […] Man könnte auch sagen, dass diese<br />

Werkstätten nicht für die Unterbringung von Gefangenen<br />

konzipiert wurden, sondern um dort angemessen die<br />

Maschinen zu verteilen, welche [die Gefangenen] dann<br />

antreiben müssen. »<br />

Bleizisternen und ein « Hamsterrad »<br />

Oben: Das « Hamsterrad », eine erfinderische Vorrichtung, die von<br />

Gefangenen betrieben wurde, um auf diese Weise die Versorgung<br />

mit Nahrung und anderen Waren sicherzustellen. Unten: Der<br />

Kreuzgang war zwar integraler Bestandteil des Gefängnisses,<br />

trotzdem konnte man hier oft Besucher antreffen, vor allem aus<br />

der lokalen Bourgeoisie. Rechte Seite: Der Rittersaal, der damals<br />

eine Werkstatt war, in dem die Häftlinge arbeiten mussten.<br />

Doch nicht nur die Arbeitsbedingungen in den Werkstätten<br />

waren schwierig, gleiches galt für die Haftbedingungen<br />

ganz allgemein. Der Mont Saint-Michel war<br />

schließlich kein Ort wie jeder andere. Die isolierte Lage<br />

und das maritime Umfeld mit seinen Gezeiten stellten<br />

zwar einen Vorteil für die Überwachung der Gefangenen<br />

dar, erschwerten jedoch die Beschaffung von Nahrung<br />

und Wasser. Da es auf dem felsigen Eiland keine natürlichen<br />

Ressourcen gab, erfolgte die Wasserversorgung der<br />

Bewohner und Gefangenen durch Zisternen, in denen<br />

Regenwasser aufgefangen wurde. Angesichts der stark<br />

gestiegenen Zahl der Häftlinge wurde Wasser jedoch<br />

schnell ein knappes Gut. Im Winter schmolz man daher<br />

oftmals Schnee, um so an das wertvolle Nass zu kommen.<br />

Der Wassermangel hatte Folgen: Um die Hygiene war<br />

es schlecht bestellt, was wiederum die Entstehung von<br />

Krankheiten begünstigte. Auch in diesem Punkt handelte<br />

die Gefängnisverwaltung « so gut wie eben möglich »:<br />

Erneut scherte man sich weder um die Geschichte noch<br />

um die Architektur des Ortes, sondern erhöhte die Anzahl<br />

der Zisternen unter anderem durch die Umwandlung<br />

einer Krypta der Abtei in ein großes Wasserreservoir. Viele<br />

Besucher, die heute die hübsche Krypta Saint-Martin<br />

bewundern, ahnen von dieser Episode nichts. Dabei ist<br />

nicht sicher, ob solche « Verbesserungen » den Häftlingen<br />

32 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


tatsächlich einen Nutzen brachten. Doktor Ledain hielt in diesem Zusammenhang<br />

fest: « Geruch und Geschmack dieses Wassers waren furchtbar; ich sah<br />

mehrere Personen, die Koliken bekamen, die keine andere Ursache hatten, als<br />

die Verwendung [dieses Wassers] und seine Verweildauer in den Bleizisternen »,<br />

schrieb er. Die Gefängnisverwaltung gab zwar « ihr Bestes », doch es war offensichtlich,<br />

dass der Mont Saint-Michel bei Weitem nicht der ideale Ort für eine<br />

derartige Einrichtung war. Abgesehen vom Wasser war die Warenbeschaffung<br />

ein großes Problem. Sie erfolgte in Abhängigkeit von Wetter und Gezeiten.<br />

Und nach einem findigen, aber sehr komplizierten und zeitaufwendigen System:<br />

Die Waren wurden zu Füßen des Klosterbergs abgeladen. Dort befand sich eine<br />

Rampe aus Granitgestein, La rampe des Fanils, die steil nach oben zur Abtei<br />

führte. Die Waren wurden auf Karren festgebunden und mit Seilen hochgezogen.<br />

Der Mechanismus funktionierte wie eine Art « Hamsterrad »: Mehrere<br />

Gefangene liefen in einem großen Holzrad, um es anzutreiben. Dieses System,<br />

das noch heute besichtigt werden kann, funktionierte zwar nicht schlecht, erwies<br />

sich aber angesichts der steigenden Häftlingszahlen als nicht ausreichend.<br />

Eine Kröte im Reliquienschrein<br />

Man kann gut nachvollziehen, dass die Lebensbedingungen in der zum<br />

Zentralgefängnis umgewandelten Abtei sehr hart waren. Diese Tatsache blieb<br />

kein Geheimnis, sondern es sprach sich im Laufe der Jahre herum. Zum einen<br />

gelang es einigen Häftlingen, vor allem politischen, schriftlich mit der<br />

Außenwelt zu kommunizieren. Darüber hinaus gab es aber auch zahlreiche<br />

Besucher aus Kreisen der lokalen Bourgeoisie oder Persönlichkeiten der damaligen<br />

Zeit, die darüber berichteten. So seltsam es auch erscheinen mag: Die<br />

Abtei hatte durch die Umwandlung in ein Gefängnis zwar ihren ursprünglichen<br />

Glanz verloren, dennoch war die Insel nach wie vor ein « unglaublich<br />

romantischer » Ort, an dem man in gut betuchten Kreisen gerne spazieren<br />

ging und an dem man sich manchmal « unters gemeine Volk mischte » und den<br />

Direktor um Erlaubnis bat, das Gefängnis zu besichtigen. Das wurde in der<br />

Regel gerne gewährt. Einer der Direktoren schrieb sogar einen Führer speziell<br />

für die Besichtigung, der gedruckt wurde! Es gibt im Übrigen noch zahlreiche<br />

Darstellungen aus dieser Zeit, die Zeugnis von diesem « Trend » ablegen. Sie<br />

LA CITÉ DE LA MER<br />

Gare Maritime Transatlantique<br />

50100 CHERBOURG-EN-COTENTIN<br />

NORMANDY - FRANKREICH<br />

Von 10:00 bis 18:00 Uhr<br />

Im <strong>Sommer</strong> von 9:30 bis 19:00 Uhr<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 33


UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Manche<br />

Die Wandvertäfelung aus Holz in der Kirche Saint-Pierre zu Füßen<br />

des Klosterbergs. Heute vergisst man oft, dass diese schöne Arbeit<br />

von Inhaftierten des ehemaligen Gefängnisses realisiert wurde.<br />

Für alle, die noch tiefer einsteigen möchten:<br />

Jérémie Halais recherchiert seit vielen Jahren über den<br />

Mont Saint-Michel als Haftanstalt. Er wertete zahlreiche<br />

Quellen aus dem Staatsarchiv und aus den Archiven<br />

des Departements Manche aus. Vor Kurzem beendete<br />

er eine sehr umfassende Studie über dieses Thema.<br />

Er ist der Erste, der sich so intensiv mit dieser Zeit<br />

auseinandergesetzt hat. Quasi<br />

als Vorpremiere stellte uns der<br />

Autor für diese Reportage einige<br />

Auszüge zur Verfügung, wofür wir<br />

ihm herzlich danken. Das Werk ist<br />

Ende des Jahres im Buchhandel<br />

erhältlich, und wird zweifellos ein<br />

unumgängliches Referenzwerk<br />

über die Zeit des Mont Saint-Michel<br />

als Gefängnis werden.<br />

Jérémie Halais, La prison du mont<br />

Saint-Michel 1792-1864, Éditions<br />

Lemme Edit, circa 500 Seiten, Preis<br />

noch nicht bekannt, ISBN 978-<br />

2492818134. Im Buchhandel<br />

erhältlich ab 24. November<br />

<strong>2022</strong>.<br />

zeigen unter anderem elegante Frauen, die während eines<br />

Besuchs im Gefängnis posieren, vor allem im Kreuzgang,<br />

manchmal an der Seite von Häftlingen. Im Grunde ging<br />

vom Mont und dem Gefängnis eine gewisse Faszination<br />

aus. Insofern ist es nicht erstaunlich, dass berühmte<br />

Autoren sich für ihn zu interessieren begannen. Einer<br />

von ihnen war Victor Hugo (1802-1885). « Ein sehr seltsamer<br />

Ort, dieser Mont Saint-Michel! », schrieb er 1<strong>83</strong>6<br />

anlässlich eines Besuchs. Aus der Ferne war er zunächst<br />

von diesem « erhabenen Etwas », dieser « wundervollen<br />

Pyramide » angetan, beim Näherkommen faszinierte ihn<br />

die Arbeit der Menschen, die dazu beigetragen hatten,<br />

dieses « Wunder » zu konstruieren. Als er jedoch die Insel<br />

betrat, war die Ernüchterung groß: Seinen Worten nach<br />

war das Dorf « ekelhaft », von einer « schrecklichen Unsauberkeit<br />

». Was das Gefängnis anging, so betrachtete<br />

er es als erbärmlich. Einige Tage nach seinem Besuch<br />

schrieb er Folgendes an seine Frau: « Stell dir ein Gefängnis<br />

vor, das in dieser herrlichen Hülle für Priester und<br />

Ritter aus dem vierzehnten Jahrhundert eingerichtet ist.<br />

Eine Kröte in einem Reliquienschrein. » Zurück in der<br />

Hauptstadt berichtete der große Schriftsteller und Politiker,<br />

gegenüber jedem, der es hören wollte, detailliert über<br />

seine Eindrücke anlässlich des Besuches und prangerte<br />

offen die Nutzung der Abtei als Gefängnis an. Aus dem<br />

romanischen Kirchenschiff war, so schrieb er, ein « widerlicher<br />

Speisesaal », geworden, der « charmante Kreuzgang<br />

mit den zierlichen Spitzbögen » war in einen schmutzigen<br />

Gang verwandelt worden und der Rittersaal, das<br />

ehemalige Skriptorium, in eine « Spinnerei, in der sich<br />

Gefangene abrackern ». Als größten Frevel prangerte<br />

Hugo nachdrücklich die Installation eines ausgesprochen<br />

unschönen « Teils » auf der Spitze der Abteikirche<br />

an, das eine Respektlosigkeit gegenüber dem Ort sei: ein<br />

Telegraf, der Vorläufer des Telefons. Seine Worte und die<br />

zahlreicher anderer Persönlichkeiten und Intellektueller<br />

trugen Früchte: Am 20. Oktober 1863 ordnete ein kaiserliches<br />

Dekret die definitive Schließung des Gefängnisses<br />

an. Was folgte, war ein neues Abenteuer: die Restaurierung<br />

und die Öffnung im großen Stil für den Tourismus.<br />

Das Kapitel « Gefängnis » in der Geschichte des Mont<br />

Saint-Michel war auf jeden Fall abgeschlossen.<br />

Bevor wir den Klosterberg verlassen, erinnert uns<br />

François Saint-James jedoch daran, dass man diese Zeit<br />

auf keinen Fall vergessen darf. Als wir in seiner Begleitung<br />

von der Abtei die Grand‘Rue hinuntergehen, biegt<br />

er plötzlich nach rechts zur kleinen Kirche Saint-Pierre<br />

ab, die zu Füßen des Hügels liegt. Die meisten Touristen<br />

gehen an ihr vorbei, ohne sie zu beachten. Sie besitzt<br />

ein kostbares Holzmobiliar, unter anderem eine fein geschnitzte<br />

Wandtäfelung in einer der Kapellen. « Fast niemand<br />

beachtet sie heute, aber sie wurde von Häftlingen<br />

des Gefängnisses geschnitzt », erfahren wir von François<br />

Saint-James. Mit diesem Wissen erhält ihr Anblick eine<br />

ganz neue Bedeutung. Genauso wie dieser Besuch des<br />

Mont Saint-Michel abseits der ausgetretenen Pfade.<br />

34 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Reiseinfos & Lesetipps<br />

Mont Saint-Michel …<br />

… Berlin 1338 km … Hamburg 1180 km<br />

… Köln 774 km … Frankfurt 937 km<br />

… München 1196 km … Wien 1602km<br />

… Zürich 924 km … Paris 360 km<br />

… Rennes 71 km … Avranches 24 km<br />

Die nächstgelegenen Flughäfen, die<br />

aus dem deutschsprachigen Raum<br />

direkt angeflogen werden, sind<br />

Rennes-Bretagne (76 km), Paris-Orly<br />

(374 km) und Paris-Charles-de-Gaulle<br />

(381 km).<br />

Die nächstgelegenen TGV-Bahnhöfe<br />

liegen in Dol-de-Bretagne (29 km) und Brest<br />

Rennes (69 km). Hinweis: Im <strong>Sommer</strong><br />

fährt der Train du Mont Saint-Michel<br />

vom Bahnhof Paris-Montparnasse Ile de Sein<br />

direkt zum Bahnhof Pontorson, der nur<br />

9 km vom Mont Saint-Michel entfernt Pointe<br />

ist. Von dort bringt ein Pendelbus du Raz die<br />

Besucher zum Klosterberg (Fahrpreis<br />

3,10 €).<br />

Fahrplan siehe https://www.<br />

bienvenueaumontsaintmichel.com/de.<br />

Abbaye du Mont Saint-Michel<br />

50170 Le Mont Saint-Michel<br />

Telefon: +33 (0)2 33 89 80 00<br />

www.abbaye-mont-saint-michel.fr<br />

Der Zugang zum Mont Saint-Michel ist<br />

rund um die Uhr möglich.<br />

Öffnungszeiten der Abtei:<br />

1. Mai bis 31. August:<br />

täglich 9.00 bis 19.00 Uhr<br />

1. September bis 30. April:<br />

täglich 9.30 bis 18.00 Uhr<br />

Letzter Einlass: 17 Uhr<br />

Normaltarif: 11 €, freier Eintritt unter<br />

anderem für Besucher unter 18 Jahren<br />

(Details siehe Website).<br />

Aufgrund der Renaturierung zur<br />

Wiederherstellung des maritimen<br />

Charakters des Mont Saint-Michel<br />

wurden die Parkplätze verlegt und<br />

liegen nun weiter entfernt. Vom<br />

Parkplatz aus erreicht man den<br />

Klosterberg entweder zu Fuß oder mit<br />

einem Shuttlebus (Fahrpreis in den<br />

Parkgebühren enthalten). Wenn Sie<br />

ein Zeitfenster für die Besichtigung<br />

der Abtei reserviert haben, müssen<br />

Sie demzufolge die Zeit für die Strecke<br />

zwischen Parkplatz und Eingang<br />

Lannion<br />

der Abtei berücksichtigen (30 bis 45<br />

Minuten). Die Parkgebühren N12/E50 sind mit<br />

15 € in der Hauptsaison Saint-Brieuc hoch. Der Preis<br />

N12/E50<br />

gilt für eine Dauer von 24 Stunden ab<br />

Ankunft. Informationen erhalten Sie auf<br />

N164<br />

www.bienvenueaumontsaintmichel.<br />

com/de<br />

Quimper<br />

D768<br />

Cherbourg-<br />

Octeville<br />

N176/E401<br />

Rennes<br />

Vermeiden Sie möglichst den Besuch<br />

N165/E60<br />

N24<br />

des Mont Saint-Michel im <strong>Sommer</strong>.<br />

Le Mans<br />

Der Besucherandrang Lorient ist dann enorm.<br />

Im Frühjahr und Herbst sind die<br />

Vannes<br />

A11/E501<br />

Bedingungen viel angenehmer, vor<br />

N165/E60<br />

allem gleich morgens, wenn die Abtei<br />

Quiberon<br />

öffnet. Auch ein Besuch im Winter ist<br />

Angers<br />

durchaus zu empfehlen, da man dann Ein Tipp: Wenn<br />

A11/E60<br />

La Baule<br />

möglich, verpflegen Sie<br />

oft das Privileg hat, (fast) alleine durch sich vor dem Besuch des Mont Saint-<br />

A86/E60<br />

St. Nazaire<br />

die Straßen bummeln zu können.<br />

Michel oder Nantes nehmen Sie ein Sandwich<br />

mit. Es ist ein offenes Geheimnis,<br />

A87<br />

Monts<br />

Eine Führung zum Thema « Mont<br />

dass es kein Ort Clisson für kulinarische<br />

Cholet<br />

Saint-Michel als Gefängnis » ist « ein<br />

Highlights ist. Die Restaurants und<br />

Geheimtipp » und findet ausschließlich Imbissstuben A<strong>83</strong> sind in der Regel teuer<br />

auf vorherige Reservierung statt.<br />

und Les nicht Sablesd’Olonne<br />

berühmten « auf dem Holzfeuer<br />

sehr gut. Eine Ausnahme sind<br />

Erkundigen Sie sich bei Interesse<br />

die<br />

telefonisch oder via Kontaktformular zubereiteten » Omeletts der Mère<br />

auf der Website danach.<br />

Poulard in ihrer legendären A<strong>83</strong> Auberge am Poitiers<br />

Fuße des Klosterbergs. Saint-Sigismond<br />

Wenn Sie sich<br />

Hinweis: Aufgrund der geografischen etwas gönnen möchten, empfehlen<br />

N11/E601<br />

und architektonischen Gegebenheiten wir Ihnen jedoch, einen Tisch zu Niort<br />

ist der Mont Saint-Michel für Menschen reservieren. Zudem La Rochelle sollten Sie bereit<br />

mit eingeschränkter Mobilität nur<br />

sein, immerhin 32 € für das E5/A10 günstigste<br />

bedingt zugänglich. Das gilt vor allem Omelett mit « Speck, Champignons,<br />

für diejenigen, die auf einen Rollstuhl Kartoffeln und cremiger E602/A<strong>83</strong>7 Sauce »<br />

angewiesen sind.<br />

auszugeben.<br />

A84<br />

A84/E401<br />

Avranches<br />

Saint-Lô<br />

N13<br />

Caen<br />

Mont-Saint-Michel<br />

Le Havre<br />

A13/E46<br />

A28/E402<br />

A2<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 81<br />

Fontevraud, eine Abteil, die ihrer Zeit<br />

schon immer voraus war (245 km entfernt)<br />

Die Abbaye Royale de<br />

Fontevraud besitzt nicht nur eine<br />

bemerkenswerte Architektur,<br />

sondern auch eine erstaunliche<br />

Vergangenheit und Gegenwart.<br />

Mehr über die Geschichte der ersten<br />

« Abtei der Frauen », die in ein<br />

Gefängnis verwandelt wurde und<br />

heute eines der innovativsten Museen für moderne Kunst<br />

Frankreichs beherbergt.<br />

Angoulême<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 71<br />

An Bord der Marité von Granville zu den<br />

Chausey-Inseln Montalivet(50 km entfernt)<br />

Einige Dutzend Kilometer vom<br />

Mont-Saint-Michel entfernt,<br />

Périgu<br />

hält der Hafen Granville eine<br />

A89/E<br />

Überraschung für Segelfreunde<br />

E5/A10<br />

und Liebhaber von Großseglern<br />

Le bereit. Porge In den <strong>Sommer</strong>monaten<br />

Bordeaux<br />

kann man von dort aus an<br />

Sarlat-le-Ca<br />

Cap-Ferret Bord des größten hölzernen<br />

A52/E72<br />

Dreimasters des maritimen Erbes Frankreichs in See<br />

stechen und einen besonderen Tag erleben.<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN Mimizan SIE AUF SEITE 88.<br />

E5-E70/A63<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 35<br />

Hossegor<br />

France


UNTERWEGS IN FRANKREICH Auvergne-Rhône-Alpes / Drôme<br />

Drôme<br />

Die Schönheit der Dörfer<br />

36 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


km 0<br />

Mirmande<br />

601 Einwohner / Höhe: 195 m<br />

Das Departement Drôme liegt an der Route nationale 7 – also an der berühmten<br />

« Ferienstraße » – und kann sich stolz damit rühmen, dass auf seinem<br />

Gebiet sechs Orte mit dem Qualitätslabel Les plus beaux Villages de<br />

France liegen. Bereist man sie, entdeckt man nicht nur die Schönheit dieser<br />

bemerkenswerten Dörfer, sondern wird sich darüber hinaus der erstaunlichen<br />

geografischen Vielfalt der Gegend bewusst: Zwischen Vercors und<br />

Provence laden Flüsse und Wälder, Berge und Lavendelfelder dazu ein, dem<br />

Alltag zu entfliehen! Wir haben für Sie einen Streckenvorschlag ausgearbeitet,<br />

der in einem Ort zwischen Valence und Montélimar beginnt und endet:<br />

Mirmande ist gleichzeitig eines dieser « schönsten Dörfer », die fünf anderen<br />

besuchen Sie im Verlauf der 341 Kilometer langen Strecke in Ihrem eigenen<br />

Rhythmus. Idealerweise sollten Sie sich mindestens zwei bis drei Tage Zeit<br />

dafür nehmen.<br />

Der Anblick des hoch auf dem Hügel gelegenen<br />

Dorfes Mirmande ist faszinierend. Das Auge wird<br />

sofort von der ganz oben gelegenen – heute entweihten<br />

– Kirche Sainte-Foy angezogen, die mittlerweile als Ausstellungsort<br />

dient. Vor allem aber ist man darüber erstaunt, welche Harmonie der Ort ausstrahlt.<br />

Die alten Dorfhäuser, deren Steine im Sonnenlicht goldgelb leuchten, liegen so<br />

dicht beieinander, dass sie wie miteinander verschmolzen scheinen. Diese Bauweise ist jedoch<br />

ein exzellentes Mittel, um sich vor dem Mistral, dem eisigen Nordwind, zu schützen.<br />

Im Inneren ist das Dorf ein wahres Labyrinth blumengeschmückter Gässchen und Treppen.<br />

Überall verstecken sich kleine Gärten, von einigen Stellen hat man einen herrlichen Ausblick<br />

auf das Rhonetal und die Berge des Vivarais. Im Frühjahr verzaubert die Umgebung<br />

den Besucher mit Tausenden blühender Obstbäume. Nachdem Ende des 19. Jahrhunderts<br />

die meisten Seidenraupenzüchter der Gegend den Betrieb einstellten, sind es heute neben<br />

den vielen Künstlern und Galerien, die das ganze Jahr über eine wichtige Rolle für das kulturelle<br />

Leben spielen, vor allem Obstproduzenten (Kirschen,<br />

Pfirsiche, Aprikosen, Kiwi …), die für die wirtschaftliche<br />

Grundlage des Dorfes sorgen.<br />

Office de Tourisme du Val de Drôme<br />

Place du Champ de Mars<br />

26270 Mirmande<br />

www.valleedeladrome-tourisme.com<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 37


UNTERWEGS IN FRANKREICH Auvergne-Rhône-Alpes / Drôme<br />

Km 34<br />

(Entfernung von Mirmande:<br />

34 km, Fahrzeit rund 40 Min.)<br />

Le Poët-Laval<br />

1007 Einwohner / Höhe: 307 m<br />

Das Dorf Le Poët-Laval wurde im 12.<br />

Jahrhundert vom Johanniterorden gegründet<br />

– die Mönchsritter bewachten die Wege<br />

nach Jerusalem – und hat wie viele andere Bergdörfer der Region eine bewegte Vergangenheit. Vor<br />

allem die Zeit der Religionskriege war turbulent. Streift man heute durch die Gässchen, entdeckt man<br />

nicht nur auf angenehme Weise zahlreiche Galerien, Künstlerateliers und sogar ein dynamisches Centre<br />

d ’Art mit einem anspruchsvollen Ausstellungsprogramm, sondern kann gleichzeitig die Geschichte des<br />

Ortes nachvollziehen. Auf dem Scheitelpunkt des Dorfes liegt noch immer das Schloss aus dem 12.<br />

Jahrhundert mit seinem massiven Bergfried. Im Laufe der Jahrhunderte wurde es allerdings umgestaltet<br />

und erhielt durch einen Taubenschlag ein moderneres Aussehen. Etwas unterhalb entdeckt man<br />

noch Spuren aus dem 15. Jahrhundert, als die wirtschaftliche und politische Entwicklung des Dorfes<br />

auf ihrem Höhepunkt war: Überreste der Befestigungsmauer und ein ausgehöhltes Kirchenschiff, das<br />

ein berührendes Zeitzeugnis einer romanischen Kirche darstellt, die einmal imposant gewesen sein<br />

muss. Noch etwas weiter unten befindet sich in einer ansprechenden<br />

kleinen Gasse, in der ehemaligen protestantischen Kirche, das Musée du<br />

Protestantisme. Es legt Zeugnis davon ab, dass die religiöse Vergangenheit Office de Tourisme du Pays<br />

von Poët-Laval nicht nur vom Johanniterorden, sondern auch vom in der<br />

de Dieulefit-Bourdeaux<br />

Region besonders stark verankerten Protestantismus geprägt wurde.<br />

1, place Abbé Magnet<br />

26220 Dieulefit<br />

www.dieulefit-tourisme.com<br />

und www.lepoetlaval.org<br />

38 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Km 60<br />

(Entfernung von Le Poët-Laval:<br />

26 km, Fahrzeit ungefähr 30 Min.)<br />

Grignan<br />

Grignan, südöstlich von<br />

1621 Einwohner / Höhe: 130 m Montélimar, liegt wie eine<br />

Akropolis auf einer felsigen<br />

Bergspitze und dominiert<br />

auf ungewöhnliche Art die<br />

Ebene von Tricastin. Das Schloss aus dem 12. Jahrhundert<br />

war einst das größte Renaissanceschloss im Südosten<br />

Frankreichs. Obwohl diese touristische Sehenswürdigkeit<br />

hinsichtlich der Besucherzahlen auf Platz drei in<br />

der Drôme liegt (156 000 Besucher 2019), konnte das<br />

Dorf eine Authentizität bewahren, die den Besuch angenehm<br />

macht. Das Château de Grignan wurde durch<br />

den Briefwechsel von Madame de Sévigné (1626-1696)<br />

berühmt, die sich im 17. Jahrhundert dort aufhielt.<br />

Heute ist es jeden <strong>Sommer</strong> der Schauplatz für eines der<br />

sehenswürdigsten <strong>Sommer</strong>festivals der Drôme, das in<br />

diesem Jahr Molière (1622-1673) gewidmet ist: Les Fêtes<br />

Nocturnes. Von der Schlossterrasse hat man einen Panoramablick<br />

auf den Mont Ventoux, die Felsenlandschaft<br />

Dentelles de Montmirail, die Rhone und die Berge um<br />

Nyons. Bei einem Besuch in Grignan bieten sich zudem<br />

die folgenden Sehenswürdigkeiten an: der ausgeschilderte<br />

Rundgang zu alten Rosensorten Circuit des<br />

Roses anciennes (Grignan trägt zudem das Label Village<br />

botanique), die Stiftskirche Saint-Sauveur, der öffentliche<br />

Waschplatz Lavoir du Mail, und das spannende<br />

Museum für<br />

Druck und<br />

Typografie.<br />

Office de Tourisme Pays de<br />

Grignan-Enclave des Papes<br />

12, place du Jeu de ballon<br />

26230 Grignan<br />

www.grignanvalreas-tourisme.com<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 39


UNTERWEGS IN FRANKREICH Auvergne-Rhône-Alpes / Drôme<br />

Km 76<br />

(Entfernung von<br />

Grignan: 16 km, Fahrzeit<br />

ungefähr 20 Min.)<br />

La Garde-<br />

Adhémar<br />

La Garde-<br />

Adhémar liegt auf<br />

einem ausladenden<br />

Felsvorsprung oberhalb<br />

des Rhonetals.<br />

1149 Einwohner / Höhe: 170 m Bereits die Lage und<br />

der damit verbundene<br />

Panoramablick<br />

sind einen Besuch wert. Das ansprechend restaurierte<br />

Dorf hat seine historische Struktur bewahrt, die zum<br />

Großteil aus dem Mittelalter stammt: Befestigungsanlagen<br />

mit Stadtmauer und Toren, enge Straßen, eine<br />

romanische Kirche, ein Renaissanceschloss, alte Wohngebäude.<br />

Die größte Überraschung ist für die Besucher<br />

jedoch zweifellos der Jardin des Herbes unterhalb der<br />

Kirche Saint-Michel. Dieser als Jardin remarquable ausgezeichnete<br />

Garten präsentiert auf ausgedehnten natürlichen<br />

Terrassen oberhalb des Rhonetals mehr als 200<br />

medizinische Pflanzenarten. Der Ort ist nicht nur sehr<br />

instruktiv, sondern verzaubert vor allem im <strong>Sommer</strong> bei<br />

Sonnenuntergang<br />

durch seinen besonderen<br />

Charme.<br />

Office de Tourisme Drôme<br />

Sud Provence<br />

Rue marquis de la Baume<br />

26700 La Garde-Adhémar<br />

www.drome-sud-provence.com/de<br />

40 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Km 154<br />

(Entfernung von La Garde-Adhémar:<br />

78 km, Fahrzeit ungefähr 1 Std. 25 Min.)<br />

Montbrunles-Bains<br />

Das im Osten des<br />

Departements gelegene<br />

Dorf Montbrun-les-<br />

Bains gleicht im wahrsten<br />

451 Einwohner / Höhe: 600 m Sinne des Wortes einem<br />

Adlerhorst: Zwischen<br />

Montagne de Lure und<br />

Mont Ventoux gelegen scheint sich der Ort an den schroffen Abhang<br />

zu klammern. In das mittelalterliche Dorf gelangt man über sogenannte<br />

Calades, mit Steinen gepflasterte Straßen, die typisch für<br />

die Provence sind und in diesem Fall durch eine Trockensteinmauer<br />

abgestützt werden. Die Häuserfronten schmiegen sich so an den Felsen,<br />

dass man von Weitem oft nicht unterscheiden kann, was Haus<br />

und was Gestein ist. Die Gebäude beeindrucken zudem durch ihre<br />

Größe, denn sie haben bis zu sieben Etagen. Die Ruinen eines mittelalterlichen<br />

Schlosses auf dem höchsten Punkt, das in der Renaissance wieder<br />

aufgebaut und während der Revolution geplündert und zerstört wurde,<br />

scheinen nach wie vor über diesen Ort mit seiner ruhigen Ausstrahlung<br />

zu wachen. Überraschend sind in Montbrun-les-Bains auch die zahlreichen<br />

Brunnen (16 an der Zahl). Sie sind eines der besonderen Merkmale<br />

des Thermalbades Montbrun, dessen wohltuendes schwefelhaltiges Wasser<br />

seit der Römerzeit dafür bekannt ist,<br />

dass es Rheuma und Atemwegserkrankungen<br />

lindert. Ein Tipp für Radfahrer: Der<br />

Aufstieg von Montbrun-les-Bains auf den<br />

Mont Ventoux ist zwar mit rund 30 Kilometern<br />

die längste der drei Strecken, die<br />

auf den legendären Géant de Provence (1919<br />

m) führen, gilt aber dafür als die « am wenigsten<br />

anstrengendste » von allen.<br />

Office de Tourisme des<br />

Baronnies en Drôme Provençale<br />

Place de la libération<br />

26610 Nyons<br />

www.baronnies-tourisme.com<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 41


UNTERWEGS IN FRANKREICH Auvergne-Rhône-Alpes / Drôme<br />

Km 270<br />

(Entfernung von Montbrunles-Bains:<br />

116 km, Fahrzeit<br />

ungefähr 2 Std. 10 Min.)<br />

Châtillonen-Diois<br />

678 Einwohner / Höhe: 570 m<br />

Dies ist das jüngste der sechs<br />

Plus beaux Villages de France in der<br />

Drôme, denn es wurde erst im<br />

Juli 2021 in die begehrte Liste aufgenommen.<br />

Châtillon-en-Diois bildete die Kulisse für einige Romane des großen französischen Schriftstellers<br />

und Provence-Spezialisten Jean Giono (1895-1970). Dieser beschrieb den Ort in seinem Werk Die<br />

starken Seelen nicht ohne Humor, aber sehr zutreffend wie folgt: « Es ist ein kleiner, friedlicher Marktflecken<br />

zwischen zwei Berghängen, ganz ohne Lärm. Das Wort, das man dort am meisten hört, ist:<br />

Sonne. Man sonnt sich. Man wird sich sonnen. Kommen Sie, um sich zu sonnen. Er ist gegangen,<br />

um sich zu sonnen. Die Sonne scheint nicht. Die Sonne wird scheinen. Ich kann es nicht erwarten,<br />

dass die Sonne scheint. Da ist sie, die Sonne, ich werde mich sonnen. Und so weiter. Das ist der größte<br />

Lärm. » Abgesehen von der omnipräsenten Sonne gibt es in Châtillon auch ein befestigtes Stadttor,<br />

einen Uhrenturm, Brunnen, einen sehr belebten Markt und vieles<br />

mehr. Vor allem Fotografen sind von den unzähligen wunderschönen<br />

kleinen Häuschen angetan, die man in der Umgebung inmitten von<br />

Reben sieht.<br />

Office de Tourisme du Pays Diois<br />

Square Jean Giono<br />

26410 Châtillon-en-Diois<br />

www.diois-tourisme.com<br />

42 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


UNTERWEGS IN FRANKREICH Auvergne-Rhône-Alpes / Drôme<br />

Wie erhält ein Dorf das Label « Les plus beaux Villages de France »?<br />

Die Vereinigung Les plus beaux Villages de<br />

France wurde vor 40 Jahren gegründet<br />

und arbeitet vollkommen unabhängig. Sie<br />

erhält rund zehn Bewerbungen pro Jahr.<br />

Im Durchschnitt führen fünf davon zur<br />

Klassifizierung. Ein Dorf, das einen Antrag<br />

stellt, muss einen genau definierten<br />

Selektionsprozess durchlaufen, der bis<br />

zu einem Jahr dauern kann: Vorauswahl<br />

auf Basis der eingereichten Unterlagen,<br />

Begutachtung vor Ort, Abstimmung<br />

in der zuständigen Fachkommission,<br />

offizielle Auszeichnung. Im Rahmen<br />

von Vorauswahl und Bewertung vor<br />

Ort werden insgesamt 30 Kriterien<br />

berücksichtigt.<br />

3 Vorauswahlkriterien<br />

Dabei handelt es sich um Aus schlusskriterien,<br />

auf deren Basis über die Annahme<br />

der Bewerbung entschieden wird.<br />

So muss der Ort einen ländlichen Charak<br />

ter und darf demzufolge nicht mehr<br />

als 2000 Einwohner haben. Auf seinem<br />

Gebiet muss es mindestens zwei geschütz<br />

te Denkmäler geben und die Motivation<br />

der gesamten Gemeinde für die<br />

Bewerbung muss durch einen Ge mein derats<br />

beschluss nachgewiesen werden.<br />

27 Evaluationskriterien<br />

Anhand dieser Kriterien wird vor Ort die<br />

Qualität des Dorfes bewertet. Sie teilen<br />

sich in drei große Kategorien auf.<br />

In der ersten Kategorie geht es um<br />

Kulturgüter des Dorfes, die bereits<br />

offiziell als schützenswert klassifiziert<br />

wurden. Dabei werden fünf sehr<br />

spezifische Kriterien herangezogen, da<br />

Einstufung und Schutz von Denkmälern<br />

in Frankreich sehr differenziert erfolgen<br />

(Monument historique, Monument<br />

classé, Monument inscrit, Patrimoine<br />

remarquable …).<br />

Die zweite Kategorie umfasst<br />

städte bauliche (4 Kriterien) und<br />

architektonische Merkmale (6 Kriterien).<br />

Im Hinblick auf die städtebaulichen<br />

Eigen schaften geht es um die Um gebung<br />

und den Zugang zum Dorf, die Di mensionen<br />

der Gebäude und die Häuserdichte,<br />

die Homogenität der Gebäude<br />

sowie um Umfang und Vielfalt des<br />

Verkehrs wege netzes. Bei den archi tekton<br />

ischen Eigenschaften wird Wert auf<br />

Har monie und Homogenität gelegt, und<br />

zwar der Gebäude als solche sowie der<br />

Materi alien und Farben von Dächern und<br />

Fas saden. Positiv fallen darüber hinaus<br />

archi tek tonische Details ins Gewicht.<br />

In der dritten Kategorie werden<br />

schließlich 12 Kriterien<br />

bewertet, die zur Aufwertung<br />

des Dorfes<br />

bei tragen. Wichtige<br />

Punk te sind zunächst<br />

die städteplanerische<br />

Politik (Gibt es eine<br />

dies bezügliche Do kumen<br />

tation? Welche<br />

Politik ver folgt die<br />

Gemeinde hin sicht lich<br />

der Dorfent wicklung?)<br />

und deren Qualität. Weitere Kriterien<br />

betref fen das Gesamtbild des Dorfes.<br />

Be wertet werden daher die Qualität der<br />

Gebäudesanierung, die Gestaltung des<br />

öffentlichen Raums, der Umgang mit<br />

Schildern und Werbeflächen (Gelingt<br />

es, die Werbe- und Schilderflut einzu<br />

dämmen?), die Begrünung und<br />

Bepflanzung mit Blumen sowie die<br />

Ästhetik des Beleuchtungskonzepts<br />

allgemein und die lichttechnische<br />

Hervorhebung von Kulturgütern im<br />

Besonderen. Weitere Aspekte, die in<br />

den Bereich der Ästhetik fallen – jeder<br />

Frankreichurlauber weiß das nur zu<br />

gut – ist die Frage, ob es gelungen<br />

ist, die unschönen Strom- und<br />

Telefonleitungen so unauffällig wie<br />

möglich zu verlegen. Zuletzt werden<br />

Kriterien herangezogen, die die<br />

Themen Verkehr und Parken betreffen:<br />

Wie ist der Verkehrsfluss organisiert?<br />

Gelingt es, das Verkehrsaufkommen<br />

zu beherrschen? Wie ist es um die<br />

Parkmöglichkeiten bestellt und wie wird<br />

der Parksuchverkehr kanalisiert?<br />

Ein Dorf, welches das<br />

Label erhalten hat, wird<br />

alle sechs bis neun Jahre<br />

erneut begutachtet, um die<br />

Kriterien zu überprüfen. Die<br />

Liste der 164 « schönsten<br />

Dörfer Frankreichs » ist<br />

unter folgendem Link<br />

abrufbar: www.les-plusbeaux-villages-de-france.<br />

org/fr/nos-villages/<br />

44 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


A85<br />

A38<br />

Besançon<br />

Monts<br />

A10/E5<br />

Bourges<br />

Beaune<br />

mond<br />

Niort<br />

10<br />

A10<br />

E72<br />

Angoulême<br />

Poitiers<br />

A20/E9<br />

Km 341<br />

(Entfernung von Châtillonen-Diois:<br />

71 km, Fahrzeit<br />

ungefähr 1 Std. 15 Min.)<br />

Mirmande<br />

Limoges<br />

Reiseinfos und Lesetipps<br />

Tulle<br />

Périgueux<br />

Brive-la-Gaillarde<br />

A89/E70 Mirmande … Le Pescher<br />

… Berlin Souillac 1363 km sur … Hamburg 1314 Saillac km<br />

… Köln Dordogne <strong>83</strong>9 km … Frankfurt 826 km<br />

Sarlat-le-Canéda<br />

… München 828 km … Wien 1239 km<br />

… Paris 594 Payrac km … Zürich Rocamadour<br />

524 km<br />

A20/E9<br />

… Lyon 138 km … Valence 33 km<br />

Der nächstgelegene Flughafen, der<br />

aus dem deutschsprachigen Raum<br />

direkt angeflogen wird, ist Lyon-Saint-<br />

Exupéry (148 km).<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof<br />

befindet sich in Montélimar (20 km).<br />

www.ladrometourisme.com/de<br />

Toulouse<br />

A71/E11<br />

Montluçon<br />

A89/E70<br />

A71/E11<br />

Clermont-<br />

Ferrand<br />

A75/E11<br />

le Mont-Dore<br />

Aurillac<br />

A75/E11<br />

Puy de Dôme<br />

Lodève<br />

Bézier<br />

A81/E80<br />

Limoux<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 62<br />

Wandern auf den Spuren der Hugenotten A9/E15<br />

Nachdem Ludwig XIV. 1685 France das Edikt von<br />

Nantes aufgehoben hatte, sind im Verlauf<br />

mehrerer Jahrzehnte rund 200 Perpignan 000 Protestanten<br />

aufgrund ihrer religiösen Verfolgung aus<br />

Andorra<br />

Collioure<br />

Frankreich geflohen. Céret Vor allem in der<br />

Dauphiné lebten viele Protestanten.<br />

Der länderübergreifende AP7/E15<br />

Fernwanderweg Spanien GR965 Sur les<br />

pas des Huguenots folgt auf einer<br />

Länge von 1800 Kilometern, von<br />

Le Poët-Laval in der Drôme bis<br />

ins deutsche Bad Karlshafen, der<br />

historischen Route dieses Exils. 374<br />

Kilometer der Strecke liegen in Frankreich und durchqueren<br />

die Departements Drôme, Isère, Savoie und Haute-Savoie. Auf<br />

dem in der Drôme gelegenen Abschnitt (knapp 100 Kilometer,<br />

aufgeteilt in sieben Teilstrecken), den wir Ihnen hier vorstellen,<br />

kann man auf angenehme Art und Weise die wunderschöne<br />

Landschaft der Region Rhône-Alpes und einen großen Teil des<br />

geschichtlichen Kulturerbes der Hugenotten entdecken.<br />

A9/E15<br />

A72/E70<br />

A6/E15<br />

Lyon<br />

St.-Etienne<br />

Valence<br />

Mirmande<br />

A9/E15<br />

A7/E15<br />

Nîmes<br />

A54/E805<br />

A7/E15<br />

A55<br />

A43/E70<br />

A49/E713<br />

Le-Poët-Laval<br />

La Garde-Adhémar Grignan<br />

Montpellier<br />

Cluny<br />

Arles<br />

Chalon-sur-Saône<br />

Orange<br />

Avignon<br />

Aix-en-<br />

Provence<br />

Marseille<br />

Chambéry<br />

A52<br />

Grenoble<br />

A50<br />

A51/E712<br />

A8/E80<br />

Genève<br />

Annecy<br />

Lausanne<br />

Briançon<br />

Châtillon-en-Diois<br />

Montbrun-les-Bains<br />

Apt<br />

Toulon<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />

Grignan, im Land der schönen Briefe<br />

Auf einem Hügel thronend und<br />

mit einem Lavendelfeld zu Füßen,<br />

könnte seine Anmutung nicht<br />

provenzalischer sein, obwohl es noch<br />

im Departement Drôme<br />

liegt. Grignan verheißt die<br />

Verlockungen des Südens.<br />

Doch Grignan ist noch<br />

mehr als eine perfekte<br />

Postkartenidylle. Der<br />

Ort ist bekannt für einen<br />

berühmt gewordenen<br />

Schriftwechsel zwischen<br />

einer Mutter und ihrer<br />

Tochter. Fast 800 Briefe schrieben sich beide<br />

zwischen 1671 und 1696, heute ein Meisterwerk<br />

der französischen Literatur. Selbst 350 Jahre<br />

später, im Zeitalter der SMS und E-Mails, spürt<br />

man in den Gassen von Grignan noch immer diese<br />

besondere Lust für die Kunst des Schreibens.<br />

A57<br />

Sch<br />

Itali<br />

France<br />

A8/E80<br />

R<br />

Can<br />

su<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 88.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 45


UNTERWEGS IN FRANKREICH Île-de-France / Yvelines<br />

46 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Bergerie nationale<br />

de Rambouillet<br />

Der Krieg der Schafe<br />

Rund 50 Kilometer südwestlich von Paris liegt in<br />

einer abgelegenen Ecke des Parks von Schloss<br />

Rambouillet eine ganz besondere Schäferei, die<br />

man besichtigen kann. Die ehemals « königliche<br />

Schäferei » – aus der in der Folge eine kaiserliche<br />

und schließlich eine nationale wurde – befindet<br />

sich in wunderschönen Gebäuden aus dem 18.<br />

Jahrhundert. Erstaunlicherweise ist sie selbst bei<br />

Franzosen relativ unbekannt, obwohl sie unter<br />

anderem einen regelrechten Schatz besitzt: eine<br />

Herde mit Merinoschafen und -widdern, die sich<br />

dadurch auszeichnen, dass sie niemals gekreuzt<br />

wurden. Genetisch entsprechen diese Tiere exakt<br />

denen, die der spanische König 1786 Frankreich<br />

schenkte und die der Ursprung für diese Schäferei<br />

waren. Die Schafe wurden gegen alle Wechselfälle<br />

der Geschichte des Landes sorgsam beschützt<br />

und stellen heute einen einzigartigen und<br />

sorgsam umhegten Tierbestand dar, der seinesgleichen<br />

auf dem Globus sucht. Die unglaubliche<br />

Geschichte dieser Schafe und der nationalen<br />

Schäferei ist wahrlich einen Besuch wert …<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 47


UNTERWEGS IN FRANKREICH Île-de-France / Yvelines<br />

Auch heute, knapp 240 Jahre nach Ankunft der ersten Merinoschafe aus Spanien, wird die Schafherde der Bergerie<br />

nationale de Rambouillet noch immer ganz besonders umhegt, um die Biodiversität aufrechtzuerhalten. Jedes Jahr<br />

kommen viele Besucher hierher, um diese außergewöhnlichen Tiere zu sehen, die quasi einzigartig auf der Welt sind.<br />

Die Herde, die am 12. Oktober 1786 Schloss Rambouillet<br />

(Yvelines) erreichte, konnte nicht unbemerkt<br />

bleiben: 366 Schafe, genauer gesagt 318<br />

Mutterschafe, 41 Widder und 7 Leithammel. Die Tiere<br />

waren abgemagert, einige von Krätze befallen. Sie machten<br />

einen erschöpften Eindruck, was jedoch nachvollziehbar<br />

war: Schließlich hatten sie fünf Monate zuvor, am 15. Mai<br />

1786, ihre Heimat in der nordwestlich von Madrid gelegenen<br />

spanischen Provinz Segovia verlassen und seitdem<br />

eine Strecke von fast 1500 Kilometern zurückgelegt! Doch<br />

davon abgesehen war es etwas ganz anderes, was die Schaulustigen,<br />

die der Ankunft beiwohnten, neugierig machte:<br />

Die Herde stand nämlich unter starkem Geleitschutz. Abgesehen<br />

von der nicht weiter aufsehenerregenden Anwesenheit<br />

einiger Schäfer wurden sie von Mitgliedern der<br />

Nationalgarde begleitet und bewacht. Zweifellos musste es<br />

sich also um ganz besondere Tiere handeln!<br />

Schafe als zentrales Element<br />

eines königlichen Projektes<br />

Damals vermutete man sicherlich, die Tiere seien dazu<br />

bestimmt, eine « Vergnügungs-Schäferei » zu animieren<br />

und für die Zerstreuung des Königs zu sorgen, wie dies<br />

bei Marie-Antoinette (1755-1793) in ihrem berühmten<br />

Hameau de la Reine in Versailles oder bei Ludwig XV.<br />

(1710-1774) in der Nähe von Schloss Trianon der Fall war.<br />

Doch dem war nicht so. Die 366 Schafe waren deswegen<br />

48 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


so wertvoll, weil diese Wiederkäuer Teil eines königlichen<br />

Projektes waren, das eine politische, strategische und<br />

wirtschaftliche Bedeutung für die Zukunft Frankreichs<br />

hatte. Wenngleich es danach zunächst überhaupt nicht<br />

aussah. Die Bedingungen für die Überführung der Herde<br />

von Spanien nach Frankreich waren nach der Überquerung<br />

der Pyrenäen zwar relativ gut gewesen, denn die<br />

Verwalter der französischen Provinzen waren zuvor über<br />

die Passage der Schafe informiert worden und hatten den<br />

Auftrag, eine gute Versorgung der Tiere zu gewährleisten<br />

und die königliche Macht über den geringsten Zwischenfall<br />

in Kenntnis zu setzen. Bei der Ankunft in Rambouillet<br />

sah das allerdings ganz anders aus. Obwohl Ludwig<br />

XVI. (1754-1793) mehrere hunderttausend Livres in den<br />

Bau einer ganz neuen « königlichen Schäferei » auf dem<br />

Landgut von Schloss Rambouillet investiert hatte, waren<br />

die Arbeiten in Verzug. Genauer gesagt war überhaupt<br />

nichts fertig. Eiligst stattete man daher einfache Scheunen<br />

im Park für die Unterbringung der Schafe aus. Für die<br />

Tiere, die an die Wiesen im Zentrum Spaniens gewöhnt<br />

waren und sich nun erst an das regnerische Oktoberwetter<br />

in dieser Gegend anpassen mussten, war das ganz und gar<br />

nicht ideal. Die spanischen Schäfer bezweifelten im Übrigen<br />

den Erfolg der ganzen Aktion. Im April 1787 machten<br />

sie sich daher auf den Weg zurück in ihr Heimatland.<br />

Glücklicherweise gelang es dem französischen Team, das<br />

für die Versorgung der Schafe zuständig war und sich<br />

vor allem auf die sehr nützlichen Arbeiten des Naturfor-<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 49


UNTERWEGS IN FRANKREICH Île-de-France / Yvelines<br />

schers Louis Jean-Marie Daubenton (1716-1799) stützen<br />

konnte, die Herde wieder auf die Beine zu bringen. Und<br />

die spanischen Schafe begannen, sich in Rambouillet zu<br />

akklimatisieren.<br />

Merino: ein Schaf, das Begehrlichkeiten weckt<br />

Was machte diese spanischen Schafe überhaupt so interessant,<br />

dass man ihnen eine so große Aufmerksamkeit<br />

und intensive Pflege zukommen ließ? Um das zu verstehen,<br />

muss man sich den Kontext der damaligen Zeit etwas<br />

genauer ansehen. Mitte des 18. Jahrhunderts war die Entwicklung<br />

des internationalen Handels in vollem Gange<br />

und es entstanden zwangsläufig die ersten Konkurrenzkämpfe<br />

zwischen den Ländern. Die größten, diejenigen,<br />

die vom Geist der Aufklärung geprägt waren, begeisterten<br />

sich für Wirtschaft und Wissenschaft, was in Industrie<br />

und Landwirtschaft zur Entstehung von Manufakturen<br />

und neuen Produktionstechniken führte. Die Wollindustrie<br />

war zu dieser Zeit ein Wirtschaftssektor ersten<br />

Ranges. Wolle war ein Rohstoff, der aus dem täglichen<br />

Leben der Menschen nicht wegzudenken war und stellte<br />

bei Weitem den größten Anteil an den Herstellungskosten<br />

von Kleidung und Gebrauchsgütern wie Laken dar. Am<br />

Vorabend der Französischen Revolution entfielen vermutlich<br />

bis zu 60 % und mehr der Produktionskosten für ein<br />

Oben: Wollmuster, die aus der kaiserlichen Schäferei in Arles stammen. Abbildung von Merinoschafen vor der Schäferei in Rambouillet<br />

aus dem Jahr 1873. Kaiserliches Dekret vom 8. März 1811, mit dem die Kreation von Depots reinrassiger Merinowidder angeordnet<br />

wurde. Unten: Fotografie aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Merinoschafen und Schäfern in Rambouillet. Rechte<br />

Seite: Tafel mit Wollmustern von Merinos aus den Jahren 1786 bis 1822. Anhand solcher Tafeln konnte man die Merinowolle über<br />

mehrere Jahre vergleichen. Bei den Weltausstellungen ab 1850 dienten sie als « Schaufenster » der Bergerie de Rambouillet.<br />

50 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


simples Leintuch auf Wolle. Ein Land, das in der Lage<br />

war, qualitativ hochwertige Wolle in großen Mengen zu<br />

produzieren, hatte demnach einen klaren wirtschaftlichen<br />

Vorteil. Spanien spielte in dieser Beziehung eine<br />

herausragende Rolle in Europa. Die extrafeine Wolle der<br />

spanischen Merinoschafe war bei Weitem die wertvollste<br />

und weckte demzufolge Begehrlichkeiten. Das wusste die<br />

königliche Macht dort nur zu gut, denn die Wollexporte<br />

in die großen Tuch erzeugenden Länder Europas brachten<br />

ihr ein kleines Vermögen ein. Insofern musste man die<br />

Herden äußerst sorgfältig beschützen und die Grenzen<br />

genau überwachen. Kein einziges Schaf durfte den spanischen<br />

Boden verlassen, das war offiziell verboten! Diese<br />

Politik war ganz und gar nicht nach dem Geschmack der<br />

Europäer, am wenigsten der Franzosen. Die französischen<br />

Hersteller und Händler hatten sich bereits zum großen<br />

Teil auf die Herstellung erlesener Textilien konzentriert<br />

und daher einen besonders hohen Bedarf an hochwertiger<br />

Wolle aus Spanien. Der Import dieses Rohstoffs war<br />

jedoch sehr teuer. Logischerweise hätte man es vorgezogen,<br />

die Wolle direkt in Frankreich zu produzieren, doch<br />

dazu war es notwendig, in den Besitz einiger spanischer<br />

Merinoschafe zu kommen. Das war der Auslöser für eine<br />

diplomatische Aktion auf höchstem Niveau.<br />

Die Ersten sind nicht zwangsläufig die Erfolgreichsten<br />

Tatsache war, dass alle bedeutenden Nationen im 18.<br />

Jahrhundert auf die Merinoherden des spanischen Hofes<br />

schielten. Einigen diplomatisch besonders geschickten<br />

Ländern – Schweden (1723), Sachsen (1764) und Österreich<br />

(1770) – gelang es sogar, Spanien davon zu überzeugen, ihnen<br />

Tiere zu überlassen. Sie hofften, damit ihren eigenen<br />

Schafsbestand nach und nach durch Kreuzungen zu « merinosieren<br />

». Doch das spanische Königreich war nicht auf<br />

den Kopf gefallen: Man schickte weder die für die Reproduktion<br />

geeignetsten Tiere noch eine ausreichende Anzahl,<br />

um die ausländischen Tierbestände wirklich zu verbessern.<br />

Mit Frankreich lief die Angelegenheit jedoch etwas anders.<br />

Das Land gehörte zwar nicht zu den Ersten, die den Versuch<br />

starteten, Spanien zur Herausgabe von Merinoschafen<br />

zu bewegen, doch es bereitete sich am besten vor und brachte<br />

dafür neben Gelehrten und diplomatischen Fähigkeiten<br />

eine « Geheimwaffe » ins Spiel: die verwandtschaftlichen<br />

Beziehungen zwischen Ludwig XVI. und Karl III. von<br />

Spanien (1716-1788). Nach einem ersten gescheiterten<br />

Versuch durch « gewöhnliche » französische Abgesandte<br />

wandte sich Ludwig XVI. selbst an seinen Cousin, der sich<br />

einverstanden erklärte, Merinoschafe nach Frankreich zu<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 51


UNTERWEGS IN FRANKREICH Île-de-France / Yvelines<br />

senden. Es scheint, als ob der spanische König – über die<br />

Blutsbande zu Ludwig XVI. hinaus – wohl an den jüngsten<br />

Entdeckungen der Franzosen interessiert war, vor allem was<br />

die Bodenbestellung anging. So kam es, dass der französische<br />

Botschafter am spanischen Hof die Erlaubnis bekam,<br />

Merinoschafe auszuwählen – und das noch dazu bei den<br />

zehn besten Züchtern des Landes. Karl III. ging sogar so<br />

weit, die Schafbesitzer aufzufordern,<br />

ihre besten Tiere zu präsentieren<br />

und die Zusammenstellung der<br />

Herde für seinen Cousin zu erleichtern.<br />

So kam es also dazu, dass am<br />

12. Oktober 1786 die berühmten<br />

366 Merinoschafe in Rambouillet<br />

ankamen.<br />

Der Krieg der Schafe<br />

In den Jahren nach der Ankunft<br />

der Schafe nahm die Bergerie<br />

royale de Rambouillet allmählich<br />

Gestalt an. Die imposanten<br />

Gebäude waren schließlich fertig<br />

und der Ort entwickelte sich zu<br />

einer Art « Drehscheibe » für das<br />

damalige Wissen, vor allem was<br />

Zuchttechniken anging. Man begann<br />

mit ersten fundierten wissenschaftlichen<br />

Forschungen über die<br />

Reproduktion der Merinoschafe.<br />

Abgesehen davon zeichnete sich<br />

nach und nach ein neues Ziel für<br />

die Schäferei ab: Sie sollte eine<br />

führende Rolle im Rahmen eines<br />

ausgedehnten Projektes für die<br />

Entwicklung der Wollproduktion<br />

spielen, zunächst in Frankreich<br />

und dann, im Zuge der revolutionären<br />

und kaiserlichen Eroberungen, in den angeschlossenen<br />

Ländern. Napoleon Bonaparte (1769-1821) sah<br />

darin eine gute und willkommene Möglichkeit, durch<br />

die Herstellung von Wolle im eigenen Land die englische<br />

Dominanz im Handel anzugreifen. Er beschloss, aus der<br />

Schäferei in Rambouillet eine « kaiserliche Schäferei » zu<br />

machen, die das zentrale Element im Rahmen der geplanten<br />

« Merinosierung » nicht nur des französischen, sondern<br />

des europäischen Tierbestandes sein sollte. Die Schäferei<br />

in Rambouillet wurde damit de facto ein politisches und<br />

strategisches Werkzeug des Kaisers. Was folgte, war ein<br />

Wirtschafts- und Handelskrieg zwischen den verschiedenen<br />

Nationen, ein regelrechter « Krieg der Schafe »!<br />

« Depots reinrassiger Merinowidder »<br />

Für alle, die noch tiefer<br />

einsteigen möchten:<br />

Für die Einkreuzung von Merinoschafen in die französischen<br />

Herden stützte sich Napoleon auf das kleine<br />

Wenn Sie sich für dieses Thema<br />

interessieren, empfehlen wir Ihnen<br />

das exzellente Buch La guerre des<br />

Moutons: Le Mérinos à la conquête<br />

du monde 1786-2021 (Pierre Cornu<br />

und Henri Pinoteau, Gourcuff<br />

Gradenigo, 208 Seiten, 2021, 29 €,<br />

ISBN 978-2353403431). Das Werk ist<br />

ausgesprochen umfassend und<br />

gut belegt, es enthält zahlreiche<br />

Grafiken, Aquarelle und Fotografien.<br />

Eine Fundgrube interessanter<br />

Informationen!<br />

bestehende Netz an Schäfereien, welches die Krone nach<br />

und nach aufgebaut hatte. Die erste Schäferei war beispielsweise<br />

in Perpignan gegründet worden, in der Nähe<br />

von Betrieben mit Schafen einer lokalen Rasse, die vor<br />

der Ankunft der spanischen Merinoschafe in Rambouillet<br />

zu den Tieren mit der besten Wolle des Königreiches<br />

zählten. Der Ansatz, die lokalen Schafrassen mit den<br />

Merinoschafen aus Rambouillet<br />

zu kreuzen, wurde allmählich auf<br />

rund zehn Schäfereien im Land<br />

ausgeweitet. Diese Schäfereien arbeiteten<br />

in ihrer Gesamtheit jedoch<br />

nur mittelmäßig und Frankreich<br />

war noch weit von den <strong>83</strong>3 000<br />

Tieren entfernt, die man Schätzungen<br />

zufolge benötigte, um die Manufakturen<br />

des Landes zu betreiben,<br />

ohne Wolle aus dem Ausland<br />

importieren zu müssen. Daher entschied<br />

sich Napoleon für eine noch<br />

viel dirigistischere Vorgehensweise.<br />

Er kreierte sogenannte « Depots<br />

reinrassiger Merinowidder », welche<br />

als einzige die französischen<br />

Schafe decken durften. Per Dekret<br />

vom 8. März 1811 verfügte er, dass<br />

die « autorisierten Zuchttiere » in<br />

« von Privatpersonen geführten Depots<br />

» untergebracht würden, « die<br />

zur kostenlosen Verfügung aller<br />

Züchter stehen, die, wenn sie sich<br />

in der Nähe eines Depots befinden,<br />

alle gekreuzten männlichen Tiere<br />

kastrieren müssen ». Um dies zu<br />

kontrollieren, wurde ein regelrechter<br />

Verwaltungsapparat eingerichtet,<br />

doch das System war ein Misserfolg.<br />

Aufgrund fehlender Mittel<br />

gab es Anfang 1813 lediglich 28 solcher Depots, anstatt<br />

der geplanten 60. Selbst mit Napoleon war Frankreich<br />

weit davon entfernt, seinen Tierbestand « merinosiert » zu<br />

haben.<br />

Die letzten reinrassigen Merinoschafe<br />

Das Ende des Ersten Kaiserreichs war gleichzeitig<br />

auch das Ende der französischen Pläne für eine Vormachtstellung<br />

in der europäischen Wollindustrie. Um<br />

die Zukunft der Schäferei in Rambouillet war es dagegen<br />

besser bestellt, denn sie besaß immer noch ihren unbezahlbaren<br />

Schatz, nämlich die Herde reinrassiger Merinoschafe.<br />

Vor allem aber hatte sie sich im Laufe der Jahre<br />

ein wertvolles Know-how angeeignet. Dieses trug in den<br />

folgenden Jahrzehnten zu ihrem Ruf bei, als sich plötzlich<br />

Länder der südlichen Hemisphäre (Australien, Neuseeland,<br />

Südafrika) ebenfalls für Wolle, Merinoschafe und<br />

52 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Oben links: Entnahme von Sperma in der nationalen Schäferei Mitte der 40er-Jahre. Nach Kriegsende diente die Herde in Rambouillet<br />

als wertvolle Ressource im Rahmen des nationalen Wiederaufbaus. Die Schäferei war Vorreiter bei der Entwicklung der künstlichen<br />

Befruchtung. Oben rechts: 1963 besuchte Charles de Gaulle die Schäferei. Unten: Um die Entwicklung der Tiere zu überwachen,<br />

führte die Bergerie nationale die regelmäßige Erstellung von Fotoaufnahmen ein. Dafür erfand man eine Vorrichtung mit einer<br />

horizontalen und einer vertikalen Messlatte aus Holz sowie mit einem Geländer, um das Schaf zu immobilisieren (Foto um 1925).<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 53


CAFÉ<br />

UNTERWEGS IN FRANKREICH Île-de-France / Yvelines<br />

4<br />

4<br />

6<br />

5 7<br />

Ferme pédagogique<br />

de la Bergerie nationale<br />

8<br />

9<br />

10<br />

Rundgang<br />

1 Eingang Bauernhof und<br />

Zugang zum Shop<br />

2 Ticketverkauf<br />

3 Merinoschafe<br />

4 Schafe und Tierwohl<br />

5 Ausstellung mit alten<br />

landwirtschaftlichen<br />

Geräten<br />

6 Hühnerhof<br />

7 Kühe und Kälber<br />

(Rückkehr in den Stall<br />

gegen 16.30 Uhr)<br />

8 Weidemanagement<br />

9 Zugpferde und Esel<br />

10 Ausblick auf die Wiesen<br />

11 Landwirtschaftliche Geräte<br />

12 Spielplatz für die Kleinen<br />

13 Pflanzenlabyrinth<br />

14 Shop und Ausgang<br />

3<br />

12<br />

11<br />

Gebäude für Tiere und Geräte<br />

• Schafe<br />

• Kühe<br />

• Pferde und Esel<br />

• Ziegen<br />

• Hühner<br />

• Landwirtschaftliche Geräte<br />

2<br />

14<br />

13<br />

1<br />

die Einkreuzung dieser Tiere in die einheimischen Tierbestände<br />

interessierten. In Rambouillet wurde man sich<br />

daraufhin bewusst, dass die Rolle der Schäferei nun nicht<br />

mehr darin bestand, eine Rasse zu kreieren, sondern die<br />

Rasse mit ihren interessanten Merkmalen zu bewahren.<br />

Im 19. und 20. Jahrhundert setzte man daher auf eine<br />

neue Karte: das ausgezeichnete agrarwissenschaftliche<br />

und tiermedizinische Wissen von Rambouillet. Die Herde<br />

der reinrassigen Merinoschafe sowie die Kenntnisse über<br />

die Rasse wurden zu einer einmaligen Ressource. Nicht<br />

54 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


nur, was die Merinoschafe als solche anging, sondern im<br />

weiteren Sinn die Forschungen im Hinblick auf wissenschaftliche<br />

Vorgehensweisen in der Tierzucht. Vor allem<br />

die Entwicklung einer innovativen Technik, die künstliche<br />

Befruchtung, sollte die Praxis beim Züchten tiefgreifend<br />

verändern. Auf diese Weise konnte die Schäferei in<br />

Rambouillet – die inzwischen offiziell eine Bergerie nationale<br />

geworden war – an die internationale Ausrichtung<br />

ihrer Anfänge anknüpfen. Gleichzeitig baute sie in den<br />

letzten Jahren einen Status als Ausbildungsbetrieb auf, der<br />

Reiseinfos & Lesetipps<br />

von Auszubildenden für den Beruf des Schäfers sowie von<br />

Forschern und landwirtschaftlichen Ausbildern aus der<br />

ganzen Welt aufgesucht wird. Ein pädagogischer Bauernhof<br />

lädt zudem zu einem angenehmen und unterhaltsamen<br />

Rundgang ein. Bei dieser Gelegenheit begegnet man<br />

noch heute den Nachkommen der spanischen Merinoschafe<br />

Ludwigs XVI. mit ihrer beeindruckenden üppigen<br />

Wolle. Und man staunt noch immer über die Calais unglaubliche<br />

Dunkerque<br />

Geschichte dieser besonderen Schafe, die zu den letzten<br />

reinrassigen Merinoschafen der Welt gehören.<br />

Boulogne<br />

Roubaix<br />

Lille<br />

est<br />

Rambouillet …<br />

… Berlin 1104 km … Hamburg 944 km<br />

… Köln 541 km … Frankfurt 628 km<br />

… München 886 km … Wien 1292 km<br />

… Zürich 619 km … Paris 54 km<br />

Eintritt: 7 €, ermäßigt 5 €. Kinder unter<br />

3 Jahren haben freien Eintritt.<br />

Der<br />

<br />

ausgeschilderte Rundgang<br />

(siehe nebenstehende Karte), in<br />

dessen Rahmen man auch die<br />

Quimper<br />

D768<br />

Rennes<br />

sonn- und feiertags von 14 bis 18 Uhr durch den ganzen Schlosspark (1<br />

N165/E60<br />

für das Publikum geöffnet.<br />

N24<br />

Stunde). (Infos: http://www.bergerie-<br />

Le Mans<br />

Achtung: Der Ticketverkauf schließt um nationale.educagri.fr/exploitation-<br />

agricole/les-balades-en-caleche/)<br />

Lorient<br />

A11/E501<br />

17 Uhr.<br />

Vannes<br />

A28/E502<br />

Quiberon<br />

N165/E60<br />

E5/A10<br />

Rouen<br />

A13/E5<br />

Evreux<br />

Dreux<br />

Chartres<br />

A11/E50<br />

A10/E5<br />

Amiens<br />

Versailles<br />

Rambouillet<br />

A16<br />

Orléans<br />

PARIS<br />

A6/E15<br />

Arras<br />

Blois<br />

Chambord<br />

A10/E5-E60<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60 Cheverny<br />

A86/E60 Saint-Germain-des-Prés:<br />

Tours Chenonceau mehr A71/E9 als ein<br />

Viertel, die Seele von A85 Paris? (53 km<br />

Monts entfernt)<br />

A10/E5<br />

Saint-Germain-des-Prés gehört neben Bourges dem<br />

Eiffelturm, Montmartre und den Champs-<br />

Élysées zu den legendären Orten<br />

A20/E9<br />

in Paris. Das Viertel war jahrelang A71/E11<br />

ein beliebter Treffpunkt von<br />

Intellektuellen, Künstlern und<br />

Poitiers<br />

Politikern und wurde lange Zeit<br />

als die intellektuelle Seele der<br />

Hauptstadt betrachtet. Was ist<br />

von diesem Mythos heute noch<br />

Montluçon<br />

übriggeblieben? Wie sieht die<br />

Realität in diesem Viertel aus?<br />

A1/E15-E19<br />

A5/E54<br />

A4/E50<br />

Sens<br />

A71/E11<br />

E602/A<strong>83</strong>7<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 88.<br />

Limoges<br />

Montalivet<br />

Angoulême<br />

A89/E70<br />

Angers<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 27<br />

A11/E60<br />

Versailles, La Baule das eigentümliche Paradies der<br />

Marie-Antoinette St. Nazaire(33 km entfernt)<br />

Nantes<br />

Manchmal muss man die Dinge nur mit A87<br />

anderen Augen betrachten, um in ihnen<br />

Clisson<br />

Unbekanntes zu entdecken. Auch bei Cholet einer<br />

Berühmtheit wie A<strong>83</strong> dem Schloss von<br />

Versailles ist das so. Unzählige<br />

Les Sablesd’Olonne<br />

besucht und<br />

Male beschrieben,<br />

fotografiert, ist es darum nicht<br />

weniger möglich, bei einem<br />

A<strong>83</strong><br />

Spaziergang der anderen Art ein<br />

ganz neues Versailles zu erfahren. Saint-Sigismond<br />

Folgen Sie mir auf den N11/E601 Spuren<br />

Niort<br />

einer Königin, die so ganz anders<br />

La Rochelle<br />

war als alle anderen … Marie-Antoinette.<br />

Die nächstgelegenen Flughäfen, die aus Merinoschafherde sieht, ist frei<br />

Cherbourgdem<br />

deutschsprachigen Raum direkt Octeville zugänglich und besonders bei<br />

angeflogen werden, sind Paris-Orly<br />

schönem Wetter sehr angenehm. Man<br />

(57 km) und Paris-Charles-de-Gaulle sollte ungefähr zwei Stunden dafür Le A29/E44 Havre<br />

(80 km).<br />

einplanen. Wir empfehlen Ihnen, den A131<br />

Honfleur<br />

Besuch mit einer Besichtigung von<br />

Die nächstgelegenen TGV-Bahnhöfe Schloss Rambouillet N13 ganz in der Nähe<br />

Caen A13/E46<br />

sind Massy-TGV (47 km) und Paris-<br />

zu verbinden. Saint-Lô (Infos: www.chateaurambouillet.fr).<br />

Montparnasse (51 km).<br />

Im Mérinos Café gibt es kleine Gerichte<br />

Bergerie Nationale<br />

(Vesper, A84/E401 Nachmittagsimbiss). Zudem<br />

Parc du château<br />

sind dort Nahrungsmittel erhältlich,<br />

Lannion<br />

DinardSaint-Malo<br />

78514 Rambouillet<br />

die Avranches in der Schäferei produziert<br />

A28/E402<br />

werden<br />

Telefon: N12/E50 +33 (0)1 61 08 68 70<br />

(Fleisch, Konserven, Milchprodukte,<br />

N176/E401 Mont-Saint-Michel<br />

Saint-Brieuc<br />

andere Lebensmittel …), sowie<br />

N12/E50<br />

www.bergerie-nationale.educagri.fr<br />

A84 Wolle von den Merinoschafen aus<br />

Rambouillet und Kleidungsstücke, Alençon die<br />

N164<br />

Der landwirtschaftliche Betrieb und aus dieser Wolle hergestellt sind.<br />

der angeschlossene pädagogische<br />

Ebenfalls möglich ist eine Kutschfahrt<br />

Bauernhof sind mittwochs, samstags, über den Bauernhof (20 Min.) oder<br />

Clermont-<br />

Ferrand<br />

Puy<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 55 A75/E1<br />

le Mont-Dore


UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Pyrénées-Orientales<br />

Céret<br />

56 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Ein Künstlerdorf<br />

zwischen<br />

Bergen und Meer<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 57


UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Pyrénées-Orientales<br />

58 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Denkt man an französische Dörfer, die eine enge Verbindung<br />

zu Kunst und Künstlern haben, so kommen einem meist Orte<br />

wie Barbizon (Seine-et-Marne) – Ende des 19. Jahrhunderts ein<br />

beliebtes Dorf bei Landschaftsmalern und Frühimpressionisten<br />

– oder auch Pont-Aven (Finistère) – die berühmte « Stadt der<br />

Maler », deren bekanntester Botschafter Gauguin war – in den<br />

Sinn. Allerdings gibt es zu Füßen der Pyrenäen, nur wenige Kilometer<br />

von der spanischen Grenze entfernt, ein kleines Dorf,<br />

das ebenfalls einen wichtigen Platz in der modernen Kunstgeschichte<br />

einnimmt: Céret im Departement Pyrénées-Orientales.<br />

Braque, Chagall, Dalí, Dufy, Gris, Soutine und Picasso sind<br />

nur einige Namen berühmter Künstler, die dort lebten oder<br />

sich zumindest zeitweilig dort aufhielten, um schöpferisch tätig<br />

zu sein. Ein kleines, relativ unbekanntes Museum würdigt<br />

mit einer der reichhaltigsten und interessantesten Sammlungen<br />

Frankreichs nicht nur diese weltweit renommierten<br />

Meister ihres Fachs, sondern engagiert sich auch dafür, zeitgenössische<br />

Künstler bekannt zu machen. Gerade wurde es nach<br />

zweijährigen bedeutenden Umbaumaßnahmen wieder eröffnet.<br />

Die ideale Gelegenheit, diesen Ort mit seinem außergewöhnlichen<br />

Schicksal zu besuchen.<br />

Die Neuigkeiten, die man derzeit aus der französischen Museumsszene<br />

hört, sind erstaunlich: Obwohl die Kulturbranche von der<br />

Coronaviruskrise und den aufeinanderfolgenden Lockdowns im<br />

Verlauf der vergangenen zwei Jahre besonders betroffen war, folgt eine positive<br />

Nachricht auf die andere. Im November 2021 eröffnete in Hyères (Var)<br />

das neue Musée des Cultures et du Paysage La Banque. In Paris begrüßt<br />

man im Maison Gainsbourg inzwischen die ersten Besucher (wie Sie in der<br />

Rubrik On en parle auf Seite 8 lesen können). Eine weitere sehr kostenintensive<br />

Metamorphose (60 Millionen Euro) erfolgte im Großraum Paris, wo<br />

das Musée départemental Albert-Kahn in Boulogne-Billancourt (Île-de-<br />

France) seit Anfang April wieder zugänglich und das Publikum angesichts<br />

der durchgeführten Arbeiten sprachlos ist. Und in Cahors (Lot) sind die<br />

Türen des Musée Henri-Martin nach immensen Instandsetzungsmaßnahmen<br />

ebenfalls wieder geöffnet. Diese Wiedereröffnungen und Einweihungen<br />

deuten darauf hin, dass die französischen Museen die Zeit der<br />

Pandemie genutzt haben, um sich dem Geist der Zeit anzupassen. Dies ist<br />

auch in einem abgelegenen Dorf unweit von Perpignan der Fall, in einem<br />

Dorf, das weitgehend unbekannt ist, obwohl es in kultureller Hinsicht eine<br />

legendäre Bedeutung hat. Die Rede ist von Céret.<br />

Ein Dorf wie aus dem Bilderbuch …<br />

Das 1950 gegründete Musée d’art moderne öffnete am 5. März <strong>2022</strong><br />

nach bedeutenden Renovierungsarbeiten wieder seine Pforten. Das Gebäude<br />

– ein ehemaliges Karmeliterkloster, später ein Gefängnis mitten im<br />

Dorfzentrum – wurde bereits 1933 durch den Architekten Jaume Freixa<br />

(dem man beispielsweise die Erweiterung der Fondation Joan Miró in Barcelona<br />

verdankt) umgebaut und erweitert. Nun präsentiert es sich mit einer<br />

erneut um mehr als 1300 m² vergrößerten Fläche und einer neuen Museo-<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 59


UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Pyrénées-Orientales<br />

Das Musée de l'Art moderne in Céret besitzt sehr umfangreiche Sammlungen und veranstaltet zudem immer wieder<br />

Sonderausstellungen (vorherige Seiten: Chaque visage est un lieu, Jaume Plensa). Oben: Les gens du voyage, Marc Chagall.<br />

Unten links: Sardane de la paix, Pablo Picasso. Darunter eine der berühmten 29 mit Stieren bemalten Keramikschalen, die<br />

der Künstler vom 12. bis 17. April 1953 in Vallauris (Alpes-Maritimes) aus roter Erde aus dem Luberon kreierte.<br />

60 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


grafie den Besuchern. Nach diesen Arbeiten<br />

kann das « kleine Museum » ohne Zweifel in<br />

der Klasse der « großen Museen » für moderne<br />

Kunst in Frankreich mitmischen. Trotz<br />

der umfassenden Umbaumaßnahmen hat der<br />

Ort selbst jedoch nichts von der Schlichtheit<br />

verloren, die seinen besonderen Charme ausmacht.<br />

Nach wie vor ist Céret ein kleines,<br />

sonnenverwöhntes, katalanisches Dorf – die<br />

Region wurde 1659 französisch –, in dem es<br />

sich offenkundig gut leben lässt. Dem Spaziergänger<br />

von heute präsentiert sich der Ort<br />

mit seinen hundertjährigen Platanen, seinen<br />

etwas altmodischen Bistros mit einladenden<br />

Terrassen, seinen Bouleplätzen und den<br />

engen Gässchen, die im <strong>Sommer</strong> für eine<br />

wohltuende Kühle sorgen, wie aus dem Bilderbuch entsprungen.<br />

Bei dieser Gelegenheit wird man sich darüber<br />

bewusst, dass es wohl die Verbindung all dessen ist, was<br />

die Besonderheit von Céret ausmacht. Ein Gefühl, das<br />

auch die vielen Künstler, die hier lebten oder die sich hier<br />

aufhielten und denen das Museum seine Existenz verdankt,<br />

gespürt haben müssen.<br />

« Mekka des Kubismus »<br />

Wir befinden uns also in einer ruhigen und abgelegenen<br />

Gemeinde zwischen Bergen und Meer mit kaum<br />

einmal 8000 Einwohnern, in der sich heute eines der<br />

bedeutendsten Museen für moderne Kunst befindet. In<br />

einer Gemeinde, die man in der Kunstszene als Village<br />

des Peintres, also als Künstlerdorf, bezeichnet, oder – wie<br />

es der französische Schriftsteller und Kunstkritiker André<br />

Salmon (1881-1969), einer der größten Verfechter des<br />

Kubismus ausdrückte –, als « Mekka des Kubismus ». Wie<br />

kam es, dass dieser Ort eine so unglaubliche Vergangenheit<br />

hat? Was hat sich genau zugetragen?<br />

Die Geschichte nimmt um 1910 ihren Anfang.<br />

Überlieferungen zufolge beginnt sie mit einem gewissen<br />

Manolo, einem katalanischen Künstler, dessen richtiger<br />

Name Manuel Martinez Hugué (1872-1945) lautet. Er<br />

lebt seit 1892 in Paris, sodass es nicht verwunderlich ist,<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 61


UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Pyrénées-Orientales<br />

Kirschen, das « rote Gold » von Céret<br />

Sie heißen Burlat, Bigalise und Folfer.<br />

Diese Kirschsorten haben neben<br />

der Kunst nicht unwesentlich<br />

zum Renommee von Céret<br />

beigetragen. Das liegt nicht<br />

nur daran, dass sie köstlich<br />

schmecken, sondern vor allem<br />

daran, dass es frühreife Sorten sind, nämlich die<br />

ersten Kirschsorten, die im Frühjahr in Frankreich<br />

verkauft werden. Sie werden traditionell in Céret<br />

und im Vallée du Vallespir angebaut, wo die<br />

klimatischen Bedingungen ideal sind. Ab April<br />

werden die frühreifen Kirschen geerntet und auf<br />

Märkten in ganz Frankreich sehnsüchtig erwartet,<br />

da sie als wohlschmeckende Vorboten des<br />

<strong>Sommer</strong>s gelten. Seit 1932 will es die Tradition,<br />

dass jedes Jahr eine Kiste mit Kirschen aus Céret<br />

direkt an den französischen Staatspräsidenten<br />

in den Élysée-Palast geschickt wird. Seit 2020<br />

erhält der Premierminister dasselbe Geschenk,<br />

vielleicht, weil er neidisch war, die Spezialität nicht<br />

selbst symbolisch vor den Kameras verkosten<br />

zu dürfen … Auf jeden Fall ist es eine originelle<br />

und sympathische Art, die Werbetrommel für<br />

diese Früchte zu rühren, auf die die Obstbauern<br />

in den Pyrénées-Orientales sehr stolz sind. Dies<br />

gilt umso mehr in diesem Jahr, da Frostnächte im<br />

April einen Teil der Ernte zunichtemachten und<br />

die ersten Kirschen aus Céret daher erst Mitte Mai<br />

erhältlich sein werden.<br />

dass er zahlreiche Künstler in Montmartre und Montparnasse<br />

kennt. In Barcelona lernt er Pablo Picasso (1881-1973) kennen<br />

und freundet sich mit ihm an. Manolo ist unter anderem vom<br />

Maler und Bildhauer Aristide Maillol (1861-1944) fasziniert,<br />

der wiederum in Banyuls-sur-Mer lebt. Als er diesen besucht,<br />

findet er an der Region Gefallen und lässt sich 1910 im nicht<br />

weit von Banyuls entfernten Ort Céret nieder. Manolo erliegt<br />

sprichwörtlich dem Charme und vor allem dem Licht der Stadt.<br />

Schnell entstehen unzählige Bilder, Zeichnungen, Aquarelle<br />

und Skulpturen aus Ton und Bronze, die vom lokalen Leben<br />

geprägt sind und von denen heute eine umfangreiche Sammlung<br />

im Museum zu sehen ist. Es dauert nicht lange, bis Manolo<br />

zunächst Picasso, dann seine zahlreichen Künstlerfreunde<br />

nach Céret einlädt. Picasso besucht 1911 erstmals den Ort und<br />

verliebt sich ebenfalls sofort in ihn. Von 1911 bis 1914 verbringt<br />

er jeweils den <strong>Sommer</strong> in Céret und kehrt in den 50er-Jahren<br />

erneut hierher zurück. Selbstverständlich bleibt seine Anwesenheit<br />

bei den Bewohnern nicht unbemerkt. Angefangen vom berühmten<br />

Affenweibchen, das dem Künstler fast auf Schritt und<br />

Tritt folgt, bis hin zu seinen zahlreichen Geliebten: Er erregt<br />

zwangsläufig die Aufmerksamkeit der Menschen. Obwohl diese<br />

ihn oft als Sonderling bezeichnen, beginnen sie bald, ihn zu<br />

schätzen. Man muss wissen, dass der Künstler im Ort für beachtlichen<br />

Umsatz sorgt – vor allem in Cafés und Restaurants,<br />

in denen er gerne in Begleitung seiner zahlreichen Freunde zum<br />

Essen und Trinken einkehrt. Noch heute erinnern viele Exponate<br />

im Museum an die enge Verbindung zwischen dem Dorf<br />

und Picasso.<br />

Eine tiefgreifende<br />

Umwälzung in der Malerei<br />

Picasso entwickelt sich schnell zum Botschafter<br />

für Céret. Aufgrund seiner vielen<br />

Kontakte dauert es nicht lange, bis man<br />

überall im Ort bekannte Künstler sieht,<br />

allen voran Georges Braque (1882-1963).<br />

Schnell finden die beiden umtriebigen<br />

künstlerischen Wegbereiter in Céret kreative<br />

Inspirationen: Im Schatten von Platanen<br />

malen sie 1911 unermüdlich zahlreiche Bilder,<br />

die sich heute zum Großteil im Musée<br />

national Picasso und im Musée national<br />

d’Art moderne in Paris sowie im New Yorker<br />

Museum of Modern Art befinden. Alle<br />

gelten als Meisterwerke des Kubismus und<br />

sind Ausdruck einer tiefgreifenden Umwälzung<br />

in der Malerei, die sich im Laufe der<br />

Jahre kontinuierlich fortsetzt. 1913 entwickelt<br />

Picasso in Céret gemeinsam mit Max<br />

Jacob (1876-1944) die von Braque initiierte<br />

Technik der Papiers collés weiter. Zu diesem<br />

Zeitpunkt hat der Ort bereits einen gewissen<br />

Ruf erworben, der sich in der Folge in<br />

der ganzen Welt herumspricht.<br />

62 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Der neue Flügel des Museums hat eine Fläche von 1300 m². Die Räume sind hell und lichtdurchflutet; viele Fensteröffnungen lassen nicht<br />

nur das Tageslicht herein, sondern beziehen auch die Landschaft der Umgebung mit ein. Linke Seite: Femme oiseau, Joan Miró.<br />

Hagelnde Steine<br />

zur Begrüßung<br />

Es dauert nicht lange, bis andere große Namen der<br />

modernen Kunst, von Picasso und Braque angezogen,<br />

mehr oder weniger lange Aufenthalte in Céret verbringen.<br />

Der Erste Weltkrieg sorgt zwar für eine Unterbrechung<br />

dieses « Kulturtourismus », doch mit Beginn der Zwanzigerjahre<br />

flammt die künstlerische Begeisterung umso<br />

stärker wieder auf, vor allem viele Künstler aus Montparnasse<br />

zieht es hierher. So malt beispielsweise Chaïm<br />

Soutine (1893-1943) zwischen 1919 und 1922 mehr als<br />

200 Landschaftsbilder in Céret, die als bedeutende Werke<br />

des Impressionismus gelten, denn dieser Kunstrichtung<br />

wendet sich Soutine urplötzlich zu. Offenbar von der<br />

Sonne berauscht, lässt er auf seinen Gemälden die Farben<br />

sprichwörtlich explodieren. Wenn Soutine malt, versteckt<br />

er sich meist unter einer Decke. Die Einwohner des Dorfes<br />

behalten den sehr zurückgezogen lebenden Künstler<br />

in denkwürdiger Erinnerung, sie nennen ihn « El pintre<br />

brut », den schmutzigen Maler. Alle wissen, dass man ihn<br />

in Ruhe lassen muss, wenn er malt, da man ansonsten riskiert,<br />

vom Künstler mit einem Hagel von Steinen begrüßt<br />

zu werden. Das ist allerdings nicht böse gemeint und weder<br />

die Bewohner von Céret noch die anderen Maler lassen<br />

sich dadurch in Aufregung versetzen. 1928 lässt sich<br />

Marc Chagall (1887-1985) für einige Monate in einem<br />

Landhaus in der Umgebung von Céret nieder, später sind<br />

es Künstler wie Raoul Dufy (1877-1953), Jean Cocteau<br />

(1889-1963) und Jean Dubuffet (1901-1985), die vor den<br />

tragischen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs fliehen.<br />

Pläne für ein Museum<br />

Es ist naheliegend, dass die – zumindest zeitweilige<br />

– Anwesenheit der Künstler und die vielen Werke, die<br />

in Céret entstehen, den Gedanken an die Gründung eines<br />

Museums aufkommen lassen. Den Künstlern Pierre<br />

Brune (1887-1956) und Frank Burty Haviland (1886-<br />

1971) – die beide immer wieder Künstlerkollegen bei sich<br />

beherbergen – gelingt es Ende der 1940er-Jahre, eine erste<br />

namhafte Sammlung solcher Werke zusammenzustellen;<br />

sie versuchen daher, die Gemeindeverwaltung davon<br />

zu überzeugen, dass ein Museum für den Ort durchaus<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 63


UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Pyrénées-Orientales<br />

von Interesse ist. Die Verantwortlichen der Gemeinde<br />

sind sich im Grunde schon längst darüber bewusst, wie<br />

wichtig es ist, Künstler zu unterstützen. Bereits 1919 hat<br />

die Stadtverwaltung bei Maillol ein Kriegerdenkmal in<br />

Auftrag gegeben. Der vom Ersten Weltkrieg gezeichnete<br />

Künstler kreiert daraufhin La Douleur, ein Monument,<br />

das man noch heute in Céret sehen kann. 1933 realisiert er<br />

im Übrigen dasselbe für seine Geburtsstadt Banyuls-sur-<br />

Mer. Insofern ist es nicht schwer, die Stadt von der Idee<br />

für ein Museum zu überzeugen, umso mehr, als hochrangige<br />

Künstler das Vorhaben sehr schnell durch großzügige<br />

Spenden unterstützen. Allen voran Picasso und Matisse.<br />

Picasso schenkt dem Museum 53 Werke, darunter die berühmte<br />

Serie der mit Stieren bemalten Keramikschalen,<br />

die im Museum zu sehen ist, während Matisse 14 beklebte<br />

Zeichnungen stiftet, die er in Collioure realisiert hat.<br />

« Wiederauferstehungszeremonie »<br />

und ein Plakat von Miró<br />

1950 wird das Museum für moderne Kunst in Céret<br />

in den Räumen eines ehemaligen Karmeliterklosters aus<br />

dem 17. Jahrhundert eingeweiht. Bereits in den 1960er-<br />

Jahren besitzt es ganz außerordentliche Werke, die beim<br />

Publikum gut ankommen. Vor allem profitiert das Museum<br />

nach wie vor durch die Anwesenheit von Künstlern in<br />

Céret. So sorgt beispielsweise 1965 Salvador Dalí (1904-<br />

1989) für eine willkommene mediale Aufmerksamkeit.<br />

Der Künstler kommt nach Céret, aber wie üblich macht er<br />

keine halben Sachen, denn er verwandelt seinen Besuch in<br />

eine regelrechte « Performance », wie nur er es versteht: Er<br />

kommt in einer Kutsche an, hält eine Rede vor einem Nashorn<br />

aus Karton, isst in der Arena zu Mittag, veranstaltet<br />

eine « Wiederauferstehungszeremonie », bevor er letztendlich<br />

in einem Güterwagen nach Perpignan weiterreist<br />

… Alles natürlich vor den Kameras der internationalen<br />

Presse. Das hinterlässt zwangsläufig Eindruck, die ganze<br />

Welt spricht über Céret und das Museum. Es ist jedoch<br />

nicht die einzige willkommene Hilfestellung für das Museum.<br />

Einige Jahre später, 1977, organisiert der spanische<br />

Künstler Joan Miró (1893-19<strong>83</strong>) dort nicht nur eine Ausstellung<br />

seiner Werke, sondern entwirft auch noch selbst<br />

das Plakat dafür. Es ist naheliegend, dass dieses Plakat in<br />

Sammlerkreisen einen ganz besonderen Wert hat.<br />

Kontinuität im<br />

künstlerischen Schaffen<br />

Seitdem geben sich große Namen der zeitgenössischen<br />

Kunst – vor allem aus Katalonien – in Céret die Klinke in<br />

die Hand: egal ob für einen Besuch des Ortes und seines<br />

Museums oder um dort eigene Werke zu kreieren, denn<br />

dieses Phänomen existiert nach wie vor. So schuf unter<br />

anderem Antoni Tàpies (1923-2012) ein zweiteiliges<br />

Wandbild, das noch heute den Eingang des Museums<br />

einrahmt. Vielleicht ist es gerade diese Kontinuität in Bezug<br />

auf das künstlerische Schaffen und die Art, wie Céret<br />

eine einzigartige Verbindung zu den Künstlern aufrechterhält,<br />

die bei einem Besuch am meisten fasziniert. Der<br />

Eindruck wird durch die jüngste Vergrößerung des Museums<br />

noch verstärkt. Man ist weit davon entfernt, einzig<br />

und allein auf einen – nicht von der Hand zu weisenden<br />

– architektonischen Erfolg zu setzen, darüber hinaus ist es<br />

gelungen, die Seele des Museums von 1950 zu bewahren<br />

und die Intentionen der ehemaligen Initiatoren fortzusetzen.<br />

Das von Künstlern für Künstler gegründete Museum<br />

beschränkt sich nicht nur darauf, deren Werke zu präsentieren,<br />

sondern es führt auch vor Augen, wodurch Céret<br />

sich von anderen Orten unterscheidet, warum Céret ein so<br />

inspirierender Ort ist. Eine wunderbare Art, Kultur und<br />

Tourismus zu verbinden!<br />

64 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


A<strong>83</strong><br />

Poitiers<br />

Saint-Sigismond<br />

N11/E601<br />

Niort<br />

La Rochelle<br />

E5/A10<br />

Montluçon<br />

A71/E11<br />

E602/A<strong>83</strong>7<br />

Angoulême<br />

Limoges<br />

A89/E70<br />

Clermont-<br />

Ferrand<br />

A75/E11<br />

le Mont-Dore<br />

Puy de Dôme<br />

A72/E70<br />

Montalivet<br />

Le Porge<br />

Cap-Ferret<br />

Bordeaux<br />

E5/A10<br />

A52/E72<br />

Périgueux<br />

A89/E70<br />

Sarlat-le-Canéda<br />

Souillac sur<br />

Dordogne<br />

Le Pescher<br />

Payrac<br />

Tulle<br />

Brive-la-Gaillarde<br />

A20/E9<br />

Saillac<br />

Rocamadour<br />

Aurillac<br />

Mimizan<br />

Reiseinfos & Lesetipps<br />

Céret …<br />

… Berlin 1708 km … Hamburg 1659 km<br />

… Köln 11<strong>83</strong> Hossegor km … Frankfurt 1171 km<br />

… München 1173 km … Wien 15<strong>83</strong> km<br />

Biarritz Bayonne<br />

… Zürich 869 km … Paris 874 km<br />

Hendaye<br />

A64/E80<br />

… Montpellier 182 km … Perpignan 32 km<br />

Sare<br />

Donostia-<br />

Pau<br />

Die nächstgelegenen S. Sebastian Flughäfen, die aus<br />

dem deutschsprachigen Raum direkt<br />

angeflogen werden, sind der spanische<br />

Flughafen Girona an der Costa Brava<br />

Pamplona<br />

(92 km) sowie der französische<br />

Flughafen Montpellier-Méditerranée Spanien<br />

(187 km).<br />

Der nächstgelegene TGV-Bahnhof<br />

befindet sich in Perpignan (32 km).<br />

Musée<br />

<br />

d’Art Moderne de Céret<br />

8, boulevard Maréchal<br />

E5-E70/A63<br />

France<br />

64400 Céret<br />

Telefon: +33 (0)4 68 87 27 76<br />

www.musee-ceret.com<br />

September bis Juni: dienstags bis<br />

sonntags 10 bis 18 Uhr.<br />

Juli und August: täglich 10 bis 19 Uhr.<br />

Eintritt 10 €, ermäßigt 7 €, Kinder unter<br />

12 Jahren haben freien Eintritt.<br />

Gut zu wissen: Das Eintrittsticket ist<br />

den ganzen Tag gültig. Es ist also<br />

beispielsweise möglich, vormittags<br />

das Museum zu besuchen, zum<br />

Mittagessen in eines der zahlreichen<br />

Restaurants in der Umgebung zu<br />

gehen und anschließend ins Museum<br />

zurückzukehren.<br />

Toulouse<br />

Andorra<br />

A75/E11<br />

Lodève<br />

Montpellier<br />

A9/E15<br />

Bézier<br />

Narbonne<br />

A81/E80<br />

Limoux<br />

France<br />

Perpignan<br />

Céret<br />

Spanien<br />

A9/E15<br />

AP7/E15<br />

Collioure<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 56<br />

Perpignan, Frankreichs katalanische<br />

Seele (32 km entfernt)<br />

Mit seinen knapp 120 000 Einwohnern<br />

zählt Perpignan nicht gerade zu<br />

Frankreichs größten und<br />

wichtigsten Städten.<br />

Trotzdem ist die Hauptstadt<br />

des Departements Pyrénées-<br />

Atlantiques eine ganz<br />

besondere Stadt im Land.<br />

Der Grund liegt nicht in<br />

ihrer Größe, sondern in ihren kulturellen Wurzeln.<br />

Perpignan ist so etwas wie ein Vorbote katalanischer<br />

Kultur nördlich der Pyrenäen. Das Lebensgefühl in<br />

der Stadt ähnelt mehr dem in Barcelona als dem in<br />

Paris. Doch auch die nun schon 350 Jahre dauernde<br />

Verbundenheit zu Frankreich zeigt sich in der Stadt.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57<br />

Paulilles, wenn die Hölle zu Paradies wird (39 km<br />

entfernt)<br />

Die Bucht von Paulilles liegt in den Pyrénées-Orientales,<br />

eingebettet zwischen Collioure und Banyuls-sur-<br />

Mer. Sie besitzt eine ganz außergewöhnliche<br />

Vergangenheit, denn hier errichtete Alfred Nobel<br />

1870 die erste französische Dynamitfabrik, die<br />

bis 1984 in Betrieb und im Laufe der Zeit oftmals<br />

von tragischen Ereignissen geprägt war. Nach<br />

einem Jahrhundert intensiver Industrietätigkeit,<br />

gefolgt von einem Jahrzehnt, in dem der<br />

Ort brachlag, hat sich Paulilles, nicht zuletzt dank eines starken<br />

öffentlichen Drucks, spektakulär verändert: Die Hölle wurde zum<br />

Paradies und zu einem Juwel an der Côte Vermeille. Heute kommen<br />

Familien zum Baden und Spazierengehen hierher und können<br />

gleichzeitig ein außergewöhnliches historisches und industrielles<br />

Kulturerbe entdecken.<br />

INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 88.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 65


FRANKREICH HEUTE Tourismus<br />

Hotels: die Reform<br />

des französischen<br />

Sterne-Systems<br />

Am 1. April <strong>2022</strong> trat im französischen<br />

Hotelwesen ein neues<br />

Verfahren für die Vergabe der<br />

Sterne in Kraft. Dies ist eine bedeutende<br />

Neuerung im Bereich des Tourismus<br />

in Frankreich, denn das bestehende<br />

Klassifizierungssystem, das in den 1930er-<br />

Jahren eingeführt wurde, ist zwar nicht obligatorisch,<br />

wurde jedoch von den Hotelbesitzern<br />

weitestgehend übernommen: 87 % der<br />

rund 17 000 Hotels schmücken sich mit einem bis<br />

maximal fünf Sternen. Was hat sich mit der « neuen<br />

Klassifizierung <strong>2022</strong> » genau geändert? Übersicht über<br />

eine Reform, die man als Tourist kennen sollte.<br />

Die bislang bestehenden Hotelkategorien in Frankreich<br />

gehen auf ein Gesetz vom 7. Juni 1937 zurück,<br />

in dem 30 Kriterien definiert wurden, die der<br />

Vergabe von bis zu vier Sternen zugrunde lagen. In der<br />

Folge dauerte es lange, genauer gesagt bis 2009, bis es eine<br />

weitreichende Reform gab: Für die immer mehr verbreiteten<br />

Luxushotels, die sogenannten Palace, wurde mit fünf<br />

Sternen eine neue Kategorie eingeführt. Vor allem aber<br />

wurde damit berechtigterweise das – für Hotelbesitzer<br />

« bequeme » – Prinzip der lebenslangen Einstufung abgeschafft.<br />

Seitdem gilt der Grundsatz, dass die Sternekategorie<br />

vom Hotel alle fünf Jahre neu beantragt werden muss,<br />

was mit der Kontrolle durch eine zugelassene Einrichtung<br />

einhergeht. Die bestehende Praxis ist im Übrigen nicht<br />

länderübergreifend einheitlich. Jedes Land kann die Kriterien<br />

für die Auszeichnung frei vergeben, sodass zum Beispiel<br />

der Standard für zwei Sterne in Frankreich nicht<br />

zwangsläufig dem eines anderen europäischen oder außereuropäischen<br />

Landes entspricht. Seit 13 Jahren hat sich die<br />

Vorgehensweise für die Klassifizierung französischer Hotels<br />

allerdings nicht weiterentwickelt, zumal das System<br />

relativ gut funktioniert. Auch wenn man durch das Aufkommen<br />

von Reservierungsplattformen im Internet, wie<br />

Booking.com oder Hotels.com, zunächst Befürchtungen<br />

hegte, da dort die Beherbergungsbetriebe aufgrund der von<br />

den Kunden vergebenen Noten bewertet werden, sind die<br />

Sterne für Hotels nach wie vor ein wichtiges Auswahlkriterium,<br />

auf das sich Gäste generell verlassen. Was allerdings<br />

die Erwartungen der Hotelgäste angeht, so haben sich diese<br />

seit 2009 zwangsläufig verändert, sodass eine Anpassung<br />

des Verfahrens vonnöten wurde. Dies ist in Frankreich per<br />

1. April <strong>2022</strong> erfolgt, ohne dass man nun gleich von einer<br />

« Revolution » oder gar von einem « Großreinemachen » bei<br />

den Sternen sprechen könnte. Man kann jedoch sagen,<br />

dass diese Reform, ähnlich wie im Jahr 2009, das französische<br />

Hotelgewerbe einen Schritt nach vorne bringt. Im<br />

Übrigen gilt sie nicht nur für Hotels, sondern auch für andere<br />

kommerzielle Beherbergungsbetriebe (Campingplätze,<br />

Freizeitparks, Ferienwohnungen, Feriendörfer usw.).<br />

Das Grundprinzip der Einstufung hat sich durch die<br />

66 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Reform nicht geändert: Generell besteht nach wie vor<br />

keine Pflicht, die Einstufung zu beantragen, die Entscheidung<br />

liegt beim Betreiber selbst. Wenn sich dieser jedoch<br />

mit einem oder mehreren Sternen schmücken möchte,<br />

muss er dafür bestimmte Formalitäten abwickeln, indem<br />

er ein offizielles Formular ausfüllt. Dieses Formular<br />

umfasst heute eine lange Liste mit 243 Kriterien, wobei<br />

es für jedes erfüllte Kriterium Punkte gibt. Je höher die<br />

Gesamtpunktzahl ist, desto mehr Sterne kann der Betrieb<br />

erhalten. Die Erfüllung einiger Kriterien ist Pflicht. Dies<br />

kann für alle der fünf Kategorien (ein bis fünf Sterne) gelten,<br />

was beispielsweise bei Anforderungen wie « saubere<br />

Kleidung des Empfangspersonals » oder « Zimmer sauber<br />

und in gutem Zustand (Wände, Boden, Decke) » relativ<br />

naheliegend ist. Andere Kriterien sind dagegen von der<br />

jeweiligen Kategorie abhängig. So muss beispielsweise die<br />

Mindestfläche eines Doppelzimmers (inkl. Bad/Toilette)<br />

in einem 1-Sterne-Hotel 10,5 m², in einem 2-Sterne-<br />

Hotel 10,75 m², bei drei Sternen 13,5 m², bei vier Sternen<br />

16 m² und bei fünf Sternen 24 m² betragen. Ein weiteres<br />

Beispiel für ein « maßgeschneidertes » Kriterium ist das<br />

Vorhandensein eines « funktionsfähigen » Tresors, der erst<br />

ab einem Standard von vier Sternen vorhanden sein muss.<br />

Dagegen müssen selbst in einem Hotel mit nur einem<br />

Stern ausnahmslos alle Zimmer mit einem Spiegel ausgestattet<br />

sein.<br />

Was die neuen Anforderungen der Reform <strong>2022</strong> allerdings<br />

auszeichnet, ist der deutlich gestiegene Stellenwert<br />

der Nachhaltigkeit in der Bewertung. Für diesen Punkt<br />

gibt es nun insgesamt 27 Kriterien, von denen 12 zwingend<br />

erfüllt sein müssen, während es bisher nur drei waren,<br />

die alle erfüllt sein mussten. Insofern muss jeder Anwärter<br />

für einen oder mehrere Sterne unter anderem « mindestens<br />

eine Maßnahme zur Reduzierung des Wasserverbrauchs »,<br />

« das Vorhandensein eines Mülltrennungssystems für die<br />

Gäste », « den Einsatz mindestens eines umweltverträglichen<br />

Reinigungsmittels » sowie « die Ausbildung des Personals<br />

im Hinblick auf Maßnahmen für einen sparsamen<br />

Umgang mit Energie und Wasser sowie<br />

im Abfallmanagement » nachweisen.<br />

Obwohl diese Kriterien heutzutage<br />

eigentlich auf der Hand liegen, zeigen<br />

sie dennoch, dass man die Branche mit<br />

sanftem Druck zur Erfüllung auffordern<br />

muss.<br />

Gleichzeitig passt sich die Reform<br />

auch neuen Gewohnheiten aufseiten<br />

der Gäste an. So wird zum Beispiel<br />

bereits ab dem ersten Stern<br />

eine Website verlangt,<br />

« die den Betrieb, das<br />

Angebot und die Preise<br />

vorstellt », ebenso wie<br />

« der Internetzugang<br />

über ein drahtloses<br />

Netz (WLAN) » und<br />

zwar nicht nur in den öffentlichen Bereichen, sondern<br />

auch in allen Zimmern, wobei das Angebot nicht zwangsläufig<br />

kostenlos sein muss. Dies erfüllt mit Sicherheit die<br />

Bedürfnisse großer Teile der Kunden, die solche Punkte<br />

heutzutage als wesentlich einstufen.<br />

Über einige der 243 Kriterien dieser langen Liste muss<br />

man sich jedoch eher wundern. Obwohl inzwischen quasi<br />

jeder ein Smartphone oder Tablet besitzt, ist « eine zusätzliche<br />

freie Steckdose in der Nähe des Bettes » immer<br />

noch nicht verpflichtend, dabei ist es naheliegend, dass<br />

der Gast ein solches Gerät in Bettnähe aufladen möchte,<br />

um es gleichzeitig nutzen zu können. Ebenso ist bedauerlich,<br />

dass in den ersten vier Sterne-Kategorien für « die<br />

Betten in allen Zimmern nur ein Mindestmaß » von 0,80<br />

x 1,90 m (Einzelbett) beziehungsweise 1,40 x 1,90 m<br />

(Doppelzimmer) gefordert ist. Das « berühmte » schmale<br />

Doppelbett à la française mit einer Breite von nur 1,40 m<br />

ist also nach wie vor kein Auslaufmodell. Nur für Häuser<br />

mit fünf Sternen sind Doppelbetten vorgeschrieben, die<br />

mindestens eine Größe von 1,60 x 2,00 m haben. Ebenso<br />

mag es heute überraschen, dass zwar in allen Kategorien<br />

systematisch eine « zusätzliche Decke » angeboten werden<br />

muss, aber eben nur eine « Decke ». Nirgendwo ist in<br />

dieser Klassifizierung von einer « Steppdecke » die Rede,<br />

obwohl diese in Frankreich seit einigen Jahren immer<br />

verbreiteter ist. Dieser Punkt wird viele Touristen nicht<br />

zufriedenstellen, zumal, wenn sie aus dem Norden Europas<br />

kommen. Gut zu wissen ist auch, dass der Gast erst ab<br />

dem dritten Stern einen Bademantel im Zimmer erwarten<br />

kann. Gleiches gilt für die Möglichkeit, das Frühstück im<br />

Zimmer einzunehmen. Will man Zahnbürste und Zahncreme<br />

im Badezimmer vorfinden, muss man allerdings in<br />

einem 5-Sterne-Hotel absteigen, was zugegebenermaßen<br />

den Preis für solche « kostenlosen » Hygieneartikel sehr in<br />

die Höhe treibt … Beachten sollte man zudem, dass die<br />

neuen Kriterien erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist der<br />

aktuellen Klassifizierung eines Hotels zur Anwendung<br />

kommen. Ein Haus, das seine Sterne 2021 zuerkannt<br />

bekam, ist demnach erst 2026 von den<br />

Änderungen betroffen. Als Fazit lässt<br />

sich festhalten, dass es sich hierbei um<br />

eine eher halbherzige Reform handelt,<br />

die zwar einige Veränderungen berücksichtigt,<br />

jedoch keine bahnbrechende<br />

Neuerung darstellt. Regierung und<br />

Fachkreisen zufolge zielt die Reform<br />

auf alle Fälle darauf ab, Frankreich<br />

den Platz als « die Nummer eins<br />

der weltweiten Reiseziele » zu<br />

sichern. Die Zukunft wird<br />

zeigen, ob sie ambitioniert<br />

genug ist, dafür zu<br />

sorgen, dass die Sterne<br />

der französischen Hotels<br />

nach wie vor hell<br />

strahlen werden …<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 67


FRANKREICH HEUTE Hundertjahrfeier<br />

68 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Territoire de Belfort<br />

DIE STÄRKE DER KLEINEN<br />

Das Territoire de Belfort in der Region Bourgogne-Franche-Comté ist die Nummer 90<br />

der 101 französischen Departements. In diesem Jahr wird es 100 Jahre alt. Ein bedeutender<br />

Geburtstag also, den man im Verlauf des gesamten Jahres würdig begeht.<br />

Wir haben die Gelegenheit genutzt, um uns mit dem Präsidenten des Departements,<br />

Florian Bouquet, über dieses liebenswerte Departement mit ausgeprägtem<br />

Charakter zu unterhalten. Trotz der überschaubaren<br />

Größe – 609 km 2 , eines der kleinsten des<br />

Landes – wollte man dort immer hoch hinaus<br />

und agierte entschlossen, ganz nach dem Vorbild<br />

der Symbolfigur, dem berühmten Löwen<br />

von Belfort. Ein schönes Beispiel dafür, wie stark<br />

manchmal gerade die Kleinsten sein können.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 69


FRANKREICH HEUTE Hundertjahrfeier<br />

INTERVIEW<br />

Florian Bouquet,<br />

Präsident des<br />

Departements<br />

Territoire de Belfort<br />

Florian Bouquet, Sie bezeichnen<br />

das Territoire de Belfort gerne als « eines der kleinsten »,<br />

wenn nicht gar « das kleinste » französische Departement, sieht<br />

man einmal von Paris und drei Departements im Großraum<br />

Paris ab. Was bedeutet das konkret?<br />

Ganz konkret bedeutet das beispielsweise, dass ich der<br />

einzige Präsident eines Conseil départemental in Frankreich<br />

bin, der – selbstverständlich unter Einhaltung aller Geschwindigkeitsbeschränkungen<br />

– nicht mehr als 30 Minuten<br />

benötigt, um von seinem Arbeitsplatz aus auch den<br />

abgelegensten Punkt seines Departements zu erreichen.<br />

Glauben Sie mir, um diesen « Luxus » beneiden mich viele<br />

Kollegen! (Lacht.) Ernsthaft: Das Territoire de Belfort<br />

ist mit einer Fläche von 609 km 2 in der Tat ein kleines<br />

Departement. Man könnte auch sagen, alles liegt hier nah<br />

beieinander ...<br />

Was bedeutet das für Sie?<br />

Das ist für mich sehr positiv ... sehr, sehr positiv sogar!<br />

(Lacht.) Ich sage Ihnen nun etwas, das Sie vielleicht in der<br />

heutigen Zeit erstaunen mag: Obwohl in dieser Grande<br />

Nation, in diesem zentralisierten, hierarchisch gegliederten,<br />

hyperstrukturierten Land eher « die Großen » im<br />

Trend sind, glaube ich, dass die « kleine Größe » für uns<br />

ein echter Vorteil ist. Eine Stärke, durch die das Territoire<br />

de Belfort in der wirtschaftlichen Entwicklung im Frankreich<br />

von heute und morgen vermutlich eine wichtige Rolle<br />

spielen wird ...<br />

In welcher Beziehung ist die « kleine Größe » des Territoire de<br />

Belfort Ihrer Ansicht nach ein Vorteil?<br />

Zunächst in Bezug auf das Zugehörigkeitsgefühl der<br />

Bewohner zum Departement und die Solidarität untereinander.<br />

Die Menschen werden es Ihnen bestätigen:<br />

Wenn etwas Unvorhergesehenes eintritt, dann fühlen sich<br />

alle betroffen und reagieren. Das hat sich in der Vergangenheit<br />

bereits mehrfach gezeigt, unter anderem bei der<br />

Belagerung von Belfort 1871. Aber ich versichere Ihnen,<br />

dass das auch heute noch so ist. Nehmen Sie zum Beispiel<br />

die Ereignisse im Jahr 2016, als der Alstom-Konzern, der<br />

schon lange in Belfort ansässig war, ankündigte, das Werk<br />

zu schließen. Das löste umgehend eine wahre Volksbewegung<br />

aus. Und diese war weit davon entfernt, « nur » eine<br />

Demonstration zu sein. Innerhalb weniger Stunden sorgte<br />

70 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Mund-zu-Mund-Propaganda dafür, dass sich zwischen<br />

5000 und 6000 Menschen aus dem ganzen Departement<br />

spontan im Stadtzentrum versammelten und solidarisch<br />

demonstrierten. Das ist typisch für die Gesinnung der<br />

Menschen hier, und für mich ist das ein echter Trumpf.<br />

Hilft es auch bei einer effizienteren Entscheidungsfindung,<br />

wenn man kleiner<br />

ist?<br />

Gewiss, gerade das ist eine weitere<br />

wesentliche Stärke. Ein konkretes<br />

Beispiel: Im Departement gibt es beispielsweise<br />

101 Bürgermeister. Das<br />

mag viel erscheinen, aber wenn man<br />

bedenkt, dass es im ganzen Land fast<br />

36 000 Gemeinden gibt, dann ist das<br />

eine « lächerliche » Zahl, verglichen<br />

mit anderen, größeren Departements.<br />

Und als Präsident des Conseil départemental<br />

kann ich Ihnen versichern,<br />

dass es ein nicht zu vernachlässigender<br />

Vorteil ist, denn ich kenne diese 101 Bürgermeister<br />

alle persönlich. Das Territoire stellt ein überschaubares<br />

Arbeitsgebiet dar. Man trifft sich regelmäßig, ohne sich<br />

zwangsläufig verabreden zu müssen; das erleichtert Austausch<br />

und Entscheidungsfindung ungemein, das können<br />

Sie mir glauben!<br />

Das Department in Zahlen:<br />

100 Jahre (1922 - <strong>2022</strong>)<br />

609 km 2 fünftkleinstes<br />

Departement hinter<br />

Paris (105 km 2 ), Hautsde-Seine<br />

(176 km 2 ),<br />

Seine-Saint-Denis (236<br />

km 2 ) und Val-de-Marne<br />

(245 km 2 ), wobei diese<br />

vier Departements alle<br />

in der Region Île-de-<br />

France liegen.<br />

141 852 Einwohner<br />

101 Kommunen<br />

Wie verschafft man sich aber in einem, wie Sie es ausdrücken,<br />

so zentralisierten und hierarchisch gegliederten Land Gehör,<br />

wenn man das kleinste – oder fast das kleinste –Departement<br />

ist?<br />

Ich gebe zu, das ist nicht immer einfach. Ich will<br />

nicht behaupten, ich müsse nicht<br />

manchmal zu härteren Mitteln<br />

greifen, um mir Gehör zu verschaffen,<br />

vor allem gegenüber<br />

staatlichen Stellen und Anbietern,<br />

die daran gewöhnt sind, mit<br />

größeren Strukturen zusammenzuarbeiten.<br />

Doch auch in dieser<br />

Beziehung gilt, dass die Tatsache,<br />

« klein » zu sein, manchmal einen<br />

ganz unerwarteten Vorteil bieten<br />

kann. Als ich beispielsweise vor<br />

Kurzem über die Verlegung des<br />

Glasfaserkabels auf dem Gebiet<br />

des Departements verhandelte,<br />

war mein wichtigstes Argument<br />

die hohe Bevölkerungsdichte von 233 Einwohnern pro<br />

Quadratkilometer. Das war für die Netzbetreiber ein<br />

schlagkräftiges Argument, da sie möglichst viele Kunden<br />

benötigen, um die Arbeiten zu finanzieren. Das vordergründig<br />

« kleine » Gebiet, war für sie letzten Endes hinsichtlich<br />

der Rentabilität interessanter als andere Depar-<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 71


FRANKREICH HEUTE Hundertjahrfeier<br />

tements, die zwar größer sind, aber dafür eine geringere<br />

Bevölkerungsdichte aufweisen.<br />

Was die industrielle und wirtschaftliche Seite des Territoire<br />

de Belfort angeht, so ist man zwangsläufig überrascht, wenn<br />

man sieht, welche Unternehmen hier angesiedelt sind. Man<br />

stößt auf Namen großer Industriebetriebe wie General Electric<br />

und Alstom, um nur zwei Beispiele zu nennen. Darüber<br />

hinaus gibt es Kompetenzzentren in hoch spezialisierten Bereichen<br />

wie Transport und Energie. Eine derartige industrielle<br />

Anziehungskraft würde man eher in größeren Departements<br />

erwarten ...<br />

Sie sagen es. Was zeigt, dass Kleine manchmal ausgesprochene<br />

Stärken besitzen ... Die Industriedichte im Territoire<br />

ist hoch, vor allem gibt es sehr innovativ ausgerichtete<br />

Unternehmen. Das geht sogar über die Grenzen des<br />

Departements hinaus: Alleine im Gebiet Nord Franche-<br />

Comté (Territoire de Belfort, Pays de Montbéliard) gibt es<br />

rund 30 000 Arbeitsplätze in der Industrie. Das entspricht<br />

mit 25 % dem höchsten Anteil industrieller Arbeitsplätze<br />

in Frankreich. Und der Industriepark Techn‘hom in Belfort<br />

ist ein Prunkstück der französischen Innovationskraft.<br />

Auf einer Fläche von 110 Hektar sind dort neben dem<br />

Vallée de l‘Énergie – einem Industriecluster der Energiebranche<br />

– mehr als 100 Industrieunternehmen und<br />

Ingenieurbüros ansässig, die insgesamt rund 7000 Mitarbeiter<br />

beschäftigen. Dazu gehören auch zwei der größten<br />

72 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Auftraggeber der Energiebranche: General Electric Power<br />

and Water mit seinem europäischen Unternehmenssitz sowie<br />

Alstom Power mit einem Forschungs- und Entwicklungszentrum.<br />

Daneben produziert Alstom Transport<br />

dort TGV der neuesten Generation, die dann in die ganze<br />

Welt exportiert werden, und das Unternehmen H2SYS<br />

entwickelt Wasserstoff-Lösungen von morgen.<br />

Die Beziehungen zwischen dem Territoire de Belfort und<br />

Deutschland waren historisch betrachtet eher kompliziert. Wie<br />

steht man heute zu Deutschland und den Deutschen?<br />

Glücklicherweise haben sich die Zeiten geändert!<br />

Deutschland ist heute für uns nicht nur ein Nachbarland<br />

und europäischer Partner, sondern die Deutschen sind<br />

unsere Freunde. Das sind keine leeren Worte: Die freundschaftlichen<br />

Bande sind tief im Bewusstsein und manchmal<br />

sogar im Alltag der Menschen hier verankert. Bereits<br />

unsere geografische Lage legt nahe, dass viele Schweizer<br />

und Deutsche das Territoire de Belfort besuchen. Das<br />

hat zur Folge, dass man in den Straßen von Belfort nicht<br />

selten jemanden Deutsch sprechen hört. Ganz besonders<br />

gilt das für den Flohmarkt, der immer am ersten Sonntag<br />

im Monat stattfindet. Viele Deutsche nutzen die Gelegenheit,<br />

um inmitten der Einwohner von Belfort durch die<br />

Straßen der Altstadt zu bummeln und nach Trödelwaren<br />

zu suchen. Glauben Sie mir, die Preise werden sowohl<br />

auf Französisch als auch auf Deutsch verhandelt. Genau<br />

das ist Europa! Ein ganz anderes Beispiel mit einem ganz<br />

anderen Ambiente sind die Eurockéennes de Belfort, dieses<br />

unglaubliche Festival, eine der größten Veranstaltungen<br />

dieser Art in Europa. (Anm. d. Red.: <strong>2022</strong> findet es vom 30.<br />

Juni bis 3. Juli statt). Auch dort hört man die Besucher oft<br />

Deutsch sprechen – und singen! Wenn Menschen solche<br />

festlichen Momente teilen, wenn sie durch die Freude an<br />

derselben Musik verbunden sind, dann trägt dies dazu<br />

bei, dass echte freundschaftliche Beziehungen entstehen,<br />

da bin ich mir sicher. Umgekehrt ist es ebenso naheliegend,<br />

dass die Bewohner des Territoire de Belfort häufig<br />

Deutschland und die Schweiz besuchen. Zudem glaube<br />

ich stark an Austausch und Städtepartnerschaften. Diese<br />

findet man hier besonders häufig. Ich habe im Übrigen<br />

während meiner Schulzeit selbst mehrfach vom Schüleraustausch<br />

mit Deutschland profitiert. Alle Begegnungen<br />

sind mir in sehr guter Erinnerung geblieben. Viele Städte<br />

im Territoire de Belfort pflegen eine Partnerschaft mit einer<br />

deutschen Stadt, so ist die Stadt Belfort zum Beispiel<br />

mit Leonberg in Baden-Württemberg verbunden. All<br />

das trägt dazu bei, dass dieses Departement Deutschland<br />

heute sehr nahesteht. Und das beschränkt sich nicht auf<br />

die geografische Nähe. Ich spüre zutiefst, dass wir eine gemeinsame<br />

Kultur haben. Es tut gut, dass man dies heute<br />

voll und ganz leben kann. Wir, die Feinde von gestern,<br />

würden heute keinen Krieg mehr gegeneinander führen,<br />

das ist sicher!<br />

Florian Bouquet, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 73


ADVERTORIAL<br />

Ein unvergesslicher Tag<br />

Wecken Sie den Entdecker, der in Ihnen schlummert!<br />

Es gibt unzählige Möglichkeiten für einen Urlaub<br />

im Territoire de Belfort. Um den Aufenthalt vorzubereiten,<br />

braucht man aber nur eine einzige Eigenschaft:<br />

Neugier. Lesen Sie den Vorschlag für einen<br />

Städtetrip, bei dem Sie rundum von den vielfältigen<br />

Angeboten dieses Reiseziels profitieren. Zusammengestellt<br />

wurde er von den besten Botschaftern der<br />

Region, von enthusiastischen Einwohnern, die ihr<br />

Wissen gerne mit anderen teilen: von den berühmten<br />

Greetern.<br />

9 Uhr: ein Stadtbummel voller Überraschungen<br />

Nutzen Sie den Vormittag, um die ausgeglichene und heitere<br />

Atmosphäre von Belfort zu spüren. Lassen Sie sich nicht<br />

von der militärischen Vergangenheit der Stadt täuschen, denn<br />

das Zentrum ist ruhig. Die Traditionen der Region Franche-<br />

Comté vermischen sich mit deutschen Einflüssen und sorgen<br />

für den ganz besonderen Charme. Nehmen Sie sich Zeit, um<br />

sich in der Altstadt treiben zu lassen, sofern Sie nicht auf den<br />

unerwarteten Spuren der 150 Löwen wandeln möchten, die<br />

sich an allen Ecken und Enden verstecken. Buntsandstein,<br />

Gelb, Violett, Blau, Grün: Sie werden feststellen, dass das<br />

Leben in Belfort bunt und schön ist! Am Ufer des Flusses<br />

Savoureuse vergisst man ganz einfach seine Sorgen. Oder man<br />

genießt das nostalgische Flair in den Geschäften der zahllosen<br />

Antiquitätenhändler. Flanieren Sie bis zur Fréry-Markthalle,<br />

die ganz im berühmten Stil Gustave Eiffels erbaut wurde und<br />

zu den 25 schönsten Gebäuden dieser Art in Frankreich zählt.<br />

Von außen fasziniert die « Kathedrale » aus Metall und Glas<br />

durch ihr majestätisches Aussehen, innen ist es das ach so typische<br />

Marktgewimmel, dem man sich nicht entziehen kann.<br />

74 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


im Territoire de Belfort<br />

Ein Tipp: Warum nicht die Gelegenheit nutzen, um dort lokale<br />

Produkte einzukaufen oder sich von einer Platte regionaler<br />

Käsesorten verführen zu lassen? Dazu passt im Übrigen ein<br />

handwerklich gebrautes Bier ganz hervorragend.<br />

14 Uhr: auf Erkundungsreise an einem Ort,<br />

der als « Militärgeheimnis » gilt<br />

Diese Aktivität verbindet Geschichte und Abenteuer auf<br />

ganz unerwartete Art und wird sowohl Klein als auch Groß<br />

in Bann ziehen! Doch zunächst: Tapetenwechsel und ein<br />

Blick zurück. 1953, mitten im Kalten Krieg, entstand unter<br />

dem Mont Salbert ein unterirdischer Komplex, der Ouvrage<br />

G genannt wurde. Er wurde von der NATO eingerichtet, um<br />

russische Flugzeuge aufzuspüren. Bis 1959 in Betrieb, ist es der<br />

einzige Tunnel der internationalen Organisation, den man im<br />

Osten Frankreichs besichtigen kann. Früher lebten hier rund<br />

500 Soldaten, die Aviateurs genannt wurden. Als der Ort<br />

aufgegeben wurde, befand sich noch viel Material dort. Heute<br />

kann man das Labyrinth der Gänge und die Kommandozentrale<br />

besichtigen. Die besondere Ausstrahlung des Ortes sorgt<br />

dafür, dass man sich ein bisschen wie in einem Spionagekrimi<br />

vorkommt. fort-otan-belfort.com<br />

18 Uhr: ein versteckter Ort für Naturliebhaber<br />

Glücklich leben ... in der Höhe! Das ist die Philosophie<br />

von Gaspard und Emmanuel, zwei begeisterten Liebhabern<br />

von Natur, Tourismus und Nachhaltigkeit. In Joncherey, südwestlich<br />

von Belfort, entwickelten sie vor einigen Jahren ein<br />

umweltverträgliches Übernachtungskonzept. Rund zwanzig<br />

Fahrminuten von der Stadt entfernt fügen sich die Baumhütten<br />

des Resorts Coucoo Grands Reflets harmonisch in die<br />

Natur am Étang de Verchat ein. Man « badet » regelrecht<br />

im Wald, es ist der ideale Ort, um seine Batterien wiederaufzuladen.<br />

Es gibt dort auch schwimmende Hütten und einen<br />

Wellnessbereich, der Massagen und Yogakurse anbietet. Ein<br />

unvergesslicher Aufenthalt zwischen Wildnis und Komfort.<br />

Traumhaft, um die Natur in vollen Zügen zu genießen und zu<br />

sich selbst zu finden! www.cabanesdesgrandsreflets.com<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 75


ADVERTORIAL<br />

Le Centenaire<br />

<strong>2022</strong> feiert das Territoire de Belfort<br />

sein hundertjähriges Bestehen. Die<br />

Veranstaltungen sind eine perfekte<br />

Gelegenheit, die besondere Geschichte<br />

und die unzähligen Facetten<br />

eines Departements (neu) zu entdecken,<br />

die das « Gebiet des Löwen »<br />

über seine Grenzen hinaus erstrahlen<br />

lassen.<br />

Die Highlights der Hundertjahrfeier:<br />

20. bis 26. Juni: Saype, Land-Art XXL. Der<br />

zeitgenössische Künstler Saype, dessen meisterhafte<br />

Werke in der freien Natur auf der<br />

ganzen Welt Beifall ernten, hält die Fahne des<br />

Departements, aus dem er stammt, hoch. Um<br />

seine Kreation bewundern zu können, begeben<br />

Sie sich auf den Rundweg La Balade des<br />

Points de vue Ballon d'Alsace.<br />

12. Juli bis 23. August: Les Flâneries du<br />

Centenaire. Festliche Musikdarbietungen in<br />

verschiedenen Gemeinden, gefolgt von einer<br />

Feuershow bei Einbruch der Nacht.<br />

22. bis 24. Juli: Reenactment im Fort des Basses-Perches<br />

und in der Zitadelle von Belfort.<br />

8. bis 26. August: Street-Art des Graffiti-<br />

Künstlers Nacle. Für diesen runden Geburtstag<br />

realisiert er ein Wandgemälde auf der<br />

Fassade der ehemaligen Militärreithalle Le<br />

Manège (6 avenue de Sarrail).<br />

10. September: Schlussakkord für die Hundertjahrfeier<br />

am Lac de Malsaucy. Ein außergewöhnliches<br />

Spektakel zwischen Jazz und<br />

DJ-Klängen, zwischen Tänzen auf dem Wasser,<br />

in der Luft und Feuershows.<br />

Alle Details des Programms der Hundertjahrfeier<br />

finden Sie auf www.centenaire90.fr/de


Leserbriefe<br />

Guten Tag,<br />

wir haben seit vielen Jahren<br />

Frankreich erleben im Abo und sind<br />

sehr zufrieden. Die Preiserhöhung<br />

ist mehr als gerechtfertigt. Wir<br />

halten sogar 8 € für angemessen.<br />

Hätten Sie nicht den Hinweis in<br />

Ausgabe 82 gegeben, hätten wir<br />

das gar nicht gemerkt. Schade ist<br />

nur, dass Ausgaben vor <strong>Nr</strong>. 25 nicht<br />

mehr verfügbar sind. Kann man<br />

diese nicht als PDF ins Internet zum<br />

Download stellen?<br />

Schöne Grüße aus Bonn<br />

Jörg Marquardt + Frau<br />

Redaktion:<br />

Liebes Ehepaar Marquardt,<br />

die Entscheidung, den Preis pro<br />

Ausgabe um einen Euro zu erhöhen,<br />

ist uns nicht leichtgefallen. Als treue<br />

Abonnenten wissen Sie, dass wir<br />

bisher alles darangesetzt haben, um<br />

dies zu vermeiden, denn 14 Jahre<br />

lang lag der Preis von Frankreich<br />

erleben unverändert bei 5,90 €. Nun<br />

war eine Erhöhung allerdings nicht<br />

mehr zu vermeiden, um Qualität,<br />

Unabhängigkeit und letzten Endes<br />

die Zukunft des Magazins zu sichern.<br />

Vielen Dank also für Ihr Verständnis<br />

und Ihre Treue, die uns sehr berühren.<br />

Was die vergriffenen Ausgaben<br />

des Magazins angeht, so können<br />

Sie diese über die App Frankreich<br />

erleben auf Ihr Smartphone oder<br />

Tablet herunterladen. Die App gibt<br />

es sowohl im Apple-Store als auch<br />

bei Google Play. Die Möglichkeit, auf<br />

die Archive von Frankreich erleben<br />

zugreifen zu können, liegt uns sehr<br />

am Herzen, denn seit der ersten<br />

Ausgabe im Januar 2006 haben<br />

wir immerhin rund 8200 Seiten mit<br />

knapp 1700 Artikeln und Rubriken<br />

veröffentlicht, die alle Regionen des<br />

Hexagons abdecken. Eine ungeheure<br />

Fundgrube an Informationen! Wir sind<br />

derzeit auch in der Testphase für ein<br />

optionales Digitalabonnement, bei<br />

dem Abonnenten der Printausgabe<br />

auf Wunsch gleichzeitig die digitalen<br />

Ausgaben beziehen können.<br />

Informationen über das neue Angebot<br />

finden Sie demnächst im Heft.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

die Preisanpassung auf 6,90 € pro Ausgabe ist sicher berechtigt. Alles greift ineinander. Jeder<br />

ist von jedem abhängig. Soweit ist Ihre Preiserhöhung nachvollziehbar und ich trage sie mit.<br />

Der Euro sollte nicht zum Verzicht auf dieses wunderbare Magazin führen. Ich bedanke mich<br />

für Ihr Engagement. Ohne dieses hätten wir Leser kein so tolles und vielfältiges Magazin. Ohne<br />

dieses wäre Frankreich nicht so nah, in jeder Beziehung.<br />

Es wäre schön, wenn Sie den Unterschieden und den Gemeinsamkeiten zwischen Franzosen<br />

und Deutschen mehr Raum bieten könnten. Diese kleinen Eigenheiten, diese besonderen<br />

Erlebnisse der Deutschen in Frankreich und der Franzosen in Deutschland machen immer<br />

viel Spaß und man ertappt sich manchmal bei eben diesen Eigenheiten. Die Sendung<br />

KARAMBOLAGE bei ARTE zeigt das auch stets sehr schön auf.<br />

Gibt es eigentlich auch ein « Deutschland erleben » in Frankreich ? Und wie stehen aktuell die<br />

Franzosen zu uns Deutschen? Gibt es bei Ihnen Hinweise auf das Empfinden der Franzosen in<br />

Bezug auf die Deutschen?<br />

Ich bedanke mich für all die schönen Informationen in den zahllosen Heften und freue mich<br />

schon auf die kommende Ausgabe.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Bernd Rehwald<br />

Redaktion:<br />

Lieber Herr Rehwald,<br />

ein herzliches Dankeschön für Ihren Kommentar und Ihre Unterstützung! Sie können sicher sein,<br />

dass die Neugier auf « Unterschiede » und « Ergänzungen » zwischen Deutschen und Franzosen<br />

für uns wesentlich ist. Sie war einer der Gründe, warum wir dieses Magazin kreiert haben, und sie<br />

hat uns all die Jahre niemals verlassen. Diese Neugier hat einen hohen Stellenwert, und wann<br />

immer es möglich ist, fließt der Aspekt in unsere Artikel ein, indem wir über Initiativen berichten,<br />

die auf den deutsch-französischen Beziehungen basieren – egal ob individuelle oder kollektive,<br />

ob touristische oder kulturelle Initiativen. Ihnen ist vielleicht aufgefallen, dass in der letzten<br />

Ausgabe die Rubrik « Kulturschock » wieder aufgetaucht ist. Genauso wie die von Ihnen erwähnte,<br />

ausgezeichnete Sendung KARAMBOLAGE unseres langjährigen Partners ARTE will auch diese<br />

Rubrik auf eine etwas « andere » Art über lustige oder ungewöhnliche Aspekte beziehungsweise<br />

Unterschiede zwischen Deutschen und Franzosen berichten.<br />

Leider findet sich im französischen Zeitschriftenhandel kein Pendant zu Frankreich erleben,<br />

das die Neugier der Franzosen auf ihr Nachbarland zum Ausdruck bringt. Dabei wäre ein<br />

« Deutschland erleben » mit Sicherheit ebenfalls interessant! Zugegeben: Franzosen scheinen<br />

generell weniger neugierig in Bezug auf das Ausland zu sein als Deutsche. Während die Regale<br />

im Zeitschriftenhandel von Magazinen über französische Regionen nur so überquellen (Bretagne<br />

Magazine, Corse Magazine, Détours en France, Pyrénées Magazine, Alpes Magazine …) gibt<br />

es nur wenige Zeitschriften über andere Länder. Dies erklärt wohl, warum kein « Deutschland<br />

erleben » in Frankreich zu finden ist …<br />

Liebe Redaktion,<br />

erst vor Kurzem habe ich die Zeitschrift entdeckt, mir gleich ein paar ältere Exemplare<br />

bestellt und die Zeitschrift abonniert. Als Französin, die seit einem halben Jahrhundert<br />

« in der Fremde » lebt, interessiere ich mich für mein Ursprungsland, und zwar in einem<br />

Medium, wo die Sprache nicht voller Fehler ist, wie es leider so oft in den deutschen Medien<br />

vorkommt. Ich hätte etwas zur Reihe « Produkte » vorzuschlagen: la Terre de Sommières, die<br />

ich zwar kenne und auch benutzt habe, aber worüber ich nicht viel weiß. Ich werde jede<br />

neue Nummer langsam und genüsslich lesen, das verspreche ich Ihnen!<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Anne-Marie Gehres<br />

Redaktion:<br />

Liebe Frau Gehres,<br />

vielen Dank für die Komplimente! Alle Mitglieder unseres Teams legen in der Tat großen<br />

Wert auf die Sprache, sei es Deutsch oder Französisch. Vor allem zwei Personen, Ina und<br />

Sabine, kümmern sich darum, die Artikel vor dem Druck zu lesen und zu korrigieren. Dieses<br />

aufmerksame Korrekturlesen ist in unseren Augen sehr wichtig. Wir nutzen Ihre Nachricht, um<br />

den beiden für ihre Arbeit zu danken. Was die Terre de Sommières angeht, so haben Sie in der<br />

Tat recht: Das ist ein wirksames und vor allem natürliches Produkt, das man in Frankreich oft<br />

verwendet. Wir notieren Ihre Anregung und werden in der nächsten Ausgabe von Frankreich<br />

erleben darüber berichten! Vielen Dank!<br />

Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder Anregungen?<br />

Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />

Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de ·<br />

Per Brief: Frankreich erleben – Leserbriefe · Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux · Frankreich<br />

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 77


FRANKREICH HEUTE Städteplanung<br />

Ist Paris die « schönste Stadt der Welt » oder ist<br />

Paris « verwüstet »? Die Frage mag provozierend<br />

erscheinen. Und doch wird in der Hauptstadt<br />

darüber diskutiert, zuweilen sogar sehr heftig.<br />

Einwohner und Politiker werfen der amtierenden<br />

Bürgermeisterin, Anne Hidalgo, teilweise vor, die<br />

« Verwüstung » der Stadt auf dem Gewissen zu<br />

haben, während die Betroffene selbst der Meinung<br />

ist, alles daranzusetzen, um sie schöner zu<br />

machen. Worum geht es dabei? Wir haben versucht,<br />

vor Ort etwas Klarheit in das Thema zu<br />

bringen …<br />

Achtung, es ist ein heikles Thema! Sogar sehr heikel!<br />

Wenn Sie mit Parisern zusammen sind und eine<br />

heftige Debatte lostreten möchten, in deren Verlauf<br />

ihre Gesprächspartner sprichwörtlich explodieren,<br />

dann gibt es ein besseres Thema als die jüngsten Präsidentschaftswahlen:<br />

Bringen Sie die Arbeit der seit 2014 eingesetzten<br />

Stadtverwaltung und die mutmaßlichen – oder tatsächlichen<br />

– Folgen für das Aussehen der Hauptstadt zur<br />

Sprache. Dann können Sie sicher sein, eine erbitterte Diskussion<br />

zu erleben. Eine Diskussion, wie Franzosen sie<br />

gerne führen. Innerhalb nur weniger Minuten werden Sie<br />

feststellen, dass von beiden Seiten die Argumente nur so<br />

hageln: Für die einen – diejenigen, welche die sogenannte<br />

« Verwüstung » der Hauptstadt anprangern – geht es sehr<br />

wahrscheinlich um die « ausgesprochene Hässlichkeit », das<br />

« Königreich der Nachlässigkeit », den « in der Politik vorherrschenden<br />

schlechten Geschmack », um « Absurdität »<br />

und « Inkompetenz ». Für die anderen – diejenigen, die diesen<br />

Aussagen widersprechen – geht es dagegen um ein<br />

« Experimentieren », eine « notwendige Entwicklung », die<br />

« Anpassung an eine neue Welt », um « Modernisierung »,<br />

« Wagemut » und « die Antwort auf die klimatischen Herausforderungen<br />

». Der Dialog droht kompliziert zu werden!<br />

Wappnen Sie sich vor allem mit Geduld, mit viel Geduld,<br />

wenn Sie es darauf abgesehen haben, dass Ihre Gesprächspartner<br />

am Ende zu einem Konsens kommen.<br />

Denn wenn es um die Schönheit von Paris geht, sind die<br />

78 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Debatten hitzig und die Meinungen festgefahren … Wie<br />

konnte es überhaupt so weit kommen? Bevor wir dieser<br />

Frage nachgehen, ist es vielleicht sinnvoll, durch die Straßen<br />

der Hauptstadt zu streifen, um sich eine eigene Meinung<br />

zu bilden. Diejenigen, die Anne Hidalgo und ihre<br />

Politik anprangern, verbreiten seit etwas mehr als einem<br />

Jahr via Twitter unter dem Hashtag #SaccageParis Fotos,<br />

welche die Verunstaltung der Stadt dokumentieren sollen.<br />

Denn sie sind der Ansicht, dass die Straßen heute besonders<br />

« schmutzig », wenn nicht gar « eine Gefahr für die<br />

Gesundheit » seien, « übersät mit Müll, der niemals eingesammelt<br />

wird » und « bedeckt mit Hundekot ». Vor allem<br />

aber – und das mache den Zustand nicht besser – würden<br />

sie « durch neue Stadtmöbel entstellt » und seien « eine einzige<br />

Baustelle ». Muss man sich vor diesem Hintergrund<br />

für eine Ortsbegehung womöglich mit Stiefeln, Handschuhen<br />

und einer Maske ausrüsten?<br />

Sauber oder schmutzig?<br />

Man kommt um die Feststellung nicht umhin, dass<br />

der Zustand der Straßen zwar weit vom Idealzustand<br />

entfernt ist, aber lange nicht so beklagenswert und katastrophal<br />

ist, wie manche behaupten. Auf unserem immerhin<br />

17 Kilometer langen Tagesmarsch durch Paris – von<br />

Norden nach Süden und von Westen nach Osten – sehen<br />

wir tatsächlich Papier auf der Erde liegen, nicht geleerte<br />

und manchmal aufgeschlitzte Mülleimer, Zigarettenkippen<br />

wohin das Auge reicht und in der Tat auch die wenig<br />

appetitlichen « Hinterlassenschaften » von Hunden. Objektiv<br />

gesehen ist dies jedoch nicht « schockierender » als<br />

das, was wir von Paris oder von vielen anderen Städten<br />

in Frankreich und auf der ganzen Welt leider seit vielen<br />

Jahren gewöhnt sind. Es stimmt, dass sich die Stadt nicht<br />

gerade als « tadellos sauber » rühmen kann, doch sie deswegen<br />

gleich generell als « schmutzig » zu verunglimpfen,<br />

scheint uns nicht richtig. Jeder Tourist, der bereits über<br />

den Globus gereist ist, wird das bestätigen. Denn wo auf<br />

der Welt findet man in dieser Hinsicht schon den Idealzustand?<br />

Abgesehen vielleicht von Tokio, wo es den<br />

Menschen nicht im Traum einfallen würde, ein Stück<br />

Papier auf den Boden fallen zu lassen. Öffentliche Abfalleimer<br />

sind dort sogar so gut wie verschwunden, da<br />

man sie schlichtweg nicht mehr benötigt! Es ist jedoch<br />

kein Geheimnis, dass der Bürgersinn der Pariser in Bezug<br />

auf Sauberkeit von dem der Tokioter weit entfernt<br />

ist.<br />

Gewiss, dieses oder jenes Foto, das solche Missstände<br />

in Großaufnahme zeigt und sofort auf Twitter oder Facebook<br />

veröffentlicht wird, kann zu Recht beunruhigen.<br />

Solche Bilder legen den Finger in die Wunde, indem sie<br />

auf ein Problem, auf das nicht funktionierende Reinigungssystem<br />

hinweisen. Sollen solche Fotos aber deswegen<br />

mithilfe der sozialen Netzwerke als politische Waffe<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 79


FRANKREICH HEUTE Städteplanung<br />

genutzt werden? In Städten wie Bordeaux gibt es im Übrigen<br />

für solche Fälle eine Applikation, über die man der<br />

Stadtverwaltung ein Foto übermitteln kann, wenn man<br />

auf ein Problem gestoßen ist, das eine Intervention erfordert.<br />

Die Praxis zeigt, dass es effizienter ist, derartige Informationen<br />

über eine solche App direkt an die richtige<br />

Stelle zu leiten – anstatt sie über die sozialen Netzwerke<br />

zu verbreiten –, und das System<br />

scheint die Menschen zufriedenzustellen.<br />

Man sagt sich, dass so<br />

etwas in Paris ebenfalls sinnvoll<br />

wäre, zumal es bei vielen der<br />

über Twitter und Co. verbreiteten<br />

Bilder besser wäre, sie in ihrem<br />

Kontext zu sehen. Bei einem<br />

Rundgang durch die Straßen der<br />

Hauptstadt wird zudem klar, dass<br />

es weniger um Veränderungen im<br />

Bereich der Sauberkeit – die Gegner<br />

von Anne Hidalgo würden<br />

selbstverständlich von Unsauberkeit<br />

sprechen – geht, als um eine<br />

ganz andere Entwicklung. Es<br />

geht nämlich eher um « die generelle<br />

Ästhetik der Stadt », die in<br />

der Tat teilweise Fragen aufwirft<br />

und die von den Initiatoren von<br />

#SaccageParis im Übrigen ebenfalls<br />

angeprangert wird.<br />

Kontroverse um Gestaltung<br />

und Stadtmobiliar<br />

Spaziert man heute – vielleicht<br />

sogar nach mehrjähriger<br />

Abwesenheit – durch Paris, so<br />

wird man zweifellos einige Überraschungen<br />

erleben. Denn über<br />

einige Gestaltungselemente und<br />

manche Stadtmöbel, die hier und<br />

da in den Straßen stehen, kann<br />

man nur staunen: zum Beispiel<br />

über die einfachen Betonklötze,<br />

die – wie man sich mit einiger<br />

Fantasie ausmalen kann – wohl die<br />

liebenswerten « Davioud-Bänke »,<br />

die historischen grünen Bänke,<br />

die seit Jahrhunderten eines der<br />

Markenzeichen von Paris sind,<br />

ersetzen sollen, oder auch über die<br />

seltsamen Naturinoirs, die sogenannten « Solar-Pissoirs »,<br />

in denen der Urin gesammelt und als Dünger verwendet<br />

werden sollte. Letztere erschienen zwar auf dem Papier<br />

als gute Idee, in der Praxis erwiesen sie sich jedoch als<br />

untauglich. Sobald nämlich im Frühjahr die Blätter der<br />

Bäume austrieben, wurden die Solarzellen nicht mehr<br />

Bilder wie diese wurden von Parisern unter dem<br />

Hashtag #SaccageParis auf Twitter veröffentlicht.<br />

mit ausreichend Sonnenlicht versorgt, um die Pumpen<br />

zu betreiben, was die Naturinoirs großräumig in äußerst<br />

« unappetitliche » Orte verwandelt. Auch die Tatsache,<br />

dass die klassischen geschlossenen Abfalleimer durch ein<br />

System bestehend aus einem Metallring mit einem transparenten<br />

Plastiksack ersetzt wurden, erweckt einen unschönen<br />

Eindruck. Ausgelöst wurde dies durch die Pariser<br />

Attentate, insofern ist es nachvollziehbar.<br />

Und offensichtlich hat<br />

man nicht die Absicht, die neuen<br />

Abfallbehälter, die nun im ganzen<br />

Stadtgebiet « herumbaumeln »,<br />

wieder durch die ursprüngliche<br />

Ausführung zu ersetzen. So wird<br />

sich das Auge nach und nach an<br />

dieses objektiv gesehen hässliche<br />

und störende Element gewöhnen<br />

müssen …<br />

Eine alte Diskussion:<br />

zwischen Tradition<br />

und Wagemut<br />

Es ist gut bekannt, dass Ästhetik<br />

in Paris ein äußerst sensibles<br />

Thema ist und dass bei den<br />

geringsten Veränderungen im<br />

öffentlichen Raum, sei es, was das<br />

Stadtmobiliar oder die Gepflogenheiten<br />

der Müllbeseitigung<br />

angeht, umgehend kritische Stimmen<br />

laut werden. Das weiß das<br />

Team um Anne Hidalgo nur zu<br />

gut, und es muss heute deswegen<br />

einiges ausbaden. Um den guten<br />

Willen für eine « Verschönerung<br />

von Paris » unter Beweis zu stellen,<br />

beschäftigte sich auf Initiative von<br />

Emmanuel Grégoire, seines Zeichens<br />

erster stellvertretender Bürgermeister<br />

von Paris und unter anderem<br />

für die Städteplanung verantwortlich,<br />

das Pariser Zentrum<br />

für Architektur und Städtebau<br />

Pavillon de l’Arsenal mit der Frage,<br />

was genau zur Verschönerung der<br />

Stadt beiträgt. Vor Kurzem fand<br />

dazu eine Ausstellung mit dem<br />

Titel La Beauté d’une Ville statt.<br />

Der Zustrom von knapp 150 000<br />

Besuchern zeigt, wie groß das Interesse der Pariser an der<br />

Thematik ist. Bei dieser Gelegenheit wurde gleichzeitig<br />

ein mit 580 Seiten sehr umfangreicher und zudem ungewöhnlicher<br />

Ausstellungskatalog publiziert: Darin sind<br />

rund 50 Texte von Historikern, Architekten, Städteplanern,<br />

Landschaftsarchitekten, Soziologen und Philoso-<br />

80 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


phen zusammengefasst, die sich alle mit der Frage befassen,<br />

was der Begriff « Schönheit » im Zusammenhang mit<br />

einer Stadt bedeutet. Diese Publikation ist geradezu eine<br />

Aufforderung zum Ideenaustausch. Es ist jedoch nicht<br />

sicher, dass es damit gelingt, eine Einigung zwischen Anhängern<br />

und Gegnern von Anne Hidalgo herbeizuführen.<br />

Leider ist es eine Tatsache, dass nur wenige Pariser letzten<br />

Endes das ausgesprochen interessante Werk gelesen haben.<br />

Das ist schade. Würde es doch dazu beitragen, die<br />

derzeitige polemische Debatte in einen weiter gefassten<br />

historischen Kontext zu stellen. Die Geschichte von Paris<br />

war schon immer von einem Balanceakt zwischen dem<br />

Erhalt von Kulturerbe auf der einen und dem Trend zu<br />

mehr Modernität auf der anderen Seite geprägt. Genauer<br />

gesagt, zwischen « Tradition und Wagemut », wie die Pariser<br />

Bürgermeisterin zu Recht in der Einführung des genannten<br />

Werkes schreibt. Niemand kann heute abstreiten,<br />

dass es bereits in der Vergangenheit in Paris zahlreiche<br />

Auseinandersetzungen um Ästhetik gab. Ob Eiffelturm,<br />

Centre Pompidou, Strawinsky-Brunnen, Buren-Säulen,<br />

Louvre-Pyramide oder Cité des Sciences et de l’Industrie:<br />

Alle herausragenden städtebaulichen Veränderungen wurden<br />

zu ihrer Zeit zunächst verunglimpft. Die « feindliche<br />

Einstellung » Veränderungen gegenüber ist also nichts<br />

Neues. So empörte sich bereits Victor Hugo (1802-1885)<br />

im Jahr 1882 in seiner sehr politischen Schmähschrift<br />

Guerre aux démolisseurs über das neue Stadtbild, welches<br />

der Präfekt Haussmann (1809-1891) entwickelte: « In<br />

Paris ist Vandalismus der Architekt. Von dem Wenigen,<br />

das uns noch vom herrlichen alten Paris geblieben ist, zerstört<br />

man jeden Tag ein bisschen mehr. » Wie viele andere<br />

prangerte Hugo vor allem eine zu nüchterne Vorstellung<br />

von Urbanismus an, die darauf abziele, « breite, geradlinige<br />

und monotone Straßen » zu kreieren. Es ging also<br />

um den berühmten Haussmann‘schen Stil, für den Paris<br />

seitdem in der ganzen Welt bekannt ist und der den Stolz<br />

der Stadt ausmacht.<br />

Eine rein politische Wende<br />

Die Schwierigkeit der Politiker, « Paris zu verwandeln<br />

», ist folglich nicht neu. Die Tatsache, dass sich die<br />

französische Hauptstadt im Laufe der Jahrhunderte zur<br />

meistbesuchten Stadt der Welt entwickelte (29 Millionen<br />

Touristen im Jahr 2019, also vor der Coronaviruspandemie)<br />

macht die Dinge nicht einfacher, das ist sicher.<br />

Viele betrachten Paris inzwischen als ein urbanistisches<br />

« Werk », das man auf keinen Fall verändern darf, selbst<br />

wenn dahinter der Wille zur Verbesserung steht. Dabei<br />

riskiert man, dass sich Paris im Laufe der Zeit in eine<br />

Museumsstadt verwandelt. Genau das wollen Anne Hidalgo<br />

und ihr Team vermeiden. Ihrer Ansicht nach muss<br />

sich die Stadt zwangsläufig anpassen, sei es an äußere<br />

Zwänge oder auch an den Klimawandel. Und dafür muss<br />

sie sich weiterentwickeln: Die Reduzierung des Autoverkehrs,<br />

die Bevorzugung einer umweltverträglichen<br />

Mobilität (zu Fuß, mit dem Fahrrad), die Schaffung<br />

eines Radwegenetzes nach dem Vorbild der nordeuropäischen<br />

Länder sind nur einige Punkte, in denen man<br />

Handlungsbedarf sieht. Solche politischen Entscheidungen<br />

sind mit Veränderungen verbunden, welche die Gewohnheiten<br />

der Pariser und die Ästhetik der Stadt « stören<br />

». Dass dies politisch riskant ist, weiß Anne Hidalgo<br />

nur zu gut. Die 2014 erstmals und 2020 wiedergewählte<br />

Bürgermeisterin weicht jedoch von dieser Richtschnur<br />

nicht ab und hat vor, den Wandel weiter voranzutreiben.<br />

Mit diesem Führungsstil eckt sie bei einem Teil der Pariser<br />

an, die sich dann der sozialen Netzwerke bedienen,<br />

um Missstände anzuprangern. Das Ergebnis: Es sieht<br />

alles danach aus, als ob es in den derzeitigen Diskussionen<br />

nicht mehr darum geht, ob Paris eine « schöne » oder<br />

eine « verwüstete » Stadt ist, sondern um pro oder contra<br />

Anne Hidalgo. Wie so oft in Frankreich, hat die Debatte<br />

eine rein politische Wende genommen. Und das ist sehr<br />

bedauerlich …<br />

Französisch lernen am Puls der Zeit<br />

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B1–C2<br />

B1–C2<br />

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P RAC É ST IUA DELN IT IÉ<br />

E L E 202 ACTUALITÉ<br />

• Belgique-France, • Nouvelle-Calédonie je t’aime, :<br />

moi courte non • Nouvelle-Calédonie plus victoire du non à :<br />

Page l’indépendance<br />

courte 2 victoire du non à<br />

Page<br />

l’indépendance<br />

3<br />

Page 3<br />

AC T UA L I T É<br />

• Cette jeunesse corse<br />

entre • Protection angoisse des identitaire oiseaux et : en<br />

tentations France, • Protection la radicales chasse des à oiseaux la glu a du : en<br />

age plomb France, 3 dans la l’aile chasse à la glu a du<br />

ENVIRONNEMENT<br />

ENVIRONNEMENT<br />

| Photo : Getty Images<br />

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Artikel aus führenden französischsprachigen Zeitungen und unserer Redaktion<br />

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VU DE MONTRÉAL<br />

En Tunisie, la pénurie<br />

La Citroën Ami est<br />

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• N o 5 | 6 9 º A n n é e •<br />

• N o 1 1 | 6 7 º A n n é e •<br />

• N o 1 1 | 6 7 º A n n é e •<br />

L’obélisque de la Concorde<br />

Juliette Gréco, icône de<br />

Juliette Gréco, icône de<br />

de blé causée par la guerre en Ukraine s’offre une nouvelle jeunesse. Pour la<br />

risque une d’entraîner mini-urbaine une flambée électrique des à deux première la chanson fois depuis française, 60 ans, nous le plus a quittés<br />

prix et places. fait une craindre mini-urbaine Pratique de et nouvelles moderne, électrique elle à deux peut ancien à 93 la monument ans. chanson Muse française, de Paris la rive fait nous gauche, l’objet a quittés elle<br />

« émeutes être places. conduite pain Pratique ». sans permis et moderne, et se loue elle peut à d’un fut, grand à 93 dans ans. chantier le Paris Muse de d’après-guerre, de rénovation.<br />

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le Paris d’après-guerre, la<br />

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reine de Saint-Germain-des-Prés.<br />

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Lire l’article en pages 10 et 11<br />

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Une élection européenne<br />

les thèmes les plus importants<br />

d’un les écrivain thèmes les capital plus ». importants Michel<br />

Houellebecq d’un écrivain assure capital que ». ce Michel sera<br />

le Houellebecq dernier « Interventions assure que » : ce « Je sera<br />

ne le promets dernier pas « Interventions absolument » : de « Je<br />

péens cesser ne envers promets de penser, les Ukrainiens, pas mais absolument au aide moins de<br />

matérielle de cesser et de de militaire, penser, communiquer mais sanctions au mes moins<br />

économiques.<br />

pensées de cesser et mes de communiquer opinions au public,<br />

Mais pensées hors au-delà, cas et mes d’urgence à moyen opinions morale et au à<br />

mes<br />

3 pu-<br />

| Photo : Picture Alliance<br />

| Photo : Getty Images<br />

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| Photo : Picture Alliance


ART DE VIVRE Weintourismus / Centre-Val de Loire / Loir-et-Cher<br />

Monmousseau<br />

Wenn Loire-Schlösser<br />

Weinkeller illuminieren<br />

Im Herzen des Loire-Tals, nur wenige Minuten von Schloss Chenonceau<br />

entfernt, liegt eine regelrechte lokale Institution: die Keller von Maison<br />

Monmousseau in Montrichard (Loir-et-Cher). Seit 1886 werden dort stille<br />

Weine, vor allem aber die Spezialität des Hauses, Schaumweine nach der<br />

Méthode traditionnelle, hergestellt. Die Weinkeller befinden sich in beeindruckenden<br />

Stollen, die in den für die Gegend typischen Kalkstein – den sogenannten<br />

Tuffstein – gehauen sind. Seit einigen Jahren ist dies für Besucher<br />

die Kulisse für ein ganz unerwartetes Erlebnis: Die langen Gänge werden<br />

durch eine einfache, aber wirkungsvolle Technik illuminiert, und die gelungene<br />

Inszenierung ist gleichzeitig eine Hommage an die Schlösser der<br />

Loire, die zum Teil mit dem an diesem Ort abgebauten Stein errichtet wurden.<br />

Eine schöne Art, die Region und ihre Weine zu entdecken!<br />

82 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · <strong>83</strong>


ART DE VIVRE Weintourismus / Centre-Val de Loire / Loir-et-Cher<br />

Die einfachsten Ideen sind manchmal die besten.<br />

Dieser Gedanke schießt dem Besucher im Weinkeller<br />

von Monmousseau unweigerlich durch den<br />

Kopf. Das vor allem für seine Schaumweine bekannte Maison<br />

de vins ist eines der ältesten und renommiertesten der<br />

Gegend, daher könnte man annehmen, dass es für die Animation<br />

der Kellerbesichtigung in raffinierte technische Installation<br />

investiert, in hochtechnologische Projektoren, in<br />

Licht- und Laseranlagen, wie sie heute immer wieder für<br />

diverse Spektakel genutzt werden. Ganz nach dem Vorbild<br />

anderer bedeutender Weinerzeuger, die im Weintourismus<br />

eine Möglichkeit sehen, neue Einkommensquellen zu generieren<br />

und daher Besichtigungsangebote organisieren, in<br />

deren Rahmen ultramoderne Technologien zum Einsatz<br />

kommen.<br />

In den Kellern von Monmousseau ist von solchen<br />

« Hightech-Spielereien » jedoch nichts zu sehen. Ganz<br />

im Gegenteil. Wenn die 750 Meter der unterirdischen<br />

Stollen, welche für die Besucher zugänglich sind (von<br />

insgesamt 15 Kilometern!), mit ihrer Lichtanimation verzaubern,<br />

dann liegt das an einer Technik, die so simpel<br />

ist, dass man kaum darauf kommt: Das Spektakel wird<br />

nämlich mit dem guten alten Tageslichtprojektor erzeugt!<br />

Ein Gerät, bei dem viele von uns sofort an die Schule denken,<br />

an die Zeit, als die Lehrer mit einem Filzstift etwas<br />

auf eine transparente Folie schrieben, das zeitgleich auf<br />

eine weiße Leinwand projiziert wurde. Ein Gerät, das wir<br />

in einer Zeit, in der digitale Geräte in den unterschiedlichsten<br />

Ausführungen präsent sind und der Begriff « virtuelle<br />

Realität » in aller Munde ist, schlicht und einfach<br />

vergessen haben. Nicht so jedoch in Montrichard. Denn<br />

die Verantwortlichen von Monmousseau beschlossen vor<br />

einigen Jahren, den Tageslichtprojektor wieder aus der<br />

Versenkung zu holen und als zentrales – und günstiges! –<br />

Element für eine ganz besondere Inszenierung zu nutzen.<br />

Nachdem das technische Mittel für die Projektionen<br />

gefunden war, hatten sie einen weiteren genialen Einfall:<br />

Anstatt nämlich an den Mauern weiße Leinwände zu<br />

84 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Beim Besuch kann man sich nicht nur von den Illuminationen<br />

in Bann ziehen lassen, sondern man erfährt auch einiges<br />

über das Verfahren zur Herstellung von Schaumwein. Am<br />

Ende gibt es die Möglichkeit, die Weine zu verkosten.<br />

installieren, wird das Licht direkt auf den unebenen Stein<br />

projiziert, der dadurch « ins beste Licht gerückt wird ».<br />

So erkennt der Besucher beispielsweise, dass es in dem<br />

Sedimentgestein zahlreiche Einschlüsse von Muscheln<br />

gibt. Sie zeugen von der langen Vergangenheit dieses in<br />

der Region so berühmten Materials, von einer Zeit, in<br />

der die Gegend noch zum großen Teil von Meerwasser<br />

bedeckt war. Das aufmerksame Auge erfasst während des<br />

Rundgangs an den Wänden hier und da aber noch andere<br />

berührende Zeugnisse der Vergangenheit: Spuren, welche<br />

die Werkzeuge hinterlassen haben, mit denen der für den<br />

86 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Bau von Schlössern und Häusern in der Umgebung so<br />

wertvolle Stein herausgehauen wurde. Tiefe und weniger<br />

tiefe, regelmäßige und unregelmäßige Spuren erinnern an<br />

die harten Arbeitsbedingungen in diesem riesigen unterirdischen<br />

Steinbruch, wo man Pferde nutzte, um die schweren<br />

Brocken bis zu Flachbodenkähnen zu transportieren,<br />

die am nahe gelegenen Zufluss der Loire, am Fluss Cher,<br />

lagen.<br />

Dass die Besichtigung der Weinkeller von Monmousseau<br />

ein sehr ergreifendes Ereignis ist, liegt aber nicht nur<br />

daran, dass für die Projektionen eine so eigenständige und<br />

einfache Technik eingesetzt wird. Den Verantwortlichen<br />

für diese Inszenierung war klar, dass die projizierten Bilder<br />

ebenfalls eine große Bedeutung haben. Sie wandten<br />

sich für die Realisierung der « transparenten Folien », die<br />

via Overheadprojektor an die Wände geworfen werden, an<br />

zwei Künstler aus Toulouse: Nathalie Dahon und Reno<br />

Menat. Diese nutzten eine Maltechnik, die aus der Glasmalerei<br />

stammt. Jedes der acht projizierten Werke würdigt<br />

eines der Loire-Schlösser. Alle Kunstwerke wurden vor<br />

Ort gestaltet, um die Merkmale und Unregelmäßigkeiten<br />

des Untergrunds, auf dem sie abgebildet werden, optimal<br />

einzubeziehen. Die auf die Folie gemalten « klassischen »<br />

Bilder, nehmen durch die Projektion auf den Tuffstein Dimensionen<br />

von mehreren Metern ein. Das Ergebnis, das<br />

durch eine ebenfalls eigens für diesen Zweck komponierte<br />

Musik auf subtile Art ergänzt wird, ist nicht nur verblüffend,<br />

sondern vor allem wunderschön und berührend.<br />

Auf diese Weise gelang es dem Maison Monmousseau,<br />

mit geringem Aufwand einen Teil der Stollen nicht nur in<br />

eine schöne Kunstgalerie zu verwandeln, sondern in einen<br />

intelligent gestalteten Ort, der auf besondere Art Wissen<br />

über das regionale Kulturerbe, seine Geschichte und die<br />

Weine der Loire vermittelt. Obwohl hier 2,5 bis 3 Millionen<br />

Flaschen mit wertvollem Inhalt lagern, sind nicht sie<br />

es, die bei der Besichtigung des Weinkellers im Vordergrund<br />

stehen, denn die Projektionen würdigen ein ganzes<br />

Themenspektrum. Ein komplexes Universum, in dem sich<br />

Geschichte, Geologie, Terroir, Rebsorten, Frauen und<br />

Männer mischen … Kurz: Alles, was für die Erzeugung<br />

eines guten Weins notwendig ist. Und es ist schön zu sehen,<br />

wie man mit einfachen und bescheidenen Mitteln so<br />

vielschichtige Zusammenhänge vermitteln kann.<br />

Les Caves Monmousseau<br />

71, rue de Vierzon<br />

41400 Montrichard<br />

Telefon: +33 (0)2 54 32 35 15<br />

www.monmousseau.com<br />

Geöffnet täglich von 10.00 bis 12.30 Uhr und von 14.00 bis<br />

18.30 Uhr.<br />

Besichtigung 5 €, Kinder unter 14 Jahren haben freien<br />

Eintritt.<br />

Führungen ab zwei Personen auf Reservierung<br />

www.laroutedesvinsdeloire.fr<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 87


Haben Sie eine Ausgabe verpasst?<br />

Stöbern Sie in den Themen der noch erhältlichen Ausgaben!<br />

8<br />

9<br />

7<br />

12<br />

Reisethemen,<br />

nach Regionen<br />

geordnet:<br />

Landesweite Themen<br />

6<br />

11<br />

1 2<br />

3<br />

10<br />

13<br />

5<br />

14<br />

16<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Natur – Die schönsten Bäume 82<br />

Frankreichs<br />

Winterliche Illuminationen – 81<br />

Der Faszinierende Zauber der<br />

Lichterstädte<br />

Freizeitparks: Familienerlebnisse 79<br />

in Frankreich<br />

Radtourismus – von der Bretagne 77<br />

bis an die belgische Grenze<br />

Die schönsten Küstenwege 67<br />

Fahrradrouten – Die schönsten 59<br />

Strecken entlang der Küsten<br />

Weihnachtsmärkte – Wo geht es 57<br />

noch authentisch zu?<br />

Winterurlaub – Romantische<br />

Skistationen anstatt Bettenburgen 57<br />

Wellness in den Bergen – Nach 43<br />

dem Sport die Erholung<br />

10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />

1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />

Delacroix in Saint-Sulpice – Das 76<br />

Werk eines ganzen Lebens<br />

Städteplanung – Champs-<br />

75<br />

Élysées: eine Aufforderung zum<br />

Träumen?<br />

Coup de cœur – Die<br />

65<br />

Straßenbuchhändler an den<br />

Seine-Quais in Paris<br />

Saint-Germain-des-Prés: Mehr 60<br />

als ein Viertel, die Seele von Paris?<br />

Le Train Bleu – Ist das legendäre 58<br />

Restaurant noch immer einen<br />

Besuch wert ?<br />

Musée d‘Histoire de la Médecine 57<br />

– ein ungewöhnliches Museum im<br />

Herzen der Hauptstadt<br />

Le Bon Marché – Eine Pariser 41<br />

Institution feiert ihren 160.<br />

Geburtstag<br />

Hôtel des Invalides – Ein kleines 38<br />

Militär-Versailles mitten in Paris<br />

Avenue des Champs-Elysées 36<br />

– Wie steht es um den Glanz des<br />

Prachtboulevards?<br />

HOTELS<br />

La Lanterne – Paris 76<br />

Le Narcisse Blanc – Paris 62<br />

4<br />

15<br />

17<br />

18<br />

2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />

Ecouen – Ein Museum für die 50<br />

Renaissance<br />

HOTELS<br />

Hôtel Paradiso – Paris 79<br />

3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />

Hauts-de-France / Grand-Est 81<br />

/ Belgien – Gärten des Friedens,<br />

zwischen Erinnerung und Blick in<br />

die Zukunft<br />

Hauts-de-France / Pas-de-Calais 80<br />

– Boulogne-sur-Mer: Jeder hat das<br />

Recht auf etwas schönes !<br />

Hauts-de-France –<br />

79<br />

Hortillonnages von Amiens:<br />

von einer Verrückten Idee zum<br />

jährlichen Ereignis<br />

Hauts-de-France – Compiègne: 78<br />

musikalische Waldbäder und ein<br />

Einhorn<br />

Hauts-de-France – La Coupole: 77<br />

von der Vergangenheit in die<br />

Zukunft<br />

Hauts-de-France – Familistère de 64<br />

Guise,von «Versailles für Arbeiter»<br />

zum bewohnten Museum<br />

Baie de Somme – Eine<br />

63<br />

beeindruckende Reise (Teil 2):<br />

Le parc du Marquenterre<br />

Baie de Somme – Eine<br />

62<br />

beeindruckende Reise (Teil 1): die<br />

Abbaye de Saint-Riquier<br />

Nordfrankreich – Auf den Spuren 59<br />

eines großen französischen<br />

Architekten<br />

Marais Audomarois – Ein<br />

58<br />

Sumpfgebiet für Kenner<br />

Pays de Condé – Eine<br />

43<br />

Bergbaugegend erfindet sich neu<br />

Marne – In der Heimat des<br />

40<br />

Champagners<br />

10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />

Arras & Douai – Riesen für den 36<br />

Kleinen<br />

HOTELS<br />

Le Domaine de la Chartreuse – 57<br />

Gosnay<br />

Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />

4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />

Elsass / Bas-Rhin – Baumwipfelpfad:<br />

ein ganz neue Art, das<br />

Elsass zu entdecken<br />

Elsass / Grand Est – Das<br />

Geheimnis des fehlenden Turms<br />

der Kathedrale von Straßburg<br />

Elsass / Grand Est – Mit dem<br />

Hausboot 100% elektrisch durchs<br />

Elsass<br />

Meuse – Wandern mal anders – Die<br />

Begegnung von zeitgenössischer<br />

Kunst und ländlichem Raum<br />

Elsass – Kaysersberg,eines der<br />

Lieblingsdörfer der Franzosen<br />

Vogesen – Eine Fotoausstellung<br />

unter freiem Himmel im Herzen<br />

der Vogesen<br />

Grand-Est – Mondial Air Ballons,<br />

der poetische Aufstieg von 456<br />

Heißluftballons<br />

Grand-Est – Graufthal,das Elsass<br />

zur Zeit der Streichhölzer<br />

Kirrwiller – 520 Einwohner<br />

und die drittgrößte Music Hall<br />

Frankreichs<br />

80<br />

76<br />

74<br />

70<br />

69<br />

68<br />

65<br />

64<br />

62<br />

Weihnachtskugeln aus<br />

61<br />

Meisenthal – nicht nur Kugeln,<br />

sondern Objekte voller Sinn<br />

Château de Lunéville – Wie 52<br />

Phoenix aus der Asche<br />

Musée Lalique – Eine Hommage 43<br />

an die Glasmacherkunst<br />

10 Ideen… für ein Wochenende 41<br />

im Elsass<br />

Haut-Koenigsbourg – Ein<br />

40<br />

wahrhaft deutsch-französisches<br />

Kulturerbe<br />

Bitche – Das zweite Leben einer 38<br />

Zitadelle<br />

Neufchef & Aumetz – Das stolze 36<br />

Erbe der lothringischen Kumpel<br />

HOTELS<br />

Le Chambard – Kaysersberg 69<br />

Grand Hôtel & Spa Gérardmer – 68<br />

Gérardmer<br />

La Cheneaudière – Colroy-la- 61<br />

Roche<br />

La Clairière Bio- & Spa-Hotel – 38<br />

La Petite-Pierre<br />

5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />

Territoire de Belfort – Land-Art:<br />

Saype, von Belfort in die weite<br />

Welt<br />

Saône-et-Loire – Ein "essbarer"<br />

Wald<br />

Aufbruchstimmung in den<br />

französischen Thermalbädern<br />

Kirschen – das rote Gold einer<br />

Region<br />

Burgund – Eine Rundfahrt zum<br />

Auftanken!<br />

Châteauneuf-en-Auxois: Die<br />

Verbindung von Kulturerbe,<br />

Modernität und Lebendigkeit<br />

«Unsere Vorfahren, die Gallier»:<br />

Eine Reise ins Land von Asterix<br />

Morvan – Eine Geschichte von<br />

Ammen und Pflegekindern<br />

Jura – Weihnachten im Jura: vom<br />

Rosenkranz zum Spielzeugland<br />

Haute-Saône – Notre-Damedu-Haut<br />

in Ronchamp: eine<br />

Rechenaufgabe für Le Corbusier<br />

Ostfrankreich – Vorreiter bei der<br />

Abschaffung der Sklaverei<br />

Jura – Salins-les-Bains: Salz,<br />

das weiße Gold prägt eine ganze<br />

Region<br />

Saône-et-Loire – Tournus, ein<br />

Zwischenstopp für Neugierige auf<br />

dem Weg in den Süden<br />

Côte d’Or – Vill’Art, das zweite<br />

Leben eines Steinbruchs<br />

Belfort – Die wiederentdeckte<br />

Genialität eines Künstlers<br />

Bourgogne-Franche-Comté –<br />

Alésia, Auf den Spuren der Gallier<br />

Route des Grands Crus – Die<br />

Champs-Elysées von Burgund<br />

Montbéliard – 30 Jahre<br />

Lumières de Noël<br />

Maison de Louis Pasteur – Ein<br />

Dorf im Fokus der Wissenschaft<br />

Peugeot-Museum – Mehr als ein<br />

Automobilmuseum<br />

HOTELS<br />

Château Sainte-Sabine – Sainte-<br />

Sabine<br />

Relais Bernard Loiseau –<br />

Seaulieu<br />

82<br />

78<br />

77<br />

76<br />

75<br />

74<br />

73<br />

71<br />

69<br />

69<br />

68<br />

67<br />

66<br />

66<br />

64<br />

63<br />

61<br />

61<br />

43<br />

39<br />

74<br />

71<br />

6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Centre - Val de Loire – Die<br />

82<br />

Route de la Rose im Loiret: eine<br />

faszinierende Rundreise durch die<br />

duftende Welt der Rosen<br />

Pays de la Loire / Maine et Loire 81<br />

– Fontevraud, eine Abtei, die ihrer<br />

Zeit schon immer voraus war<br />

Pays de la Loire / Mayenne – 80<br />

Musée Robert Tatin: verwirrende<br />

Riesen und Wunderwerke<br />

Centre-Val-de Loire / Indre-et- 80<br />

Loir – Château de Chenonceau:<br />

florale Kunst im Schloss<br />

Pays de la Loire – Doué-en-Anjou: 78<br />

im Reich der Blumenkönigin<br />

Pays de la Loire – La Chartresur-le-Loir:<br />

das Dorf der<br />

77<br />

Antiquitätenhändler<br />

Centre - Val de Loire – Chaumontsur-Loire:<br />

die positive Dynamik<br />

76<br />

der Gärten<br />

Pays de la Loire – Saint-Florentle-Vieil:<br />

Die kulturelle Revanche<br />

74<br />

eines kleinen Dorfes an der Loire<br />

Centre - Val de Loire – Richelieu: 73<br />

«das schönste Dorf des<br />

Universums!»<br />

Pays de la Loire – Die schöne 70<br />

Geschichte des größten<br />

japanischen Gartens Europas<br />

Loire-Tal – Eine faszinierende 68<br />

Reise ins Land der Troglodyten<br />

Mayenne – Mit dem Hausboot auf 66<br />

der Mayenne<br />

Chédigny – ein Dorf wird zum 65<br />

Garten<br />

La grange de Meslay: Von der 60<br />

Holzkathedrale zum Musiktempel<br />

Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />

Chambord – Mehr als nur ein 58<br />

beeindruckendes Schloss<br />

Cheverny – Das Schloss von Tim 43<br />

und Struppi<br />

Ballonfahrt übers Loire-Tal – 38<br />

Bitte zeichne mir ein Schloss<br />

Blois – Ein Schloss der<br />

36<br />

Geheimnisse und Intrigen<br />

HOTELS<br />

7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />

Normandie – Biennale La Forêt 74<br />

Monumentale: Wenn Kunst den<br />

Wald verschönert<br />

Normandie – Villa «Les Rhumbs» 73<br />

in Granville: Wo für Christian Dior<br />

alles gegann<br />

Normandie – An Bord der Marité 71<br />

von Granville zu den Chausey-<br />

Inseln<br />

Le Havre – 500 Jahre, das will 62<br />

gefeiert werden !<br />

Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />

HOTELS<br />

Domaine de la Corniche –<br />

36<br />

Rolleboise<br />

8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />

Leuchtürme und Leuchtfeuer –<br />

im Westen etwas neues!<br />

Finistère – Eine Reise zu Pflanzen<br />

aus aller Welt<br />

Morbihan – Am Tag als… 26 August<br />

1934… die Kinder aus dem Bagno<br />

auf Belle-Île-en-Mer Flüchten<br />

77<br />

76<br />

76


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☐ Ausgabe <strong>Nr</strong>. 82


Finistère – Pont-Aven:<br />

75<br />

inspirierende Bretagne!<br />

Pays bigouden: die Bretagne in 73<br />

konzentrierter Form<br />

Belle-île-en-Mer – Unsere Coups 70<br />

de cœur für die größte bretonische<br />

Insel<br />

Finistère – Locronan, die<br />

66<br />

bretonische Seele par excellence<br />

Côtes d’Armor – La Vallée des 63<br />

Saints, die bretonische Osterinsel<br />

Brest und Roscoff – Mehr als nur 62<br />

zwei Gärten<br />

Bretagne – Umfriedete<br />

61<br />

Pfarrbezirke<br />

Ile d’Ouessant – Eine Insel voller 58<br />

Leben<br />

Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />

Abbaye de Daoulas – Kloster der 39<br />

Kultur und der Heilpflanzen<br />

HOTELS<br />

Castel Clara – Port Goulphar, 70<br />

Belle-Île-en-Mer<br />

Château de Sable – Porspoder 58<br />

9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />

Nouvelle-Aquitaine / Charente- 82<br />

Maritime – Pays de Maynac-près-<br />

Bordeaux: der erfinderische Bluff<br />

der Weinhändler<br />

Nouvelle-Aquitaine / Charente- 82<br />

Maritime – Brouage, die Zitadelle<br />

der geplatzten Träume<br />

Nouvelle-Aquitaine / Deux- 79<br />

Sèvres – Pougne-Hérisson: der<br />

Nabel der Welt<br />

Nouvelle-Aquitaine – Talmontsur-Gironde:<br />

zwischen Himmel<br />

75<br />

und Fluss am Ende der Welt<br />

Coup de cœur – Carrelets:<br />

74<br />

poetische Fischerhütten aus einer<br />

anderen Zeit<br />

Baskenland – Château d’Abbadia, 71<br />

eine Inspiration für den<br />

Wiederaufbau von Notre-Dame ?<br />

Atlantiküste – Ein Paradies für 67<br />

Naturismus<br />

Nouvelle-Aquitaine – Coup de 66<br />

cœur: Parc de Majolan<br />

Nouvelle-Aquitaine – Die<br />

64<br />

Metamorphose von Bordeaux,<br />

Eine Zwischenbilanz<br />

Coup de cœur – Die Eiche im 63<br />

Taubenschlag von Pouzay<br />

Bordeaux 60<br />

Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />

Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile<br />

46<br />

Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard –<br />

Reif für die Insel(n)<br />

Wein – Ein asiatischer Winzer im 46<br />

Bordelais<br />

Klöster – Abteien, die sogar 40<br />

Kinder begeistern<br />

Marais Poitevin – Die grünen 38<br />

Kanäle des Marais Poitevin<br />

Likör – Angélique de Niort, Likor 38<br />

aus einer Heilpflanze<br />

Gironde – Wie Vauban eine<br />

36<br />

Flussmündung abriegelte<br />

HOTELS<br />

Hôtel de Sèze – Bordeaux 64<br />

Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />

10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />

Auvergne / Haute-Loire – Le 81<br />

Chambon-sur-Lignon, ein<br />

beispielhaftes Stück Frankreich<br />

Corrèze – Das Gefühl, in der 68<br />

Inkastadt Machu Micchu zu sein<br />

Nouvelle-Aquitaine – Les Pans 63<br />

de Travassac, eine Spektakuläre<br />

Reise in das Land des Schiefers<br />

Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />

HOTELS<br />

Domaine Saint Estève – Millau 53<br />

11 Périgord & Midi-<br />

Pyrénées<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Périgord – Château des Milandes 82<br />

"Mein Leben, das ist Joséphine!"<br />

Vallée de la Dordogne: Wo man 60<br />

« wie Gott in Frankreich lebt »<br />

Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei 46<br />

Airbus in Toulouse<br />

Gouffre de Padirac – Der<br />

44<br />

Erdmitte ein Stückchen<br />

näherkommen<br />

Pastell – Das blaue Gold 43<br />

HOTELS<br />

Chateau de la Treyne – Lacave, 60<br />

Vallée de la Dordogne<br />

Grand Hôtel Le Turenne –<br />

47<br />

Beaulieu-sur-Dordogne<br />

12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />

Le Train Jaune – Ein Zug als<br />

Wahrzeichen<br />

13 Languedoc-<br />

Roussillon<br />

45<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Weintourismus – Domaine<br />

81<br />

Riberach, es lebe die<br />

Entschleunigung!<br />

Hérault – Brassens & Sète, les 80<br />

Copains d'abord<br />

Aude – Die große Höhle von 65<br />

Cabrespine, ein unterirdisches<br />

Abenteuer<br />

Occitanie – Assignan,Das<br />

64<br />

unglaubliche Schicksal eines<br />

französischen Dorfes<br />

Sigean: das Reservat der<br />

60<br />

glücklichen Tiere<br />

Languedoc-Roussillon –<br />

59<br />

Überraschende Mittelmeerregion<br />

Carcassonne – Imponierende 57<br />

Festungsstadt des Mittelalters<br />

Côte Vermeille – Paulilles, wenn 57<br />

die Hölle zum Paradies wird<br />

Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn 47<br />

ein Krieger zum Klosterbruder<br />

wird<br />

Stadtentwicklung – Montpellier, 47<br />

ein Synonym für Dynamik<br />

HOTELS<br />

Domaine Riberach - Bélesta 81<br />

14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />

Lyon – Rendezvous in der Rue du 64<br />

Premier-Film<br />

Drôme – Wandern auf den Spuren 62<br />

der Hugenotten<br />

Lyon – Die Metamorphose<br />

61<br />

eines Arbeiterviertels in ein<br />

Freilichtmuseum<br />

Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre 59<br />

Flussufer zurück<br />

Montélimar & Umgebung – Eine 46<br />

Reise zwischen gestern und<br />

morgen<br />

Tradition – Guignol, kleine Helden 43<br />

aus Lyon<br />

Wein – Clairette de Die 42<br />

Grignan – Im Land der schönen 40<br />

Briefe: eine Reise nach Grignan<br />

Wein – Lirac, das « mediterranste » 40<br />

Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />

Jardin Zen d’Erik Borja – Auf 39<br />

der Suche nach dem verlorenen<br />

Garten<br />

Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />

der Luxus der Simplizität<br />

Genuss – L’O Provençale: Olivenöl 36<br />

aus Nyons<br />

HOTELS<br />

Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />

15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />

Alpen – La Grande Odyssée<br />

Savoie-Mont-Blanc – Blaue Augen,<br />

weißes Fell und Hundegebell<br />

Auvergne-Rhône-Alpes – La<br />

Grange au Lac: wie im inneren<br />

eines Cellos<br />

Auvergne-Rhône-Alpes: Evian:<br />

das Gedächtnis des Wassers<br />

81<br />

77<br />

71<br />

16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />

Provence-Alpes-Côte d'Azur 79<br />

– Abbaye de Montmajour: eine<br />

Reise durch die Vergangenheit der<br />

Provence<br />

Provence-Alpes-Côte d'Azur 78<br />

– Crotte Cosquer: unglaublische<br />

Höhlenmalereien in den<br />

Calanques von Marseille<br />

Provence-Alpes-Côte d’Azur – 75<br />

Château La Coste: ein Hauch<br />

von Verrücktheit zwischen<br />

provenzalischen Reben<br />

Porquerolles – Villa Carmignac: 73<br />

Große Kunst auf einer kleinen Insel<br />

Provence – Coup de cœur: le 71<br />

Moulin de Daudet, Fontvieille<br />

Marseille – Eine fast<br />

70<br />

hundertjährige Liebeserklärung ist<br />

noch immer atuell<br />

Camargue – Tanzende Flamingos 69<br />

in der Camargue<br />

Provence – Lavendel: eine<br />

67<br />

überraschende deutschfranzösische<br />

Geschichte.<br />

Provence – Mit Giono auf dem 67<br />

Berg der Schäfer<br />

Alpes-de-Haute-Provence – 66<br />

Salagon, ein einzigartiger Ort, um<br />

die Hochprovence zu verstehen<br />

Fontaine-de-Vaucluse – Die 58<br />

berühmteste Quelle Frankreichs<br />

Umwelt – Lavendel der Provence 46<br />

in Gefahr<br />

10 Ideen… für die Provence 39<br />

HOTELS<br />

B Design & Spa – Le Paradou 39<br />

Attrap’Rêves – Allauch 33<br />

17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />

Côte d'Azur – Die Magie eines<br />

mimosengelben und azurblauen<br />

Winters<br />

Saint-Tropez – Gemälde versus<br />

Realität<br />

Île de Port-Cros: von<br />

Schriftstellern, Naturschutz und<br />

einer zerrissenen Hose<br />

Paul Ricard – zwei Inseln, ein<br />

Schicksal<br />

Iles de Lérins, jenseits des «roten<br />

Teppichs» von Cannes<br />

Provence-Alpes-Côte-d’Azur<br />

– Géoparc de Haute-Provence,<br />

eine erstaunliche Reise in die<br />

Vergangenheit der Erde<br />

Hyères – eine authentische Ecke<br />

am Mittelmeer<br />

Bormes-les-Mimosas – Wo<br />

Blumen wie Königinnen verehrt<br />

werden<br />

Ile de Port-Cros – Kleine<br />

Trauminsel im Mittelmeer<br />

Domaine du Rayol – Die<br />

Geschichte eines ungewöhnlichen<br />

Parks<br />

Nizza – Frühlingsgefühle einer<br />

Diva<br />

HOTELS<br />

La Bonne Etape – Château-<br />

Arnoux-Saint-Auban<br />

81<br />

81<br />

79<br />

75<br />

74<br />

65<br />

63<br />

39<br />

38<br />

36<br />

32<br />

65<br />

18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />

Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />

Überseegebiete<br />

(DOM/TOM)<br />

Französisch-Guayana – Natur,<br />

Geschichte, Raumfahrt<br />

Weitere Themen<br />

Chantals Rezepte<br />

APPETITANREGER<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

37<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

SUPPEN<br />

Potage d'hiver au chou-fleur et 81<br />

aux épices<br />

Gaspacho de tomates et fraises 46<br />

Gaspacho de tomate 40<br />

Velouté de laitue 38<br />

VORSPEISEN<br />

Soufflé d'été au basilic 79<br />

SALATE<br />

Spinatsalat mit harten Eiern und 66<br />

knusprigen Hähnchenflügeln<br />

QUICHES & TARTES<br />

Tarte Tatin aux endives 80<br />

Tarte Tatin aux pommes et au 74<br />

camembert<br />

Tourte Printanière aux<br />

70<br />

champignons de Paris<br />

Tarte d’automne aux champignons 60<br />

et à la farine de châtaignes<br />

Quiche Lorraine 33<br />

GRATINS, AUFLÄUFE & TOASTS<br />

Camembert rôti au four 57<br />

FLEISCHGERICHTE<br />

Poulet fermier basse température 62<br />

à l’ail<br />

Rôti de porc aux pruneaux 59<br />

Coq au vin 43<br />

FISCHGERICHTE<br />

Poêlée de Saint-Jacques au cidre 73<br />

Encornets à la Sétoise 69<br />

Blanquette de saumon 65<br />

Millefeuille de crabe au saumon 63<br />

fumé<br />

Sole meunière 61<br />

FONDUES UND SAUCEN<br />

Die echte hausgemachte<br />

68<br />

Mayonnaise<br />

DESSERTS<br />

La crème catalane 78<br />

La tarte au chocolat 77<br />

Le Mont-blanc 76<br />

Le Gâteau basque 71<br />

Le Far Breton 64<br />

Profiteroles au chocolat chaud 58<br />

Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />

GEBÄCK<br />

La Madeleine de Proust 82<br />

La Tarte Bourdaloue 67<br />

GETRÄNKE<br />

Liqueur d’estragon 36<br />

Weine & Alkoholika<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Weintourismus – Domaine<br />

81<br />

Riberach, es lebe die<br />

Entschleunigung!<br />

Spirituosen – Der Cointreau 79<br />

Wein – Château La Coste: ein 76<br />

Versuchslabor für den Weinau von<br />

morgen ?<br />

Spirituosen – Sapinette: ein Likör 74<br />

aus Tannennadeln<br />

Wein – Das Weinbaugebiet Bandol 73


Spirituosen – Roderich Dühr, ein<br />

Deutscher, der Cognac im Blut hat<br />

Wein/Portrait – Glucklich wie<br />

Sabine und Jörg in Frankreich<br />

Wein – Crémant, ein kleiner<br />

Schaumwein mausert sich<br />

Wein – Der elsässische Winzer<br />

Jean-Paul Schmitt ist seinen<br />

Reben näher denn je<br />

Alkoholische Getränke –<br />

Frankreich, das neue Eldorado für<br />

Bierliebhaber<br />

Wein – Der neue Trend beim<br />

Aperitif à la française<br />

Wein – Warum wird Wein nicht<br />

grundsätzlich im Holzfass<br />

gelagert?<br />

Champagner – Was Sie schon<br />

immer über Champagner wissen<br />

wollten<br />

Peter Kwok – Ein asiatischer<br />

Winzer im Bordelais<br />

Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous<br />

plaît »<br />

Bier – Schattendasein oder<br />

Geheimtipp?<br />

Lirac – Das « mediterranste »<br />

Weinanbaugebiet im Rhône-Tal<br />

Wein & Gesundheit – Vive le vin!<br />

Vive la santé!<br />

Angélique de Niort – Likor aus<br />

einer Heilpflanze<br />

Cognac – Eine ungewöhnliche<br />

Erfolgsgeschichte<br />

Genuss<br />

65<br />

64<br />

63<br />

61<br />

60<br />

59<br />

58<br />

57<br />

46<br />

43<br />

40<br />

40<br />

39<br />

38<br />

36<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Gastronomie – Jacques Bockel: 77<br />

ein Elsässer «provoziert» die Welt<br />

der Schokolade<br />

Gastronomie – Champignons: 70<br />

Jacky Roulleau, der Gärtner der<br />

Nacht<br />

Genuss – Bouchot-Muscheln: 69<br />

der Rolls-Royce unter den<br />

französischen Muscheln<br />

Gastronomie – Das beste aller 66<br />

Baguettes<br />

Gastronomie – Kaviar von der 65<br />

französischen Atlantikküste,<br />

der neue Star<br />

Gilles Choukroun – Ein<br />

62<br />

Sternekoch, der die Pariser an den<br />

Flughafen zieht<br />

Gastronomie – Wenn ein junger 61<br />

Koch einen Michelin-Stern erhält<br />

Spitzengastronomie – Fabian 53<br />

Feldmann, ein deutscher<br />

Sternekoch im Land der<br />

Feinschmecker<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 46<br />

Burgunds<br />

Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 43<br />

Korsikas<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 40<br />

der Bretagne<br />

Gastronomie – Michel Chabran, 39<br />

der Luxus der Simplizität<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 39<br />

der Normandie<br />

Serie: Frankreichs AOC – Die AOC 38<br />

der Auvergne<br />

L’O Provençale – Olivenöl aus 36<br />

Nyons<br />

Politik & Wirtschaft<br />

Landwirtschaft – Hurra, in<br />

Frankreich ist es gelungen, die<br />

begehrten weißen Trüffel zu<br />

züchten!<br />

Wirtschaft – Discounter: Wenn<br />

Deutschland Frankreich erobert<br />

Wirtschaft – Die Revision<br />

der Gebietsgrenzen der<br />

AOC Champagne: ein neuer<br />

Goldrausch?<br />

Politik – Sind die Regionen das<br />

Erfolgsrezept für den Tourismus ?<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

79<br />

78<br />

73<br />

70<br />

Wirtschaft – Frankreich-<br />

Deutschland: der Krieg der<br />

Gummibärchen ist erklärt!<br />

Initiative – Die deutschfranzösische<br />

Freundschaft: welch<br />

eine Energie!<br />

Politik – Präsidentschaftswahlen<br />

2017, Präsidiale Orte<br />

Wirtschaft – Atomkraft in<br />

Frankreich: der Niedergang eines<br />

Systems, das sich zu sicher fühlte<br />

Hochschulpolitik – Teaching in<br />

English? Oh mon Dieu!<br />

Umwelt – Lavendel der Provence<br />

in Gefahr<br />

Gregor Gysi – Der Linken-Politiker<br />

und Frankreich<br />

Medien – Die politische<br />

Ausrichtung französischer Medien<br />

Tourismus – Hauptsache<br />

außergewöhnlich<br />

Volksabstimmungen –<br />

Modethema im Wahlkampf<br />

Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine<br />

Bilanz<br />

Umweltschutz –<br />

Kettensägenmassaker am<br />

Welterbe Canal du Midi<br />

Gesellschaft & Alltag<br />

Kulturerbe – Fotografieren im<br />

Auftrag des Staates: die Mission<br />

photographique hat nichts von<br />

ihrer Aktualität verloren<br />

Restaurierung – Notre-Dame de<br />

Paris: umstrittene Neugestaltung<br />

des Innenraums<br />

Am Tag als… 3 Juni 1895… "Die<br />

Bürger von Calais" eingeweiht<br />

wurden<br />

Geschichte – Auvergne / Haute-<br />

Loire Le Chambon-sur-Lignon, ein<br />

beispielhaftes Stück Frankreich<br />

Ce qui fait débat – Bordeaux:<br />

das Erwachen einer gar nicht so<br />

schlummernden Vergangenheit<br />

Geschichte – Sanary-sur-Mer:<br />

die "Hauptstadt der deutschen<br />

Literatur im Exil"<br />

Ce qui fait débat – Soll man<br />

die Basilika Sacré-cœur in Paris<br />

schützen oder abreißen ?<br />

Geschichte – 150 Jahre Pariser<br />

Kommune: ein zwiespältiger<br />

Geburtstag für die Franzosen<br />

Gesellschaft – "Wie ich als<br />

Buchhändlerin die aktuelle<br />

Gesundheitkrise in Frankreich<br />

erlebe"<br />

Am Tag als… der Leichnam des<br />

Unbekannten Soldaten am Arc de<br />

Triomphe bestattet wurde<br />

Gesellschaft – Wo ist eigentlich<br />

das gute französische Brot<br />

geblieben?<br />

Gesellschaft – Lotto: Glücksspiel<br />

in Frankreich zur Rettung des<br />

Kulturerbes<br />

Geschichte – Koch und Pasteur:<br />

eine konstruktive Rivalität als<br />

Hoffnungsträger<br />

Kulturschock – Die Königin von<br />

Arles<br />

Geschichte – Montaigne: Ist die<br />

«Grabgeschichte» bald gelöst?<br />

Gesellschaft – Literaturszene: das<br />

Ende eines zu langen Schweigens<br />

Geschichte – Heinz Stahlschmidt,<br />

der Deutsche, der den Hafen von<br />

Bordeaux rettete<br />

Gesellschaft – Demografie: mehr<br />

Franzosen, aber nicht überall …<br />

Gesellschaft – Der unglaubliche<br />

Streit im das Erbe von Saint-<br />

Exupéry<br />

Interview – Serie «Quand on aime<br />

la France» (2)<br />

René Martin, der französische<br />

Steve Jobs der Musik<br />

69<br />

65<br />

63<br />

59<br />

46<br />

46<br />

43<br />

40<br />

40<br />

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36<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

82<br />

82<br />

81<br />

81<br />

80<br />

80<br />

79<br />

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74<br />

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74<br />

71<br />

70<br />

69<br />

69<br />

Interview – Serie «Quand on aime<br />

la France»<br />

Roger Diederen, Direktor der<br />

Kunsthalle München<br />

Ernährung – Vorsicht vor<br />

triploiden Austern!<br />

Gesellschaft – Le Mondial la<br />

Marseillaise à pétanque, der<br />

größte Boule-Wettkampf der Welt<br />

Geschichte – Tromelin, Die Insel<br />

der vergessenen Sklaven<br />

Yacine Aït Kaci – Der Vater von<br />

Elyx, des Botschafters der guten<br />

Laune<br />

David Ken – Der Fotograf, der das<br />

Glück fotografiert<br />

Verkehr – Paris: das Tauziehen um<br />

die Umwandlung des Seine-Ufers<br />

in eine Fußgängerzone geht weiter<br />

Geschichte: Die Johnnies, die<br />

Lieblingsfranzosen der Engländer<br />

Frauen und Männer, die sich<br />

für die deutsch-französische<br />

Freundschaft einsetzen:<br />

Barbara Barberon-Zimmermann,<br />

Mitbegründerin des deutschfranzösischen<br />

Kulturfestivals<br />

arabesques<br />

Brexit: Wie denken Briten, die in<br />

Frankreich leben, darüber?<br />

Fußball – Euro 2016: 10 Stadien<br />

warten auf die Fussballfans<br />

Integration – die Schwächen des<br />

französischen Systems<br />

Erfolgsgeschichten aus<br />

Frankreich –<br />

Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />

Geschichte – 300. Todestag<br />

von Ludwig XIV. in Versailles:<br />

Begräbnisrituale leben länger als<br />

Könige<br />

Gesellschaft – Hinter den<br />

Kulissen des CROSS Corsen.<br />

Erinnerungskultur – Passen<br />

Gedenken und Tourismus<br />

zusammen?<br />

EU-Hauptstadtjahre: 2013 –<br />

Nantes und Marseille werden<br />

europäische Hauptstädte<br />

Winterschlussverkauf – Der<br />

andere Wintersport<br />

Simone Hérault – Die Stimme<br />

Frankreichs<br />

Berühmtheiten – Die 100<br />

bekanntesten Franzosen<br />

Frankreichbild – Frankreichs<br />

Image in der Welt<br />

Académie Française – Die<br />

Unsterblichen, die 40 Wächter der<br />

französischen Sprache<br />

Der Präfekt – Lebendes Symbol<br />

des Zentralismus<br />

Tourismus – Trends für den<br />

Winterurlaub 2011/12<br />

Gardienne – Félisa, Gardienne<br />

in Paris<br />

Kunst & Kultur<br />

68<br />

67<br />

63<br />

63<br />

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62<br />

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60<br />

59<br />

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39<br />

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39<br />

38<br />

36<br />

36<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Literatur – Michel Houellebecq: 82<br />

der Porträtist des Hexagons<br />

Kultur – Die andere Seite von 81<br />

Victor Hugo: der Zeichner<br />

Interview – "Der Doppelgänger": 81<br />

30 Jahre deutschsprachige<br />

Literatur in Frankreich<br />

Kultutrerbe – Der Wandteppich 80<br />

von Bayeux soll wieder in altem<br />

Glanz erstrahlen<br />

Kultur / Comic (5) – Interview: 79<br />

Richard Malka, Anwalt und<br />

Comicautor<br />

Ungewöhnliche Geschichten aus 78<br />

Frankreich –<br />

Alexandre Dumas: Wie der Vater,<br />

so der Sohn<br />

Kultur / Comic (4) – Cent mille 78<br />

ans: Bure ou le scandale enfoui des<br />

déchets nucléaires<br />

Portrait - Jean-Yves de Groote, 77<br />

Herausgeber von Ecoute<br />

Enthüllung –Das Geheimnis um<br />

Van Goghs letztes Bild gelüftet<br />

Preise – Tyll Peters: ein junger<br />

Deutscher erhält Preis von Charlie<br />

Hebdo<br />

Kultur / Comic (3/3) – Marco Rizzo<br />

und Lelio Bonaccorso – À bord de<br />

l’Aquarius<br />

Kultur / Comic (2/3) – Inès Léraud<br />

und Pierre Van Hove: Algues<br />

vertes, l’histoire interdite<br />

Kultur / Comic (1/3) – Nora<br />

Krug: Heimat, ein deutsches<br />

Familienalbum<br />

Kultur – Amüsante Geschichten<br />

rund um die französische<br />

Nationalhymne «La Marseillaise»<br />

Kultur – Festival de Piano de La<br />

Roque d’Anthéron<br />

Geschichte – Der Neandertaler:<br />

Unser Urahn erhält ein neues<br />

Image<br />

Portrait – Auf den Spuren von<br />

Jacques Prévert<br />

Sprache – Aussprache,<br />

Kartografie eines Systems à la<br />

française<br />

Kultur – 1977-2017: Centre<br />

Pompidou, 40 Jahre und immer<br />

noch überraschend<br />

Musik: Das unglaubliche<br />

Vermächtnis von Maurice Ravel<br />

Götz Alsmann – Götz Alsmann<br />

in Paris<br />

Museen – Frankreichs Museen auf<br />

der Überholspur<br />

ST-ART – Eine Kunstmesse<br />

zwischen den Welten<br />

Lebensart<br />

77<br />

76<br />

73<br />

72<br />

71<br />

68<br />

67<br />

67<br />

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64<br />

61<br />

60<br />

46<br />

45<br />

38<br />

<strong>Nr</strong>.<br />

Produkte – "Der<br />

82<br />

Geschichtenerzähler" Lunii<br />

Produkte – Chanel <strong>Nr</strong>.5: ein 81<br />

Mythos wird 100 Jahre alt<br />

Was ist aus Ihnen geworden ? 80<br />

Zurück an die Côte d'Or<br />

Produkte – Meteor: die größte der 80<br />

kleinen Brauereien Frankreichs<br />

Produkte – Briefkästen für<br />

79<br />

Frankreichliebhaber "Made in<br />

Alsace"<br />

Produkte – Parapluie de<br />

78<br />

Cherbourg<br />

Produkte – Die Künstlerfarben 77<br />

Lefranc Bourgeois<br />

Produkte – Das gelbe Oelzeug von 76<br />

Guy Cotten<br />

Produkte – La Hulotte, «das 74<br />

meistgelesene Magazin im<br />

Tierbau»<br />

Produkte – Les Herbes de<br />

71<br />

Provence<br />

Produkte – Das<br />

70<br />

Gemüsepassiergerät aus Edelstahl<br />

namens Moulinex<br />

Produkte – Le Livre de Poche: 69<br />

eine kulturelle Revolution<br />

Produkte – Châteldon:<br />

68<br />

der Champagner unter den<br />

französischen Mineralwässern<br />

Produkte – Revolution in Sachen 67<br />

Aperitif!<br />

Produkte – Les boules Quies 66<br />

Produkte – Die Zitronenpresse 65<br />

aus Glas von Luminarc<br />

Produkte – La Pléiade 64<br />

Produkte – Das Salz La Baleine 63<br />

Produkte – Das Papier d’Arménie 62<br />

Produkte – Der gelbe Briefkasten 61<br />

der Post<br />

Produkte – Der Bistrostuhl<br />

60<br />

« Drucker »: zeitlos und pariserisch<br />

Produkte – Bol à prénom 59<br />

Produkte – Eau de Javel 58<br />

Produkte – Sophie la girafe 57<br />

Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43


ART DE VIVRE Rezept<br />

Wanderer wissen nur zu gut, dass die Heidelbeer-Tarte in einigen<br />

Bergregionen Frankreichs ein beliebtes Dessert ist. Ich persönlich<br />

mag die einfachste Version am liebsten, so, wie man sie normalerweise<br />

in den Vogesen bekommt. Dort wird sie auch Tarte aux<br />

brimbelles genannt, nach dem Namen, den man dem « schwarzen<br />

Gold » der Region, den wilden Heidelbeeren, gegeben hat. In<br />

den Vogesen werden Heidelbeeren in der Regel von Mitte Juni<br />

bis Mitte Juli geerntet, allerdings ist das Sammeln mittlerweile so<br />

beliebt, dass es inzwischen oftmals reglementiert ist. Doch das<br />

ist kein Problem, denn heutzutage erhält man im Handel frische<br />

Kulturheidelbeeren, mit denen man diese Tarte ebenso gut zubereiten<br />

kann. Ein Genuss für Groß und Klein! Bon appétit!<br />

Tarte aux<br />

myrtilles<br />

Für 6 Personen • Zubereitung: ca. 15 Minuten • Backzeit: ca. 45 Minuten<br />

92 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Zutaten:<br />

Mürbeteig:<br />

300 g Mehl<br />

150 g in Würfel geschnittene Butter<br />

½ TL Salz<br />

3-4 EL Zucker<br />

Etwas Wasser<br />

Belag:<br />

700 g frische Heidelbeeren<br />

150 g Löffelbiskuits<br />

120 g Zucker<br />

Zubereitung:<br />

• Für den Mürbeteig Mehl, Salz und<br />

Zucker in einer Schüssel mischen,<br />

Butter durch leichtes Kneten<br />

mit den Fingerspitzen schnell<br />

einarbeiten. Etwas Wasser (nicht<br />

zu viel!) zugeben und zu einem<br />

homogenen Teig verarbeiten.<br />

• Teig auswellen und eine gebutterte<br />

Tarteform damit auslegen. Teig<br />

mit einer Gabel einstechen und<br />

die Form für zehn Minuten in<br />

den Tiefkühlschrank stellen.<br />

• Währenddessen Löffelbiskuits<br />

grob zerbröseln. Sie nehmen den<br />

beim Backen entstehenden Saft<br />

der Heidelbeeren auf, sodass<br />

der Teig schön knusprig wird.<br />

Heidelbeeren mit dem Zucker in<br />

einer Schüssel mischen. Sobald<br />

der Teig aus dem Tiefkühlschrank<br />

kommt, zuerst die Brösel, dann die<br />

gezuckerten Beeren gleichmäßig<br />

auf dem Teigboden verteilen.<br />

• Im auf 180-200 Grad vorgeheizten<br />

Ofen 45 Minuten backen.<br />

• Auf einem Gitter auskühlen lassen.<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 93


ART DE VIVRE Produkt<br />

Serie: Typisch französische Produkte (33)<br />

Louit Frères<br />

Der besondere Senf im kleinen Fass<br />

Denkt man an Senf, fallen einem unweigerlich Burgund<br />

und die « Hauptstadt des Senfs » Dijon (Côte<br />

d‘Or) ein. Die Stadt kann sich zu Recht an die<br />

Fahnen heften, dieses Würzmittel in der ganzen Welt bekannt<br />

gemacht zu haben. Allerdings haben sich inzwischen<br />

internationale Konzerne der Rezeptur bemächtigt und<br />

produzieren und vermarkten skrupellos einen Senf, der –<br />

abgesehen vom Namen auf dem Etikett – nicht mehr viel<br />

mit dem Moutarde de Dijon zu tun hat. Das Versäumnis, die<br />

Herkunftsbezeichnung nicht rechtzeitig geschützt zu haben,<br />

rächt sich also, wie man in Dijon schmerzlich erfahren<br />

muss. Dennoch gibt es immer noch « echten Dijon-Senf »,<br />

denn einige Produzenten halten hartnäckig an der altüberlieferten<br />

Rezeptur fest. Vielleicht haben Sie unseren Artikel<br />

in der Ausgabe 72 von Frankreich erleben über das Familienunternehmen<br />

Fallot gelesen, das in der Nähe von<br />

Dijon seit 1840 einen außergewöhnlichen Senf produziert<br />

(Moutarde Fallot: ein Senf mit Tradition und einem einzigartigen<br />

Geschmack): mit lokalen Produkten und unter strikter<br />

Einhaltung des traditionellen Verfahrens. Und er verkauft<br />

sich gut, sogar sehr gut. Die Konsumenten schätzen den<br />

authentischen Senf, und das Unternehmen entwickelt sich<br />

nach wie vor sehr erfolgreich, wie wir seit unserem Besuch<br />

immer wieder feststellen konnten. Dank Herstellern wie<br />

Fallot kann sich der echte Senf aus Burgund also gegenüber<br />

industriell erzeugten Konkurrenzprodukten durchaus<br />

behaupten, daran wird sich wohl auch in der Zukunft nicht<br />

so schnell etwas ändern. Was französischen Senf angeht,<br />

gibt es allerdings noch ein anderes Produkt, das sie kennen<br />

sollten. Es handelt sich dabei um einen Senf, dessen Ursprung<br />

überraschenderweise nicht in Dijon, sondern in<br />

Bordeaux liegt. Auch wenn er heute von einem italienischen<br />

Unternehmen in Italien produziert wird, war er in<br />

Frankreich einst ausgesprochen geschätzt, bevor er allmählich<br />

aus den Regalen verschwand. Allerdings haben sich die<br />

Einstellungen und die kulinarischen Gewohnheiten im<br />

Hexagon in der letzten Zeit verändert, und das steigende<br />

Interesse für authentische Produkte lässt auch diesen « anderen<br />

französischen Senf » namens Louit Frères wieder « in<br />

Mode » kommen.<br />

Anhänger dieses rar gewordenen Produktes konnten<br />

sich diese Kehrtwendung gar nicht vorstellen, so kompliziert<br />

war es lange, Senf der Marke Louit Frères in Frankreich<br />

überhaupt zu bekommen. Dies gelang im Wesentlichen<br />

nur noch echten « Fans », die bereit waren, für das<br />

geliebte Würzmittel weite Strecken zu fahren. Der frische<br />

Wind, der dieser Marke jedoch seit einigen Monaten in<br />

Frankreich wieder Aufschwung verleiht, führt dazu,<br />

dass man die kleinen Gläser in der charakteristischen<br />

Form eines Holzfasses – das Markenzeichen von Louit<br />

Frères – erneut in immer mehr Lebensmittel- und Feinkostgeschäften<br />

erhält. Jedes dieser Gläser enthält exakt<br />

130 Gramm – auf keinen Fall mehr! – eines als hervorragend<br />

eingestuften Senfes, den es in sieben Sorten gibt<br />

(à l’ancienne Bio, Rôtisseur, Estragon, Diaphane, Dilora,<br />

Dijon und Poivre vert). Da man für das relativ kleine Glas<br />

immerhin den stolzen Preis von rund vier Euro bezahlt,<br />

handelt es sich dabei um ein « Premium-Produkt », eine<br />

Tatsache, zu der der Hersteller jedoch absolut steht. Das<br />

delikate Aroma des Senfes tendiert dazu, sich schnell zu<br />

verflüchtigen, sobald das Glas einmal geöffnet ist, sodass<br />

man sich bewusst auf die kleine Verpackungsgröße beschränkt.<br />

Doch nicht nur Verpackung, Geschmack und<br />

Preis machen die Originalität dieses Senfes aus, sondern<br />

vor allem sein Ursprung und seine Geschichte.<br />

Alles beginnt 1825 in Bordeaux. Die Entwicklung der<br />

Kolonien und vor allem der Sklavenhandel haben den Hafen<br />

der Stadt zu einem wichtigen Warenumschlagplatz für<br />

exotische Produkte gemacht. Dazu gehört auch Kakao,<br />

ein besonders beliebtes Produkt. Paul Louit, Händlersohn<br />

und ehemaliger Offizier der kaiserlichen Armee, erkennt<br />

schnell das wirtschaftliche Potenzial dieser neuen Ware.<br />

Er gründet eine Schokoladenfabrik, deren Erfolg es ihm<br />

ermöglicht, schrittweise auch andere Lebensmittel zu vermarkten.<br />

Nach Pauls Tod führen seine Witwe und seine<br />

beiden Söhne, Emile und Edouard, das Unternehmen<br />

weiter und diversifizieren erneut das Produktangebot.<br />

Inzwischen vertreiben sie auch Tee, Nudeln, Fisch- und<br />

Gemüsekonserven sowie Tapioka. Gleichzeitig bauen sie<br />

die bereits vielversprechend lancierte Produktion von Senf<br />

94 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


weiter aus. Die Entwicklung des Unternehmens ist rasant,<br />

und innerhalb weniger Jahre ist der Schokoladen- und<br />

Senfhersteller Louit Frères das bedeutendste Unternehmen<br />

im Südwesten Frankreichs. 1880 wird in Bordeaux<br />

eine riesige moderne Fabrik gebaut, 1895 eröffnet man im<br />

Großraum Paris ein großes Verkaufslager, um sich den<br />

Kunden aus der Hauptstadt anzunähern.<br />

Schnell reisst man sich in gehobenen Restaurants um<br />

den Senf von Louit Frères. Sogar an Bord der Titanic<br />

wird er verzehrt. Besonders beliebt sind die Sorten Dijon<br />

(scharf), Dilora (mild) und Diaphane (aromatisiert). Letztere<br />

ist von Anfang an die bekannteste. Neben Weinessig und<br />

Senfkörnern enthält dieser Senf auch Kapern, Karotten,<br />

Blumenkohl, Gurken, Zwiebeln, Oliven und Sardellen.<br />

Abgesehen vom kulinarischen Erfolg, zeigen sich die Brüder<br />

Louit jedoch auch sehr innovativ, was den Aufbau ihrer<br />

Marke angeht. Um die Bekanntheit der Produkte zu verbessern,<br />

kommen sie auf die Idee, ein Verkaufs- und Distributionsnetz<br />

aufzubauen und Vertreter auszubilden, die<br />

ganz Frankreich bereisen. In den 1920er-Jahren gehören sie<br />

zu den ersten, die sich für Werbung interessieren: Sie lassen<br />

Plakate und Postkarten drucken und schalten Anzeigen in<br />

Zeitungen, um die Marke bekannt zu machen.<br />

Angesichts der steigenden Bekanntheit werden einige<br />

Produkte bald exportiert. Vor allem der Senf stößt im<br />

Norden Italiens sehr schnell auf großen Zuspruch. Leider<br />

bereitet der Zweite Weltkrieg der rasanten Entwicklung<br />

des Unternehmens ein brutales Ende. Aufgrund mangelnder<br />

Rohstoffe wird die Schokoladenproduktion 1942<br />

eingestellt, während für die Herstellung des Senfs eine<br />

Lizenz an ein italienisches Unternehmen in der Nähe von<br />

Genua vergeben wird. Dieses bezieht jedoch seine Rohstoffe<br />

weiterhin aus Frankreich. 1957 lösen die Erben von<br />

Louit das Unternehmen offiziell auf. Die Senfmarke Louit<br />

Frères gehört nach mehreren Wechseln heute zu Pucci,<br />

einem bedeutenden italienischen Unternehmen, das seit<br />

mehr als 80 Jahren in der Lebensmittelindustrie tätig ist.<br />

Zur großen Freude vieler Franzosen, die mit dem Senf<br />

Erinnerungen an ihre Kindheit verbinden, produziert<br />

Pucci auch heute noch den Senf Louit Frères.<br />

In dieser Serie werden Produkte vorgestellt,<br />

die sich in fast jedem französischen Haushalt<br />

befinden oder die für viele Franzosen kleine<br />

Nationalheiligtümer sind. In den letzten<br />

Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und<br />

Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse<br />

(<strong>Nr</strong>. 52), Orangina (<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser<br />

(<strong>Nr</strong>. 54), Messer (<strong>Nr</strong>. 55), L’école des loisirs<br />

(<strong>Nr</strong>. 56), Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel<br />

(<strong>Nr</strong>. 58), Bol à prénom (<strong>Nr</strong>. 59), Bistrostuhl<br />

« Drucker » (<strong>Nr</strong>. 60), der gelbe Briefkasten<br />

der Post (<strong>Nr</strong>. 61), Papier d’Arménie (<strong>Nr</strong>. 62),<br />

Salz La Baleine (<strong>Nr</strong>. 63), Literatursammlung<br />

La Pléiade (<strong>Nr</strong>. 64), Zitronenpresse aus Glas<br />

von Luminarc (<strong>Nr</strong>. 65), Boules Quies (<strong>Nr</strong>. 66),<br />

Ricard aux plantes fraîches (<strong>Nr</strong>. 67), Eau de<br />

Châteldon (<strong>Nr</strong>. 68), Le Livre de Poche (<strong>Nr</strong>.<br />

69), Gemüsepassiergerät Moulinex (<strong>Nr</strong>. 70),<br />

Herbes de Provence (<strong>Nr</strong>. 71), Cacolac (<strong>Nr</strong>. 72),<br />

L’Image d’Épinal (<strong>Nr</strong>. 73), La Hulotte, « das<br />

meistgelesene Magazin im Tierbau » (<strong>Nr</strong>. 74),<br />

Savon de Marseille (<strong>Nr</strong>. 75), das gelbe Ölzeug<br />

von Guy Cotten (<strong>Nr</strong>. 76), die Künstlerfarben<br />

Lefranc Bourgeois (<strong>Nr</strong>. 77), der Parapluie de<br />

Cherbourg (<strong>Nr</strong>. 78), der Briefkasten « Made in<br />

Alsace » für Frankreichfans (<strong>Nr</strong>. 79), Meteor,<br />

die größte der kleinen Brauereien Frankreichs<br />

(<strong>Nr</strong>. 80), Chanel N°5, die berühmteste<br />

Nummer in der Welt der Düfte (<strong>Nr</strong>. 81) und<br />

Lunii, « der Geschichtenerzähler » (<strong>Nr</strong>. 82).<br />

Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong> · 95


GUÉWEN A TESTÉ<br />

… Was ist ein « Trou normand »?<br />

Das Trou normand, wörtlich übersetzt das « normannische<br />

Loch », ist eine Institution in Frankreich! Es handelt sich dabei<br />

um eine sehr alte kulinarische Praxis, die man vor allem im<br />

Rahmen eines festlichen – und umfangreichen – Mahls, zum<br />

Beispiel bei einer Hochzeit, findet. Während eines solchen<br />

mehrgängigen Essens trinkt man in diesem Fall zwischen zwei<br />

Gängen ein kleines Gläschen eines normannischen Obstbrandes:<br />

einen Calvados.<br />

Wozu dient das?<br />

Ich gestehe, dass ich mir diese Frage selbst gestellt habe, als man mir das erste Mal<br />

ein Trou normand anbot. Im Gegensatz zu mir schien die Sache für alle anderen<br />

Gäste am Tisch klar zu sein. Meine Tischnachbarn erklärten mir dann, dass es für<br />

die Verdauung nichts Besseres gäbe: Calvados ist immerhin eine Spirituose mit<br />

einem Alkoholgehalt von 40 bis 45 % vol. Ihrer Meinung nach würde der enthaltene<br />

Alkohol die Verdauung fördern. Ich gestehe, dass ich diese Erklärung<br />

im ersten Moment als Ausrede einstufte, um den zusätzlichen Alkoholgenuss<br />

zu rechtfertigen. Eine Vermutung, die sich bei Überprüfung im Übrigen<br />

bestätigte: Mediziner sind der einhelligen Meinung, dass die Annahme,<br />

Alkohol würde bei der Verdauung helfen, wahrlich eine Legende ist. Im<br />

Gegenteil: Alkohol stört die Verdauung<br />

sogar eher. Insofern hat das Trou normand<br />

im Grunde genommen lediglich « einen<br />

Nutzen » in Bezug auf die Geselligkeit …<br />

Woher kommt diese Tradition?<br />

Sie breitete sich im 17. und 18. Jahrhundert<br />

aus, in einer Zeit, in der man anlässlich großer<br />

Mahlzeiten gewöhnlich die Tradition der<br />

sogenannten trois coups respektierte. Damit<br />

sind drei Gläser gemeint, die man im Rahmen<br />

einer reichhaltigen Mahlzeit konsumierte:<br />

Das « Glas zuvor » (le coup d‘avant), das<br />

heute Aperitif genannt wird; das « Glas danach<br />

» (le coup après), heutzutage der Digestif;<br />

und das « Glas in der Mitte » (le coup du milieu),<br />

also dieses « normannische Loch », um<br />

das es hier geht. Da festliche Mahlzeiten in<br />

Frankreich aus vielen Gängen bestehen und<br />

meist sehr lange dauern (drei bis vier Stunden<br />

sind keine Seltenheit), sollten diese drei<br />

96 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


Lassen Sie sich von<br />

uns überraschen!<br />

Sparen Sie<br />

10 %!<br />

Gläser eines starken alkoholischen Getränks das Essen<br />

« verdaulicher » machen. Die Tradition gab es im Übrigen<br />

nicht nur in der Normandie, sondern in ganz Frankreich.<br />

Was trinkt man als « richtiges » Trou normand?<br />

Ich habe festgestellt, dass man in der Regel beim « Glas<br />

in der Mitte » eine regionaltypische Spirituose trinkt,<br />

das kann beispielsweise ein Cognac, ein Armagnac<br />

oder ein Obstbrand sein, je nachdem, wo man sich<br />

gerade befindet. Insofern ist es amüsant, wenn einem<br />

Hunderte Kilometer von der Normandie entfernt, ein<br />

Trou normand angeboten wird. Dennoch ist festzuhalten,<br />

dass das echte Trou normand, das man beispielsweise<br />

in einem Restaurant erhält, normalerweise aus einem<br />

alkoholischen Getränk aus der Normandie besteht.<br />

Gibt es diese Tradition nach wie vor?<br />

Während der Aperitif und – im geringeren Maße – der<br />

Digestif nach wie vor zu einem französischen Essen<br />

gehören, ist dies beim Coup du milieu immer weniger der<br />

Fall. Heute bietet man das Getränk noch in manchen<br />

Restaurants – vorwiegend in sternengekrönten – in einer<br />

etwas « leichteren » Ausführung an.<br />

Dieses Trou normand der « neuen<br />

Art » besteht oft aus einem Apfelsorbet,<br />

das mit Calvados begossen<br />

ist. Nach wie vor soll es die<br />

Verdauung erleichtern und<br />

den Appetit für die folgenden<br />

Gänge anregen. Die Ehre der<br />

Normandie ist somit gerettet!<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

in Situationen wie der jüngeren Vergangenheit<br />

tun Aktivitäten wie Lesen und eventuell sogar<br />

die Vorbereitung des nächsten Frankreichurlaubs<br />

mehr denn je gut.<br />

Abonnieren Sie jetzt für nur<br />

24,90 €<br />

pro Jahr für 4 Ausgaben (Deutschland)<br />

Immer alle Ausgaben dabei: Laden Sie unsere<br />

neue App « Frankreich erleben » bei Google Play<br />

oder im App Store herunter und lesen Sie auch<br />

vergriffene Ausgaben!<br />

Jetzt bestellen: 030 / 42 80 40 40<br />

www.frankreicherleben.de


IMPRESSUM/VORSCHAU<br />

Impressum<br />

Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den Autoren und<br />

Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle anderen Mitarbeiter<br />

zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind keine einzelnen Personen<br />

am Ende eines Artikels hervorgehoben, sondern findet die Nennung im<br />

Impressum statt.<br />

Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

info@frankreicherleben.de · www.frankreicherleben.de<br />

Abonnentenbetreuung & Heftbestellungen:<br />

AVZ GmbH<br />

Storkower Straße 127a · 10407 Berlin<br />

Telefon: +49 (0)30 / 42 80 40 40<br />

Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />

abo@frankreicherleben.de<br />

ISSN: 1861-4256<br />

Gründer des Magazins: Jean-Charles Albert und Markus Harnau<br />

Herausgeber: Jean-Charles Albert<br />

Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />

Redaktionsbüro:<br />

Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />

Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Jean-Julien Bault, Sabine Beck, Guéwen Brown, Chantal Cobac, Martine Doucet,<br />

Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Annaïs Quetsub, Gérard Rival,<br />

Serge Robin, Sabine Schmitt<br />

Layout: Ajc Presse<br />

Anzeigen:<br />

Isabelle Schmidt<br />

Telefon Frankreich: +33 (0)1 75 439 441<br />

Telefon Deutschland: +49 (0)921 44710<br />

ischmidt@frankreicherleben.com<br />

Gültige Anzeigenpreisliste: 19/2021<br />

Druck: westermann DRUCK | pva,<br />

Georg-Westermann-Allee 66, 38104 Braunschweig<br />

Auf dieser Seite ist es bereits wieder Zeit, sich zu verabschieden.<br />

Das ist jedoch kein Grund, traurig zu sein, denn wir sehen uns<br />

bald wieder, genauer gesagt am 16. August <strong>2022</strong>, ab diesem Tag<br />

ist nämlich die nächste Ausgabe von Frankreich erleben im Handel<br />

erhältlich. Es sei denn, Sie hatten die (sehr gute) Idee, das Magazin<br />

zu abonnieren, dann steckt es bereits etwa eine Woche früher bei<br />

Ihnen im Briefkasten.<br />

Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, erhalten Sie im Rahmen<br />

unseres kleinen Spiels einige Hinweise auf zwei Themen der<br />

Herbstausgabe.<br />

Zunächst zwei Fotos:<br />

Vetrieb:<br />

DMV DER MEDIENVERTIEB GmbH & Co. KG. · Meßberg 1 · 20086 Hamburg<br />

Tel: +49 (0)40 3019 1800<br />

Sämtliche Informationen sind nach bestem Wissen und mit Sorgfalt zusammengestellt.<br />

Eine Gewährleistung für die Rich tig keit und Vollständigkeit kann jedoch<br />

nicht über nom men wer den. Der Verlag übernimmt keine Haftung für un ver langte<br />

Ein sen dun gen. Die Redaktion behält sich die Kür zung und Bearbeitung von<br />

Leserbriefen vor. Es gelten die Geschäfts bedingungen des Verlags. Beiträge,<br />

Fotos und gra fische Dar stel lungen sind ur he ber rechtlich geschützt. Nach druck,<br />

auch aus zugs weise, Ver viel fäl ti gung auf foto mecha nischen und anderen Wegen<br />

sowie Nutz ung auf Da ten trägern bedürfen der schrift lichen Zustimmung des<br />

Verlags.<br />

Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut sortierten<br />

Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg und<br />

Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />

Einzelpreise im Handel: 6,90 E (D), 7,60 E (A),<br />

11,90 CHF (CH), 8,10 E (F/L/B/NL), 8,10 E (I)<br />

Abonnement (Preise pro Jahr): 24,90 E (D), 26,90 E (A),<br />

39,90 CHF (CH), alle anderen Länder: 32,90 E<br />

Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich,<br />

die gesetzliche Mehrwertsteuer.<br />

© <strong>2022</strong> Ajc Presse, Bordeaux<br />

Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts, oben nach unten): Titel:<br />

Titel: Serge Robin, Ajc Presse • S.3: Serge Robin, Ajc Presse • S.4: Elodie Cayot, Belfort<br />

Tourisme; Serge Robin, Ajc Presse; Cédric Brown, Ajc Presse, Bergerie Nationale de<br />

Rambouillet, DR; Office de Tourisme et des Congrès de Paris; L. Pascale, Drôme Tourisme;<br />

Nicole Cobac, Ajc Presse; Manolo Mylonas, Musée d’art moderne de Céret • S.6-7: Cédric<br />

Brown, Ajc Presse; Pixabay • S.8-9: Pixabay, Maison Gainsbourg Paris, DR; Pixabay; Serge<br />

Robin, Ajc Presse; S.10-11: Pixabay, Fred Durantet, Ephemera Restaurant • S. 12-13: DR<br />

• S.14-15: Philippe Matsas, Editions Arléa; Jean-Luc Bertini, Actes Sud; Albin Michel, DR;<br />

Francesca Mantovani, Editions Gallimard; Hélène Bamberger, Editions de minuit; Verdier,<br />

DR • S.16: DR • S.17: ARTE, DR • S.18: DR • S.19-20: François Jay, Musée des Beaux-<br />

Arts de Dijon; Serge Robin, Ajc Presse • S.32: DR • S.24-27: Serge Robin, Ajc Presse •<br />

S.28: Cédric Brown, Ajc Presse, DR • S.29: Serge Robin, Ajc Presse, DR • S. 30-34: Cédric<br />

Brown, Ajc Presse; DR, Serge Robin, Ajc Presse • S.36-38: L. Pascale, Drôme Tourisme<br />

• S.39: L. Pascale, Drôme Tourisme; Jb. Fabry, Drôme Tourisme • S.40-44: L. Pascale,<br />

Drôme Tourisme • S.46-49: Bergerie Nationale de Rambouillet, DR • S.50-53: Archives<br />

Nationales, DR • S.54: Bergerie Nationale de Rambouillet, DR • S.56-57: Manolo Mylonas,<br />

Musée d’art moderne de Céret • S.58: Jaume Plensa, Roberto Ruiz, Musée d’art moderne<br />

de Céret • S.60: Adagp, Paris <strong>2022</strong>; Joseph Gibernau / Studio Pyrénées, Succesion<br />

Picasso <strong>2022</strong>; Manolo Mylonas, musée d’art moderne de Céret, Succesion Picasso <strong>2022</strong>;<br />

Service Communication - Mairie de Céret • S.61: Jaume Plensa, Roberto Ruiz, Musée d’art<br />

moderne de Céret; Service Communication - Mairie de Céret • S.62: Pixabay; Joseph<br />

Gibernau / Studio Pyrénées, Succession Miro / Adagp Paris <strong>2022</strong> • S.63: Manolo Mylonas,<br />

musée d’art moderne de Céret • S.64: Service Communication - Mairie de Céret • S. 65:<br />

Manolo Mylonas, musée d’art moderne de Céret • S.66-67: Pixabay • S. 68-69: Elodie<br />

Cayot, Belfort Tourisme • S.70-71: JFL, FGV, Régis Ravegnani, Conseil Départemental du<br />

Territoire de Belfort • S.72-73: JFL, Conseil Départemental du Territoire de Belfort • S.74-75:<br />

Audrey Delattre et Elodie Cayot, Belfort Tourisme; Coucoo Grands Reflets, DR • S. 76: Saype,<br />

Valentin Flauraud, DR • JFL, Conseil Départemental du Territoire de Belfort; Steve Eggleton<br />

- Eventdigital • S.78: Office de Tourisme et des Congrès de Paris • S.79-80: #saccageParis,<br />

DR • S.82-87: Serge Robin et Cédric Brown, Ajc Presse • S.92-93: Nicole Cobac, Ajc Presse<br />

• S.95: Alain Lardière, Ajc Presse • S.96: Serge Robin, Ajc Presse • S.98: Alain Lardière, Ajc<br />

Presse; Cécile Triballier, Charentes Tourisme.<br />

Und dann zwei Hinweise, von denen jeder eine Verbindung zu einem<br />

der Fotos hat.<br />

• Ich bin ein symbolträchtiges Monument in Bordeaux, wurde im<br />

Auftrag von Napoleon I. gebaut und trage dazu bei, die Menschen<br />

zu verbinden. Meine Erbauung war ein wahres Epos, und in diesem<br />

Jahr feiere ich meinen 200. Geburtstag.<br />

• Ich bin ein französischer Fluss mit einer Länge von gut 380 km<br />

und münde in den Atlantik. Nach mir ist auch ein Departement<br />

benannt, und Anhänger des Flusstourismus freuen sich ganz<br />

besonders über meine 21 Schleusen.<br />

Haben Sie alles erraten? Dann können Sie die Antworten überprüfen,<br />

indem Sie die folgenden Begriffe vervollständigen:<br />

_ E P_ _ _ _ E _ I _ _ R _<br />

L _ _ _ A _ E _ T _<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 84 - Herbst <strong>2022</strong><br />

Erscheint am 16. August <strong>2022</strong><br />

98 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>


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Es gibt viele Villen in der Provence, die Sie mieten können.<br />

Doch in diese Villa werden Sie sich verlieben!<br />

Sie genießen eine atemberaubende Aussicht über das weite Tal des Naturparks Lubéron,<br />

nach Gordes, auf die Monts de Vaucluse und den Mont Ventoux. Allein dieser atemberaubende<br />

Panoramablick ist unbezahlbar! Außerdem erreichen Sie in nur wenigen<br />

Minuten zu Fuß den Dorfkern von Roussillon mit seinen Geschäften und Restaurants<br />

und bekommen trotzdem wegen der geschützten Lage der Villa nichts vom Trubel im<br />

Ort mit. Die provenzalische Architektur und die Einrichtung im modernen Design bilden<br />

eine gekonnte Symbiose, die Sie so schnell nicht ein zweites Mal in der Provence finden<br />

werden. Der beheizte Infinity-Pool und 2.600 qm große Garten sind Garant für einen<br />

erholsamen Urlaub. Die Villa verfügt über Platz für bis zu zehn Personen, doch durch<br />

den modularen Grundriss fühlt man sich aber auch zu zweit oder viert nicht zu einsam.<br />

www.provence-living.fr

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