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Nr. 83 - Sommer 2022

Mont Saint-Michel: die Geheimnisse des "Gefängnisbergs" Drôme: die Schönheit der Dörfer Okzitanien: Céret, das "Mekka des Kubismus" Territoire de Belfort: die Stärke der Kleinen

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ON LIT<br />

BIOGRAFIE - REISEBUCH<br />

Marcel Proust am Genfer See<br />

Jürgen Ritte, Insel, 139 Seiten, 14 €, ISBN 978-3458195115<br />

Es war zu erwarten, dass die französischen Buchhandlungen in diesem Jahr anlässlich des 100.<br />

Todestages von Marcel Proust (1871-1922) mit unzähligen, dem Dichter gewidmeten Werken<br />

überschwemmt werden. Von diesen vielen Veröffentlichungen bieten allerdings nur wenige<br />

einen so originellen Ansatz wie dieses kleine Buch im Taschenformat, das in Deutschland<br />

herausgegeben wurde. Geschrieben hat es der deutsche Literaturkritiker und Übersetzer Jürgen<br />

Ritte, der unter anderem Mitbegründer und Vizepräsident der Marcel-Proust-Gesellschaft ist. Die<br />

meisten der in Frankreich erschienenen Werke spielen in Paris oder der Normandie, was insofern<br />

nicht überraschend ist, als sich der Dichter dort bekanntlich gerne aufhielt. Nur wenige wissen<br />

jedoch, dass Proust auch dem Charme von Évian-les-Bains (Haute-Savoie) und dem Genfer See<br />

erlegen war. Und genau dahin nimmt uns dieses Buch mit. Man erfährt, dass Proust nach einem ersten Aufenthalt<br />

dort im September und Oktober 1899 in der Folge regelmäßig die Region besuchte. « In Évian fühlte ich mich noch am<br />

ehesten zu Hause », schrieb er sogar. Jürgen Ritte besuchte die Gegend, recherchierte viel über die Verbindung Prousts<br />

zu ihr und lädt uns ein, mit ihm auf den Spuren des Dichters zu wandeln und selbst nachzuvollziehen, was diesen<br />

an Évian so anzog. Die Verbindung von Stadtbesichtigung, Literatur und Geschichte lässt beim Leser eine Neugier<br />

entstehen, die auch Proust eigen war. Eine universelle Neugier, die unweigerlich Lust zum Reisen weckt. Dabei entdeckt<br />

man auf nicht alltägliche, spannende und zudem reich bebilderte Art nicht nur Marcel Proust (wieder), sondern auch die<br />

Gegend um Évian, der wir in der Ausgabe 71 einen Artikel widmeten (Évian: das Gedächtnis des Wassers).<br />

SPRACHLICHE KURIOSITÄTEN<br />

Andere Länder, andere Sprüche<br />

Michela Tartaglia, mit Illustrationen von Daniele Simonelli,<br />

Originaltitel: Una mela al giorno. Proverbi e modi di dire dal<br />

mondo, aus dem Italienischen von Alexandra Titze-Grabec,<br />

Dumont, 144 Seiten, 18 €, ISBN 978-3<strong>83</strong>2169022<br />

Wenn Sie gerne ins Ausland reisen, beispielsweise nach<br />

Frankreich, ist Ihnen vermutlich bereits aufgefallen, dass es viele<br />

beliebte Redewendungen gibt, die sich von einem zum anderen<br />

Land durch – oftmals lustige – Details unterscheiden und<br />

am Ende doch dasselbe ausdrücken. Dieses Buch nimmt auf<br />

humorvolle Art die französischen, englischen, italienischen und<br />

spanischen Pendants zu 25 in Deutschland sehr gebräuchlichen<br />

Redewendungen unter die Lupe und erläutert gleichzeitig deren<br />

Ursprung in den jeweiligen Ländern. Wenn man in Deutschland<br />

« vom Teufel spricht », bezieht sich der Franzose beispielsweise<br />

auf « den Wolf, von dem man schon den<br />

Schwanz sieht » (quand on parle du loup,<br />

on en voit la queue). Oder während man<br />

in Deutschland nach dem berühmten<br />

« Haar in der Suppe » sucht, fahndet man<br />

in Frankreich « nach kleinem Getier »<br />

(chercher la petite bête). Amüsant ist<br />

auch das französische Gegenstück zum<br />

deutschen Ausdruck « Perlen vor die<br />

Säue werfen », denn jenseits des Rheins<br />

« gibt man den Schweinen Marmelade »<br />

(donner de la confiture aux cochons). Es<br />

lebe Europa!<br />

ROMAN<br />

Was es braucht<br />

in der Nacht<br />

Laurent Petitmangin, Originaltitel:<br />

Ce qu’il faut de nuit, übersetzt aus<br />

dem Französischen von Holger Fock<br />

und Sabine Müller, dtv Verlag, 160<br />

Seiten, 20 €, ISBN 978-3423290128<br />

Mit seinem ersten Roman<br />

hinterließ Laurent Petitmangin in<br />

Frankreich sofort Eindruck. Das Buch<br />

wurde mit mehreren Preisen – unter anderem mit dem<br />

renommierten Prix Femina des lycéens – ausgezeichnet. Es<br />

erzählt mit viel Feingefühl vom vordergründig einfachen<br />

Leben eines Eisenbahners der französischen SNCF, der<br />

nach dem Tod seiner Frau die beiden Kinder alleine<br />

großziehen muss. Der liebevolle und aufmerksame Vater<br />

ist Mitglied der Sozialisten und muss zu seinem Bedauern<br />

erleben, wie einer seiner Söhne sich immer mehr von ihm<br />

entfernt und den örtlichen Rechtsextremen annähert. Die<br />

Ereignisse überstürzen sich, dieses Engagement gipfelt<br />

in einer schrecklichen Tragödie. Kann man seinem Kind<br />

verzeihen, wenn es sich von den Werten, die man ihm<br />

vermittelt hat, abwendet und eine furchtbare Tat begeht?<br />

Das ist eine der wesentlichen Fragen, auf die Laurent<br />

Petitmangin versucht, eine Antwort zu finden. Ein Buch<br />

voller Liebe und Hellsichtigkeit. Schönes Lesevergnügen.<br />

12 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>

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