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Nr. 83 - Sommer 2022

Mont Saint-Michel: die Geheimnisse des "Gefängnisbergs" Drôme: die Schönheit der Dörfer Okzitanien: Céret, das "Mekka des Kubismus" Territoire de Belfort: die Stärke der Kleinen

Mont Saint-Michel: die Geheimnisse des "Gefängnisbergs"
Drôme: die Schönheit der Dörfer
Okzitanien: Céret, das "Mekka des Kubismus"
Territoire de Belfort: die Stärke der Kleinen

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie / Manche<br />

Von der « Bastille des Mers »<br />

zum « Maison centrale »<br />

In den folgenden Jahrzehnten wurde von der Revolutionsregierung<br />

die Bestimmung des Mont Saint-Michel<br />

als Gefängnis wieder aufgegriffen, knapp 300 widerspenstige<br />

Priester, die sich weigerten, den Schwur auf die<br />

Zivilverfassung des Klerus zu leisten, kamen dort hinter<br />

Gitter. Doch erst Napoleon (1769-1821) ließ die Funktion<br />

als « Bastille der Meere » in vollem Umfang wieder<br />

aufleben und nutzte den Ort als Kerker. Durch ihn erhielt<br />

das Gefängnis auf dem Mont eine ganz andere Dimension.<br />

Bisher hatte die königliche Macht – abgesehen<br />

von einigen politischen Häftlingen – im Wesentlichen<br />

bekannte Persönlichkeiten der Aufsicht der Mönche<br />

« unterstellt ». 1811, während des Ersten Kaiserreichs,<br />

wurde die Haftanstalt im Rahmen einer umfassenden<br />

administrativen Reorganisation nach der Revolution in<br />

ein Maison centrale, ein Zentralgefängnis, verwandelt.<br />

Solche Einrichtungen waren Häftlingen vorbehalten,<br />

die lange Strafen verbüßen mussten. So war aus dem Ort<br />

eine neue Art von Gefängnis geworden, in dem Verurteilte<br />

nun ganz « offiziell » inhaftiert und von Aufsehern<br />

und Soldaten einer dort stationierten Einheit bewacht<br />

wurden. Neben dem Mont Saint-Michel wurden noch<br />

andere weitläufige Nationalgüter in Gefängnisse umgewandelt,<br />

beispielsweise die Abbaye de Fontevraud, über<br />

die wir in der Ausgabe <strong>Nr</strong>. 81 von Frankreich erleben berichteten<br />

(Fontevraud, eine Abtei, die ihrer Zeit schon immer<br />

voraus war).<br />

« So gut wie eben möglich »<br />

Aufgrund des kaiserlichen Dekrets von 1811 bevölkerten<br />

also Gefangene und ihre Wächter die Abtei. Und<br />

Arbeiter, denn die Umwandlung des Ortes in ein Zentralgefängnis<br />

war mit einigen Umbaumaßnahmen verbunden.<br />

So wurden die Öffnungen beispielsweise mit Eisengittern<br />

versehen, um Ausbrüche zu vermeiden. Angesichts der beeindruckenden<br />

Zahl an Häftlingen, die man dort einsperrte<br />

(im Durchschnitt 600 Frauen und Männer), wurde schnell<br />

offensichtlich, dass es an Platz fehlte. In der Abtei machte<br />

man sich daher daran, jede noch so kleine Fläche für die<br />

Nutzung als Gefängnis im großen Stil umzubauen. Allerdings<br />

hatte der Staat nicht vor, viel Geld für seine Gefangenen<br />

auszugeben, ganz im Gegenteil. Die meisten Arbeiten<br />

wurden nur notdürftig ausgeführt, zu geringstmöglichen<br />

Kosten. Die Architektur des Ortes oder gar der « Komfort »<br />

Als sich auf dem Mont ein Gefängnis befand, war die Insel sehr isoliert, da es keinen Deich gab. Der Zugang war<br />

von den Gezeiten abhängig und oft sehr gefährlich. Rechte Seite: Die Krypta wurde in jener Zeit als Lagerraum<br />

für Waren für die diversen Werkstätten genutzt, in denen die Gefangenen arbeiten mussten.<br />

30 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>

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