Nr. 83 - Sommer 2022
Mont Saint-Michel: die Geheimnisse des "Gefängnisbergs" Drôme: die Schönheit der Dörfer Okzitanien: Céret, das "Mekka des Kubismus" Territoire de Belfort: die Stärke der Kleinen
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Okzitanien: Céret, das "Mekka des Kubismus"
Territoire de Belfort: die Stärke der Kleinen
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AM TAG ALS …<br />
Es gibt Tage, die anders sind. Sie erscheinen<br />
zunächst ganz « banal », doch dann ereignet<br />
sich etwas, das die Menschen so bewegt,<br />
dass sie sich noch lange daran erinnern.<br />
Über solche Tage, die im Gedächtnis der<br />
Franzosen haften geblieben sind, berichten<br />
wir in dieser Rubrik.<br />
… die Stadt Dijon den<br />
« Trauernden <strong>Nr</strong>. 17 »<br />
zurückerhielt<br />
Auf den ersten Blick sieht man der 42 cm hohen<br />
Skulptur aus Alabaster, die heute im Musée des<br />
Beaux-Arts in Dijon, im Saal mit den Grabmälern<br />
der Herzöge von Burgund zu sehen ist, nichts Besonderes<br />
an. Eine Statuette unter vielen, ist man fast versucht zu sagen,<br />
denn dieser « Trauernde, der seine Tränen zurückhält »<br />
– auch bekannt unter dem verwaltungstechnischen und<br />
viel weniger poetischen Namen Pleurant No 17 – ist nur<br />
eine von 82 kleinen Statuen. Die Pleurants von Dijon gelten<br />
weltweit als Meisterwerke der mittelalterlichen Kunst,<br />
zu ihren Bewunderern zählten bereits Stendhal (17<strong>83</strong>-<br />
1842) und Victor Hugo (1802-1885). Sie schmückten das<br />
Grab Philipps des Kühnen (1342-1404), des ersten Herzogs<br />
von Burgund, sowie die Gräber seines Sohnes, Johann<br />
Ohnefurcht (1371-1419) und dessen Frau Margarete von<br />
Bayern (1363-1424). Dennoch ist es dieser diskrete « Trauernde<br />
<strong>Nr</strong>. 17 » wert, dass man nicht einfach an ihm vorbeigeht,<br />
sondern ihm etwas Aufmerksamkeit schenkt. Seine<br />
Geschichte gleicht einem Epos, in dem große Geschichte<br />
und juristische Rangeleien verwoben sind. Lassen Sie uns<br />
erzählen, wie sich das Ganze abspielte …<br />
Alles beginnt im Mittelalter. Damals ist es Brauch,<br />
dass man verstorbenen illustren Persönlichkeiten die Ehre<br />
erweist, indem man zu Füßen ihrer liegenden Grabfiguren<br />
(den sogenannten Gisants) kleine Statuen aufstellt, die<br />
oft Familienmitglieder oder Ordensgeistlichkeiten repräsentieren.<br />
Es ist eine Art, sie ins Jenseits zu begleiten und<br />
die Trauer um sie aufrecht zu erhalten. Da die Herzöge<br />
von Burgund in jener Zeit am Ende des Mittelalters zu<br />
den mächtigsten Herrschern in Europa gehören, erscheint<br />
es nur logisch, nach ihrem Tod ihre Gisants mit solchen<br />
Statuetten zu dekorieren. Genau aus diesem Grund werden<br />
im Laufe der Zeit in Burgund für die Dekoration der<br />
Grabmäler von Philipp dem Kühnen, seinem Sohn Johann<br />
Ohnefurcht sowie dessen Gemahlin Margarete von<br />
Bayern insgesamt 82 Skulpturen geschnitzt.<br />
Hätte nicht die Französische Revolution den Lauf<br />
der Dinge und das Schicksal vieler Zeugnisse des Anci-<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>