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Nr. 83 - Sommer 2022

Mont Saint-Michel: die Geheimnisse des "Gefängnisbergs" Drôme: die Schönheit der Dörfer Okzitanien: Céret, das "Mekka des Kubismus" Territoire de Belfort: die Stärke der Kleinen

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UNTERWEGS IN FRANKREICH Okzitanien / Pyrénées-Orientales<br />

Kirschen, das « rote Gold » von Céret<br />

Sie heißen Burlat, Bigalise und Folfer.<br />

Diese Kirschsorten haben neben<br />

der Kunst nicht unwesentlich<br />

zum Renommee von Céret<br />

beigetragen. Das liegt nicht<br />

nur daran, dass sie köstlich<br />

schmecken, sondern vor allem<br />

daran, dass es frühreife Sorten sind, nämlich die<br />

ersten Kirschsorten, die im Frühjahr in Frankreich<br />

verkauft werden. Sie werden traditionell in Céret<br />

und im Vallée du Vallespir angebaut, wo die<br />

klimatischen Bedingungen ideal sind. Ab April<br />

werden die frühreifen Kirschen geerntet und auf<br />

Märkten in ganz Frankreich sehnsüchtig erwartet,<br />

da sie als wohlschmeckende Vorboten des<br />

<strong>Sommer</strong>s gelten. Seit 1932 will es die Tradition,<br />

dass jedes Jahr eine Kiste mit Kirschen aus Céret<br />

direkt an den französischen Staatspräsidenten<br />

in den Élysée-Palast geschickt wird. Seit 2020<br />

erhält der Premierminister dasselbe Geschenk,<br />

vielleicht, weil er neidisch war, die Spezialität nicht<br />

selbst symbolisch vor den Kameras verkosten<br />

zu dürfen … Auf jeden Fall ist es eine originelle<br />

und sympathische Art, die Werbetrommel für<br />

diese Früchte zu rühren, auf die die Obstbauern<br />

in den Pyrénées-Orientales sehr stolz sind. Dies<br />

gilt umso mehr in diesem Jahr, da Frostnächte im<br />

April einen Teil der Ernte zunichtemachten und<br />

die ersten Kirschen aus Céret daher erst Mitte Mai<br />

erhältlich sein werden.<br />

dass er zahlreiche Künstler in Montmartre und Montparnasse<br />

kennt. In Barcelona lernt er Pablo Picasso (1881-1973) kennen<br />

und freundet sich mit ihm an. Manolo ist unter anderem vom<br />

Maler und Bildhauer Aristide Maillol (1861-1944) fasziniert,<br />

der wiederum in Banyuls-sur-Mer lebt. Als er diesen besucht,<br />

findet er an der Region Gefallen und lässt sich 1910 im nicht<br />

weit von Banyuls entfernten Ort Céret nieder. Manolo erliegt<br />

sprichwörtlich dem Charme und vor allem dem Licht der Stadt.<br />

Schnell entstehen unzählige Bilder, Zeichnungen, Aquarelle<br />

und Skulpturen aus Ton und Bronze, die vom lokalen Leben<br />

geprägt sind und von denen heute eine umfangreiche Sammlung<br />

im Museum zu sehen ist. Es dauert nicht lange, bis Manolo<br />

zunächst Picasso, dann seine zahlreichen Künstlerfreunde<br />

nach Céret einlädt. Picasso besucht 1911 erstmals den Ort und<br />

verliebt sich ebenfalls sofort in ihn. Von 1911 bis 1914 verbringt<br />

er jeweils den <strong>Sommer</strong> in Céret und kehrt in den 50er-Jahren<br />

erneut hierher zurück. Selbstverständlich bleibt seine Anwesenheit<br />

bei den Bewohnern nicht unbemerkt. Angefangen vom berühmten<br />

Affenweibchen, das dem Künstler fast auf Schritt und<br />

Tritt folgt, bis hin zu seinen zahlreichen Geliebten: Er erregt<br />

zwangsläufig die Aufmerksamkeit der Menschen. Obwohl diese<br />

ihn oft als Sonderling bezeichnen, beginnen sie bald, ihn zu<br />

schätzen. Man muss wissen, dass der Künstler im Ort für beachtlichen<br />

Umsatz sorgt – vor allem in Cafés und Restaurants,<br />

in denen er gerne in Begleitung seiner zahlreichen Freunde zum<br />

Essen und Trinken einkehrt. Noch heute erinnern viele Exponate<br />

im Museum an die enge Verbindung zwischen dem Dorf<br />

und Picasso.<br />

Eine tiefgreifende<br />

Umwälzung in der Malerei<br />

Picasso entwickelt sich schnell zum Botschafter<br />

für Céret. Aufgrund seiner vielen<br />

Kontakte dauert es nicht lange, bis man<br />

überall im Ort bekannte Künstler sieht,<br />

allen voran Georges Braque (1882-1963).<br />

Schnell finden die beiden umtriebigen<br />

künstlerischen Wegbereiter in Céret kreative<br />

Inspirationen: Im Schatten von Platanen<br />

malen sie 1911 unermüdlich zahlreiche Bilder,<br />

die sich heute zum Großteil im Musée<br />

national Picasso und im Musée national<br />

d’Art moderne in Paris sowie im New Yorker<br />

Museum of Modern Art befinden. Alle<br />

gelten als Meisterwerke des Kubismus und<br />

sind Ausdruck einer tiefgreifenden Umwälzung<br />

in der Malerei, die sich im Laufe der<br />

Jahre kontinuierlich fortsetzt. 1913 entwickelt<br />

Picasso in Céret gemeinsam mit Max<br />

Jacob (1876-1944) die von Braque initiierte<br />

Technik der Papiers collés weiter. Zu diesem<br />

Zeitpunkt hat der Ort bereits einen gewissen<br />

Ruf erworben, der sich in der Folge in<br />

der ganzen Welt herumspricht.<br />

62 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2022</strong>

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