Inspiration Nr 02- 2024
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N o <strong>02</strong> | 2<strong>02</strong>4<br />
Das Bergsportmagazin<br />
<strong>Inspiration</strong><br />
Wegweiser Expert Gipfeltreffen<br />
Bouldern im Tessin: Die<br />
schönsten Probleme der Welt<br />
Aktuelle Sicherungsgeräte:<br />
Alle ziehen an einem Strang<br />
Von K2, Breithorn und anderen<br />
Barrieren: Nicole Niquille
Zustieg<br />
ZODIAC TECH GTX<br />
ALL DAY GUIDING.<br />
Der Gipfel der Technik<br />
Zu Beginn der Sommersaison steht die bewusste Keller-Inventur. Dann zeigt sich, wer<br />
seine Sommerausrüstung gut gepflegt in den Winterschlaf verabschiedet hat, oder<br />
wer erst noch den letzten Herbstdreck von den Bergschuhen bürsten muss. Bei mir<br />
persönlich kann, offen gestanden, beides vorkommen. Wobei so manches Teil ja auch<br />
im Winter seinem Zweck dienen darf, denn der Einsatz der Bergsportprodukte wird<br />
immer vielseitiger. Ich finde sogar: Die Freiheit auf Bergtouren ist zu einem Teil abhängig<br />
von der mitgeführten Material-Qualität. Gut also, gibt es heute eine riesige Auswahl<br />
davon am Markt. Es ist deshalb unser grosser Anspruch, daraus die leistungsfähigsten<br />
Produkte der Top-Marken zu Spitzenqualität und fairsten Preisen für alle<br />
Bergsport-Begeisterten auszusuchen.<br />
Unser Jubiläumsjahr erinnert zusätzlich daran, wie schnell die Entwicklung in<br />
den vergangenen fünf Jahrzehnten vorangetrieben wurde. Ist das schon der Gipfel<br />
der Technik? Eine Frage, auf die es wohl nur individuelle Antworten gibt – was aber<br />
nicht heisst, dass man diese alleine finden muss. Wir beraten Sie in dieser Ausgabe<br />
mit Experten-Tipps zu den zwei wichtigen Themen Wanderrucksäcke (S. 20) und Sicherungsgeräte<br />
(S. 34).<br />
«Freiheit in den Bergen geht<br />
über individuell abgestimmtes Material.<br />
Alt ist nicht immer schlecht, neu ist<br />
nicht immer besser – passen muss es.»<br />
Trekking- und Bergschuh zugleich, der<br />
Bergführer und Bergretter durch seine<br />
aussergewöhnliche Vielseitigkeit beeindruckt,<br />
geeignet für halbautomatische Steigeisen<br />
und in der Lage, auch schwieriges und<br />
anspruchsvolles alpines Gelände sicher zu<br />
bewältigen.<br />
Sorgfältig ausgewählt und gut eingesetzt können Kletter-, Berg- oder Wanderschuhe<br />
– ebenso wie Klettermaterial oder hochwertige technische Textilien – den Weg auf<br />
vielen Touren und viele Gipfel ebnen. Wir unterstützen Sie dabei, die Funktionen zu<br />
überprüfen, die Ausrüstung zu ergänzen, zu ersetzen oder eine Reparatur durchzuführen.<br />
Nehmen Sie sich Zeit, uns zu besuchen. Wir freuen uns auf Sie und helfen<br />
Ihnen, rechtzeitig für den Sommerstart für alle Bergsport-Disziplinen bereit zu sein.<br />
Herzlichst,<br />
Thomas Morand<br />
CEO Bächli Bergsport AG<br />
NEWROCKSPORT.CH<br />
2<br />
1
Inhalt<br />
Wegweiser<br />
N o <strong>02</strong><br />
2<strong>02</strong>4<br />
ARC‘TERYX<br />
FAVOURITES<br />
Aussicht<br />
Die schönsten Seiten der Berge ................................................... 4<br />
3 x 3<br />
Produktneuheiten und Bergsport-News ..................................... 8<br />
Wegweiser<br />
Im wilden Osten: Maloja – Soglio ................................................. 12<br />
Bouldern im Tessin ....................................................................... 26<br />
Maloja – Soglio<br />
Mit zwei Biwaks von Maloja nach Soglio. Da ist wenig<br />
los und viel zu entdecken: zum Beispiel märchenhafte<br />
Murmeltierzähne und eine Treppe, die Schweizer<br />
Behörden jubeln lässt. Über allem aber steht die<br />
Frage, wie weit man eine Tour vorab per Karte planen<br />
kann – und ob man das überhaupt sollte.<br />
12<br />
Expert<br />
Wanderrucksäcke .......................................................................... 20<br />
Sicherungsgeräte ......................................................................... 34<br />
Gipfeltreffen<br />
Nicole Niquille ................................................................................ 40<br />
40<br />
Gipfeltreffen<br />
Partnercheck<br />
Schuhhersteller AKU im Porträt ................................................ 46<br />
Ausstieg<br />
Papa Prantl: Soll man noch Skifahren lernen? ........................ 48<br />
MEHR ENTDECKEN<br />
Titelseite: Unterwegs auf der Via<br />
Alta Idra, die in zwölf Etappen<br />
vom Nufenenpass zum Lago<br />
Maggiore führt. Wer dort noch<br />
nicht genug hat, kann die Via Alta<br />
Verzasca anhängen.<br />
Foto Dan Patitucci<br />
Nicole Niquille<br />
Nicole Niquille war die erste Bergführerin mit<br />
Schweizer Pass und an den höchsten Bergen der Welt<br />
aktiv. Seit einem Unfall vor genau 30 Jahren sitzt<br />
sie im Rollstuhl. Im Interview spricht sie über modernes<br />
Höhenbergsteigen, Barrierefreiheit am Berg und<br />
im Alltag – und warum das Breithorn für sie heute<br />
schöner ist als früher.<br />
2<br />
3
Aussicht<br />
Freundschaft,<br />
in Stein<br />
gemeisselt<br />
Eine klassische Erstbegehung an der<br />
Cima Scotoni – die zum Feinsten gehört,<br />
was das Kletterparadies Dolomiten zu<br />
bieten hat – das war der Traum des Österreichers<br />
Gerry Fiegl. An der Seite von<br />
Simon Gietl wollte er ihn sich erfüllen,<br />
Gietl versprach es ihm. Doch von einer<br />
Expedition zum Nilgiri South im Jahr 2015<br />
sollte Fiegl nicht zurückkehren. Gietl ging<br />
der Traum seines Freundes nicht aus dem<br />
Kopf. Und auch nicht sein Versprechen:<br />
Ohne Bohrhaken, vor allem aber ohne<br />
Seilpartner arbeitete Gietl über drei Jahre<br />
an jener Linie durch die Scotoniwand,<br />
die Fiegl entdeckt hatte. 21 Seillängen mit<br />
Schwierigkeiten bis zum unteren zehnten<br />
Grad standen am Ende zu Buche. Eine in<br />
Stein gemeisselte Hommage – und der<br />
Routenname «Can you hear me?» zugleich<br />
ein stummer Schrei nach dem verlorenen<br />
Freund. Die erste freie Rotpunktbegehung,<br />
zusammen mit Andrea Oberbacher, war<br />
dann der Schlussstrich unter Gietls vielleicht<br />
innigstes Projekt: «Die Antwort auf<br />
die Route lautet Ja. Wir waren uns sicher,<br />
dass uns Gerry hören konnte.»<br />
Cima Scotoni, 2874 m<br />
«Can you hear me?» (550 m, 21 SL, 10-)<br />
Matteo Mocellin/Storyteller Labs<br />
storyteller-labs.com<br />
4<br />
5
Aussicht<br />
Aussicht<br />
Im Zwischengeschoss<br />
Recht haben sie, diese Wanderer. Dem heissen<br />
Mattertal entflohen, geniessen sie Zvieri<br />
und Aussicht auf halber Höhe: Den Bürgern<br />
von Herbriggen (1260 m) kann man schon<br />
durch die Dachfenster lugen, und für einen<br />
Blick zu den Gipfeln von Lenzspitze, Dom<br />
und Täschhorn muss man zwar nicht mehr<br />
den Kopf in den Nacken legen, aber immer<br />
noch mehr als zweitausend Höhenmeter<br />
aufschauen. Ja, im Wallis kann der Weg weit<br />
sein zwischen den Welten.<br />
Nicht aber für dieses Trio. Denn das<br />
sind ja gar keine Wandersleut‘, sondern<br />
eifrige Trailrunner, die auf der «Via Valais»<br />
von Verbier nach Zermatt hoppeln. Ihr Tagespensum<br />
hat sie bereits auf einer halben<br />
Hochtour von der Turtmannhütte übers<br />
Schöllijoch (3343 m) und seinen Gletscherrest<br />
geführt. Nun dürfen sie lustwandeln,<br />
in der Walliser Beletage zwischen 2700<br />
und 2200 Metern. Dort ist es so schön, dass<br />
selbst Läufer gern innehalten. Weniger<br />
schön ist dann der finale Abstieg nach Randa<br />
– für unsere Weltenwandler dank Leichtgepäck<br />
aber immerhin erträglicher.<br />
Auf der «Via Valais» im Mattertal,<br />
unterhalb des Brunegghorns<br />
Dan Patitucci<br />
patitucciphoto.com<br />
6<br />
7
3 x 3<br />
Bächli startet in die<br />
Sommersaison<br />
Der Sommer 2<strong>02</strong>4 naht und somit auch die vielen<br />
Abenteuer und Erlebnisse in den Bergen. Neue<br />
Wanderwege, Trailrunning-Strecken, Kletterund<br />
Boulderprojekte, Hochtouren, die Sie an Fels<br />
und Eis bringen, oder genussvolle Camping-Erlebnisse<br />
warten auf Sie – und wir begleiten Sie<br />
dabei. Besuchen Sie uns am Freitag, 26. und<br />
Samstag, 27. April 2<strong>02</strong>4 zum Saisonstart und entdecken<br />
Sie die Neuheiten der kommenden Saison.<br />
In all unseren Filialen erwartet Sie zudem ein<br />
Wettbewerb mit attraktiven Preisen. Wir freuen<br />
uns auf Ihren Besuch!<br />
Wann: 26.–27.04.2<strong>02</strong>4<br />
Wo: alle Bächli Bergsport Filialen<br />
baechli-bergsport.ch/saisonstart<br />
Neues aus der Welt<br />
des Bergsports<br />
Aktuelle Produkte aus unserem Sortiment, bevorstehende<br />
Events und News aus der Bergsport-Branche<br />
Ohne Kanten<br />
Das Athletenteam und das R&D Departement<br />
von La Sportiva haben viele Jahre in die Entwicklung<br />
der exklusiven No-Edge-Technologie<br />
investiert – eine Technologie, die schnelles,<br />
intuitives und modernes Klettern unterstützt.<br />
Dank der reduzierten Gummischicht verringert<br />
No Edge den Abstand zwischen Fuss und Oberfläche,<br />
was eine höhere Sensibilität möglich<br />
macht. Auch der Druck auf die Innenseite des<br />
Schuhs wird gleichmässiger verteilt. Die Technologie<br />
maximiert zudem die Kontaktfläche<br />
mit dem Fuss unter allen Bedingungen, sodass<br />
sich der Schuh unregelmässigen Profilen besser<br />
anpassen kann. Im Frühjahr und Sommer<br />
2<strong>02</strong>4 umfasst die No-Edge-Kollektion von La<br />
Sportiva den neuen Mandala sowie die Modelle<br />
Genius, Mantra, Futura und das Kinder-Modell<br />
Gripit. Um die Zusammengehörigkeit der Modelle<br />
auch optisch hervorzuheben, kommen alle<br />
fünf Schuhe in einer gemeinsamen Grundfarbe<br />
sowie einem eigens für die No-Edge-Familie designten<br />
Schuhkarton.<br />
Mit Bächli und<br />
Schöffel auf die Rigi<br />
Beim Kauf der Jacke 2.5L Jacket Vistdal<br />
von Schöffel erhalten Sie ein Bahnbillett<br />
für die Fahrt auf die «Königin der Berge»<br />
gratis dazu. Das Ticket im Wert von 78<br />
Franken berechtigt zur Hin- und Rückfahrt<br />
mit einer der neun Bergbahnen auf<br />
die Rigi. Die Wetterschutzjacke für Damen und<br />
Herren ist in allen unseren Filialen erhältlich. Die<br />
Aktion gilt bis 15.05.2<strong>02</strong>4.<br />
Weitere Infos: baechli-bergsport.ch/<br />
de/highlights/schoffel-highlight<br />
Ticket nach draussen<br />
Auch bei Regen und Wind geschützt unterwegs:<br />
Die 2,5-lagige Regenjacke schliesst mit einem<br />
elastischen Saum am Rücken bündig ab und die<br />
Ärmel lassen sich mit Klettverschlüssen anpassen.<br />
Die Kapuze ist mit einem Schirm verstärkt<br />
und kann über Gummizüge in der Weite reguliert<br />
werden – so behält man auch mit aufgesetzter<br />
Kapuze den Durchblick. Zwei Reissverschlusstaschen<br />
bieten ausreichend Platz, um Taschentücher,<br />
Smartphone oder eine Landkarte trocken<br />
zu verstauen. Bei der wasserdichten Dermizax-Membran<br />
entweicht Wasserdampf nicht<br />
durch Poren, sondern wird von hydrophilen Molekülen<br />
aus dem Inneren der Jacke nach aussen<br />
transportiert. Die Membran besteht aus wiederverwertetem<br />
Polyurethan, das Obermaterial der<br />
Jacke zu 60 Prozent aus pflanzenbasierten Materialien.<br />
2.5L JACKET VISTDAL<br />
SCHÖFFEL<br />
Gewicht: 238 g<br />
CHF 235.–<br />
NO EDGE KOLLEKTION<br />
LA SPORTIVA<br />
Erste Hilfe für unterwegs<br />
Was ist zu tun bei einem Notfall im Gelände? Wir freuen uns, dass wir den<br />
sehr beliebten Outdoor-Workshop auch in diesem Jahr wieder durchführen<br />
können. Auf einer Wanderung gemeinsam mit Rettungssanitäter Simon<br />
Ackermann lernen Sie, wie eine zielführende Erstversorgung massgeblich<br />
zum guten Gelingen bei einem Notfall beitragen kann. Erfahren Sie unter<br />
anderem, welche Verbandstechnik zur Anwendung kommt, wie die Beatmung<br />
funktioniert und wie Sie sich bei medizinischen Notfällen zu verhalten<br />
haben. Nach erfolgreicher Teilnahme erhalten Sie das Zertifikat zum BLS-<br />
AED-SRC Basic Provider, welches für zwei Jahre gültig ist.<br />
baechli-bergsport.ch/erlebnis/events/erste-hilfe-unterwegs<br />
Im Gleichgewicht<br />
Um einen Sturz beim Klettern gut abfangen zu<br />
können, ist ein möglichst geringer Gewichtsunterschied<br />
zwischen den Kletterpartnern hilfreich.<br />
Ist dies nicht der Fall, gleicht das Ohm von Edelrid<br />
diese Unterschiede aus. Es wird vor dem Losklettern<br />
ins Seil eingelegt und an der erste Zwischensicherung<br />
eingehängt. Im Falle eines Sturzes wirkt<br />
es als Vorschaltwiderstand und erhöht die Bremswirkung<br />
– leichtere Sicherer können so den Sturz<br />
des schwereren Partners besser abfangen. Beim<br />
Ausgeben des Seils im Vorstieg erhöht es den Widerstand<br />
jedoch nicht. Das Ohm ist für Seildurchmesser<br />
von 8,9 bis 11 Millimeter geeignet. In der<br />
neuesten Version des Ohm sorgt ein Drehwirbelgelenk<br />
dafür, dass das Ohm stets gut ausgerichtet ist.<br />
OHM<br />
EDELRID<br />
Gewicht: 450 g<br />
CHF 129.–<br />
Fotos: Bächli Bergsport<br />
C<br />
M<br />
J<br />
CM<br />
MJ<br />
CJ<br />
CMJ<br />
N<br />
ULTRALEICHTER KOMFORT<br />
Die Xlite NXT Isomatte verfügt über eine Dicke<br />
von 7,6 cm, einen ganzjährigen R-Wert von 4,5 und<br />
ist 6-mal leiser als das vorherige Model.<br />
Sie packt mehr Komfort in 370 g* als jede andere<br />
Isomatte.<br />
8<br />
9
3 x 3<br />
Neues vom<br />
Bücherberg<br />
David Coulin<br />
«Alpenpässeweg.<br />
Die schönsten Pässe der<br />
Schweiz erleben»<br />
Die nationale Route 6 «Alpenpässe-<br />
Weg» führt von St. Moritz in stetem Auf<br />
und Ab über die schönsten und eindrücklichsten<br />
Übergänge der Bündner und Walliser<br />
Alpen bis an den Genfersee. Seit der<br />
letzten Auflage wurde die Route neu konzipiert<br />
und ihr alpiner Charakter verstärkt.<br />
Sie umfasst nun deutlich mehr Höhen- als<br />
Tallagen und führt zu zahlreichen Hütten.<br />
Der Alpenpässe-Weg ist eine fordernde<br />
Alpinwandertour in 43 Etappen und 695<br />
Kilometern durch eine abwechslungsreiche<br />
Kulturlandschaft. Das Buch enthält<br />
praktische Informationen, übersichtliche<br />
Kartenausschnitte und Höhenprofile sowie<br />
Hinweise auf Sehenswürdigkeiten und<br />
Attraktionen entlang des Weges. Das Buch<br />
ist reich mit Farbfotos illustriert und erscheint<br />
voraussichtlich Ende Mai 2<strong>02</strong>4.<br />
Format: 12.5 cm x 19 cm<br />
Umfang: 100 Seiten<br />
CHF 25.–<br />
Luc Hagmann<br />
«Trans Swiss Trail.<br />
Die schönsten Fernwanderungen<br />
der Schweiz – in 32 Etappen vom<br />
Jura bis ins Tessin»<br />
Die nationale Route 2 «Trans Swiss Trail»<br />
führt vom Nordwesten der Schweiz bis ins<br />
südliche Tessin. Von Porrentruy (Puntrut) im<br />
Jura geht es durch das Berner Seeland, das<br />
Emmental und Entlebuch bis auf den höchsten<br />
Punkt der Route, den Gotthardpass,<br />
und von dort auf der Strada Alta hoch über<br />
der Leventina hinunter bis nach Mendrisio.<br />
In 32 Etappen durchläuft man auf über<br />
488 Wanderkilometern abwechslungsreiche<br />
Landschaften und spannende Kulturräume.<br />
Das Buch bietet alle praktischen Informationen,<br />
übersichtliche Kartenausschnitte und<br />
Höhenprofile und weist auch auf eine Fülle<br />
von Sehenswürdigkeiten und Attraktionen<br />
am Weg hin. Das kompakte Buch ist mit<br />
Farbfotos reich illustriert.<br />
Format: 12.5 cm x 19 cm<br />
Umfang: 100 Seiten<br />
CHF 25.–<br />
Dauerläufer<br />
Karriere bei Bächli<br />
Werde Teil unseres erfolgreichen Familienunternehmens.<br />
Auch am Arbeitsplatz lieben wir die<br />
Berge und leben für sie. Unsere rund 250 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter identifizieren sich mit der<br />
Bergwelt. Die eigene Erfahrung am Berg wird mit viel<br />
Begeisterung mit unserer Kundschaft, aber auch im<br />
Team mit Gleichgesinnten geteilt.<br />
DEINE BENEFITS:<br />
• mitarbeiterorientierte Firmenkultur seit 1974<br />
• gemeinsame Leidenschaft im Team und mit<br />
unserer Kundschaft<br />
• Du-Kultur, kollegiales Arbeitsklima<br />
• regelmässige Produktschulungen am Berg,<br />
Verkaufsschulungen und weitere Entwicklungsmöglichkeiten<br />
• frühzeitige Einsatzplanung, Möglichkeit, Beruf und<br />
Freizeit aufeinander abzustimmen<br />
• regelmässige Events und Teamanlässe<br />
• attraktive Rabatte für dich und dein nahes Umfeld<br />
auf unsere hochwertigen Produkte<br />
• Dienstaltergeschenke, Prämien für Lehrabschluss,<br />
Hochzeit, Geburt, Mitarbeiterempfehlungen<br />
und vieles mehr<br />
• Nähe zum Bergsport: jeden Tag<br />
Ein Klassiker aus dem Hause Scarpa bekommt ein Update. Der Zodiac Tech GTX ist ähnlich<br />
leicht und gut abrollend wie ein Trekkingschuh, zugleich tiefer geschnitten und deutlich<br />
dampfdurchlässiger als schwere Hochtourenschuhe. Mit seiner halbstarren Sohle und der<br />
Fersenkerbe ist der Zodiac Tech GTX aber auch tauglich für halbautomatische Steigeisen, und<br />
die weit nach vorne reichende Schnürung lässt ihn zudem präzise auf kleinen Tritten agieren.<br />
Kurzum: Der Zodiac Tech GTX hat sich den Ruf eines «Bergführerschuhs» erworben, der als<br />
leichter Hybrid auf Gletschertrekkings, einfachen Hochtouren und im alpinen Gelände überzeugt.<br />
Im neuen Modellupdate soll das patentierte Bascula Adaptive System für noch mehr<br />
Grip und Stabilität im Gelände sorgen. Made in Italy.<br />
ZODIAC TECH GTX<br />
SCARPA<br />
Gewicht: 1360 g/Paar (Gr. 42)<br />
CHF 339.–<br />
Wir feiern 50 Jahre Bächli Bergsport und sammeln ganz besondere<br />
Geschichten von Menschen, die zusammen in den Bergen unterwegs sind.<br />
Die gemeinsame Zeit unterwegs<br />
begann für Daniel und Mateo an einem<br />
verschneiten Wintermorgen.<br />
Über die steile Treppe im Spital<br />
nahmen der frischgebackene Vater<br />
und sein neugeborener Sohn den ersten<br />
gemeinsamen «Abstieg» in Angriff.<br />
Ein Erlebnis, an welches sich Daniel noch<br />
heute gerne erinnert.<br />
«Den Neuschnee hatte ich wegen Mateos Geburt<br />
total verpasst. So wurde die Heimreise bereits zu<br />
unserem ersten gemeinsamen Abenteuer.»<br />
Im Tragetuch von Gipfel zu Gipfel<br />
Freude, Glück, Stolz, aber auch Überforderung und<br />
Schlafmangel prägten ihre ersten gemeinsamen Wochen.<br />
Dennoch konnte es Daniel kaum erwarten, seinem<br />
Sprössling die Schönheit der Berge zu zeigen. So<br />
ging es für Mateo auch schon bald im Tragetuch auf<br />
diverse kleine Gipfel. Und so waren die beiden bereits<br />
in den ersten zwölf Monaten miteinander auf dem<br />
Sunnighorn, dem Fliederhorn und dem Axalphorn.<br />
Grosses Strahlen beim Strahlen<br />
Ein steiler Abstieg im Tragetuch<br />
Das Strahlen ist Daniels grosse Leidenschaft und zieht<br />
ihn immer wieder in die Berge. Diese Faszination und<br />
Begeisterung möchte er gerne an Mateo weitergeben<br />
und nimmt ihn auf seine Streifzüge durch die Felsen<br />
mit. «Er hat auch schon selbst seine ersten Kristalle<br />
aus der Kluft geborgen», erzählt Papa Daniel mit sichtlichem<br />
Stolz.<br />
Daniel und Mateo<br />
«Es ist schön, seinen Kindern<br />
das Strahlen zu zeigen. Ihnen<br />
beizubringen, wie der Fels tickt.<br />
Aber manchmal übertreibt es<br />
Papa auch ein wenig.»<br />
Die wahren Schätze der Berge<br />
Beim Strahlen braucht es Ausdauer, Hartnäckigkeit<br />
und Respekt. Vor dem Berg, der Natur und<br />
seinen Mitmenschen. Eigenschaften, die Daniel seinem<br />
Sohn mit jeder gemeinsamen Tour mitgibt.<br />
Aber vor allem sind es für Daniel die vielen kleinen<br />
Erlebnisse, die jede gemeinsame Tour unvergesslich<br />
machen. Die Faszination und Freude von Mateo,<br />
wenn der Wanderweg voller «Wetterguogä» (Alpensalamander)<br />
ist. Solche Momente sind unbezahlbar.<br />
Auf zum nächsten Abenteuer!<br />
Wer von den beiden der Schönwetter-Alpinist ist<br />
und wer der Abenteurer, wird sich wohl erst in den<br />
nächsten Jahren zeigen. Sicher ist jedoch, dass<br />
Papa Dani mit Mateo und seiner Schwester im Tragrucksack<br />
schon bald wieder unterwegs sein werden.<br />
«Nach dem nächsten grossen Bergprojekt fragt<br />
man einen kleinen Strahler allerdings besser nicht»,<br />
schmunzelt Daniel.<br />
Weitere einmalige Geschichten aus<br />
50 Jahren Bergleidenschaft<br />
finden Sie während unseres Jubiläumsjahrs<br />
hier im <strong>Inspiration</strong> und stets<br />
auf unserer Website.<br />
10<br />
11
Wegweiser Trekking Maloja – Soglio<br />
Ein leeres Hochtal,<br />
Hirschwurst im Rucksack,<br />
zwölf Uhr: Die Zutaten einer<br />
perfekten Mittagspause am<br />
Lägh da la Duana.<br />
Im wilden Osten<br />
Mit zwei Biwaks von Maloja nach Soglio:<br />
Da ist wenig los und viel zu entdecken – zum Beispiel<br />
märchenhafte Murmeltierzähne und eine Treppe,<br />
die Schweizer Behörden jubeln lässt.<br />
Text Thomas Ebert, Fotos Jürg Buschor
Wegweiser Trekking Maloja – Soglio<br />
Im Roman «Karte und Gebiet» von Michel Houellebecq fertigt<br />
ein junger Künstler Fotos von Michelin-Landkarten an, denen er<br />
matschige Luftaufnahmen derselben Orte gegenüberstellt. «Die<br />
Karte ist interessanter als das Gebiet» ist der Titel der Ausstellung,<br />
die ihm zum Durchbruch verhilft. Unter diesem Motto<br />
schien auch die Tourenvorbereitung von Sils nach Soglio zu stehen:<br />
Wieder und wieder durchforsteten wir die Karten nach den<br />
besten Biwakplätzen, suchten Quellen und Ebenen, beklagten<br />
die grobe Auflösung der Maxar-Satellitenbilder vom Val da la<br />
Prasgnola. Irgendwann fühlten wir uns wie umgekehrte Vermesser,<br />
die nur noch loszogen, um ihre Daten mit der Wirklichkeit<br />
abzugleichen.<br />
Und dann das: Noch vor dem Anpfiff geht das Gebiet gegen<br />
die Karte eins zu null in Führung. Der von Sils sanft ansteigende<br />
Weg hinauf zum Lunghinsee ist wegen Steinschlaggefahr<br />
gesperrt. Also Maloja – Soglio statt Sils – Soglio. Das geht zwar<br />
schlechter über die Lippen, ist aber nicht minder schön. In der<br />
Abendsonne leuchten die Alpenrosen und Feuerlilien noch ein<br />
wenig bunter als sonst, zwei Wanderpärchen und drei junge Italiener<br />
kommen uns mit Profikameras und strahlenden Mienen ent-<br />
‹1›<br />
‹1› Einmalig in Europa: Am Pass<br />
Lunghin liegt die Dreifach-Wasserscheide<br />
zwischen Nordsee, Mittelmeer<br />
und Schwarzem Meer.<br />
‹2› Bergeller Bollwerk: Vom Pass da<br />
la Duana bekommen wir einen ersten<br />
Blick auf Cengalo, Badile & Co.<br />
‹4›<br />
«Kurz fühlen wir kleinen Menschlein<br />
uns ganz mächtig und spritzen<br />
das Wasser erst in den Atlantik, dann<br />
ins Mittelmeer und schliesslich<br />
noch ins Schwarze Meer.»<br />
‹2›<br />
‹3› Alleinstellungsmerkmal: Edelweiss<br />
deuten darauf hin, dass die<br />
Hochtäler Val da la Duana und Val da<br />
Roda eher wenig besucht werden.<br />
‹4› Schlechtes Timing: Den Abenteuerspielplatz<br />
im Talschluss des Val<br />
Maroz erreichen wir genau dann, als<br />
wir Strecke machen wollen.<br />
‹3›<br />
‹3›<br />
gegen. Muss schön sein, da oben. Ist es auch, aber – zwei zu null:<br />
Kalte Böen legen den Lunghinsee in Falten, sodass wir die besten<br />
Plätze am Ufer bald aufgeben und uns fürs Biwak zwischen<br />
die nahen Felsen verkriechen. Dass Houellebecq irrt, deutet sich<br />
also schon an und steht spätestens nach dem Abendspaziergang<br />
fest: Definitiv ist das Gebiet interessanter als die Karte. Ob es<br />
eben ist, sagt Swisstopo. Ob man auf Gras oder Steinen sein Lager<br />
aufschlägt, erfährt man auf Google Earth. Aber ob man fünf<br />
Meter neben der Isomatte einen Murmeltierzahn findet, um den<br />
man den Kindern daheim ein Märchen spinnen kann – das weiss<br />
keine Karte. Beim Stand von drei zu null verliert der Biancograt<br />
sein letztes Licht, dann leuchtet nur noch die Bergstation vom<br />
Corvatsch. Der Seeabfluss rauscht uns in den Schlaf.<br />
Spuren lesen auf der Via Sett<br />
Anderntags freuen wir uns, nicht noch weiter aufgestiegen zu<br />
sein. Hinter dem See wird die Landschaft sandig, karg, feucht.<br />
«Der Winter ist hier auch noch nicht lange her», meint Jürg.<br />
Apropos Karte und Gebiet: Die Dreifach-Wasserscheide am<br />
Pass Lunghin, das geografische Highlight der Tour, müssen wir<br />
im Nebel erst mal suchen. Kurz fühlen wir kleinen Menschlein<br />
uns ganz mächtig und spritzen das Wasser aus dem Granitbassin<br />
erst Richtung Atlantik, dann ins Mittelmeer und schliesslich<br />
noch ins Schwarze Meer. Nicht angeschrieben ist das Meer<br />
aus gelbem Enzian, durch das wir mit imaginärem Kräuterschnapsgeschmack<br />
auf der Zunge hinüber zum Septimerpass<br />
wandern. Dort erschrecken wir über eine Hütte. Teil des Plans<br />
war es doch, jede Chamanna und Capanna so weiträumig zu<br />
umgehen, als wären wir zwei der chronisch menschenscheuen<br />
Hauptfiguren eines Houellebecq-Romans. Doch die privat geführte<br />
und topmodern eingerichtete Cesa da Sett mit ihren 16 Betten<br />
hat ohnehin geschlossen. Jürg spekuliert noch auf einen frischen<br />
Espresso, drückt sich die Nase aber vergeblich platt.<br />
In den Karten der alten Römer dürfte der Septimerpass<br />
noch mit deutlich dickerem Strich verzeichnet gewesen sein,<br />
stellte er doch neben dem Julierpass den wichtigsten Übergang<br />
zwischen Chur und Mailand dar. Heute ist der Pass da Sett nur<br />
noch bei den Bikern die Nummer eins. Drei Velofahrer folgen<br />
der nationalen MTB-Route <strong>Nr</strong>. 1 auf Fahrstrassen nach Süden,<br />
das Kopfsteinpflaster der Via Sett haben wir für uns allein. Jede<br />
Kehre regt die Fantasie an: Hat man hier einen Zusatzochsen<br />
vorgespannt? Ist dort einst Flavius Vehiculus mit seinem wurmstichigen<br />
Klapperwagen steckengeblieben? Am «Sascel battü»<br />
verkündet eine Tafel, dass dieser Felsklotz schon vor 500 Jahren<br />
die Grenze zwischen Bivio und Bergell markierte. Auch eine<br />
1991 von den Instruktoren der Maurerlehrhallen Sursee vorbildlich<br />
restaurierte Bogenbrücke versprüht antiken Charme,<br />
vermag aber nicht ganz über die Bunkeranlagen (helvetisch,<br />
nicht römisch) und die 220-kV-Freileitung hinwegzutäuschen.<br />
Im Talboden passieren wir Maroz Dora und Maroz Dent. Das<br />
sind keine Zahncremes für morgens und abends, sondern zwei<br />
Alpen, von denen Dent, die obere, eindeutig die schönere ist. Ein<br />
14<br />
15
Thema Rubrik<br />
‹1› Tagwacht am Lunghinsee:<br />
Egal, wie gut man die Karte<br />
vorher studiert – in Sachen<br />
Biwakplatz hat das Gelände<br />
das letzte Wort.<br />
‹2› Auf der «Via Sett»: Im<br />
Abstieg vom Septimerpass<br />
wandeln wir auf den Spuren<br />
der alten Römer.<br />
GEMACHT FÜR<br />
DIE ABENTEUER<br />
DES LEBENS<br />
«Ist dort einst<br />
Flavius Vehiculus<br />
mit seinem Klapperwagen<br />
stecken<br />
geblieben?»<br />
DIE NEUEN GORE-TEX PRODUKTE BIETEN EINE LANGE<br />
LEBENSDAUER, SIND PFC-FREI * UND HABEN EINEN<br />
VERRINGERTEN CO2-FUSSABDRUCK.** EIN WICHTIGER<br />
MEILENSTEIN BEI PERFORMANCE UND NACHHALTIGKEIT.<br />
neues Blechdach zeugt von Zukunftsplänen, von langer Historie<br />
eine mühevoll aus Trockensteinmauern gefasste, fünfeckige Weide.<br />
Kurz dahinter locken Boulderblöcke und Gumpen das Kind im<br />
Wanderer: «Der perfekte Abenteuerspielplatz!», jubelt Jürg, aber<br />
um drei viertel elf sind wir noch nicht spontan genug, unseren<br />
Biwakplan über den Haufen zu werfen – Anschlusstor für die Karte<br />
gegen das Gebiet. Lieber kämpfen wir uns durch Blütenpracht<br />
und Hitzestau hinauf ins Val da la Duana. Zum zweiten und letzten<br />
Mal treffen wir Menschen auf dieser Tour: Zwei Fischer trotten<br />
erfolglos vom Lägh da la Duana herab. Wir sind nicht auf Anglerglück<br />
angewiesen, sondern haben Hirschwurst aus Silvaplana<br />
dabei, und noch dazu ist es gleich zwölf. Während die Schuhe<br />
ausdampfen, denken wir an die armen Menschen, die für ähnliche<br />
Panoramen nach Zentralasien fliegen, und nicken für ein paar Minuten<br />
ein – Mittagspause in Vollendung.<br />
Stufen ins Glück<br />
Auf dem Weiterweg ins Val da Roda lassen wir einen weiteren<br />
Direktabstieg nach Soglio links liegen und stellen zufrieden fest,<br />
dass die Heat Map des Fitnesstrackers Strava mit der Realität<br />
übereinstimmt: keiner da. So haben wir die Edelweisskolonie für<br />
uns allein, müssen aber mangels Spur auch selbst durch grobes<br />
Blockgelände mit tückischer Restschneeunterlage navigieren.<br />
Natürlich weiss es jeder besser als der andere, sodass wir uns<br />
16<br />
‹1›<br />
am Ende beide mit feuchten Socken und wunden Schienbeinen<br />
auf der Passhöhe treffen. Damit ist im selten schönen Hochtalreigen<br />
Maroz-Duana-Roda die letzte Klimastufe erreicht: Ende<br />
Juni schwimmen auf dem Lägh da la Caldera noch die Eisschollen.<br />
Mitten im laut Jürg «piemontmässigen», weil tendenziell<br />
weglosen Abstieg stossen wir auf ein Fahrverbotsschild für<br />
Motorräder. Ehe wir in Gelände kommen, wo dieses Schild halbwegs<br />
Sinn machen würde, biegen wir über eine kleine Brücke<br />
ab ins Val Prasgnola – terra incognita, zumindest auf der Strava<br />
Heat Map. Es wird langsam Abend, und je höher wir steigen,<br />
desto zögerlicher schlagen wir gute Nachtlager aus. Doch wie<br />
erhofft stimmen Karte und Gebiet überein. Der letzte grüne<br />
Fleck im Talschluss bietet plangemäss den besten Biwakplatz:<br />
eben, trocken, Wasser in der Nähe und, kein Witz, einen zweiten<br />
‹2›<br />
*UNTERSTÜTZT DAS ZIEL VON GORE FABRICS, DASS ALLE OUTDOOR-PRODUKTE ÜBER DEN GESAMTEN LEBENSZYKLUS<br />
HINWEG FREI VON ÖKOLOGISCH BEDENKLICHEN PFCS SIND. IN DIESEM FALL WIRD DAS ZIEL DURCH DIE VERWENDUNG<br />
NICHT FLUORIERTER MATERIALIEN ERREICHT. MEHR DAZU AUF GORE-TEX.COM (HTTPS://GTX.IS/PFCEC)<br />
**DURCH DIE INNOVATIVE MEMBRAN UND AUSGEWÄHLTE TEXTILIEN (GEMÄSS HIGG MSI).<br />
19<br />
© 2<strong>02</strong>4 W. L. Gore & Associates GmbH. GORE-TEX, GORE-TEX INFINIUM, GUARANTEED TO KEEP YOU DRY, GORE und Bildzeichen sind Marken von W. L. Gore & Associates.
Wegweiser Trekking Maloja – Soglio<br />
Murmeltierzahn. Mit gütlich geteilter Engadiner Nusstorte gratulieren<br />
wir uns zu unserer Geduld und geniessen das Glück,<br />
heute nicht nur in den Bergen aufgewacht zu sein, sondern dort<br />
auch wieder einschlafen zu dürfen. Exakt an dem Ort, wo ein<br />
Jahr zuvor ein grosser Baucontainer stand.<br />
Und das kam so: Da wir den restlichen 300 Höhenmetern<br />
hinauf zum Pass da Prasgnola in der Planung wenig Beachtung<br />
geschenkt hatten, übersahen wir auch den kleinen Flurnamen «I<br />
Trapet». Entsprechend grosse Augen bekommen wir, als wir kurz<br />
nach dem Aufbruch unter einer monumentalen Steintreppe stehen,<br />
die auf den ersten Blick so deplatziert wirkt wie ein Stück Aquädukt<br />
in der Sahara. Wie wir später herausfinden, wurde «I Trapet», ein<br />
Bauwerk von nationaler Bedeutung, im Vorjahr umfassend saniert<br />
und zu diesem Zweck ein Basislager an «unserem» Biwakplatz angelegt<br />
(und wieder restlos abgebaut). Nichts gegen die Maurerlehrer<br />
aus Sursee, aber diese Treppe ist phänomenal. «Und dann noch<br />
so breit, dass es zweispurig ist! Da gewinne ich doch eher im Lotto,<br />
als dass sich hier jemand kreuzt!» Jürg ist völlig aus dem Häuschen,<br />
und auch das jeder Euphorie unverdächtige Bundesinventar<br />
historischer Verkehrswege der Schweiz jubelt im entsprechenden<br />
Dossier GR 8660.0.5: «Worte werden der überwältigenden Erscheinung<br />
der Treppenanlage ‹I Trapet› nur ungenügend gerecht.»<br />
Selbst Bilder zeigt das Inventar mit dem Hinweis, dass die Treppe<br />
«in ihrer ganzen Pracht nur vor Ort erfahren werden kann». Amtliches<br />
Endergebnis: Das Gebiet ist interessanter als die Karte.<br />
Maulende Murmeltiere<br />
Der Rest ist schnell erzählt. Beim letzten Schritt auf die Passhöhe<br />
tauchen gegenüber Badile, Cengalo und weitere Bergeller<br />
Granitriesen auf. Noch hoffen wir im morgendlichen Ringen von<br />
Nebel und Sonne auf den Sieg der Aussenseiterin und teilen den<br />
1700-Höhenmeter-Abstieg schon mal gedanklich in erstes und<br />
zweites Frühstück ein. Dann vibriert Jürgs Handy – wieder Emp-<br />
‹1›<br />
‹1› «Was du für den Gipfel<br />
hältst, ist nur eine Stufe»,<br />
wusste schon der alte Seneca.<br />
Die einst für die Alpwirtschaft<br />
errichtete Natursteintreppe<br />
am Pass da Prasgnola<br />
ist historisch einmalig und<br />
wurde 2<strong>02</strong>2 mit grossem Aufwand<br />
restauriert.<br />
‹2› Der Schatz im Silsersee:<br />
Im Schutze des Piz Bernina, wo<br />
das Murmeltier seinen Zahn<br />
verliert, dort schlage dein Lager<br />
auf. (frei nach Karl May)<br />
Infos zur Tour<br />
baechli-bergsport.ch/maloja-soglio<br />
fang. «In Soglio gibt’s doch keinen Stundentakt», murmelt er und<br />
fragt: «Postauto um 9:25 Uhr oder um 13:25 Uhr?» Es ist 7:11 Uhr,<br />
auf dem Schild steht «Soglio: 2 ¼ h». Die Zeit reicht dann noch zur<br />
Identifizierung eines Ziegenskeletts mitten am Weg, aber nicht<br />
fürs Frühstück und auch nicht dafür, die verlassenen Alpen Läira<br />
und Dair störungsfrei zu durchschleichen: Auf den Steindächern<br />
beenden die Murmeltiere ihr Sonnenbad und pfeifen vor Wut über<br />
unsere Dreistigkeit, hier so durchzuhetzen. Um 8:43 Uhr hören<br />
wir die erste Motorsense brummen. Kastanienbäume, Eichen,<br />
erster Asphalt. Um 9:15 Uhr flanieren wir durch Soglio. Vor dem<br />
Palazzo Salis wäre noch ein Tisch in der Sonne frei. Das Postauto<br />
hupt. Fahrplan oder Speiseplan, Karte oder Gebiet?<br />
‹2›<br />
Zweite Haut<br />
Sobald man nicht mehr in Bewegung ist und<br />
die Sonne hinterm Grat verschwindet, braucht<br />
es auch im Sommer eine gute Isolationsjacke in<br />
den Bergen – als Backup für Wetterumschwünge<br />
sowieso. Eine gute Wahl ist der Micro Puff<br />
Hoody W von Patagonia. Ihre synthetische<br />
Wattierung (PlumaFill) wärmt auch dann,<br />
wenn sie mal nass werden sollte, zusätzlich<br />
ist die Jacke wasserabweisend imprägniert<br />
(PFC-frei). Saum, Bündchen und Kapuzeneinfassung<br />
sind elastisch und schliessen<br />
gut ab, sodass kein Wind hineinkriecht. In<br />
den grossen Inneneinschüben kann man<br />
gut Handschuhe warmhalten, von den<br />
beiden Reissverschluss-Aussentaschen<br />
dient die linke zugleich als Packsack. Das<br />
Ripstop-Nylon des Aussenmaterials wurde<br />
aus Fischernetzen wiedergewonnen.<br />
1 MICRO PUFF HOODY W<br />
PATAGONIA<br />
Gewicht: 255 g<br />
CHF 295.–<br />
Massgeschneidert<br />
3 °C zeigte das Thermometer beim Biwak im<br />
Val da Prasgnola auf knapp 2500 Metern Höhe.<br />
Wer vornehmlich im Sommer in den Bergen<br />
biwakiert, liegt mit einem Schlafsack mit einer<br />
Komforttemperatur um den Gefrierpunkt<br />
goldrichtig. Der Alpine 400 von Rab ist mit 400 g<br />
europäischer Gänsedaune gefüllt (RDS-zertifiziert,<br />
650 cuin). Daunen bieten nach wie vor das<br />
beste Wärme-Gewichts-Verhältnis und können<br />
stark komprimiert werden: Das Packmass des<br />
Alpine 400 liegt bei 35 x 20 cm. Die Daunen sind<br />
zum Schutz vor leistungsmindernder Nässe<br />
PFC-frei imprägniert und in Trapezkammern<br />
mit Differenzialschnitt abgefüllt, was Kältebrücken<br />
minimiert. Der Alpine 400 verfügt über<br />
einen ¾-langen YKK-Reissverschluss, Kapuze,<br />
Wärmekragen und einen Mumienschnitt mit<br />
anatomischer Fussbox.<br />
2 ALPINE 400<br />
RAB<br />
Gewicht: 840 g<br />
CHF 379.–<br />
Das Bett zum Mitnehmen<br />
Wer abseits von Hütten im Gebirge nächtigt, ist auch im Sommer auf gut<br />
isolierende Ausrüstung angewiesen. Wenn diese auch noch klein verpackbar und<br />
leicht ist, steigert das den Spassfaktor ganz erheblich. Drei Tipps<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Mehr als heisse Luft<br />
Wie beim Schlafsack, so gilt auch bei der Isomatte:<br />
Wer seinen Einsatzzweck gut eingrenzt,<br />
kann ordentlich Gewicht und Packmass sparen.<br />
Die Ultra 3R M Mummy ist das Topmodell von<br />
Expeds aufblasbaren Isomatten und bietet mit<br />
7 cm Höhe mächtig Schlafkomfort. An Ober- und<br />
Unterseite der Luftkammern ist ein Kunstfaservlies<br />
für mehr Wärmeleistung verschweisst. So<br />
erreicht sie trotz ihres geringen Gewichts und<br />
dem winzigen Packmass von 25 x 11 cm einen<br />
R-Wert von 2,9 – ideal bis ca. -5 °C. Die Längskammern<br />
stützen dabei den Körper optimal<br />
und sind aussen jeweils leicht erhöht, um ein<br />
Abrutschen von der Matte zu verhindern. Aufgeblasen<br />
wird die Matte mit dem beiliegenden<br />
Pumpsack – das spart Puste und verhindert<br />
Atemfeuchte im Innern der Matte.<br />
3 ULTRA 3R M MUMMY<br />
EXPED<br />
Gewicht: 365 g<br />
CHF 199.–<br />
Bächli<br />
Einkaufsbegleiter<br />
Sie planen eine Biwaktour und<br />
brauchen neben Schlafausrüstung<br />
auch noch Zelt oder Kocher? Unser<br />
Einkaufsbegleiter erledigt eine<br />
zeitsparende Vorauswahl und berät<br />
Sie in entspannter Atmosphäre, ohne<br />
jegliche Kaufpflicht.<br />
18<br />
19
Expert Wanderrucksäcke<br />
Expert<br />
Das perfekte<br />
Schneckenhaus<br />
Tragesystem<br />
Ein grosser Rucksack sollte in der<br />
Rückenlänge verstellbar sein und wird<br />
in unserer Filiale angepasst. Viele<br />
Hersteller bieten auch anatomische<br />
Modellvarianten für schmälere<br />
Schultern oder breite Hüften an.<br />
Ob grosse Skidurchquerung, ein Biwakwochenende oder<br />
mehrwöchiges Trekking: Grosse Vorhaben brauchen grosse<br />
Rucksäcke. Wir schauen mit unserem Rucksack-Experten<br />
Lukas Imhof auf den aktuellen Rucksackmarkt ab<br />
30 Liter Volumen aufwärts.<br />
Fixierungen<br />
Unnötige Details summieren<br />
sich schnell: Wer nur wandern<br />
geht, braucht weder Helm- noch<br />
Pickelhalterungen am Rucksack.<br />
An seitlichen Kompressionsriemen<br />
kann man (fast) alles befestigen,<br />
sie verkleinern zudem ungenutztes<br />
Volumen. Einige Deckeltaschen<br />
lassen sich abnehmen und als<br />
Daypack verwenden.<br />
Der Kauf des richtigen Rucksacks ist in<br />
etwa so individuell wie die Auswahl des<br />
richtigen Schuhs. Was bei den Schuhen<br />
die Passform am Fuss ist, stellt beim<br />
Rucksack die Rückenlänge, das Tragesystem<br />
und das allgemeine Tragefühl dar.<br />
«Wenn jemand zu uns in die Bächli-Filiale<br />
kommt, fragen wir zuerst: Für welchen<br />
Einsatzzweck benötigen Sie den Rucksack?»,<br />
sagt Bächli-Einkaufsleiter Lukas<br />
Imhof. Die Antwort bildet die Grundlage<br />
für die anschliessende Beratung. Den<br />
Allrounder, der wirklich alle Einsatzbereiche<br />
abdeckt – von Tageswanderung über<br />
Bikeausflug, Fernwanderung bis hin zur<br />
Skidurchquerung – gibt es nicht.<br />
«Ich habe bestimmt 20 Rucksäcke<br />
zu Hause», sagt Lukas Imhof, obwohl der<br />
Trend zu polysportiven Modellen gehe,<br />
fügt der 45-Jährige hinzu. Das gelte aber<br />
eher für Modelle unter 30 Liter Fassungsvolumen,<br />
die man auf Tagestouren zum<br />
Biken, Wandern und Klettern einsetzen<br />
kann. Ab einem Volumen von 30 Litern<br />
aufwärts werden die Einsatzbereiche<br />
zunehmend konkreter und die Anforderungen<br />
an den jeweiligen Rucksack spezifischer.<br />
Imhof nennt ein Beispiel: In die<br />
Text Nadine Regel<br />
Filiale kommt ein Bergsteiger, der schon<br />
seit 20 Jahren seinen alten Alpinrucksack<br />
nutzt. Am nächsten Wochenende<br />
hat er einen Bergführer gebucht, um mit<br />
ihm aufs Bishorn, einen Viertausender<br />
im Wallis, zu steigen. Er wünscht sich<br />
einen neuen Rucksack, mit dem er seine<br />
komplette Ausrüstung für die Tour und<br />
die Hüttenübernachtung verstauen kann.<br />
«Für diesen Zweck eignet sich ein Rucksack<br />
mit 35 Litern Volumen», sagt Lukas<br />
Imhof. Für die Tour benötigt er Steigeisen<br />
mit Packsack, Verpflegung, Ersatzwäsche,<br />
einen Hüttenschlafsack, Handschuhe,<br />
Hardshell-Hose und -Jacke sowie das<br />
komplette technische Material wie Gurt,<br />
Karabiner, Eispickel und Eisschrauben.<br />
Das Feature-Set von Alpinrucksäcken ist<br />
auf die Fixierung von technischem Material<br />
ausgelegt. Das Seil findet dabei Platz<br />
unter der Deckeltasche und lässt sich<br />
dort mit einer Schlaufe befestigen, den<br />
Eispickel bringt man aussen am Rucksack<br />
an. Alpinrucksäcke sind zudem schmaler<br />
geschnitten, um Bewegungsfreiheit<br />
zu ermöglichen. Mit ähnlichen Features<br />
warten auch Skitourenrucksäcke auf, die<br />
zusätzlich Befestigungsmöglichkeiten für<br />
Skis und eine extra Kammer für die Lawinensicherheitsausrüstung<br />
benötigen.<br />
Beliebte Marken in dem Bereich sind Ortovox,<br />
Exped und die französische Marke<br />
Blue Ice, die extrem technische Rucksäcke<br />
herstellt.<br />
Netz- oder Kontaktrücken?<br />
Der Einsatz bestimmt auch eine andere<br />
essenzielle Frage beim Rucksackkauf:<br />
Welches Rückensystem soll es sein? Zur<br />
Auswahl stehen grundsätzlich zwei Arten.<br />
Der Netzrücken eignet sich eher für<br />
leichteres Gelände, geringere Traglast<br />
und Volumina bis zu maximal 50 Litern.<br />
Dieser Rucksacktyp hat am Rücken eine<br />
Wölbung, die die Luftzirkulation erleichtern<br />
und Staunässe durch Schwitzen verhindern<br />
soll. Weil der Rucksack nicht ganz<br />
eng am Körper anliegt, verlagert sich der<br />
Schwerpunkt etwas nach hinten, was die<br />
Lastenkontrolle erschwert. Wandert man<br />
so auf einem Grat oder in anderweitig<br />
exponiertem Gelände, kann man schneller<br />
aus dem Tritt geraten. Der Kontaktrücken<br />
hingegen liegt möglichst eng am<br />
Rücken an und ist bei Kletterrucksäcken,<br />
aber auch grossen Trekkingrucksäcken<br />
Illustration: Saija Sollberger<br />
Lastenkontrollriemen<br />
Mit ihnen justiert man den Anstellwinkel<br />
des Rucksacks und damit auch, wie<br />
eng die Last am Körperschwerpunkt<br />
liegt – je näher, desto mehr Kontrolle.<br />
In leichterem Gelände lockert man sie<br />
zur Entlastung der Schultern etwas,<br />
aber nie so, dass die Schultergurte<br />
nicht mehr aufliegen.<br />
Hüftgurt<br />
Die Hüften tragen rund drei Viertel<br />
der Last, der Hüftgurt sollte daher<br />
im Gegensatz zum Brustgurt stramm<br />
sitzen. Richtig platziert ist ein Hüftgurt<br />
dann, wenn sein oberes Drittel über dem<br />
Beckenkamm liegt. Wer viel mit dem<br />
Handy fotografiert, sollte im Laden testen,<br />
ob es in die Hüftgurttasche passt.<br />
Organisation ...<br />
… ist eine Typfrage: Minimalisten<br />
genügt ein grosses Hauptfach<br />
(ein heller Innenstoff ist hilfreich),<br />
Ordnungsfreaks brauchen für<br />
alles ein Extrafach. Zum Standard<br />
gehören heute ein Bodenfach sowie<br />
seitliche und frontale Einschübe<br />
aus elastischem Mesh. Ein Rundum-RV<br />
verschafft schnellen Zugriff<br />
wie bei einer Reisetasche.<br />
Richtig packen<br />
Ins Bodenfach gehört voluminöse, nicht<br />
zu schwere Ausrüstung wie Schlafsack,<br />
Isomatte oder Reservekleidung. Es sollte<br />
zudem immer gut gefüllt sein, damit<br />
das Innengestell stützend wirken kann.<br />
Nah an den Rücken gehören schwere<br />
Gegenstände und Getränke, mit Kleidung<br />
füllt man Zwischenräume und stabilisiert<br />
Kleinkram. Die zentrale Frage beim<br />
Packen lautet: Wann muss ich ran?<br />
20<br />
21
Expert Wanderrucksäcke<br />
Kontaktrücken oder Netzrücken? Ein<br />
Rucksack mit Kontaktrücken liegt eng am<br />
Körper an. Das bringt die Rucksacklast<br />
nah an den Körperschwerpunkt und<br />
erleichtert die Gleichgewichtskontrolle,<br />
weshalb er bei technisch anspruchsvolleren<br />
Touren die erste Wahl ist. Nachteilig<br />
ist die Belüftung. Bei einem Netzrücken<br />
sorgt ein Freiraum zwischen Rücken und<br />
Rucksack für bessere Luftzirkulation.<br />
Dazu kommen einige Mischformen – am<br />
besten in der Filiale ausprobieren.<br />
Kontaktrücken oder Netzrücken?<br />
verbreitet. Die Ventilation ist bei diesen<br />
Rucksäcken zwar schlechter, aber sie eignen<br />
sich für den Einsatz in schwierigem<br />
Gelände und sind durch ihre gerade Rückenform<br />
leichter zu packen. Hersteller<br />
haben auch für diese Form Belüftungsmöglichkeiten<br />
entwickelt, zum Beispiel<br />
durch gepolsterte Bahnen, den Einsatz<br />
von Meshgewebe oder durch die Polsterung<br />
mit Leerzellen. «Rucksäcke ab 50 Liter<br />
haben in der Regel nur noch Kontaktrücken»,<br />
sagt Lukas Imhof.<br />
Hochvolumige Rucksäcke ab 40 oder<br />
50 Liter haben noch ein anderes Feature,<br />
das die Kaufentscheidung beeinflusst: die<br />
Rückenlänge. Bei kleinen Rucksäcken gibt<br />
es meist zwei Rückenlängen, eine normale<br />
Variante und eine Short-Variante,<br />
die die Bedürfnisse von «90 Prozent und<br />
mehr unserer Kundinnen und Kunden<br />
abdecken», sagt Imhof. Bei grösseren<br />
Modellen lohnt es sich, die perfekte Rückenlänge<br />
zu wählen, die man entweder<br />
über ein Stufensystem oder eine Schiene<br />
verstellen kann. «Die falsche Rückenlänge<br />
versaut einem die Tour, weil sich<br />
das auf die Physiologie und den ganzen<br />
Bewegungsablauf negativ auswirkt»,<br />
sagt Bächli-Experte Imhof und gibt ein<br />
Beispiel: Ein Ehepaar wünscht Beratung<br />
für einen Trekkingrucksack. Sie planen<br />
ein einwöchiges Trekking durch den Sarek-Nationalpark<br />
in Schweden, bei dem<br />
sie ihre komplette Ausrüstung inklusive<br />
Verpflegung selbst tragen müssen und<br />
autark unterwegs sind. Das bedeutet, sie<br />
haben ein Zelt dabei, das etwa zwei Kilogramm<br />
wiegt, einen Kocher, Brennmittel,<br />
Proviant, Wechselkleidung, Schlafsäcke<br />
und Isomatten. Diese ganze Ausrüstung<br />
muss getragen werden. Lukas Imhof rät<br />
in diesem Fall zu einem 70- bis 80-Liter-Rucksack.<br />
Marken wie Gregory, Bach<br />
und Osprey haben in diesem Bereich komfortable<br />
Modelle im Sortiment.<br />
Wo man Gewicht sparen kann<br />
Neben dem Volumen und der passenden<br />
Rückenlänge ist auch ein leistungsfähiges<br />
Tragesystem wichtig, das mit guten<br />
Hüftflossen beginnt. Ein Grossteil des<br />
Rucksackgewichts tragen beim Wandern<br />
nämlich die Hüften. Zusätzlich spielen<br />
Lastenkontrollriemen eine wichtige Rolle,<br />
um die Last mal näher am Körperschwerpunkt<br />
oder mal weiter weg tragen zu können.<br />
Speziell in schwierigerem Gelände<br />
sollte das Gewicht näher am Körper liegen,<br />
um eine Balance beim Gehen herzustellen<br />
und die Lasten effizient kontrollieren<br />
zu können. Darauf kann man auch mit<br />
dem richtigen Packen einwirken. Leichte<br />
Dinge gehören ganz unten in den Rucksack,<br />
die Daunenjacke und den Schlafsack<br />
stopft man als Erstes hinein. Auf Höhe der<br />
Schulterblätter werden die schweren Sachen<br />
transportiert, also technische Ausrüstung,<br />
Kocher, Gas, Wasserflaschen und<br />
Hygieneartikel.<br />
Wie in so vielen Berg- und Outdoorsportbereichen<br />
ist auch im Trekkingbereich<br />
der Ultraleicht-Trend nach wie vor<br />
stark im Kommen, sagt Ausrüstungsspezialist<br />
Lukas Imhof, «das ist in allen Kategorien<br />
spürbar». Der Trend kommt aus den<br />
USA vom Thru-Hiking, also dem wochen-,<br />
teils monatelangen Backpacking auf den<br />
bekannten grossen US-Fernwanderwegen<br />
Pacific Crest Trail, Appalachian Trail<br />
und Continental Divide. «Leute, die diese<br />
Trails machen, sind Gewichtsfetischisten»,<br />
sagt Imhof. Dieses Mindset beginnt<br />
aber nicht erst bei der Wahl der richtigen<br />
Ausrüstung, sondern bei der Frage, auf<br />
was man alles verzichten kann. Als Lukas<br />
Imhof vor 25 Jahren einige Monate autark<br />
in Alaska unterwegs war, legte er vor seinem<br />
Aufbruch alles aus, was er mitnehmen<br />
wollte und fragte sich: Was brauche<br />
«Die falsche Rückenlänge<br />
eines Rucksacks versaut<br />
einem die Tour, weil sich<br />
das auf die Physiologie und<br />
den ganzen Bewegungsablauf<br />
negativ auswirkt.»<br />
Lukas Imhof<br />
Einkaufsleiter<br />
ich wirklich? Das empfiehlt er jedem. Nur<br />
an sicherheitsrelevanter Ausrüstung wie<br />
Wetterschutz und Erste-Hilfe-Set sollte<br />
man nicht sparen.<br />
Auch beim Rucksack haben die spezialisierten<br />
Hersteller, wie etwa Hyperlite<br />
Mountain Gear, das Gewicht optimiert.<br />
«Dabei läuft es auf ein Material hinaus:<br />
Dyneema», sagt Imhof. Hinter dem Markennamen<br />
verbirgt sich ein Material, das bei<br />
minimalem Gewicht eine sehr hohe Strapazierfähigkeit<br />
und Reissfestigkeit bietet.<br />
Die hochtechnischen Ultraleichtmaterialien<br />
lassen sich nicht einfärben, deswegen<br />
sind Dyneema-Rucksäcke meist schwarz<br />
oder weiss. Die puristischen Rucksäcke<br />
bestehen oft aus einem Packsack mit<br />
Rolltopverschluss, haben meist keine oder<br />
nur wenige Befestigungsschlaufen und<br />
kommen mit simplen Tragesystemen und<br />
fixen Rückenlängen aus. Die Schweizer<br />
Marke Exped trägt mit ihrer Produktlinie<br />
Lightning dem Ultraleicht-Trend Rechnung,<br />
spart aber zum Beispiel beim Tragesystem<br />
nicht am Komfort, sodass die<br />
Rucksäcke nicht wie Konkurrenzprodukte<br />
unter 1000 Gramm wiegen.<br />
Beim Thema Nachhaltigkeit setzen<br />
die Hersteller, wie auch in anderen Bereichen<br />
der Outdoorindustrie, auf alternative<br />
Imprägnierungen anstatt des umweltschädlichen<br />
PFC und auf wiederverwertete<br />
Materialien, zum Beispiel aus PET-<br />
Leichter Langläufer<br />
Separates Bodenfach, elastische Seitentaschen,<br />
Zusatzvolumen, abnehmbares<br />
Deckelfach, verstellbare Rückenlänge, satte<br />
Polsterung: Unverkennbar ist der Aircontact<br />
Lite 45+10 SL von Deuter als Rucksack<br />
für lange Wander- und Trekkingtouren<br />
konzipiert. Zentral ist dabei das Rückensystem<br />
aus Alurahmen und offenporigem<br />
Funktionsschaum, das den Schwerpunkt<br />
nah am Körper hält, durch Pumpeffekte bei<br />
jeder Bewegung aber auch gut belüftet ist.<br />
Die SL-Variante ist mit kürzerem Rücken,<br />
schmäleren Schulterträgern und konischen<br />
Hüftflossen an die weibliche Anatomie angepasst.<br />
Unterfächer für Wertsachen und<br />
Nasswäsche, eine Hüftgurttasche und<br />
diverse Befestigungsoptionen für Helm,<br />
Stöcke oder Pickel machen die Ausstattung<br />
komplett – und das bei einem verblüffend<br />
niedrigen Leergewicht.<br />
AIRCONTACT LITE 45+10 SL<br />
DEUTER<br />
Gewicht: 1540 g<br />
CHF 199.–<br />
22<br />
23
Expert Wanderrucksäcke<br />
Riesiger Rotator<br />
Ob Sarek-Durchquerung, Island-Trekking oder Balkan-Erkundung: Wenn die<br />
nächste Verpflegungsoption mehrere Tage Fussmarsch entfernt ist, geht<br />
nichts über Volumen. Mit 75 Litern bietet der Baltoro 75 von Gregory mehr als<br />
genug davon, mit 25 kg Zuladung wird er spielend fertig. Damit das auch für<br />
seinen Träger gilt, dafür sorgt das Free Float Tragesystem, bei dem Schulterund<br />
Hüftgurt beim Gehen mitrotieren und die Last so ideal verteilt. In Sachen<br />
Ordnung und Organisation punktet der Baltoro 75 mit «Vollaustattung», auch<br />
eine Regenhülle ist integriert. Feine Details wie die Sonnenbrillenhalterung,<br />
die grossen RV-Taschen am Hüftgurt oder der seitliche Trinkflaschenzugriff<br />
gewährleisten zudem, dass man den Rucksack möglichst wenig absetzen<br />
muss. Das robuste Aussenmaterial aus hochgradig dichtem und reissfestem<br />
Nylon hält auch langen Strapazen stand.<br />
BALTORO 75<br />
GREGORY<br />
Gewicht: 2260 g<br />
CHF 369.–<br />
Kleines Multitalent<br />
Der Peak 35 von Ortovox verfügt über 35<br />
Liter Volumen. Mit der stark auf alpine Ansprüche<br />
zielenden Ausstattung wie Halterungen<br />
für Pickel, Helm, Ski und Seil oder<br />
einem Steigeisenfach mit Abtropflöchern<br />
ist der Peak 35 ein idealer Rucksack für<br />
Hochtouren. Aber auch für mehrtägige<br />
Hüttenwanderungen eignet sich der<br />
Peak 35 perfekt. Der nah anliegende<br />
Vollkontaktrücken sorgt für beste Lastenkontrolle<br />
und ist mit Swisswool gepolstert<br />
– die kann viel Feuchtigkeit aufnehmen, ohne<br />
dass sich der Rücken nass anfühlt. Wer gern<br />
Ordnung im Rucksack hat, wird mit dem Peak<br />
35 glücklich: Eine RV-Tasche am Hüftgurt, ein<br />
doppeltes Deckelfach, zusätzliches Frontfach<br />
bieten viele Optionen. Zugriff bietet der<br />
Peak 35 als Toploader oder per umlaufendem<br />
Frontreissverschluss.<br />
PEAK 35<br />
ORTOVOX<br />
Gewicht: 1500 g<br />
CHF 225.–<br />
24<br />
Flaschen. Mit Bezug auf soziale Standards<br />
setzt beispielsweise Deuter bei seinen<br />
Rucksackmodellen auf das Gütesiegel<br />
Fair Wear, das bei Arbeitsbedingungen<br />
klare Richtlinien vorschreibt. «Das nachhaltigste<br />
Produkt ist aber immer noch das<br />
langlebigste», sagt Lukas Imhof und verweist<br />
auf interne Initiativen bei Bächli. Das<br />
fängt schon dabei an, den Rucksack nach<br />
dem Einsatz zu säubern. Beim Design der<br />
Rucksäcke achten Hersteller zudem darauf,<br />
dass «sämtliche Schnallen und Riemen»<br />
ersetzt werden können, ohne dass<br />
man den Rucksack «aufschneiden» muss.<br />
«Ersatzteile finden sich auch in den Bächli-<br />
Filialen oder sind in kürzester Zeit bestellbar»,<br />
sagt Lukas Imhof. Im Fokus des<br />
Bergsportspezialisten Bächli steht auch,<br />
Reparaturen möglichst in der Schweiz umsetzen<br />
zu können, ohne die Produkte erst<br />
zum Hersteller schicken zu müssen. Zu diesem<br />
Zweck kooperiert Bächli beispielsweise<br />
mit Werkstätten im Land, die über die<br />
entsprechende Expertise verfügen. «Dafür<br />
braucht man besonderes technisches<br />
Know-how und Maschinen», erläutert Lukas<br />
Imhof. Und wie eingangs erwähnt: Ein<br />
gut sitzender Rucksack beschert dem Träger<br />
oder der Trägerin langfristig Freude.<br />
«Wir laden alle dazu ein, ihren Rucksack<br />
bei uns in der Filiale zu probieren», sagt<br />
Lukas Imhof. Sobald es technisch wird, Rückenlänge<br />
und Feature-Set entscheidend<br />
werden, sollte man den Rucksack probetragen,<br />
mit Stopfmaterial und Gewichten,<br />
damit die Erfahrung möglichst authentisch<br />
ist. Denn: Nicht jeder Rucksack passt auf<br />
jeden Rücken.<br />
Verlass dich auf langlebige Qualität. Norrøna wurde<br />
1929 mit dem Ziel gegründet, Outdoor-Artikel in<br />
höchster Qualität herzustellen. Das ist nach wie vor<br />
unser Anspruch. Auf Qualität zu achten mag zum<br />
Zeitpunkt des Kaufs teuer erscheinen, doch auf die<br />
vielen Jahre der Nutzbarkeit aufgeteilt, lohnt sich<br />
die Investition allemal. 15–30 Jahre alte Artikel von<br />
Norrøna werden häufig noch für ein Drittel oder zur<br />
Hälfte des Neupreises weiterverkauft, manchmal<br />
sogar noch mehr.<br />
Bei unserer äußerst benutzerorientierten Produktentwicklung<br />
werden die Artikel unter härtesten<br />
Bedingungen von unseren anspruchsvollsten<br />
Benutzern getestet. Wenn die Artikel deren hohen<br />
Anforderungen erfüllen, werden auch alle anderen<br />
Benutzer zufrieden sein. Wir verbringen bis zu<br />
drei Jahre damit, jeden Artikel zu entwickeln und<br />
zu testen. Viele unserer Artikel basieren auch<br />
auf den Erfahrungen und Erkenntnissen früherer<br />
Generationen.<br />
Behandel deine Artikel sorgfältig. Wenn du in<br />
Qualität investierst und mehr ausgibst, solltest<br />
du deine Artikel auch gut behandeln und pflegen.<br />
Alle Outdoor-Artikel sollten regelmäßig gewaschen<br />
werden und einige sollten eine Auffrischung<br />
der DWR-Behandlung (Durable Water Repellent)<br />
erhalten. Selbst Artikel, die für den Gebrauch unter<br />
Extrembedingungen hergestellt wurden, halten<br />
länger, wenn man sie pfleglich behandelt.<br />
Gunnar Aksnes trug diese Jacke 1987 auf der Broad Peak<br />
Expedition. Heute trägt er sie immer noch, wenn er im Winter<br />
mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt. Und mit seinen Töchtern<br />
streitet er darüber, wer sie beim Skifahren tragen darf.<br />
So hält dein Artikel für 39 Jahre<br />
Repariere die Artikel bei Bedarf. Ganz gleich,<br />
wie gut die Qualität ist, irgendwann zeigen sich<br />
immer Abnutzungserscheinungen. Seit 1929<br />
bieten wir Reparaturen an, um die Langlebigkeit<br />
unserer Produkte zu gewährleisten. Im Jahr 2<strong>02</strong>3<br />
reparierten wir über 20.000 Artikel. Wir verfügen<br />
über Reparaturzentren in den USA, Kanada, der<br />
EU, der Schweiz, im Vereinigten Königreich, Japan<br />
und Norwegen. Die Online-Registrierung ist ganz<br />
einfach und die Bearbeitungszeit beträgt zwischen<br />
5–10 Arbeitstagen. Für eigenständig durchgeführte<br />
Reparaturen sind in unserem Online-Shop auch<br />
Ersatzteile erhältlich.<br />
Entscheide dich sich für zeitloses Design. Produkte<br />
mit zeitlosem Design sind länger gefragt und<br />
überdauern Trends. Genau genommen gewinnen sie<br />
mit dem Alter sogar noch an Charme. Die Philosophie<br />
für unsere Designs heißt: „Loaded Minimalism“,<br />
also Produkte, die so umweltschonend wie möglich<br />
und mit allen wichtigen Details und farbinspiriert<br />
hergestellt werden. Natürlich spielt auch die<br />
zeitliche Koordination der Kollektionen eine Rolle.<br />
Wenn du das Produkt nicht mehr benutzt,<br />
verkaufe es an jemanden, der Verwendung dafür<br />
hat. 2<strong>02</strong>3 haben wir in unserem neuen Norrøna<br />
House eine Secondhand-Abteilung eingeführt, die<br />
Leihe, Reparatur und Ersatzteile umfasst und so<br />
gebrauchten und reparierten Artikeln eine längere<br />
Lebensdauer schenkt.<br />
Seit Jahrzehnten werden unsere Produkte als<br />
gute Alternative zum Kauf neuer Artikel von<br />
Norrøna umfassend auf digitalen Secondhand-<br />
Plattformen verkauft.<br />
Darüber hinaus ... Mehr als 80% aller von uns<br />
verwendeten Nylon- und Polyesterfasern bestehen<br />
aus recycelten Materialien (berechnet nach<br />
gekauftem Gesamtgewicht). Unsere Baumwolle<br />
stammt zu 100% aus biologischer Erzeugung.<br />
Alle unsere Daunen sind nach RDS (Responsible<br />
Down Standard) zertifiziert und unsere Wolle wird<br />
entweder wiederaufbereitet oder ist nach RWS<br />
(Responsible Wool Standard) oder GOTS (Global<br />
Organic Textile Standard) zertifiziert. Außerdem<br />
arbeiten wir auch an kohlenstoffarmen oder<br />
kohlenstoffnegativen Produkten aus Bioabfällen<br />
oder recycelten Naturfasern. Unsere Schätzung für<br />
den CO2-Fußabdruck für die Produktion und den<br />
Versand eines Norrøna-Artikels betrug im Jahr<br />
2<strong>02</strong>2 durchschnittlich 10 kg CO2 (Basierend auf<br />
Norrøna’s CO2-Fußabdruck geteilt durch verkaufte<br />
Produkte). Das entspricht 4 Litern Benzin oder 100<br />
Gramm Rindfleisch (Laut dem US-amerikanischen<br />
EPA-Treibhausgas- Aquivalenzrechner und Poore<br />
und Nemecek 2018).<br />
Wenn Sie Ihren Artikel 30 Jahre lang verwenden,<br />
sind die CO2-Bilanz und die Investition somit<br />
sicherlich positiv.<br />
Welcome to nature<br />
25
Wegweiser Bouldern im Tessin<br />
Unser St. Galler Filialleiter<br />
Stefan Vetter in der Traverse<br />
«Il cerchio celtico» Fb 5c,<br />
Sektor «Filo a sbalzo»,<br />
Cresciano<br />
Die schönsten<br />
Probleme der Welt<br />
Für die zweite Jubiläumstour anlässlich «50 Jahre Bächli<br />
Bergsport» tauschen drei Bächli-Filialleiter die Probleme des<br />
Geschäftsalltags gegen Probleme am Fels. Einzige Vorgabe:<br />
Gebouldert wird im Kanton der Gastgeberfiliale Contone.<br />
Text & Fotos Bernard van Dierendonck
Wegweiser Bouldern im Tessin<br />
‹1› Gut gerüstet mit Crashpads<br />
rücken Igi, Stefan und<br />
Moreno (v. l.) in Schildkrötenformation<br />
an.<br />
‹2› Der Routinier Stefan<br />
zaubert auf der Reibungsplatte<br />
«Roller» Fb 4c, Sektor<br />
Letamaio, Cresciano.<br />
‹1›<br />
Ignazio Igi Bettoni<br />
47 Jahre alt, seit neun Jahren bei Bächli.<br />
Zuerst Abteilungsleiter Schuhe in der<br />
Filiale Pfäffikon, dann Leiter der Filiale<br />
Chur und anschliessend hat er die neue<br />
Filiale im Tessin aufgebaut, die er heute<br />
auch leitet.<br />
‹ 3 › 2<strong>02</strong>3 ist die aktuelle<br />
Auflage des Boulderführers<br />
zu Cresciano erschienen. Wir<br />
orientierten uns noch mit der<br />
App von Bimano.<br />
‹ 4 › Wieso ist Fb 4c dermassen<br />
schwierig? Moreno<br />
im Problem «Vol au vent»,<br />
Sektor «Filo a sbalzo»,<br />
Cresciano.<br />
• Im Sommer berate ich sehr gerne rund<br />
ums Campen.<br />
• Im Rucksack habe ich immer eine Rettungsdecke<br />
mit dabei.<br />
• Meine Lieblingsdiziplin ist Speedhiking<br />
mit Zelt. Zusammen mit einer Kollegin<br />
wandern wir vier Tage lange Touren in nur<br />
zwei Tagen. Trotz Minimalismus gehören<br />
ein Fläschchen Rotwein und ein Pastaznacht<br />
zur Ausrüstung.<br />
• Vor Bächli arbeitete ich u. a. im Tourismus,<br />
in der Autobranche, als Profireiter und als<br />
Maler. Das Leben ist eben vielseitig.<br />
‹4›<br />
‹3›<br />
Stefan<br />
Alpinkompass – dies oder das?<br />
Als erschti Tourevorbereitig hani<br />
emol de Chat iigrichtet. Of jede<br />
Fall freu i mi, mit eu e paar cooli<br />
Problem z riisse.
Wegweiser Bouldern im Tessin<br />
«Ob unsere schon ziemlich dünne Haut an den Fingerkuppen<br />
auch nur mehr für ein paar wenige Probleme reichen wird?»<br />
anfangen. Dafür knackt er diverse senkrechte, feingriffige Wandprobleme.<br />
In einer spiegelglatten Reibungsplatte spielt er seine<br />
jahrzehntelange Klettererfahrung aus – da bleibt dem Rest der<br />
Gruppe nur mehr das ehrfürchtige Staunen.<br />
Igi<br />
Ja, ich bin au fürs Grotto. Im Tessin verhungerisch nie.
Wegweiser Bouldern im Tessin<br />
BERG<br />
LUFT<br />
ATMEN<br />
Das nächste Mal vielleicht<br />
zur Vorspeise? Moreno vor<br />
dem letzten Zug von Plat du<br />
jour, Fb 5c, Sektor Centrale,<br />
Chironico.<br />
So eine elegante Linie – die müssen wir versuchen! Als Einstieg<br />
gilt es, gegen einen schmalen Seitengriff zu stützen, die Sohlen<br />
der Kletterfinken pressen derweil auf winzige Reibungstritte. So<br />
bekommen wir nach einigen Versuchen eine scharfe Leiste zu fassen.<br />
Balance, Kraft und Psyche sind gefordert. Reihum arbeiten wir<br />
uns höher bis zur kleinen, stumpfen Verschneidung. Nur der letzte<br />
Kletterzug bis zum Ausstiegsgriff will nicht gelingen. Die Füsse<br />
rutschen von den Tritten, die Stürze werden häufiger. Auch Stefans<br />
ausgefeilte Klettertechnik hilft ihm nicht weiter. Müde setzen wir<br />
uns auf die Bouldermatten, knabbern am Picknick und betrachten<br />
zufrieden unsere Fingerkuppen. Noch bluten sie nicht, aber das<br />
Ziel ist erreicht. Wir lassen die Stille im Kastanienwald auf uns<br />
wirken und träumen bereits von einem nächsten Mal. Mit etwas<br />
Training und zu einer kühleren Jahreszeit wird uns der «Plat du<br />
jour» hoffentlich zur Vorspeise gelingen und den Weg ebnen für<br />
viele weitere Probleme im Tessiner Boulderparadies.<br />
Igi<br />
Ich bin fix und fertig!
Expert Sicherungsgeräte<br />
Expert<br />
An einem<br />
Strang<br />
Grosse Stürze federleicht abfangen: An der (Weiter-)Entwicklung von<br />
Sicherungsgeräten arbeiten Produktingenieure seit rund drei<br />
Generationen. Dank ihrer Innovationen ist unser Sport nicht nur<br />
angenehmer, sondern vor allem sicherer geworden.<br />
HMS<br />
Die Sicherung per Halbmastwurf<br />
wurde schon totgesagt, ist<br />
aber nicht totzukriegen. Vorteilhaft<br />
ist, dass es nur einen<br />
Schraubkarabiner braucht.<br />
Tuber<br />
Vor allem beim Alpinklettern finden<br />
die aus der Stichtplatte hervorgegangenen<br />
Tuber Anwendung. Sie<br />
erlauben auch das Sichern mit Doppel-/Zwillingsseil<br />
und eine körperdynamische<br />
Sicherung. Die jüngste<br />
Weiterentwicklung sind Tuber mit<br />
Bremskraftunterstützung.<br />
Text Alexandra Schweikart<br />
Die Funktionsweise von Sicherungsgeräten<br />
ist simpel, aber genial: Sie erhöhen die<br />
Seilreibung. Diese Erhöhung verringert<br />
die Haltekraft, die von der sichernden Person<br />
aufgebracht werden muss, um einen<br />
Sturz zu halten. Je nach Funktionsprinzip<br />
lassen sich vier Kategorien von Sicherungsgeräten<br />
unterscheiden.<br />
HMS<br />
Die einfachste Form der Seilsicherung ist<br />
die Halbmastwurfsicherung (HMS). Sie<br />
erhöht die Reibung durch Windungen, die<br />
das Seil um einen Schraubkarabiner macht.<br />
Der Vorteil liegt in der minimalen Ausrüstung:<br />
Es wird lediglich ein Schraubkarabiner<br />
benötigt. Heutzutage wird die HMS-Sicherung<br />
vor allem im alpinen Bereich bei<br />
leichten Mehrseillängenrouten verwendet,<br />
insbesondere wenn vom Standplatz aus<br />
gesichert wird. Steht der Sichernde auf<br />
einem bequemen Podest, ermöglicht die<br />
HMS-Methode sowohl das Nachsichern des<br />
Nachsteigers als auch das Sichern des Vorsteigers<br />
vom Stand aus. Ein grosser Vorteil<br />
dabei ist, dass der Sichernde nicht direkt<br />
Teil der Sicherungskette ist, also bei einem<br />
Sturz des Vorsteigers nicht unkontrolliert<br />
zur Wand gezogen wird.<br />
Tuber/Stichtplatte/Achter<br />
Die Stichtplatte, entwickelt in den<br />
60er-Jahren von Fritz Sticht, zählt zu den<br />
frühen Sicherungsgeräten und legte den<br />
Grundstein für moderne Seilbremsen wie<br />
den Tuber. In den 80er-Jahren vertrieb<br />
Bächli sogar eine eigene Stichtbremse,<br />
bis in die USA. Typischerweise besteht das<br />
Gerät aus einer Metallplatte mit ein oder<br />
zwei Löchern, durch die das Kletterseil<br />
geführt wird. Der Kletterer befestigt die<br />
Stichtplatte mittels eines Karabiners an<br />
seinem Gurt und führt das Seil durch das<br />
Loch. Durch die entstehende Reibung zwischen<br />
Seil und Metallplatte entsteht ein<br />
Bremswiderstand. Dies ermöglicht dem<br />
Sichernden die Kontrolle über die Ablassgeschwindigkeit<br />
des Seils.<br />
Tuber mit Bremskraftunterstützung<br />
Seit ihrer Einführung im Jahr 2009 haben<br />
sich unterstützte Tuber in der Kletterszene<br />
rasch verbreitet. Ihr Hauptvorteil liegt<br />
in der Kombination der einfachen Handhabung<br />
eines herkömmlichen Tubers mit<br />
einer zusätzlichen Bremskraftunterstützung.<br />
Für die korrekte Funktion muss das<br />
Bremsseil jedoch in einem bestimmten<br />
Winkel, nämlich von unterhalb des Geräts,<br />
eingeführt werden. Einige Modelle, wie der<br />
Click Up von Climbing Technology, sind<br />
auf spezielle Karabiner abgestimmt. Ein<br />
Nachteil dieser Geräte ist, dass sie im Gegensatz<br />
zu HMS oder klassischen Tubern<br />
nicht erlauben, das Seil bei einem Sturz<br />
dosiert durchzulassen, um diesen abzufedern.<br />
Hier ist gutes Timing gefragt: Bei einem<br />
Sturz bewegt sich der Sichernde nach<br />
vorne, um durch die körperdynamische Sicherung<br />
zusätzliches Seil freizugeben und<br />
so den Sturz weich zu gestalten.<br />
Halbautomaten<br />
Das Petzl GriGri, das bereits 1991 auf den<br />
Markt kam, revolutionierte das Sportklettern.<br />
Beim Sturz eines Kletterers blockiert<br />
das GriGri automatisch das Seil und stoppt<br />
so den Fall. Dies geschieht durch eine<br />
Illustration: Saija Sollberger<br />
Halbautomaten<br />
Das «GriGri» von Petzl sieht man besonders<br />
beim Sport- und Hallenklettern häufig. Das<br />
1991 eingeführte Gerät eröffnete die Kategorie<br />
der Halbautomaten: Auf einen Kraftimpuls (z. B.<br />
Sturz des Kletternden) blockiert das Gerät unabhängig<br />
von der Bremshandposition.<br />
34<br />
35
Expert Sicherungsgeräte<br />
interne Nocke, die bei Druck das Seil<br />
gegen das Gehäuse klemmt. Das GriGri<br />
eignet sich auch zum kontrollierten Ablassen.<br />
Dabei wird der Ablasshebel nach<br />
hinten gezogen, und die Bremsfunktion<br />
reguliert das Tempo des Abseilens. Wichtig<br />
ist jedoch – ähnlich wie bei unterstützten<br />
Tubern – beim Sichern mit dem GriGri<br />
körperdynamisch zu agieren, um beim<br />
Sturz des Kletterers etwas Dynamik ins<br />
Seil zu bringen und den Sturz zu mildern.<br />
Seit seiner Einführung haben Kletterer<br />
verschiedene Techniken entwickelt und<br />
verfeinert, um das Beste aus diesem Gerät<br />
herauszuholen, etwa die sogenannte<br />
«Gaswerkmethode». Mit einer speziellen<br />
Handhaltung erleichtert sie die Seilausgabe<br />
und -einnahme, während das<br />
Bremsseil jederzeit in der Bremshand<br />
bleibt. Der Name Gaswerk geht auf die<br />
Schweizer Kletterhalle zurück.<br />
Sicherungsgeräte Kategorien<br />
Kategorie optimale Anwendung Vorteile Nachteile<br />
HMS<br />
Tuber/<br />
Stichtplatte/<br />
Achter<br />
Tuber mit<br />
Bremskraftunterstützung<br />
Halbautomaten<br />
• einfache<br />
Mehrseillängen<br />
• Hochtouren<br />
• Mehrseillängen<br />
• Sportklettern<br />
• Mehrseillängen<br />
• Sportklettern<br />
• Sportklettern<br />
• nur ein Schraubkarabiner<br />
nötig<br />
• seildynamische<br />
Sicherung möglich<br />
• Abseilen und Nachsichern<br />
mit der Guide-<br />
Funktion möglich<br />
• kann im Idealfall<br />
Sicherungsfehler<br />
ausgleichen<br />
• Versionen für Mehrseillängen<br />
erhältlich<br />
• gleicht Sicherungsfehler<br />
aus<br />
• vom Seileinlaufwinkel<br />
unabhängige<br />
Blockierfunktion<br />
• Seil krangelt<br />
• verzeiht keine<br />
Sicherungsfehler<br />
• geringe Bremswirkung<br />
• keine Redundanz<br />
• keine seildynamische<br />
Sicherung möglich<br />
• körperdynamische<br />
Sicherung muss<br />
beherrscht werden<br />
• keine seildynamische<br />
Sicherung möglich<br />
• körperdynamische<br />
Sicherung muss<br />
beherrscht werden<br />
Risiko Mensch: Das Dreibein-Prinzip<br />
Die jüngsten Unfallstatistiken aus deutschen<br />
Kletterhallen für das Jahr 2<strong>02</strong>2 offenbaren<br />
eine besorgniserregende Tendenz: Bei nahezu<br />
allen verzeichneten Bodenstürzen –<br />
insgesamt 19 Fälle – war eine fehlerhafte<br />
Bedienung des Sicherungsgeräts die Hauptursache.<br />
Diese Statistik unterstreicht die<br />
Bedeutung des korrekten Umgangs mit Sicherungsgeräten<br />
beim Klettern. Aber was<br />
bedeutet «korrekter Umgang»? Veranschaulichen<br />
lässt sich das durch das Dreibein-Prinzip.<br />
Ein Tisch mit drei Beinen steht<br />
stabil – vorausgesetzt, jedes Bein hat seine<br />
volle Funktion. Bei den Sicherungsgeräten<br />
repräsentiert das erste Bein die Funktionalität<br />
des Geräts. Dazu gehören das ordnungsgemässe<br />
Einlegen des Seils mit dem<br />
erlaubten Durchmesser, die Verwendung<br />
des passenden Karabiners, die reibungslose<br />
Funktionsweise aller Teile (zum Beispiel der<br />
Ablasshebel bei einem GriGri) und das siche-<br />
re Einklippen des Geräts in die Sicherungsschlaufe<br />
des Gurtes. Das zweite Bein bezieht<br />
sich auf die richtige Bedienung des Geräts.<br />
Selbst das beste Sicherungsgerät wird ineffektiv,<br />
wenn der Nutzer nicht weiss, wie<br />
es zu bedienen ist. Vergleichbar mit einer<br />
Fahrradbremse: Die neueste Bremse nützt<br />
wenig, wenn der Bremshebel nicht gezogen<br />
wird. Es ist also entscheidend, das Gerät genau<br />
zu kennen, einschliesslich des richtigen<br />
Seilausgebens und -einnehmens, des Ablassens<br />
und der Handhabung von Stürzen. Das<br />
dritte Bein stellt das Bremshandprinzip dar.<br />
Dabei sollte die Hand das Seil unterhalb einer<br />
gedachten Linie umschliessen – parallel<br />
zum Boden und entlang des Geräts. Diese<br />
Positionierung gewährleistet eine effektive<br />
Bremswirkung. Die Einhaltung dieses Dreibein-Prinzips<br />
– Funktionalität des Geräts,<br />
richtige Bedienung und Bremshandposition<br />
– bildet die Grundlage für eine sichere Nutzung<br />
von Sicherungsgeräten beim Klettern.<br />
«Jedes von uns<br />
angebotene Sicherungsgerät<br />
ist sicher,<br />
vorausgesetzt, es wird<br />
korrekt bedient.»<br />
Michael Schmid<br />
Produktmanager Hardware<br />
Die Neuen 2<strong>02</strong>4<br />
(Ab Juni erhätlich)<br />
Das Pinch ist ein innovatives Sicherungsgerät für<br />
Sportklettern, Mehrseillängen und Seilzugangstechnik.<br />
Es lässt sich direkt am Klettergurt befestigen<br />
und vereinfacht die Seilausgabe. Durch<br />
seine körpernahe Positionierung ist es möglich,<br />
mit einer einzigen Armbewegung 20 bis 30 Zentimeter<br />
mehr Seil auszugeben. Die frontalen<br />
Bremsrillen reduzieren Seilkrangel und sorgen<br />
für eine reibungslose Handhabung. Zusätzliche<br />
Sicherheit bietet die Anti-Panik-Funktion, während<br />
eine zweite Bremsstufe ein kontrolliertes<br />
Ablassen ermöglicht. In Mehrseillängen kann<br />
das Pinch in vier verschiedenen Richtungen am<br />
Standplatz eingehängt werden, was eine flexible<br />
Bedienung des Sicherungshebels ermöglicht.<br />
Petzl bringt 2<strong>02</strong>4 mit dem Neox eine für den Vorstieg optimierte Erweiterung<br />
des GriGri auf den Markt. Das Neox verfügt über eine bewegliche Rolle<br />
im Inneren, was ein flüssigeres Ausgeben des Seils im Vorstieg ermöglicht.<br />
Dabei wird die «klassische» Sicherungstechnik wie bei einem Tuber angewendet.<br />
Bei einem Sturz wird das Seil weiterhin durch einen Nocken blockiert,<br />
wodurch nur wenig Handkraft erforderlich ist. Der Ablasshebel ist<br />
ergonomisch gestaltet, und das Ablassen lässt sich gut dosieren.<br />
Gut gesichert: Die Autorin<br />
im Vorstieg auf<br />
der griechischen Insel Anafi.<br />
PINCH<br />
EDELRID<br />
Halbautomat, 8,5–10,5 mm<br />
Gewicht: 234 g<br />
NEOX<br />
PETZL<br />
Halbautomat, 8,5–11 mm<br />
Gewicht: 230 g<br />
Foto: Christopher Igel<br />
36<br />
Meilensteine der letzten 60 Jahre<br />
Der Abseilachter, oft einfach als «Achter» bezeichnet, entstand in den 1970er-Jahren, wobei Werner Munter,<br />
ein Schweizer Bergführer, häufig als Erfinder genannt wird. Gleichzeitig entwickelte der Österreicher Fritz<br />
Sticht die Stichtplatte, eine wichtige Innovation in der Klettersicherung, die die Fallenergie durch Reibung<br />
absorbiert. Die HMS-Karabiner, speziell für die Halbmastwurf-Sicherung geeignet, kamen ebenfalls in den<br />
1970ern von DMM (Phantom HMS) auf. Der erste Tuber, der ATC von Black Diamond, wurde 1993 auf den<br />
Markt gebracht. Ebenfalls in den 1990ern erschien mit dem GriGri von Petzl das erste halbautomatische<br />
Sicherungsgerät. Die letzte Entwicklungsstufe stellen unterstützte Tuber dar (z. B. Mammut Smart), die den<br />
Sicherheitsstandard weiter erhöhten.<br />
1960 Abseilachter<br />
1967 Stichtplatte<br />
1974 Gründung Bächli Bergsport<br />
1979 HMS-Karabiner<br />
1991 Petzl GriGri<br />
1993 Black Diamond ATC<br />
2005 Black Diamond ATC Guide<br />
2009 Mammut Smart<br />
2011 Climbing Technology<br />
2012 Edelrid Jul<br />
2016 DMM Pivot<br />
1960 1970 1980 1990 2000 2010 2<strong>02</strong>0<br />
2<strong>02</strong>4 Petzl Neox<br />
2<strong>02</strong>4 Edelrid Pinch<br />
37
Expert Sicherungsgeräte<br />
Der SAC empfiehlt ...<br />
Bewegungsablauf beim körperdynamischen Sichern<br />
Dynamik, bitte!<br />
Was wir noch aus Unfallstatistiken wissen:<br />
Bei Anprallverletzungen, die durch Kollisionen<br />
mit der Wand entstanden, trägt oftmals<br />
ein nicht ideales Sicherungsverhalten zur<br />
Schwere des Unfalls bei. Die Lösung: dynamische<br />
Sicherung! Darunter versteht man<br />
eine Technik zur Reduzierung der Kräfte, die<br />
bei einem Sturz auf den Kletterer und die Sicherungspunkte<br />
wirken. Sie zielt darauf ab,<br />
den Sturz sanfter und sicherer zu gestalten,<br />
indem sie eine progressive Bremsung ermöglicht<br />
und die Kraftverteilung auf Kletterer<br />
und Sicherungsseil optimiert, wodurch<br />
das Verletzungsrisiko sinkt. Wesentlich bei<br />
dieser Technik ist, dass man die Dynamik<br />
des Kletterseiles aktiv unterstützt und so<br />
die Spitzenbelastung auf Kletterer und Sicherungspunkte<br />
reduziert. Es gibt zwei Möglichkeiten,<br />
diese Technik anzuwenden. Bei<br />
der körperdynamischen Sicherung bewegt<br />
sich der Sichernde nach oben, in Richtung<br />
des Seilverlaufs zum Kletterer, und springt<br />
leicht nach oben, wenn der Kletterer fällt und<br />
das Sicherungsgerät blockiert. Klar ist, dass<br />
körperdynamische Sicherungstechniken eine<br />
gewisse Erfahrung und Übung erfordern. Es<br />
ist entscheidend, die Eigenschaften des verwendeten<br />
Sicherungsgeräts zu verstehen<br />
und die Technik den jeweiligen Gegebenheiten<br />
anzupassen. Körperdynamisch wird vor<br />
allem mit unterstützten Tubern und Halbautomaten<br />
gesichert.<br />
Bei der seildynamischen Sicherung<br />
lässt man das Seil dosiert durch das Sicherungsgerät<br />
laufen. Ein zu lockeres Seil kann<br />
das Risiko eines Bodensturzes erhöhen. Der<br />
Sichernde muss daher ein Gleichgewicht<br />
finden, um genügend Seil durch das Sicherungsgerät<br />
(Tuber, Achter, HMS) zu geben,<br />
damit der Kletternde weich fällt, aber nicht<br />
so viel, dass es gefährlich wird. Die Verwendung<br />
eines Sicherungshandschuhs wird bei<br />
dieser Technik empfohlen.<br />
… in Kletterhallen und Klettergärten<br />
(1-Seillänge) unterstützte Tuber<br />
(z. B. Ergo, Click-Up, Smart, Jule2 etc.)<br />
oder Halbautomaten (z. B. GriGri)<br />
zu benutzen. Sie bieten einen Sicherheitsvorteil<br />
gegenüber dynamischen<br />
Sicherungsgeräten wie Tuber und<br />
HMS, da sie aufgrund ihrer Blockierungsunterstützung<br />
die Chance massiv erhöhen,<br />
beim Verlust des Bremsseiles<br />
einen Bodensturz zu verhindern.<br />
1<br />
3<br />
2<br />
FROM THE VALLEY<br />
T O T H E S U M M I T<br />
Die Klassiker<br />
Klassischer Tuber mit zusätzlicher Öse für die<br />
Aufhängung am Standplatz und zum Nachsichern<br />
von zwei Nachsteigenden beim Mehrseillängenklettern.<br />
Die seitlichen Aussparungen am Gerät<br />
verringern das Gewicht auf 80 Gramm. Sichern<br />
und Abseilen mit zwei Seilsträngen ist mit dem<br />
ATC Guide reibungslos möglich. Der Name ATC<br />
kommt übrigens von «Air Traffic Control» und<br />
beschreibt, dass mit diesem Gerät und entsprechender<br />
Erfahrung der «Luftraum beim Fliegen»<br />
seildynamisch kontrolliert werden kann.<br />
1 ATC GUIDE<br />
BLACK DIAMOND<br />
Tuber, 8,1-11 mm<br />
Gewicht: 80 g<br />
CHF 36.–<br />
Die überarbeitete Version des beliebten unterstützten<br />
Tubers Mammut Smart 2.0 ist kompakter<br />
gestaltet und sitzt näher am Körper. Dadurch<br />
lässt sich das Seil blitzschnell ausgeben und<br />
einziehen. Das Ablassen erfolgt über eine breite,<br />
kunststoffummantelte Nase. Als zusätzliches Feature<br />
ist das «Smarter» erhältlich. Auf das Gerät<br />
aufgesetzt, verhindert es ein Einlaufen des Seils<br />
von oben und erhöht somit die Sicherheit. Mammut<br />
empfiehlt die Verwendung des passenden<br />
Karabiners «Smart HMS» mit Verdrehschutz.<br />
2 SMART 2.0<br />
MAMMUT<br />
Unterstützter Tuber, 8,7–10,5 mm<br />
(optimal 9,2–10 mm)<br />
Gewicht: 80 g, CHF 35.–<br />
Seit seiner Markteinführung im Jahr 1991 erfreut<br />
sich das GriGri auch in seiner aktuellen dritten<br />
Version nach wie vor grosser Beliebtheit. Ob beim<br />
Sportklettern am Fels oder in der Kletterhalle,<br />
das Seil wird im Sturzfall zuverlässig durch einen<br />
Nocken geklemmt und gebremst, unabhängig<br />
vom Einlaufwinkel des Seils. Besonders zum Toprope-Klettern<br />
und in Kletterkursen hat sich das<br />
«GriGri+» etabliert. Durch ein inneres Bauteil aus<br />
Stahl wird die Abriebfestigkeit erhöht und somit<br />
die Lebensdauer des Gerätes verlängert.<br />
3 GRIGRI<br />
PETZL<br />
Halbautomat, 8,5-11 mm<br />
Gewicht: 175 g<br />
CHF 92.–<br />
Foto: Markus Schwaiger<br />
Ausgefeilte Features und bedingungsloser Wetterschutz<br />
auf Hochtour: die WESTALPEN SOFTSHELL JACKET<br />
kombiniert Robustheit und Atmungsaktivität – hundertprozentiger<br />
Verlass, für vollen Fokus am Berg.<br />
38<br />
Entdecke das komplette System auf ortovox.com<br />
39
Gipfeltreffen Nicole Niquille<br />
Thema Rubrik<br />
«Nur wer seinen<br />
Weg geht, hinterlässt<br />
Spuren.»<br />
Nicole Niquille war die erste Bergführerin mit Schweizer Pass und an<br />
den höchsten Bergen der Welt aktiv. Seit einem Unfall vor genau 30<br />
Jahren sitzt sie im Rollstuhl. Im Interview spricht sie über modernes<br />
Höhenbergsteigen, Barrierefreiheit am Berg und im Alltag – und<br />
warum das Breithorn für sie heute schöner ist als früher.<br />
Interview Stephanie Geiger<br />
«Wenn man lebt, dann muss<br />
man auch etwas erleben,<br />
sonst existiert man nur.» Auch<br />
nach vielen Höhen und Tiefen<br />
blickt Nicole Niquille, Jahrgang<br />
1956, unbeirrbar nach vorne.<br />
Nicole Niquille, wir haben schon lange<br />
nichts mehr gehört von Ihnen. Wie geht<br />
es Ihnen?<br />
Es geht mir sehr gut, danke. Mein Leben hat<br />
an dem Tag, an dem ich an den Rollstuhl gefesselt<br />
wurde, nicht aufgehört, es hat sich<br />
nur in eine andere Richtung entwickelt. Es<br />
ist nicht das Leben, von dem ich als Teenager<br />
geträumt hatte – ein Leben in den Bergen,<br />
mit Seilgefährten geteilt, das Gesicht<br />
Wind und Wetter ausgesetzt. Ich hatte das<br />
Privileg, dieses Leben ein Jahrzehnt lang<br />
zu leben! Aber ich würde mein jetziges Leben<br />
gegen das Leben von niemandem eintauschen<br />
wollen! Es ist mein Leben und ich<br />
liebe es mit all seinen Hindernissen.<br />
Seit dem Unfall im Mai 1994 sind mittlerweile<br />
fast dreissig Jahre vergangen. Auf<br />
einer Skala von 0 bis 10, wie stark muss<br />
man sein, um das Leben von Nicole Niquille<br />
leben zu können?<br />
Zehn. Ganz klar.<br />
Ich würde die Skala sogar erweitern und<br />
elf sagen. Sie waren vielfach Pionierin:<br />
1986 waren sie die erste Schweizerin mit<br />
Bergführerdiplom. Sie waren die erste<br />
Frau, die ohne Flaschensauerstoff eine<br />
Höhe von über 8000 Metern erreichte. Am<br />
K2 war das. Rekorde aufzustellen, die Erste<br />
zu sein, ist Ihnen so etwas wichtig?<br />
Darum ging es mir nie und geht es mir auch<br />
heute nicht. Als ich Bergführerin wurde,<br />
wusste ich nicht, dass ich die erste Schweizerin<br />
sein würde. Damals gab es schon<br />
Renata Rossi, die Bergführerin war und in<br />
der Schweiz lebte. Sie ist aber Italienerin.<br />
Und so war ich eben die erste Bergführerin<br />
mit Schweizer Pass. Weil ich ohne Flaschensauerstoff<br />
auf den K2 steigen wollte,<br />
ist es so gekommen, dass ich die erste Frau<br />
auf über 8000 Metern ohne Flaschensauerstoff<br />
war. Ich lebe mit diesen Rekorden. Ich<br />
habe es jedenfalls nicht darauf angelegt,<br />
aber sie haben mir gezeigt, dass ich schon<br />
ganz gut sein muss, wenn ich das erreiche.<br />
Foto: Caroline Fink<br />
40<br />
41
Gipfeltreffen Nicole Niquille<br />
‹1› Im Sommer 2<strong>02</strong>2 auf dem<br />
Breithorn: «Für Behinderte<br />
ist es besonders wichtig, einen<br />
Traum zu haben.»<br />
‹ 2 › Nicole Niquille am Gasherbrum,<br />
1991: «Bevor ich<br />
Flaschensauerstoff verwende,<br />
bleibe ich lieber unten.»<br />
‹ 3 › Allein unter Männern:<br />
Niquille war eine Pionierin<br />
des weiblichen Höhenbergsteigens,<br />
ehe ein Unfall beim<br />
Pilzesammeln sie in den<br />
Rollstuhl zwang.<br />
‹1›<br />
«Vor dem Unfall habe ich das<br />
Breithorn nie als so besonders<br />
empfunden. Jetzt war es aber<br />
wirklich wunderschön.»<br />
Mit ihrem damaligen Partner Erhard Loretan<br />
waren sie am K2 und am Mount Everest.<br />
In den 1980er-Jahren war das. Seitdem hat<br />
sich dort viel verändert.<br />
Lese ich die heutigen Expeditionsberichte,<br />
dann merke ich sehr deutlich, dass das nicht<br />
mehr das ist, was es einmal war. Es ist kein<br />
Vergleich zu damals. Für uns und für alle,<br />
die in den 80er-Jahren auf Expedition unterwegs<br />
waren, war das noch ein echtes Abenteuer.<br />
Wir haben das lange vorbereitet. Ein<br />
Jahr waren wir allein mit den Vorarbeiten<br />
beschäftigt. Wir haben unser ganzes Material<br />
mitgebracht. Und wir waren ohne Flaschensauerstoff<br />
und ohne Träger am Berg<br />
unterwegs. Zwei Monate lebten wir bei der<br />
K2-Expedition auf dem Gletscher. Insgesamt<br />
waren damals nur drei Expeditionen am K2.<br />
Franzosen, Koreaner und wir Schweizer.<br />
Grosse Namen waren da versammelt: Neben<br />
Ihnen und Erhard Loretan waren auch<br />
Jacques Grandjean, Norbert Joos, Pierre<br />
Morand, Marcel Rüedi und Jean Troillet mit<br />
von der Partie.<br />
Wir waren damals die Ersten am Berg, mit<br />
unseren eigenen Erfahrungen und mit unseren<br />
eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen.<br />
Wir mussten auf uns zählen.<br />
Sie sogar ganz besonders. Sie mussten wegen<br />
gesundheitlicher Probleme absteigen.<br />
Ich hatte starke Schmerzen in dem Bein, das<br />
ich mir viele Jahre vorher bei einem Motorradunfall<br />
schwer verletzt hatte. Erhard und die<br />
anderen sind weiter aufgestiegen. Ich war<br />
16 Stunden wirklich ganz alleine am Berg<br />
unterwegs, bis ich zurück im Basislager war.<br />
Kein Vergleich zu heute: Im vergangenen<br />
Sommer wollten 370 Bergsteiger den K2<br />
besteigen. Ende Juli machten sich dann tatsächlich<br />
180 auf den Weg Richtung Gipfel.<br />
Etwas mehr als hundert haben den Gipfel<br />
schliesslich erreicht.<br />
Das ist für diese Menschen sicher auch ein<br />
Abenteuer. Auch wenn die Rahmenbedingungen<br />
natürlich ganz andere sind. Ich finde<br />
es toll, dass sie das machen. Es ist doch<br />
schön zu sehen, dass so viele Menschen<br />
Freude an den hohen Bergen haben. Wobei<br />
ich sagen muss, hätte ich die Wahl, würde<br />
ich unter den heutigen Umständen nicht<br />
mitgehen. Bevor ich Flaschensauerstoff<br />
verwende, bleibe ich lieber unten.<br />
Indem Sie gezeigt haben, was an den hohen<br />
Bergen möglich ist, waren Sie damals<br />
in gewisser Weise auch Wegbereiterin für<br />
das, was heute dort passiert. Ein anderer<br />
war Reinhold Messner, der heute wohl der<br />
grösste Kritiker des modernen Expeditionsbergsteigens<br />
ist.<br />
Ich erhebe nicht den Anspruch, mit einem<br />
Messner verglichen zu werden, aber wir waren<br />
zur gleichen Zeit im Himalaya aktiv. Es<br />
wäre interessant zu wissen, was Reinhold<br />
Messner machen würde, wäre er heute jung.<br />
Eine hypothetische Frage, auf die wir nie<br />
eine Antwort bekommen werden. Ihre Karriere<br />
als Bergsteigerin und auch Bergführerin<br />
nahm ein jähes Ende, als beim Pilzesammeln<br />
ein Stein Ihren Kopf traf. Die Diagnose:<br />
Schädel-Hirn-Trauma und eine massive<br />
Schädigung des Hirnareals, das für den Bewegungsapparat<br />
zuständig ist.<br />
Aber das Bergsteigen wirkt weiter. Es hat<br />
mir sehr geholfen. Die Berge sind eine gute<br />
Schule für die Schwierigkeiten und die besonderen<br />
Herausforderungen im Leben.<br />
Das Bergsteigen war eine Vorbereitung auf<br />
Fotos: Caroline Fink, zvg<br />
das, was jetzt ist. Jedes Mal, wenn es jetzt<br />
Schwierigkeiten gibt, denke ich an schwierige<br />
Situationen in den Bergen. Ist mir kalt,<br />
dann erinnere ich mich an die Basislager<br />
von K2 oder Everest oder ein ausgesetztes<br />
Biwak und sage mir: «Damals war es noch<br />
viel kälter.» Das hilft mir. Hinzu kommt,<br />
dass für mich als Bergführerin die Herausforderung<br />
normal war und dass ich gelernt<br />
hatte, mich minutiös und sehr genau<br />
vorzubereiten. Das muss man auch, wenn<br />
man im Rollstuhl sitzt. Und: Ich nehme vieles<br />
einfach mit Humor. Humor hilft viel, er<br />
macht vieles leichter.<br />
‹2›<br />
Wie hat sich eigentlich die Bedeutung der<br />
Berge durch den Unfall für Sie verändert?<br />
Ich lebe in Charmey und damit in den Bergen<br />
und in der Natur. Ich habe also Berge<br />
um mich herum. Aber der Bergsport interessiert<br />
mich nicht mehr gross. Wenn man die<br />
Protagonisten nicht mehr trifft, dann verfolgt<br />
man das nicht mehr so intensiv. Ich schaue<br />
auch keine Filme über Berge und das Bergsteigen.<br />
Wenn aber meine Schwester auf einen<br />
Berg steigt, dann freut mich das und ich<br />
bin in ihrem Herzen dabei. Ich habe fünf Nichten.<br />
Zwei davon sind sehr starke Bergsteigerinnen.<br />
Natürlich würde es mich freuen, würde<br />
eine davon Bergführerin werden. Aber das ist<br />
kein Muss und schon gar keine Verpflichtung.<br />
Ihre Grossmutter soll Ihnen einmal den Rat<br />
gegeben haben, immer den schwierigeren<br />
Weg zu wählen. Bei Ihrem Unfall hat wohl<br />
eher das Schicksal voll zugeschlagen.<br />
Was meine Grossmutter betrifft: Das hat sie<br />
mir tatsächlich geraten. Ich wähle immer<br />
noch den schwierigeren Weg. Und dann<br />
sage ich mir: «Das ist aber interessant.»<br />
Ich fordere mich damit also auf, eine Lösung<br />
für das Problem zu finden. Nichtsdestotrotz:<br />
Mein jetziges Leben wünsche ich<br />
niemandem. Und ob der Unfall Schicksal<br />
war? Ich hatte die Wahl. Statt für den Familienausflug<br />
zum Muttertag habe ich mich<br />
für das Pilzesammeln entschieden. Voilà,<br />
wir alle kennen das Ergebnis.<br />
Erhard Loretan hatten Sie nach dem Unfall<br />
erklärt, mit ihm wieder auf das Matterhorn<br />
steigen zu wollen. Wann war der Zeitpunkt,<br />
an dem für Sie selbst klar war, dass das nie<br />
mehr passieren würde?<br />
Ich habe lange gesagt, dass ich wieder laufen<br />
werde. Vielleicht habe ich ein Jahr lang<br />
wirklich fest daran geglaubt. Die Erkenntnis,<br />
dass es mit dem Matterhorn nichts<br />
mehr werden würde, kam dann langsam.<br />
Das kommt nicht an einem Tag. Man gewöhnt<br />
sich daran. Man gewöhnt sich daran,<br />
nicht mehr Skifahren gehen zu können.<br />
Man gewöhnt sich daran, nicht mehr klettern<br />
zu können und endlich (das meinte sie<br />
ironisch) den Lift nehmen zu müssen.<br />
‹3›<br />
Zwar war es nicht das Matterhorn, aber dafür<br />
waren Sie im Sommer 2<strong>02</strong>2 in Sichtweite<br />
des Matterhorns auf dem Breithorn.<br />
Das war ein wunderschönes Erlebnis, ein<br />
ganz tolles Abenteuer. Ich hatte zufällig<br />
Caroline George in Zermatt getroffen. Sie<br />
kam als Bergführerin gerade mit einem<br />
Gast vom Breithorn zurück. Und sie fragte<br />
mich spontan, ob ich zum Breithorn<br />
mitkommen würde. «Ja, natürlich», sagte<br />
ich sofort. So kam das dann. Sie hat<br />
sich um das Team gekümmert. Ich mich<br />
um die Technik. Orthotec, die technische<br />
Werkstatt des Spitals Nottwil, baute den<br />
Prototypen des Schlittens und passte ihn<br />
dann nach Feldtests an. Die Leute bei Orthotec<br />
waren grossartig, sie haben uns<br />
den Schlitten sogar unentgeltlich überlassen.<br />
Dann fand Caroline 16 Frauen, die<br />
mich zum Breithorn schleppten. Auch Rita<br />
Christen, die Präsidentin des Schweizerischen<br />
Bergführerverbandes, und Heidi<br />
Hanselmann, Präsidentin der Schweizer<br />
Stiftung für Paraplegiker, waren mit dabei.<br />
Vermutlich auch ein Rekord. Mir ist nicht<br />
bekannt, dass das vorher jemals jemand gemacht<br />
hatte.<br />
Am Breithorn war ich einmal nicht die Erste,<br />
eine Gruppe des Pelotons de Gendarmerie<br />
de Haute Montagne in Chamonix hatte ein<br />
paar Jahre vorher einen querschnittsgelähmten<br />
Bergführeranwärter in einem Akja<br />
zum Gipfel des Breithorns gebracht.<br />
Haben Sie eigentlich dort oben so etwas wie<br />
Gipfelglück gespürt?<br />
Ja. Tatsächlich. Es war sehr, sehr schön und<br />
auch sehr emotional. Zumal das Breithorn<br />
mein erster Gipfel in den Alpen seit meinem<br />
Unfall war. Vor dem Unfall habe ich das Breithorn<br />
nie als so besonders empfunden. Jetzt<br />
war es aber wirklich wunderschön. Jetzt ist<br />
einfach jeder Berg besonders für mich. In<br />
Nepal war ich davor schon öfter auf über<br />
4000 Meter hohen Gipfeln; dort aber nicht<br />
mit einem Schlitten, sondern auf dem Rücken<br />
von einem Träger oder auf einem Pferd.<br />
42<br />
43
Gipfeltreffen Nicole Niquille<br />
«In Nepal empfinde ich meine<br />
Behinderung viel weniger<br />
problematisch als zu Hause in<br />
der Schweiz.»<br />
Inklusion am Berg wird seit einigen Jahren<br />
immer mehr ein Thema – nicht nur<br />
an den höchsten Bergen, sondern auch in<br />
den Alpen. Was raten Sie Menschen mit<br />
Behinderung?<br />
Alles, was Gutes tut, ist positiv. Das gilt<br />
für Gehende und Behinderte. Und für Behinderte<br />
ist es besonders wichtig, einen<br />
Traum zu haben und ihm zu folgen. Es gibt<br />
immer Träume, die sich verwirklichen lassen.<br />
Nur wer seinen Weg geht, hinterlässt<br />
Spuren. Ein Nicht-Behinderter kann sich<br />
das tägliche Leben eines Behinderten nicht<br />
vorstellen. Da ist jeder Tag eine Herausforderung,<br />
wirklich jeder Tag. Deshalb sollten<br />
Menschen mit Behinderung es wahrmachen<br />
und einen kleinen Moment lang ihren<br />
Traum leben. Und wenn der Traum eben ist,<br />
irgendwie auf einen Berg zu gelangen, dann<br />
ist es eben das. Ich würde gerne wieder so<br />
eine Tour machen wie auf das Breithorn.<br />
Haben Sie schon eine konkrete Idee?<br />
Nein. Aber ich bin offen für Vorschläge.<br />
Wollen Sie da Vorbild sein? Die Schweizer<br />
Paraplegiker-Stiftung hat Sie vor einem<br />
Jahr für Ihr Lebenswerk ausgezeichnet.<br />
Wenn es helfen kann, bin ich gerne ein Vorbild.<br />
Ich will aber nicht im Rollstuhl sitzen,<br />
nur um ein Vorbild im Rollstuhl zu sein.<br />
Was stört Sie am meisten in Ihrem Alltag?<br />
Bauliche Probleme gibt es für mich nicht. Es<br />
stört mich nicht, wenn ich eine Treppe nicht<br />
hinaufsteigen kann. Mich stört der Umgang<br />
der anderen mit Behinderten. Zum Beispiel,<br />
wie man mich anschaut, wie man auf mich<br />
herunterschaut. Im Rollstuhl bin ich immer<br />
niedriger als andere. Das erlebe ich als Nachteil.<br />
Es gibt sogar Leute, die legen ihre Hand<br />
auf meinen Kopf und tätscheln ihn wie bei<br />
einem Kind. Dieses Verhalten stört mich. Als<br />
Mindestens einmal pro Jahr<br />
reist Niquille nach Nepal, wo<br />
sie ein Krankenhaus gegründet<br />
hat und es mit einer Stiftung<br />
unterstützt.<br />
Nicole Niquille<br />
Nicole Niquille, Jahrgang 1956, hielt<br />
1986 als erste Frau der Schweiz das<br />
Bergführerdiplom in Händen. Das<br />
Klettern hatte sie in den Gastlosen<br />
entdeckt. Schon bald war sie im<br />
Montblanc-Gebiet, stieg durch die<br />
Brenvaflanke und über den Frendopfeiler,<br />
am Trollryggen in Norwegen<br />
und sie unternahm gemeinsam mit<br />
ihrem damaligen Partner Erhard Loretan<br />
Expeditionen zum K2 und zum<br />
Mount Everest. Am 8. Mai 1994 war<br />
sie beim Pilzesammeln, als ein Stein<br />
sie am Kopf traf. Diagnose: Schädel-Hirn-Trauma.<br />
Besonders betroffen<br />
das Hirnareal, das für die<br />
Bewegung zuständig ist. Von einer<br />
auf die andere Sekunde war alles<br />
anders. Seitdem sitzt die Frau, die<br />
vorher immer in Bewegung war, im<br />
Rollstuhl. Nicole Niquille lässt sich<br />
davon nicht aufhalten. Voller Energie<br />
und Tatendrang legte sie die<br />
Wirtefachprüfung ab und eröffnete<br />
ein Restaurant. Und Nicole Niquille<br />
gründete eine Stiftung und baute ein<br />
Spital in Nepal auf. Regelmässig ist<br />
sie seither in dem Land im Himalaja<br />
unterwegs. Und noch immer findet<br />
sie auf Bergen ihr Glück.<br />
Fotos: Ephraim Bieri, Caroline Fink<br />
ich noch nicht im Rollstuhl sass, hat das nie<br />
jemand gemacht. Warum aber jetzt? Ich finde,<br />
dass, wie für andere auch, für Behinderte gelten<br />
sollte, ihnen ohne Vorurteile zu begegnen.<br />
Sie engagieren sich seit vielen Jahren für<br />
Menschen in den Bergen und für ihr Wohlergehen,<br />
nämlich für Menschen im Himalaja-Staat<br />
Nepal.<br />
Es gibt dort ein Krankenhaus, das ich gegründet<br />
habe.<br />
Wie kam das?<br />
Nach meinem Unfall führte ich ein Gasthaus.<br />
Ein Nepali arbeitete bei uns. Ang<br />
Gelu Sherpa, so heisst er, ist der Bruder<br />
der ersten Nepali, die den Gipfel des Mount<br />
Everest erreichte. Mit dem Erfolg am Everest<br />
und der Aufmerksamkeit wollte Pasang<br />
Lhamu Sherpa das Leben von Frauen<br />
und Kindern in ihrem Land verbessern.<br />
Jedoch starb sie beim Abstieg und konnte<br />
ihren Traum nie erfüllen.<br />
Das war im April 1993.<br />
Ich wollte dazu beitragen, dass ihre Fa-<br />
milie einen kleinen Teil ihres Traums<br />
verwirklicht sieht. Das Geld, das ich von<br />
meiner Unfallversicherung bekam, wollte<br />
ich für einen humanitären Zweck einsetzen.<br />
Und so entstand die Idee, in Lukla ein<br />
Spital zu bauen. Marco, mein Mann, und<br />
ich haben eine Stiftung gegründet. Jedes<br />
Jahr muss ich 500’000 Schweizer Franken<br />
dafür aufbringen. So viele private Spender<br />
zu finden, das ist eine Herausforderung;<br />
es ist ein harter Kampf. Aber wenn ich die<br />
glücklichen Gesichter in Nepal sehe, dann<br />
bin ich froh und weiss, dass der Einsatz<br />
sich lohnt.<br />
Sie fahren deshalb auch regelmässig nach<br />
Nepal.<br />
Richtig. Mindestens einmal pro Jahr.<br />
Nepal fällt uns nicht gerade als erstes Land<br />
ein, wenn es um Barrierefreiheit geht.<br />
Das dachte ich zunächst auch. Nach dem<br />
Unfall habe ich deshalb meinem Freund<br />
Pema Dorjee Sherpa geschrieben, ich würde<br />
nun nicht mehr nach Nepal reisen. Seine<br />
Antwort war: «Wenn du nicht mehr gehen<br />
kannst, dann tragen wir dich eben.» In Nepal<br />
empfinde ich meine Behinderung viel<br />
weniger problematisch als zu Hause in der<br />
Schweiz. Es gibt in Nepal wirklich immer<br />
eine Lösung. Wenn mein Mann Marco nicht<br />
mitkommen kann, dann begleitet mich eine<br />
Freundin. Sie bringt mich ins Bett und hilft<br />
mir auf der Toilette. Und zudem sind da drei<br />
Sherpas bei mir. Zwei, die mich tragen, und<br />
einer, der den Rollstuhl trägt.<br />
Das klingt abenteuerlich.<br />
Ich erinnere mich gut an eine Situation. Wir<br />
waren auf dem Weg nach Namche Bazar,<br />
dem Hauptort in der Everest-Region. Vor der<br />
grossen Brücke mussten wir warten, weil<br />
eine Pferde-Karawane die Brücke passierte.<br />
Und als die Pferde durch waren, gingen<br />
wir über die Brücke. Ein Träger trug mich.<br />
Es war ein bisschen windig an diesem Tag.<br />
Da kam uns ein Tourist entgegen und blaffte<br />
mich an: «Willst du sterben?» «Nein», antwortete<br />
ich. «Ich will genau das Gegenteil.<br />
Ich will leben.» Denn wenn man lebt, dann<br />
muss man auch Risiken eingehen, sonst<br />
existiert man nur.<br />
44<br />
PERFEKTION KENNT KEINE KOMPROMISSE.<br />
BIS INS KLEINSTE DETAIL OPTIMIERT.<br />
45<br />
VAJOLET GTX MID | MOUNTAINEERING<br />
www.lowa.ch
Partnercheck AKU<br />
Auf grünen<br />
Sohlen<br />
Das italienische Familienunternehmen AKU fertigt seit mehr als<br />
einem halben Jahrhundert Outdoor-Schuhe in bester<br />
Qualität – und war bereits ressourcenschonend unterwegs, als<br />
noch kaum jemand davon sprach.<br />
Ganzheitlicher Ansatz:<br />
Qualität und Verarbeitung<br />
stehen bei AKU an erster<br />
Stelle, nachhaltige Produktion<br />
und Materialien sind<br />
nicht minder wichtig.<br />
baechli-bergsport.ch/aku<br />
Meilensteine<br />
1970<br />
Galliano Bordin gründet in Montebelluna<br />
die Firma Dinsport, die Wander-, Berg- und<br />
auch Langlaufschuhe herstellt.<br />
Text Günter Kast<br />
Montebelluna –<br />
übersetzt heisst<br />
das: der schöne<br />
Berg. Was könnte<br />
passender sein für<br />
ein Unternehmen, das<br />
Schuhe für die Vertikale<br />
herstellt? Die norditalienische<br />
Kleinstadt, am<br />
Übergang von den Voralpen<br />
zur venezianischen Ebene gelegen,<br />
darf man getrost als das Herz der Outdoor-Schuhbranche<br />
bezeichnen, weltweit!<br />
Hier hat das legendäre Schuhmacherhandwerk<br />
all‘italiana seine Wurzeln. Der Grund:<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es die «Rohstoffe» –<br />
günstige Arbeitskräfte und Leder – in Hülle und Fülle. Und<br />
deshalb entstand hier ein dichtes Netzwerk aus Herstellern,<br />
Zulieferern und Gerbereien.<br />
Einer der Platzhirsche ist AKU. Dessen Gründer Galliano<br />
Bordin legte eine für die Region typische Karriere hin: runter von<br />
der Schule mit zehn, um auf dem elterlichen Hof zu arbeiten; dann<br />
Schuhmacherlehre in einer kleinen Werkstatt, wo er für Reparaturen<br />
zuständig war. «Mein Vater lernte dabei, wo die Schwachstellen<br />
liegen», erzählt Paolo Bordin, der seit 1998 die Geschäfte<br />
führt. Anfang der 1970er-Jahre wagte der Senior den Sprung in<br />
die Selbstständigkeit. Unter dem Namen Dinsport liess er Wanderschuhe<br />
für die schnell wachsende Freizeitgesellschaft produzieren.<br />
Damals wie heute<br />
stehen Qualität und<br />
Verarbeitung an<br />
erster Stelle. Ein<br />
Schaft wird zwar<br />
in Rumänien genäht,<br />
aber die Endmontage findet<br />
per Hand am Firmensitz<br />
statt. Viele der Mitarbeitenden<br />
halten der Firma seit Jahrzehnten<br />
die Treue und haben es regelrecht im<br />
Blut, wie man einen Schaft auf den Leisten<br />
schnürt, und wie dieser mit der Brandsohle<br />
verzwickt werden muss. Auch heute<br />
noch gehen nicht mehr als 15 bis 20 Schäfte<br />
pro Stunde durch die Produktionsstrasse, nach dem<br />
Motto: Sorgfalt vor Geschwindigkeit. «Ein Abwandern nach<br />
Asien kommt für uns nicht infrage», betont Paolo Bordin. «Wir<br />
wollen die Kontrolle über Material und Prozesse behalten. Ausserdem<br />
fühlen wir uns für unsere Mitarbeiter hier in Montebelluna<br />
verantwortlich.»<br />
Apropos Verantwortung: Lange Zeit konzentrierte sich AKU<br />
darauf, haltbare, funktionelle und komfortable Schuhe anzubieten.<br />
Bis ein Vergleich der Stiftung Warentest 2013 AKU nicht nur zum<br />
Gesamtsieger erklärte, sondern den Italienern auch bestätigte,<br />
dass sie am nachhaltigsten unterwegs sind. «Wir hatten das gar<br />
nicht auf dem Radar», räumt Marketingmanager Vittorio Forato<br />
ein. «Es passierte nebenbei, war nun aber Anlass, die Zuliefer-<br />
Fotos: zvg<br />
kette noch genauer zu durchleuchten: Wo können wir Ressourcen<br />
schonen? Wo noch weniger schädliche Kleber verwenden?» 2<strong>02</strong>1<br />
ging AKU noch einen Schritt weiter und liess eine Methode zur Berechnung<br />
der CO 2<br />
-Emissionen seiner Modelle über den gesamten<br />
Lebenszyklus hinweg zertifizieren. Dabei kam zum Beispiel heraus,<br />
dass der Klassiker «Bellamont Plus» aktuell mit zwölf Prozent weniger<br />
Umweltbelastung produziert wird als noch 2017. Möglich<br />
macht das unter anderem die Zusammenarbeit mit der nur 80 Kilometer<br />
entfernten und vergleichsweise umweltfreundlich arbeitenden<br />
Gerberei Dani. Dazu passt, dass Vibram Profilsohlen aus<br />
Recycling-Gummi beisteuert.<br />
Auch in anderen Bereichen geht AKU eigene Wege und verzichtet<br />
auf ein gesponsertes Athleten-Team. Stattdessen finanziert<br />
der Berg-Schuster Umweltinitiativen wie Ice Memory. «Forscher<br />
entnehmen den weltweit schwindenden Gletschern Eisproben,<br />
weil darin die Daten über das Klima vergangener Jahrhunderte<br />
gespeichert sind», erklärt Rafael Ziani. «Die Proben werden in der<br />
Antarktis für zukünftige Generationen von Wissenschaftlern aufbewahrt.»<br />
Der Inhaber der Naturzone AG in Ossingen (ZH) managt<br />
den Vertrieb für AKU in der Schweiz bereits seit 20 Jahren. Auch<br />
das ist rekordverdächtig. «Ich bin stolz darauf, Distributor einer so<br />
authentischen Marke zu sein», schwärmt Ziani.<br />
Weil AKU kein Athleten-Team ausrüstet, kommt das Feedback<br />
zu neuen Schuhen von Markenbotschaftern. Der bekannteste dürfte<br />
derzeit Peter Moser sein. Der Bergführer versetzte die Szene in<br />
Staunen, als er die sechs Hauptgipfel der Pale di San Martino in den<br />
Dolomiten an einem einzigen Tag meisterte und dabei in teils sehr<br />
schwierigem Gelände unglaubliche 6200 Höhenmeter zurücklegte.<br />
Sein treuer Begleiter: der Rock DFS GTX von AKU, ein technischer<br />
Zustiegs- und Kletterschuh für die einfacheren Passagen. Ach ja:<br />
Das GTX steht dabei für die Goretex-Membran. Fast überflüssig zu<br />
erwähnen, dass AKU auch auf diesem Feld ein Pionier war und in<br />
den frühen 90er-Jahren einen der weltweit ersten Wanderschuhe<br />
mit dieser Technologie an den Start brachte. Typisch Montebelluna<br />
eben: So schön kann Bergsteigen sein, wenn die Schuhe passen.<br />
1985<br />
Deutschland entwickelt sich zum grössten<br />
Auslandsmarkt. Der Firmenname kollidiert<br />
jedoch mit der deutschen «DIN-Norm»,<br />
weshalb Bordin das Unternehmen in AKU<br />
umbenennt – nach einer Gottheit der<br />
Osterinseln.<br />
1990er-Jahre<br />
AKU präsentiert einen der ersten Wanderschuhe<br />
weltweit mit Goretex-Membran.<br />
1998<br />
Paolo Bordin übernimmt mit 47 Jahren die<br />
operative Führung von seinem Vater. Er ist<br />
selbst begeisterter Bergsportler.<br />
2000<br />
Start der Produktion in Cluj-Napoca,<br />
Rumänien.<br />
2013<br />
Der Blindtest der Stiftung Warentest rückt<br />
das Thema Nachhaltigkeit in<br />
den Fokus.<br />
2018<br />
Übernahme einer Produktionsstätte<br />
in Simanovci, Serbien.<br />
2<strong>02</strong>1<br />
Zertifizierung einer Methode zur<br />
Berechnung der CO 2<br />
-Emissionen der AKU-<br />
Schuhe; Firmengründer Galliano Bordin<br />
stirbt im Februar nach schwerer Krankheit<br />
mit 85 Jahren; 10. August 2<strong>02</strong>1: Peter<br />
Moser realisiert das Projekt Pionieri.<br />
46<br />
47
Ausstieg<br />
Papa<br />
Prantl:<br />
Sollen Kinder heute noch Skifahren lernen?<br />
Na klar, findet unser Kolumnist.<br />
Sie kommen schon irgendwann von alleine darauf,<br />
ob das eine sinnvolle Entscheidung war.<br />
Text Dominik Prantl<br />
In dieser an Diskursthemen eher reichen<br />
Zeit ist es doch einigermassen verwunderlich,<br />
dass kaum etwas in den vergangenen<br />
Jahren die Menschen stärker in den<br />
Konfrontationsmodus zu bringen schien<br />
als die Frage: Sollen unsere Kinder heute<br />
überhaupt noch Skifahren lernen? Der<br />
Tages-Anzeiger und das St. Galler Tagblatt<br />
behandelten dieses Thema ebenso intensiv<br />
wie die meisten österreichischen Zeitungen<br />
von Die Presse bis Profil, und auch<br />
deutsche Leitmedien wie die Süddeutsche<br />
Zeitung und Die Zeit widmeten sich der<br />
Debatte, gerne auch als Pro und Contra.<br />
Dabei werden ausgefeilte Argumente –<br />
Klimaerwärmung! Wirtschaftsfaktor! Elitenhobby!<br />
Natursport! – gewechselt, als<br />
handele es sich um nichts weniger als die<br />
Rettung des Abendlandes.<br />
Dabei geht es bei dieser Frage gar<br />
nicht so sehr um die besseren Argumente<br />
als vielmehr um eine Einstellung: Entweder<br />
mag man das Skifahren. Oder man<br />
mag es nicht. Wichtig ist dabei übrigens<br />
nicht, ob es die Kinder besonders gut leiden<br />
können, sondern ob die Erziehungsberechtigten<br />
einen persönlichen Draht dazu<br />
haben. Ich persönlich konnte da recht unvoreingenommen<br />
an die Sache rangehen.<br />
Verbrachte ich meine Kindheit doch mit<br />
Eltern, die mental so weit von jeder Piste<br />
entfernt waren, dass sie sich nicht einmal<br />
eine Meinung zum Skifahren leisteten.<br />
Meinen ersten ernsthaften Skikurs absolvierte<br />
ich deshalb erst nach dem Studium,<br />
um als bergbegeisterter Mensch den Skitourengehern<br />
irgendwann nicht mehr nur<br />
neidvoll hinterherblicken oder auf Schneeschuhen<br />
nachrennen zu müssen.<br />
Meine Kinder sollen es einfacher haben;<br />
sie sollen das Skifahren so früh wie<br />
möglich lieben lernen. Und zwar nicht deshalb,<br />
weil sich junge Skifahrer laut Studien<br />
besser konzentrieren und koordinieren können<br />
und überhaupt bessere Schüler oder<br />
womöglich auch bessere Menschen sind,<br />
sondern einfach nur, damit ihnen in vielen<br />
Jahren die Welt der Berge auch im Winter<br />
offensteht. An schönen Sams- und Feiertagen<br />
wird deshalb regelmässig losgezogen;<br />
das Packen gleicht jedes Mal der Vorbereitung<br />
auf eine Pol-Expedition, vier paar<br />
Skis, Skischuhe, Stöcke, Handschuhe, Helme,<br />
kruzefix Kinder, jetzt stellt euch nicht<br />
so an beim Anziehen, der Parkplatz schon<br />
voll. Uff, die Ältere kostet an der Kassa für<br />
einen halben Skitag auch schon ein halbes<br />
Vermögen. An der Gondel schreit die ers-<br />
te, dass sie heim will, vor der Abfahrt die<br />
zweite, dass sie nur mit Mama fährt, nach<br />
einer Stunde schreien beide nach der ersten<br />
Znünipause. «Ja, war schon okay», sagt<br />
die Grosse am frühen Nachmittag. «Aber<br />
schwimmen ist schon besser.»<br />
So frage ich mich manchmal, welcher<br />
Gruppe der Argumentewechsler meine<br />
Kinder einmal angehören: Jener, die das<br />
Skifahren auch in vielen Jahren als wundervollen<br />
Wintertanz verteidigen. Oder jener,<br />
die das Skifahren schon während ihrer<br />
Kindheit als Auslaufmodell begriffen. Bis<br />
dahin entscheiden wir.<br />
Dominik Prantl<br />
Dominik Prantl wohnt mitten in den Bergen, wo<br />
im 30-Minuten-Radius mehr Skitourenberge<br />
stehen, als einst im gleichen Umkreis seiner<br />
ehemaligen Heimstatt, des höchstens hügeligen<br />
Münchner Umlands, bespielbare Fussballplätze<br />
zu finden waren.<br />
COMMITTED.<br />
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«<strong>Inspiration</strong>», die Kundenzeitschrift der Bächli Bergsport AG,<br />
erscheint 4 x jährlich und ist in allen Filialen kostenlos erhältlich.<br />
Auflage: 90’000 Exemplare<br />
Herausgeber<br />
Bächli Bergsport AG<br />
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BD Athlet Kim Marschner<br />
Pro Touch Traverse (7a), Brione, Schweiz<br />
Alex Fuchs<br />
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ALL FUN,<br />
NO EDGE.<br />
#citizensofthemountain<br />
Instinkt. Kontakt zum Felsen. Natürliches Klettern.<br />
No-Edge bedeutet keine Kanten und eine reduzierte Gummifläche für grössere Sensibilität bei<br />
jedem Kontakt – für einen natürlichen, freien und dynamischen Aufstieg. Und für mehr Spass.<br />
Elias Iagnemma, Fountainbleau.