Inspiration Nr 02- 2024
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Expert Wanderrucksäcke<br />
Expert<br />
Das perfekte<br />
Schneckenhaus<br />
Tragesystem<br />
Ein grosser Rucksack sollte in der<br />
Rückenlänge verstellbar sein und wird<br />
in unserer Filiale angepasst. Viele<br />
Hersteller bieten auch anatomische<br />
Modellvarianten für schmälere<br />
Schultern oder breite Hüften an.<br />
Ob grosse Skidurchquerung, ein Biwakwochenende oder<br />
mehrwöchiges Trekking: Grosse Vorhaben brauchen grosse<br />
Rucksäcke. Wir schauen mit unserem Rucksack-Experten<br />
Lukas Imhof auf den aktuellen Rucksackmarkt ab<br />
30 Liter Volumen aufwärts.<br />
Fixierungen<br />
Unnötige Details summieren<br />
sich schnell: Wer nur wandern<br />
geht, braucht weder Helm- noch<br />
Pickelhalterungen am Rucksack.<br />
An seitlichen Kompressionsriemen<br />
kann man (fast) alles befestigen,<br />
sie verkleinern zudem ungenutztes<br />
Volumen. Einige Deckeltaschen<br />
lassen sich abnehmen und als<br />
Daypack verwenden.<br />
Der Kauf des richtigen Rucksacks ist in<br />
etwa so individuell wie die Auswahl des<br />
richtigen Schuhs. Was bei den Schuhen<br />
die Passform am Fuss ist, stellt beim<br />
Rucksack die Rückenlänge, das Tragesystem<br />
und das allgemeine Tragefühl dar.<br />
«Wenn jemand zu uns in die Bächli-Filiale<br />
kommt, fragen wir zuerst: Für welchen<br />
Einsatzzweck benötigen Sie den Rucksack?»,<br />
sagt Bächli-Einkaufsleiter Lukas<br />
Imhof. Die Antwort bildet die Grundlage<br />
für die anschliessende Beratung. Den<br />
Allrounder, der wirklich alle Einsatzbereiche<br />
abdeckt – von Tageswanderung über<br />
Bikeausflug, Fernwanderung bis hin zur<br />
Skidurchquerung – gibt es nicht.<br />
«Ich habe bestimmt 20 Rucksäcke<br />
zu Hause», sagt Lukas Imhof, obwohl der<br />
Trend zu polysportiven Modellen gehe,<br />
fügt der 45-Jährige hinzu. Das gelte aber<br />
eher für Modelle unter 30 Liter Fassungsvolumen,<br />
die man auf Tagestouren zum<br />
Biken, Wandern und Klettern einsetzen<br />
kann. Ab einem Volumen von 30 Litern<br />
aufwärts werden die Einsatzbereiche<br />
zunehmend konkreter und die Anforderungen<br />
an den jeweiligen Rucksack spezifischer.<br />
Imhof nennt ein Beispiel: In die<br />
Text Nadine Regel<br />
Filiale kommt ein Bergsteiger, der schon<br />
seit 20 Jahren seinen alten Alpinrucksack<br />
nutzt. Am nächsten Wochenende<br />
hat er einen Bergführer gebucht, um mit<br />
ihm aufs Bishorn, einen Viertausender<br />
im Wallis, zu steigen. Er wünscht sich<br />
einen neuen Rucksack, mit dem er seine<br />
komplette Ausrüstung für die Tour und<br />
die Hüttenübernachtung verstauen kann.<br />
«Für diesen Zweck eignet sich ein Rucksack<br />
mit 35 Litern Volumen», sagt Lukas<br />
Imhof. Für die Tour benötigt er Steigeisen<br />
mit Packsack, Verpflegung, Ersatzwäsche,<br />
einen Hüttenschlafsack, Handschuhe,<br />
Hardshell-Hose und -Jacke sowie das<br />
komplette technische Material wie Gurt,<br />
Karabiner, Eispickel und Eisschrauben.<br />
Das Feature-Set von Alpinrucksäcken ist<br />
auf die Fixierung von technischem Material<br />
ausgelegt. Das Seil findet dabei Platz<br />
unter der Deckeltasche und lässt sich<br />
dort mit einer Schlaufe befestigen, den<br />
Eispickel bringt man aussen am Rucksack<br />
an. Alpinrucksäcke sind zudem schmaler<br />
geschnitten, um Bewegungsfreiheit<br />
zu ermöglichen. Mit ähnlichen Features<br />
warten auch Skitourenrucksäcke auf, die<br />
zusätzlich Befestigungsmöglichkeiten für<br />
Skis und eine extra Kammer für die Lawinensicherheitsausrüstung<br />
benötigen.<br />
Beliebte Marken in dem Bereich sind Ortovox,<br />
Exped und die französische Marke<br />
Blue Ice, die extrem technische Rucksäcke<br />
herstellt.<br />
Netz- oder Kontaktrücken?<br />
Der Einsatz bestimmt auch eine andere<br />
essenzielle Frage beim Rucksackkauf:<br />
Welches Rückensystem soll es sein? Zur<br />
Auswahl stehen grundsätzlich zwei Arten.<br />
Der Netzrücken eignet sich eher für<br />
leichteres Gelände, geringere Traglast<br />
und Volumina bis zu maximal 50 Litern.<br />
Dieser Rucksacktyp hat am Rücken eine<br />
Wölbung, die die Luftzirkulation erleichtern<br />
und Staunässe durch Schwitzen verhindern<br />
soll. Weil der Rucksack nicht ganz<br />
eng am Körper anliegt, verlagert sich der<br />
Schwerpunkt etwas nach hinten, was die<br />
Lastenkontrolle erschwert. Wandert man<br />
so auf einem Grat oder in anderweitig<br />
exponiertem Gelände, kann man schneller<br />
aus dem Tritt geraten. Der Kontaktrücken<br />
hingegen liegt möglichst eng am<br />
Rücken an und ist bei Kletterrucksäcken,<br />
aber auch grossen Trekkingrucksäcken<br />
Illustration: Saija Sollberger<br />
Lastenkontrollriemen<br />
Mit ihnen justiert man den Anstellwinkel<br />
des Rucksacks und damit auch, wie<br />
eng die Last am Körperschwerpunkt<br />
liegt – je näher, desto mehr Kontrolle.<br />
In leichterem Gelände lockert man sie<br />
zur Entlastung der Schultern etwas,<br />
aber nie so, dass die Schultergurte<br />
nicht mehr aufliegen.<br />
Hüftgurt<br />
Die Hüften tragen rund drei Viertel<br />
der Last, der Hüftgurt sollte daher<br />
im Gegensatz zum Brustgurt stramm<br />
sitzen. Richtig platziert ist ein Hüftgurt<br />
dann, wenn sein oberes Drittel über dem<br />
Beckenkamm liegt. Wer viel mit dem<br />
Handy fotografiert, sollte im Laden testen,<br />
ob es in die Hüftgurttasche passt.<br />
Organisation ...<br />
… ist eine Typfrage: Minimalisten<br />
genügt ein grosses Hauptfach<br />
(ein heller Innenstoff ist hilfreich),<br />
Ordnungsfreaks brauchen für<br />
alles ein Extrafach. Zum Standard<br />
gehören heute ein Bodenfach sowie<br />
seitliche und frontale Einschübe<br />
aus elastischem Mesh. Ein Rundum-RV<br />
verschafft schnellen Zugriff<br />
wie bei einer Reisetasche.<br />
Richtig packen<br />
Ins Bodenfach gehört voluminöse, nicht<br />
zu schwere Ausrüstung wie Schlafsack,<br />
Isomatte oder Reservekleidung. Es sollte<br />
zudem immer gut gefüllt sein, damit<br />
das Innengestell stützend wirken kann.<br />
Nah an den Rücken gehören schwere<br />
Gegenstände und Getränke, mit Kleidung<br />
füllt man Zwischenräume und stabilisiert<br />
Kleinkram. Die zentrale Frage beim<br />
Packen lautet: Wann muss ich ran?<br />
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