Inspiration Nr 02- 2024
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Ausstieg<br />
Papa<br />
Prantl:<br />
Sollen Kinder heute noch Skifahren lernen?<br />
Na klar, findet unser Kolumnist.<br />
Sie kommen schon irgendwann von alleine darauf,<br />
ob das eine sinnvolle Entscheidung war.<br />
Text Dominik Prantl<br />
In dieser an Diskursthemen eher reichen<br />
Zeit ist es doch einigermassen verwunderlich,<br />
dass kaum etwas in den vergangenen<br />
Jahren die Menschen stärker in den<br />
Konfrontationsmodus zu bringen schien<br />
als die Frage: Sollen unsere Kinder heute<br />
überhaupt noch Skifahren lernen? Der<br />
Tages-Anzeiger und das St. Galler Tagblatt<br />
behandelten dieses Thema ebenso intensiv<br />
wie die meisten österreichischen Zeitungen<br />
von Die Presse bis Profil, und auch<br />
deutsche Leitmedien wie die Süddeutsche<br />
Zeitung und Die Zeit widmeten sich der<br />
Debatte, gerne auch als Pro und Contra.<br />
Dabei werden ausgefeilte Argumente –<br />
Klimaerwärmung! Wirtschaftsfaktor! Elitenhobby!<br />
Natursport! – gewechselt, als<br />
handele es sich um nichts weniger als die<br />
Rettung des Abendlandes.<br />
Dabei geht es bei dieser Frage gar<br />
nicht so sehr um die besseren Argumente<br />
als vielmehr um eine Einstellung: Entweder<br />
mag man das Skifahren. Oder man<br />
mag es nicht. Wichtig ist dabei übrigens<br />
nicht, ob es die Kinder besonders gut leiden<br />
können, sondern ob die Erziehungsberechtigten<br />
einen persönlichen Draht dazu<br />
haben. Ich persönlich konnte da recht unvoreingenommen<br />
an die Sache rangehen.<br />
Verbrachte ich meine Kindheit doch mit<br />
Eltern, die mental so weit von jeder Piste<br />
entfernt waren, dass sie sich nicht einmal<br />
eine Meinung zum Skifahren leisteten.<br />
Meinen ersten ernsthaften Skikurs absolvierte<br />
ich deshalb erst nach dem Studium,<br />
um als bergbegeisterter Mensch den Skitourengehern<br />
irgendwann nicht mehr nur<br />
neidvoll hinterherblicken oder auf Schneeschuhen<br />
nachrennen zu müssen.<br />
Meine Kinder sollen es einfacher haben;<br />
sie sollen das Skifahren so früh wie<br />
möglich lieben lernen. Und zwar nicht deshalb,<br />
weil sich junge Skifahrer laut Studien<br />
besser konzentrieren und koordinieren können<br />
und überhaupt bessere Schüler oder<br />
womöglich auch bessere Menschen sind,<br />
sondern einfach nur, damit ihnen in vielen<br />
Jahren die Welt der Berge auch im Winter<br />
offensteht. An schönen Sams- und Feiertagen<br />
wird deshalb regelmässig losgezogen;<br />
das Packen gleicht jedes Mal der Vorbereitung<br />
auf eine Pol-Expedition, vier paar<br />
Skis, Skischuhe, Stöcke, Handschuhe, Helme,<br />
kruzefix Kinder, jetzt stellt euch nicht<br />
so an beim Anziehen, der Parkplatz schon<br />
voll. Uff, die Ältere kostet an der Kassa für<br />
einen halben Skitag auch schon ein halbes<br />
Vermögen. An der Gondel schreit die ers-<br />
te, dass sie heim will, vor der Abfahrt die<br />
zweite, dass sie nur mit Mama fährt, nach<br />
einer Stunde schreien beide nach der ersten<br />
Znünipause. «Ja, war schon okay», sagt<br />
die Grosse am frühen Nachmittag. «Aber<br />
schwimmen ist schon besser.»<br />
So frage ich mich manchmal, welcher<br />
Gruppe der Argumentewechsler meine<br />
Kinder einmal angehören: Jener, die das<br />
Skifahren auch in vielen Jahren als wundervollen<br />
Wintertanz verteidigen. Oder jener,<br />
die das Skifahren schon während ihrer<br />
Kindheit als Auslaufmodell begriffen. Bis<br />
dahin entscheiden wir.<br />
Dominik Prantl<br />
Dominik Prantl wohnt mitten in den Bergen, wo<br />
im 30-Minuten-Radius mehr Skitourenberge<br />
stehen, als einst im gleichen Umkreis seiner<br />
ehemaligen Heimstatt, des höchstens hügeligen<br />
Münchner Umlands, bespielbare Fussballplätze<br />
zu finden waren.<br />
COMMITTED.<br />
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