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Untitled - Les chemins du Baroque

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liturgischer Musik erkennbar wären. Doch verbirgt<br />

sich hinter dieser formalen Neutralität ein Phänomen,<br />

das uns von Heinrich Schütz und seinen Zeitgenossen<br />

bis zu Haydns „Sieben letzten Worten unseres<br />

Erlösers am Kreuz“ geläufig ist: diese Formen konnten<br />

dazu bestimmt sein, den Ritus zu begleiten,<br />

ohne daß es sich ihre Schöpfer jemals in den Sinn<br />

kommen liessen, daß man sie einmal aus ihrem ursprünglichen<br />

Kontext herauslösen könnte.<br />

HEINRICH IGNAZ FRANZ VON BIBER<br />

Heinrich Ignaz Franz von Biber wurde am 12.August<br />

1644 in Böhmen geboren. Über seine ersten musikalischen<br />

Lehrer ist nichts bekannt, doch geht die<br />

Forschung allgemein davon aus, daß er in der<br />

Steiermark, wo er im Dienste des Fürsten zu<br />

Eggenberg gestanden haben muß, <strong>du</strong>rch Johann<br />

Heinrich Schmelzer, den er später in Wien wiedertraf,<br />

Violin- und Kompositionsunterricht erhielt. Die<br />

virtuose Violin-Literatur stand damals in vollster<br />

Blüte und die besten Virtuosen Österreichs und<br />

Böhmens dienten, zumindest zeitweise, in der<br />

Olmützer Kapelle des Fürstbischofs Karl Graf<br />

Liechtenstein-Kastelkorn. Auch Biber trat in diese<br />

Kapelle ein und übernahm gegen 1665 deren<br />

Leitung. Fünf Jahre später kam es zu einem Streit<br />

mit seinem Arbeitgeber, sodaß er ausschied und in<br />

die Kapelle des Salzburger Fürsterzbischofs wechselte.<br />

Dort leitete er unter anderem die Proben des<br />

Kathedralchors, dessen Direktor er 1684 wurde.<br />

Biber, der erleben <strong>du</strong>rfte, wie sein Ruhm international<br />

rapide zunahm, wurde 1690 in den Adelsstand<br />

erhoben. Neben seinen Violinsonaten schuf er ein<br />

umfangreiches Œuvre geistlicher Musik, drei Opern<br />

und 15 Schuldramen für das Salzburger Jesuiten-<br />

Gymnasium, von denen leider fast nichts erhalten<br />

ist.<br />

Bibers außerordentlich vielseitiges Schaffen sollte<br />

seine alles überragende Bedeutung für die<br />

Entwicklung des Violin-Repertoires allerdings nicht<br />

20<br />

überschatten. Charles Burney, der englische<br />

Musikschriftsteller des 18.Jahrhunderts, schrieb 1776<br />

in seiner Musikgeschichte völlig zu recht: „Von allen<br />

Geigern des letzten Jahrhunderts scheint Biber der<br />

beste gewesen zu sein. Seine Solowerke sind das<br />

Schwierigste und Kapriziöseste, was mir jemals von<br />

der Musik dieser Zeit zu Ohren gekommen ist.“<br />

DIE 15 SONATEN uND DIE PASSACAGLIA<br />

Die Rosenkranz-Sonaten lagen vermutlich 1676<br />

bereits fertig vor. Aus der Zueignung an den<br />

Fürsterzbischof - „Ich habe dieses Werk der<br />

Verherrlichung der XV Geistlichen Geheimnisse<br />

gewidmet, die Sie so sehr ehren“ – lässt sich nicht<br />

mit Bestimmtheit entnehmen, ob ihre Entstehung<br />

auf einen Auftrag seines Arbeitgebers oder auf<br />

Bibers eigene Initiative zurückgeht. Daneben weist<br />

die Dedikation aber auf die Tatsache hin, daß „die<br />

vier Saiten der Violine auf fünfzehn verschiedene<br />

Arten für die verschiedenen Sonaten, Préludes,<br />

Allemanden, Courenten, Sarabanden, Airs,<br />

Chaconnen, Variationen etc. zu stimmen sind“. Der<br />

häufige Rückgriff auf die Technik der „Skoradtur“ ist<br />

tatsächlich zweifellos das auffälligste Merkmal dieses<br />

außerordentlichen Werkes. Wörtlich übersetzt<br />

bedeutet der Begriff „Skordatur“„Verstimmung“.<br />

Damit ist eine von der üblichen Stimmung der einzelnen<br />

Saiten der Saiteninstrumente abweichende<br />

Stimmung gemeint. Vor Biber wurde diese Technik<br />

in der Mitte des 17.Jahrhunderts von Lautenisten<br />

und Gambisten angewendet, um entlegene Tonarten<br />

grifftechnisch zu ermöglichen. Später taucht sie in<br />

vielen Violinkonzerten von Vivaldi und in der 5.<br />

Cello-Suite von Johann Sebastian Bach wieder auf.<br />

Dann starb sie aus, bevor sie vereinzelt im 20.<br />

Jahrhundert wieder Verwen<strong>du</strong>ng fand: in Strawinskys<br />

„Feuervogel“, im Scherzo der 4.Sinfonie von Mahler<br />

und im letzten Satz der „Contrasts“ von Bartók.<br />

Davitt Moroney glaubt zu erkennen, daß „einige der<br />

Rosenkranz-Sonaten (zum Beispiel die erste) einem

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