PSC 4-03 - bei der Föderation der Schweizer Psychologinnen und ...
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wickelt. Ziel ist die Rückbildung <strong>der</strong><br />
PTB-Symptomatik durch wie<strong>der</strong>holte<br />
Aktivierung <strong>der</strong> Traumaszene beziehungsweise<br />
-szenen. Aufgabe des<br />
Therapeuten ist es, darauf zu achten,<br />
dass die Patienten sich das traumatische<br />
Ereignis in allen Sinnes- <strong>und</strong><br />
Gefühlsqualitäten vorstellen, das<br />
heisst mit den zugehörigen visuellen,<br />
akustischen, olfaktorischen <strong>und</strong> taktilen<br />
Eigenschaften sowie allen Formen<br />
aversiver Gefühle <strong>und</strong> verän<strong>der</strong>ter<br />
Körperempfindungen.<br />
Auch in an<strong>der</strong>en Therapieschulen <strong>und</strong><br />
-techniken finden sich Elemente konfrontativen<br />
Vorgehens (siehe Maercker,<br />
20<strong>03</strong>). In <strong>der</strong> «Testimony-Methode»,<br />
die für Folter- <strong>und</strong> Verfolgungsopfer<br />
<strong>der</strong> chilenischen Diktatur entwickelt<br />
wurde, werden <strong>bei</strong>spielsweise von<br />
Therapeut <strong>und</strong> Patient schriftliche<br />
Berichte über das Erlebte verfasst.<br />
lZur Normalisierung PTB-spezifischer,<br />
posttraumatisch verän<strong>der</strong>ter<br />
Wahrnehmungen, Gedanken <strong>und</strong> Interpretationen<br />
wird die Kognitive Umstrukturierung<br />
eingesetzt. Zum<br />
Beispiel beruht das von Ehlers (2000)<br />
entwickelte Vorgehen konsequent auf<br />
Kognitiver Umstrukturierung.<br />
Die Traumaexposition spielt da<strong>bei</strong><br />
keine zentrale Rolle, son<strong>der</strong>n dient<br />
vornehmlich <strong>der</strong> Identifizierung dysfunktionaler<br />
Einstellungen. Als wichtige<br />
Aspekte therapeutischen Vorgehens<br />
werden neuerdings die Betonung <strong>der</strong><br />
Bewältigungserfolge <strong>und</strong> die Sinnfindung<br />
betrachtet (Maercker & Zöllner,<br />
2002).<br />
lIn <strong>der</strong> integrativ psychodynamischkognitiven<br />
Therapiemethode von<br />
Horowitz (1976/1986) sind die posttraumatisch<br />
verän<strong>der</strong>ten Schemata, das<br />
sind Überzeugungen <strong>und</strong> Einstellungen<br />
einer Person über sich selbst, die Welt<br />
<strong>und</strong> die Zukunft, zentral. Durch Fokussierung<br />
auf die Konflikte spiegelt <strong>der</strong><br />
Therapeut dem Patienten dessen Wünsche<br />
<strong>und</strong> Bedürfnisse wi<strong>der</strong>, wodurch<br />
diesem zu Einsichtserlebnissen über<br />
sich selbst verholfen werden soll.<br />
lEs gibt verschiedene Massnahmen,<br />
die als Ressourcenar<strong>bei</strong>t verstanden<br />
werden können. Je nach individuellen<br />
Erfor<strong>der</strong>nissen sind zum Beispiel pha-<br />
d o s s i e r<br />
O p f e r h i l f e<br />
senspezifische Therapiemassnahmen<br />
indiziert, wie Stabilisierungstechniken,<br />
die an positive frühere Erfahrungen<br />
anknüpfen, o<strong>der</strong> die Einbindung <strong>der</strong><br />
«Ressource» Familie.<br />
Häufig wird von Traumaopfern beschrieben,<br />
dass das Trauma existenzielle<br />
Sinnfragen ausgelöst hat. Nicht alle<br />
Traumaopfer sind jedoch alleine in <strong>der</strong><br />
Lage, das Erlebte als Chance für eigene<br />
reichere Lebenserfahrungen <strong>und</strong> für<br />
ihren weiteren Lebensweg zu betrachten.<br />
Deswegen kann es in <strong>der</strong> Psychotherapie<br />
angebracht sein, diese Prozesse<br />
zu för<strong>der</strong>n, indem dem Patienten<br />
seine eigenen Reifungs- <strong>und</strong> Entwicklungsmöglichkeiten<br />
bewusst gemacht<br />
werden.<br />
Soziales Engagement verhilft vielen<br />
Traumaopfern zur Sinnfindung. Es ist<br />
oft von dem Wunsch motiviert, die<br />
mögliche Traumatisierung an<strong>der</strong>er<br />
Menschen zu verhin<strong>der</strong>n. Zum<br />
Beispiel beraten Opfer krimineller<br />
Taten <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Opferhilfeorganisation<br />
«Weisser Ring e.V.» neue Kriminalitätsopfer<br />
o<strong>der</strong> engagieren sich ehemals<br />
politisch Verfolgte <strong>bei</strong> «Amnesty<br />
International» zugunsten politischer<br />
Gefangener in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n.<br />
Auch die oben erwähnte Testimony-<br />
Therapie,<strong>der</strong>en Ziel das Erreichen eines<br />
grossen Publikums durch die Publikation<br />
des Traumaberichts ist, <strong>bei</strong>nhaltet<br />
diesen Aspekt.<br />
Gut belegte Wirksamkeit<br />
Es liegen zwischenzeitlich viele, methodologisch<br />
gute Studien vor, in denen<br />
die Wirksamkeit <strong>der</strong> verschiedenen<br />
PTB-Therapien empirisch überprüft<br />
wurde. Mit Besserungsraten von bis zu<br />
85 Prozent kann die Wirksamkeit spezifischer<br />
Therapieformen als gut bis<br />
sehr gut angesehen werden. Eine<br />
Metaanalyse von PTB-Therapiestudien<br />
(van Etten & Taylor, 1998) belegte die<br />
Wirksamkeit verschiedener psychotherapeutischer<br />
Verfahren. Als sehr gut<br />
wirksame Verfahren zeigten sich die<br />
KVT, EMDR (dt. Augenbewegungs<strong>und</strong>Desensibilisierungs-Verar<strong>bei</strong>tungstherapie),<br />
die Psychodynamische<br />
Therapie nach Horowitz <strong>und</strong> das<br />
hypnotherapeutische Vorgehen. Zu<br />
beachten ist allerdings, dass hinter den<br />
Angaben zur KVT <strong>und</strong> zum EMDR<br />
jeweils mehrere Studien standen, während<br />
jeweils nur eine Studie zur<br />
PsychodynamischenTherapie <strong>und</strong><br />
dem hypnotherapeutischen Vorgehen<br />
berücksichtigt wurde. Die Pharmakotherapie<br />
mit trizyklischen Antidepressiva,<br />
MAO-Hemmern <strong>und</strong> Serotonin-<br />
Reuptake-Hemmern hatte sowohl<br />
geringere Effekte als auch deutlich<br />
höhere Abbrecherraten als die psychotherapeutischen<br />
Verfahren. Auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage dieser Bef<strong>und</strong>e gilt Psychotherapie<br />
nach Konsensuskonferenzen<br />
von Psychiatern <strong>und</strong> Psychologen in<br />
<strong>der</strong> PTB-Behandlung als Methode <strong>der</strong><br />
Wahl.<br />
Multimodales Vorgehen angezeigt<br />
Das psychotherapeutische Vorgehen<br />
kann von ergänzen<strong>der</strong> beziehungsweise<br />
aufeinan<strong>der</strong> aufbauen<strong>der</strong> Kombination<br />
mehrerer Verfahren <strong>und</strong> Techniken in<br />
einer flexiblen, patientenorientierten<br />
Vorgehensweise profitieren.<br />
Ausgangsbasis für multimodales Vorgehen<br />
sind die traumaspezifischen<br />
sowohl biologischen, psychischen als<br />
auch sozialen Verän<strong>der</strong>ungen. In <strong>der</strong><br />
ersten Zeit nach einem Trauma kann<br />
die Pharmakotherapie möglicherweise<br />
zur Beruhigung <strong>der</strong> psychischen Verfassung<br />
<strong>und</strong> Stabilisierung <strong>bei</strong>tragen.<br />
Möglicherweise kommt es danach<br />
nicht zur Ausbildung einer chronischen<br />
PTB. Bei weiterem chronischem<br />
Verlauf ist hingegen eine Psychotherapie<br />
indiziert. Eine andauernde Pharmakotherapie<br />
ist fraglich, da die Gefahr<br />
besteht, dass Therapieerfolge primär<br />
auf das Medikament attribuiert werden<br />
<strong>und</strong> dem Patienten während <strong>der</strong><br />
Psychotherapie nicht vermittelt wird,<br />
dass er seine Symptomatik durch<br />
Eigenaktivität überwinden kann.<br />
Abschliessend ist zu sagen, dass die<br />
Interventionen nach Traumatisierung<br />
zwischenzeitlich weit entwickelt sind<br />
<strong>und</strong> gute Erfolge erzielen. Mit dem<br />
Ziel, entsprechende Richtlinien zu<br />
erstellen, wird <strong>der</strong>zeit über die notwendige<br />
Qualifikation von NotfallpsychologInnen<br />
<strong>und</strong> TraumatherapeutInnen<br />
diskutiert.