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Spectrum #6 2018

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UNIPOLITIK<br />

„Es geht nicht darum, Studierende zu bevormunden“<br />

Vor drei Jahren installierte die Universität Freiburg eine Firewall, welche den Zugang zu gewissen Webseiten<br />

sperrt. Eineinhalb Jahre störte sich kaum jemand daran, bis ein Rechtsstudent eine mediale Debatte<br />

um diese „Netzzensur“ entfachte. Die IT-Direktion unserer Universität kam dabei nicht zu Wort,<br />

was <strong>Spectrum</strong> nun im Gespräch mit IT-Direktor Alexandre Gachet nachholt.<br />

LAURENT OBERSON<br />

Die Universität Freiburg blockiert seit<br />

Ende 2015 den Zugang zu gewissen<br />

Webseiten. Weshalb tut sie das?<br />

Im September 2015 hat das Rektorat entschieden,<br />

einen Software-Filter für spezifische Kategorien<br />

von Internetseiten zu aktivieren. Primär<br />

haben Sicherheitsinteressen den Ausschlag für<br />

diesen Entscheid gegeben.<br />

© Illustration: Guillaume Babey<br />

©Foto: Valentina Scheiwiller<br />

Sie sprechen von „Sicherheitsinteressen“.<br />

Gab es eine konkrete Gefährdungslage?<br />

Nicht direkt. Unsere Direktion hat jedoch<br />

festgestellt, dass über immer mehr mit<br />

dem Uninetzwerk verbundene Computer<br />

versucht wurde, auf schädliche Webseiten<br />

zuzugreifen.<br />

Schützten die bereits vorhandenen<br />

Sicherheitsmassnahmen also nicht<br />

genügend?<br />

Nein, denn obwohl die Universität natürlich<br />

bereits damals über Schutzmassnahmen<br />

gegen Cyber-Angriffe verfügte, schafften es<br />

dennoch einige externe E-Mails, diese Barrieren<br />

zu durchbrechen. Wenn also Studierende<br />

aus Unachtsamkeit eine solche E-Mail öffnen<br />

und auf den Anhang oder einen Link klicken,<br />

kann sich der Laptop mit einem Virus infizieren.<br />

Dadurch greift der Computer danach auf<br />

Hackerwebseiten zu, um von dort aus Spam<br />

zu verschicken. Die Kontaktaufnahme zu<br />

einer Hackerwebseite kann mehrere 100‘000<br />

Mal pro Tag geschehen. Doch Benutzerinnen<br />

und Benutzer bekommen davon nichts mit.<br />

Also trauen Sie den Studierenden keine<br />

Selbstverantwortung zu?<br />

Es geht nicht primär darum, die Studierenden<br />

zu bevormunden und ihnen vorzuschreiben,<br />

welche Internetseiten sie zu besuchen haben<br />

und welche nicht. Das Ziel besteht darin, sie<br />

vor schädlichen Aktivitäten, die im Geheimen<br />

stattfinden, zu schützen.<br />

Welche sind die spezifischen Kategorien,<br />

die gefiltert werden?<br />

Es handelt sich um die Kategorien „malware“,<br />

„phishing“, „command and control“,<br />

„adult“, „anonymizer“ und „proxi-avoidance“.<br />

Webseiten mit politisch-extremistischem<br />

Inhalt zum Beispiel haben per se nichts mit<br />

Die Universität Freiburg entschied sich, gewisse Internetseiten zu blockieren.<br />

Computer-Sicherheit zu tun und fallen<br />

demnach unter keine dieser Kategorien.<br />

Inwiefern hat ihre IT-Direktion einen<br />

Einfluss auf die Festlegung der Kriterien,<br />

aufgrund derer eine Internetseite<br />

in diese oder jene Kategorie eingeteilt<br />

wird?<br />

Wir haben selber direkt keinen Einfluss<br />

auf die Kategorisierung des Herstellers.<br />

Die obengenannten Kategorien stellen<br />

jedoch eine kleine Auswahl der uns vom<br />

Hersteller angebotenen Kategorien dar.<br />

Wir hätten zum Beispiel die Möglichkeit<br />

gehabt, den Inhalt der Kommunikation<br />

zwischen Benutzer oder Benutzerin und<br />

Server zu entschlüsseln und zu überprüfen.<br />

Das ging uns aber zu weit, weswegen<br />

wir uns gegen eine solche Möglichkeit entschieden.<br />

In diesem Sinne war und ist die<br />

Uni um eine vorsichtige und konservative<br />

Verwendung der Filter-Software bemüht.<br />

Die Filtrierung wurde nur auf diejenigen<br />

Elemente beschränkt, welche zum Schutze<br />

der Informatiksicherheit notwendig sind.<br />

Die Filtersoftware ist ein Produkt der<br />

US-Firma Palo Alto Networks. Können<br />

Sie mir in einzelnen Schritten erklären,<br />

wie dieses Programm funktioniert?<br />

Der Benutzer oder die Benutzerin des<br />

Uninetzwerks gibt eine Internetadresse<br />

(URL) ein. Die Eingabe löst daraufhin eine<br />

Anfrage beim Hersteller der Software, also<br />

Palo Alto, aus. Dieser befragt anschliessend<br />

seine Datenbank, die antwortet,<br />

in welcher Kategorie diese URL einzuordnen<br />

ist. Wenn die URL einer Filterkategorie<br />

zugeordnet werden kann, wird<br />

der Zugang zur entsprechenden Webseite<br />

blockiert und dem Benutzer oder<br />

der Benutzerin eine Meldung geschickt.<br />

Es kann sein, dass eine Webseite<br />

fälschlicherweise blockiert wurde oder<br />

dass anlässlich von Studien- oder Forschungszwecken<br />

ein legitimes Interesse<br />

besteht, Zugriff auf eine blockierte Webseite<br />

zu erhalten. Was kann in solchen<br />

konkreten Fällen getan werden?<br />

Im ersten Fall, also wenn eine Webseite<br />

unrechtmässig blockiert wurde, kann sich<br />

die betroffene Person via Micromus an uns<br />

wenden und darlegen, aus welchen Gründen<br />

die aufgerufene Internetseite deblockiert<br />

werden sollte. Daraufhin füllen wir<br />

ein Formular des Softwareherstellers Palo<br />

Alto aus. Dieser nimmt innerhalb von 24<br />

Stunden eine Neubeurteilung vor und<br />

deblockiert gegebenenfalls die Seite. Im<br />

zweiten Fall, wo eine Seite rechtmässig<br />

blockiert wurde, kann sich die betroffene<br />

Person ebenfalls an uns wenden. Wenn<br />

die Anfrage gerechtfertigt ist, geben wir<br />

ihr dann ein Passwort, mit dem sie Zugriff<br />

auf die Seite erhält. Im ersten Fall<br />

gab es seit Einführung des Systems gewisse<br />

Anfragen, im zweiten Fall hingegen<br />

noch nie. Allerdings handelt es sich in 99<br />

Prozent der Fälle um blockierte Seiten,<br />

deren Zugang weder für das Studium<br />

noch für die Forschung erforderlich ist.<br />

12.<strong>2018</strong><br />

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