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WLZ 81 | Jän. 2021

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Wirtschaft

Serie

Wirtschaft

Historik:

Arbeitgeber Triumph in Aspang

Dieser Nähsaal war der Arbeitsplatz der zahlreichen Näherinnen in

Aspang. © Fotoalbum der Firma Triumph.

Viele Freundschaften entstanden durch die Arbeit bei Triumph. Das

Foto wurde bei einer Weihnachtsfeier in Aspang aufgenommen.

© Foto zur Verfügung gestellt von Frau Holzer.

In der Buckligen Welt und dem Wechselland hatte der international tätige Konzern

Triumph ab den 1960er Jahren mehrere Zweigwerke etabliert, die Unterwäsche,

Bademoden und Freizeitkleidung produzierten. Das kürzlich erschienene Buch „Wir

waren Triumph. Erinnerungen einer Region“ ist das Ergebnis der Forschungsarbeit

von Dr. Peter Becker und Dr.in Brigitta Schmidt-Lauber gemeinsam mit Studierenden

der Institute für Geschichte und Europäische Ethnologie der Universität Wien. Es

gibt Einblicke in die damalige Arbeitsweise und im Besonderen, was die Arbeit bei

Triumph für die Frauen bedeutete und wie sie deren Leben veränderte.

Der Konzern am Land

Die Strategie der Filialgründungen

bestand darin, in strukturschwachen

Gebieten ab 1960

Betriebe einzurichten. In Standorten,

die für die Produktion

infrage kamen, wurde ein Testbetrieb

eingerichtet. In Aspang

wurden dazu Räume in einem

Gesellenhaus angemietet. Diese

Phase dauerte unterschiedlich

lange, meist zwischen ein und

zwei Jahren. In Aspang vergingen

sechs Jahre, bis der reguläre

Betrieb aufgenommen wurde.

Hierfür wurde eine neue Fabrik

auf einem gekauften Grundstück

errichtet. Triumph musste dafür

nur wenig zahlen, da in der Gegend

Firmen, die Arbeitsplätze

schufen, dringend gesucht wurden.

Foto links: Eine Aufnahme vom Werk aus dem Jahr 1969

(c) Fotoalbum der Firma Triumph.

Für die Arbeit bei Triumph wurden

vor allem weibliche Arbeiterinnen

angeworben. Dadurch

hatte der Konzern maßgeblichen

Einfluss auf die Veränderungen

in den Ortschaften.

Frauen in den 1960ern

Die Verdienstmöglichkeiten von

Frauen waren zu dieser Zeit stark

eingeschränkt. Typische Frauenberufe

waren vor allem in der

Textil- und Bekleidungsbranche

zu finden sowie in den Bereichen

Gesundheitsdienst, Reinigung,

Erziehung, Gastronomie und

Kosmetik. Auch das Bildungsniveau

der Frauen war deutlich geringer

als jenes der Männer. Im

Jahr 1971 war für fast drei Viertel

aller Frauen die Pflichtschule die

höchste abgeschlossene Ausbildung.

Erschwerend kam hinzu,

dass ab den 1950er Jahren das

Land zunehmend motorisiert

wurde, das Lenken eines Autos

allerdings lange Zeit als eine

„männliche“ Domäne galt.

Da kam es den Frauen gelegen,

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Bruttojahresgehalt

€ 31.645,- für 38,5 Std./

Woche. Bereitschaft

zur Überzahlung.

dass den Mitarbeitern bei Triumph

neben dem Anreiz einer

kostengünstigen Betriebsküche

und Jahresprämien auch der

Transport zum Arbeitsplatz und

retour durch Werksbusse ermöglicht

wurde.

Der Werksbus vor dem Werk in

Aspang. © Fotoalbum von

Herrn Haberzettl.

Zu dieser Zeit befürchteten

Konservative, dass durch die

Berufstätigkeit der Frau die Familien

zerstört und Kinder verwahrlosen

würden. Bis zur Familienrechtsreform

1975 durften

Frauen nur mit Einwilligung ihres

Ehemannes arbeiten.

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Frauen arbeiten

wie „Maschinen“

Der Arbeitsalltag in den Triumph-

Filialen war von hohem Zeitdruck

geprägt. Die Höhe des

Lohns ergab sich aus einem

geringen Grundlohn und dem

Akkordzuschlag. Die Akkordarbeit

bot finanzielle Anreize für

die Frauen, schneller zu arbeiten:

Sobald die Frauen über einer

festgelegten Produktivitätsgrenze

lagen, erhöhte sich der

Lohn. Es gab sogar Näherinnen,

die zwei Maschinen bedienten,

wofür sie einen Mehrmaschinenzuschlag

erhielten. Die Frauen

schienen mit ihren Maschinen

verschmolzen und fertigten mit

hoher Präzision und ohne Unterbrechung

100 Werkstücke.

Nicht von ungefähr wurden die

Näherinnen von dem Betriebsleiter

des Standortes in Aspang

tatsächlich als „Maschinen“ bezeichnet.

Zudem war die Akkordarbeit in

ein hoch entwickeltes System der

Arbeitsteilung eingebettet. Jede

Arbeiterin war für jeweils einen

Arbeitsschritt zuständig und stellte

mit ihrer Arbeit zugleich das

Ausgangsmaterial für die nächsten

Arbeitsschritte bereit.

Neue Lebensweise

für Frauen

Die weibliche Erwerbstätigkeit

nahm in der zweiten Hälfte des

20. Jahrhunderts rasant zu, während

das bürgerliche Familienideal

in Österreich lange Zeit

unverändert blieb. Für Haushalt

und Familie war weiterhin

die Frau zuständig. Das führte

zu einer Doppelbelastung, die

Rückkehr nach Hause schien lediglich

ein Arbeitsplatzwechsel

zu sein: kochen, Kinder versorgen,

putzen, waschen, bügeln,

einkaufen – was nicht unter der

Woche zu schaffen war, wurde

am Wochenende nachgeholt.

Hier zeigte sich der Arbeitgeber

Triumph sehr familienfreundlich

mit freien Wochenenden und

Betriebsurlauben in den Schulferien.

Zudem bot Triumph seinen

Mitarbeiterinnen eine Teilzeitanstellung

an, damit sie Beruf

und Familie besser vereinbaren

konnten.

Durch die Erwerbstätigkeit war

es den Frauen möglich, auch

außerhalb der Familie soziale

Kontakte zu knüpfen. Viele

Freundschaften unter den Näherinnen

blieben auch nach der

Pensionierung aufrecht. Auch

der Feierabend, lange Zeit vorwiegend

Männern vorbehalten,

wurde durch die zunehmende

Frauenerwerbstätigkeit und der

damit verbundenen Trennung

von Arbeitszeit und Freizeit zunehmend

auch von Frauen genutzt

und mit erholsamen oder

angenehmen Aktivitäten unter

Gleichgesinnten gefüllt.

Nicht zuletzt genossen die Frauen

auch ihre finanzielle Unabhängigkeit

und stärkten durch

die berufliche Herausforderung

und das selbst verdiente Geld

ihr Selbstbewusstsein. Der Lohn

wurde meist angespart und damit

– meist gemeinsam mit dem

Partner – ein Haus gebaut oder

ein Auto gekauft. Damit leisteten

die Frauen einen wichtigen Beitrag

zur wirtschaftlichen Regio-

Hier konnte Ihre

Werbung stehen

nalentwicklung in der Buckligen

Welt und im Wechselland.

Das Werk in Aspang war der letzte

österreichische Nähstandort im

Wechselland und wurde mit Jahresende

2013 geschlossen.

Das Buch ist im regionalen Buchhandel

und auf den Gemeindeämtern

der Region Bucklige Welt

– Wechselland erhältlich. ❏

Stefanie Schadler

Quelle: Becker, Schmidt-Lauber

(2020): „Wir waren Triumph. Erinnerungen

einer Region“. 1. Ausgabe.

Berndorf, Kral Verlag.

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