Spectrum_04_2022
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mit den eher zurückhaltenden Darbietungen
unserer Klasse zusammenhing, bleibt
unklar. Eigentlich schade, wenn bedacht
wird, dass diese internationale Kunst- und
Literaturrichtung in Zürich ihren Ursprung
hat.
Vom Zürcher Hauptbahnhof nach
Dada
Mit Google Maps bewaffnet und dem Regenschirm
in der Hand gehe ich vom Zürcher
Hauptbahnhof Richtung Niederdorf.
An einer unscheinbaren Ecke gegenüber
einer Lush-Filiale befindet sich der historische
Ort, an dem Dada entstand und zelebriert
wurde. Dort traf ich eine Freundin,
die in Zürich Germanistik studiert, und das
Cabaret Voltaire bereits besucht hatte. Dies
aber nicht unbedingt aus germanistischem
Instinkt, der Dadaismus wird sogar an der
Universität Zürich kaum behandelt, sondern
um einen Kaffee zu trinken.
Einen Kaffee gab es auch an diesem Nachmittag.
Die Getränkekarte bietet dazu
auch noch allerlei besondere Kreationen
und hauseigenen Absinth. Zuerst jedoch
erkundete ich das Cabaret Voltaire. Vor
allem der historische Raum beeindruckte
mich. Obwohl er auf den ersten Blick
nicht nach viel aussieht, ist es eindrucksvoll
darüber nachzudenken, dass an diesem Ort
Grundsteine für eine international angesehen
Kunstform gelegt wurden. Im Gewölbekeller
des Cabarets gibt es stetig wechselnde
Ausstellungen. Der Eintritt in diese
läuft nach dem Prinzip: «Man bezahlt so viel
wie man will». Eine Auswahl an Kunstbüchern,
mehrheitlich über den Dadaismus,
und die historischen Texte in der sogenannten
Dada-Vitrine bietet ausserdem die
Möglichkeit Bildungslücken bei Bedarf zu
füllen. Die Inneneinrichtung verleiht dem
Ort ein gewisses Etwas, denn die Möbel in
der Künstler*innenkneipe sind Teil einer
Ausstellung. Für ein Jahr stehen die scheinbar
angebrannten Tische in der Bar beim
Eingang und erinnern an die ursprüngliche
Idee des Orts, Kunst und Gastronomie zu
verknüpfen.
Als es dann Zeit für den bereits erwähnten
Kaffee wurde, betraten immer mehr Gäste
das Cabaret Voltaire. Von Tourist*innen
mit Dada-Reiseführer, über Student*innen
mit Laptop in der Hand und Familien mit
Kindern gab es alles. Der Platz, den wir uns
am Fenster ergatterten, verhalf uns zu einer
philosophischen Feststellung. Im Cabaret
Voltaire sitzt man wie in einem Schaufenster.
Dauernd wurden hinter uns Fotos gemacht
und Blicke in das Lokal geworfen.
Wie das Cabaret Voltaire selber beschreibt,
wird die Tür auf die Strasse sowohl heute
wie damals als Tür in die Welt ausserhalb
des Dadaismus gesehen. Der Platz am Fenster
lieferte uns unseren eigenen Dada-Auftritt.
Das Kaffeetrinken wurde zur Darbietung
im Fenster zur Aussenwelt.
Als der Tag langsam zu Ende ging, war auch
der Aufenthalt im Cabaret Voltaire zu Ende.
Die gesammelten Eindrücke, verhalfen dazu,
eine in der Schweiz entstandene Kunstform
etwas besser kennenzulernen. Ich packte
meine Sachen und ging wieder zum Bahnhof
Zürich, mit etwas mehr Verständnis
für den Dadaismus und dem Plan wieder
mal zurückzukehren. Ob es vor der Abreise
einen Schluck Absinth zum Abschluss gab,
bleibt vorerst geheim. P
Cabaret Voltaire
im Netz
Versteckt inmitten von Passant*innen und Einkaufsläden ein Stück Kunstgeschichte
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