Spectrum_04_2022
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aus» kann ironisch als «dU siEhSt gUt aUS»
geschrieben sein, aber in einer post-ironischen
Intention dennoch die ursprüngliche
Bedeutung beibehalten. Meta-Ironie
geht noch einen Schritt weiter: die Implikation
eines Satzes ist aufgrund der unzähligen
ironischen Umkehrungen nicht mehr
eindeutig bestimmbar.
Neben ironischen Stilmitteln lassen sich
viele andere beobachten und je absurder,
desto besser. Darum verwenden Videoformate
abrupte Schnitte, Audioverzerrungen,
«Bass Boosting» und nicht aufeinander logisch
aufbauende Inhalte. Manche TikToks
parodieren eigenartige Träume, in denen
unvorhersehbare Dinge passieren. Besonders
absurde Reihungen von Ereignissen
kommen bei der Gen Z sehr gut an. Um
noch ein paar andere Beispiele aufzulisten:
Memes beinhalten auch oft eine Übersättigung
von Farben («Oversaturation»), spielen
absichtlich mit einer schlechten Qualität
oder entwickeln sich über Templates weiter,
die tausendfach neu interpretiert und parodiert
werden.
Der Dadaismus und die aktuelle Memekultur
ähneln sich also sowohl in der Intention als
auch in der Komposition. Beide Kunstrichtungen
widersetzen sich der allgemeinen
Logik und gesellschaftlichen Normen. Beide
basieren auf dem globalen Zeitgeschehen
(Krieg, Inflation, Klimawandel, Pandemie
u.v.m.). Memes und Dada arbeiten mit
verzerrenden Techniken, absurden Elementen
und gelten in gewisser Weise als
Anti-Kunst, da sie die konventionelle Norm
von Kunst vernichten. Vielleicht bringt uns
dieser Vergleich avantgardistischen Künsten
näher. In jedem von uns stecken heute Ansichten
des Dada. Wer weiss, wie wir Memes
gestalten würden, hätte es den Dadaismus
und seine zeitgleichen Strömungen nie gegeben?
P
09.22
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