La recezione del Concilio Vaticano II nella teologia ... - Studia Moralia
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16 EBERHARD SCHOCKENHOFF<br />
Gesetzesethik typisch ist, sondern dem Einzelnen einen persönlichen<br />
Weg der Liebe und des Gehorsams gegenüber dem göttlichen<br />
Du aufzeigt, der seinen individuellen Fähigkeiten entspricht.<br />
Anders als in einer „anthropozentrischen Selbstvervollkommnungsethik“<br />
11 , bei der immer der Mensch im Mittelpunkt<br />
steht und die deshalb zwangsläufig in der Sackgasse einer „todbringenden<br />
Anthropozentrik“ 12 endet, liegt der christlichen<br />
Ethik eine anspruchsvolle Vorstellung vom Glück (oder wie<br />
Häring sagt: vom „Seelenheil“) des Menschen zugrunde, die den<br />
sündigen Menschen in die „Liebesgemeinschaft mit dem lebendigen<br />
Gott“ 13 ruft.<br />
Ein vierter Grundzug der religiösen Ethik des Christentums<br />
zeigt sich schließlich in ihrem ekklesiologischen Charakter. Wird<br />
die menschliche Person radikal von Gott her verstanden, so sieht<br />
sie nicht nur zu sich selbst, sondern zugleich in die<br />
Gemeinschaft derer gerufen, die den heiligen, lebendigen Gott<br />
verehren. Weil Nachfolge Christi nicht nur als persönliches<br />
Gefolgschaftsverhältnis gedacht werden kann, sondern als dialogischer<br />
Vollzug sakramentaler Christusgemeinschaft<br />
bestimmt werden muss, ist der Einzelne, indem er sich Christus<br />
anschließt, zugleich in die Gemeinschaft seines mystischen<br />
Leibes aufgenommen. Daher steht die Moraltheologie vor der<br />
Aufgabe, eine spannungsvolle Balance zwischen zwei Polen zu<br />
wahren: Einerseits sind die Getauften in ihrem personalen<br />
Eigenwert von Gott zur Gemeinschaft mit ihm berufen, andererseits<br />
trifft sie diese Berufung nicht nur als Einzelne, sondern<br />
zugleich als Glieder der Kirche. „In Christus sein heißt notwendig<br />
auch denen verbunden sein, die in Christus sind, die von<br />
Christus gerufen werden.“ 14 Die sakramentale Christusgemeinschaft,<br />
welche die ontologische Grundlage für die persönliche<br />
Nachfolge jedes Einzelnen bildet, lässt sich von der Realität des<br />
mystischen Leibes Christi nicht trennen, die ihn in seiner<br />
Antwort trägt und umfängt. „Der Ruf zur Nachfolge Christi trifft<br />
11<br />
A.a.O., 80.<br />
12<br />
A.a.O., 94.<br />
13<br />
A.a.O., 81.<br />
14<br />
A.a.O., 79.