La recezione del Concilio Vaticano II nella teologia ... - Studia Moralia
La recezione del Concilio Vaticano II nella teologia ... - Studia Moralia
La recezione del Concilio Vaticano II nella teologia ... - Studia Moralia
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
32 EBERHARD SCHOCKENHOFF<br />
So möchte er das klassische Lehrstück von den fontes moralitatis<br />
aus den Fesseln einer „allzu starre(n) rationalistische(n)<br />
Wesensethik“ 55 befreien und gewissermaßen „verflüssigen“,<br />
indem er unter dem Begriff der „Situation“ alle moralisch relevanten<br />
Umstände einer Handlung zusammenfasst. Gemäß dem<br />
scholastischen Axiom actus specificantur ab obiecto gibt der<br />
gegenständliche Wert einer Handlung (also das obiectum materiale)<br />
zwar den „ersten Ausschlag für ihre sittliche<br />
Beurteilung“ 56 , doch ist von dieser gegenstandsbezogenen<br />
objektiven Betrachtungsweise aus noch keine umfassende und<br />
endgültige Bewertung der Einzelhandlung möglich. „Zu einem<br />
Gesamturteil über die sittliche Qualität des Aktes aber ist der<br />
materielle Wert nicht für sich allein, sondern in der Situation<br />
mit all ihren Bestimmtheiten zu betrachten.“ 57 In gleicher<br />
Weise liest Häring den Grundsatz agere sequitur esse mit seinen<br />
durch die wertethische Brille geschärften Augen. Er entnimmt<br />
diesem Axiom die Forderung, dass immer „das ganze Sein, die<br />
allgemeine Wesenheit und die individuelle Wesensgestalt, das<br />
Seiende für sich und in der Situation“ 58 für die abschließende<br />
Bewertung des sittlichen Aktes heranzuziehen ist. Ebenso wie<br />
nämlich die eine, konstante Wesensnatur des Menschen real<br />
nur in der jeweiligen Verwirklichungsform existiert, die sie im<br />
einzelnen Menschen annimmt, muss die Bedingtheit und<br />
Formung durch die jeweilige Situation auch als eine unverzichtbare<br />
Bewandtnis der sittlichen Wahrheit angesehen werden.<br />
Innerhalb des Rahmens der allgemeinen Wesensnatur des<br />
Menschen und eines substantiellen Personbegriffs, der die individuelle<br />
Lebensgeschichte nicht in „eine Reihe von wesensunverbundenen<br />
Akten“ 59 auflöst, muss daher auch der<br />
Einmaligkeit und Unvertretbarkeit des Einzelnen Rechnung<br />
getragen werden. „Die allgemeinen Definitionen und<br />
Wesensgrundsätze können wohl die Grenzen abstecken, aber<br />
55<br />
A.a.O., 331.<br />
56<br />
A.a.O., 324.<br />
57<br />
Ebd.<br />
58<br />
A.a.O., 326.<br />
59<br />
A.a.O., 330.