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Titelthema: Herpetologische Forschung und Artenschutz in Vietnam

Natur- und

Natur- und ArtenschutzFeldnotizenEin Exot im Münsterland?Seine Farbanomalie konterkariert die Tarnung: Ein heimischerWasserfrosch mit exotischer Färbung macht aufsich aufmerksam Foto: W. DörnerKurzer Aufenthalt in den guten Händen eines Jungforschers:der Frosch zur Dokumentation beim FototerminFoto: W. DörnerSelbst dem für Lurche ungeübten Auge fällt er sofort auf:ein leuchtend orangefarbener Frosch mit braunem Rücken.Er weckt unsere Neugier, lässt uns aber auch ein wenigzurückschrecken: Sollte sich ein Bewohner Amazonienstatsächlich ins Münsterland in einen Baggersee zwischender Ems und dem Dortmund-Ems-Kanal verirrt haben?Bei einer spontanen Familienexkursion in die Region umSaerbeck waren wir am späten Nachmittag des 28. Mai 2023auf einiges vorbereitet, aber nicht auf diesen Fund. In derFlachwasserzone am nördlichen Ufer eines aufgelassenenBaggersees entdeckten wir das auffällig gefärbte Tier. DieZurückhaltung war schnell wieder der Neugier gewichen,der Junior öffnete also mutig seine Hand, und der Seniorplatzierte dort das Tier, um schnell Fotos aufzunehmen,bevor der Frosch wieder in sein Habitat entlassen wurde.In Ermangelung eigener Fachkenntnisse baten wirDGHT-Geschäftsführer Axel Kwet um Rat, der wiederumThomas Mutz ins Bild setzte. Ein junger Wasserfrosch,der – offenbar aus dem Jahr 2022 stammend – trotz seinerauffälligen Färbung überlebt hatte, so lautete das Urteil derebenfalls erstaunten Experten. Denn durch das kalte Aprilwetterim Frühjahr 2023 haben die Wasserfrösche dieserRegion erst Anfang Mai abgelaicht, sodass am 28. Mai nochkeine kleinen, metamorphosierten Wasserfrösche vorhandensein konnten.Wahrscheinlich handelt es sich bei dem vorliegenden Tierum einen Teichfrosch, wofür die nur mittelspitz und -langausgeprägte Schnauzenpartie und auch die nur mittellangausgebildeten Hinterbeine sprechen. Untermauert wirdder Befund durch die Tatsache, dass Teichfrösche in diesemBereich des Münsterlandes häufiger vorkommen alsSeefrösche. Ganz genau lässt sich das allerdings anhandder vorliegenden Fotos nicht bestimmen, denn darauf sindbeispielsweise die Fersenhöcker und weitere Merkmalenicht zu erkennen.In jedem Fall aber weist das Tier eine ungewöhnliche Farbanomalieauf, die dem weitgehenden Fehlen von Chromatophoren(Farb- oder Pigmentzellen) geschuldet ist. Die basaleMelaninschicht ist vermutlich überall ausgebildet, wird abernur dort sichtbar, wo weitere amphibientypischeChromatophorentypenfehlen. Das sind jene Bereiche auf dem Kopfund Rücken, die axanthisch (= völliges Fehlen von Chromatophoren)sind und wegen der freien Sicht auf die basaleMelaninschicht melanistisch aussehen. In den übrigenorangerot gefärbten Bereichen des Tieres ist zumindest nochein Typ von Chromatophoren ausgebildet, wobei es sichvermutlich um die eher rötlichen Erythrophoren handelt.Diese überlagern die basale Melaninschicht und geben denKörperpartien die charakteristische orangerote Farbe. Damitähnelt dieses Tier einem Teichfrosch mit einer ähnlichenFarbanomalie, der Ende August 2020 in einer Sandgrubebei Meppen im Emsland gefunden wurde. Auch dieserFrosch hatte einen dunklen (schwarzen) Rücken, währendseine Extremitäten wegen des vollständigen Fehlens vonChromatophoren (einschließlich der Erythrophoren) nicht72

Natur- und Artenschutzgelborange, sondern rein weiß waren,sodass es sich dort um einen partiellenAlbinismus und im Rückenbereich umeinen partiellen Melanismus handelte(Mutz & Suntrup 2022). Das Exemplaraus Meppen hatte zudem rein schwarzeAugen, wohingegen das vorliegendeTier Augen mit einer normal gefärbtenIris aufwies.Das aktuell aufgefundene Tier machteeinen vitalen Eindruck, sowohl bei dengeschickten Versuchen, der Dokumentationzu entkommen, als auch beimanschließenden Schwimmen im See,was für das Tier aus der Sandgrubebei Meppen ebenfalls galt (Mutz &Suntrup 2022).Wenngleich eine zweite Begegnung mitdem außergewöhnlichen Lurch unwahrscheinlicherscheint, werden wir sicherwieder zu dem Baggersee reisen unddann bestens vorbereitet sein mit Fotoapparat,Lupe und Lineal – und einer gehörigenPortion Freude am Entdecken.Wolfgang DörnerLiteraturMutz, T. & T. Suntrup (2022):Zum Fund eines ungewöhnlichgefärbten Teichfrosches (Pelophylaxesculentus) im Emsland (Niedersachsen,Nordwest-Deutschland).– Rana 23: 38–57.Fund einer Riesenringelnatterin ThüringenVor wenigen Wochen erreichte dieGeschäftsstelle der DGHT das spannendeFoto einer ungewöhnlich großenRingelnatter (Natrix natrix natrix) ausArnstadt in der Mitte von Thüringen,etwa 20 km südlich der LandeshauptstadtErfurt. Der Einsender des Bildes,Lutz Reißland, schrieb hierzu: „Kürzlichwurde mir ein Foto zugesendet.Auf dem Bild seht Ihr einen Mann,1,92 m groß, der am 1.11.2022 in seinemGarten in einer Arnstädter Kleingartenanlagedie Ringelnatter gefangenhat und für das Foto hochhält. DasTier wurde im Anschluss gleich wiederfreigelassen. Ich schätze die Länge derSchlange auf mindestens 1,70 m. Wassagt Ihr dazu?“Tatsächlich war ich beeindruckt undeinigermaßen sprachlos, denn bislanghabe ich nie eine auch nur annäherndso große Ringelnatter im Freiland gesehen.Meine vorsichtige „Längenberechnung“durch Abmessen der Schlangeauf dem Bild mittels Bindfadens inRelation zur Größe des Mannes imDreisatz ergab eine geschätzte Längeder Natter von 174,5 cm. In der Literaturist als Rekordmaß für diese Art ein2,05 m langes totes Exemplar von derAdriainsel Krk beschrieben (Schreiber1912), während für Deutschlandin der Tabelle von Günther & Völkl(1996) alle von 1940–1996 bekanntenFunde von über 1,10 m langen Tiereneinzeln aufgelistet sind und als größteRingelnatter ein 1,52 cm langes Tieraus der Umgebung Berlins gilt (Wisniewski1958). Günther & Völkl (1996)zitieren zudem noch eine fragwürdigeRekordringelnatter aus Mecklenburg-Vorpommern,die nach Dürigen(1897) 1,85 m lang gewesen sein soll.Dürigen selbst zitiert den Fund diesesin Ankershagen bei Penzlin 1849 gefangenenWeibchens mit einer grobenLängenangabe von „über fünf Fuß“.Insofern ist der aktuelle Fund außergewöhnlich,die allermeisten Tiere,auch die bei Ringelnattern insgesamtgrößeren Weibchen, sind in Deutschlandunter 1 m lang – schon Längenvon über 1,10 m sind sehr selten, inBaden-Württemberg z. B. maß dasgrößte bisher bekannte Tier 132 cm(Laufer et al. 2007).Auf meine Nachfrage hat der Einsenderdes Bildes, Lutz Reißland, sowohldas ungewöhnliche Funddatum am 1.November als auch den Fundort direktin Arnstadt, im KleingartenvereinBahlsen e. V., bestätigt. Inzwischen gabes dort in einer anderen Kleingartenanlagewohl eine weitere Sichtung einergroßen Ringelnatter, der aber nicht dokumentiertwurde. Lutz Reißland hatdie Informationen zu dieser Schlangeüber Umwege erhalten. Demnach hatder Freund eines Freundes das Foto gemacht,auf dem wiederum ein Freundvon ihm („Lars“) die Schlange hält.Sollte ein fachkundiger Herpetologevor Ort kommen wollen, um nach demTier zu suchen, kann Lutz Reißlandgerne den Kontakt herstellen. Bittehierzu eine E-Mail senden an kwet@dght.de.Axel KwetRekordfund in einer Gartenanlage inThüringen: eine 1,92 m große Personhält die frisch gefangene RingelnatterFoto: F. KaufmannLiteraturDürigen, B. (1897): DeutschlandsAmphibien und Reptilien. EineBeschreibung und Schilderungsämmtlicher in Deutschland undden angrenzenden Gebieten vorkommendenLurche und Kriechthiere.– Creutz’sche Verlagsbuchhandlung,Magdeburg.Günther, R. & W. Völkl (1996):Ringelnatter – Natrix natrix (Linnaeus,1758). – S. 666–684 in:Günther, R. (Hrsg.): Die Amphibienund Reptilien Deutschlands.– Gustav Fischer, Jena.Laufer, H., K. Fritz & P. So wig(2007): Die Amphibien und ReptilienBaden-Württembergs. Ulmer,Stuttgart.Schreiber, E. (1912): Herpetologiaeuropaea. Eine systematischeBearbeitung der Amphibien undReptilien, welche bisher in Europaaufgefunden sind. – GustavFischer, Jena.Wisniewski, N. (1958): Die Ringelnatter(Natrix natrix natrix) in derUmgebung Berlins. – Aquarienund Terrarien 5(6): 166–169.73

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