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100 Jahre Caritas der Diözese St. Pölten

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Solidarisch denken leben handeln

Diözesansynode 1972 Im

Diözesansynode 1972 Im psychosozialen Bereich gelang ab den 70er-Jahren eine ähnliche Entwicklung. Hervorzuheben ist hier die Zusammenarbeit mit dem Landesklinikum in Mauer im Bezirk Amstetten. In der stationären Betreuung des Krankenhauses erzielten Menschen mit psychischen Erkrankungen und suchtkranke Patientinnen und Patienten oftmals Erfolge. Jedoch fehlten nach Entlassung geeignete ambulante Einrichtungen zur Weiterbetreuung. In Zusammenarbeit mit dem Landesklinikum und in weiterer Folge auch mit dem Land Niederösterreich nahmen die ersten Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Caritas St. Pölten 1972 im Rahmen der PsychoSozialen Beratung – heute Psychosozialer Dienst – ihre Arbeit auf. Damit konnte eine Weiterbetreuung der Patientinnen und Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus gewährleistet werden. In weiterer Folge entwickelte die Caritas ambulante Beratungszentren, aber auch stationäre Dauereinrichtungen sowie Tageszentren, die Menschen mit psychischen Erkrankungen Arbeits- und Wohnmöglichkeiten bieten. „Besondere Schwerpunkte sollen der weitere Ausbau der Familienhilfe als diözesane Einrichtung, die Ergänzung durch geeignete Formen der Altenhilfe sowie die Schaffung von Einrichtungen zugunsten Behinderter und Suchtkranker bilden.“ Leitsatz 321 aus der Diözesansynode 1972 Quellen: Jahrbuch der Diözese St. Pölten 1993: Im Dienst an den Menschen. Bischöfliches Pastoralamt der Diözese St. Pölten. Scholz, Werner (2018): Leben ist Veränderung. Erinnerungen eines Quereinsteigers. Caritas der Diözese St. Pölten. 1. Auflage. St. Pölten. St. Pöltner Diözesansynode 1972: Im Dienst an den Menschen. Bischöfliches Ordinariat St. Pölten. Thaler, Johannes (2017): Chronik: 100 Jahre Caritas. Stand Dezember 2017. 58

Gespräch Das Nötige einfach tun Ein Gespräch mit dem ehemaligen Caritas-Direktor Werner Scholz. Was bedeutet Solidarität in Ihrem Leben? Das tragende Gefühl meines Lebens ist das solidarische Bild von Kirche, das uns das II. Vatikanische Konzil gebracht hat: Das Bestimmende in der Kirche ist das Gemeinsame. Solidarität bedeutet, dass wir alle unter gleicher Verantwortung stehen, entsprechend unseren Fähigkeiten zu handeln und etwas zur Gesellschaft beizutragen. Sie waren ab 1965 Direktor der Caritas St. Pöltender Zweite Weltkrieg mit seinen katastrophalen Auswirkungen war erst seit zwanzig Jahren zu Ende, den Staatsvertrag hatte Österreich seit zehn Jahren. Wie ging es den Menschen zu Beginn Ihrer Amtszeit? Damals war Niederösterreich als ehemals sowjetische Besatzungszone in seiner Entwicklung im Rückstand. Solidarität bedeutete, dass benachteiligte Menschen durch die Politik in Niederösterreich unterstützt wurden: Unabhängig vom Wohnort soll man die gleichen Chancen haben. Die Armenhilfe wurde abgeschafft und es gab konkrete Hilfe für jene benachteiligten Menschen, die sie brauchten. Sie haben viele Strukturen der Caritas-Arbeit entwickelt, die für uns heute selbstverständlich sind. Wie gelang das? Ein gutes Beispiel ist die Entstehung des Psychosozialen Dienstes im Landesklinikum Mauer. Er entstand, weil den Verantwortlichen klar war, dass alkoholkranke Menschen zwar im Krankenhaus von der Sucht befreit wurden, sie draußen aber wieder animiert wurden, mitzutrinken. Das Land konnte damals kein Personal aufnehmen, Spesenersatz war aber möglich. So stellte die Caritas das Personal und das Land übernahm den Sachaufwand. Damals war der Ermessensspielraum der Zuständigen im Land recht groß, und so konnten wir viele Lösungen entwickeln – vom Psychosozialen Dienst über die Betreuung von Menschen mit Behinderungen bis hin zum Elisabethheim in St. Pölten. Das Einzigartige an dieser gestaltenden Zusammenarbeit, wenn sich kirchliche und politische Ziele so gut decken, ist: Es entsteht ein Sog, etwas, das ich im Nachhinein als Glück beschreiben würde. 59

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