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1 year ago

Compendium Volume 8 German

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alles kaufen kann, von

alles kaufen kann, von Nussknackern über Servietten und Hummerscheren bis hin zu Mah-Jongg-Sets. Und natürlich Kaschmirprodukte. Wenn ein Geschäft nur nach vorheriger Anmeldung besucht werden kann, schreckt das vielleicht einige Kunden ab, nicht aber die Stammkundschaft. Es handelt sich um einen kleinen Prozentsatz, für den Mode und Accessoires einen hohen Stellenwert haben. In ihrem Buch Fashionopolis aus dem Jahr 2019 beschreibt Dana Thomas die Atmosphäre im Moda Operandi in Belgravia, das 2010 von der ehemaligen Vogue-Redakteurin Laura Santa Domingo mitbegründet wurde und ausschließlich nach Vereinbarung geöffnet ist: „In den eleganten Räumen tummelt sich die gehobene Gesellschaft und begutachtet vergoldete iPads und mit Edelsteinen verzierte Armbänder.“ Moda Operandi ist zwar heute vor allem als Onlineshop bekannt, aber seine eigentlichen Wurzeln sind und bleiben die persönlichen Beratungsgespräche. Ein ähnliches Konzept existiert bereits seit einigen Jahren an der Blue Mountain School im Londoner Stadtteil Shoreditch. Bevor die Redchurch Street zu einer Luxus-Einkaufsmeile wurde, auf der A.P.C. und Aesop auf dem Weg zum Lunch im Cecconi’s liegen, war Hostem der einzige Einzelhändler vor Ort. Er eröffnete im Jahr 2010 mit einer Inneneinrichtung der Designpioniere von JamesPlumb und präsentierte in seinen Regalen die Mode von Rick Owens. Wie Mitinitiatorin Christie Brown erklärt, wurde der Laden jeden Samstag zur Touristenattraktion: „Das Kundenerlebnis litt unter dem großen Ansturm an Besuchern. Eine angemessene Beratung war fast unmöglich. Jetzt, da das sogenannte Hostem Archive in die Blue Mountain School integriert ist, haben wir ein Terminvereinbarungssystem und können Kunden etwas zeigen, was sie noch nicht kennen, und ihnen vermitteln, was uns dazu bewogen hat, mit den Designern zusammenzuarbeiten.“ Die Distanz zwischen Designer und Ladengeschäft verringert sich durch persönliche Begegnungen. Bevor Barneys aus der New Yorker Einzelhandelslandschaft verschwunden ist, war das Geschäft die bevor- Von links: ein Blick in den Kleiderschrank von Blue Mountain School in Shoreditch, London; der in New York ansässige Hutmacher Albertus Swanepoel FOTOS VON LINKS: LEWIS RONALD, FALYN HUANG 60

Ich liebe es, mit meinen Kunden über ihr Leben zu sprechen, und da Hüte so persönlich sind, ist es wirklich wichtig, die Gesichtsstruktur und das Aussehen des Kunden zu berücksichtigen. — Albertus Swanepoel zugte Anlaufstelle für die Produkte des Hutmachers Albertus Swanepoel. Seine Hüte gehörten zu den absoluten Bestsellern. Jetzt konzentriert er sich auf die Zusammenarbeit mit Coach und anderen Designer-Marken und lädt Prominente und Privatkunden in sein Atelier in Manhattans Viertel NoMad ein. Das Atelier ist eine fantastische Welt aus Bändern und Filz – hier wird Maß genommen, und hier findet die eigentliche Arbeit statt. „Der Raum war früher ein Künstlerloft und hat mit seinen hohen Decken und großen Fenstern einen ganz besonderen Charme“, erzählt Swanepoel. „Ich liebe es, mit meinen Kunden über ihr Leben zu sprechen, und da Hüte so persönlich sind, ist es wirklich wichtig, die Gesichtsstruktur und das allgemeine Aussehen des Kunden zu berücksichtigen.“ Gespräche können eine kreative Wirkung entfalten. Die romantischen, extravaganten Silhouetten der in Kopenhagen ansässigen Designerin für Damenmode Cecilia Bahnsen kann man zwar online kaufen, aber sie ist überzeugt, dass ihre persönlichen Beratungstermine dazu beitragen, die Begeisterung für ihre Arbeit noch zu steigern. „Das bietet unseren Kundinnen einen einzigartigen Einblick in unser Universum“, sagt sie. „Oft kennen Frauen unsere Kleider aus dem Internet, aber bei mir können sie erleben, wie sich die Modelle anfühlen, wie sie sich tragen und stylen lassen, und sie können einen kompletten Look mit Schuhen und Taschen dazu ausprobieren.“ Es gibt allerdings einen großen Unterschied zwischen der Arbeit eines Designers und dem, was beispielsweise ein Schneider in der Savile Row anbietet. In den Herren-Maßschneidereien in der Savile Row kann fast jeder ausgefallene Kundenwunsch erfüllt werden, aber Mode ist nicht dasselbe wie Schneiderei. „Ich kann jedes Leder und jede Farbe anbieten, die der Kunde wünscht, aber das grundlegende Design unserer Taschen werde ich nicht verändern“, erklärt Ramesh Nair, der als Kreativdirektor bei Moynat und im Team von Hermès arbeitete, bevor er zu Duclos kam. Niemand in Paris kennt sich mit Luxusleder besser aus als er und weiß, wie wichtig es ist, die Integrität einer Marke zu wahren. E s gibt, wie bei den maßgeschneiderten Designleistungen, die Unternehmen wie Rolls-Royce und Hermès anbieten, zentrale Werte, die nicht verwässert werden dürfen. Deshalb sind Marken ja auch so wertvoll. Wenn man eine Hermès Birkin haben möchte, kann man diese nicht einfach kaufen, sondern man muss sich über eine App für einen Termin bewerben und die meisten Bewerber gehen dabei am Ende leer aus. Schals, Decken und Turnschuhe sind jederzeit problemlos erhältlich, aber die Taschen werden wegen ihres hohen Wiederverkaufswertes nur streng kontrolliert abgegeben. Entsprechend erklärte Philippe Blondiaux, CFO von Chanel, im Mai 2022 gegenüber dem Onlinemagazin The Business of Fashion, dass die Marke besonders in „Boutiquen mit stark limitiertem Zugang investieren werde, um unseren Kunden einen sehr exklusiven Service bieten zu können“ und um „unsere Kunden und insbesondere unsere bereits bestehende Kundschaft weiterhin bedienen zu können“. Chanel verfügt über weniger als die Hälfte der weltweiten Einzelhandelsfläche von Louis Vuitton, was erklärt, warum es in den Geschäften wegen der enormen Nachfrage oft zu Warteschlangen kommt. The Business of Fashion berichtete, dass es Pläne gebe, die ersten dieser Boutiquen mit limitiertem Zugang Anfang 2023 in Asien zu eröffnen. Auf Nachfrage erklärte die deutsche Pressestel- 61

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