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Compendium Volume 8 German

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ZEITLOSE YACHTEN Im

ZEITLOSE YACHTEN Im Hafen von Flensburg gibt Robbe & Berking mit brillanten Nachbauten klassischer Schiffskonstruktionen den Weg vor. Von Cornelia Marioglou Auch wenn Spitzentechnologie und futuristische Materialien im Yachtbau heute gang und gäbe sind, steht hier noch immer die traditionelle, jahrhundertealte Handwerkskunst im Mittelpunkt. Genau diese Art von Kunstfertigkeit ist es, die dafür sorgt, dass im klassischen Stil gehaltene Schiffe auch weiterhin in Mode bleiben werden. Tatsächlich steigt die Nachfrage nach solchen Bauten in letzter Zeit. Diese Erfahrung macht zum Beispiel Oliver Berking, Chef der Flensburger Werft Robbe & Berking, die in reiner Handarbeit zeitlose Motor- und Segelyachten aus Holz baut und restauriert. „Wer diese Art der klassischen Linienführung liebt, wird immer danach streben, sich so einen Traum einmal zu erfüllen“, schwärmt er. Diese Einschätzung beruht auf Berkings Erfahrungen mit seinem einzigartigen Unternehmen. Robbe & Berking Classics baut zwar erst seit 15 Jahren Schiffe, doch die Marke ist jetzt schon ein Synonym für Qualität, die sie in ihrer ursprünglichen Funktion als Silberschmiede für feinste Bestecke und Accessoires bereits seit 1874 liefert. Die beiden Nischenmärkte mögen auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben. Doch Berking, der 1985 in das Familienunternehmen eintrat, weiß sowohl die Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede zu schätzen. „Beide Unternehmen erfüllen die gleichen Kriterien. Reine Handarbeit und beste Materialien – in der Silbermanufaktur Metall und in der Werft Holz. Produkte, die niemals einem Trend oder einer Modebewegung folgen, sondern zeitlos, elegant und schön sind. Produkte, die ewig halten, für immer aufbewahrt werden und nicht weggeworfen werden. Produkte, die an die nächste Generation weitergegeben werden.“ B erkings Leidenschaft für seine Arbeit dehnt sich auch auf das Informieren von Besuchern aus. Hierzu dient das 2016 eröffnete Yachtmuseum sowie die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift GOOSE, die sich an alle Liebhaber des Lebens auf und im Meer sowie vor allem klassischer Yachten richtet. Sein Ehrgeiz geht Hand in Hand mit dieser erzieherischen Aufgabe. Einst galt Newport, Rhode Island als das Epizentrum der klassischen 12er-Yacht. Heute ist es nach Berkings Ansicht Flensburg. „Selbst Leute, die mit Yachten nichts am Hut haben, berührt es, wenn sie hier eines der 12er-Boote majestätisch über das Wasser gleiten sehen. Bekannt wurden die Boote nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere zwischen 1959 und 1987, als sie am America’s Cup, der ältesten Segelregatta der Welt teilnahmen. Es sind 21 bis 22 Meter lange Segelyachten, für Regatten geschaffene, wunderschöne Werke. Und genau damit begann letztendlich meine Leidenschaft fürs Segeln und die Geschichte der Werft.“ 80

Selbst Leute, die mit Yachten nichts am Hut haben, berührt es, wenn sie hier eines der 12er-Boote majestätisch über das Wasser gleiten sehen. ILLUSTRATION LINA EKSTRAND Die Werft nahm ihren Betrieb mit der Restaurierung eines 12er-Schulschiffs der deutschen Marine auf, das 1939 bei Abeking & Rasmussen gebaut wurde. Es folgten zwei weitere, beides Boote mit interessanten Hintergründen. „Johan Anker war ein berühmter norwegischer Yachtbauer, der die Drachenklasse erfunden hat“, erklärt Berking. „1939 zeichnete er Pläne für eine 12er, verstarb dann aber 1940, sodass das Boot nie gebaut wurde – bis ich die alten Zeichnungen fand. In Norwegen war das damals eine große Sache. König Harald V. besuchte unsere Werft, um zu sehen, was wir aus Ankers Plänen gemacht hatten.“ Die Yacht wurde 2019 ausgeliefert. Ein 2019 fertiggestelltes „neues“ Schiff markierte dann sozusagen die Wiedergeburt der zweitgrößten jemals gebauten 12er. Sie wurde aus dem Pitt Lake in der Nähe von Vancouver geborgen, wo sie 1976 gesunken war, und unter Verwendung der ursprünglichen Konstruktionspläne sowie sämtlicher Zeichnungen des schottischen Konstrukteurs Alfred Mylne vollständig restauriert. Die Arbeit von Robbe & Berking hat einen deutlichen Bezug zur Vergangenheit. Doch Berkings Denkweise ist sehr auf die Gegenwart ausgerichtet, einschließlich der Probleme, die die aktuelle Wirtschaftslage mit sich bringt. Er zeigt sich aber pragmatisch. „Die Nischen, die unsere beiden Unternehmen besetzen, sind sehr klein. Eine Krise sorgt vielleicht für einen Rückgang unserer Auslastung, doch sie wird uns nicht zerstören. Von den Problemen mit Lieferketten sind wir zum Beispiel nicht allzu sehr betroffen. Natürlich müssen wir das Holz nach Flensburg schaffen. Aber irgendwo gibt es immer einen Baum. Den kaufen wir und verarbeiten ihn dann.“ Im Moment läuft das Geschäft weiterhin gut und Robbe & Berking muss im Hinblick auf seine Prinzipien keine Kompromisse eingehen. „Wenn ich zum Beispiel die Gespräche auf der Boot in Düsseldorf verfolge“, erinnert sich Berking, „erkundigen sich potenzielle Eigner nach der Innenausstattung an Bord. Sie fragen auch nach Flachbildfernsehern, ohne die ihre Kinder auf keinen Segeltörn mitkommen würden. Auf einer klassischen Yacht gibt es so etwas nicht. Aus diesem Grund haben wir eine Art Gentleman-Commuter entwickelt (siehe S. 83). Wir bieten klassische Linien, aber modernste Technik. Das Boot lässt sich mit einem Joystick steuern und ist einfach zu handhaben. In Wirklichkeit handelt es sich dabei um eine Motoryacht, die aber für Besitzer von Segelyachten konzipiert wurde. Der Robbe & Berking Classic Commuter lädt dazu ein, auch die Enkelkinder mitzunehmen, und bietet viel mehr Komfort an Bord.“ Für Berking dreht sich dabei letztendlich alles um Handwerkskunst. „Die großen Holzklassiker aus unserer Werft sind eine Investition. Die meisten unserer Kunden arbeiten viel und können sie sich daher leisten, haben aber keine Zeit, das Boot zu benutzen. Wenn sie sich aber die Zeit zum Segeln nehmen, wollen sie, dass sich die Sonne auf dem wundervollen Mahagoniholz spiegelt und sie die fantastische Handwerksarbeit bewundern können.“ Zeitlose Werte, zeitlose Yachten. 81

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