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NEUES ESSEN No. 1

  • Text
  • Naturkost
  • Bio
  • Mischfruchtanbau
  • Lebensmittel
  • Demeter
  • Landwirtschaft
  • Gerste
In diesem Buch geht es um Wesentliches: Eine ursprüngliche, erfinderische, hochgesunde, ertragreiche und zukunftweisende Anbauweise von Agrarprodukten, die weit über Bio- und Demeter-Standards hinausgeht und zudem spannend ist wie ein Abenteuerroman, der gleichzeitig in der tiefen Vergangenheit, der prickelnden Gegenwart und dem Unbekannten künftiger Zeiten spielt. ISBN: 978-3-033-02144-0 EAN: 7640110517802 Verlag: NaturKraftWerke® Edition

UW: Wenn das Feld brach

UW: Wenn das Feld brach liegt, kommt es zu Gärungsprozessen, bei denen Kohlenstoff freigesetzt wird, der normalerweise über die Wurzelverbauung organisch gebunden ist. Die Wurzelverbauung wird in der konventionellen Landwirtschaft unterbewertet: Es wird primär über den mineralischen Dünger Fruchtbarkeit hergestellt oder gewährleistet. Das Bodenleben, das über die Wurzelbebauung erhalten wird und den Humus bildet, spielt eine Nebenrolle. Die brauchen nicht den Boden an sich, sondern Dünger, Wärme und Wasser. Es ist gewaltig, was ein Hektar konventionell gehaltener und unbedeckter Fläche übers Jahr an Kohlendioxid ausgast. Wenn der Boden nicht bedeckt ist, ist er eine CO2-Maschine? DA: Richtig. Im Vergleich dazu ist der CO2-Ausstoss der Bodenbearbeitungsmaschinen nur Peanuts. In einem Vortrag hat Hartmut Grassl 34 , der am Max-Planck-Institut für Klimatologie arbeitet und damals in der Kommission für den Weltklimabericht war, sehr eindringlich, genau und spannend über diesen Punkt in der Landwirtschaft referiert. Er hat da richtiggehend «heilige Kühe geschlachtet». Er ist auch schon an verschiedenen Bauernveranstaltungen rausgeschmissen worden, wenn er gesagt hat, was Sache ist und dass der Landwirt auch Natur- und Klimaschützer ist oder sein sollte. In der konventionellen Landwirtschaft wie auch in der biologischen wird also das Zeitfenster so gestaltet, dass in vier Wochen im Sommer alles geerntet wird und dann die Erde «nackt» daliegt, oder? Und dann gast sie CO2 ab, solange keine Frucht drauf ist. DA: Die Schwarzbrache im Sommer ist noch viel schlimmer als im Winter, weil da mehr Leben im Boden ist. Die Zersetzungsprozesse starten viel schneller als im Winter. Aber auch im Winter sollte man das Feld nicht unbedeckt lassen. Es ist immer besser, wenn die gesamte Fläche begrünt oder irgendwie verbaut ist. Verbaut ist noch besser als begrünt. Was heisst verbaut? Wenn Wurzeln drin sind? DA: Ja. Aber im Sommer zersetzt sich das schnell, was man auch in jedem Komposthaufen merkt, und im Winter zwischen November und April ist nicht allzu viel los, weil 102

die organischen Prozesse durch die Temperatur heruntergefahren sind. UW: In der konventionellen Landwirtschaft lernt man, dass die Wurzeln, die im Boden sind, enterdet 35 werden sollen. So habe auch ich es gelernt und so haben es auch die anderen gelernt, was von deren Standpunkt aus auch einleuchtend ist. Das verstehe ich jetzt nicht. UW: Die Wurzeln verbauen die Erde und in der Erde können sie wachsen. Bei allem, was man als Unkraut bezeichnet, ist Erde aussen rum. Du brichst den Boden zwar um, aber die Pflanze wächst auch kopfüber – oder wie auch immer – weiter und ist dann schädlich. Sie ist schädlich? DA: Nein, aber es wird so betrachtet. Die Pflanze mit der Wurzel kann ja weiterwachsen. Also geht man hin und enterdet sie, so dass sie keinen Bodenanschluss mehr hat. In der Folge stirbt sie ab. UW: Wenn man Unkrautdruck hat und zum Beispiel Klee umbricht, dann muss man das auf eine bestimmte Art machen. Sonst wächst die Pflanze immer weiter. Wenn Klee drauf ist und ich will hinterher etwas anderes anpflanzen, dann muss der Klee vom Feld weg. Erst dann kann ich etwas anderes kultivieren, weil Klee keine anderen Pflanzen neben sich dulden würde. Also muss man eine Methode dazu finden. Der Boden kann das aus und durch sich selbst, man muss diesen Prozess nicht unbedingt mechanisch umsetzen. Ohne technisch-mechanische Hilfe ist es viel schonender, und 34 Hartmut Grassl (*1940) ist ein engagierter deutscher Klimaforscher, der bereits in den 1980er Jahren eindringlich vor dem Klimawandel warnte. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Meteorologischen Institut Mainz und in Hamburg und war auf Reisen mit dem berühmten Forschungsschiff ‹Meteor›. 1981 wurde er Professor in Kiel, 1984 Direktor am GKSS in Hamburg. 1988 erhielt er eine Professur an der Universität Hamburg und wurde gleichzeitig Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg bis zu seiner Emeritierung 2005. Er leitete mehrere Jahre das Weltklimaforschungsprogramm der World Meteorological Organization in Genf, die mehrere Weltklimaberichte erarbeitete, und erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrenprofessuren auf der ganzen Welt. 35 enterden. Beim Umbruch oder bei der mechanischen Unkrautbekämpfung muss die Wurzel der Zielpflanze (Unkraut) möglichst vollständig von der umgebenden Erde befreit und oben auf den Boden abgelegt werden. Behält die Pflanze über ihre Wurzeln den so genannten Bodenschluss, so wirkt die Behandlung wie Pikieren, «Umtopfen» oder Schröpfen (wenn nur der Trieb entfernt wird und die Wurzel völlig unversehrt bleibt). Dies führt bei vielen Pflanzen sogar zu einer Wachstumsförderung und verstärkter Bestockung. 103