22_09_OHO_Blattwerk_Magazin_NEU_web
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
HEAD OF
DATA SCIENCE
Paul Tiwald hat einen Doktortitel in technischer Physik
und sich abseits des Studiums im Bereich Programmieren,
Künstliche Intelligenz und Data Science fortgebildet.
Heute ist er Head of Data Science bei „Mostly AI“, einer
jungen Firma, deren Produkt mithilfe von Künstlicher
Intelligenz große synthetische Datensätze herstellen kann.
Das ist für Firmen wichtig, die auf Datenschutz achten.
Viele Menschen haben eine mythisch angehauchte Vorstellung
davon, was Künstliche Intelligenz ist – angeheizt von
Berichten darüber, was KI inzwischen alles kann. Dabei ist
doch alles ganz einfach, oder? Simpel gefragt: Was ist KI?
Paul Tiwald: Der Begriff KI ist eigentlich sehr dehnbar. Man könnte
sagen: Wo der Computer Aufgaben für den Menschen übernimmt
– zum Beispiel Steuerungsprogramme für die Heizung –, können
wir schon von einer Form von Künstlicher Intelligenz sprechen:
Die Heizung schaltet sich ein, wenn die Temperatur unter einen
bestimmten Punkt fällt. Eine sehr einfache Form, aber es ist Automatisierung,
ein Element, wo eine Maschine Arbeit für den
Menschen übernimmt. Da gibt es smartere und weniger smarte
Programme oder Lösungen.
Selbstfahrende Autos sind ein schönes Beispiel. Die ersten Varianten
waren genauso regelbasiert: Wenn ein Auto da ist, hast du
diese und jene Geschwindigkeit, wenn die Kurve da ist, fährst du
rum. Dann hat man gemerkt: Das so zu lösen, ist ein sinnloses Unterfangen,
viel zu komplex. Dann sind Deep-Learning-Netzwerke
aufgekommen: Solche Konstrukte, hat man gemerkt, funktionieren
besser.
Unter Deep Learning kann sich die Allgemeinheit wahrscheinlich
noch weniger vorstellen. Wie funktioniert das konkret?
Deep Learning passiert dort, wo schwierige Aufgaben übernommen
werden sollen, zum Beispiel eben ein Auto selbst fahren
zu lassen. Das ist nicht explizit regelbasiert und geht mit einem
Paradigmenwechsel im Programmieren einher, nämlich von regelbasiert
zu nicht regelbasiert. Auf der Code-Ebene ist der Paradigmenwechsel
sichtbar: Klassisches Coding ist regelbasiert, das ist
auch nach wie vor weitverbreitet und dominiert, sicher mehr als 99
Prozent aller Programme sind klassisch regelbasiert geschrieben
(nach dem Wenn-Dann-Prinzip). Manche Aufgaben sind so aber
sehr schwer zu fassen.
Beim Deep-Learning-Ansatz gibt man ein Modell vor, das macht
man schon händisch. Dieses Modell hat freie Parameter, die optimiert
werden müssen, sodass das Modell die Aufgabe bestmöglich
erfüllen kann.
Zum Beispiel zeigt man beim Programmieren von selbstfahren-
24