27.09.2022 Views

22_09_OHO_Blattwerk_Magazin_NEU_web

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

DIE WELT

BRAUCHT

FAKTEN

von Nicole Mühl

Was geschieht mit einer Welt, in der die Wahrheit

nicht mehr akzeptiert wird? Wenn die Grenze zwischen

seriöser Berichterstattung und hetzerischen

Fake News aufgehoben wird? Allein der Ansatz einer

Vorstellung von einer solchen Welt verdeutlicht, wie

wichtig es ist, die Medienkompetenz der Gesellschaft

zu fördern und zu stärken. Darum geht es hier. Wie

jede und jeder Einzelne eine Nachricht überprüfen

und Fake News erkennen kann. Die Basics.

Social-Media-Plattformen sind unkompliziert, einfach zu

bedienen – und gefährlich. Eine Meldung auf Facebook

verbreitet sich in Sekunden wie ein Lauffeuer. In diesem

Fall ist es ein Video, in dem ein Mann über leere Bierdosen

und Schmierereien in einem Zug schimpft. Geflüchtete aus

der Ukraine werden für diese Verunstaltung verantwortlich

gemacht. Sogar ins Waschbecken und auf den Boden sollen

sie „gepisst“ haben. Das Video wird x-fach auf den Socia-l

Media-Kanälen geteilt.

Die Information, die dabei transportiert wird, ist weder

überprüft, noch ist sie richtig.

Ein Faktencheck ergibt, dass es offenbar Fußballfans waren,

die den Schaden verursacht haben. Kein einziger Fall

sei laut dem zuständigen Verkehrsministerium bekannt,

bei dem es zu unerwünschten Vorfällen mit ukrainischen

Geflüchteten gekommen sei.

Solche Videos und Bilder sind auch 2015 im Zuge der

Flüchtlingswelle aufgetreten. Später wurden sie der Fridays-for-Future-Generation

zugeschoben. Immer wieder

konnten Überprüfungen die Inhalte widerlegen. In solchen

Fällen spricht man von Hybrid Fakes. Die Bilder bzw. Videos

sind echt. Es gibt sie – eben nur in einem völlig anderen

Zusammenhang. Es sind Aufnahmen von hinterlassenen

Müllbergen beispielsweise nach einem Konzert, Fußballspiel

etc., die man für hetzerische Zwecke missbraucht.

Besonders die Social-Media-Plattformen sind Nährboden

für Falschmeldungen. Im Gegenzug werden anerkannte

Medien als unseriöse Quellen diskreditiert. Gerade während

der Corona-Pandemie wurde dies deutlich. Doch wie

kann der bzw. die Nachrichtenkonsumierende eine Information

auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen?

EIGENVERANTWORTUNG

BEIM LESEN VON NACHRICHTEN

Es liegt in der Natur des Menschen, ein Umfeld zu suchen,

das der eigenen Meinung entspricht und diese bestätigt.

Automatisch suchen wir daher auch nach Nachrichten, die

unsere eigene individuelle Position unterstreichen. Das

Bewusstsein darüber ist der erste Schritt, sich selbst und

den eigenen Nachrichtenkonsum kritisch zu betrachten

und achtsam zu sein.

Reißerische Schlagzeilen und eine emotionale Sprache sind

ein sicheres Zeichen, dass die Nachricht in eine bestimmte

Richtung drängt und Falschinformationen enthält. Und leider

wirken gerade solche Nachrichten im Netz besonders:

Je emotionaler sie sind, umso mehr werden sie verbreitet.

Deshalb ist es wichtig, Inhalte, die fragwürdig erscheinen,

keinesfalls ungeprüft weiterzuleiten.

WEITERE BASIC-CHECKS

Seriöse Quellen sind jene, die neutral berichten. Ein neutraler

Bericht muss die typischen journalistischen Fragen

beantworten: Wer, Was, Wo, Wann, Wie, Warum. Fake News

drängen mit Schlagworten in eine gewünschte Richtung.

Hetzerische Meldungen scheitern aber meist schon an der

Prüfung der sieben W-Fragen. Sie haben nur sechs gezählt?

Richtig! Die siebente ist die Quelle. Woher kommt die Nachricht?

Wie transparent ist diese? Wer steckt dahinter? Erst

wenn diese bekannt ist, wird die Nachricht vollständig.

BILDERFALLE

Besondere Vorsicht gilt, wenn ein Bild oder Video auf den

Social-Media-Kanälen mit einem hetzerischen Text verbreitet

wird. Die Rede ist dann von einem „Hybrid Fake“, denn

hier passen Bild und Text nicht überein (Sie erinnern sich

an die eingangs erwähnte Szene). Das Bild wurde tatsächlich

aufgenommen, es ist echt – aber nur eben in einem

anderen Zusammenhang. Die „umgekehrte Bildersuche“

von Google ist eine der Suchmaschinen, die diese Fakes

sehr schnell aufdeckt.

Deepfakes – manipulierte Bilder und Videos, die täuschend

echt aussehen und meist dazu genutzt werden, um Politikerinnen

und Politikern falsche Aussagen in den Mund

zu legen – sind da schon schwieriger zu erkennen. Aber

mit Hilfe von Suchmaschinen kann überprüft werden, ob

diese Nachricht in dieser Form auch in anderen Medien

vorkommt. Übrigens: Bereits eine Googlesuche unter dem

News-Reiter zeigt weitere Berichte an.

30

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!