18.02.2013 Views

Millî Görüfl&PERSPEKTIVE - Igmg

Millî Görüfl&PERSPEKTIVE - Igmg

Millî Görüfl&PERSPEKTIVE - Igmg

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten<br />

Damen und Herren! In<br />

Nordrhein-Westfalen leben heute ca.<br />

1 Million Mitbürgerinnen und Mitbürger<br />

islamischen Glaubens, von<br />

denen rund 80 % türkischstämmig<br />

sind. In einigen Kommunen unseres<br />

Landes liegt der Anteil bei etwa 10 %.<br />

Im Ruhrgebiet liegt er in einigen Städten<br />

sogar noch höher.<br />

In nunmehr 40 Jahren Integration<br />

entwickelte sich dieser Bevölkerungsteil<br />

von mehr oder weniger<br />

sozial geschlossenen Gruppen zu<br />

einer beruflich, politisch und sozial<br />

weit gefächerten Wohnbevölkerung.<br />

Umfragen belegen, dass in unserem<br />

Land lebende Muslime heute eine<br />

weitgehend integrierte Bevölkerungsgruppe<br />

darstellen, die allerdings<br />

spezifische Eigenheiten und<br />

Bedürfnisse hat. Es gehört nicht<br />

zuletzt in den Verantwortungsbereich<br />

der Politik, die Interessen,<br />

Eigenheiten und Bedürfnisse dieser<br />

muslimischen Bürgerinnen und Bürger<br />

zu berücksichtigen und dafür<br />

nach Lösungen zu suchen.<br />

Das hat die FDP-Fraktion<br />

veranlasst, gemeinsam mit Vertretern<br />

muslimischer Verbände die<br />

Große Anfrage zu stellen. Nach<br />

Vorlage der Antwort der Landesregierung<br />

haben wir zur Auswertung<br />

einen Arbeitskreis gebildet, der vor<br />

allem zwei wichtige Ergebnisse<br />

zutage förderte:<br />

Die Integration der vorwiegend<br />

nichtdeutschen islamischen Wohnbevölkerung<br />

ist in den Kommunen,<br />

dem eigentlichen Ort, wo sich Integration<br />

vollziehen sollte, unzureichend.<br />

Hier liegt eine bislang<br />

M‹LLÎ GÖRÜfi•<strong>PERSPEKTIVE</strong> • May›s / Mai 2002<br />

Die Situation der Muslime in<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Rede der parlamentarischen Geschäftsführerin der FDP Frau Thomann-Stahl<br />

vom 20.03.2002 im NRW-Parlament (Plenarprotokoll 13/54)<br />

kaum wahrgenommene gesellschaftspolitische<br />

Aufgabe.<br />

Für eine spezifisch auf Muslime<br />

ausgerichtete Integrationspolitik<br />

gibt es aber zu wenig Informationen<br />

über sie, da keine systematischen<br />

Erhebungen unter Einbeziehung<br />

der Muslime stattfinden.<br />

Die Fragen, die sich ihnen in<br />

Gesellschaft und Politik stellen,<br />

aber auch die Fragen vonseiten der<br />

Politiker harren immer noch der<br />

Klärung und Entscheidung. Die<br />

Politik ist gefordert, gedeihliche<br />

Lösungen zu finden, ohne dass<br />

Muslime im Ergebnis immer erst<br />

Gerichte bemühen müssen. Hierzu<br />

zählen beispielsweise Fragen wie<br />

die Errichtung muslimischer Friedhöfe<br />

oder der Bau von Moscheen.<br />

Die einer Religion wie dem Islamunwürdige<br />

Hinterhofmoschee<br />

ist in Nordrhein-Westfalen leider<br />

immer noch die Regel. Es geht hier<br />

um die Klärung des Verhältnisses<br />

von Staat, Gesellschaft und Muslimen,<br />

die seit Jahrhunderten als<br />

Glaubensgemeinschaft kirchenlos<br />

existieren.<br />

Ein Beispiel für den dringenden<br />

Handlungsbedarf ist der ordentliche<br />

islamische Religionsunterricht<br />

an öffentlichen Schulen. Zahlreiche<br />

Untersuchungen und Erfahrungen<br />

belegen, dass die überwiegende<br />

Mehrheit muslimischer<br />

Eltern ihre Kinder an einem<br />

ordentlichen islamischen Religionsunterricht<br />

teilnehmen lassen<br />

möchten. Die beiden in Nordrhein-<br />

Westfalen ansässigen bundesweit<br />

zuständigen muslimischen Spitzenverbände<br />

- der Islamrat sowie<br />

36<br />

der Zentralrat der Muslime in<br />

Deutschland - setzen sich seit Jahrzehnten<br />

auch in Nordrhein-Westfalen<br />

für eine dem Grundgesetz<br />

entsprechende ordentliche islamische<br />

Religionsunterrichtung unter staatlicher<br />

Aufsicht und in deutscher<br />

Sprache ein. Eine politische Entscheidung<br />

wäre auch dieser Angelegenheit<br />

dienlicher als gerichtliche<br />

Auseinandersetzungen, wie sie leider<br />

zurzeit stattfinden.<br />

Von besonderer Bedeutung für<br />

Muslime sind ihre religiösen Reinheitsgebote<br />

im Allgemeinen und<br />

die Speisevorschriften im Besonderen.<br />

Im Rahmen der Berufsausbildung<br />

und im späteren Berufsleben<br />

haben sich in der Vergangenheit<br />

zahlreiche und eine Lösung erfordernde<br />

Fragen ergeben.<br />

Nach Rücksprache mit Ausbildungsberatern<br />

der Handwerkskammer<br />

Düsseldorf stellt sich vermehrt<br />

das Problem, dass muslimische<br />

Auszubildende im Nahrungsmittelbereich<br />

- beispielsweise<br />

Fleischer, Köche oder Bäcker - religiös<br />

bedingte Ausbildungshemmnisse<br />

haben. So sieht beispielsweise<br />

die Ausbildungsordnung für<br />

Fleischer vor, dass in der Lehrabschlussprüfung<br />

Schweine zerlegt<br />

werden müssen. Muslimen ist<br />

eine solche Tätigkeit aus religiösen<br />

Gründen untersagt, mit der Folge,<br />

dass solche Auszubildende keine<br />

Lehrabschlussprüfung ablegen<br />

können. Damit ist ihnen aber auch<br />

der weitere Berufsweg - Geselle,<br />

Meisterprüfung, selbstständige<br />

Handwerksexistenz - verwehrt.<br />

Der zuständige Ausbildungsbe-

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!