kommentar Ein frohes neues Jahr?! Auch wenn das nach dem gregorianischen Kalender berechnete Jahr 2007 mehr als schon einen Monat auf dem Buckel hat, bietet der Beginn des islamischen Jahres 1428 doch die Gelegenheit Hoffnungen und Wünschen für die neuen Jahre, natürlich im Lichte der vergangenen Jahre 2006 bzw. 1427, Ausdruck zu verleihen. Natürlich könnte man es sich einfach machen und die von Staatsund Regierungschefs in ihren Neujahrsansprachengebetsmühlenartig vorgetragenen Wünsche nach Weltfrieden und Gerechtigkeit einfach wiederholen. Aber machen wir uns doch nichts vor, die neuen Jahre haben doch genauso angefangen, wie sie eigentlich auch aufgehört haben. Es sind die gleichen Berichte von Krieg, Terror und Chaos die uns aus dem Irak, aus Afghanistan, aus Palästina, aus dem Libanon, aus Somalia und den uns bekannten so genannten Unruheherden unserer Welt erreichen. Genauso sind es die nahezu identischen Nachrichten über das Elend und die Armut in der Welt, an die wir uns schon längst gewöhnt haben, die aber dennoch unser Gewissen belasten. Unserem „schlechten“ Gewissen haben wir denn auch angesichts des Überflusses, in dem wir trotz Mehrwertsteuererhöhung leben, mit Spenden zum jeweiligen Jahresende versucht, eine gewisse Erleichterung zu verschaffen. Also sind die Hoffnungen und guten Wünsche bereits zu Beginn 38 <strong>IGMG</strong> PERSPEKTIVE der Jahre aufgebraucht? Oder ist es nicht vielmehr so, dass man es eben nicht mehr bei der ritualisierten Wiederholung von abgegriffenen Floskeln und Worthülsen belassen darf? Die Zeit ist reif, allen noch einmal ins Bewusstsein zu rufen, dass der bloße kalendarische Wechsel von einem Jahr auf das andere so lange keine „weltbewegenden“ Veränderungen hervorbringt, als wir uns nicht vornehmen, aus jedem Jahr für das neue Jahr unsere Lehren und Konsequenzen zu ziehen und in jedem Jahr mehr zu lernen, als im Jahr zuvor. Dabei geht es nicht darum, sich eine wie auch immer geartete moralische Überlegenheit anzumaßen, sondern vielmehr den Blick auf die eigenen Defizite noch einmal zu schärfen. Also wer ernsthaft am Anfang eines jeden Jahres nach Frieden ruft, muss zu allererst die Kriege die er führt, beenden, um glaubwürdig zu sein. Wer dann aber statt einen Krieg zu beenden, noch mehr Soldaten in den Krieg schicken will, um Frieden zu schaffen der ist nichts anderes als ein Heuchler und diese Tatsache müssen wir den dafür Verantwortlichen auch vorhalten, um uns selber im Spiegel noch ins Antlitz schauen zu können ohne vor Scham zu erröten. Das heißt natürlich auch, dass Sonntagsreden über Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Armutsbekämpfung ohne Wirkung bleiben, wenn man gleichzeitig die eigenen Märkte vor der vermeint- O¤uz ÜÇÜNCÜ • oucuncu@igmg.de lichen Konkurrenz abschottet und das Elend der betroffenen Länder mit einer unverantwortlichen Kreditvergabepolitik verschärft. So lässt sich natürlich die Liste beliebig fortsetzen. Egal ob es um den Weltfrieden, die Weltwirtschaft, die Demokratie oder um die Menschenrechte geht, nur Glaubwürdigkeit und Integrität sind die Garanten für Zuversicht und Optimismus. Angesichts der alles durchdringenden Doppelmoral, die maßgeblich für die aktuellen Krisen verantwortlich ist, dürfen wir es uns nicht länger bieten lassen, mit guten Vorsätzen zum Jahresanfang an der Nase herumgeführt zu werden. Tatsächlich liegt es in unserer Hand, Veränderungen herbeizuführen, indem wir einerseits den Druck auf den politisch agierenden Akteuren des Weltgeschehens erhöhen und uns andererseits aufrichtig dafür einsetzen, auch selber einen aktiven Beitrag zu den notwendigen Veränderungen zu leisten. Hierzu heißt es im Koran in der Sure Ar-Ra´d Vers 11: Gewiß, Allah verändert die Lage eines Volkes nicht, solange sie sich nicht selbst innerlich verändern. In diesem Sinne können wir nur der Hoffnung erneut Ausdruck verleihen, dass wir den Beginn der Jahre 2007 bzw. 1428 zum Anlass nehmen, uns zu ändern, damit sich die Umstände ändern und darauf basierend auch der Zustand der Welt. �
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