2001_3 - Archeologický ústav AV ČR
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VOKOLEK – SANKOT: Zwei Brandgräber der Stufe ...<br />
telketten oder sogar auf keramischen Gefässen (Forte ed. 1994). Die Funde der mit Bernstein<br />
geschmückten Gegenstände sind oft in den Sammlungen der italienischen Museen<br />
vertreten, wie z. B. im Museo Civico in Bologna und stammen schon aus dem 9. Jahrhundert<br />
wie das Zepter aus dem Gräberfeld der I. Stufe der Villanova–Kultur in S. Vittale<br />
(Pincelli – Morigi Govi 1975), in anderen Fällen die Halsketten aus Benacci aus der<br />
1. Hälfte des 8. Jahrhunderts, die Verzierung der Fibelbügel aus Benacci Caprara aus der<br />
2. Hälfte des 8. bis zur 1. Hälfte des 7. Jahrhunderts, die Auslegungen der Fibelbügeln,<br />
Armringen und Halsketten aus Benacci aus der IV. Stufe usw. Dabei entspricht die Lage<br />
von Verucchio im Kontaktgebiet mit dem Gebiet der Este–Kultur (Forte ed. 1994, Tav. III)<br />
und die Lage der übrigen erwähnten Fundorte vollkommen dem angeführten Modell der<br />
Kommunikationsverbindungen. Ihrer Akzeptanz müssen nicht einmal die bekannten Probleme<br />
mit der genauen Bestimmung der Provenienz des sogenannten baltischen Bernsteins<br />
– Succinit, dessen Vorkommen in einem breiten Landstrich von der Ostküste Englands bis<br />
zur Mündung des Dnjepr bekannt ist (Kimmig – Gersbach 1971, 56–57; Malinowski 1971)<br />
im Wege stehen. In diesem Fall spricht auch nichts gegen eine Übernahme der Ansicht<br />
V. Čtveráks (1986, 112) zur die Existenz einer Nebentrasse der Bernsteinstrasse, die über<br />
das nordöstliche Böhmen verlief und die schon früher ausgesprochenen Ansichten ergänzt<br />
(siehe Kimmig – Gersbach 1971, Bem. 116; Malinowski 1971, Bem. 27 u.w.). Die oben<br />
erwähnten Ähnlichkeiten des Schwertes aus dem Grab 1/61 mit den Funden aus den österreichischen<br />
Gräberfeldern Dürrnberg und Hallstatt, die Verzierungselemente der Phaleren<br />
aus dem unweit gelegenen Jaroměř, die mit der Verzierung der Schwertscheide aus dem<br />
Grab Hallstatt 994 vergleichbar sind (Vokolek – Sankot <strong>2001</strong>) und die gemeinsamen Züge<br />
der hallstattzeitlichen Fibeln aus Lochenice mit Funden von norditalienischen Fundstellen<br />
passen sich in die oft festgestellten Analogien dieser erstmals in Böhmen hergestellten<br />
frühlatènezeitlichen Handwerksprodukte mit den Funden aus Österreich und Norditalien<br />
(Sankot 2000b), die auf einer länger andauernden Tradition der Kontakte beruhen, ein.<br />
Die Möglichkeiten der Handelskommunikationen und Materialtransporte wären für<br />
Böhmen dann vergleichbar mit der Situation am mittleren Rhein. S. Verger (1995, 457) präzisierte<br />
das Modell der Kulturentfaltung der dortigen frühlatènezeitlichen Gruppe Hochwald–Nahe<br />
mit ihren aristokratischen Gräbern der lokalen Herrscher, das auf den Möglichkeiten<br />
der Gewinnung von Rohstoffen (Eisen) basierte. Letztere waren ein interessantes<br />
Handelsprodukt für die norditalienischen Siedlungszentren und die Basis des Handels sowie<br />
des luxuriösen Lebensniveaus. Analog waren auch für Böhmen die Möglichkeiten der<br />
Handelskommunikation, der Förderung und der Materialtransporte (Chytráček 2000) die<br />
Basis des materiellen Niveaus und der sozialen Organisation, die die Bedingungen für die<br />
Entstehung der La Tène–Kultur schufen (Sankot 1999). Deshalb kann das frühlatènezeitliche<br />
Grab 1/61 aus Lochenice als Beispiel für das Funktionieren dieser Verbindung betrachtet<br />
werden, bei dem der Verstorbene, ausgerüstet mit Gegenständen fremder Provenienz,<br />
auf der einheimischen Nekropole der Schlesisch–Platenitzer Kultur bestattet wurde.<br />
Ein weiterer Beweis für die Bedeutung dieser angedeuteten Kommunikation liegt in der<br />
Langfristigkeit ihrer Nutzung – der Weg, der vom Ostrand Prags über die Furt am Zusammenfluss<br />
der Elbe und der Metuje bei Jaroměř in Richtung Schlesien verlief, wurde durch<br />
historische Angaben aus dem frühen Mittelalter über die ganze historische Epoche lang<br />
bestätigt (Vávra 1972).<br />
Deutsch von H. Marxová