E.sabor 3
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Er studierte dann in Rußland (St. Petersburg),<br />
England (Oxford) und Griechenland (Athen), wo er<br />
erfolgreich sein Doktorat in der orthodoxen<br />
patristischen Theologie ablegte, und wirkte darauf -<br />
hin als Professor und Erzieher einer ganzen Reihe<br />
von Generationen in den Priesterseminaren von<br />
Karlovitz, Prizren und Bitola, wo er im Laufe der<br />
Jahre 1932-35 zwei Bände seiner berühmten<br />
Dogmatik (Orthodoxe Philosophie der Wahrheit)<br />
verfaßte und veröffentlichte, die ihm bald den Ruf<br />
auf den Lehrstuhl für Dogmatische Theologie der<br />
Theologischen Fakultät an der Universität Belgrad<br />
einbrachte.<br />
Nach der Errichtung der kommunistischen<br />
Macht in Jugoslawien 1945 wurde Justin von der<br />
Belgrader Universität vertrieben. Er lebte nun unter<br />
Hausarrest bis zum Ende seines irdischen Lebens in<br />
dem kleinen serbischen Frauenkloster der Heiligen<br />
Erzengel, Ćelije genannt, bei Valjevo. Selbst hier<br />
wurde er von den Machthabern nicht in Ruhe<br />
gelassen, sondern häufig zu Verhören der Sicher -<br />
heitsorgane in Valjevo gerufen, und seine Besucher<br />
wurden von der Geheimpolizei beobachtet.<br />
Gemäß dem jahrhundertealten klösterlichen<br />
Typikon hielt er alle Gottesdienste und feierte<br />
täglich unermüdlich die Göttliche Liturgie. In jedem<br />
Gottesdienst betete er unter reichlichen Tränen. Er<br />
fastete vollkommen jeden Freitag im Laufe des<br />
Jahres wie auch die Reine und Große Woche der<br />
Großen Fasten, und nahm auch andere Fasten auf<br />
sich außer den vier von der Kirche vorgeschriebenen<br />
Fastenzeiten. Im Kloster Ćelije führte Abba Justin<br />
sein monastisch-theologisches asketisches Leben<br />
und Schaffen auf dem Gebiet der biblischen<br />
Exegese, Patristik, und der liturgischen und dogma -<br />
tischen Theologie fort. Hier in der Abgeschieden -<br />
heit fand er mehr Zeit, als er jemals an der<br />
Universität gehabt hätte, was sich in seinem<br />
umfangreichen Werk niederschlug. Dem Willen<br />
Gottes gehorsam, wurde er so zu einem neuen<br />
Kirchenvater, wie es ein Gebet in seinem Gottes -<br />
dienst besingt: „Als Geschenk hast du deine<br />
Einschließung angenommen, Gottseliger, und hast<br />
sie allweise verwandelt in die Arbeit zur Aufer -<br />
bauung der Gläubigen durch geistliche Schriften, die<br />
‹nun› die orthodoxe Kirche tränken. (5. Ode, 2.<br />
Tropar)“ Abba Justin entschlief im Frieden seines<br />
Herrn Christus in seinem 85. Lebensjahr am Fest der<br />
Verkündigung, dem 25. März (julianischer Kalender)<br />
1979, am selben Tag, an dem er nach dem Willen<br />
Gottes geboren wurde. Im Jahre 2010 wurde er von<br />
der Orthodoxen Kirche in Serbien formal heilig -<br />
gesprochen. Sein Festtag wurde auf den 1. Juni<br />
gelegt. Im Jahre 2014 wurden seine Reliquien zu<br />
diesem Tag exhumiert und übertragen.<br />
Entgegen all den stattlichen Verboten und<br />
Verfolgungen waren viele Menschen aus dem<br />
eigenen Land wie auch aus dem Ausland zu ihm<br />
nach Ćelije gekommen, um ihn zu sehen und zu<br />
hören, ihn um geistlichen Rat zu fragen oder um<br />
seine gottgefälligen Gebete zu bitten. Einer von<br />
ihnen war der Vorsteher unserer heiligen Skite,<br />
S’chi-Archimandrit Basilius, der während seines<br />
Theologiestudiums in Athen geistliche Schüler von<br />
Abba Justin kennenlernte. Durch ihre Berichte<br />
bewegt, begann er, den heiligen Vater zu besuchen,<br />
und wurde von ihm bei einer dieser Gelegenheiten<br />
am 9. August (julianischer Kalender) 1971 zum<br />
Mönch geweiht. Von ihm wurde er auch auf den<br />
Berg Athos geschickt mit der Zukunftsperspektive,<br />
später ein Kloster im Westen zu gründen.<br />
Dieses geschah am 26. Oktober (julianischer<br />
Kalender) 1989 unter dem Omophorion des<br />
damaligen serbischen Ortsbischofs Lavrentije mit<br />
dem Gottesdienst zum heiligen Demetrius, womit<br />
das monastische Leben in der Skite des Heiligen<br />
Spyridon zu Geilnau begann. Immer waren wir dem<br />
Erbe von Vater Justin verpflichtet und haben nach<br />
unseren bescheidenen Möglichkeiten Gottesdienste,<br />
Seelsorge und Übersetzungen als Schwerpunkte<br />
gesetzt. Im Laufe der Jahre wurden dann die<br />
Räumlichkeiten in Geilnau zu klein, und wir mußten<br />
uns nach einem anderen Platz umschauen. Diesen<br />
haben wir nach längerem Suchen nahezu in der<br />
geographischen Mitte Deutschlands, in Eiterfeld-<br />
Unterufhausen nicht weit von Fulda gefunden. Dort<br />
haben wir eine ehemalige Mühle erworben und sind<br />
nun dabei, das Anwesen in ein Kloster um -<br />
zugestalten. Die vorhandenen Gebäude werden nach<br />
besten Möglichkeiten genutzt und ausgebaut, zum<br />
Beispiel das Haupthaus für Brüder und männliche<br />
Gäste und ein Nebenhaus für weibliche Gäste. Die<br />
Gottesdienste werden zur Zeit in einer Kapelle im<br />
Haupthaus gefeiert, die dem gottseligen Justin<br />
gewidmet ist. Im Bau befindet sich eine Kirche, die<br />
der Klosterkirche von Gradac aus dem 13. Jahr -<br />
hundert nachempfunden ist und wie eben diese der<br />
Verkündigung geweiht werden soll. Der auf -<br />
merksame Leser erkennt sofort den Zusammenhang<br />
mit dem Leben des heiligen Justin, weshalb unsere<br />
Neugründung den Namen Verkündigung-St.Justin-<br />
Einsiedelei trägt.<br />
Ganz in seinem Geiste soll hier die Verkündigung<br />
des wahren orthodoxen Glaubens stattfinden,<br />
zuvörderst durch die klösterlichen Gottesdienste als<br />
gelebtem Glauben, dann durch Seelsorge, die die<br />
Menschen in diesem gelebten Glauben stärkt, weiter<br />
durch Übersetzungen, die dem westlichen Menschen<br />
und der immer mehr deutsch sprechenden,<br />
orthodoxen Jugend den Glauben nahebringen, durch<br />
Seminare, die den Glauben erklären, und durch<br />
einfach menschliche Begegnung, die uns die<br />
Erkenntnis der Gottesebenbildlichkeit des Mit -<br />
menschen üben läßt.Ganz in seinem Sinne geht es<br />
uns um die Verkündigung des Gottmenschen, der als<br />
Gottessohn und Menschensohn der einzige Erretter<br />
in der tragischen existenziellen Ausweglosigkeit des<br />
Menschen ist. Sein Leben zeigt uns, daß all unser<br />
Streben der Gemeinschaft mit Gott gewidmet sein<br />
muß und daß wir, um dieses zu erreichen, keine<br />
faulen Kompromisse mit dem Geist dieser Welt<br />
eingehen dürfen. Er sagte und bezeugte immer:<br />
„Wir sind für den Gottmenschen, weil wir für den<br />
Menschen sind… Ohne den Gottmenschen Christus<br />
gibt es keinen Menschen, sondern nur den<br />
Untermenschen, das Menschlein, ein tragisches<br />
Wesen ohne Sinn und ewigen Inhalt. Mit Christus,<br />
dem Gottmenschen aber ist der Mensch Gott der<br />
Gnade nach, gottmenschlich durch die Gnade.“<br />
Gottseliger Vater Justin, bitte für uns.<br />
58 САБОР јул 2016