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Motorsport Magazin McLaren schlägt zurück (Vorschau)

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INHALT.ausgabe 26<br />

IN DIESER AUSGABE<br />

Stephan Heublein, Chefredakteur<br />

Perfektion auf und<br />

neben der Strecke<br />

Stunde der Perfektion - Ein glänzender Tisch, ein gut aufgelegter<br />

Interviewpartner und die blitzende Kamera unseres Fotografen.<br />

Doch irgendetwas stimmt an diesem Bild nicht: wo<br />

kommen die Stühle her, die eben noch von uns weggeräumt<br />

waren, um den Blick auf <strong>McLaren</strong>-CEO Jonathan Neale und unsere<br />

Chefredakteurin Kerstin nicht zu versperren, urplötzlich aber<br />

wieder an Ort und Stelle stehen? Wer sich in das Reich von Ron<br />

Dennis begibt, muss auf alles gefasst sein - auch auf tüchtige<br />

Hospitality-Mitarbeiterinnen, die in Windeseile jeden Stuhl<br />

<strong>zurück</strong>beamen und im perfekten Winkel ausrichten. Unser Fotograf<br />

sagt es treffend: »Wenn du in der <strong>McLaren</strong>-Fabrik einen Papierschnipsel<br />

fallen lässt und dich umdrehst, ist er wie auf wundersame<br />

Weise verschwunden.« In unserer Titelgeschichte ergründen<br />

wir die verlorene Perfektion und den Weg <strong>zurück</strong> zu selbiger.<br />

Stunde der Wahrheit - Mit der Perfektion seiner Königsklasse<br />

hat Casey Stoner abgeschlossen. Am Saisonende hängt einer der<br />

besten Motorradrennfahrer der Gegenwart seinen Helm an den<br />

Nagel - aber nicht, ohne vorher ausführlich mit unserem Motorradexperten<br />

Falko über sein neues Leben als Familienmensch zu<br />

plaudern. Offen, ehrlich und ohne Umschweife zieht Stoner Bilanz,<br />

erkennt, warum er nur langsam, wirklich schnell ist und verrät,<br />

wieso für ihn heutzutage zu viele Leute nach Perfektion suchen.<br />

Was wohl Ron Dennis davon hält?<br />

Formel 1<br />

mclaren: Silber <strong>schlägt</strong> <strong>zurück</strong> 22<br />

mclaren: Interview - Jonathan Neale 26<br />

top-teams: Entwicklungsrennen 30<br />

red bull: Die Auferstehung des Mark Webber 36<br />

top-5: Fernando Alonso 40<br />

interview: Daniel Ricciardo 44<br />

pirelli: Reifen-Geheimnis gelüftet 48<br />

Statistik: Buntes Gold 52<br />

history: Nürburgring Highlights 54<br />

Automobil<br />

interview: Hans-Jürgen Abt 60<br />

wrc: Der fast Unbezwingbare 64<br />

Nachwuchsstars: Plan B 66<br />

interview: Daniel Abt 68<br />

technik: Nissan GT-R GT3 70<br />

splitter: ADAC <strong>Motorsport</strong> 72<br />

Motorrad<br />

interview: Casey Stoner 76<br />

nicky hayden: Widerspenstiger Zähmer 82<br />

top-5: Rossis Fiaskos 86<br />

interview: Dani Pedrosa 90<br />

saison 2012: CRT - Eine Bilanz . 94<br />

interview: Andrea Dovizioso 98<br />

moto2: Ohne Moos nix los 102<br />

moto3: KTM - Ready to win 106<br />

wsbk: Max Biaggi auf Titeljagd 108<br />

x-fighters: Traum vom Freestyle-Gold 108<br />

Service<br />

Boxenstopp 4<br />

Kolumnen 14<br />

ZIELGERADE 112<br />

Impressum 114<br />

Foto: adrivo/Sutton Titelfotos: adrivo/Sutton, milagro, RACEPRESS<br />

2 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Pro VS.<br />

Formel 1 bei Olympia<br />

+++ PRO +++<br />

+++ CONTRA +++<br />

Lewis Hamilton<br />

durfte die<br />

olympische<br />

Fackel tragen<br />

Fotos: london 2012<br />

Die Formel 1 muss Olympisch werden! Warum auch nicht? Immerhin<br />

hat das IOC die FIA Ende 2011 für zwei Jahre provisorisch anerkannt.<br />

Der Motorradsport zählt bereits länger zu den anerkannten Sportarten<br />

- ebenso wie Schach, Bridge und Tauziehen.<br />

Die Kritikpunkte lassen sich schnell entkräften: Profisportler sind bei<br />

Olympia schon längst etabliert und die Rolle der Technik ist in anderen<br />

Disziplinen nicht minder groß. Egal ob beim Bobfahren, Segeln oder<br />

Schießen - das Sportgerät hat längst Hightech-Dimensionen erreicht.<br />

Bereits 1908 standen in London Motorbootrennen im Olympischen<br />

Programm, wo liegt da der Unterschied zu Auto- oder Motorradrennen?<br />

Ja, die Technik ist entscheidend, aber gerade die diesjährige F1-Saison<br />

zeigt mit sieben verschiedenen Siegern in den ersten sieben Rennen,<br />

dass der Fahrer einen großen Einfluss hat. Klar, HRT oder Marussia<br />

hätten wohl keine realistische Chance auf eine Olympiamedaille, aber<br />

haben diese 100m-Sprinter aus Amerikanisch-Samoa, dem Instelstaat<br />

Tuvalu oder der Republik Kiribati?<br />

Kein Ausrichter wird gezwungen, neben den ohnehin schon überteuerten<br />

Olympiaanlagen auch noch Unsummen in eine Rennstrecke zu<br />

investieren. Aber warum sollte ein F1-Rennen vor oder während der<br />

Olympischen Spiele nicht den Titel »Olympia Grand Prix« tragen und<br />

zusätzlich zu WM-Punkten auch olympische Medaillen vergeben werden?<br />

Schöner als so mancher Pokal wäre das allemal und der Wert<br />

für Fahrer, Fans und den Sport sicher grenzenlos.<br />

Text: Stephan Heublein<br />

Schneller, höher, weiter hinaus - so lautet das Motto der Olympischen<br />

Spiele. In diesem Punkt haben Olympia und die Formel 1 viel gemein,<br />

denn auch im Rennsport geht es darum, schneller und besser zu werden.<br />

Nichtsdestotrotz werden in den Schränken von Vettel, Hamilton<br />

& Co. weiterhin nur Pokale zu finden sein und kein olympisches Edelmetall<br />

- es sei denn, sie wechseln die Sportart.<br />

Fakt ist, dass die Formel 1 niemals eine olympische Disziplin werden<br />

wird. Bei Olympia steht der Athlet im Vordergrund und nicht die Technik.<br />

»Der menschliche Faktor muss vorherrschen«, betont IOC-Präsident<br />

Jacques Rogge immer wieder. Sicher sind auch Bobfahrer oder Segler<br />

auf technische Hilfsmittel angewiesen, nur spielt in diesem Fall die<br />

Technik eine untergeordnete Rolle.<br />

Bei der Formel 1 gehen Athlet und Technik Hand in Hand. Selbst ein siebenfacher<br />

Weltmeister kann ohne das nötige Equipment keine Erfolge<br />

einfahren. Dass es die Piloten reizen würde, einen »Olympia Grand Prix«<br />

auszutragen, ist verständlich. Doch selbst sie müssen zugeben, dass ein<br />

derartiger Grand Prix ins Land der Träume und Wunschvorstellungen gehört.<br />

»Wie soll eine Rennstrecke in die Olympischen Spiele aufgenommen werden?<br />

So etwas ist einfach nicht realistisch«, sagt Heikki Kovalainen. Michael<br />

Schumacher meint: »Ich bin damit aufgewachsen, dass die Formel 1 nicht<br />

olympisch ist, insofern fehlt mir nichts.« Dass das Thema dennoch alle<br />

vier Jahre auftaucht, liegt weniger an den Fahrern als an den Medien.<br />

Text: Kerstin Hasenbichler<br />

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Text: Maria Pohlmann<br />

Kitschige Postkarte<br />

König Ludwig II. hätte Augen gemacht. Zur Einstimmung auf die Red Bull X-Fighters in München sprangen Eigo Sato und<br />

Mat Rebeaud vor Schloss Neuschwanstein in den bayrischen Alpen eine Reihe von Tricks. »Kitschig wie auf der Postkarte«,<br />

lachte Rebeaud, als er sich die Bilder später ansah. Ein Spektakel wie es das auch vor 150 Jahren zu Zeiten von<br />

Ludwig II. Otto Friedrich Wilhelm von Bayern gab, nur eben etwas moderner.<br />

Fotos: milagro, jörg mitter/red bull content pool<br />

hallo<br />

Taxi!<br />

Wahre Solidarität im Fahrerlager<br />

zeigt sich erst, wenn ein Pilot so<br />

richtig in der Klemme steckt.<br />

Während Max Biaggi in Monza<br />

der Sprit ausging, schmiss<br />

Valentino Rossi seine Ducati in<br />

Laguna Seca in den Kies. Beide<br />

mussten nicht warten, bis sich ein<br />

Teammitglied mit dem Scooter an<br />

die Strecke bequemte, sondern<br />

wurden komfortabel von Carlos<br />

Checa beziehungsweise Nicky<br />

Hayden abgeschleppt. So fair<br />

kann Motorradsport sein.<br />

5 Fragen an<br />

Alvaro Bautista<br />

1. Wenn es einen Film über dich gäbe, wie würde der Titel lauten?<br />

Vielleicht ‚Wie realisiere ich meinen Traum‘.<br />

2. Welcher Superheld wärst du gern?<br />

Superman, er ist eher eine Person wie du und ich. Er führt ein<br />

normales Leben. Die Kraft hat er in sich, er bekommt sie nicht<br />

für irgendetwas.<br />

3. Wann hast du das letzte Mal richtig einen<br />

draufgemacht?<br />

Ich kann mich an nichts mehr erinnern! [lacht] Nein, war<br />

nur ein Spaß. Das letzte Mal war glaube ich bei einer<br />

Weihnachtsparty.<br />

4. Was ist dein Lieblings-Anmachspruch?<br />

Schwierig... das hängt immer von der Frau ab. Ich sage einfach ein paar<br />

nette Dinge über sie. [lacht] Keine Ahnung.<br />

5. Welchen Star würdest du gern einmal treffen?<br />

Da bin ich mir nicht sicher, aber wenn es ein Schauspieler sein soll, dann<br />

sicher Nicolas Cage. Er ist sehr sympathisch. Man sieht ihn immer in den<br />

Filmen und ich würde gerne wissen, ob er in Realität genauso ist. Er ist<br />

mein Lieblingsschauspieler, also würde ich mich gern mit ihm treffen.<br />

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Prost!<br />

Auch von Colin Edwards wollten wir wissen: Wenn es einen Film<br />

über dich gäbe, wie würde der Titel lauten? Der Texaner musste<br />

lange nachdenken. »Ich weiß es nicht.« Ihm falle partout nichts ein.<br />

Er hatte allerdings eine andere Idee: »Warum klären wir das nicht,<br />

nachdem wir einen Drink hatten? Dann wird es sicher noch<br />

lustiger. [lacht] Ja, lass uns das später machen!« Aus einem wurden<br />

wahrscheinlich mehrere Drinks, denn Edwards war später nicht<br />

mehr aufzufinden.<br />

Traum-Ehe?<br />

»2003 waren wir Feinde, 2005 waren wir noch<br />

größere Feinde, 2008 waren wir immer noch<br />

Feinde. Nun umarmen wir uns, vielleicht<br />

heiraten wir ja in ein paar Jahren.«<br />

Jorge Lorenzo über die verbesserte Beziehung<br />

zu Dani Pedrosa


GT-WM<br />

wird<br />

World GT<br />

Die erst seit 2010 ausgetragene FIA-<br />

GT1-Weltmeisterschaft wird es schon<br />

ab dem Ende dieser Saison nicht mehr<br />

geben. Chronische Unterfinanzierung<br />

und der daraus resultierende Teilnehmermangel<br />

zwangen den Schöpfer<br />

der Serie, Stéphan Ratel, neuerlich<br />

zum Umdenken. So tüftelt der<br />

Sportwagen-Zampano zwar schon an<br />

einer Nachfolgeserie namens World<br />

GT, doch diesmal ohne eine Kooperation<br />

mit der FIA. Das neue Championat<br />

soll primär eines sein: bezahlbar.<br />

Gedopt und gesperrt<br />

A. J. Allmendinger steht vor dem<br />

Aus seiner NASCAR-Karriere. Der<br />

Kalifornier wurde bei einer offiziellen<br />

Dopingkontrolle positiv auf das<br />

Aufputschmittel Adderall getestet<br />

und von seinem Team Penske vor<br />

die Tür gesetzt, obwohl dieses ihm<br />

anfangs volle Unterstützung zugesprochen<br />

hatte. Allmendinger teilt<br />

damit das Schicksal von Ex-F1-Pilot<br />

Tomáš Enge, der ebenfalls wegen<br />

Dopings eine Sperre erhielt.<br />

Da waren‘s<br />

nur noch drei<br />

Ende im NASCAR-Gelände: Dodge wird sich im<br />

kommenden Jahr nicht mehr in Amerikas populärstem<br />

Zuschauersport engagieren. Schweren<br />

Herzens proklamierte der US-Autobauer, aufgrund des<br />

Weggangs des großen Penske-Rennstalls keine<br />

Aussichten auf weitere Erfolge zu haben. Ralph Gilles,<br />

Dodge-Mann und Überbringer der schlechten<br />

Nachricht, verabschiedete die Fans der Marke mit<br />

dem Widder typisch amerikanisch mit einem »big<br />

hug«, einer großen Umarmung.<br />

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Text: Yannick Bitzer<br />

Frustration bei Barrichello<br />

»Ich bin hier, um zu gewinnen«, stellte Rubens Barrichello<br />

unmissverständlich klar. Der ehemalige<br />

GP-Sieger ist gegenwärtig nicht zufrieden, was<br />

seine Bilanz in der amerikanischen IndyCar-Serie<br />

anbelangt. Nach dem zwölften Saisonlauf in Lexington,<br />

Ohio, monierte er offen die Situation in seinem<br />

Team KV Racing. 2013 wird er für selbiges nicht<br />

mehr an den Start gehen; stattdessen kokettiert er<br />

mit einer konkurrenzfähigeren Crew.<br />

Fotos: adrivo/Sutton, indycar, gt1 wm, Dodge, NASCAR<br />

Indycar-Umsteiger<br />

Mario Andretti<br />

Emerson Fittipaldi<br />

Nigel Mansell<br />

Jean Alesi<br />

Der Italiener ist einer der Piloten,<br />

die in der Formel 1 und der<br />

IndyCar-Serie den Titel gewannen.<br />

1984 gewann er den<br />

Indycar-Titel, bereits sechs Jahre<br />

zuvor gelang ihm in der Königsklasse<br />

der ganz große Wurf<br />

Heute pflegt der 66-Jährige eine<br />

Orangenbaumplantage und<br />

produziert Zigarren, doch noch in<br />

den 90ern war bei »Emmo«<br />

Racing angesagt. Erst mit 50<br />

verließ er die IndyCar Serie, die er<br />

1989 gewann. In den Jahren<br />

1972 und 1974 wurde er<br />

obendrein F1-Weltmeister.<br />

Zum erlesenen Kreis der Formel-1-<br />

und IndyCar-Champions zählt auch<br />

die »Red Five«. Nigel Mansell ist<br />

bis dato gar der einzige Pilot, der<br />

- wenn auch nur kurz - gleichzeitig<br />

Meister beider Serien war. 1992<br />

siegte er in der Königsklasse, 1993<br />

in Amerika.<br />

Es gab jedoch auch weniger glanzvolle<br />

IndyCar-Versuche vormaliger<br />

F1-Größen, etwa Jean Alesi. Nach<br />

201 GP-Starts ging er beim diesjährigen<br />

Indy 500, dem ersten und<br />

vermeintlich einzigen seiner Karriere,<br />

auf dem 33. Gesamtrang buchstäblich<br />

unter.<br />

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Zukunfts-<br />

Motor<br />

Ab 2014 ist die Königsklasse mit 1,6 l<br />

V6-Turbomotoren unterwegs - die alten<br />

2,4 l V8-Aggregate haben dann ausgedient,<br />

sehr zum Leidwesen vieler Fans,<br />

die um den unverwechselbaren Sound der<br />

Formel 1 fürchten. Im Sinne eines grüneren<br />

Sports beinhaltet das neue Motorenreglement<br />

viele Einschränkungen, etwa<br />

beim Benzinfluss - ausgeweitet werden<br />

sollen Energierückgewinnungssysteme.<br />

Zudem wird die Motorleistung auf 15.000<br />

Umdrehungen pro Minute reduziert.<br />

Akute<br />

Probleme<br />

Mit PURE soll unter Federführung<br />

von Craig Pollock zukünftig<br />

ein weiterer Motorenhersteller<br />

hinzukommen. Doch das französische<br />

Projekt, das für seine<br />

Entwicklung unter anderem die<br />

ehemaligen Toyota-F1-Hallen<br />

bei Köln nutzt, musste den<br />

Betrieb aufgrund finanzieller<br />

Schwierigkeiten einstellen.<br />

<strong>McLaren</strong>-Teamchef Martin<br />

Whitmarsh wundert das nicht.<br />

Der Brite geht davon aus, dass<br />

es in der Saison 2014 ohnehin<br />

nur drei Motorenlieferanten<br />

geben wird, die die Teams mit<br />

den neuen V6-Aggregaten<br />

versorgen: Mercedes, Renault<br />

und Ferrari.<br />

Prominente<br />

Schrauber<br />

Prominenter Besuch im Mercedes-AMG-Werk in Affalterbach:<br />

Die Silberpfeil-Werkspiloten Nico Rosberg und<br />

Michael Schumacher schauten bei ihren Kollegen vorbei<br />

und halfen beim Zusammenbau eines Achtzylindertriebwerks.<br />

Rosberg erklärte anschließend: »Ich bin<br />

fasziniert von dem hochmodernen Unternehmen und<br />

dem professionellen Umfeld. Für mich war das auch<br />

ein spannender Vergleich zum letzten Jahr.« 2011 hatte<br />

der China-Sieger gemeinsam mit seinem Teamkollegen<br />

bereits dem F1-Motorenwerk in Brixworth einen Besuch<br />

abgestattet und dort im Wettstreit gegen die Zeit einen<br />

V8-Antrieb montiert.<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mercedes-benz<br />

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Text: Frederik Hackbarth<br />

Erfolgreichste Motorenhersteller<br />

Ferrari<br />

Die Scuderia ist der mit Abstand erfolgreichste Motorenhersteller in der Formel<br />

1. Mit Ausnahme von Sebastian Vettels Sensationssieg im Toro Rosso 2008 in<br />

Monza holte Ferrari alle Siege mit dem Werksteam. Aktuell treten auch Sauber<br />

und Toro Rosso mit Ferrari-Power an.<br />

Ford<br />

Zwischen 1967 und 2004 belieferte Ford in Zusammenarbeit mit<br />

der Motorenschmiede Cosworth unzählige F1-Teams mit Antrieben.<br />

Über die Jahre erzielte Ford stolze 176 GP-Triumphe. Ein<br />

Einstieg als Konstrukteur, 2000 als Jaguar Racing, floppte jedoch<br />

gewaltig, was Ford dazu bewegte, Cosworth zu verkaufen.<br />

Renault<br />

1977 stiegen die Franzosen als Pioniere in die F1 ein und prägten durch die Einführung<br />

ihres erfolgreichen Turbomotors jahrelang das Gesicht des Sports. 1985<br />

verließ Renault die Königsklasse zum ersten Mal. Mit Renault und Red Bull feierte<br />

der Hersteller seit 2005 vier Fahrertitel.<br />

Mercedes<br />

Die Marke mit dem Stern war bereits 1954 und 1955 werksseitig<br />

erfolgreich in der F1 unterwegs. 1994 kehrten die Stuttgarter als reiner<br />

Motorenlieferant in die Königsklasse <strong>zurück</strong>, wobei Ende der 90er<br />

Jahre gemeinsam mit <strong>McLaren</strong> die größten Erfolge bejubelt wurden.<br />

Seit 2010 treten die Silberpfeile wieder mit einem Werksteam an.<br />

Motoren im Wandel der Zeit<br />

1950 ........................ 4,5 l Saug-, 1,5 l Kompressormotor<br />

1954 ..... 2,5 l Saugmotor, 750 ccm Kompressormotor<br />

1961 ......................................................1,3-1,5 l Saugmotor<br />

1966 .3,0 l Saug-, 1,5 l Turbo- oder Kompressormotor<br />

1972 ..............max. 12 Zylinder, Mindestgewicht 550 kg<br />

1986 ................................................................... 1,5 l Turbos<br />

1987 ........................ 1,5 l Turbos und 3,5 l Saugmotoren<br />

1989 ...............................................nur 3,5 l Saugmotoren<br />

1995 ............................................................... 3,0 l Motoren<br />

2005 .......................................................Motoren für 2 GP<br />

2006 .......................................2,4 l V8 oder limitierter V10<br />

2007 ................................................... max. 19.000 U/Min.<br />

2008 .................................................................. nur 2,4 l V8<br />

2009 .........KERS, 8 Motoren/Jahr, max. 18.000 U/Min.<br />

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Boxenspion<br />

BOXENSPION<br />

Ein Toro Rosso im<br />

deutschen<br />

Sommerregen<br />

Mark Sutton<br />

Life Through a Lens<br />

Deutscher Sommer<br />

Dieses Foto habe ich aus einem Versteck in der Garage der FIA Safety Cars<br />

geschossen - so blieb ich trocken und konnte mit meinem 500mm Objektiv<br />

durch den Regen fotografieren. Toro Rosso Mechaniker schoben eines der<br />

Autos vom Scrutineering <strong>zurück</strong> und ließen es stehen, als es anfing zu gießen.<br />

Normalerweise sind die Räder und Frontflügel unter der Abdeckung versteckt,<br />

aber hier sind sie zu sehen, was etwas mehr Details zeigt. Man sieht, wie die<br />

Regentropfen vom Boden <strong>zurück</strong>prallen - es war ein bemerkenswert starker<br />

Regenschauer, der aber für ein schönes Bild sorgte.<br />

Die Vettel-Wachsfigur<br />

wurde aus dem<br />

Paddock verbannt<br />

Falscher Vettel<br />

Diese Wachsfigur von Madame Tussauds wurde<br />

am Sonntag in Hockenheim gesichtet. Eigentlich<br />

wollte RTL sie bei der Fahrerparade einsetzen, um<br />

die Fahrer damit zu filmen - das wäre sehr witzig<br />

geworden, aber stattdessen flog die Figur aus dem<br />

Paddock! Ich glaube, sie hatten keine Erlaubnis von<br />

der FOM, um sie ins Fahrerlager zu bringen und sie<br />

wollten keine Werbung machen. Dennoch war es<br />

lustig, zu sehen, wie die Vettel-Wachsfigur herumgeschoben<br />

wurde, während die Lady sein Makeup<br />

auffrischte und die Frisur richtete.<br />

Heiße Stimmung<br />

auf den Tribünen<br />

in Ungarn<br />

Verrückte Fans<br />

Jeder liebt Budapest. Es ist nicht allzu teuer,<br />

die Menschen sind sehr freundlich, es ist eine<br />

wundervolle Stadt und die Strecke ist nicht weit<br />

weg. Da verzeiht man sogar, dass die Rennen<br />

oft nicht besonders spannend sind. Ich weiß<br />

nicht, aus welchem Land dieser Fan stammt,<br />

ich glaube, er war Brite, er könnte aber auch<br />

Finne gewesen sein! Er lief nach der Siegerehrung<br />

herum und die Fans durften am Zaun<br />

hinaufklettern, so lange sie nicht in die Boxengasse<br />

stürmten. Es herrschte eine großartige<br />

Atmosphäre - viele Finnen, Schweden,<br />

eine Mischung vieler Nationalitäten.


+++ videos +++<br />

<strong>McLaren</strong> ist bierernst und versteht keinen Spaß?<br />

Mit der neuen Serie »Tooned« beweist der<br />

Rennstall von Ron Dennis das Gegenteil: ab sofort<br />

produziert <strong>McLaren</strong> lustige Cartoon-Videos mit<br />

Lewis Hamilton und Jenson Button. Gleich ansehen:<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com/goto/tooned<br />

bei der<br />

dtm geht<br />

die post<br />

ab!!!<br />

2.<br />

1.<br />

3.<br />

Fotos: adrivo/Sutton, racepress<br />

1. Kerstin und Stephan legten mit<br />

Daniel Ricciardo dessen Karrierefahrplan<br />

fest - wie es mit ihm weitergeht,<br />

lesen Sie ab S. 44<br />

2. Rund, schwarz und das Thema der Saison: Paul Hembery<br />

hatte Stephan viel über die Pirelli-Reifen zu erzählen...<br />

3. Freier Blick auf Jonathan Neale und<br />

Kerstin, kurz nach dem Foto räumten die<br />

fleißigen <strong>McLaren</strong>-Bienchen schon wieder<br />

die Stühle hin (mehr zum <strong>McLaren</strong>-Perfektionismus<br />

s. Editorial auf S. 2).<br />

Tipp mal<br />

wieder...<br />

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Am Ende der Saison winkt der Hauptpreis ‚Formel selber fahren‘.<br />

Mehr lustige Geschichten aus den Fahrerlagern<br />

der <strong>Motorsport</strong>welt lesen Sie auf<br />

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www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 13


Text: Kerstin Hasenbichler<br />

Auszeit von<br />

den Egomanen<br />

rennfahrer geben an f1-wochenenden unzählige interviews. aber was geschieht, wenn die kameras aus sind?<br />

Vier Wochen Rennpause in der Formel 1. Diese Pause hatten nicht nur<br />

die Formel-1-Teams und Fahrer nach elf Stationen einer rastlosen<br />

Welttournee nötig. Auch wir Journalisten waren ganz froh über die<br />

kleine Auszeit von kräfteraubenden Interviews mit so manchem auf<br />

sich bezogenen Selbstdarsteller. Als Journalist verbringt man im Fahrerlager<br />

fast mehr Zeit wie im eigenen zu Hause und lernt dabei die<br />

Macken der Fahrer, Teamchefs und Pressesprecher, aber auch der<br />

Journalistenkollegen sehr gut kennen. Über die Marotten mancher<br />

Personen könnte man sogar ein Buch in dem Umfang eines Werks von<br />

Tolstoi verfassen. Sorry, mit Namen kann ich nicht dienen. Allerdings<br />

möchte ich vorwegnehmen, dass es sich hierbei nicht um Kimi Räikkönen<br />

handelt, wie viele wohl sofort vermutet haben. Der große Schweiger<br />

aus Finnland ist sicherlich kein Musterbeispiel für den perfekten<br />

Interviewpartner, doch man muss Räikkönen zu Gute halten, dass er<br />

sich seit dem Großen Preis von Spanien immerhin bemüht, auf halbwegs<br />

gescheite Fragen auch eine halbwegs gescheite Antwort zu geben.<br />

Sebastian Vettel hat gerne<br />

mal einen lustigen Spruch<br />

auf Lager<br />

Dass er dabei unverblümt sagt, was er denkt, ist für einige Journalisten<br />

erfrischend, für andere ein gefundenes Fressen. Das weiß auch Räikkönen:<br />

»Ich bin lange genug in der Formel 1 und kenne den Bullshit, der rund um<br />

das Rennfahren passiert. Die Leute wollen ihre Storys verkaufen und dafür<br />

werden irgendwelche Sätze aus dem Kontext gerissen, aber das kümmert<br />

mich nicht. Wenn man sich damit zu viel beschäftigt, wird man nur wütend<br />

und das hilft einem nicht.« Mancher Rookie sagt daher lieber erst gar nichts<br />

oder nur nichtssagende Floskeln, ehe er etwas Falsches sagt. Für einen<br />

Journalisten sind solche Interviews völlig unbrauchbar, dennoch kann man<br />

die Lage dieser Jungs gut verstehen, stehen doch schon hunderte anderer<br />

Talente in der Warteschlange auf ein Formel-1-Cockpit. Andere Neulinge<br />

hingegen scheinen beim Aufstieg in die Königsklasse ihre Manieren vergessen<br />

zu haben. Diese Art von Youngsters »schweigt« nicht aus Angst,<br />

sondern aus Arroganz. Als hätten sie bereits mehrfach die Weltmeisterschaft<br />

gewonnen, reagieren sie auf jede Frage gelangweilt, blicken nach vier<br />

Fragen, die sie lediglich mit Ja oder Nein beantwortet haben, genervt zur<br />

Pressesprecherin und fragen, ob sie nun endlich gehen dürften.<br />

Was macht ein Journalist in dieser Situation? Ich kann nur sagen: Nicht<br />

das, was man eigentlich machen würde. Es ist nun einmal für zukünftige<br />

Interviews nicht gerade von Vorteil, wenn man dem Gegenüber an die<br />

Gurgel springt. Daher lächelt man freundlich und erlöst den Gequälten<br />

aus der Interview-Hölle - und damit auch sich selbst. Mir ist durchaus<br />

bewusst, dass wir hier im Rennsport sind und nicht im Streichelzoo.<br />

Rennfahrer dieser Kategorie müssen geborene Egomanen sein. Denn<br />

wer das auf der Rennstrecke nicht ist, der wird auch nicht Weltmeister.<br />

Sebastian Vettel hat es vortrefflich erklärt: »Ein Arsch auf der Rennstrecke<br />

sein, aber nicht im Leben.« Und um die Piloten auch ein wenig in Schutz<br />

zu nehmen - es gibt auch Journalisten, die in die erste Kategorie fallen.<br />

Wie kleine Kinder heulen sie den Kommunikationschefs vor, wie sehr die<br />

Fragen des Kollegen nicht zum eigenen Interview-Thema gepasst hätten.<br />

Wie es dann kommt, dass die Fragen vom Kollegen in deren Interview<br />

auftauchen, lassen wir einfach mal so stehen. Aber schön, auch von<br />

diesen Leuten eine Auszeit gehabt zu haben...<br />

Fotos: adrivo/Sutton, red bull<br />

14 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Text: Stephan Heublein<br />

Gefahr für<br />

Leib und Leben<br />

<strong>Motorsport</strong> ist gefährlich. Sir Stirling moss glaubt sogar, rennsport müsse es sein. eine fragwürdige ansicht.<br />

Johnny Herberts<br />

schlimmer Unfall in der<br />

Formel 3000<br />

Dieser Unfall<br />

beendete die<br />

Karriere von Stirling<br />

Moss<br />

Lebensgefahr, Adrenalinrausch, Formel 1: ein Sport für echte Männer.<br />

Dieses Bild der todesmutigen Draufgänger ohne Angst vor dem damals<br />

Unvermeidlichen ist längst überholt. Felipe Massa, Robert Kubica, Jacques<br />

Villeneuve und viele andere Fahrer verdanken den verbesserten Sicherheitsvorkehrungen<br />

der Neuzeit ihr Leben. Stärkere Monocoques, striktere<br />

Crashtests, weite Auslaufzonen und vieles mehr haben die Boliden sicherer<br />

gemacht.<br />

»Es ist ein Jammer, denn wir hatten noch Spaß daran, Leib und Leben zu<br />

riskieren, aber so etwas gibt es heute einfach nicht mehr.« Die Worte klingen<br />

wie blanker Hohn. Doch sie stammen von jemandem, der es selbst beurteilen<br />

kann: Sir Stirling Moss gilt als der wohl beste Fahrer, der nie einen WM-Titel<br />

gewann. Für ihn war die Gefahr ein grundlegender Teil der Freude am Rennsport:<br />

»Wenn du nichts riskieren möchtest, dann spiel eben Tennis.« Dabei<br />

endete seine Karriere ausgerechnet nach einem schweren Unfall in Goodwood<br />

1962. Ein Hirntrauma, ein Monat im Koma und eine vorübergehende, halbseitige<br />

Lähmung waren die Folge.<br />

»Stirling hat es wieder gesagt!«, entfährt es Johnny Herbert auf seine ihm<br />

eigene Art, als ich ihn im Paddock auf Moss‘ wiederholte Sicherheitskritik<br />

anspreche. »In gewisser Weise stimme ich ihm ein kleines Bisschen zu«, meint<br />

Johnny, der eine ganz besondere Beziehung zur Gefahr im Rennsport besitzt.<br />

Schließlich hatte er in Brands Hatch 1988 selbst einen schlimmen Formel-<br />

3000-Unfall, bei dem er sich beide Füße und Knöchel mehrfach brach. Die<br />

Ärzte gingen davon aus, dass er nie wieder laufen würde können. Trotzdem<br />

gab Johnny nur sieben Monate nach seinem Unfall sein F1-Debüt in Brasilien!<br />

Er konnte kaum laufen, beendete seinen ersten Grand Prix jedoch als überragender<br />

Vierter. Noch heute erzählt er lebhaft die Anekdote, wie sich jahrelang<br />

Gras- und Gummirückstände von dem Unfall ihren Weg aus seinen Füßen<br />

bahnten.<br />

Dies gibt Einblick in die Psyche eines Rennfahrers vom alten Schlag, zeigt,<br />

wie er tickt oder ticken muss, um mit Unfällen und Verletzungen klarzukommen,<br />

wie sie heute kaum noch vorkommen. »Wenn ich meinen Unfall in den heutigen<br />

Autos gehabt hätte, wäre ich wahrscheinlich ohne jede Verletzung ausgestiegen«,<br />

ist Johnny überzeugt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die F1 sich<br />

auf ihren hohen Sicherheitsstandards ausruhen sollte. »Es gibt immer seltsame<br />

Umstände wie bei den Unfällen von Henry Surtees oder Felipe Massa«, betont<br />

er. Eine Bestätigung der Unvorhersehbarkeit des Rennsports war der Aerotest-<br />

Unfall von Maria De Villota in diesem Sommer, bei dem die Spanierin ihr rechtes<br />

Auge verlor.<br />

Eine zu sichere Formel 1 wird es nie geben. Die Gefahr fährt immer mit, dumme<br />

Zufälle wie abgerissene Räder oder wegfliegende Federn lassen sich nie gänzlich<br />

ausschließen, selbst die viel zitierte Cockpitkuppel würde neue, unerwartete<br />

Gefahren mit sich bringen. Beim Anblick eines alten Boliden aus den 70er<br />

Jahren im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> schaudert es eine Team-Pressesprecherin:<br />

»Wahnsinn, dass sie früher damit Rennen gefahren sind - an der Front gab es<br />

überhaupt keinen Schutz«, weist sie auf den wunden Punkt hin. »Kein Wunder,<br />

dass die ganzen ehemaligen Fahrer heute als TV-Experten wegen schwerer<br />

Beinverletzungen nur noch durchs Fahrerlager humpeln.«<br />

Dennoch ist an Moss‘ Aussagen das berühmte Körnchen Wahrheit dran. Supersichere<br />

Autos und weitläufige Asphaltauslaufzonen, die selbst in einst berüchtigten<br />

Mutkurven Vollgas erlauben und viele Fehler verzeihen, als ob nichts<br />

gewesen wäre, geben den Fahrern das Gefühl, dass sie mit allem durchkommen.<br />

»Früher wusste man, wenn man auf das grüne Zeug kommt, ist es aus«,<br />

erinnert sich Johnny. Heute gibt es immer weniger ‚grünes Zeug‘ neben der<br />

Strecke, bei Regen wird hinter dem Safety Car gestartet oder abgebrochen.<br />

»Sie sind die besten Fahrer der Welt«, betont Johnny, »und sie sollten auch<br />

bei den schwierigsten Bedingungen fahren können.«<br />

Fotos: milagro, adrivo/Sutton<br />

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+++ IM Vergleich +++ IM Vergleich +++ IM Vergleich+++<br />

Batman gibt vollgas Die Fledermaus macht die <strong>Motorsport</strong>welt unsicher: Gresini Honda Pilot Michele<br />

Pirro versuchte sich auf dem Bat Bike und Lotus ließ seine Fahrer auf das Batmobil los. »Kimi war sehr gelassen und es hat ihm sehr<br />

gefallen«, beschreibt unser Fotograf Mark Sutton das Fotoshooting mit Kimi Räikkönen und Romain Grosjean. »Ehrlich gesagt glaube ich,<br />

dass Kimi am liebsten mit dem Batmobil auf der Strecke gefahren wäre!« Keine Spur von Langeweile, der Finne lachte, scherzte und ließ<br />

sich sogar das Cockpit erklären - er genoss einen PR-Termin! »Das war so ganz und gar untypisch für Kimi.« Wer weiß? Vielleicht soll der<br />

Spitzname Iceman ja nur ablenken von seiner wahren Identität als dunkler Rächer...<br />

Fotos: adrivo/Sutton, dtm<br />

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Text: FALKO SCHOKLITSCH<br />

Siege und<br />

Niederlagen<br />

Valentino Rossis Rückkehr zu Yamaha sorgte für Siege und Niederlagen, sollte aber auch zu denken geben.<br />

Valentino Rossi macht<br />

eine Rolle rückwärts: von<br />

Ducati geht es <strong>zurück</strong> zu<br />

Yamaha<br />

Die Sportwelt ist immer wieder eine paradoxe Sache. Da reden Athleten von Herausforderungen,<br />

die sie meistern wollen, von den großen Zielen, die sie erreichen wollen,<br />

nur um dann oft genug selbst die Kehrtwende zu machen und zu erklären, dass ein<br />

anderer Weg vielleicht doch der Bessere sei. In einer Welt, in der es im Normalfall<br />

nur einen Ersten gibt, ist das aber so. Helden steigen auf, Helden fallen, interessanterweise<br />

gibt es aber auch beim Absturz Sieger.<br />

Nehmen wir etwa Casey Stoner. Nie wurden sein Talent und sein Können höher eingeschätzt<br />

als nach Valentino Rossis beginnendem Absturz mit Ducati. Immerhin hatte der<br />

Australier 2010 mit der Ducati noch drei Siege, zwei zweite und vier dritte Plätze geholt<br />

- mit eben jener Ducati, auf der Rossi danach kein Bein auf die Erde brachte. Stoner fuhr<br />

derweil mit der Honda zu seinem zweiten WM-Titel und dominierte die MotoGP beinahe<br />

nach Belieben. Der Australier verlässt die MotoGP damit als Sieger, obwohl er 2012<br />

aufgrund verschiedenster Umstände vielleicht nicht Weltmeister werden wird.<br />

Und Rossi? Nun der hat seiner Legende sicher keinen guten Dienst erwiesen und seiner<br />

Marke sowieso nicht. Dennoch ist er in gewisser Weise auch ein Gewinner. Er durfte<br />

trotz zwei Jahren Krise miterleben, dass ihm fast überall die Türen offenstanden, um<br />

sich in sonnigere Gefilde aufzumachen. Egal wie er Honda und Yamaha früher auch<br />

verlassen hatte, er hätte bei beiden Herstellern unterkommen können, wobei er bei<br />

Honda in ein Satelliten-Team gemusst hätte, wo er Werksmaterial fahren hätte dürfen.<br />

Da war die Variante Yamaha logischer. Und er durfte merken, dass er wohl nach wie<br />

vor der größte Sponsoring-Magnet in der gesamten MotoGP ist, immerhin stellten sich<br />

gleich einige Geldgeber an, um seinen Wechsel, wohin auch immer, zu unterstützen.<br />

Rossi bekam also trotz seiner Niederlage bei Ducati weiter von allen Seiten sein<br />

Ego gestreichelt - es soll einem Schlimmeres passieren können. Und dank der<br />

Abschiedsgedanken des Italieners durfte auch Nicky Hayden einen Sieg feiern.<br />

Stand seine Vertragsverlängerung lange Zeit auf der Kippe, ging es vor Laguna<br />

Seca plötzlich ganz schnell und er konnte sich darüber freuen, auch 2013 wieder<br />

in einem Werksteam unterzukommen.<br />

Aber dank Rossis Niederlage mussten auch andere Fahrer leiden. Nicht zuletzt die<br />

beiden Tech-3-Piloten Andrea Dovizioso und Cal Crutchlow. Beide hatten auf einen<br />

Platz im Yamaha-Werksteam gehofft, auf jenen Platz, den Ben Spies von sich aus<br />

schon frühzeitig freimachte. Aber den wollte Rossi haben, dadurch mussten beide<br />

alternative Angebote annehmen, obwohl sie doch von Saisonbeginn nur den Aufstieg<br />

im Visier gehabt hatten.<br />

Die Erkenntnis aus der ganzen Geschichte ist eine einfache, die der MotoGP aber nicht<br />

besonders gut zu Gesicht steht. Egal wie gut die junge Generation an Fahrern ist, ein Typ<br />

wie Valentino Rossi wird an der Spitze gebraucht, sonst ergibt sich ein Aufmerksamkeits-<br />

Problem. Und egal wie toll Rossi und Ducati auf dem Papier auch zusammenpassten,<br />

das Experiment ist gescheitert und als der Italiener das selbst einsah, musste er sich<br />

nicht viel Mühe geben. Schon früh versprach ihm Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta, er werde<br />

2013 eine starke Maschine haben, mit der Yamaha wird er die bekommen. Den Wünschen<br />

des Superstars wurde wieder entsprochen und das wahrscheinlich noch zum Wohl aller.<br />

Denn nur mit einem starken Rossi stößt die MotoGP auch am Massenmarkt auf breites<br />

Interesse. Für die Macher der Königsklasse muss man dabei nur hoffen, dass sie auch<br />

einen Plan in der Schublade haben, was nach Rossi kommt, wenn Niederlagen nicht<br />

mehr so einfach in Siege umzuwandeln sein werden.<br />

Fotos: milagro<br />

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DEBATTE: Maria Pohlmann, Eva Wagner & Falko Schoklitsch<br />

Yamahader<br />

einfache Weg?<br />

Falko Schoklitsch: Dass Valentino Rossi mit seiner Rückkehr zu Yamaha<br />

die eigene Niederlage bei Ducati quasi eingesteht, ist ja schön und gut.<br />

Aber was wird ihm nun in seiner neuen alten Heimat blühen? Immerhin<br />

kommt er nicht mehr als Heilsbringer, er kommt jetzt in Jorge Lorenzos<br />

Team. Also wenn er glaubt, dass er es bei Yamaha viel besser und leichter<br />

haben wird als bei Ducati, dann hat er sich womöglich geschnitten.<br />

Der Doktor kommt nach<br />

Hause zu seinem Baby -<br />

der Yamaha M1<br />

Maria Pohlmann: Etwas leichter wird Rossi es im alten/neuen Team<br />

sicherlich haben. Allein die M1 scheint leichter fahrbar zu sein. Der<br />

Doktor wird sich sicherlich schnell wieder auf die Yamaha einschießen,<br />

obwohl er zwei Jahre ausgesetzt hat. Fraglich ist nur: wie kann<br />

er damit umgehen, dass er zum ersten Mal in seinem Leben hinten<br />

ansteht? Lorenzo ist und bleibt für Yamaha die klare Nummer eins,<br />

auch wenn Rossi die nötigen Absatzzahlen <strong>zurück</strong>bringt.<br />

Eva Wagner: Rossi hat sich diese Entscheidung sicher nicht leicht gemacht.<br />

Er hat in den letzten Jahren gemerkt, dass es ihn nicht befriedigt, um Plätze<br />

6 bis 10 zu fahren. Er will siegen, sich duellieren und zeigen, was er drauf<br />

hat - aber er wird auch nicht jünger. Um trotzdem nochmal an der Spitze<br />

mitzufahren, ist dieser Schritt <strong>zurück</strong> zu Yamaha unumgänglich, auch wenn<br />

er zunächst sicher lernen muss, sich unterzuordnen. Er ist erfahren und reif<br />

genug, um sich zu behaupten, auch wenn er nicht zwangsläufig die Nummer<br />

eins sein wird.<br />

Falko: Rossi kommt sicher als Nummer zwei <strong>zurück</strong>, doch er ist einerseits<br />

heiß, andererseits ist er ein Marketing-Magnet und dürfte dem Yamaha-<br />

Werksteam wieder die Sponsoren bringen, die es seit seinem Abschied<br />

Ende 2010 so schmerzlich vermisst hat. Wenn der Rubel im Team wieder<br />

rollt, könnte man sich schnell eines Besseren besinnen. Andererseits wird<br />

vieles davon abhängen, wie sich Rossi gegen Lorenzo behauptet und angesichts<br />

der Entwicklung, die der Spanier in den vergangenen Jahren genommen<br />

hat, wird es einiges brauchen, um ihn zu biegen.<br />

Maria: Jetzt hat Lorenzo das Ruder in der Hand und obwohl er<br />

meinte, dass es ihn nicht stört, wieder Rossi in der Garage zu haben,<br />

scheint sein Status mit dem Star nebenan etwas in Gefahr. Der Mallorquiner<br />

könnte mit Leichtigkeit <strong>zurück</strong>schießen, nachdem ihm<br />

Rossi beim Yamaha-Einstieg vorgeworfen hatte, dass er sich mit dem<br />

von Rossi entwickelten Bike ins gemachte Nest gesetzt hat. Bleibt<br />

zu hoffen, dass Lorenzos Arbeit und Treue gegenüber Yamaha belohnt<br />

wird und sich der Nummer-1-Status nicht in wenigen Wochen zugunsten<br />

der Verkäufe und Fans in Luft auflöst.<br />

Eva: Vielleicht schätzen wir ihn auch alle falsch ein und Rossi genießt es, als<br />

Fahrer nicht den Nummer-1-Status, aber dennoch das Vertrauen des Teams<br />

und vor allem der Sponsoren auf seiner Seite zu haben. Das wiederum könnte<br />

auch eine Herausforderung für Lorenzo darstellen. Denn dann ist er wirklich<br />

gefragt.<br />

Maria: Ob Nummer eins oder Nummer zwei: Rossi geht mit dem<br />

Wechsel erneut ein Risiko ein, die Fans wollen ihn gewinnen sehen,<br />

auch er will wieder aufs Podest krabbeln. Sollten diese Erwartungen<br />

enttäuscht werden, wird er den Helm wohl an den Nagel hängen<br />

können.<br />

Falko: Nur wie er den Helm dann an den Nagel hängt, wäre wohl<br />

seiner bisherigen Karriere kaum würdig. Eigentlich ist es fast deprimierend,<br />

wenn man daran denkt, dass Rossi nach dem Scheitern bei<br />

Ducati nun bei Yamaha auch untergehen könnte und sich sein aktuell<br />

angeknackstes Denkmal damit komplett zerstört. Es ist wohl anzunehmen,<br />

dass er wieder Rennen gewinnen wird, immerhin ist die<br />

Yamaha M1 seine große Liebe, auch wenn sie sich seit seinem<br />

Abschied verändert hat. Ob aber das alleine reicht, um die Öffentlichkeit<br />

wieder zufriedenzustellen, ist offen. Vielleicht wird er Lorenzo<br />

schlagen müssen, damit er wieder obenauf ist - und das wird eine<br />

harte Nuss.<br />

Eva: Rein theoretisch kann er nur gewinnen. Er zeigt, dass er sich der Konkurrenz<br />

mit Lorenzo stellt. Und nach seiner Ankündigung, in zwei Jahren<br />

aufzuhören, steht sowieso fest, dass er sich nach 2014 aus dem Geschäft<br />

<strong>zurück</strong>ziehen wird - mit welcher Begründung auch immer.


20 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Foto: red bull<br />

schlüssel<br />

zum titel<br />

Von wegen Sommerpause:<br />

David Coulthard<br />

und Red Bull mischten<br />

mit einem Showrun die<br />

Innenstadt von<br />

Kopenhagen auf.<br />

Eigentlich führt kein Weg daran vorbei, dass Fernando<br />

Alonso in diesem Jahr seinen dritten WM-Titel einheimst.<br />

Wegen des widererstarkten F2012-Boliden<br />

oder seinen fahrerisch überragenden Qualitäten? Nein,<br />

der Hauptgrund heißt Felipe Massa. In keinem anderen<br />

Top-Team herrscht solch eine große Diskrepanz zwischen<br />

zwei Teamkollegen wie bei Ferrari. Davon profitiert<br />

allein Alonso, denn der Fokus der Scuderia ist<br />

komplett auf den spanischen Alleinherrscher gerichtet.<br />

Massa verkommt zur Randnotiz. Mit hundertprozentiger<br />

Unterstützung im Rücken kann der Titel nur<br />

über Alonso führen, weil sich bei den anderen Teams<br />

noch immer keine Nummer 1 herausgebildet hat. -<br />

Robert Seiwert<br />

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McLa<br />

<strong>McLaren</strong> gilt als Synonym für Perfektion. Doch auch ein Perfektionsteam ist<br />

vor Fehlern und Rückschlägen nicht gefeit. Wer den Titel gewinnen will, muss<br />

Misserfolge verkraften und sich <strong>zurück</strong>kämpfen. Das ist <strong>McLaren</strong>-mercedes<br />

bravourös gelungen.<br />

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en<br />

Text: Kerstin Hasenbichler<br />

is back<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

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Das Adrenalin steigt, der Körper ist angespannt, obwohl<br />

jeder Handgriff tausendmal trainiert wurde. Alles folgt<br />

einer detaillierten Choreographie. Die Vorgaben sind<br />

klar - schnell und perfekt muss alles über die Bühne<br />

gehen. Pannen oder Slapstickeinlagen dürfen nicht mehr vorkommen. Dann<br />

geht es los, alles passiert innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde. Zum<br />

Überlegen bleibt keine Zeit, jeder muss sich auf seinen Instinkt verlassen. Der<br />

erlösende Moment erfolgt mit dem Blick auf das Zeitmessgerät - 2,31<br />

Sekunden, Weltrekord! Ein Mensch benötigt in etwa diese Zeit, um viermal in<br />

die Hände zu klatschen. Das Boxenballett von <strong>McLaren</strong> wechselte in Hockenheim<br />

in diesem Zeitraum vier Reifen. »Die Jungs haben einen phänomenalen<br />

Job gemacht. Sie können echt stolz sein«, lobte Jenson Button seine Crew.<br />

Noch zu Saisonbeginn war der Boxenstopp die wohl größte Problemzone bei<br />

<strong>McLaren</strong> und ließ Teamchef Martin Whitmarsh und der restlichen Führungsmannschaft<br />

trotz perfekter Wintervorbereitung und dem Auftaktsieg in<br />

Melbourne ein graues Haar nach dem anderen wachsen. »<strong>McLaren</strong> wird in<br />

der Öffentlichkeit gern als Perfektionsteam gesehen, aber auch <strong>McLaren</strong><br />

macht Fehler. Fehler sind nur natürlich, obwohl wir in der Presse dafür<br />

kritisiert werden«, erklärt <strong>McLaren</strong>-Geschäftsführer Jonathan Neale. Den Ruf<br />

als Perfektionsteam - egal ob positiv oder negativ behaftet - hat sich <strong>McLaren</strong><br />

hart erarbeitet. Mit acht Konstrukteurs- und zwölf Fahrertiteln schrieb der<br />

Rennstall neben Ferrari den größten Teil der Formel-1-Historie mit. Auf dem<br />

Hungaroring fuhr der britische Rennstall die 150. Pole Position in der<br />

Team-Geschichte ein.<br />

»Wenn ich mir das Auto im<br />

Detail betrachte - es einfach<br />

nur ansehe - dann sieht es<br />

nicht so aus wie die anderen.<br />

Es ist ein signifikanter<br />

Unterschied. Ich bin kein<br />

Aerodynamiker, aber da muss<br />

irgendetwas sein.«<br />

»Das ist ein wichtiger und weiterer Meilenstein für unser Team. Das zeigt, wie<br />

lange und erfolgreich wir schon in der Formel 1 sind. Vor 25 Jahren als<br />

<strong>McLaren</strong> in den Sport einstieg, war Ferrari die Mega-Marke und wir nur ein<br />

kleines Team. In all den Jahren sind wir als Marke enorm gewachsen und das<br />

ist entscheidend«, sagt Whitmarsh stolz. Doch in der Formel 1 ist ein Team<br />

nur so gut wie der letzte Erfolg und so wurde bei <strong>McLaren</strong> der Pole-Position-<br />

Meilenstein nicht großartig gefeiert. »Wenn man schon so lange wie ich in der<br />

Formel 1 dabei ist, dann verhält es sich mit solchen Meilensteinen wie mit<br />

Geburtstagen. Man macht einfach normal weiter, ohne groß zu feiern«,<br />

erklärt Whitmarsh.<br />

Die Ziele für die zweite Saisonhälfte sind klar definiert. Auf die Siege von<br />

Australien, Kanada und Ungarn sollen weitere folgen. Am Ende der Saison<br />

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will <strong>McLaren</strong> mit einem seiner Piloten nach vier Jahren Abstinenz den<br />

Fahrertitel gewinnen. Noch länger wartet der erfolgsverwöhnte Rennstall auf<br />

den Konstrukteurstitel, zuletzt ging der Pokal 1998 nach Woking. Dass<br />

<strong>McLaren</strong> kurzzeitig sogar nur auf Platz vier der Konstrukteurswertung lag, war<br />

ein schwer verdaulicher Rückschlag. »Die Dinge ändern sich in dieser Saison<br />

sehr schnell. Wir erlebten in Valencia und Silverstone zwei enttäuschende<br />

Rennen und das Ergebnis davon war Platz vier«, erklärt Neale. Dabei sah es in<br />

den ersten drei Rennen der Saison danach aus, als wäre <strong>McLaren</strong> das Team,<br />

das es 2012 zu schlagen galt. Doch in diesem Jahr ist in der Formel 1 nichts so<br />

wie es scheint. Ferrari lief <strong>McLaren</strong> den Rang als bestes Entwicklungsteam ab<br />

und auch Red Bull tauchte wieder auf dem Siegertreppchen auf. Nach dem<br />

Debakel in Bahrain und Silverstone wurde daher auch die Kritik auf Fahrerseite<br />

lauter.<br />

Erfolgsstatistik*<br />

Erster GP-Start: Monaco 1966<br />

Rennstarts: 714<br />

Konstrukteurstitel: 8<br />

Fahrertitel: 12<br />

GP-Siege: 178<br />

Pole Positions: 150<br />

Schnellste Runden: 149<br />

WM-Punkte insgesamt: 4.843,5<br />

*Stand: Nach dem Ungarn GP 2012<br />

»Wenn ich mir das Auto im Detail betrachte - es einfach nur ansehe - dann<br />

sieht es nicht so aus wie die anderen. Es ist ein signifikanter Unterschied. Ich<br />

bin kein Aerodynamiker, aber da muss irgendetwas sein«, klagte Jenson<br />

Button. Bereits bei der Präsentation des MP4-27 stieß dieser signifikante<br />

Unterschied allen Betrachtern ins Auge. <strong>McLaren</strong> ging seinen eigenen Weg<br />

und verzichtete im Gegensatz zur Konkurrenz auf die wegen ihrer wenig<br />

schmeichelhaften Ästhetik gescholtene Stufennase. Die weltweite Presse fragte<br />

sich, ob der Bolide so den Titel gewinnen könne oder doch nur einen<br />

Schönheitspreis. Neale gesteht, dass es zu Beginn Momente gab, in denen das<br />

Team am eingeschlagenen Weg gezweifelt hat. »Als die neuen Autos präsentiert<br />

wurden, waren wir sehr nervös und haben uns gefragt: ‚Wissen wir etwas,<br />

was die anderen nicht wissen oder haben wir uns massiv geirrt?‘ Aber als wir<br />

das Auftaktrennen in Australien gewonnen haben, war klar, dass unser Weg<br />

richtig war.«<br />

Nichtsdestotrotz brauchte <strong>McLaren</strong> ein Facelift, das war auch Hamilton klar,<br />

der nach dem Rennen in Silverstone SOS in Richtung Woking funkte: »Ich<br />

habe mir das Herz aus dem Leib gefahren, aber es fehlte uns generell an<br />

Tempo. Da ist einiges an Zeit, die wir irgendwo finden müssen. Wir müssen<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mclaren<br />

irgendwoher viel Abtrieb bekommen.« Eine konkrete Idee<br />

konnte allerdings auch Hamilton nicht auf den Tisch legen.<br />

»Ich weiß nicht, wie die Jungs das anstellen sollen, aber ich<br />

bete dafür, dass sie es tun.« Sein Gebet wurde von den<br />

Ingenieuren erhört. Nach Hockenheim brachte <strong>McLaren</strong> ein<br />

großes Update-Paket und mit diesem Facelift kam auch der<br />

Erfolg <strong>zurück</strong>.<br />

Durch den Umbau der Heckpartie verfügt der MP4-27 über<br />

deutlich mehr Grip, wodurch die Hinterreifen nicht mehr so<br />

stark leiden. In Hockenheim fuhr <strong>McLaren</strong> wieder auf<br />

Augenhöhe zu Ferrari sowie Red Bull und hatte Chancen auf<br />

den Sieg, der eine Woche später in Budapest schließlich folgte.<br />

»Unser Update-Paket am Auto ist sehr viel versprechend. Ich<br />

denke, damit werden unsere Fahrer wieder an der Spitze<br />

mitkämpfen und <strong>McLaren</strong> dorthin bringen, wo wir hingehören«,<br />

ist Neale überzeugt. Button und Hamilton können<br />

durchaus Mut fassen, denn der Titel scheint wieder realistisch<br />

- und <strong>McLaren</strong> hat vor, das hohe Entwicklungstempo weiterzugehen.<br />

»Wenn man Weltmeister werden will, muss man das<br />

Auto in jedem Rennen weiterentwickeln. Wir müssen für jedes<br />

Rennen ungefähr 0,25 Sekunden finden, also alle vier Rennen<br />

eine Sekunde schneller werden«, rechnet Whitmarsh vor.<br />

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Fotos: adrivo/Sutton<br />

26 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Die<br />

Magie<br />

des<br />

Sports<br />

Hoch und runter: <strong>McLaren</strong> erlebte eine turbulente erste Saisonhälfte. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> sprach mit Geschäftsführer Jonathan Neale über das<br />

Entwicklungsrennen, Perfektionismus und die Magie der Formel 1.<br />

Text: Kerstin Hasenbichler<br />

MSM: Die Sommerpause ist vorbei. Werden<br />

wir jetzt bald ein klareres Bild von den Favoriten<br />

erhalten?<br />

JONATHAN NEALE: Vielleicht noch nicht<br />

sofort in den ersten Grand Prix, aber in den<br />

darauffolgenden Rennen. Natürlich ist unser<br />

Plan, dass <strong>McLaren</strong> zu den Favoriten gehört.<br />

Wir pushen sehr hart, wenn es um die Entwicklungen<br />

für die kommenden Rennen geht. In<br />

den letzten Wochen haben wir einen Schwung<br />

an neuen Ideen entwickelt. Wir werden<br />

bestimmt nicht nachlassen, sondern es wird<br />

noch einiges kommen. Ich freue mich schon<br />

sehr, die Ideen auf dem Auto zu sehen. Sorgen<br />

mache ich mir erst, wenn uns die Ideen ausgehen,<br />

aber im Moment ist das nicht der Fall.<br />

Die erste Saisonhälfte war turbulent, mit sieben<br />

verschiedenen Siegern in sieben Rennen.<br />

Jonathan Neale<br />

ist mit dem<br />

Aufwärtstrend<br />

zufrieden<br />

Doch nicht jeder war damit glücklich.<br />

Für die Formel 1 und die Fans war die erste<br />

Saisonhälfte großartig. Für die Teamchefs und<br />

die Fahrer weniger, aber dass verschiedene<br />

Piloten ein Rennen gewinnen oder auf dem<br />

Podium stehen können, macht die Formel 1<br />

aufregend. Das lässt den WM-Kampf offen und<br />

jeden weiterhin über den Sport sprechen.<br />

Was muss passieren, damit <strong>McLaren</strong> am Ende<br />

der Saison beide WM-Wertungen anführt und<br />

welcher Titel wäre für Sie von größerer<br />

Bedeutung?<br />

Es ist ganz einfach, wir müssen in Sachen Entwicklungen<br />

weiter pushen. Die Basis des Autos<br />

stimmt, wir haben zwei großartige Fahrer, jetzt<br />

entscheidet das Entwicklungsrennen, wer am<br />

Ende den Titel gewinnt. Welcher Titel für mich<br />

die größere Bedeutung hat, ist wirklich eine →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 27


<strong>McLaren</strong> legte<br />

einen besseren<br />

Saisonstart hin<br />

als 2011<br />

knifflige Frage. Natürlich ist für den Fahrer der<br />

Fahrertitel der Wichtigste. Ich persönlich<br />

würde aber lieber die Konstrukteurs-Weltmeisterschaft<br />

gewinnen.<br />

Wie zufrieden sind Sie generell mit dem Entwicklungsprozess<br />

über die Saison hinweg und<br />

was steht in der zweiten Saisonhälfte auf der<br />

»To-do«-Liste?<br />

Mitte September werden wir beginnen, uns<br />

Gedanken über die Saison 2013 zu machen. Der<br />

Fokus wird aber weiterhin auf dieser Weltmeisterschaft<br />

liegen. Wir wollen um den Titel mitkämpfen<br />

und sind überzeugt, dass wir schnell<br />

genug sind und das auch können. Deshalb heißt<br />

es weiter pushen.<br />

Welchen Effekt hat die Verpflichtung von Sam<br />

Michael auf das Team gehabt?<br />

Sam wurde als Sportdirektor ins Team geholt.<br />

Er ist dafür zuständig, dass wir eine gute, konstruktive<br />

Beziehung zur FIA und den Rennstewards<br />

pflegen. Wir mussten dieses Jahr das eine<br />

oder andere Mal zu ihnen - wenn auch nicht so<br />

häufig wie im letzten Jahr. [lacht] Sam ist ein<br />

echter Racer und stellt sicher, dass unsere Fahrer<br />

an einem Rennwochenende in Bestform sind.<br />

Sein Hauptaufgabenbereich umfasst allerdings<br />

die Arbeit an der Strecke. Er hat den Überblick<br />

Jonathan Neale erklärt dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>, wie <strong>McLaren</strong><br />

<strong>zurück</strong>schlagen konnte<br />

über die Vorgänge in der Box, bei den Boxenstopps,<br />

etc. Er ist dafür verantwortlich, dass wir<br />

gute Leute in der Box haben und dass die Disziplin<br />

über die Saison hinweg aufrecht erhalten<br />

bleibt. Dieses Jahr lief der eine oder andere<br />

Boxenstopp nicht perfekt, aber wir haben uns<br />

in diesem Bereich stark verbessert, sowohl bei<br />

der Konstanz als auch der Schnelligkeit. Ich bin<br />

sehr froh, dass Sam zu uns gestoßen ist.<br />

Die Patzer bei den Boxenstopps sorgten in der<br />

ersten Saisonhälfte tatsächlich für Gesprächsstoff.<br />

Viele stellten sich die Frage, wie einem<br />

Perfektionsteam à la <strong>McLaren</strong> solche Fehler<br />

unterlaufen konnten?<br />

Bei einem Boxenstopp geht es um Technik, Athletik,<br />

Fahrerposition und Glück. Gerade in<br />

einem Bereich wie diesem, in dem die Leute hart<br />

pushen und an ihre Grenzen gehen, passieren<br />

sehr leicht Fehler. Aber wir haben uns verbessert.<br />

In Silverstone absolvierten unsere Piloten<br />

vier Stopps und bis auf einen Stopp waren alle<br />

unter drei Sekunden. In Hockenheim legte<br />

unsere Boxencrew sogar den schnellsten Boxenstopp<br />

in der Formel-1-Geschichte hin. Wir<br />

bewegen uns auf einem derart hohen Niveau,<br />

dass alles zählt - unter anderem, dass die Fahrer<br />

sich bei ihrem Stopp perfekt zu den Jungs mit<br />

den Schlagschraubern positionieren. Deshalb<br />

wird den Fahrern stets mitgeteilt, wenn sie 100<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mclaren<br />

28 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


mm zu weit vorne oder 25 mm zu weit hinten<br />

stehen. Was passieren kann, wenn der Bolide<br />

nicht perfekt positioniert wird, hat man bei<br />

Kamui Kobayashi in Silverstone gesehen. In solchen<br />

Fällen können Menschen verletzt<br />

werden.<br />

Ferrari sah bei den Wintertests und zu Beginn<br />

der Saison alles andere als nach einem WM-<br />

Favoriten aus. Plötzlich führte Fernando Alonso<br />

die Fahrerwertung an. Wie konnte das passieren<br />

und machen Sie sich Sorgen wegen des Riesenfortschritts<br />

bei Ferrari?<br />

Also, um fair zu bleiben. Wir haben Ferrari niemals<br />

unterschätzt. Ferrari ist ein starker Rennstall<br />

und wir haben nie geglaubt, dass sie lange hinten<br />

sein würden. Obwohl wir auf der Strecke Konkurrenten<br />

sind, so sind wir abseits davon Freunde.<br />

Fernando ist ohne Zweifel ein sehr guter Fahrer.<br />

Er hat das Team durch die ersten Rennen gebracht<br />

und hat es verdient, die Weltmeisterschaft anzuführen.<br />

Es liegt jetzt an uns, Alonso und Ferrari<br />

in der WM einzufangen. Wir haben zwei Fahrer,<br />

die das schaffen können, wenn wir ihnen ein gutes<br />

Auto hinstellen. Das ist unser Job als Team.<br />

Nach seinem Sieg in Australien fuhr Jenson Button<br />

seiner Form hinterher, kämpfte mit dem Auto<br />

und den Reifen. Erst seit Valencia scheint er sich<br />

im Auto wohler zu fühlen. Was hat diese Veränderung<br />

ausgelöst?<br />

Das ist eine gute Frage. Jenson hatte größere<br />

Schwierigkeiten mit der Inkonstanz der Reifen<br />

und des Autos. Das prinzipielle Problem war, dass<br />

er Probleme hatte, die Reifen auf Temperatur zu<br />

bringen und die Temperatur im Reifen aufrecht<br />

zu halten. Wir arbeiten hinter den Kulissen hart,<br />

um ein Setup zu finden, das ihm entgegenkommt.<br />

Wir scheinen nah dran zu sein, denn mit dem<br />

Update-Paket, das wir in Hockenheim hatten, war<br />

Jenson von Beginn an schnell. Er scheint nun<br />

endlich ein Paket gefunden zu haben, das ihm<br />

wieder Selbstvertrauen gibt. In dieser Saison ist<br />

Konstanz ein großes Problem - mal war Lotus<br />

sehr schnell, mal waren sie im Mittelfeld. Auch<br />

die Lücke zwischen Alonso und Felipe Massa war<br />

mal größer, mal kleiner. Das Gleiche war bei Red<br />

Bull der Fall. Wenn ein Fahrer in der Vergangenheit<br />

zwei Zehntel langsamer war, dann verlor er<br />

ein oder zwei Startplätze, die Realität in diesem<br />

Jahr sieht so aus, dass ein Fahrer bis zu zehn Startplätze<br />

verlieren kann. Das ist schmerzhaft.<br />

Jenson äußerte Kritik an der Nase des MP4-27.<br />

<strong>McLaren</strong> ging in diesem Punkt einen ganz anderen<br />

Weg als die Konkurrenz - war es der Richtige?<br />

»In dieser Saison ist Konstanz ein groSSes Problem<br />

- mal war Lotus sehr schnell, mal waren<br />

sie im Mittelfeld. Auch die Lücke zwischen Alonso<br />

und Massa war mal gröSSer, mal kleiner.«<br />

[lacht] Naja, wir mögen schöne Autos und ich<br />

denke, dass das Auto mit unserem Update-Paket<br />

von Deutschland noch schöner aussieht. Aber am<br />

Ende des Tages kommt es darauf an, dass das Auto<br />

siegfähig ist. Die Höhe der Nase ist diese Saison<br />

reglementiert. Doch es geht nicht um die Frage<br />

Stufennase ja oder nein, sondern wie hoch man<br />

das Chassis bauen will. Unser Chassis liegt ungefähr<br />

20 mm tiefer als die Chassis der Konkurrenz,<br />

was zur Folge hat, dass wir keine Stufennase<br />

haben. Und ich behaupte, es war kein Fehler.<br />

<strong>McLaren</strong> hat weder eine Stufennase, noch ein<br />

Doppel-DRS. Lotus testete das System, ähnlich<br />

dem von Mercedes. Gerüchten zufolge soll auch<br />

Red Bull an einer eigenen Version arbeiten. Wie<br />

groß ist der Vorteil dieses Systems?<br />

Wir wissen nicht, wie viel Zeit das System an den<br />

jeweiligen Autos bringt. Wir vermuten, dass das<br />

System so funktioniert, dass ab einer gewissen<br />

Geschwindigkeit Luft durch ein Eingangsloch im<br />

Heckflügel über zwei Luftkanäle in den Frontflügel<br />

geleitet wird. Das System birgt definitiv einen Vorteil,<br />

sonst hätten die Teams es gar nicht erst entwickelt.<br />

Wir haben uns ebenfalls das System genau<br />

angesehen und bis jetzt haben wir noch nicht entschieden,<br />

ob wir uns damit näher beschäftigen<br />

sollen, weil wir denken, dass es andere Bereiche<br />

gibt, die womöglich mehr Vorteile mit sich bringen.<br />

Aber natürlich sehen wir uns wie jedes Team<br />

genau an, was die anderen machen. Arroganz ist<br />

hier falsch. Wir wollen offen für neue Ideen sein.<br />

Dass Teams immer wieder mit neuen technischen<br />

Ideen aufwarten, macht einen Teil der Magie<br />

dieses Sports aus.<br />

Lewis Hamilton<br />

beendete die<br />

<strong>McLaren</strong>-Flaute<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 29


Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />

Entwicklungsrennen<br />

In der unberechenbaren<br />

Saison 2012 zählt jedes Tausendstel,<br />

das die Designer im<br />

Windkanal oder Computer finden<br />

können. Das <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> nimmt die Top-Teams<br />

unter die Lupe: Wer liegt im<br />

Entwicklungsrennen vorne?<br />

»Ferrari hat einfach gut kopiert.«<br />

Marc Surer<br />

Ursprungsspeed: 2 von 5<br />

Zuverlässigkeit: 4 von 5<br />

Update-Rate: 4 von 5<br />

Erfolgsquote: 5 von 5<br />

Fazit: Ferrari hat die Kritiker eines Besseren<br />

belehrt und aus einer Gurke ein Top-Auto gemacht.<br />

30 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: adrivo/Sutton, ferrari<br />

Ferrari machte aus<br />

einem hässlichen<br />

Entlein eine rote Göttin<br />

Ferrari<br />

Luca di Montezemolo platzte der Kragen: »Ich will wissen, warum wir uns in dieser Lage befinden!« Die<br />

Wintertestfahrten entsprachen aus Sicht des Ferrari-Präsidenten einem Desaster. Marc Surer kann sich<br />

noch gut an den ersten Test in Jerez erinnern: »Man konnte optisch sehen, dass der Ferrari überhaupt<br />

nicht liegt. Die Piloten hatten zu tun, das Auto überhaupt auf der Piste zu halten. Bis zum Ende der Tests<br />

wurde das auch nicht besser, wobei immer aufgefallen ist, dass das Auto im Renntrimm - also mit vollen<br />

Tanks - stets besser lag, als wenn sie versucht haben, auf Zeit zu fahren. Somit war die Situation nicht<br />

ganz hoffnungslos.« Mit dem Sieg im zweiten Rennen gelang Ferrari allerdings etwas, womit keiner<br />

gerechnet hatte. Experten und die weltweite Presse schrieben den Sensationssieg Fernando Alonso und<br />

nicht dem Auto zu. »Fernando hat in Sepang mit einem Kübel von Ferrari gewonnen«, stellte Niki Lauda<br />

klar. Erst ab dem Europa-Auftakt hatte Ferrari das Auto im Griff. »Ferrari hat einfach gut kopiert. Alles, was<br />

auf dem Auto aufgetaucht ist, haben sie sich abgeschaut. Ich habe keine eigene Entwicklung gesehen,<br />

was legitim ist, wenn man in eine falsche Richtung gearbeitet hat«, erklärt Surer die Wende. Das Entwicklungsrennen<br />

entschied Ferrari in der ersten Saisonhälfte klar für sich, obwohl Teamchef und Fahrer den<br />

F2012 richtigerweise weiterhin nicht als schnellstes Auto im Feld bezeichnen. Experten sehen darin vor<br />

allem taktische Gründe, denn während die Performance von Red Bull und <strong>McLaren</strong> bergauf und bergab<br />

ging, hat sich Ferrari vom ersten Rennen an stetig gesteigert. »Zudem haben sie sich keine Fehler geleistet<br />

wie beispielsweise <strong>McLaren</strong>. Das Auto ist konstant und für die Fahrer leicht zu steuern. Deshalb führen sie<br />

jetzt die Fahrer-WM an«, sagt Johnny Herbert. Zumindest eine Innovation des Ursprungs-F2012 scheint<br />

sich bezahlt zu machen: die ungewöhnliche Zugstangen-Vorderradaufhängung, die es seit einem Jahrzehnt<br />

nicht in der Formel 1 gegeben hat und für die Ferrari bei den Wintertests skeptische Blicke erntete.<br />

Für 2013 soll sich nun sogar <strong>McLaren</strong> diese Lösung ansehen.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 31


Red Bull Racing<br />

Löcher im Unterboden, flexible Flügel, verstellbare Fahrhöhen und unerlaubte<br />

Motorenkennfelder - die Liste der umstrittenen Red Bull Innovationen<br />

der letzten Zeit ist lang. Doch egal, ob Red Bull diese teils<br />

erlaubten, teils nicht erlaubten Komponenten tatsächlich einsetzte (die<br />

Konkurrenz nickt heftig mit dem Kopf, Adrian Newey und Christian Horner<br />

beteuern im gleichen Rhythmus gebetsmühlenartig das Gegenteil), allein<br />

der Umstand, dass die Rivalen Red Bull solche Kniffe nachsagten, auf<br />

die sie selbst nicht gekommen sind, zeigt, welche Innovationskraft den<br />

Erfindern des angeblasenen Diffusors zugetraut wird. Trotzdem ist die<br />

Dominanz des vergangenen Jahres wie verflogen, nach den ersten Saisonläufen<br />

wurde Red Bull deswegen sogar in eine Krise geschrieben.<br />

Experimente mit zwei verschiedenen Auspuffvarianten gingen nicht wie<br />

gewollt auf. »Red Bull versucht verzweifelt, an seine Dominanz aus dem<br />

Vorjahr anzuschließen«, sagt Marc Surer. Johnny Herbert ergänzt: »Das<br />

ist aber immer so in der Formel 1. Es gibt ein dominierendes Team, dann<br />

holen die anderen auf.« Der berüchtigte Wellenverlauf in den Formkurven<br />

<strong>McLaren</strong><br />

Mit fester Überzeugung sagte Ex-F1-Pilot Martin Brundle dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

im Winter: »Wenn <strong>McLaren</strong> die Saison einmal mit einem<br />

guten Auto beginnen würde, hätten sie eine wirklich gute Chance,<br />

Sebastian Vettels Siegesserie zu stoppen.« Gesagt, getan. <strong>McLaren</strong><br />

galt nach den Wintertests als Topfavorit, Jenson Button gewann den<br />

Saisonauftakt in Melbourne und dann ging urplötzlich nichts mehr:<br />

ungewohnte Teamfehler, verpatzte Boxenstopps und unerklärliche<br />

Reifenprobleme beim einstmaligen Reifenflüsterer Button. »<strong>McLaren</strong><br />

hatte im Gegensatz zu den vergangenen Jahren einen sehr guten Winter.<br />

Sie hatten in den ersten Rennen das schnellste Auto, doch dann<br />

folgte ein Down«, bestätigt Johnny Herbert. Auch Marc Surer attestiert<br />

dem Team einen perfekten Saisonstart. »<strong>McLaren</strong> hatte sofort die richtige<br />

Auspufflösung am Auto, die schlussendlich von fast allen Teams<br />

kopiert wurde«, erklärt er. Aber das Team machte aus diesem Paket<br />

im ersten Saisondrittel zu wenig. »Das Auto war immer gut, im Qualifying<br />

und im Rennen, aber die Resultate waren bescheiden«, kritisiert<br />

Für <strong>McLaren</strong> ging<br />

es 2012 auf und<br />

ab - zuletzt zeigte<br />

die Formkurve<br />

definitiv wieder<br />

nach oben<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mclaren, red bull<br />

32 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


der Topteams, der von konstanten Reglements gefördert wird. »In den<br />

letzten Jahren funktionierte bei ihnen alles bestens«, erinnert der ehemalige<br />

F1-Designer Gary Anderson im Gespräch mit dem <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong>. »In diesem Jahr hat sich aber einiges verändert, vor allem<br />

durch den Wegfall des angeblasenen Diffusors, den sie perfekt optimiert<br />

hatten.« Ohne diesen Vorteil hatte Red Bull die restlichen Performancegebiete<br />

des Autos noch nicht so perfekt im Griff wie die Konkurrenz.<br />

Diese Hauarbeiten mussten sie erst mühsam während der ersten Saisonhälfte<br />

nachholen. Trotzdem reagiert der RB8 noch nervöser als der<br />

Ferrari oder der <strong>McLaren</strong>. Auch die Topspeed-Schwäche ist dem Team<br />

aus den vergangenen Jahren erhalten geblieben. »Vettel reagiert wahrscheinlich<br />

etwas empfindlicher darauf, wenn das Auto nicht perfekt ist«,<br />

erklärt Marc Surer die Probleme des Champions. »Webber fährt einfach<br />

und macht seine Punkte. Vettel kann zwar immer noch eins draufsetzen,<br />

aber nur wenn das Auto stimmt.« Auf dem Weg dorthin hat Red Bull<br />

noch etwas Arbeit vor sich.<br />

»Ihr Level ist nicht gesunken,<br />

sondern die anderen haben viel<br />

mehr gleichgezogen.« Johnny<br />

Herbert<br />

Ursprungsspeed: 3 von 5<br />

Zuverlässigkeit: 4 von 5<br />

Update-Rate: 3 von 5<br />

Erfolgsquote: 4 von 5<br />

Fazit: Red Bull musste sich erst<br />

mit der neuen Rolle anfreunden.<br />

Es gilt, bis zum Ende<br />

nachzulegen.<br />

Red Bull hat mit dem 2012er Boliden mehr Arbeit als dem<br />

Weltmeisterteam lieb ist. Mit der Zeit wuchs jedoch das<br />

Verständnis für die neueste Schöpfung von Adrian Newey<br />

Surer. Die Probleme hatten allerdings nicht mit der fehlenden Stufennase<br />

zu tun, sondern viel mehr mit den Reifen. »Die hatten sie wohl<br />

nicht so im Griff, wie sie gedacht hatten«, meint Surer. Aber <strong>McLaren</strong><br />

gab nicht auf und fand zur Saisonmitte zu alter Entwicklungsstärke<br />

<strong>zurück</strong>. »Das spricht für ein gutes Team - sie wissen, wo sie ansetzen<br />

müssen«, lobt der Schweizer. Erst mit dem Hockenheim-Update bekam<br />

das Team die Räder wieder richtig auf den Boden. Button bedankte<br />

sich mit Platz zwei, Hamilton hätte ohne seinen Reifenschaden ebenfalls<br />

ganz vorne mitgemischt. Herbert sah den MP4-27 zur Halbzeit<br />

als das schnellste Gesamtpaket an, auf jeden Fall aber als das am<br />

einfachsten zu fahrende Auto im Feld. »Die Lenkbewegungen von Lewis<br />

sind sehr geschmeidig«, beobachtete er. Das Problem ist in Herberts<br />

Augen die fehlende Konstanz. »Jenson war in vielen Rennen nirgendwo,<br />

Lewis war zwar schnell, aber dann hatten sie entweder Pech oder<br />

machten Fehler.« Vor allem die Setupprobleme von Button kosteten<br />

wichtige Punkte und verursachten viele chromfarbene Haare.<br />

»Ich finde es toll, dass <strong>McLaren</strong> im Gegensatz zu Ferrari seinen eigenen Weg gegangen ist und damit Erfolg hat.« Marc Surer<br />

Ursprungsspeed: 4 von 5 • Zuverlässigkeit: 4 von 5 • Update-Rate: 3 von 5 • Erfolgsquote: 3 von 5<br />

Fazit: Gut begonnen, etwas nachgelassen und dann? Wenn <strong>McLaren</strong> an alte Entwicklungs-Tugenden anknüpft, ist noch alles drin.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 33


Lotus<br />

Ein Einstand nach Maß: Das galt sowohl für Rückkehrer Kimi Räikkönen<br />

bei seinem Wechsel zu Lotus 2012 als auch für den Saisonstart des Teams<br />

im Jahr 2011. In Australien und Malaysia fuhr Lotus Renault im vergangenen<br />

Jahr zwei Mal aufs Podest - doch mit jedem weiteren Rennen<br />

fiel die Leistungskurve des Teams weiter ab. Der Mut zum Risiko zahlte<br />

sich nicht aus, die radikale Auspufflösung erwies sich als Fehler. Mit dem<br />

E20 beschritt Lotus daher konservativere Wege, mutige Lösungen waren<br />

nur auf dem zweiten Blick erkennbar. Der Weg erwies sich als richtig, von<br />

Beginn an präsentierte sich der Lotus konkurrenzfähig. Im Gegensatz zu<br />

2011 fiel die Formkurve nicht ab, stieg je nach Strecke und Bedingungen<br />

sogar an. Um den Level über die Saison hinweg zu halten, unternahm das<br />

Team alle notwendigen Schritte, inklusive Ausbau einer Erweiterung des<br />

Windkanals und der Computeranlagen. »Bei Lotus stellt sich mir nur die<br />

Frage, warum sie bisher kein Rennen gewonnen haben? Das Auto ist<br />

konkurrenzfähig. Dass sie mit diesem Auto nur Podestplätze eingefahren<br />

haben, war für mich überraschend«, sagt Damon Hill. In Bahrain war Lotus<br />

Mercedes<br />

Als Filmstar erblickte der dritte Silberpfeil der Neuzeit das Licht der F1-Welt.<br />

Noch vor dem ersten offiziellen Testtag Ende Februar in Barcelona legte<br />

das Auto etliche hundert Kilometer bei privaten Film- und Testtagen <strong>zurück</strong>.<br />

Der Grund: der F1 W03 debütierte erst beim zweiten von nur drei Wintertests,<br />

um so viele Erkenntnisse wie möglich aus dem Windkanal in die Entwicklung<br />

einfließen zu lassen. Das zahlte sich zu Saisonbeginn aus. Vor allem das<br />

sagenumwobene »Doppel-DRS« zog die Blicke - und Beschwerden - der<br />

Konkurrenz magisch an. Im Rennen profitiert Mercedes davon kaum, im<br />

Qualifying bringt der gezielte Strömungsabriss beim Einsatz von DRS allerdings<br />

wertvolle Zehntel. Die Folge waren starke Qualifyingvorstellungen<br />

wie in Australien, China und Monaco. Auch in den Grand Prix lief es zunächst<br />

viel besser - die Krönung war Nico Rosbergs erster Sieg in Shanghai.<br />

»Mercedes hatte ein Siegerauto - auch nach China hatten sie ein Auto, mit<br />

dem sie Chancen auf ganz vorne hatten«, betont Marc Surer. Doch konnte<br />

das Team das Potenzial aus unterschiedlichen Gründen nicht immer umsetzen.<br />

»Was unverzeihlich ist, sind die vielen Fehler«, kritisiert Surer. »Ein Rad<br />

»Mercedes hat durchaus ein<br />

Siegerauto, wenn auch nicht in<br />

jedem Rennen.«<br />

Marc Surer<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mercedes-benz, lotus<br />

Ursprungsspeed: 3 von 5<br />

Zuverlässigkeit: 3 von 5<br />

Update-Rate: 2 von 5<br />

Erfolgsquote: 2 von 5<br />

Fazit: Der Schwung vom<br />

Saisonstart und dem ersten Sieg<br />

flachte im Verlauf der Saison ab.<br />

34 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


am ersten Sieg nah dran, denn anders als die Konkurrenz-Boliden geht<br />

der E20 bei hohen Temperaturen besonders gut mit den Pirelli-Reifen um.<br />

Fehlende Konstanz in der ersten Saisonhälfte ließ bessere Ergebnisse<br />

aber nicht zu. »Sie waren mal ganz vorne, dann wieder etwas hinten. Sie<br />

konnten ihren Speed nicht in Ergebnisse umsetzen«, erinnert sich Johnny<br />

Herbert. Als größte Schwachstelle erwies sich das Qualifying. Kimi Räikkönen<br />

und Romain Grosjean hatten bislang Probleme, das Potenzial des<br />

Autos auf einer schnellen Runde umzusetzen. »Im Renntrimm war das<br />

Auto schnell. Sie fuhren oftmals die schnellste Rennrunde und waren ganz<br />

nah dran, aber die Piloten starteten von so weit hinten, dass sie ihren<br />

Speed nicht ausspielen konnten«, erklärt Herbert. Bis dato holte Räikkönen<br />

das Maximum aus den Möglichkeiten heraus, während Romain Grosjean<br />

oftmals zu ungestüm in der ersten Kurve oder beim Überholen vorging.<br />

Mit einem besseren Qualifying könnte sich dieses Problem relativieren.<br />

Lotus arbeitete deshalb fleißig an einem »Doppel-DRS« à la Mercedes, um<br />

der Qualifying-Schwäche Herr zu werden.<br />

»Dass Lotus mit diesem Auto nur<br />

Podestplätze eingefahren hat,<br />

war überraschend.«<br />

Damon Hill<br />

Ursprungsspeed: 4 von 5<br />

Zuverlässigkeit: 3 von 5<br />

Update-Rate: 3 von 5<br />

Erfolgsquote: 4 von 5<br />

Fazit: Wenn Lotus seine Qualifying-Schwäche<br />

in den Griff<br />

bekommt, sind Siege in der<br />

zweiten Saisonhälfte drin.<br />

nicht festziehen, wie es bei Michael Schumacher passiert ist, das darf es<br />

einfach nicht geben.« Hinzu kamen technische Schwierigkeiten, die fast<br />

ausschließlich das Auto des Rekordweltmeisters betrafen, während der<br />

Silberpfeil seines Teamkollegen in den Rennen wie ein Uhrwerk lief. Die<br />

größte Schwäche des Autos sind die Reifen, die Mercedes schon in den<br />

letzten Jahren Sorgenfalten bescherten. Nach einigen Rennen gab sich<br />

Teamchef Ross Brawn noch optimistisch, dass der F1 W03 sorgsamer mit<br />

den Pneus umgehen würde. »Die Reifen sind das große Geheimnis und wer<br />

sie einen Tick besser hinbekommt, kann daraus viel Kapital schlagen«,<br />

weiß Schumacher. Im Nassen gelang das Mercedes sehr gut. Die Regen-<br />

Performance war in Silverstone und Hockenheim überraschend gut. Dafür<br />

hatten die Fahrer zu starkes Untersteuern in den lang gezogenen Kurven<br />

in Ungarn. »In Monaco hatten wir das stärkste Auto, in Montreal war es<br />

auch sehr gut«, erinnert Rosberg. »Seitdem haben wir flacher weiterentwickelt<br />

und andere Teams etwas besser gearbeitet. Die Basis unseres<br />

Autos stimmt aber nach wie vor.«<br />

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Mark Webber hat sein Tief aus der<br />

Saison 2011 überwunden und knüpft<br />

in diesem Jahr an alte Tugenden aus<br />

der Saison 2010 an<br />

36 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Mark<br />

Webbers<br />

auferstehung<br />

Klare Nummer 2 bei Red Bull, Karriereaus Ende 2012. Sogar der Tag stand<br />

schon fest. Doch es kam anders, als viele erwartet hatten. Mark Webber<br />

meldete sich fulminant <strong>zurück</strong>, Vertragsverlängerung inklusive. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> ergründet die Auferstehung des ‚Nummer-2-Fahrers‘.<br />

Text: Kerstin Hasenbichler<br />

sekunden fühlen sich wie Minuten an, Minuten wie<br />

eine Ewigkeit. Bangen, Hoffen und Daumen<br />

drücken. Fünf Runden vor der schwarz-weißkarierten<br />

Flagge ist es geschafft. Mark Webber geht<br />

an Fernando Alonso vorbei und krönt sich vor den heimischen<br />

Red-Bull-Fans zum Sieger des Großbritannien GP. Ausgelassene<br />

Stimmung auf den Tribünen und Jubelschreie im<br />

Cockpit. Rückblick 2010 - gleicher Schauplatz, gleiches<br />

Ergebnis, aber eine völlig andere Reaktion des Australiers.<br />

»Nicht schlecht für eine Nummer 2«, sagte Webber zynisch<br />

nach seinem ersten Sieg in Silverstone. Die Stimmung bei Red<br />

Bull Racing ist auf dem Tiefpunkt, obwohl das Team nach<br />

außen hin versucht, den Schein zu wahren. Doch die eisige<br />

Kälte zwischen Webber und Sebastian Vettel ist für jeden<br />

spürbar. Zwei Jahre später sind die Wogen geglättet. Seitenhiebe<br />

in Richtung Team und Teamkollege spart sich Webber.<br />

Fotos: red bull<br />

»Mark ist gereift. Seine aggressive Art gegen Vettel zu schießen,<br />

hat er abgelegt. Er hat gemerkt, dass das nur Zeit und<br />

Energie kostet, aber nichts bringt«, erklärt Christian Danner.<br />

Wer den Australier in dieser Saison abseits der Rennstrecke<br />

beobachtet, sieht tatsächlich einen Mann, der bei sich<br />

angekommen zu sein scheint. Dabei schien es 2011, als hätte<br />

der jüngste Doppel-Weltmeister der Formel-1-Geschichte<br />

Webber in die Knie gezwungen. Es fehlte dem Australier an<br />

Speed, an Zuverlässigkeit, aber vor allem am nötigen Biss, um<br />

an der Spitze mitzukämpfen. »Am Ende der vergangenen<br />

Saison war mein Energielevel sehr niedrig«, gibt Webber offen<br />

zu. Mit dem auslaufenden Vertrag bei Red Bull Ende 2012<br />

schien das Karriereende des Australiers vordatiert zu sein.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 37


Mentale Stärke als<br />

Erfolgsfaktor<br />

Doch statt sich seinem Schicksal zu ergeben,<br />

erhob sich Webber 2012 wie Phönix aus der<br />

Asche. In der ersten Saisonhälfte stand er als einziger<br />

Pilot abgesehen von Fernando Alonso und<br />

Lewis Hamilton zwei Mal auf dem Siegerpodest.<br />

Im teaminternen Qualifyingduell bot er seinem<br />

Teamkollegen mit 5:6 die Stirn. Im Vorjahr war<br />

er gegen Vettel in der Qualifikation chancenlos.<br />

»Vettel kann immer noch einen drauflegen, wenn<br />

das Auto perfekt ist. Wenn das Auto nicht so<br />

perfekt ist, dann kommt Webber besser klar als<br />

Vettel. Er sagt sich: ‚So ist es einfach‘ und holt die<br />

Punkte, die er holen kann und wenn das Auto<br />

gut ist, dann gewinnt er auch«, sagt Marc Surer.<br />

Der entscheidende Erfolgsfaktor beruht allerdings<br />

auf der mentalen Stärke, die sich Webber<br />

in den Wintermonaten in seiner australischen<br />

Heimat Stück für Stück neu aufgebaut hat.<br />

Auch Formel-1-Experten ziehen vor Webbers<br />

Leistung in dieser Saison den Hut. »So ein<br />

Durchhängejahr wie 2011 nagt an der Psyche<br />

eines Fahrers und sich dann so zu ‚resetten‘, wie<br />

er das getan hat, dass er so unvoreingenommen,<br />

so frisch, so motiviert in die Saison gehen kann,<br />

das ist unfassbar«, meint Danner. Als sich zu<br />

Saisonbeginn herausstellte, dass die Dominanz<br />

von Red Bull aus den vergangenen Jahren verpufft<br />

war, blieb Webber ruhig und gelassen.<br />

Fehlte es ihm im Vorjahr noch an Konstanz, ließ<br />

er 2012 kaum Punkte auf der Strecke liegen. »Er<br />

nahm den Kopf runter und ist da durchmarschiert«,<br />

lobt Danner. Vier Mal in Folge punktete<br />

Webber als Vierter. Auf den Ausfall in Spanien<br />

folgte der erste Saisonsieg in Monaco, drei Rennen<br />

später stand er wieder ganz oben auf dem<br />

Podest, was ihn in der WM-Halbzeitabrechnung<br />

auf Rang zwei katapultierte.<br />

»Die zwei Siege in Monaco und Silverstone fühlten<br />

sich extrem gut an, weil es nicht irgendwelche<br />

Rennen waren. Ich habe derzeit viel Selbstvertrauen<br />

und feuere aus allen Zylindern«, betont<br />

Webber. Selbstbewusst kann er auch sein,<br />

schließlich hat er seinen Kritikern gezeigt, was<br />

für ein Fahrerkaliber er ist. Als Ferrari ein Auge<br />

auf den Australier geworfen hatte, zögerte Red<br />

Bull Racing keine Sekunde und ließ früher als<br />

eigentlich geplant einen neuen Vertrag für Webber<br />

aufsetzen. Vor der Sommerpause war alles<br />

unter Dach und Fach, dabei hatte vor der Saison<br />

kaum einer - vermutlich auch nicht Webber - mit<br />

einer Vertragsverlängerung gerechnet.<br />

Ende Weltmeister zu werden, wie das bei einem<br />

jungen Piloten der Fall ist. Mark ist ein erfahrener<br />

Pilot, der sich absolut wohl in seiner Haut fühlt<br />

und dadurch ganz vorne mitmischt«, meint<br />

Coulthard.<br />

Diesen Level gilt es für Webber zu halten. Mit<br />

dem RB8 steht ihm ein Auto zur Verfügung, das<br />

Ferrari und Fernando Alonso gefährlich werden<br />

kann. Experten erwarten die Titelentscheidung<br />

erst in den allerletzten Rennen. Doch der Kampf<br />

wird härter - auf und abseits der Strecke. Webber<br />

gibt sich wie bei allem in diesem Jahr cool. »Mich<br />

als Rennfahrer zu beschreiben, ist sehr einfach.<br />

Ich bin keiner von jenen, die denken: ‚Hey, seht<br />

Der Australier darf auch<br />

2013 weiter fleißig aus<br />

Red-Bull-Dosen trinken<br />

Der Sieg beim Saisonfinale 2011 in Brasilien gab<br />

Webber neuen Auftrieb. »Er hat mir ins Gedächtnis<br />

gerufen, wie sehr ich es genieße, auf diesem<br />

hohen Niveau Rennen zu fahren«, verrät Webber.<br />

Um endgültig den Kopf frei zu bekommen und<br />

die Akkus neu aufzuladen, nahm er Abstand vom<br />

F1-Zirkus und suchte die Ruhe im Wasser. »Nach<br />

dem Saisonfinale verbrachte ich acht Wochen auf<br />

meinem Surfbrett. Es ging mir darum, mich<br />

daran zu erinnern, wie sehr ich es liebe, Dinge<br />

am Limit zu bewegen. Das war unglaublich wichtig<br />

für mich«, verrät der Australier dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.<br />

Schlechtere Fahrer wären laut<br />

Red-Bull-Teamchef Christian Horner an dem<br />

Druck unter dem Webber stand zerbrochen.<br />

»Aber Mark ist nicht so. Er nutzt den Druck, um<br />

sich selbst zu motivieren«, betont Horner.<br />

Die beste Red-Bull-Wahl<br />

Laut den Experten hat Red Bull alles richtig<br />

gemacht. »Selbst wenn Webber dieses Jahr nicht<br />

den Titel holt oder im Vergleich zu Vettel wieder<br />

etwas abfallen sollte, dann ist er immer noch gut<br />

genug, um dem Team zu helfen, Konstrukteurs-<br />

Weltmeister zu werden«, betont Danner. »So<br />

einen Fahrer wie Webber muss man erst mal da<br />

draußen finden. Sicher fördert Red Bull auch<br />

junge Fahrer, aber ich behaupte, dass Ricciardo<br />

zehn Rennen auf dem Niveau von Webber fährt<br />

und zehn Rennen einen Scheiß baut. Das kannst<br />

du als Team vergessen - so pragmatisch muss<br />

man das sehen.« Der gleichen Meinung ist Surer:<br />

»Webber ist eine fantastische Nummer 2.« Ein<br />

Blick in die Statistik bestätigt: In den vergangenen<br />

sechs Jahren holte die Paarung Webber/Red Bull<br />

neun Siege, 31 Podestplätze und zehn Pole Positions.<br />

Wie Webber sagte, nicht schlecht für einen<br />

‚Nummer-2-Fahrer‘...<br />

Nach außen zeigt sich der Australier von der<br />

Vertragsverlängerung unberührt. »Es ist ein gutes<br />

Gefühl, aber mein Fokus liegt voll und ganz auf<br />

den Rennen und nicht auf dem, was nächstes<br />

Jahr passiert.« David Coulthard überrascht die<br />

Entspanntheit des Australiers nicht. »Mark weiß,<br />

dass sein Karriereende deutlich näher liegt als<br />

der Beginn seiner Karriere. Er hat kein Interesse<br />

an einem Fünfjahres-Vertrag mit dem Ziel am<br />

»Der Sieg in Brasilien hat mir ins Gedächtnis gerufen, wie sehr ich es genieSSe,<br />

auf diesem hohen Niveau Rennen zu fahren. Nach dem finale verbrachte ich<br />

acht Wochen auf meinem Surfbrett. Es ging mir darum, mich daran zu erinnern,<br />

wie sehr ich es mag, Dinge am Limit zu bewegen.«<br />

38 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Keine zynischen<br />

Kommentare mehr im<br />

Funk: Webber hat sich<br />

<strong>zurück</strong>gekämpft<br />

mich an, ich bin ein Formel-1-Pilot! Ich bin ehrlich,<br />

geradlinig und nur hier, um das Auto zu<br />

fahren.« Doch dass er sein Herz auf der Zunge<br />

trägt, hat ihm in der Vergangenheit nicht immer<br />

geholfen.<br />

»Sicherlich hat Mark mit seinen Kommentaren<br />

in der Vergangenheit das Leben von Horner nicht<br />

immer einfach gemacht. Aber zeig mir eine Person,<br />

die zu jeder Zeit alles richtig macht«, nimmt<br />

Coulthard Webber in Schutz.<br />

Wenn gegen Ende der Saison die Messer gewetzt<br />

werden, wird sich zeigen, ob Webbers neue, mentale<br />

Stärke ausreicht, um nicht wieder in alte<br />

Verhaltensmuster <strong>zurück</strong>zufallen. In seinem<br />

zehnten Formel-1-Jahr könnte er sich erstmals<br />

zum Weltmeister krönen und damit sicherstellen,<br />

dass seine Formel-1-Karriere über 2013 hinausgeht.<br />

»Die Sehnsucht nach dem Titel ist groß. Ich<br />

würde dieses Ziel gern erreichen, keine Frage.<br />

Aber man darf nicht zu weit denken, sondern<br />

muss sich auf jedes Rennen konzentrieren.« In<br />

der Formel 1 zählen eben nur Ergebnisse, somit<br />

hat es Webber 2012 selbst in der Hand, ob er am<br />

Ende wie in Silverstone jubeln kann.<br />

Fotos: red bull, adrivo/Sutton<br />

Mark Webber könnte die<br />

ganze Formel-1-Welt<br />

küssen: 2012 läuft es bei<br />

ihm wieder rund<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 39


Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />

Ein schwaches Auto zu Saisonstart, fünf andere<br />

Weltmeister und die chaotischste Saison seit Jahren -<br />

nichts scheint Fernando Alonso aufhalten zu können.<br />

Schnell, konstant und meistens fehlerlos - mancher<br />

hält den Ferrari-Star sogar für den perfekten Rennfahrer.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> erklärt die fünf<br />

gröSSten Stärken des Spaniers.<br />

5. Glück<br />

Nein, Fernando Alonsos Erfolge in<br />

dieser oder jeder anderen Saison sind<br />

sicherlich nicht rein dem Glück<br />

geschuldet. Doch das nötige Quäntchen<br />

Glück gehört auch beim besten<br />

Rennfahrer dazu - sonst hätte Sebastian<br />

Vettel seinen Titel 2010 nicht im<br />

letzten Rennen gewonnen oder hätte<br />

Heikki Kovalainen 2008 nicht seinen<br />

bislang einzigen Grand Prix Sieg nach<br />

einem Motorschaden von Felipe<br />

Massa in der letzten Runde erzielt.<br />

Dieses Glück des Tüchtigen können<br />

und müssen sich die Piloten in der<br />

Formel 1 hart erarbeiten. »Im Moment<br />

spielt alles in die Hände von Fernando<br />

- und bei uns läuft nicht alles reibungslos«,<br />

gestand Red-Bull-<strong>Motorsport</strong>chef<br />

Helmut Marko zur Saisonmitte.<br />

Gemeint war, dass Alonso seine<br />

wenigen Fehler im Freien Training<br />

unterliefen bzw. Ausrutscher im<br />

Regen-Qualifying ohne Folgen blieben,<br />

während andere in der Qualifikation<br />

oder dem Rennen mit Kollisionen<br />

oder Defekten ausfielen. Marko<br />

gibt der Konkurrenz jedoch Hoffnung:<br />

»Niemand kann die ganze Zeit durch<br />

Glück gesegnet sein, die Glückssträhne<br />

von Alonso findet früher oder<br />

später ein Ende.«<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

40 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


4. Fehlerquote<br />

Ein Bild mit Seltenheitswert: Statt mit einer roten Stufennase kehrte<br />

Fernando Alonso im Freitagstraining in Silverstone mit einem schwarzen<br />

Loch in der Fahrzeugfront an die Box <strong>zurück</strong>. Es war einer der<br />

wenigen Ausrutscher des Spaniers in diesem Jahr. »Das große Plus<br />

von Alonso ist, dass er im Rennen keine Fehler macht und konstant<br />

punktet«, erklärt Marc Surer. Für Mercedes-Teamchef Ross Brawn ist<br />

Alonso sogar einer »der Besten aller Zeiten«: »Er gewinnt Rennen, die<br />

er nicht gewinnen sollte, Rennen, bei denen er kein Recht hat, zu<br />

gewinnen. Das ist das Kennzeichen eines großartigen Fahrers.« Natürlich<br />

ist auch ein Alonso nicht perfekt, das betont selbst sein Renningenieur<br />

Andrea Stella, der in der Vergangenheit schon mit Michael<br />

Schumacher und Kimi Räikkönen gearbeitet hat. Dennoch kommt der<br />

Spanier in Stellas Augen nahe an die Perfektion heran: »Fernandos<br />

Stärke ist, dass er keine Schwächen hat. Er ist unter allen Bedingungen<br />

stark, von trocken bis extrem nass.«<br />

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3. Speed<br />

Einem Doppelweltmeister wie Alonso lässt sich der Speed nur schwer absprechen. Doch selbst Alexander Wurz kommt beim Spanier<br />

anno 2012 ins Schwärmen: »Alonso ist in einer Überform und selbst an einem schlechten Tag kann man ihm nicht mehr so leicht<br />

Punkte wegnehmen.« Der Ferrari-Pilot selbst stapelt tief: »Wir sind nirgendwo die Besten, aber überall gut.« Egal ob in der Qualifikation,<br />

auf Stadtkursen oder im Regen, der Ferrari sei nirgends der Schnellste. Laut Niki Lauda gilt das im Umkehrschluss allerdings<br />

nicht für den Spanier: »Fernando ist einfach einer der besten Piloten, die es gibt. Er hat in Sepang mit einem Kübel von Ferrari das<br />

Rennen gewonnen.« Auch Surer stimmt dem dreimaligen Weltmeister bei dessen Beurteilung zu. Alonso hole stets das Maximum<br />

oder sogar noch ein bisschen mehr aus dem Auto heraus. »Wenn man sieht, wo Felipe Massa herumfährt, weiß man, wie gut der<br />

Ferrari wirklich ist«, betont der Schweizer. Ohne Alonsos Fähigkeiten am Steuer hätte sich der Albtraum der Wintertests für die Tifosi<br />

wohl über die gesamte Saison hinweg fortgesetzt.<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

2. Weiterentwicklung<br />

Selbst in den heiligen Hallen der Scuderia ist es kein<br />

Frevel, den F2012 der Wintertestfahrten als wenig<br />

geglücktes Rennauto zu bezeichnen. Dem Boliden mangelte<br />

es an Performance und Ferrari gestand dies offen<br />

ein. Alonso gehörte zu den Antreibern, die auch nach den<br />

ersten Saisonsiegen in Malaysia und Valencia stets<br />

betonten, dass noch viel Arbeit vor ihnen liege, um zu<br />

den schnellsten Autos aufzuschließen. »Es ist unglaublich,<br />

wie Ferrari es geschafft hat, das Auto von einer<br />

Gurke zu einem absoluten Top-Auto umzubauen - auch<br />

da steckt Alonso dahinter«, verrät Alexander Wurz.<br />

Obwohl Alonso gerne Zaubertricks vorführt, kann auch<br />

er keine Abtriebspunkte und Zehntelsekunden aus dem<br />

Hut zaubern, um den F2012 an <strong>McLaren</strong> oder Red Bull<br />

vorbei zu katapultieren, doch sein technisches Feedback<br />

und seine Rolle als unermüdlicher Antreiber brachten<br />

Ferrari fast <strong>zurück</strong> zu alter Stärke. »Ich muss meinen<br />

imaginären Hut vor diesem Mann ziehen«, sagt Wurz.<br />

»Er gibt einfach nie auf.«


1. Cleverness<br />

Ein schwerer Gasfuß und ein gut eingestelltes Popometer<br />

reichen in der modernen Formel 1 nicht mehr<br />

aus. Auch ein kluger Kopf ist für Siege unumgänglich.<br />

Für Niki Lauda ist Alonso der abgebrühteste Pilot von<br />

allen. »Er verfügt über Verstand und weiß genau, was<br />

er zu tun hat.« Dazu gehört auch strategisches Denken<br />

während des Rennens. Alonso riskiert keine<br />

unnötigen Ausfälle, Kollisionen oder Strafen - ganz<br />

im Gegensatz zu Lewis Hamilton im letzten oder<br />

Pastor Maldonado in diesem Jahr. Der Spanier gibt<br />

sich auch mal mit einer Punkteplatzierung zufrieden,<br />

wenn das Auto nicht mehr hergibt. Er agiert überlegt<br />

und geduldig, nicht unkontrolliert und aggressiv. »Er<br />

ist auch außergewöhnlich darin, das Team zu motivieren«,<br />

betont Patrick Tambay. Diese enge Bindung<br />

zu seinem Team ist ein weiterer cleverer Schachzug,<br />

den vor ihm schon Michael Schumacher in Maranello<br />

praktizierte. Alonso sagt seinen Ingenieuren genau,<br />

was er haben möchte. »Er ist wohl einer der wenigen,<br />

die so eine Beziehung zu ihrem Team haben«, sagt<br />

Johnny Herbert. »Fernando ist in seiner Persönlichkeit<br />

stärker und stärker geworden und Ferrari hat ihn<br />

verstanden.«<br />

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44 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Immer einen Scherz auf den Lippen. Daniel Ricciardo<br />

weiSS, wie viel er in seiner Karriere schon geschafft<br />

hat. Doch sein Weg ist noch lange nicht<br />

zu Ende, der Australier hat noch viel vor. Dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> verriet er seine groSSe<br />

Sehnsucht und geheime Ratschläge.<br />

Text: Kerstin Hasenbichler & Stephan Heublein<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

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MSM: Daniel, vor einem guten Jahr hat uns<br />

dein Teamchef Franz Tost verraten, dass er sich<br />

sehr darauf freue, eines Tages mit dir und Jean-<br />

Eric Vergne zusammenzuarbeiten - das ist nun<br />

eingetroffen. Ist die Zeit seit deinem GP-Debüt<br />

wie im Flug vergangen?<br />

DANIEL RICCIARDO: Die Zeit ist nur so verflogen.<br />

Selbst in diesem Jahr geht alles noch<br />

ganz schnell. Meine halbe Saison mit HRT war<br />

im Nu vorbei und ich bin sehr glücklich, dass<br />

ich jetzt bei Toro Rosso fahren darf. Damit habe<br />

ich mein erstes Ziel erreicht.<br />

Franz Tost suchte damals nach dem nächsten<br />

Superstar - könntest du das sein?<br />

Oh, sagen wir so, ich wäre es gerne. Wir haben<br />

einige gute Resultate erzielt, aber das reicht<br />

noch nicht, wir müssen noch nachlegen, um das<br />

Interesse aufrechtzuerhalten. Ich bin mit meiner<br />

Saison zufrieden. Klar, es könnten gerne mehr<br />

Punkte auf meinem Konto sein, aber ich bin mit<br />

meinen Fortschritten glücklich. Das Ergebnis<br />

mag vielleicht bei jedem Rennen ähnlich aussehen,<br />

aber ich eigne mir immer mehr Wissen<br />

und Erfahrung an.<br />

Was war der beste Ratschlag, den du in deiner<br />

Formel-1-Zeit bislang erhalten hast?<br />

Werde Weltmeister und trete dann <strong>zurück</strong>.<br />

Das wäre unter Umständen eine kurze<br />

Karriere...<br />

Franz Tost und Giorgio Ascanelli haben mir vor<br />

Saisonbeginn gesagt, dass viel Druck auf mir<br />

lasten würde und viele von mir erwarten würden,<br />

besser abzuschneiden als Sebastien Buemi<br />

und Jaime Alguersuari im letzten Jahr. Das<br />

Wichtigste ist jedoch, Spaß zu haben und das<br />

Fahren zu genießen - wenn dir das gelingt, kommen<br />

der Speed und die Rundenzeit zwangsläufig,<br />

so lange du das nötige Talent dazu hast. Es<br />

klingt sehr einfach, aber es ist die Wahrheit.<br />

Dein Teamchef glaubt an vier Attribute, die ein<br />

junger Fahrer benötigt, um in der Formel 1 erfolgreich<br />

zu sein: Talent, Disziplin, Leidenschaft und<br />

Innovation. Kannst du dich darin<br />

wiedererkennen?<br />

Diese vier Punkte helfen dir in deiner Weiterentwicklung<br />

garantiert sehr. Ich glaube auch, dass ich<br />

diese Eigenschaften besitze, aber ich ziehe es vor,<br />

lieber nicht zu viel über mich selbst zu sprechen.<br />

Die Formel 1 gehört zu meinen Leidenschaften<br />

und jeder hier muss sehr diszipliniert sein, um<br />

hart zu trainieren und »Nein« zu gewissen Dingen<br />

wie Partys sagen zu können. Es gehört zu unserem<br />

Job als Rennfahrer, am Samstagabend zu trainieren<br />

und nicht in einer Bar zu sitzen. Diese Disziplin<br />

hat mich in meiner Karriere weitergebracht.<br />

Die fünfte Eigenschaft sollte also »Spaß«<br />

lauten...<br />

»Franz Tost und Giorgio<br />

Ascanelli haben mir gesagt,<br />

dass viel Druck auf<br />

mir lasten würde. Das<br />

Wichtigste ist jedoch,<br />

SpaSS zu haben und das<br />

Fahren zu genieSSen -<br />

wenn dir das gelingt,<br />

kommen der Speed und<br />

die Rundenzeit zwangsläufig,<br />

so lange du das<br />

nötige Talent dazu hast.«<br />

Genau, Spaß und ein bisschen Aggressivität. Ich<br />

weiß, dass ich diese habe, auch wenn ich sie<br />

nicht immer zeige.<br />

Hat es dich zu Beginn deiner Karriere überrascht,<br />

wie schnell die Formel-1-Laufbahn<br />

eines Fahrers vorbei sein kann?<br />

Sicher, aber ich habe rasch verstanden, wie es<br />

funktioniert. Es gibt immer Fahrer, die nachrücken<br />

wollen und vielleicht sogar schneller sind<br />

als du. Es ist sehr schwierig, in die Formel 1 zu<br />

gelangen, aber dort zu bleiben, ist wahrscheinlich<br />

noch härter. Wenn du die Erwartungen<br />

nicht erfüllst, kann es schnell vorbei sein - das<br />

ist Teil der Formel 1. Andererseits ist es in allen<br />

Sportarten so, egal ob Fußball oder Cricket -<br />

selbst der Kapitän wird manchmal ausgewechselt,<br />

weil er nicht gut gespielt hat.<br />

Du gibst dich wie du bist, sagst, was du denkst<br />

- ist das eine typische, australische Eigenschaft?<br />

Nicht alle Formel-1-Fahrer sind bei<br />

Interviews so offen und redselig wie du - und<br />

wir sprechen hier nicht über Kimi...<br />

Wirklich? [lacht] Ich glaube schon, dass es<br />

typisch australisch ist. Wir sind ehrliche Menschen,<br />

sagen meistens, was wir denken. Es<br />

macht in meinen Augen keinen Sinn, mich<br />

anders zu geben, als ich tatsächlich bin. In so<br />

einer Rolle würde ich mich nicht wohl fühlen.<br />

So lange es nichts Kontroverses ist, sage ich zu<br />

99,9% auch das, was ich denke. Die Leute sollen<br />

mich kennen, wie ich bin.<br />

Euer Saisonstart verlief gut, doch in den weiteren<br />

Rennen schien es, als ob ihr einen Schritt<br />

<strong>zurück</strong> gemacht habt. Stimmst du dem zu?<br />

Ich würde nicht von einem Rückschritt sprechen.<br />

Es war vielmehr so, dass wir nur einen<br />

kleinen Schritt nach vorne gemacht haben,<br />

während die anderen Teams große Fortschritte<br />

erzielten. Wir haben das Auto verbessert - ein<br />

neuer Unterboden, ein neuer Auspuff. Damit<br />

fühlte es sich besser an, jedoch haben die anderen<br />

Rennställe in diesen Bereichen größere<br />

Schritte gemacht. Die großen Teams werden<br />

immer etwas schneller entwickeln und dadurch<br />

gegen Saisonende den Abstand ein bisschen<br />

vergrößern. Im Vergleich zu ihnen haben wir<br />

einige Positionen, aber nicht allzu viel Zeit<br />

verloren. Hoffentlich können wir mit den<br />

nächsten Updates wieder näher an die Top-10<br />

heranrücken und ein paar Punkte mitnehmen<br />

- so lange die anderen Teams nicht selbst mehr<br />

nachlegen. Drücken wir die Daumen, dass sie<br />

schon am Limit angekommen sind. [lacht]<br />

Das ist besonders in dieser Saison entscheidend,<br />

wo zwei Zehntel einen enormen Unterschied<br />

ausmachen können...<br />

Es ist schön, wenn es so eng zugeht. Wenn man<br />

eine perfekte Runde hinlegt und ein, zwei<br />

Fotos: adrivo/Sutton, toro rosso<br />

46 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


andere Fahrer kleine Fehler machen, kannst<br />

du leicht einige Plätze gutmachen. Gleichzeitig<br />

setzt es uns unter Druck, immer das Beste aus<br />

unserem Paket herauszuholen - nur dann können<br />

wir ein gutes Resultat erzielen.<br />

Wie sieht dein nächster Karriereschritt aus:<br />

2013 wieder Toro Rosso und 2014 dann vielleicht<br />

Red Bull?<br />

Das ist noch ein sehr langer Weg bis dahin.<br />

Selbst das nächste Jahr ist noch weit weg und<br />

ich schaue nicht gerne zu weit nach vorne.<br />

Dann meint man, dass die Zeit noch schneller<br />

vergeht und man vergisst, das Hier und Jetzt<br />

zu leben. Natürlich wäre es großartig, ein weiteres<br />

Jahr bei Toro Rosso zu fahren und mich<br />

weiter zu steigern. Alles, was danach kommt,<br />

hängt von meinen Resultaten ab - das ist noch<br />

viel zu weit weg.<br />

Ähnlich weit weg ist deine Heimat in Australien.<br />

Du bist erst der 17. Formel-1-Fahrer aus<br />

deinem Land, nur drei davon haben Grand<br />

Prix gewonnen, zwei wurden Weltmeister. Wie<br />

schwierig ist es, Familie und Freunde aufzugeben<br />

und nach Europa zu kommen?<br />

Das ist definitiv der größte Schritt und ich<br />

glaube auch der Knackpunkt, an dem viele<br />

australische sowie nord- oder südamerikanische<br />

Talente zerbrechen. Entweder sie setzen<br />

sich durch oder sie scheitern daran. Ich habe<br />

das bei einigen Fahrern aus nichteuropäischen<br />

Ländern miterlebt. Sie bekommen Heimweh<br />

oder denken, dass sie auf eigene Faust, fern<br />

von zuhause, tun und lassen können, was sie<br />

wollen. Partys sind okay, aber eben nicht ständig.<br />

Das führt uns wieder zur Disziplin. In<br />

dieser Zeit hat es mir sehr geholfen, dass ich<br />

hart zu mir selbst gewesen bin und mich nicht<br />

von den schönen Dingen des Lebens habe<br />

ablenken lassen. Stattdessen sagte ich mir:<br />

Vielleicht kann ich in fünf Jahren dann noch<br />

schönere Dinge erleben. Wenn man seinen Job<br />

genügend mag, fällt einem das recht leicht. Ich<br />

liebe das Rennfahren und am Ende war es für<br />

mich keine schwierige Entscheidung, mich<br />

zwischen Partys und Racing zu entscheiden.<br />

Ihr könnt jeden Formel-1-Fahrer im Paddock<br />

fragen - jeder von ihnen hat diese Disziplin<br />

und Stärke, sich selbst Regeln aufzuerlegen.<br />

Das bedeutet nicht, dass man keinen Spaß<br />

haben darf, man hat ihn vielleicht nur etwas<br />

später... [lacht]<br />

Genau, nachdem du dann Weltmeister geworden<br />

und <strong>zurück</strong>getreten bist...<br />

Richtig, dann kann man machen, was man will.<br />

Am liebsten wahrscheinlich in deiner Heimat.<br />

Du hast zuletzt bei twitter geschrieben, dass<br />

du den Sommer vermisst...<br />

Oh ja, ich habe dieses Foto im Dezember<br />

gemacht, als ich in Australien war. Wir waren<br />

am Strand fischen und sind Quad gefahren...<br />

Wenn man wie ich in England lebt und nur<br />

einen Sommertag im Jahr hat, ist das nicht<br />

besonders schön. [lacht] Aber ich freue mich<br />

wirklich sehr darauf, an Weihnachten wieder<br />

zuhause zu sein. Mehr als vier, fünf Wochen<br />

kann ich im Jahr nicht dort sein. Das ist für<br />

mich die beste Zeit des Jahres.<br />

Daniel Ricciardo gab sein Formel-1-Debüt<br />

2011 für HRT. In dieser Saison wechselte der<br />

Australier zu Toro Rosso, für die er Anfang<br />

2011 als Freitagstestfahrer im Einsatz war. Als<br />

Mitglied des Red-Bull-Junior-Teams gilt er als<br />

potenzieller Nachfolger von Mark Webber<br />

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Text: Stephan Heublein<br />

Reifen<br />

Geheimnis<br />

Die Formel-1-Welt steckt voller Geheimnisse.<br />

Eines der am besten gehüteten ist das optimale<br />

Arbeitsfenster der Reifen. Nicht zu heiSS,<br />

nicht zu kalt, alles muss exakt stimmen. Um<br />

seinen Lesern das Phänomen zu erklären, holt<br />

das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> Pirelli-<strong>Motorsport</strong>direktor<br />

Paul Hembery zur Hilfe.<br />

ein herzhaftes Lachen entfährt<br />

Paul Hembery, womit er problemlos<br />

das lautstarke Prasseln<br />

der Regentropfen auf dem<br />

Dach des Pirelli-Motorhomes<br />

übertönt. Der <strong>Motorsport</strong>direktor des italienischen<br />

Reifenherstellers hat allen Grund<br />

zur Freude. Die Formel-1-Saison 2012 ist<br />

eine der spannendsten seit Jahrzehnten und<br />

seine Reifen sind nicht nur eines der<br />

heißesten Gesprächsthemen im Fahrerlager,<br />

sondern auch zum Teil für die viel diskutierte<br />

Action verantwortlich. Hembery muss<br />

also ein sehr zufriedener Mann sein. »Natürlich<br />

bin ich glücklich, allen voran für die<br />

Fans, die die Rennen genießen können«, sagt<br />

er. Bescheiden macht er dies aber nicht nur<br />

an den Pneus fest, sondern an einer Kombination<br />

aus Regeländerungen und Reifen.<br />

Das Verbot des angeblasenen Diffusors und<br />

der flexiblen Frontflügel ließ die Teams<br />

näher zusammenrücken. In der Vergangenheit<br />

lagen nur ein paar wenige Spitzenautos<br />

innerhalb einer Sekunde, in dieser<br />

Saison sind es 12 bis 14. »In so einer Situation<br />

hat jede kleine Änderung einen<br />

enormen Einfluss«, betont Hembery. Der<br />

kleinste Fahrfehler kann bereits zwei oder<br />

drei Startpositionen kosten, ein Setupproblem<br />

noch mehr. Es kommt auf jedes Zehntel<br />

an. »Das wiederum lässt auch den Reifen<br />

eine wichtigere Rolle zukommen«,<br />

erklärt er. »Natürlich sind die Reifen an<br />

jedem Rennfahrzeug wichtig, aber wenn<br />

man die Leistung des Pakets maximieren<br />

kann, erzielt man bessere Resultate.«<br />

Dabei finden die Teams eine größere Herausforderung<br />

vor, als sie Pirelli vor der Saison<br />

vermutete. Die Italiener verfügen bekanntlich<br />

nicht über ein aktuelles Testfahrzeug<br />

und konnten so einige Dinge nicht erahnen,<br />

denen sich die Teams in dieser Saison gegenübersehen.<br />

Der Grund dafür sind aber keine<br />

großen Veränderungen an der neuen Reifengeneration.<br />

Im Gegenteil: Hembery<br />

glaubt, dass die Herausforderung mit den<br />

letztjährigen Reifen womöglich noch größer<br />

wäre. »Einige der härteren Reifenmischungen<br />

von 2011 würden sich heute<br />

anfühlen, als ob die Fahrer auf Eis fahren.<br />

Mit den heutigen Abtriebswerten würde sie<br />

niemand ins Temperaturfenster bringen.«<br />

Dieses berüchtigte Arbeitsfenster gehört<br />

zum Grundwortschatz aller Piloten. Was es<br />

genau bedeutet, können aber selbst einige<br />

Fahrer nicht so richtig in Worte fassen. Wer<br />

wäre wohl besser dazu geeignet, dies den<br />

Lesern des <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>s zu erklären,<br />

als der Reifenchef persönlich? Paul<br />

Hembery lacht erneut. Also dann, gehen wir<br />

dem Reifen-Phänomen auf den Grund...<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mclaren, pirelli<br />

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Aerodynamik hin, Motorpower her, das schwarze<br />

Gold spielt in der Formel-1-Saison 2012 eine<br />

größere Rolle denn je<br />

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Einflussfaktor: Temperatur<br />

So sicher wie das Amen in der Kirche fällt an jedem Rennwochenende der Satz: »Ich bekam die Reifen nicht auf Temperatur.« Das bedeutet<br />

allerdings nicht, dass der Fahrer mit Eisklötzen an den vier Ecken seines Fahrzeugs herumfuhr. Stattdessen war die Temperatur der Hinterreifen<br />

sehr hoch, die der Vorderreifen genügte jedoch nicht aus. »In dieser Saison haben wir schon 20 Grad Unterschied zwischen<br />

Vorder- und Hinterreifen gesehen - so etwas hatten wir vorher noch nie erlebt«, erklärt Hembery. »Normalerweise liegt der Unterschied<br />

bei fünf oder sechs, nie mehr als zehn Grad.« Das Ergebnis ist ein inkonstantes Fahrverhalten. »Wenn die Vorderreifen im Einklang mit<br />

den Hinterreifen sind, fühlt der Fahrer sich wohl, wenn nicht, verliert er Grip.« Erschwerend kommen Temperaturschwankungen innerhalb<br />

eines Wochenendes oder Tages hinzu. Gerade bei den europäischen Rennen liegt die Spanne von 10 oder 12 Grad bis zu 40 Grad - und<br />

zwischenzeitlichen Regenschauern. »Wechselhaftes Wetter sind die schwierigsten Bedingungen in der Formel 1«, weiß Hembery. »Wenn<br />

man nach Bahrain reist, weiß man, dass es heiß sein wird - egal ob 35 oder 45 Grad, es wird verdammt heiß sein. In Deutschland<br />

kann es hingegen sehr heiß, sehr<br />

kalt oder richtig nass sein. Die Europasaison ist deshalb eine große Herausforderung.«<br />

Einflussfaktor: Asphalt<br />

Die Reifen sind die einzige Verbindung des Autos zur Strecke. Umso wichtiger ist es für<br />

Fahrer, Teams und Reifenhersteller, die verschiedenen Asphaltoberflächen der 20 Grand-<br />

Prix-Kurse in- und auswendig zu kennen, angefangen bei Straßenkursen über Stadtkurse<br />

bis hin zu High-Speed-Tempeln wie Monza. »Wir fertigen Computermodelle der Streckenoberflächen<br />

an, es ist praktisch wie ein Gebissabdruck«, stellt Hembery die Vorgehensweise<br />

stark vereinfacht dar. »Der Asphalt verhält sich wie Sandpapier, auch davon<br />

gibt es verschiedene Stärken und Arten.« Vereinfacht gesprochen ist es beim Streckenbelag<br />

ähnlich: »Wenn man die Reifen daran reibt, nutzen sie sich ab.« Pirelli simuliert die Abnutzung<br />

der Reifen auf einer durchschnittlichen Runde in Computermodellen unter Berücksichtigung<br />

der möglichen Umgebungstemperatur und Streckenoberfläche. »Je nachdem<br />

wie rau die Strecke ist, nimmt der Reifen mehr oder weniger Energie auf.« Der größte<br />

Faktor seien aber mit Sicherheit verschiedene Temperatureinflüsse auf den Reifen. »Das<br />

ist der Schlüssel zu dieser Saison.«<br />

Fotos: adrivo/Sutton, mclaren, pirelli<br />

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Einflussfaktor: Fahrer<br />

Der Kerl, der im Cockpit am Lenkrad dreht,<br />

hat ebenfalls einen gewissen Einfluss auf die<br />

Abnutzung der Reifen - so viel steht fest. Was<br />

Jenson Button aber in den Rang eines Reifenflüsterers<br />

erhebt, ist hingegen weniger klar.<br />

»Frag am besten Perez und Grosjean, was sie<br />

in Kanada gemacht haben«, hält sich Hembery<br />

aus der Frage heraus. Besagter Sergio Perez<br />

sieht kein Geheimnis im Umgang mit den Reifen.<br />

»Du fühlst den Reifenabbau, die fehlende<br />

Traktion oder Stabilität«, sagt er kurz angebunden.<br />

Nico Hülkenberg spürt weniger Grip<br />

und die schlechtere Haftung des Autos. »Für<br />

einen Normalsterblichen, der nur mit einem<br />

Straßenauto unterwegs ist, ist das nicht vorstellbar«,<br />

verrät Hülkenberg. »Denn da bauen<br />

die Reifen nicht ab oder er fährt erst gar nicht<br />

so schnell durch die Kurve, dass er am Limit<br />

des Autos wäre.« Ein Profirennfahrer spürt das<br />

aber sehr wohl. »Du fährst ein paar Kurven,<br />

dann merkst du, der Grip greift hinten, vorne<br />

aber noch nicht so gut.« Diese Erfahrungswerte<br />

aus den Trainings werden im Qualifying<br />

und Rennen angewandt, um die Reifen auf der<br />

schnellen Runde im richtigen Fenster zu halten;<br />

die Outlap nicht zu schnell, aber auch<br />

nicht zu langsam anzugehen. »Alles muss stimmen«,<br />

betont Hülkenberg. »Klar, die Reifen<br />

sind sehr sensibel, aber das ist auch eine<br />

Herausforderung für den Fahrer.«<br />

Einflussfaktor: Auto<br />

Das Verbot des angeblasenen Diffusors führte zu einem enormen Abtriebsverlust<br />

an der Hinterachse. Dies bewirkt unter Umständen stärker durchdrehende<br />

Räder, besonders in langsamen Kurven. »Wenn die Reifen zu<br />

stark durchdrehen, überhitzen sie und bauen aufgrund der hohen Temperatur<br />

ab«, erklärt Hembery. »Dann verlieren sie schneller an Performance.«<br />

Noch gravierender ist jedoch die Veränderung der Fahrzeugbalance im<br />

Laufe eines Rennens. Beim Start ist der Tank mit rund 150 kg bis zum Rand<br />

gefüllt, bis zur Zielflagge ist er im optimalen Fall jedoch fast leer. »Das ist,<br />

als ob zwei Leute auf dem Auto sitzen, zu einem Punkt springt der eine<br />

runter und am Ende auch noch der andere«, vergleicht Hembery. Das<br />

bedingt die Leistungsunterschiede zwischen dem Qualifying und Rennen.<br />

»Wenn man sein Paket im Qualifying zu aggressiv einstellt, könnte das zu<br />

Problemen im ersten Rennstint führen.« Erschwert wird die Anpassung an<br />

die abnehmende Spritmenge durch die festgelegte Gewichtsverteilung. »Das<br />

ist die große Herausforderung in der Formel 1.«<br />

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Text: Stephan Heublein<br />

Schwarz und WeiSS war gestern: Pirelli führte in dieser Saison rote (superweich), gelbe<br />

(weich), weiSSe (medium), silberne (harte), blaue (Regen) und grüne (Intermediate) Reifenmarkierungen<br />

ein. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> nimmt das bunte Gold genau unter die Lupe.<br />

Foto: lotus<br />

Pirelli produziert für jedes Rennen in dieser<br />

Saison 1.800 bis 2.000 Reifen in der Fabrik<br />

im türkischen Izmit. Die Produktion eines<br />

Formel-1-Reifens von Anfang bis Ende dauert<br />

fünf Stunden. Der Durchmesser der Slicks<br />

liegt bei 660 mm, die Vorderreifen sind 245<br />

mm breit, die Hinterreifen 325 mm.<br />

Bei den Europa GP werden die Pneus zunächst per Lkw aus<br />

der Türkei ins britische Didcot transportiert - die Distanz von<br />

etwa 3.100 km legen die Reifen in drei Tagen <strong>zurück</strong>. Aus der<br />

Logistikzentrale in Didcot geht es dann an die jeweilige Rennstrecke.<br />

In der Saison 2011 legten die Pirelli-Trucks 925.326<br />

km <strong>zurück</strong>.<br />

In diesem Jahr stellt Pirelli rund 45.000 Formel-1-Reifen<br />

her, sowie weitere 25.000 für die GP2 und GP3. Alle im<br />

F1-Jahr 2011 eingesetzten 34.600 Reifen wurden recycelt.<br />

Die durchschnittliche Laufleistung<br />

eines Reifens<br />

beträgt 120 km. Der Reifenabrieb<br />

in allen 19 Grand Prix<br />

2011 belief sich auf 10.200<br />

kg. Die optimale Arbeitstemperatur<br />

liegt bei 90 Grad<br />

Celcius.<br />

52 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Ein Vorderreifen wiegt 8,5 kg, ein Hinterreifen<br />

9,5 kg - jeweils mit Felge, die<br />

vom Team gestellt wird. Das Gesamtgewicht<br />

aller Reifen, das jeder Monteur<br />

während der Saison 2011 heben<br />

musste beläuft sich auf 16.389 kg.<br />

Um einen Reifen auf die Felge aufzuziehen,<br />

benötigt ein erfahrener Monteur 2:30 Minuten.<br />

Sebastian Vettel brauchte bei einem Selbstversuch<br />

5:13 Minuten. Für alle an einem Rennwochenende<br />

eingesetzten Pneus braucht das<br />

Pirelli-Team zwei Tage.<br />

Bei einer Geschwindigkeit von 300 km/h absolviert<br />

ein Rad 42 Umdrehungen pro Sekunde. Beim Top-<br />

Speed eines Formel-1-Autos sind es 50 Umdrehungen.<br />

Die höchste erreichte Geschwindigkeit eines<br />

Pirelli-Reifens bei Prüfstandtests waren 450 km/h.<br />

Ein Regenreifen verdrängt bei<br />

300 km/h mehr als 60 Liter Wasser<br />

pro Sekunde. Das ist mehr<br />

als sechsmal so viel wie ein Pkw-<br />

Reifen, der bei deutlich langsameren<br />

Geschwindigkeiten rund<br />

10 Liter pro Sekunde verdrängt.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 53


Fotos: adrivo/Sutton<br />

Triumphe der<br />

Nordschleife<br />

Nürburgring, Nordschleife - zwei Worte, die bei<br />

jedem Rennsportfan für Gänsehaut sorgen. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> fühlt einem Mythos auf den<br />

Zahn, der als ‚Grüne Hölle‘ der Formel 1<br />

Berühmtheit erlangte und erinnert an die<br />

legendärsten Siege auf einer Strecke, wie sie<br />

auf dieser Welt wohl einmalig ist.<br />

Text: Frederik Hackbarth<br />

54 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

John Surtees gewinnt<br />

im Ferrari 156 auf der<br />

Nordschleife des<br />

Nürburgrings<br />

Fotos: adrivo/Sutton


Jacky Ickx siegt 1972<br />

im Ferrari 312B beim<br />

Großen Preis von<br />

Deutschland<br />

für besondere Leistungen, Ruhm und Heldentaten<br />

bedarf es besonderer Umstände<br />

- die Nordschleife des Nürburgrings als<br />

solchen zu bezeichnen, wäre aber wohl<br />

Majestätsbeleidigung. Der deutsche Vorzeigekurs<br />

ist keine normale Rennstrecke, er ist<br />

eine Naturgewalt. Wer die 22,8 Kilometer lange<br />

Waldachterachterbahn in einem Formel-1-Wagen<br />

besiegen konnte, der hatte seine Feuertaufe<br />

in einem über die Maßen gefährlichen Sport mit<br />

Bravour bestanden - und das in einer Zeit, in der<br />

die Boliden noch zusammengeschraubten Blechkisten<br />

glichen, in der die Grid Girls noch die<br />

Verlobten der Piloten waren und in der man sich<br />

nie sicher sein konnte, aus der nächsten Runde<br />

überhaupt lebend <strong>zurück</strong>zukehren.<br />

Mythos Nordschleife, das sind vor allem die<br />

größten Rennen der Besten ihrer Zunft. Durch<br />

den Einzug der Formel 1 brach in der Eifel eine<br />

neue Zeitrechnung in Sachen Rennsport an. Den<br />

ersten legendären Meilenstein in der Ring-Historie<br />

besorgte 1957 Juan Manuel Fangio. Bereits in<br />

den vorangegangenen Saisons hatte der Argentinier<br />

auf dem Nürburgring zwei Siege gefeiert,<br />

einen mit Mercedes und einen mit Ferrari. Sein<br />

persönliches Meisterstück gelang dem fünfmaligen<br />

Weltmeister jedoch auf Maserati. Von der<br />

Pole Position aus ins Rennen gegangen, schien<br />

für Fangio zunächst alles rund zu laufen. Vor<br />

seinem ersten Service in Runde zwölf brach er<br />

mehrfach den Rundenrekord und lag mit seinem<br />

Maserati 250F komfortable 28 Sekunden vor seinen<br />

Ferrari-Verfolgern Peter Collins und Mike<br />

Hawthorn - als er wieder auf die Strecke <strong>zurück</strong>fuhr,<br />

hatte er nach einem völlig verpatzten<br />

Boxenstopp gute 50 Sekunden Rückstand auf die<br />

Spitze. Zehn Umläufe vor Schluss eine aussichtslose<br />

Lage - sollte man meinen. Was folgte, war<br />

eine der größten Aufholjagden der Formel-1-<br />

Geschichte. Der Maserati-Pilot flog seinen Verfolgern<br />

nur so hinterher, zauberte eine perfekte<br />

Runde nach der anderen auf den Asphalt, während<br />

die beiden Briten, im Wissen um ihren<br />

schier uneinholbar wirkenden Vorsprung, ganz<br />

vorne etwas die Pace herausnahmen. Ein teurer<br />

Irrtum, wie sich später herausstellen sollte,<br />

tauchte der in die Jahre gekommene Champion<br />

in Runde 20 doch auf einmal wieder in den Rückspiegeln<br />

der Ferrari auf. Möglich gemacht hatte<br />

es Trick 17, den Fangio aber nur ob seiner überragenden<br />

fahrerischen Klasse ausspielen konnte.<br />

In den schnellen Kurven war er unter höchstem<br />

Risiko einfach in den höheren Gängen geblieben<br />

und hatte dem Führungsduo so teilweise zwölf<br />

Sekunden pro Runde abgenommen. Anschließend<br />

schnappte er sich mit zwei Rädern auf dem<br />

Gras in der Nordkurve erst Collins, nur um in<br />

der vorletzten Runde auch noch den verdutzten<br />

Hawthorn abzufangen und mit 3,6 Sekunden<br />

Vorsprung zu gewinnen. Nach der Zieldurchfahrt<br />

unterstrich der Argentinier seine Schicksalsfahrt<br />

mit nur einem einzigen, legendären Satz: »Ich<br />

bin in meinem Leben noch nie so schnell<br />

gefahren und ich glaube auch nicht, dass ich dazu<br />

noch einmal imstande bin.« Fangio behielt Recht<br />

- sein größter Grand-Prix-Sieg sollte gleichsam<br />

sein letzter bleiben.<br />

»Ich bin in meinem Leben noch nie so schnell gefahren<br />

und ich glaube auch nicht, dass ich dazu<br />

noch einmal imstande bin.« Fangio behielt Recht - sein<br />

gröSSter GP-Sieg sollte sein letzter bleiben.<br />

Sechs respektive sieben Jahre später sorgte ein<br />

anderer Pilot für seine persönliche Legendenbildung.<br />

Als mehrfacher Motorradweltmeister zog<br />

es John Surtees Anfang der Sechzigerjahre auf<br />

der Suche nach einer neuen Herausforderung auf<br />

vier Räder. Bereits in seinem zweiten F1-Rennen<br />

konnte das Allroundtalent aufs Podium fahren,<br />

weitere Podestplatzierungen ließ er schnell folgen.<br />

Was bis zum 4. August 1963 fehlte, war die<br />

Krönung und Surtees hätte sich für eben diese<br />

als Schauplatz keinen besseren Ort als die Nordschleife<br />

heraussuchen können. Von Platz zwei<br />

aus gestartet, kristallisierte sich schnell ein →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 55


Der legendäre Jim<br />

Clark führt das Feld in<br />

seinem Lotus 25 an<br />

Jackie Stewart und<br />

Jack Brabham<br />

amüsieren sich<br />

Duell des Ferrari-Fahrers mit dem in seiner<br />

ersten WM-Saison unnachahmlich überlegenen<br />

Jim Clark heraus. Der Schotte hatte seinen ersten<br />

Startplatz zu Beginn zwar nicht in die Führung<br />

ummünzen können, nachdem er jedoch als Sieger<br />

der letzten vier Rennen in die Eifel gereist<br />

war, war klar, wen es zu schlagen galt. An diesem<br />

Tag fand der neue Meister seinen Meister in Surtees.<br />

Nach der Hälfte der Renndistanz war dieser<br />

Clark trotz des augenscheinlich langsameren<br />

Bolidens bereits 5,3 Sekunden enteilt - beim<br />

Lotus-Piloten setzte derweil ein technischer<br />

Defekt ein und er konnte fortan nur noch auf<br />

sieben Zylinder <strong>zurück</strong>greifen. Im Ziel hatte Surtees<br />

weit über eine<br />

Minute Vorsprung,<br />

holte seinen ersten GP-<br />

Sieg und avancierte zum<br />

ersten Mann, der im selben Jahr sowohl den<br />

Deutschland GP als auch das 1000-Kilometerrennen<br />

auf dem Nürburgring gewinnen konnte.<br />

Doch der ‚Ringmeister‘ hatte noch nicht genug.<br />

1964 sicherte sich Surtees erneut den Sieg in der<br />

Eifel - sein Gegner hieß in den ersten Runden<br />

wieder Jim Clark, dann entwickelte sich jedoch<br />

ein intensives Duell um die Führung mit Dan<br />

Gurney, das über mehrere Runden andauerte und<br />

oftmals Rad an Rad ausgefochten wurde. Erst als<br />

Niki Lauda holte sich<br />

im Ferrari die Pole<br />

Position mit der ersten<br />

Runde unter 7 Minuten<br />

der Amerikaner aufgrund eines überhitzenden<br />

Motors seinen Speed reduzieren musste, konnte<br />

Surtees sicher vornewegfahren und wie schon im<br />

Vorjahr überlegen gewinnen.<br />

Die Furcht und der gleichsam große Respekt vor<br />

der Nordschleife rührte jahrelang nicht nur von<br />

der reinen Gefährlichkeit des Kurses, der mit fünf<br />

tödlichen Unfällen bis heute die Strecke ist, auf<br />

der die meisten Piloten in der Königklasse ihr<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

56 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Die Furcht und der gleichsam groSSe Respekt vor der<br />

Nordschleife rührte jahrelang nicht nur von der<br />

reinen Gefährlichkeit des Kurses, auch das berühmtberüchtigte<br />

eifelwetter trug seinen teil dazu bei.<br />

Leben ließen - auch das berühmt-berüchtigte<br />

Eifelwetter trug seinen Teil zur Legende von der<br />

‚Grünen Hölle‘ bei. 1968 bot sich bei starkem<br />

Regen und Nebel die Kulisse für den wohl bis<br />

heute überlegensten Sieg eines F1-Fahrers überhaupt.<br />

Eigentlich hätte das Rennen wegen der<br />

katastrophalen äußeren Bedingungen abgesagt<br />

werden müssen - doch vor dem Druck von<br />

250.000 bereits angereisten Zuschauern, wurde<br />

schlussendlich mit einer Stunde Verzögerung die<br />

Startfreigabe erteilt. Zunächst übernahm Graham<br />

Hill die Führung, vor Chris Amon, Jochen Rindt<br />

und Jackie Stewart. Letzterer war an jenem verregneten<br />

Sommertag jedoch in einer ganz anderen<br />

Liga unterwegs. Noch vor dem Ende der ersten<br />

Runde schnappte sich der Matra-Pilot die Führung.<br />

Anschließend baute er diese kontinuierlich<br />

aus. Einen Vorteil konnte Stewart zwar aus seinen<br />

der Konkurrenz überlegenen Dunlop-Regenreifen<br />

ziehen - die unglaublichen vier Minuten Vorsprung<br />

auf den Rest der Welt, mit denen der<br />

Schotte bei verschwindend geringer Sicht nach 14<br />

Umläufen den Zielstrich überquerte, konnte das<br />

aber nicht einmal annähernd erklären. Selten wurden<br />

in der Geschichte der Formel 1 derartige Wetterverhältnisse<br />

während eines Rennens dokumentiert<br />

- später war von einigen Piloten zu<br />

vernehmen, dass Überholmanöver stattgefunden<br />

hätten, die ob des Blindfluges keiner der beteiligten<br />

Piloten jemals wahrgenommen hatte. Obwohl<br />

Stewart später noch dreimal Weltmeister wurde<br />

- die Fahrt auf dem verregneten Nürburgring<br />

adürfte seine größte Glanzleistung<br />

gewesen sein.<br />

ls ausgewiesener Nürburgring-Spezialist<br />

galt auch Jacky Ickx. Der Belgier hatte das<br />

Rennen bereits 1969 für sich entschieden, sein<br />

erinnerungswürdigster Triumph gelang ihm<br />

jedoch 1972. Bei diesmal sonnigen und warmen<br />

Bedingungen nützte er seine Pole Position für<br />

die Führung. Anschließend wurde sein Ferrari<br />

312B2, trotz technischer Probleme gegen Schluss,<br />

bis ins Ziel von den Verfolgern nicht mehr gesehen.<br />

Den bis dato gültigen Rundenrekord von<br />

François Cevert aus dem Vorjahr pulverisierte<br />

Ickx im Rennverlauf um ganze sieben Sekunden.<br />

Drei Jahre später gab es ein weiteres Ferrari-<br />

Highlight auf dem Nürburgring. Mit einer Rundenzeit<br />

von 6:58,6 Minuten markierte Niki Lauda<br />

in der Qualifikation die schnellste Runde, die<br />

jemals auf der Nordschleife gefahren wurde und<br />

durchbrach erstmals an einem Rennwochenende<br />

die magische Schallmauer von sieben Minuten.<br />

Nur ein Jahr später sollte ausgerechnet der<br />

schlimme Feuerunfall des Österreichers im Streckenabschnitt<br />

Bergwerk den traurigen Schlusspunkt<br />

für die Formel 1 auf der Nordschleife<br />

setzen, die den Kurs anschließend für immer<br />

verließ. Während die Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

der Rennen auf dem Nürburgring innerhalb<br />

von nur 25 Jahren um weit mehr als 50<br />

Stundenkilometer angestiegen war, wurde der<br />

Ring, ganz passend zu seinem wilden Charakter,<br />

einfach zu schnell für sich selbst - die Legende<br />

eines Ideals von einer Rennstrecke, lebt<br />

Vier Minuten Vorsprung<br />

trotz schlechter Sicht:<br />

Stewart ließ alle weit<br />

hinter sich<br />

Jackie Stewart gewinnt<br />

das Rennen auf der<br />

Nordschleife 1968 im<br />

Matra MS10<br />

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Foto: citroen<br />

Nicht den<br />

Absprung<br />

verpassen<br />

Thierry Neuville ließ bei<br />

der Rallye Finnland die<br />

Steine fliegen - bis er<br />

eine Pace-Note falsch<br />

verstand und sich im<br />

Graben einfand<br />

Jedes Jahr ziehen die tapferen Helden der WRC aus,<br />

um Sebastien Loeb endlich seinen WM-Titel zu entreißen<br />

- bisher mit mäßigem Erfolg. Nach acht Titeln<br />

in Folge ist Loeb auch 2012 nicht zu bremsen. Er<br />

gewinnt, was es zu gewinnen gibt, und fährt Kreise<br />

um seine staunenden Kontrahenten. Gleichzeitig sollte<br />

er aber wissen, wann die Zeit für einen Abschied<br />

gekommen ist. Bereits 2011 sägte sein junger Teamkollege<br />

Sebastien Ogier mächtig an der Statue des<br />

Unbesiegbaren, scheiterte aber knapp - fraglich, wie<br />

lange sein Denkmal noch in Stein gemeißelt bleibt.<br />

Sollte Loeb - wie von vielen Seiten vermutet - nach<br />

dieser Saison der WRC den Rücken kehren, bleibt er<br />

der ungeschlagene Champion. - Marion Rott<br />

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Volle<br />

Kraft<br />

voraus<br />

Coolness, Lockerheit und Wehmut –<br />

das Leben als DTM-Teamchef verlangt<br />

Hans-Jürgen Abt viel ab. Im <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> verrät der Audi-Mann, welche<br />

Herausforderungen sich seiner Mannschaft<br />

im Alltag der Saison 2012 in den<br />

Weg stellen und wie sie diese meistert.<br />

Text: Frederik Hackbarth<br />

60 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Foto: racepress<br />

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Hans-Jürgen Abt hat<br />

vom Kommandostand<br />

ein Auge auf alles, was<br />

sich im Team tut<br />

MSM: Wie ist die Stimmung im Team, haben<br />

Sie die Sommerpause zur Erholung genutzt, um<br />

in der zweiten Hälfte anzugreifen?<br />

HANS-JÜRGEN ABT: Bei uns geht es immer<br />

volle Kraft voraus, die Stimmung ist sehr gut.<br />

Aber erzwingen kann man gar nichts. Man kann<br />

jetzt nur versuchen, absolut konkurrenzfähig zu<br />

sein und die beste Performance herauszuholen.<br />

Wenn wir in der Team- und Fahrermeisterschaft<br />

noch ein Wörtchen mitreden wollen, zählen<br />

fortan in erster Linie Siege. Uns ist klar, dass wir<br />

alles geben müssen, um uns vorne zu positionieren.<br />

BMW und Mercedes tun natürlich das Gleiche.<br />

Jetzt hoffen wir, dass wir dieses Quäntchen<br />

besser sind.<br />

Liegt der Fokus auf der Verbesserung der Renn-<br />

Pace, nachdem es im Training und Qualifying<br />

ja ohnehin ganz gut lief, im Rennen dann aber<br />

meist schlechter?<br />

Es geht immer um das Gesamtpaket. Man muss<br />

in der DTM auch im Qualifying schnell sein, um<br />

vorne zu sein - das ist ganz wichtig. Letztendlich<br />

gibt es da eine ganz eigene Abstimmung am Fahrzeug,<br />

um das Maximum aus den Reifen herauszuholen.<br />

Dann muss man aber auch versuchen,<br />

über den Long Run konstant die beste Pace zu<br />

erzielen. Daran muss man natürlich immer<br />

arbeiten, um alle Faktoren wie Fahrwerk, Reifen<br />

und Aerodynamik in Einklang zu bringen. Alles<br />

muss optimal ergänzt werden. Auch muss man<br />

im Stande sein, auf die verschiedenen Konstellationen<br />

der Rennstrecken zu reagieren. Das ist<br />

dieses Jahr mit dem A5 DTM natürlich neu gewesen,<br />

verbessert sich aber über die vielen Tests,<br />

weil man viel mehr Erfahrung und Daten vom<br />

Fahrzeug und den Bedingungen erlangt.<br />

Inwiefern haben sich durch das neue Auto die<br />

Abläufe für das Team verändert?<br />

Der Gesamtablauf ist eigentlich immer gleich<br />

und wie mit dem A4. Es ist nur so, dass man<br />

einfach gewisse Daten und situationsspezifische<br />

Informationen noch nicht hat. Diese muss man<br />

neu herausfahren und herausfinden. Wir haben<br />

aber ein sehr zuverlässiges Auto und von dieser<br />

Seite aus ist das Team top organisiert. Etwas<br />

schwieriger und langsamer geworden sind die<br />

Boxenstopps. Die Räder sind größer und<br />

schwerer. Für die Mechaniker ist es mit den<br />

hohen Gewichten deshalb schwieriger geworden,<br />

letztendlich können wir aber auch das kompensieren.<br />

Es steckt also schon ein gewisser Anstieg<br />

der Sportlichkeit dahinter, aber von der technischen<br />

Seite und vom Ablauf am Rennwochenende<br />

hat sich nichts geändert. Was sich aber<br />

geändert hat, ist die Leistungsdichte. Diese ist<br />

noch extremer geworden. Zwei Zehntel Rückstand<br />

im Qualifying bedeuten Platz sieben bis<br />

zehn. Man hat gesehen: Wenn drei Hersteller<br />

aufeinander losgelassen werden, muss alles perfekt<br />

sein, wenn man ganz vorne sein will.<br />

Zu Saisonbeginn gab es viele Back-to-back-<br />

Rennen - ist die Kalenderaufteilung nicht ganz<br />

ideal?<br />

2012 ist für alle <strong>Motorsport</strong>serien diesbezüglich<br />

ein schwieriges Jahr. Wenn im Fernsehen acht<br />

Stunden am Tag Olympia gezeigt wird, braucht<br />

keiner fahren, genauso wenig wie während einer<br />

Fußball Europameisterschaft. <strong>Motorsport</strong> ist ein<br />

wichtiger Bereich, aber gegen Fußball und Olympia<br />

können wir uns noch nicht durchsetzen und<br />

gegen die Formel 1 zu fahren, sollten wir wohl<br />

auch lieber lassen. Dann gibt es noch Hersteller,<br />

die fahren in Le Mans und das soll sich auch nicht<br />

überschneiden. Heuer war es deshalb besonders<br />

schwierig, die richtigen Termine und freien<br />

Wochenenden zu finden. Optimal ist es natürlich<br />

nicht, wenn man immer an aufeinander fol-<br />

Viel zu tun: Abt<br />

Sportsline setzt in<br />

dieser Saison vier neue<br />

Audi A5 DTM ein<br />

genden Wochenenden fahren muss - gerade auch<br />

in unserem Fall, wenn man ein bisschen hinten<br />

dran ist und aufholen muss.<br />

Wie sehen an einem Rennwochenende Ihre<br />

genauen Aufgaben als Teamchef aus?<br />

Grundsätzlich trägt man als Teamchef die Verantwortung<br />

- in unserem Fall für 52 Menschen.<br />

Man muss wissen, wo die Schlüsselpositionen<br />

sind - vom Technischen Direktor, über die Ingenieure,<br />

bis hin zur Kommunikation zwischen<br />

Ingenieur und Fahrer. Als Teamchef muss man<br />

die finale Entscheidung in puncto Strategie treffen,<br />

gerade wenn man schnell reagieren muss.<br />

Auch geht es darum, sich vor das Team zu stellen<br />

und immer an der Stelle zu helfen, wo es notwendig<br />

ist, um den Teamgedanken und Teamgeist<br />

zu fördern. <strong>Motorsport</strong> und die DTM sind<br />

ein Mannschaftssport. Es arbeiten sehr viele<br />

Menschen für den Erfolg. Dabei geht es ja nicht<br />

62 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


nur um die Teams, sondern auch um die Koordination<br />

mit dem Hersteller, in unserem Fall<br />

Audi. Wenn es einmal klare Entscheidungen zu<br />

treffen und Verantwortung zu übernehmen gibt,<br />

gilt es, dass der Teamchef auch klar hinter der<br />

Entscheidung steht, egal ob sie nun richtig oder<br />

manchmal auch falsch ist. Man muss Verantwortung<br />

übernehmen und keine Opfer oder Schuldigen<br />

suchen. Wo Menschen sind, passieren<br />

Fehler. Die Aufgabe ist es, sich damit auseinanderzusetzen<br />

und die Fehler abzustellen oder zu<br />

korrigieren. Da ist ein gewisses Management<br />

gefordert, dass man sich nicht gegenseitig zerfleischt,<br />

sondern eine einheitliche Linie vorlebt<br />

und den Hersteller vertritt. Mit vier Fahrzeugen,<br />

wie in unserem Fall, ist man da schon sehr eingespannt<br />

und muss deshalb auch eine gewisse<br />

Coolness und Lockerheit haben, um das sauber<br />

abzuarbeiten. Letztendlich gilt es, zu delegieren,<br />

zu motivieren und einen kühlen Kopf zu bewahren.<br />

Es ist wichtig, dass es eine Person gibt, die<br />

für die Themen geradesteht und versucht, die<br />

richtige Entscheidung zu finden.<br />

Es ist mit Sicherheit Wehmut mit dabei, wenn<br />

man weiSS, wie der Erfolg zustande kam und<br />

wie hart alle gearbeitet haben, damit Martin<br />

Tomczyk auch einmal Meister wird.<br />

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Audi und<br />

<strong>Motorsport</strong>chef Dr. Wolfgang Ullrich?<br />

Von meiner Seite aus ist das Verhältnis mit Audi<br />

hervorragend. Wir sind schon sehr lange Partner,<br />

wir kennen eigentlich gar nichts anderes und<br />

werden auch nichts anderes kennenlernen, denn<br />

wir sind mit Audi und VW sehr, sehr loyal - auch<br />

mit unserem normalen Geschäft. Wenn man in<br />

der DTM über zehn oder elf Jahre zusammenarbeitet<br />

und fünf Meisterschaften sowie drei Teamtitel<br />

und 40 Siege holt, weiß man, was man aneinander<br />

hat. Wenn es einmal nicht so läuft,<br />

werden die Probleme analysiert, aber dann wird<br />

gemeinsam der Blick nach vorne gerichtet. Das<br />

macht die Stärke aus, denn man hat gegenseitiges<br />

Vertrauen und genau das braucht man in diesem<br />

Geschäft. Wenn man sich nicht blind versteht,<br />

kann man so eine Last und so ein Projekt auch<br />

gemeinsam gar nicht stemmen. Klar ist aber<br />

auch: Man muss kritikfähig sein. Gegenseitige<br />

Schuldzuweisungen und Unzufriedenheit sind<br />

fehl am Platz.<br />

Mattias Ekström hat sich vor der Saison sicher<br />

mehr erwartet - wie schätzen Sie seine Chancen<br />

ein, doch noch in den Kampf um die Meisterschaft<br />

einzusteigen?<br />

Man hat gesehen, wie schnell Gary Paffett seinen<br />

Vorsprung herausgefahren hat. Auch hat man<br />

schon oft gesehen, wie schnell man so einen Vorsprung<br />

wieder verlieren kann. Mattias braucht<br />

man nicht motivieren. Er ist ein sehr, sehr wichtiger<br />

Mann in unserem Team und bei Audi, weil<br />

er sehr viel von der Technik und der Materie<br />

versteht. Ich denke, die Chancen für die zweite<br />

Jahreshälfte sind für uns positiv. Mattias gibt nie<br />

auf, sein Motto lautet nicht umsonst: ‚Go hard or<br />

go home!‘ Man kann stolz sein, wenn man so<br />

Hans-Jürgen Abt traut<br />

Mattias Ekström in der<br />

zweiten Saisonhälfte<br />

noch viel zu<br />

einen Fahrer im Team hat und die Vergangenheit<br />

hat schon öfter gezeigt, dass die zweite Saisonhälfte,<br />

die Ekström-Hälfte ist. Es ist noch alles<br />

drin und man sollte ihn nicht so schnell abschreiben.<br />

Sollte es nicht klappen, ist es trotzdem wichtig,<br />

dass man zeigt, dass unser Auto siegfähig ist<br />

und wir für nächstes Jahr absolut aussortiert sind.<br />

Da kann man auch schon wichtige Zeichen<br />

setzen.<br />

Wie bewerten Sie nach einem halben Jahr den<br />

Abgang von Martin Tomczyk in Richtung BMW?<br />

Letztes Jahr fuhr er für Phoenix, ist aber ja auch<br />

bei Abt ein alter Bekannter...<br />

Herr Tomczyk würde nicht bei BMW fahren, wenn<br />

er bei uns nicht angefangen hätte - das ist einmal<br />

sicher. Er kam damals als 19-Jähriger mit unserem<br />

TT in die DTM: Wir haben an seine Qualität<br />

geglaubt. Ähnlich wie nun Adrien Tambay war er<br />

wahnsinnig schnell, kam aber nicht oft ins Ziel, weil<br />

er immer irgendwo Probleme hatte. Über die vielen<br />

Jahre hat er sich jedoch ein großes Know-how angeeignet<br />

und deshalb auch von Audi viel Zeit bekommen,<br />

sich in Ruhe zu entwickeln. Im zehnten Jahr<br />

hat er das mit dem Meistertitel bestätigt, auch wenn<br />

andere das vielleicht ein bisschen früher geschafft<br />

haben. Er hat mit 19 bei null angefangen und ist<br />

heute mit 30 ein fertiger Rennfahrer. Bei BMW hat<br />

er nun eben seine zweite Chance gesucht. Das muss<br />

man akzeptieren. Er war über zehn Jahre im Audi-<br />

Lager, aber ich glaube, Dr. Ullrich hat bei seinem<br />

Abgang bereits alles gesagt und ihm auf dem weiteren<br />

Weg viel Erfolg gewünscht. Man sieht schon,<br />

dass er jetzt ausgereift ist, viel Erfahrung hat und<br />

BMW in der DTM wirklich hilft.<br />

Wie viel Wehmut ist mit dabei, wenn sich so<br />

jemand, den man mitaufgebaut und lange begleitet<br />

hat, dann verabschiedet - gerade nach einem<br />

großen Erfolg?<br />

Es ist mit Sicherheit Wehmut mit dabei, wenn man<br />

weiß, wie der Erfolg zustande kam und wie hart alle<br />

gearbeitet haben, damit Martin Tomczyk auch einmal<br />

Meister wird. Aber man kann da eben nicht<br />

reinschauen. Ich war bei dieser Thematik nicht<br />

wirklich involviert, da er dann ja schon ein Jahr weg<br />

und bei Phoenix war. Nun hat er die zweite Chance<br />

bei BMW gesucht und sich wahrscheinlich auch<br />

gesagt, dass er bei Audi eben schon alles erreicht<br />

hat. Er hat sich für alles sehr oft bedankt, sich nun<br />

aber dazu entschlossen, seinen zweiten Karriereabschnitt<br />

- und im Tourenwagensport ist das eben<br />

so: ab 30 ist man im letzten Abschnitt - einem anderen<br />

Hersteller zu widmen, wo er seine Erfahrung<br />

weitergeben kann. Das ist eben manchmal das Leid,<br />

wenn man Menschen aufbaut.<br />

Fotos: audi, racepress<br />

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Fast<br />

unbezwingbar<br />

Text: Marion Rott<br />

Schon wieder:<br />

Die Zwischenbilanz<br />

der Loeb-Jäger<br />

fällt auch 2012<br />

ernüchternd aus.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> blickt auf<br />

die Gewinner und<br />

Verlierer der bisherigen<br />

WRC-Saison<br />

und erinnert<br />

an besondere Momente<br />

der ersten<br />

Jahreshälfte<br />

Der Unbesiegbare:<br />

Sebastien Loeb<br />

»Wir haben acht WM-Titel<br />

in Folge gewonnen und es<br />

kann für 2012 nur ein Ziel<br />

geben: Titel Nummer<br />

neun.« Diese Worte mögen<br />

für den einen oder anderen<br />

arrogant klingen, aber<br />

Sebastien Loeb sagte im<br />

November 2011 nur das,<br />

was er momentan in die<br />

Tat umsetzt. Der Franzose<br />

dominiert wie selten zuvor<br />

und lässt die Konkurrenz<br />

ratlos aussehen. Teamkollege<br />

Mikko Hirvonen musste<br />

feststellen, dass selbst<br />

mit gleichem Material und<br />

ohne Teamorder gegen<br />

den achtfachen Weltmeister<br />

nur schwer ein Kraut<br />

gewachsen ist. »Um Sebastien<br />

zu schlagen, reicht<br />

eine exzellente Rallye nicht<br />

aus - sie muss mehr als<br />

perfekt sein«, betont<br />

Hirvonen.<br />

Siegquote: 6 Siege bei 8<br />

Teilnahmen (75<br />

Prozent)<br />

Bestzeiten: 44<br />

(26,93 Prozent)<br />

Der ewige Zweite:<br />

Mikko Hirvonen<br />

Mikko Hirvonen verfolgt<br />

das Sprichwort: ‚Kannst du<br />

den Feind nicht besiegen,<br />

verbünde dich mit ihm.‘<br />

Nach jahrelangem Kampf<br />

gegen Sebastien Loeb tritt<br />

er 2012 an dessen Seite bei<br />

Citroen an. Anstatt seinen<br />

Spitznamen ‚der ewige<br />

Zweite‘ aber endlich loszuwerden,<br />

untermauert ihn<br />

jede weitere Rallye ein<br />

Stückchen mehr. Nur<br />

Regen, Schlamm und katastrophale<br />

Sicht konnten<br />

Hirvonen helfen: Sieg in<br />

Portugal. Wie in Stein<br />

gemeißelt stand allerdings<br />

sein Pech: Sein Citroen fiel<br />

durch die technische<br />

Abnahme und er wurde<br />

disqualifiziert. Bei den<br />

meisten anderen Rallyes<br />

musste Hirvonen - seinem<br />

Spitznamen gerecht - ab<br />

einem gewissen Punkt<br />

bremsen, um einen Doppelsieg<br />

hinter Loeb nicht zu<br />

gefährden.<br />

Siegquote: 0 Siege bei 8<br />

Teilnahmen(0 Prozent)<br />

Bestzeiten: 24<br />

(14,63 Prozent)<br />

64 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Die »klare«<br />

Nummer zwei:<br />

Petter Solberg<br />

Nach Jahren der Geldsorgen<br />

und Sponsorensuche<br />

wünschte sich Petter Solberg<br />

nichts sehnlicher, als<br />

endlich wieder für ein Werksteam<br />

anzutreten. Der Traum<br />

ging in Erfüllung: Hirvonen<br />

wechselte zu Citroen und der<br />

Weltmeister von 2003<br />

konnte seinen Platz einnehmen<br />

- nicht aber dessen<br />

Nummer-1-Status. Von<br />

Anfang an war klar, dass der<br />

Norweger nur gewinnen<br />

durfte, sollte Jari-Matti Latvala<br />

nicht unmittelbar hinter<br />

ihm liegen. Nach der Hälfte<br />

der Saison ist Ford aber<br />

gezwungen umzudenken;<br />

während die eigentliche<br />

Nummer 1 unter ferner liefen<br />

unterwegs ist, fährt Solberg<br />

regelmäßig in die Punkte und<br />

ist der erste<br />

Citroen-Verfolger.<br />

Siegquote: 0 Siege bei 8<br />

Teilnahmen (0 Prozent)<br />

Bestzeiten: 37<br />

(22,56 Prozent)<br />

Das aufstrebende<br />

Talent: Mads<br />

Östberg<br />

Der erste Sieg. Abgehakt.<br />

Vom Podium herunterschauen,<br />

in dem Wissen, alle<br />

besiegt zu haben. Fehlanzeige.<br />

Erst einige Stunden<br />

nach dem Ende der Rallye<br />

Portugal wurde Mads Östberg<br />

sein erster WRC-Erfolg am<br />

grünen Tisch zugesprochen.<br />

So hatte sich das der Norweger,<br />

der von vielen als potenzieller<br />

zukünftiger Weltmeister<br />

gehandelt wird, nicht vorgestellt.<br />

»Ich jage immer noch<br />

nach meinem ersten richtigen<br />

Sieg und es wird etwas<br />

Besonderes sein, wenn ich<br />

zum ersten Mal oben auf dem<br />

Podest stehe«, sagt er. Die<br />

Vorzeichen stehen gut: Mit<br />

einem Triumph und zwei<br />

Podestplätzen 2012 entspricht<br />

seine Ausbeute jener<br />

des Ford-Werkspiloten Jari-<br />

Matti Latvala - mit dem Unterschied,<br />

dass Östberg eine<br />

Rallye weniger bestritten hat,<br />

durch seine Konstanz aber<br />

dennoch vor dem Finnen in<br />

der Gesamtwertung liegt.<br />

Der gefallene<br />

Favorit: Jari-Matti<br />

Latvala<br />

Schnee, Eis, wilde Natur und<br />

mittendrin ein strahlender<br />

Ford-Pilot, der gerade seinen<br />

ersten Saisonsieg feiert und<br />

glaubt, damit die Kehrtwende<br />

in der WM geschafft zu haben.<br />

Doch statt dem Aufschwung<br />

folgte eine Serie aus Pleiten,<br />

Pech und Pannen - unter<br />

anderem ein Schlüsselbeinbruch<br />

beim Skilanglauf. Mal<br />

war es ein anderes Auto, mal<br />

eine Eisplatte, mal sogar ein<br />

Zaun. Der geneigte Betrachter<br />

könnte meinen, dass Jari-<br />

Matti Latvala 2012 bei fast<br />

jeder Rallye Steine - oder in<br />

seinem Fall Felsen - in den<br />

Weg gelegt wurden. »Ich<br />

erwischte in diesem Jahr zu<br />

viele Felsen und ich muss an<br />

dieser Schwachstelle<br />

arbeiten«, ist das ernüchternde<br />

Fazit des geläuterten<br />

WM-Anwärters. Platz fünf in<br />

der Gesamtwertung und keine<br />

reelle Chance mehr auf den<br />

Titel sind die frustrierende<br />

Bilanz für den 27-Jährigen.<br />

Siegquote: 1 Sieg bei 7<br />

Teilnahmen (14,29<br />

Prozent)<br />

Bestzeiten: 36<br />

(24,83 Prozent)<br />

Foto: adrivo/sutton<br />

Siegquote: 1 Sieg bei 6<br />

Teilnahmen<br />

(16,67 Prozent)<br />

Bestzeiten: 3<br />

(2,42 Prozent)<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 65


BPlan<br />

Text: Fabian Schneider<br />

Im <strong>Motorsport</strong><br />

zählt nicht nur<br />

Talent, sondern<br />

auch das nötige<br />

Kleingeld. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<br />

<strong>Magazin</strong> hat mit<br />

drei Nachwuchsfahrern<br />

gesprochen,<br />

die nach<br />

mehreren Saisons<br />

im Formel-<br />

Sport auf »Plan<br />

B« umschwenken<br />

mussten.<br />

Wenn man kein Glück hat, kommt auch noch<br />

Pech hinzu. So ungefähr muss sich Michael<br />

Ammermüller in der Saison 2007 gefühlt<br />

haben, als er als Titelkandidat in der GP2 an<br />

den Start ging. Unterstützt von Red Bull sollte<br />

er im Meisterteam ART Grand Prix an der<br />

Seite von Lucas Di Grassi mit der Startnummer<br />

eins um Siege und Podestplätze kämpfen.<br />

Doch als Ammermüller in neun Rennen nur<br />

einen einzigen Punkt holte, begann für den<br />

damals 21-Jährigen eine rasante Talfahrt.<br />

Ammermüller wurde kurzerhand in die<br />

Renault World Series verfrachtet und wenig<br />

später komplett aus dem Nachwuchskader<br />

von Red Bull gestrichen. »So schlimm war es<br />

nicht, man ist ja ganz schnell unten, wenn es<br />

vorbei ist«, musste er feststellen. Die ersten<br />

Testfahrten in der Formel 1 hatte er da längst<br />

absolviert. »Ich wollte einen Stammplatz<br />

bekommen, aber ohne Red Bull und einen<br />

Sponsor war das schwierig, zudem kam 2008<br />

die Finanzkrise hinzu.« Über Umwege,<br />

kleinere Rennserien und einzelne Einsätze im<br />

GT-Sport hat Ammermüller den Anschluss<br />

aber wieder gefunden. Mittlerweile kämpft er<br />

im Porsche Supercup um gute Ergebnisse und<br />

stand in seiner Debüt-Saison schon mehrfach<br />

auf dem Podium. »Wenn man sich die harten<br />

Kämpfe und das Niveau der Fahrer anschaut,<br />

ist das schon sehr nah an der GP2 dran. Jeder<br />

hat das gleiche Material und es gibt Fahrer,<br />

die schon ewig dabei sind«, urteilt Ammermüller<br />

über sein neues Arbeitsumfeld.<br />

Die Tatsache, dass der Porsche 911 GT3 mit<br />

seinen Keramik-Bremsen und dem sehr<br />

reglementierten Setup nicht unbedingt<br />

einfach zu fahren ist, hat in den vergangenen<br />

Jahren schon oft dafür gesorgt, dass längst in<br />

Vergessenheit geratene Talente wieder eine<br />

Chance bekommen. Eines der besten Beispiele<br />

dafür ist Marco Holzer, der es nach<br />

einer verpatzten Saison in der Formel 3 Euro<br />

Serie mittlerweile bis hin zum Porsche-<br />

Werksfahrer geschafft hat. Nur ungern<br />

erinnert sich Holzer an die Saison 2007. Als<br />

Dritter der Formel BMW Deutschland und<br />

mit einer Testfahrt im Formel-1-Boliden von<br />

BMW im Gepäck, ging das Nachwuchstalent<br />

in der Formel 3 mit unterlegenem Material<br />

unter. »Dabei sah es nach den Testfahrten gar<br />

nicht so schlecht aus, aber wir hatten einfach<br />

keine Chance. Und wenn es mal gut lief, wie<br />

etwa auf dem Norisring, als ich von Platz<br />

sieben bis auf den dritten Rang nach vorne<br />

fuhr, streikte die Technik.« Damals hatte<br />

Holzer die Formel 1 fest im Blick. »Da war ich<br />

17 Jahre alt und hatte noch nicht einmal einen<br />

Führerschein. Die Formel 1 war immer mein<br />

Kindheitstraum«, erinnert sich der heute<br />

24-Jährige aus Bobingen. Letztlich hat ein<br />

einziger Anruf wohl seine ganze Karriere auf<br />

den Kopf gestellt: Holzer wurde Teil des<br />

Juniorkaders von Porsche. »Im Porsche<br />

Juniorteam wurde ich nicht einfach ins kalte<br />

Wasser geworfen, stattdessen bekommt man<br />

innerhalb von drei Jahren alle wichtigen<br />

Grundlagen beigebracht. Ich hatte damals ja<br />

gar keine Erfahrung im GT-Sport«, so Holzer<br />

über seinen Einstieg bei Porsche, bei dem ihm<br />

sämtlicher Druck genommen wurde. »Ich<br />

konnte in meinem ersten Jahr völlig frei<br />

66 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Marco Holzer kommt als<br />

Porsche Werksfahrer viel<br />

herum in der Welt - egal ob<br />

ALMS, 24-Stundenrennen<br />

oder Int. GT Open<br />

1 2<br />

fahren. Ich habe auch die damaligen Werksfahrer<br />

kennengelernt und gesehen, wie sie<br />

arbeiten. Mein Ziel war es, auch so einen<br />

Werksvertrag zu erhalten. Das war damals wie<br />

eine völlig neue Karriere für mich.« Anfang<br />

2011 war es dann endlich soweit: Nach<br />

dreijähriger »<strong>Motorsport</strong>-Ausbildung«<br />

unterschrieb Holzer einen Werksvertrag bei<br />

Porsche. »Ich habe meine Chance bei Porsche<br />

genutzt. Ich fahre die größten Rennen der<br />

Welt, bin in Daytona, Le Mans und auf der<br />

Nordschleife unterwegs. Außerdem fahre ich<br />

zusammen mit richtig großen Namen in<br />

einem Team - das ist für mich schon ein<br />

echtes Highlight.«<br />

Eine solche Chance würde auch Philipp Eng<br />

gerne bekommen. Der Österreicher gewann<br />

das Formel BMW Weltfinale ein Jahr vor<br />

Holzer, konnte sich im Formel-Sport aber<br />

ebenfalls nie richtig durchsetzen, obwohl es in<br />

allen Serien für Podestplätze reichte. »Die<br />

Ergebnisse waren gut, aber ich hatte einfach<br />

nicht die finanziellen Möglichkeiten, um<br />

weitere Schritte zu realisieren.« Mittlerweile<br />

ist Eng nicht nur im Porsche Carrera Cup und<br />

Supercup unterwegs, sondern auch im ADAC<br />

GT Masters. »Zu Beginn war ich schon etwas<br />

enttäuscht. Schließlich ist es der Traum jedes<br />

Rennfahrers, in der Formel 1 zu fahren. Ich<br />

war aber schon glücklich, als ich 2011<br />

überhaupt etwas zum Fahren gefunden habe.«<br />

Mittlerweile fühlt sich der 22-jährige Salzburger<br />

in seinem neuen Umfeld pudelwohl -<br />

»Plan B« war auch in diesem Fall die goldrichtige<br />

Entscheidung.<br />

3<br />

1. Michael Ammermüller 2.<br />

Philipp Eng und 3. Marco<br />

Holzer haben ihre Heimat in<br />

einem Porsche gefunden<br />

Fotos: porsche<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 67


Text: Fabian Schneider<br />

Ein besserer<br />

Rennfahrer<br />

Die Rennsportfamilie Abt ist nicht nur in der DTM erfolgreich. Daniel Abt, Sohn<br />

von DTM-Teamchef Hans-Jürgen Abt, mischt in diesem Jahr in der GP3 mit. Mit dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> analysiert er seine erste Saison in der Nachwuchsserie<br />

Fotos: gp3 series<br />

MSM: Du bestreitest deine erste Saison in<br />

der GP3 Serie. Wie fällt dein Zwischenfazit<br />

aus?<br />

DANIEL ABT: Grundsätzlich glaube ich, dass<br />

die Saison bisher gar nicht so schlecht<br />

gelaufen ist. Natürlich hätte es mit ein<br />

bisschen mehr Glück und besseren Qualifying-Resultaten<br />

- gerade zu Beginn des<br />

Jahres - besser laufen können, aber die<br />

Rennen an sich waren bisher alle relativ in<br />

Ordnung. Manchmal hatten wir leider Pech<br />

mit der Reifenentscheidung, aber unsere Pace<br />

ist wirklich nicht schlecht.<br />

Wie schwierig war der Umstieg nach rund<br />

zwei Jahren in der Formel 3?<br />

Am Anfang war insbesondere der Turbo-<br />

Motor eine große Umstellung. Man muss erst<br />

einmal verstehen, wie der Motor arbeitet und<br />

wie der Turbo in schnellen Kurven einsetzt.<br />

Aber daran gewöhnt man sich schnell. Vom<br />

Handling her ist das GP3-Auto sehr angenehm<br />

zu fahren, das gefällt mir. Die breiten<br />

Reifen sorgen für sehr viel Grip an der<br />

Vorderachse, vor allem im Vergleich zur<br />

Formel 3 Euro Serie.<br />

Welche Details kannst du noch verbessern?<br />

Es sind ja meistens nur Kleinigkeiten, die<br />

fehlen. Anfang des Jahres habe ich mich<br />

schwer getan, das veränderte Grip-Level<br />

zwischen Training und Qualifying zu<br />

verstehen. Es war schwer, mit dem zusätzlichen<br />

Grip umzugehen. Jetzt kenne ich mich<br />

damit aus, und in Hockenheim, auf einer<br />

Strecke die ich wirklich gut kenne, lief es sehr<br />

gut. Man muss einfach die kurze Trainingszeit<br />

nutzen und dann im Zeittraining alles in<br />

einer einzigen Runde umsetzen, wenn die<br />

Reifen perfekt funktionieren.<br />

Wie läuft die Arbeit mit dem Team? Ist es<br />

ähnlich professionell wie bei Signature in der<br />

Formel 3?<br />

Ich würde sagen, dass sich in den Nachwuchsserien<br />

die meisten Teams auf einem<br />

sehr hohen Niveau bewegen. Es unterscheidet<br />

sich nicht viel zum letzten Jahr, wir sind nur<br />

mehr im Simulator unterwegs. Das hilft mir<br />

vor allem auf Strecken, die ich vorher noch<br />

nicht kannte. Letztlich kann mir das Team die<br />

Strecken aber auch nicht beibringen, das<br />

muss ich schon selbst im Auto herausfinden.<br />

Wie hast du dich seit deinem Titelgewinn im<br />

ADAC Formel Masters als Rennfahrer<br />

entwickelt?<br />

Das ist schwer zu sagen. Man wird als<br />

gesamter Rennfahrer besser. Das Formel<br />

Masters ist eine Nachwuchsserie, da ist man<br />

noch jung und geht oft ungestüm an die<br />

Sache heran. Auch wenn man dort Meister<br />

wird, ist man noch lange kein gemachter<br />

Rennfahrer, sondern muss noch viel lernen.<br />

Man muss auch mal Fehler machen und ein<br />

schwieriges Jahr durchleben, denn so reift<br />

man und lernt mit solchen Situationen<br />

umzugehen.<br />

Verspürst du in diesem Jahr auch mehr<br />

Druck als damals?<br />

Für mich gibt es von außen eigentlich keinen<br />

Druck, eher von mir selbst. Ich stecke mir vor<br />

der Saison Ziele und bin höchstens über mich<br />

selbst enttäuscht, wenn das nicht klappt. Ich<br />

habe einen hohen Anspruch, ich mache die<br />

ganze Geschichte ja nicht, um im Mittelfeld<br />

zu fahren. Wenn das der Fall wäre, müsste ich<br />

es wohl sein lassen.<br />

Warum ist im Winter die Entscheidung für<br />

einen Wechsel in die GP3 gefallen? Ein<br />

weiteres Jahr in der Formel 3 wäre ja auch<br />

eine Möglichkeit gewesen...<br />

Daniel Abt hat sich<br />

gut in der GP3<br />

Series eingelebt<br />

Das war auch der Plan, bevor ich in die Euro<br />

Serie gewechselt bin. Leider wusste niemand,<br />

wie es mit der Serie weiter geht. Letztes Jahr<br />

hatten wir ein extrem kleines Feld, hinzu<br />

kamen die Reifen, mit denen wir nicht gut<br />

klar gekommen sind. Dieses Jahr gab es ein<br />

neues Auto und wieder neue Reifen, da weiß<br />

man nie, in welche Richtung die Reise geht.<br />

Bei Lotus GP kennt man das GP3-Auto aus<br />

den letzten Jahren und hat schon Erfolge<br />

damit gefeiert, das war mir lieber als ein<br />

Pokerspiel.<br />

Überlegst du dir schon, wie es 2013 weiter<br />

gehen wird?<br />

Natürlich macht man sich da schon Gedanken.<br />

Aber ich muss erst einmal die Saison<br />

abschließen. Danach muss man schauen, wo<br />

man steht, wie man sich selbst einschätzt und<br />

ob die GP2 schon machbar ist. Natürlich ist<br />

es eine Option, bei Lotus aufzusteigen, aber<br />

man sollte sich zunächst überlegen, was am<br />

meisten Sinn macht.<br />

Was ist für dich in diesem Jahr noch drin?<br />

Theoretisch geht da schon noch was. Aber<br />

wenn Mitch Evans und die anderen Fahrer da<br />

vorne keine Fehler machen, ist es fast<br />

unmöglich, sie einzuholen. Für mich ist es<br />

sehr wichtig, dass ich an den Rennwochenenden<br />

das Maximum heraushole, gute<br />

Leistungen bringe und dann schaue, was die<br />

anderen machen. Letztes Jahr hat Valtteri<br />

Bottas die letzten drei Rennen gewonnen und<br />

ist dann Meister geworden, obwohl er schon<br />

abgeschlagen war. Wichtig ist einfach, dass<br />

die eigene Leistung stimmt.<br />

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nissan GT-r gt3<br />

Japanischer Exot<br />

Mit dem Nissan GT-R GT3 ist zum ersten Mal in der Geschichte des ADAC GT Masters ein japanischer<br />

Sportwagen vertreten. Tobias Schulze erklärt im <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> die Besonderheiten<br />

und schwächen des Japan-Renners.<br />

Text: Robert Seiwert<br />

Der Motor: «Turbo statt Hubraum lautet das Motto beim GT-R. Zwar werkeln nur 3,8 Liter in<br />

unserem V6-Motor, dafür ist das Ansprechverhalten der beiden Turbos aber sehr gut. Ein Turboloch<br />

gibt es quasi nicht. Das Ärgernis beim Nissan: Mit unseren 530 PS sind wir auf der Geraden zu<br />

langsam im Vergleich zur Konkurrenz. Hätte das Auto mehr Leistung, bekämen wir arge Probleme<br />

mit dem Benzinverbrauch; der GT-R schluckt ziemlich viel Sprit.«<br />

Aerodynamik: «Der GT-R<br />

verfügt über einen extrem<br />

guten aerodynamischen<br />

Grip, das macht sich vor<br />

allem auf flüssigen Strecken<br />

wie dem Sachsenring und<br />

Zandvoort bemerkbar. Im<br />

Vergleich zu vielen anderen<br />

GT3s setzte NISMO bei der<br />

Entwicklung des Autos auf<br />

einen sehr großen Frontsplitter,<br />

deshalb verzichteten<br />

sie wohl auch auf die<br />

üblichen Flaps an der Front.<br />

Der Heckspoiler ist wie bei<br />

den Konkurrenten riesig<br />

- das sorgt für ordentlich<br />

Abtrieb, bremst uns aber<br />

auch auf den Geraden.«<br />

Fahrwerk: «Die Straßenversion des GT-R verfügt über einen Allradantrieb. Gemäß des<br />

FIA-Reglements baute NISMO unseren Boliden allerdings auf eine Version mit Heckantrieb<br />

um - eine aufwendige Aktion mit einem sehr guten Ergebnis. Manchmal fehlt uns etwas<br />

Traktion auf der Strecke, aber das liegt auch am schweren Motor mit seinem Bi-Turbo.<br />

Der GT-R neigt deshalb dazu, über die Vorderachse zu schieben.«<br />

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Karosserie: »Mit 1.300 kg zählt der GT-R eher zu den Schwergewichten im ADAC GT<br />

Masters. Deshalb setzten NISMO und JR <strong>Motorsport</strong> bei der Konstruktion des GT3-Boliden<br />

vorrangig auf Carbon, um mittels des leichten Verbundstoffes möglichst viel Gewicht bei<br />

der Karosserie einzusparen. Leider ist das Material extrem teuer, der Heckspoiler kostet<br />

beispielsweise rund 15.000 Euro. Ein Unfall kann extrem kostspielig werden, das hat man<br />

natürlich immer im Hinterkopf.«<br />

Auspuff: »Der Nissan GT-R verfügt über Sidepipes, die Abgase treten also<br />

an der Seite des Autos aus. Der Vorteil: Auf diese Weise konnte der Unterboden<br />

sehr glatt gestaltet werden, damit keine Luftverwirbelungen unter dem Auto<br />

auftreten. Das sieht nicht nur spektakulär aus, sondern spart zusätzlich ein<br />

wenig Gewicht. Unser V6 kann in Sachen Sound zwar nicht ganz mit den<br />

Camaros und Lamborghinis mithalten, dafür macht der GT-R bei den Schaltvorgängen<br />

ein ziemlich cooles Geräusch. Der Rennsound kommt also nicht<br />

zu kurz.«<br />

Einzigartigkeit: «Der GT-R ist der erste japanische<br />

Sportwagen in der Geschichte des ADAC GT Masters -<br />

eine schöne Abwechslung zu all den Porsches, Audis und<br />

BMWs im Fahrerlager. Unser Auto hat zwar noch die eine<br />

oder andere Schwäche, aber zumindest bei den Fans ist<br />

der Bolide sehr beliebt. Viele Zuschauer freuen sich, dass<br />

wir mit dem GT-R antreten - schließlich sollen auch die<br />

japanischen Fans auf ihre Kosten kommen. Über mangelndes<br />

Interesse an unserem Renner während der Rennwochenenden<br />

können wir uns nicht beklagen.«<br />

Fotos: adac gt masters<br />

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Jason Kremer wird im<br />

ADAC Formel Masters<br />

von der ADAC Stiftung<br />

Sport gefördert<br />

TALENT<br />

Aus Schumachers Talentschmiede<br />

Text: Robert Seiwert<br />

Jason Kremer peilt in diesem Jahr den Gesamtsieg im ADAC Formel Masters an. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> unterhielt sich mit dem 17-jährigen Bonner über seine Zeit mit Michael<br />

Schumacher und den großen Traum von der Formel 1.<br />

Die Anfänge:<br />

»<strong>Motorsport</strong> liegt bei uns in der Familie: Mein<br />

Vater fuhr früher in der Formel 3 und so kam<br />

ich schon als kleiner Junge schnell mit dem<br />

Rennsport in Kontakt. Im Alter von fünf Jahren<br />

drehte ich meine ersten Runden im Kart, 2002<br />

absolvierte ich mein erstes Kart-Rennen. Über<br />

das ADAC Kart Masters und die DMV Kart<br />

Championship stieg ich ins ADAC Formel<br />

Masters auf und fahre derzeit meine zweite<br />

Saison im Formelsport. Während meiner Kartzeit<br />

war ich für das KSM <strong>Motorsport</strong> Team von<br />

Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher<br />

unterwegs.«<br />

Die Erfolge:<br />

»2008 stieg ich ins ADAC Kart Masters auf und<br />

feierte dort in meinem Debütjahr die Meisterschaft.<br />

Ein Jahr später sicherte ich mir den Titel<br />

in der DMV Kart Championship. Gerne erinnere<br />

ich mich an meinen Gesamtsieg beim<br />

prestigeträchtigen Kerpener Winterpokal<br />

<strong>zurück</strong> und natürlich auch an meine bisherigen<br />

Siege im ADAC Formel Masters - hoffentlich<br />

kommen noch ein paar hinzu.«<br />

Das Ziel:<br />

»Ist doch klar - ich möchte einmal in der Formel<br />

1 fahren, das ist schließlich der Traum<br />

eines jeden Formelfahrers. In diesem Jahr konzentriere<br />

ich mich aber erst einmal auf das<br />

ADAC Formel Masters und hoffe, in meiner<br />

zweiten Saison die Meisterschaft zu gewinnen.<br />

Der Sprung in die Formel 3 Euro Serie wäre<br />

ein guter Schritt zu meinem großen Ziel. Ich<br />

weiß, dass der Weg bis in die Königsklasse noch<br />

weit ist, aber Gewinnen beginnt schließlich im<br />

Kopf!«<br />

Die Ausbildung:<br />

»Ich bereite mich momentan auf mein Abitur<br />

auf dem CJD Gymnasium in Königswinter vor<br />

und hoffe, in zwei Jahren meinen Abschluss in<br />

der Tasche zu haben. Meine Noten könnten<br />

sicherlich ein wenig besser sein, aber für den<br />

Rennsport geht sehr viel Zeit drauf. Zum Glück<br />

unterstützen mich die Lehrer auch bei meiner<br />

<strong>Motorsport</strong>-Karriere und dank ihrer Hilfe<br />

schaffe ich es, beides unter einen Hut zu<br />

bekommen.«<br />

Die Hobbys:<br />

»<strong>Motorsport</strong> und Schule - da bleibt für Hobbys<br />

leider kaum Zeit. Rennsport betreiben, bedeutet,<br />

auf vieles zu verzichten, aber das nehme<br />

ich gerne in Kauf. Früher habe ich Schlagzeug<br />

gespielt, inzwischen gehe ich lieber ins Fitnessstudio<br />

und zum Sport, um an den anstrengenden<br />

Rennwochenenden möglichst fit zu<br />

sein. Wenn im Winter einmal Zeit ist, fahre ich<br />

sehr gern Ski in Österreich - eine schöne<br />

Abwechslung und gleichzeitig eine weitere<br />

Möglichkeit, auf der Piste Gas zu geben!«<br />

Fotos: adAC<br />

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Sieger der<br />

Extraklasse<br />

Mit einem Tagessieg beim ADAX MX Masters in Tensfeld meldete sich<br />

Max Nagl nach langer Rückenverletzung eindrucksvoll <strong>zurück</strong>. Sein Platz<br />

im KTM-Werksteam ist für 2013 zwar schon an Ken de Dycker vergeben,<br />

mit seinen starken Auftritten sollte der Bayer aber kein Problem haben,<br />

wieder Unterschlupf in der WM zu finden. In Gaildorf musste sich Nagl<br />

allerdings Ken Roczen geschlagen geben, der bei seinem Gastspiel nichts<br />

anbrennen ließ und mit der 450er unter dem Jubel der Fans auf Platz<br />

eins stürmte.<br />

Ken Rozen ließ der Konkurrenz im<br />

ADAC MX Masters keine Chance<br />

Roy Nissany<br />

gewann in<br />

Spielberg sein<br />

erstes Rennen<br />

Israelischer Feiertag<br />

»Das ist der großartigste Tag in der <strong>Motorsport</strong>-Geschichte Israels«,<br />

jubelte der langjährige, israelische TV-Journalist Boaz Korpel.<br />

Er erlebte in Spielberg, wie zuerst Alon Day im ATS Formel-<br />

3-Cup auf das Podium fuhr und anschließend Roy Nissany seinen<br />

Premierensieg im ADAC Formel Masters feierte. Der Name Nissany<br />

ist in der Formel 1 nicht unbekannt: Papa Chanoch durfte<br />

2005 für Minardi testen. Der Junior will noch weiter kommen:<br />

»Grundsätzlich würde ich sagen, dass die Spitze des <strong>Motorsport</strong>s<br />

mein Ziel ist.«<br />

Fahrschulbank<br />

drücken<br />

Sven Hannawald plant<br />

2013 sein Comeback<br />

im ADAC GT Masters<br />

Sven Hannawald legt in dieser Saison ein freiwilliges Lernjahr ein,<br />

um 2013 gestärkt ins ADAC GT Masters <strong>zurück</strong>zukehren. Erste Fortschritte<br />

konnte er im Training mit seinem Fahrlehrer Mathias Lauda<br />

bereits feststellen: »An den Rundenzeiten kann ich erkennen, dass<br />

ich schneller geworden bin«, verrät der ehemalige Skispringer dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. »Wenn ich meine Hausaufgaben mache, werden<br />

automatisch gute Ergebnisse kommen - aber natürlich wäre es super,<br />

wenn ich irgendwann einmal ein Hauptrennen einer Rennserie gewinnen<br />

könnte.«<br />

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Foto: red bull content pool<br />

grober<br />

unfug<br />

Stefan Bradl machte die<br />

Straßen von San<br />

Francisco unsicher -<br />

beste Einstimmung auf<br />

die Corkscrew in<br />

Laguna Seca<br />

Das Liberty Racing Team ist wahrlich eine seltsame<br />

Truppe. Noch bevor die Saison begann, verließ der<br />

neue Teammanager Fabio Alberti das sinkende Boot<br />

aus ungeklärten Gründen. Mitten in der Saison, und<br />

zwar genau beim Heimrennen, setzte die Crew Sylvain<br />

Guintoli vor die Tür. Angeblich wegen schlechter<br />

Ergebnisse, obwohl der Franzose mit Gesamtplatz acht<br />

noch der Beste der tschechischen Truppe war. Guintoli<br />

zeigte dem Liberty Team aber gleich in Silverstone,<br />

wo der Hammer hängt: Auf der Ducati des Pata Teams<br />

gewann er den zweiten Lauf souverän unter schwierigsten<br />

Bedingungen. Tja, liebe Liberty Crew, das war<br />

wohl nicht die hellste Entscheidung. - Maria<br />

Pohlmann<br />

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d i e<br />

Fotos: milagro<br />

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w a h r h e i t ü b e r s t o n e r<br />

Mit Casey Stoner verlässt einer der besten Fahrer der<br />

Gegenwart vorzeitig die MotoGP-Bühne. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

hat mit ihm über das Ende, den Anfang und so ziemlich alles<br />

dazwischen gesprochen.<br />

Text: Falko Schoklitsch<br />

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Die spannenden<br />

Zweikämpfe am Limit<br />

werden Stoner fehlen<br />

Die letzte Ausfahrt naht:<br />

Casey Stoner hängt den<br />

Helm am Ende der Saison<br />

an den Nagel<br />

MSM: Es würden wohl viele Leute sagen, dass du der schnellste Motorradfahrer<br />

bist, der im Moment auf dieser Welt lebt. Kannst du verstehen, dass<br />

sie recht traurig sind, wenn du aufhörst?<br />

CASEY STONER: Sicher werden einige Leute recht traurig sein. Andere<br />

werden sich freuen, dass ich weg bin. Das hängt wohl mit meiner Wahrheit<br />

zusammen - oder was sie ‚sich beschweren‘ nennen. Für mich ist das aber<br />

kein Problem. Ich habe für mich und meine Familie eine Entscheidung getroffen<br />

und das ist alles, was zählt.<br />

Als du deinen Rücktritt bekanntgegeben hast, sagtest du, einer der Hauptgründe<br />

sei, dass du die Richtung nicht magst, die der Sport nimmt. Am<br />

Sachsenring gab es dann aber diese schöne Aufnahme von dir, als du in der<br />

Box gesessen hast, deine Frau und dein Kind daneben und du hattest dieses<br />

breite Grinsen eines stolzen Vaters und liebenden Ehemanns. Wie sehr wirst<br />

du es genießen, mehr Zeit mit deiner Familie zu haben?<br />

Das wird toll, wenn ich ehrlich bin. Einfach mehr Zeit zu haben. Es gibt nicht<br />

viele Leute, die an der Spitze dieses Sports waren<br />

und auch mit der Familie oder ihren Frauen<br />

erfolgreich waren und lange durchhielten. Vielleicht<br />

ging es bei den Superbikes etwas länger,<br />

aber in der MotoGP ist es schwierig, an der<br />

Spitze stark mitzufahren und eine Frau mit Kind<br />

zu haben. Nicht nur, weil es in dieser Welt sehr<br />

stressig ist - zur besten Zeit ist es schwierig.<br />

Wenn es falsch läuft und man einen schlechten<br />

Tag hat, ist es hart. Wenn sie da sind und mich<br />

unterstützen, ist das toll. Jetzt muss ich aber<br />

auch ihnen etwas Unterstützung zuteil werden<br />

lassen.<br />

Es gibt diesen Eindruck von dir, dass du auf<br />

jede Maschine steigen und schnell damit sein<br />

kannst. Nach meiner Meinung steckt da mehr dahinter, da du einer der<br />

intelligentesten Fahrer zu sein scheinst. Denkst du, du wirst in dieser Hinsicht<br />

manchmal unterschätzt?<br />

78 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

»Ich war immer ehrlich und<br />

habe die Wahrheit gesagt.<br />

Ich denke, ich bin einer von<br />

wenigen Fahrern - vielleicht<br />

auch der einzige -, die konstant<br />

die Wahrheit sagen.«<br />

Ich denke, Valentino und Jeremy Burgess haben das schon bewiesen, als sie<br />

zu Ducati gingen und dachten, sie können jede Maschine hinkriegen. Das<br />

geht eben nicht so einfach. Viele Fahrer werden nicht dafür respektiert, was<br />

sie können. Dani wird nicht für seinen Speed und seine Entwicklungsarbeit<br />

respektiert. Fahrer bringen bei der Entwicklung keine Zahlen ein, sie liefern<br />

Information und Input. Das ist alles, was wir tun können. Je mehr Information<br />

und Input du liefern kannst, desto besser können die Mechaniker und Ingenieure<br />

die Maschine abstimmen und desto erfolgreicher wirst du sein. Jeder<br />

Fahrer, der konstant schnell an der Spitze fährt, wird vielleicht dabei unterschätzt,<br />

was er wirklich kann.<br />

Du scheinst ein Mensch zu sein, der Dinge gerade heraus sagt und ehrlich<br />

ist. Wenn du eine Meinung aussprichst, hast du immer auch gute Argumente,<br />

um diese zu untermauern. Denkst du, dass dir da manchmal Unrecht getan<br />

wurde, wenn du deine Meinung mit Unterstützung von Argumenten kundgetan<br />

hast, sich dann aber alles nur auf ein bestimmtes Zitat stürzte?<br />

Das ist mir oft passiert. Das ist auch ein Grund,<br />

warum ich nicht mehr hier sein will. Ich war<br />

immer ehrlich und habe die Wahrheit gesagt.<br />

Ich denke, ich bin einer von wenigen Fahrern<br />

- vielleicht auch der einzige -, die konstant die<br />

Wahrheit sagen. Jeder andere versucht, ein<br />

Schauspieler und Hollywoodtyp zu sein, um<br />

der Öffentlichkeit das zu geben, was sie will. Da<br />

ich den Medien und der Öffentlichkeit so viele<br />

Informationen und so viele ehrliche und wahre<br />

Informationen gegeben habe, dachte ich eigentlich,<br />

dass ich etwas mehr Respekt erhalten<br />

würde. Aber erst als ich meinen Rücktritt<br />

bekanntgab, merkten alle, dass es die Wahrheit<br />

ist, was ich gesagt habe. Ich nehme an, sie<br />

beginnen es jetzt zu verstehen und sie beginnen,<br />

sich die Wahrheit etwas besser anzuhören.<br />

Wenn man sich den modernen Sport ansieht, so scheint es, dass viele Ath-


Stoner gilt als einer der<br />

besten Motorradrennfahrer<br />

der Gegenwart<br />

Fotos: milagro<br />

leten sehr bedacht darauf sind, sich als Marke aufzubauen. Du warst nie<br />

so jemand. Ist das eine Entwicklung, die nach deiner Ansicht dem Sport<br />

schadet?<br />

Ich wollte immer Motorradfahrer sein, ich wollte nie Marken-Botschafter<br />

sein, ich wollte nie als Schauspieler im Kino sein, ich wollte nie etwas als<br />

Model machen. Ein Großteil meiner Gegner<br />

hat diese Dinge gemacht und es genossen, aber<br />

für mich war es nie etwas, das ich genossen<br />

habe. Ich genieße es, ruhig zu sein und für<br />

mich wird dem Sport dadurch schon geschadet.<br />

Das macht die Dinge kompliziert, daher<br />

habe ich immer versucht, den Sport so realistisch<br />

zu halten wie möglich und wollte ihn<br />

nach meiner Richtung ausrichten, nicht nach<br />

der Richtung aller anderen.<br />

Rein oberflächlich betrachtet, bist du der<br />

Traum eines jeden Marketing-Menschen. Du<br />

siehst gut aus, bist einer der Besten in deinem<br />

Sport, du bist ein Familienmensch und wirkst<br />

bescheiden. Du warst nur niemals ein Freund<br />

von PR-Arbeit. Warum ist das so?<br />

Ich mache einfach nicht das, was sie von mir wollen. Das ist etwas, das mich<br />

in meiner Karriere oft <strong>zurück</strong>gehalten hat, aber auf andere Art hat es mich<br />

dorthin gebracht, wo ich jetzt bin. Ich mache eben nicht das, was jeder andere<br />

will, ich mache das, was meine Familie will. Für mich ist dies das Wichtigste.<br />

Ich will nicht all diese anderen Leute beeindrucken. Ich will jene Leute glücklich<br />

machen, die um mich sind, die mir wichtig sind. Wie ich bereits erwähnte,<br />

viele andere Fahrer können das tun, weil sie normalerweise kein echtes Leben<br />

neben der Strecke haben. Sie haben ein paar Freunde, haben Spaß, ich habe<br />

seit einigen Jahren eine Frau und ich habe ein Kind. Daher habe ich viel<br />

wichtigere Dinge, über die ich nachdenken muss, statt einfach nur im Mittelpunkt<br />

zu stehen und nach Aufmerksamkeit zu haschen.<br />

»Ich mache einfach nicht<br />

das, was sie von mir wollen.<br />

Das ist etwas, das mich in<br />

meiner Karriere oft <strong>zurück</strong>gehalten<br />

hat, aber es hat<br />

mich hierher gebracht.«<br />

Du hast den Respekt bereits erwähnt. Du hast tolle Dinge auf einem Motorrad<br />

vollbracht. Als du in der MotoGP anfingst, warst du zunächst auf einer<br />

Satelliten-Honda und hattest dort nicht unbedingt die beste Spezifikation<br />

an Michelin-Reifen, du kamst aber im zweiten Rennen auf Pole und warst<br />

im dritten auf dem Podest. Du musstest aber hart fahren, mehr als das<br />

Material hergab und stürztest deswegen öfter als es dir lieb war - Randy de<br />

Puniet hatte später das gleiche Problem wegen<br />

der Reifen. Dir brachte das einen bösen Spitznamen<br />

ein. Dann kamst du zu Ducati und hast<br />

alle weggefegt, inklusive deines Teamkollegen.<br />

Dennoch sagte jeder, du hattest nur eine gute<br />

Maschine. Auch danach holtest du mehr raus,<br />

als die Maschine hergab, was an deinen Teamkollegen<br />

zu erkennen war. Du kamst zu Honda<br />

und wurdest sofort Weltmeister, aber es scheint,<br />

erst als du deinen Rücktritt bekannt gegeben<br />

hast, oder vielleicht auch schon etwas zuvor,<br />

zeigten dir die Leute den Respekt, den du von<br />

Anfang an verdient hattest. Denkst du, dass du<br />

lange nicht den Respekt bekamst, der dir<br />

zustand?<br />

Das war eigentlich fast meine gesamte Karriere<br />

so. Niemand erkannte, was ich, meine Familie und auch meine Mechaniker<br />

geleistet haben. Das ist aber nicht das Wichtigste für mich. Früher hat mich<br />

das vielleicht etwas mehr verärgert, weil wir nicht den Respekt bekamen, den<br />

wir verdienten. Jetzt ist es mir aber egal. Die Leute sollen denken, was sie<br />

wollen. Jeder wird immer über Gründe reden, warum wir schnell waren oder<br />

nicht. Am Ende wird die Wahrheit rauskommen und die Leute werden sie<br />

erkennen. Ich denke, Ducati hat jetzt wieder die schnellste Maschine im Feld,<br />

aber sie wollen nur einen besseren Motor, um sie zu fahren. Sie haben nicht<br />

gemerkt, als wir die schnelle Maschine hatten, war sie furchtbar zu fahren.<br />

Es war am Gas sehr schwierig, wir hatten keine Beschleunigung und keinen<br />

Grip, aber wir haben sie so gut zum Laufen gebracht, wie es ging. Zu viele<br />

Leute suchen heutzutage nach Perfektion. Ich werde stolz darauf sein, was<br />

ich in meiner Karriere geleistet habe und deswegen ist es Zeit für mich, zu<br />

gehen. Sicher werden andere Leute immer etwas zu sagen haben.<br />

→<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 79


Rolling Stoner: Stürze<br />

brachten Casey Stoner zu<br />

Karrierebeginn einen<br />

Spitznamen ein<br />

Fotos: milagro<br />

Deine Familie ist dir sehr wichtig. Sie haben dir in deiner Karriere auch<br />

sehr geholfen. Wie dankbar bist du für ihre Unterstützung?<br />

Meine Familie... ich wäre ohne sie nicht hier, kein Kind wäre ohne seine<br />

Familie und deren Unterstützung hier. Ich glaube, jeder braucht das. Sie<br />

haben tolle Dinge für mich gemacht, sie haben in den frühen Jahren viele<br />

Opfer für mich gebracht und wir haben den Rest selbst gemacht. Meine<br />

Frau und ich, wir waren dann in den Jahren danach erfolgreich. Es ist eine<br />

große Sache, die sie für mich getan haben und davor habe ich viel Respekt.<br />

Fans können kompliziert sein. Du hast viele Fans, andere Fahrer aber<br />

auch und einige Fans können recht feindschaftlich gesinnt sein. Hat dich<br />

das jemals gestört oder hast du versucht, das auszublenden?<br />

Das hat mich schon gestört. Man sieht viele<br />

Fans, die es zu schätzen wissen, was man für<br />

sie macht. Viele Fans erwarten aber, dass man<br />

etwas für sie macht. Da ich eine normale Person<br />

bin, stört mich das. Ich will das nicht tun,<br />

nur weil sie das von mir verlangen. Ich will es<br />

tun, weil sie das zu schätzen wissen. Das sieht<br />

man heutzutage bei nur wenigen Fans. Jeder<br />

ist nur hier, um zu beweisen, dass er hier war,<br />

nicht weil er sich darüber freut, hier zu sein<br />

und diese oder jene Person treffen kann.<br />

Außerdem ist es so, jedes Mal wenn man von<br />

der Strecke oder vom Wohnwagen kommt -<br />

das ist vor allem in Deutschland oft passiert,<br />

anderswo auch, aber dort besonders oft -, findet<br />

man immer die gleichen Personen vor, die<br />

jedes Mal um vier oder fünf Autogramme bitten.<br />

Diese Leute nehmen die Zeit weg, die ich den Fans geben will. Denn<br />

sie sind immer da und stehen im Weg. Sie wollen dich nicht gehen lassen,<br />

bis du ihre Sachen unterschrieben hast - immer die gleichen Leute. Ich<br />

80 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

»Jorge und Dani waren<br />

fantastische Gegner, Dovi<br />

ebenfalls. in der MotoGP gab<br />

es ein paar tolle Kämpfe mit<br />

Valentino. diese Fahrer waren<br />

meine härtesten Gegner.«<br />

hatte mit verschiedenen Leuten zu tun und wenn sie aus dem Weg gehen,<br />

ist das OK, aber die freundlichen Leute, die wirklich nur ein Autogramm<br />

wollen, werden nach hinten gedrängt. Das ärgert mich etwas, ich kann<br />

nicht so viel Zeit mit den Fans verbringen, wie ich will - zumindest mit den<br />

richtigen Fans.<br />

Du hattest viele tolle Kämpfe. Wen würdest du zu deinen besten Gegnern<br />

und welche Kämpfe würdest du zu deinen besten zählen?<br />

Es gab viele tolle Kämpfe, wenn ich ehrlich bin. In den kleinen Klassen,<br />

125er und 250er, hatte ich wohl ein paar meiner besten - in der MotoGP<br />

auch ein paar. Jorge und Dani waren fantastische Gegner, Dovi ebenfalls,<br />

denn wir kamen von den 125ern über die 250er bis hier nach oben. Als ich<br />

in der MotoGP fuhr, gab es ein paar tolle<br />

Kämpfe mit Valentino. Es waren diese drei,<br />

vier Fahrer, die meine härtesten Gegner<br />

waren. Was Kämpfe betrifft, da gab es zu viele,<br />

um einen oder zwei heraus zu picken.<br />

Gab es irgendwelche beste oder schlechteste<br />

Erfahrungen, die du mit uns teilen willst?<br />

Die beste Erfahrung war sicher der WM-Titel<br />

im Vorjahr. Wir schafften so viele Dinge an<br />

einem Tag. Das war echt etwas Besonderes für<br />

uns. Die schlimmste Erfahrung war wohl der<br />

Sturz in der 125cc-Saison 2003 in Assen. Wir<br />

hatten eine gute Chance auf ein starkes Ergebnis<br />

- mein bestes bis dahin. Leider war ich sehr<br />

krank, ich stürzte in den ersten Runden und<br />

die Fußraste stieß durch den Helm. Es war ein<br />

schlimmes Wochenende und nichts funktionierte. Es rutschte uns ein gutes<br />

Ergebnis durch die Finger, das war wohl einer der enttäuschendsten<br />

Momente.


Stoners Tochter<br />

Alessandra muss nicht<br />

mehr lange den Lärm an<br />

der Strecke ertragen<br />

Stoner schätzt die Duelle<br />

mit Valentino Rossi<br />

Als du deinen Rücktritt bekannt gegeben hast, wurde schnell darüber<br />

geredet, dass du das Racing und den Adrenalinschub vermissen wirst.<br />

Es gibt die Aussage, dass man mit jedem Auto oder Motorrad Spaß haben<br />

kann, solange man ans Limit geht. Stimmt das deiner Meinung nach?<br />

Muss man nicht unbedingt in der MotoGP fahren, um den gleichen Spaß<br />

und den gleichen Adrenalinschub zu haben?<br />

Was auf Motorrädern mehr Spaß macht als<br />

in Autos, es ist schwieriger, das Limit zu finden.<br />

Es ist viel schwieriger, man muss mehr<br />

Parameter meistern, um ans Limit zu kommen.<br />

Eigentlich gibt es nie ein Limit, man<br />

kann immer schneller. Man kann seine Körperposition<br />

und so viele Dinge auf der<br />

Maschine ändern, es gibt viele Variablen, um<br />

alles so gut wie möglich zu machen. Das<br />

macht aber auch die Attraktivität aus und<br />

deswegen ist dieser Sport so fantastisch. Mit<br />

Autos ist es relativ ähnlich, solange man ans<br />

Limit pusht und versucht, dorthin zu kommen,<br />

ist es fantastisch. Ich denke nur, Motorräder<br />

machen einem etwas mehr Angst, daher<br />

ist es aufregender und das ist das Tolle an<br />

Motorrädern.<br />

Wie sehen deine wirklichen Pläne für den Ruhestand aus? Zunächst<br />

wirst du sicher erst einmal zur Ruhe kommen wollen, aber glaubst du,<br />

danach wirst du eine neue Herausforderung in deinem Leben finden?<br />

Ich denke daran, in Zukunft bei den V8 Supercars einzusteigen. Ich bin<br />

mir nicht sicher, wann in der Zukunft. Ich habe schon einige Jahre darüber<br />

nachgedacht, das war mein Traum, nachdem ich hier aufgehört habe;<br />

weiterzumachen und dort mein Glück zu versuchen. Aber abgesehen<br />

davon, will ich mir die Zeit nehmen und mein Wohnmobil ausführen,<br />

»am Limit fahren und kämpfen<br />

- Wenn es gut läuft, ist<br />

es ein tolles Gefühl. Ich<br />

werde es aber nicht genug<br />

vermissen, um weiterhin hier<br />

zu bleiben.«<br />

um ein paar verschiedene Orte zu sehen und das Leben zu genießen.<br />

Du bist jung, hattest viel Erfolg, hast ein glückliches Familienleben,<br />

dürftest ganz gut verdient haben - wirst du trotzdem etwas bedauern,<br />

wenn du aufhörst?<br />

Ich denke, Bedauern gegenüber den Leuten,<br />

mit denen ich zusammenarbeite. Ich werde<br />

viele Leute vermissen, mit denen ich hier<br />

arbeite. Natürlich, am Limit fahren und kämpfen,<br />

wenn man gut unterwegs ist. Wenn es gut<br />

läuft, ist es ein tolles Gefühl. Ich werde es aber<br />

nicht genug vermissen, um hier zu bleiben.<br />

Deswegen will ich gehen. Ich denke nicht, dass<br />

ich es so sehr vermissen werde. Ich werde in<br />

Zukunft noch viele Erfahrungen sammeln.<br />

Du bist toll darin, eine Maschine so schnell<br />

wie möglich um eine Rennstrecke zu bewegen.<br />

Dein ganzes Können kann allerdings am<br />

besten bewundert werden, wenn es in Superzeitlupe<br />

dargestellt wird. Denkst du, es ist<br />

etwas ironisch, dass wir dich sehr langsam<br />

machen müssen, damit wir sehen, wie schnell du wirklich bist?<br />

Das ist eine gute Art, um es zu beschreiben. Es gab in den letzten Jahren<br />

ein paar wirklich schöne Zeitlupen-Aufnahmen. Ich bin froh, dass ich in<br />

dieser Zeit gefahren bin, wo man genau und klar sieht, was passiert. Ich<br />

bin stolz darauf, was für ein Fahrer ich geworden bin und wie weit ich es<br />

geschafft habe. Sicher bin ich dem Limit oder dem Maximum, das ich<br />

erreichen könnte, nicht einmal nahe. Aber ich denke, ich kann auf meine<br />

Leistungen, meinen Stil und alles stolz sein. Ja, es ist recht lustig, dass man<br />

alles langsamer machen muss, um zu bemerken, was wir leisten und wie<br />

wir es machen.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 81


Fotos: milagro<br />

Fotos: adrivo/Sutton<br />

82 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Widerspenstiger<br />

Zähmer<br />

Nicky Hayden ist ein Kämpfer, der sich weder durch zickige<br />

Motorräder noch durch namhafte Teamkollegen unterkriegen lässt.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> blickt mit ihm auf seine Karriere.<br />

Text: Maria Pohlmann & Falko Schoklitsch<br />

G<br />

estatten, ‚ayden, Nicky ‚ayden. Natürlich<br />

heißt es Nicky Hayden und er<br />

kommt aus einem Land, in dem einige<br />

Menschen denken, die Pizza wurde dort erfunden,<br />

egal ob sie in Stadteile mit Namen Little Italy<br />

fahren müssen, um dort die beste Pizza zu essen,<br />

die sie bekommen können. Signore Hayden weiß<br />

es natürlich besser, immerhin arbeitet er seit dem<br />

Winter 2008/2009 für Ducati und ist damit bei<br />

einem Herzstück der italienischen <strong>Motorsport</strong>-<br />

Kultur beheimatet - egal ob es dort Probleme mit<br />

dem H zu Wortanfang gibt oder nicht. In seiner<br />

Zeit beim italienischen Hersteller hat er bereits<br />

einiges mitgemacht.<br />

Nicky Hayden gibt<br />

weiter für Ducati in<br />

der MotoGP Gas<br />

Direkt vor seiner Ankunft war Marco Melandri<br />

grandios an der Ducati Desmosedici gescheitert<br />

und es war klar, die Aufgabe würde nicht einfach<br />

werden. Hayden hatte zu kämpfen, denn auch<br />

2009 blieb das Motorrad eines, das nur Casey<br />

Stoner so richtig zu meistern schien. Doch der<br />

Amerikaner blieb widerspenstig und ergab sich<br />

nicht in sein Schicksal. Egal ob Stoner ihm immer<br />

wieder um die Ohren fuhr oder Valentino Rossi<br />

nach seinem Wechsel von Yamaha zu Ducati für<br />

die Saison 2011 das Team an sich riss, ohne wirklich<br />

viel zu bewegen. Hayden machte sein Ding<br />

und er wird das auch 2013 machen, wohl auch<br />

deswegen, weil er nicht aufgab.<br />

Die Zähmung der Ducati steht für ihn weiter ganz<br />

oben auf seiner Aufgabenliste, wobei er schon in<br />

diesem Jahr bemerken konnte, dass es vorwärts<br />

geht. »Für mich ist die GP12 ein besseres Bike,<br />

ich würde sagen, sogar die beste Ducati, die ich je<br />

gefahren bin. Sie reagiert am normalsten und ich<br />

mag sie sehr. Ich wünschte mir nur, dass wir noch<br />

bessere Ergebnisse einfahren könnten«, sagt<br />

Hayden dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Das Interessante<br />

an ihm ist, es würde ihm fast jeder im<br />

Fahrerlager gönnen, sollte er wieder bessere<br />

Resultate erzielen können.<br />

Hayden gehört zu den meistgemochten Fahrern<br />

der MotoGP, als er 2006 seinen WM-Titel im<br />

Kampf gegen Valentino Rossi gewann, freute sich<br />

jeder für ihn - und nicht, weil er Rossi geschlagen<br />

hatte, sondern einfach nur deswegen, weil man<br />

ihm den Titel gönnte. Zwar gibt es nach wie vor<br />

Stimmen, die meinen, er sei nur Weltmeister<br />

geworden, weil alle Konkurrenten irgendwelche<br />

Probleme hatten, doch das lässt ihn kalt. Er →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 83


Nicky Hayden ist<br />

stolz auf seine<br />

Erfolge<br />

ist nach wie vor sehr stolz auf seinen Erfolg. »Oh ja. Ich<br />

bin stolzer, als es sich jemals irgendjemand vorstellen<br />

kann.« Der Amerikaner mag vielleicht nicht das allergrößte<br />

Talent der Königsklasse sein,<br />

doch er arbeitet so hart wie kaum<br />

jemand. Stehen Testfahrten an, dann<br />

könnte man beinahe darauf wetten,<br />

dass Hayden die meisten Runden<br />

fahren wird, läuft etwas nicht nach<br />

Plan, analysiert er umfassend.<br />

Deswegen ist auch das Bild von ihm<br />

falsch, dass er ständig zwischen Kentucky<br />

und Europa hin und her pendelt,<br />

nur weil er es vorzieht, zuhause<br />

zu sein. »Nach jedem Rennen fliege<br />

ich nicht <strong>zurück</strong>. In den letzten sieben<br />

oder acht Wochen war ich nur<br />

vier Tage zu Hause, so oft ist es nicht. Ich stamme eben<br />

aus einer großen Familie und es gefällt mir zu Hause am<br />

Besten. Europa ist wunderschön, es gibt wunderbare<br />

Orte, aber zu Hause ist es eben am Schönsten«, meint er.<br />

84 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

Vor allem aber kann er auch zuhause trainieren, immerhin ist eine Motocross-Strecke vorhanden<br />

und seine Brüder Tommy und Roger Lee sind ebenfalls professionelle Rennfahrer. Der erfolgreichste<br />

der Drei ist und bleibt aber Nicky und er verfolgt mit Sorge, dass der Nachwuchs aus<br />

den USA in der Weltmeisterschaft sehr dünn gesät ist. »Ja, das<br />

»Manchmal freue ich<br />

mich darauf, manchmal<br />

graut mir vor<br />

einem Leben ohne<br />

MotoGP. ich hoffe,<br />

dass ich noch etwas<br />

hier bleiben kann.«<br />

ist schwer. Es ist schwer in der Moto2 und Moto3. In den letzten<br />

Jahren kamen ein paar Kids rüber und probierten sich bei den<br />

Red Bull Rookies und in der 125er, aber es hat einfach nicht<br />

funktioniert. Amerika hat viele junge Talente, aber die bekommen<br />

immer alle sehr schnell Heimweh. Wir haben es in den USA<br />

ziemlich leicht, es ist nicht einfach, aber das Leben ist ziemlich<br />

gut und die meisten Kids bekommen einfach Heimweh. Wenn<br />

sie ein oder zwei Jahre hier in Europa waren, wollen sie wieder<br />

<strong>zurück</strong> und denken gar nicht dran, erneut rüber zu kommen. Es<br />

wäre schön, ein paar Talente in der der Moto3 oder der Moto2<br />

zu sehen. Da sie in der Moto2 nun mit Viertaktern fahren, denke<br />

ich, dass es sogar so kommen wird.«<br />

Vorerst wird es aber immer einsamer als Amerikaner im MotoGP-<br />

Fahrerlager, wobei Hayden ohnehin sein eigenes Ding macht. Dazu ist er aber ein genauer<br />

Beobachter, denn er weiß, im Kreis der Besten gibt es immer etwas, das andere besser machen.<br />

Daher hat er auch nicht einen Fahrer, den er genau beobachtet oder bewundert. »Es gibt für<br />

mich jetzt keinen, den ich am meisten bewundere. Es gibt immer Dinge an bestimmten Fahrern,


»Dani legt die besten Starts<br />

hin, Casey kommt schnell<br />

auf Tempo, Jorge ist der<br />

Konstanteste und Valentino<br />

weiSS am besten, wie man<br />

mit vielen leuten umgeht.«<br />

die ich mag. Dani [Pedrosa] zum Beispiel legt die besten Starts hin,<br />

die ich in meinem Leben jemals gesehen habe, Casey [Stoner]<br />

kommt schneller auf ein starkes Tempo als alle anderen, Jorge<br />

[Lorenzo] ist der Beste, den ich je gesehen habe, was die Konstanz<br />

angeht und Valentino [Rossi] weiß am besten, wie man mit Unmengen<br />

von Menschen umgeht«, sagte Hayden.<br />

Hayden schaut sich<br />

von allen Konkurrenten<br />

das Beste ab<br />

Hayden macht sich<br />

noch keine Gedanken<br />

über die Zeit danach<br />

Fotos: milagro<br />

Wobei sich durchaus sagen ließe, dass er vielleicht ebenfalls andere<br />

inspiriert hat. Seine WM-Saison 2006 war zwar nicht reich an Siegen,<br />

aber sie war ein Ausbund an Konstanz. Fahrer wie Jorge<br />

Lorenzo haben diesen Konstanz-Gedanken auf die Spitze getrieben;<br />

der Spanier will nicht nur eine Saison konstant fahren, er schafft<br />

es auch, innerhalb eines Rennens seine Runden konstant abzuspulen<br />

wie ein Uhrwerk. Wieder und wieder betont Lorenzo dazu,<br />

wie wichtig es ist, konstant zu sein. Aktuell fällt es Hayden allerdings<br />

schwer, selbst auf die Karte Konstanz zu setzen, dazu ist die<br />

Ducati noch nicht gut genug. Aber der Weg stimmt und wenn es<br />

ihm gelingen sollte, die italienische Maschine zu zähmen, dann<br />

könnte er vielleicht sagen, er hat genug erreicht.<br />

Gegenüber dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> betont Hayden allerdings,<br />

dass er noch nie ans Aufhören gedacht hat. Dennoch wird er nicht<br />

jünger und mit mittlerweile 31 Jahren ist ein Ende abzusehen. Das<br />

will er am liebsten in der MotoGP feiern und nirgendwo anders.<br />

Ein Wechsel in die Superbike-WM, wo alte Hasen wie Carlos Checa<br />

und Max Biaggi noch große Erfolge feiern, ist vorerst nicht im Plan. »Ich bin mir nicht sicher,<br />

ob ich in die Superbike gehen würde. Wenn diese Jahre hier vorbei sind, dann ist vielleicht<br />

auch meine ganze Renn-Geschichte gelaufen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich irgendwo anders<br />

hin wechseln würde, nachdem ich so lange in der MotoGP gefahren bin. Ich würde sicherlich<br />

noch etwas mit Motorrädern zu tun haben, aber ich würde sagen, dass meine Karriere dann<br />

vorbei ist.«<br />

Hayden weiß selbst gut genug, dass der Tag seines Rücktritts nicht mehr ewig weit entfernt<br />

ist, wobei er auch etwas Angst davor hat. »Ich denke, es wäre hart für mich, mich an eine<br />

solche Situation anzupassen. Das wird auf jeden Fall viel Zeit brauchen. Aber ich habe schon<br />

realisiert, dass dieser Tag nicht mehr allzu weit weg ist. In der MotoGP bleibt mir vielleicht<br />

noch ein weiteres Jahr oder sogar zwei. Manchmal freue ich mich darauf, an anderen Tagen<br />

graut mir vor einem Leben ohne die MotoGP. Also hoffe ich erst einmal, dass ich noch ein<br />

paar Jahre hier bleiben kann.«<br />

Egal wie es ausgeht, bislang hat er geschafft, was nur wenige geschafft haben. In jeder seiner<br />

bisher zehn MotoGP-Saisons fuhr er auf einer Werks-Maschine, eine elfte kommt in jedem Fall<br />

dazu. Verholfen hat ihm dazu auch seine widerspenstige Einstellung, die sich nicht damit abfindet,<br />

wenn etwas nicht funktioniert, sondern ihn zur Arbeit antreibt. Das war auch ein Grund, warum<br />

Ducati ihn halten wollte, während Valentino Rossi über den Abschied nachdachte. Ducati-CEO<br />

Gabriele del Torchio hatte sich selbst für den mit Kentucky Kid nicht mehr ganz genau benannten<br />

Amerikaner stark gemacht, weil er wusste, was das Rennteam an ihm hat. Und das könnte<br />

wiederum dazu führen, dass uns Paddock-Liebling Hayden auch über sein Karriere-Ende erhalten<br />

bleibt; als Testfahrer, Botschafter oder in einer anderen Rolle.


Text: Maria Pohlmann<br />

Rossis<br />

Fiaskos<br />

Valentino Rossi ist der beliebteste<br />

Motorradfahrer aller Zeiten.<br />

Doch auch mit neun WM-Titeln,<br />

Millionen von Fans und Euro auf<br />

dem Konto hat man Schwächen.<br />

Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> geht auf<br />

Fehlersuche.<br />

Es gibt Mütter, die sich tatsächlich wünschen, dass der Sohn<br />

einmal ein großer Fußballstar wird. Im Falle von Valentino<br />

Rossi darf man im Nachhinein feststellen: Zum Glück hat<br />

sich Papa Graziano erfolgreich gegen Mama Stefania zur<br />

Wehr gesetzt! Dieser nahm den Sohnemann nämlich nicht<br />

wie es der Lebensplan vorsah mit ins Fußballstadion, sondern<br />

auf die Kartbahn. Der Beginn einer erfolgreichen<br />

<strong>Motorsport</strong>-Karriere die ihresgleichen sucht. Mit seinen<br />

neun WM-Titeln ist Rossi nach wie vor Publikums-Liebling<br />

Nummer eins und wird von Fans, Medien und Dorna verehrt<br />

wie der Motorradgott schlechthin - was nicht zuletzt an<br />

seinem außergewöhnlichen Vermarktungstalent liegt. Doch<br />

auch Götter haben schlechte Tage und in der einen oder<br />

anderen Situation wünschte sich der Italiener sicher selbst<br />

insgeheim, dass er lieber mit 21 anderen Jungs hinter einem<br />

Ball herrennen müsste.<br />

Fotos: milagro<br />

86 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


5. Der liebe Ehrgeiz<br />

»Your ambition outweighs your talent.« Casey Stoner war sauer, schließlich hatte ihn Valentino Rossi in Jerez 2011 um wichtige Punkte gebracht. Der Italiener<br />

war bei einem etwas übermütigen Versuch, Stoner zu überholen, im Nassen weggerutscht, hatte den WM-Leader direkt mit in den Kies genommen und zur<br />

Krönung des Ganzen halfen alle Streckenposten nur dem ‚Halbgott in Weiß‘ und ließen das Känguru liegen. Rossi nahm den Helm nicht ab, als er zur Honda-<br />

Box watschelte, um sich zu entschuldigen. Die Aktion war ihm mächtig peinlich. Als fairer Sportler nahm der Australier die Entschuldigung an, konnte sich<br />

einen Kommentar aber nicht verkneifen. »Dein Ehrgeiz war wohl größer als dein Talent« - ein verbaler Schlag ins Gesicht, unter den Umständen allerdings<br />

nachzuvollziehen.<br />

4. Schulter<br />

ist kein Beinbruch<br />

Wie sich verlorene Weltmeisterschaften anfühlen,<br />

wusste Valentino Rossi dank Nicky Hayden<br />

und Casey Stoner bereits. Wie man vom eigenen<br />

Teamkollegen geschlagen wird, lernte er<br />

erst 2010 und das auf schmerzhafte Art und<br />

Weise. Bei einem Motocross-Unfall im April<br />

schlug sich der Doktor die rechte Schulter an,<br />

über die er sich fortan in jedem Training, Qualifying<br />

und Rennen beschwerte. Dabei ahnte<br />

Rossi wohl nicht, dass es noch schlimmer<br />

kommen könnte. Bei einem heftigen Highsider<br />

im Mugello-Training brach er sich Schien- und<br />

Wadenbein und musste damit die ersten Rennen<br />

seit seinem 125er Debüt 1996 auslassen.<br />

Seine schnelle Rückkehr auf dem Sachsenring<br />

freute zwar die Fans, brachte in der WM aber<br />

wenig Punkte. Die schnappte sich Jorge<br />

Lorenzo auf der anderen Seite der Box.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 87


3. Private Malheure<br />

Abseits der Rennstrecke passieren viele Dinge, die<br />

allerdings kaum wahrgenommen werden. Bei Valentino<br />

Rossi ist das anders: Dank seiner Dauerbestrahlung<br />

mit Rampenlicht kommen auch die peinlichsten<br />

Fauxpas an die Öffentlichkeit. Wer erinnert sich nicht<br />

an sein ‚kleines‘ Steuerproblem vor fünf Jahren?<br />

Rossi soll 112 Millionen Euro an den italienischen<br />

Finanzbehörden vorbeigeschleust haben, kein Pappenstiel.<br />

Angeblich hatte er es sich mit seinem Manager,<br />

Gibo Badioli, in einer Londoner Ein-Raum-Wohnung<br />

gemütlich gemacht. Die Italiener wollten ihm<br />

partout nicht glauben und verlangten 35 Millionen<br />

<strong>zurück</strong>. Mit beglichenen Rechnungen richtete sich<br />

Rossi wieder in der Heimat ein - allerdings mit Sicherheitslücken.<br />

Er stolperte beim Zuziehen seiner Vorhänge,<br />

stürzte auf einen Glastisch und verletzte sich<br />

an Hand und Fuß. Auch Rossi ist nur ein Mensch.<br />

Fotos: milagro<br />

2. Eins zu Fünf für Hayden<br />

Touchdown in Valencia - was gibt es Spannenderes als eine Entscheidung<br />

im letzten Rennen nach einer hart umkämpften MotoGP-Saison? Valentino<br />

Rossi hätte sicherlich gern auf diese Art von Action verzichtet. Er schwebte<br />

nach fünf WM-Titeln in Folge auf Wolke sieben und hatte sich den Gewinn<br />

des sechsten wohl etwas leichter vorgestellt. 2006 wurde Rossi aber<br />

schlichtweg nicht gefragt. Ein Sturz beim Kickoff, technische Probleme und<br />

ein starker Nicky Hayden machten ‚Il Dottore‘ das Leben schwer. Der US-<br />

Boy punktete mit Konstanz, ließ sich aber vom Teamkollegen ausbremsen.<br />

Rossi nahm das beim Finale lieber selbst in die Hand. Ein selbstverschuldeter<br />

Sturz, fünf verlorene Punkte, der Titel war futsch und der Meister<br />

geschlagen. Höhenflüge ade!


1. Ducati<br />

Welche Zutaten benötigt man für zwei verkorkste<br />

Jahre? Ganz einfach: den Drang nach Herausforderungen,<br />

gute Unterstützer und eine italienische Diva.<br />

Mit fünf WM-Titeln in der Tasche verließ Valentino<br />

Rossi vor neun Jahren Honda und begann sein neues<br />

Abenteuer bei Yamaha direkt mit einem Einstandssieg.<br />

Vier Titel und sieben Jahre später wollte er es<br />

mit über 30 unbedingt noch einmal wissen und ging<br />

die ‚italienische Traum-Ehe‘ mit Ducati ein. »Wir hoffen,<br />

dass wir 2012 um den Titel mitfahren können,<br />

2011 ist dies utopisch«, hieß es noch beim Antritt.<br />

Weit gefehlt! Mit Rang sieben 2011 und aktuellen<br />

Mittelfeldergebnissen ist der Bund fürs Leben<br />

gescheitert - es geht <strong>zurück</strong> in die Arme von Yamaha.<br />

Statistiken besagen, dass jede dritte Ehe geschieden<br />

wird. Rossi liegt also im Durchschnitt und muss sich<br />

nicht allzu sehr für sein Versagen schämen.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 89


Fotos: adrivo/Sutton<br />

90 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Das Lachen<br />

des<br />

Dani<br />

fotos: milagro<br />

Pedrosa<br />

Dani Pedrosa hat mit dem Alter gelernt, auch an der<br />

Rennstrecke etwas lockerer zu werden. Was er sonst<br />

noch alles gelernt hat, darüber hat er mit dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> gesprochen.<br />

Text: Falko Schoklitsch<br />

MSM: Wenn Leute deinen Fahrstil beschreiben, dann sagen sie, dass du mit die saubersten Linien<br />

im ganzen Feld fährst. Hast du das erlernt oder hast du immer vorgezogen, so zu fahren?<br />

DANI PEDROSA: Das ist wohl etwas Natürliches, würde ich annehmen. Der Fahrstil, den man hat,<br />

der kommt auf natürliche Weise. Natürlich versucht man, sich zu verbessern, wenn etwas nicht gut<br />

ist, aber das kommt mit dem Fahrstil.<br />

An der Strecke wirkst du immer recht ruhig. Es gibt aber viele Geschichten, dass du ein sehr humorvoller<br />

Mensch bist, gerne viel lachst und Spaß mit Freunden hast. Ist der Unterschied zwischen<br />

dem professionellen Dani Pedrosa und dem privaten Dani Pedrosa wirklich so groß?<br />

Ja, es gibt einen. Jetzt wird der Unterschied aber immer kleiner und kleiner, denn ich werde etwas<br />

älter und entspannter. Ich glaube aber, es gibt immer einen klaren Unterschied, je nachdem, ob ich<br />

fahre oder nicht.<br />

Ich kann mich noch sehr gut an dein Debriefing nach dem Rennen in Brünn 2009 erinnern. Wir<br />

saßen in der Hospitality und im Fernsehen lief das 100 Meter Finale von der Weltmeisterschaft in<br />

Berlin. Während du Fragen beantwortet hast, hast du auch immer ein Auge auf den Fernseher<br />

gehabt. Nachdem Usain Bolt seinen Weltrekord gelaufen hatte, hast du dagesessen und warst<br />

ungefähr zehn Sekunden still. Beeindrucken dich Bestleistungen anderer Sportler und was beeindruckt<br />

dich am meisten?<br />

Ja, ich bin immer von anderen Athleten beeindruckt. Die Dinge, die sie leisten... Ich werde von Red<br />

Bull gesponsert und habe die Chance, einige andere Leute zu treffen, die mit ihnen arbeiten. Da<br />

kann ich sehen, was sie machen und was sie leisten. Es ist einfach unglaublich, wie verrückt die →<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 91


Leute rund um die Welt sind<br />

und was sie zustande bringen.<br />

Manchmal entstehen rein aus<br />

der Fantasie fantastische<br />

Dinge.<br />

Würdest du verstehen, wenn<br />

andere Leute sagen, was du<br />

auf einem Motorrad machst,<br />

ist verrückt?<br />

Das sagen sie normalerweise<br />

recht oft, ja. Aus meinem<br />

Blickwinkel würde ich aber<br />

sagen, andere sind verrückter<br />

als ich.<br />

Zurück zu deinen Leistungen.<br />

Du giltst als einer der besten<br />

Fahrer der Welt und fährst in<br />

einem der besten Teams der<br />

Welt. Kommt damit auch<br />

Druck oder zählt für dich nur<br />

der Druck, den du dir selbst<br />

machst?<br />

Mein eigener Druck zählt für mich mehr. Da<br />

geht es darum, was man tun will, wie man es<br />

tun will und der Rest liegt außerhalb deiner<br />

Kontrolle. Es geht mehr darum, was ich kontrollieren<br />

und bei mir tun kann, in meinem<br />

Kopf, beim Training, meine Vorbereitung, alles.<br />

Es geht nicht darum, was außerhalb meines<br />

Einflusses liegt.<br />

Du warst schon oft das Opfer von Pech, von<br />

Dingen, die außerhalb deiner Kontrolle lagen,<br />

die dich aus WM-Kämpfen warfen. Wie frustrierend<br />

war das für dich?<br />

Ja, es gibt auch eine harte Seite neben den Erfolgen.<br />

Aber man muss weitermachen, es gibt keine<br />

andere Wahl. Niemand entscheidet, wie viel<br />

Glück oder Pech man hat, aber man kann entscheiden,<br />

mit welcher Einstellung man mit dieser<br />

Situation umgeht. Das habe ich mit meiner<br />

Familie und all meinen Leuten, die mir helfen,<br />

gelernt. Ich habe sehr schlimme Momente erlebt<br />

und dann stehen sie hinter mir, geben mir die<br />

Kraft, wieder <strong>zurück</strong>zukommen und stark zu<br />

sein.<br />

Du bist bereits mehrfacher Weltmeister. Gibt<br />

es bestimmte Zutaten, die es braucht, um eine<br />

Weltmeisterschaft zu gewinnen?<br />

Talent, Arbeit, das Team und Wille.<br />

Gehört Glück auch dazu?<br />

Ja, Glück ebenfalls. Ohne Glück wird man es<br />

nicht schaffen.<br />

Du fährst auf einem der am besten entwickelten<br />

Motorräder der Welt. Kannst du jemandem,<br />

der nie mit so einer Maschine fahren wird,<br />

erklären, wie gut sich das anfühlt?<br />

Ich werde oft gefragt, was ich mache, wenn ich<br />

aufhöre. Ich weiß nie, was ich antworten soll,<br />

weil ich die Antwort nicht kenne. Wenn ich das<br />

gefragt werde, denke ich aber immer darüber<br />

nach, was ich tun werde, wenn ich wieder das<br />

Gefühl auf einem MotoGP-Bike haben will, es<br />

aber nicht erleben kann. Es ist einfach so<br />

unglaublich, aber ich denke darüber nach, mit<br />

welcher Tätigkeit ich dieses leere Gefühl auffüllen<br />

kann.<br />

Was ist das Beste daran, wenn man eine<br />

MotoGP-Maschine fährt?<br />

Für mich ist es die Beschleunigung der<br />

Maschine. Nicht so sehr die Kurvenfahrt, sondern<br />

der beste Teil auf der MotoGP-Maschine<br />

ist für mich, wenn man aus der Kurve kommt.<br />

Also wenn man rausfährt und Gas gibt?<br />

Ja. Die Slides machen auch Spaß, aber wenn<br />

man die Kraf t spürt, ist das am<br />

beeindruckendsten.<br />

Du willst stets gewinnen. Manchmal gibt es<br />

aber Rennen, die du nicht gewinnen kannst und<br />

wo du einfach nur mit einer bestimmten Position<br />

zufrieden sein musst. Wie schwer ist es für<br />

dich als Racer, wenn du diesen Schalter umlegen<br />

und dir sagen musst, ich muss jetzt diesen<br />

Platz nach Hause fahren?<br />

Ich denke, das ist für jeden ein wenig anders.<br />

Wenn du es hasst, zu verlieren, dann kannst du<br />

das unmöglich für dich akzeptieren. Manchmal<br />

gelingt dir alles oder du stürzt oder du wirst nur<br />

Zweiter, weil der andere Fahrer schneller ist als<br />

du. Die Tage danach sind verrückt, das steckt<br />

dir im Kopf und du willst sofort zum nächsten<br />

Rennen, um dieses Gefühl loszuwerden und<br />

Dani Pedrosa liebt<br />

die Beschleunigung<br />

wieder zu gewinnen.<br />

Brauchst du Druck, damit du stark sein<br />

kannst?<br />

Ich persönlich arbeite immer viel<br />

besser, wenn ich Druck habe,<br />

als wenn ich keinen habe. Ich<br />

brauche keine Technik, um<br />

den Druck loszuwerden.<br />

Ich bin daran gewöhnt, ich<br />

fühle mich mit Druck gut.<br />

Und wo nimmst du die Leidenschaft<br />

her, um dich<br />

anzustacheln?<br />

Die Leidenschaft? Ich weiß nicht. Die ist einfach<br />

da, seit ich ein Baby war.<br />

Wenn du den Helm aufsetzt, ist die Außenwelt<br />

ausgesperrt, du bist für dich. Was geht dann<br />

unter dem Helm vor, wenn du Gas gibst? Bist<br />

92 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Pedrosa ist auf und<br />

abseits der Strecke<br />

lockerer geworden<br />

Ich rede nicht, ich<br />

mache eigentlich<br />

nichts. Ich fühle<br />

nur, ich lebe den<br />

Moment, ich spüre<br />

meine Seele,<br />

die Freude. Das<br />

ist etwas, das ich<br />

momentan sonst<br />

nirgendwo erleben<br />

kann.<br />

du einfach nur konzentriert, trällerst du ein<br />

Liedchen, wenn es gut läuft, was passiert?<br />

Ich weiß nicht. Ich rede nicht, ich mache eigentlich<br />

nichts. Ich fühle nur, ich lebe den Moment,<br />

ich spüre meine Seele, die Freude. Das ist etwas,<br />

das ich momentan sonst nirgendwo erleben<br />

kann. Natürlich, wenn ich mit Familie und<br />

Freunden zusammen bin und eine tolle Zeit<br />

habe, ist das auch schön, aber ein völlig anderes<br />

Gefühl. Auf der Maschine bin ich alleine, es ist<br />

fast so, als ob ich das Adrenalin von meinem<br />

Körper brauche, wenn ich auf der Maschine bin.<br />

Du fährst gegen sehr starke Gegner, im Moment<br />

sind wohl Casey Stoner und Jorge Lorenzo die<br />

stärksten. Genießt du es, dass ihr euch gegenseitig<br />

antreibt? Macht dich das auch zu einem<br />

besseren Fahrer?<br />

Sicher. Ich denke, jeder auf diesem Level pusht<br />

die anderen, wenn man da noch zwei andere<br />

Fahrer hat, die genauso stark sind. Man wird<br />

dadurch einfach besser und besser.<br />

Repsol hat ein Video veröffentlicht, das dich<br />

beim Training in deinem Zuhause in der<br />

Schweiz zeigt. Du sagtest, du trainierst gerne<br />

auf dem Rad. Genießt du die Momente, wenn<br />

du alleine da draußen fährst und deinen Kopf<br />

frei bekommst?<br />

Ja, im Winter ist es völlig anders, da ist man<br />

völlig vom Rennsport weg. Während der Saison<br />

ist die Mentalität anders. Man muss es genießen,<br />

sonst wird es zu schwierig in einer so langen<br />

Karriere.<br />

Hilft dir das auch beim Abschalten, wenn du<br />

auf dem Rad deine Ruhe hast?<br />

Es hängt vom Moment ab. Manchmal ja, manchmal<br />

nein.<br />

Spanische Motorrad-Fans sind sehr leidenschaftlich.<br />

Du bist auf der ganzen Welt beliebt,<br />

in Spanien aber besonders. Wie sehr genießt<br />

du es, wenn du die Unterstützung der Fans<br />

spürst?<br />

Für mich ist es toll, so viele Leute zu sehen, die<br />

meine Kappe oder mein Leibchen tragen und<br />

ein Foto oder ein Autogramm haben wollen. Es<br />

ist natürlich unmöglich, alle glücklich zu<br />

machen. Sicher hat irgendwer keine Gelegenheit<br />

gehabt, mich zu treffen oder ich war in Eile.<br />

Aber es ist toll, wenn ich die Kinder und die<br />

Eltern sehe. Ich erinnere mich daran, als ich<br />

jung war. Es ist unglaublich, dass mir das passiert.<br />

Ich sehe mich da manchmal selbst und es<br />

ist toll.<br />

Wenn du lächelst, hast du ein sehr ansteckendes<br />

Lächeln...<br />

[lacht] Ja, das sagt jeder.<br />

Was braucht es, damit du wirklich lachen<br />

kannst?<br />

Ich weiß nicht, warum alle das sagen mit<br />

meinem Lachen. Ich muss annehmen, dass es<br />

stimmt. Ich hoffe, das hilft mir bei den Mädels<br />

weiter. Wenn ich mich gut mit den Leuten fühle,<br />

mit denen ich rede oder wenn ich einen guten<br />

Witz höre oder ein Rennen gewinne, dann lache<br />

ich. Irgendwie ist dann jeder glücklich, weil ich<br />

lächle. Ich habe das schon oft gehört. Vielleicht<br />

sollte ich einfach öfter gewinnen.<br />

Es gibt einige gute Spanier in der Weltmeisterschaft,<br />

Marquez, Vinales, Rins, um nur ein<br />

paar zu nennen. Was denkst du über sie?<br />

Das ist toll. Sie sind sehr talentiert, hart und<br />

sehr mutig. Sie werden alle in die MotoGP<br />

kommen und Spanien alle Ehre machen.<br />

Marc Marquez wird nächstes Jahr dein Teamkollege.<br />

Freust du dich darauf, mit ihm zu<br />

fahren?<br />

Im Moment freue ich mich über meinen neuen<br />

Vertrag, denn ich bin seit vielen Jahren bei<br />

Repsol Honda. Ein neuer Vertrag für zwei<br />

Jahre ist toll. Was meinen Teamkollegen<br />

betrifft, für ihn ist das natürlich sehr gut, aber<br />

für mich ändert das nicht viel.<br />

Wirst du Casey vermissen, wenn er nicht mehr<br />

da ist?<br />

Ich denke, jeder wird Casey vermissen. Er ist<br />

einfach so talentiert. Jeder genießt seine Slides<br />

und seinen Fahrstil. Er ist so natürlich und<br />

wirkt so getrieben, dass es einfach beeindruckend<br />

ist, ihm beim Fahren zuzusehen. Wenn<br />

man gegen ihn antritt, ist die Weltmeisterschaft<br />

interessanter und die WM ist dadurch lebendiger.<br />

Wir respektieren aber alle seine<br />

Entscheidung.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 93


CRT - Eine Bilanz<br />

Text: Falko Schoklitsch<br />

Desaster, gut, mittelprächtig? Die CRTs kurven seit etwas<br />

mehr als einer halben Saison auf den hinteren Rängen<br />

der MotoGP herum. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> zieht<br />

eine erste Bilanz.


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 95<br />

Fotos: milagro


In ihrem Debütjahr<br />

fahren die<br />

CRT-Maschinen<br />

hinterher<br />

CRT<br />

kommt nicht infrage.<br />

Dann bleiben wir lieber<br />

in der Moto2. Das Urteil<br />

von Marc VDS Teamchef Michael Bartholemy<br />

war gegenüber dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> eindeutig.<br />

Claiming Rule Teams, das war eine Idee,<br />

eine Hoffnung, eine schöne Vorstellung. Der<br />

Entwurf las sich ja auch nicht so schlecht. Die<br />

MotoGP sollte leistbar werden, das Feld sich füllen<br />

und auf diesem Weg dem Wohl aller gedient<br />

sein. Etwas mehr als eine halbe Saison mischen<br />

die von seriennahen Motoren befeuerten Prototypen-Chassis<br />

unter dem Hintern von mehr oder<br />

weniger verdienten Rennfahrern nun mit, die<br />

Bilanz fällt zwiespältig aus.<br />

Eine Sache ist in jedem Fall gelungen. Das Fahrerfeld<br />

ist wieder voller geworden. Gab es 2011 bei<br />

Verletzungen von Fahrern praktisch für jeden<br />

Starter Punkte und bei Ausfällen teilweise kaum<br />

zehn Fahrer im Ziel, so sind mittlerweile 21<br />

Maschinen am Start. IRTA-Präsident und Tech 3<br />

Yamaha Teamchef Herve Poncharal drückte es<br />

gegenüber dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> so aus: »Sie<br />

sind mehr als ein Erfolg. Wir haben die CRTs,<br />

denn, wie wir schon oft gesagt haben, sonst wären<br />

nur zwölf Maschinen im Feld. Jetzt haben wir dank<br />

CRT 21 Maschinen. Das ist für mich ein großer<br />

Erfolg.« Er musste hinzufügen, dass Fahrer wie<br />

Colin Edwards, Randy de Puniet oder Aleix Espargaro<br />

ohne CRT zuhause sitzen oder in anderen<br />

Klassen fahren würden.<br />

Alleine schon deswegen erachtete er das Experiment<br />

vorerst als gelungen. Auf der anderen Seite<br />

ist nicht zu verleugnen, dass Fahrer wie Edwards,<br />

de Puniet oder Espargaro aber auch in Regionen<br />

herumfahren, in denen sie normalerweise nie<br />

fahren sollten. Das Material ist gegen die Werks-<br />

Prototypen aus dem Hause Yamaha, Honda und<br />

Ducati einfach nicht konkurrenzfähig. Dazu sind<br />

die Entwicklungs-Möglichkeiten zu gering, vom<br />

Erfahrungs-Nachteil ganz zu schweigen. Während<br />

die Werke ausgefeilte Elektronik-Systeme haben,<br />

entwickeln die CRTs teilweise selbst oder müssen<br />

mit bei weitem nicht so ausgereiften ECUs (Electronic<br />

Control Units) fahren.<br />

Poncharal sah das aber nicht so problematisch.<br />

»Einige Leute waren voriges Jahr sehr negativ<br />

gegenüber CRT und sie sagten, es wird gefährlich<br />

und sie werden überrundet. Aber sie werden nicht<br />

wirklich überrundet, das ist nicht oft passiert. Die<br />

Rundenzeiten sind ordentlich. Es gab zwar ein<br />

paar Stürze, aber die beste CRT-Maschine war in<br />

Assen auf Platz acht. Randy de Puniet fuhr auf<br />

dem Sachsenring auch ein echt gutes Rennen.<br />

Sicher sind die Nicht-CRTs vorne, aber für mich<br />

gibt es nichts Schlechtes über die CRTs zu sagen.<br />

Sicher ist nichts perfekt. Ich will nicht sagen, das<br />

ist das Beste, was dem Planeten Erde passieren<br />

konnte, aber für mich hat CRT die gestellte Mission<br />

erfüllt.«<br />

Auch Dani Pedrosa war der Meinung, dass man<br />

die Claiming Rule Teams nicht vorverurteilen soll.<br />

»Diese Maschinen entwickeln sich noch und<br />

haben bislang nicht besonders viel Kraft. Wir wissen,<br />

dass es in diesem Jahr nicht das Ziel war,<br />

ebenbürtig mit den MotoGP-Maschinen zu sein.<br />

Es ist eine Innovation, die hilfreich dabei ist, mehr<br />

Fahrer im Feld zu haben und eine bessere Show<br />

zu bieten. Geben wir ihnen Zeit.«<br />

Die Frage, die sich stellt, ist allerdings, wie viel Zeit<br />

sie haben werden. FIM-Präsident Vito Ippolito<br />

hat zwar angekündigt, dass die CRTs auch 2013<br />

Fotos: milagro<br />

»Einige Leute waren<br />

voriges Jahr sehr<br />

negativ gegenüber<br />

CRT und sie sagten, es<br />

wird gefährlich und<br />

sie werden überrundet.<br />

Aber sie werden<br />

nicht wirklich überrundet,<br />

das ist nicht<br />

oft passiert.«<br />

weiter Teil der MotoGP sind, aber es ist fraglich,<br />

wer sich das antun will. So war Thomas Lüthis<br />

Manager und Teamchef Daniel Epp ähnlicher<br />

Meinung wie Bartholemy. »Ich habe nichts gegen<br />

das Konzept, aber für mich als Manager von Tom<br />

ist es so, dass ich den Fahrer aufs Abstellgleis<br />

manövrieren würde, wenn ich ihn da draufsetzen<br />

würde. Das kommt nicht in Frage. Das Konzept<br />

ist ein taktisches Konzept der Dorna, die versuchen<br />

will, den Grid zu vergrößern, weil es so<br />

wenige Bikes in der MotoGP gab. Es gefällt mir<br />

nicht, aber ich verstehe die Dorna, warum sie das<br />

so tut. Sie versuchen, die Klasse zu verändern.«<br />

CRT ist aber nicht nur eine Idee der Dorna, auch<br />

die FIM hat mitgemischt und Präsident Ippolito<br />

hat durchaus Pläne, um das Konzept weiterzuentwickeln,<br />

beziehungsweise zu transformieren. »Die<br />

MotoGP wird mit CRTs weitermachen, das Ziel<br />

ist es, dank Entwicklungs-Arbeit und passenden<br />

Regeln 2014 konkurrenzfähigere Maschinen zu<br />

bauen. Das Szenario wird sich ändern.« Es könnte<br />

sich unter anderem dadurch ändern, dass die Hersteller<br />

billige Replikas ihrer Werks-Maschinen<br />

96 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


liefern. Honda hat bereits angekündigt, ab 2014<br />

eine nicht ganz gleichwertige Kopie seiner Werks-<br />

Maschine um eine Million Euro zu verkaufen.<br />

Ippolito baute darauf, dass sich andere Hersteller<br />

anschließen werden. »Wir bei der FIM - und die<br />

Dorna stimmt zu - möchten die Hersteller davon<br />

überzeugen, diese berühmten Werks-Prototypen<br />

zu bauen, die in den 80ern und 90ern so gut funktionierten<br />

und den Bereich am Laufen hielten.<br />

Echte Rennmaschinen, konkurrenzfähig, aber<br />

nicht teuer. Das waren die 500cc-Jahre, aber das<br />

kann auch in der MotoGP funktionieren.«<br />

Aus<br />

diesem Grund haben<br />

Teams, Hersteller, Dorna<br />

und FIM in der Grand Prix<br />

Kommission auch intensiv wegen der zukünftigen<br />

Regeln verhandelt. Das Problem dabei ist klar:<br />

Honda, Yamaha und Ducati haben ihre 1000cc-<br />

Prototypen unter der Annahme gebaut, dass die<br />

Regeln für fünf Jahre einigermaßen stabil bleiben<br />

- dementsprechend sind auch die Projekte geplant<br />

und es wurde viel Geld ausgegeben. Poncharal gab<br />

aber noch anderes zu bedenken: »Es gibt viele<br />

Dinge, die man berücksichtigen muss. Es gibt<br />

potentielle neue Hersteller, die mit der Serie sprechen<br />

und interessiert sind. Wir müssen alle Anfragen<br />

zusammenfassen. Yamaha und Honda würden<br />

gerne für fünf Jahre alles so lassen, wie es ist.<br />

Ducati ist recht offen für Änderungen. Suzuki,<br />

Kawasaki, BMW und potentiell ein paar andere<br />

wie Aprilia denken über einen Einstieg nach. Aber<br />

sie hätten die Regeln gerne anders. Wir haben auch<br />

die CRTs im Feld und möchten die Lücke verkleinern.<br />

Es gibt also viele verschiedene Interessen,<br />

die man berücksichtigen muss. Entweder ist man<br />

ein Diktator und sagt, so wird es gemacht und der<br />

Rest ist mir egal oder man versucht, einen Konsens<br />

zu erzielen.«<br />

Aus seiner Sicht sollte es aber durchaus möglich<br />

sein, auf recht einfachem Weg eine 1000cc-Formel<br />

zu erschaffen, die in Zukunft für alle passend ist.<br />

»Die Moto3 hat 250cc, Viertakt und eine Einheits-<br />

ECU. Die MotoGP ist die vierfache Moto3, vier Mal<br />

250 ist 1000. Honda ist mit einer 250er und einer<br />

Einheits-ECU dabei und sie sind glücklich und es<br />

funktioniert. Warum kann man das, was in der<br />

Moto3 funktioniert, nicht für die MotoGP duplizieren?<br />

Es ist möglich. Warum akzeptiert man etwas<br />

für die Moto3, aber in der MotoGP ist es nicht<br />

akzeptabel? Es gibt also viele Sachen, die wir besprechen<br />

müssen. Wir versuchen, das so schnell wie<br />

möglich zu machen. Wir haben aber Zeit, wir müssen<br />

das nicht sofort entscheiden.«<br />

Die CRTs bleiben uns also noch länger erhalten,<br />

aber wohl nicht lange in der Form, wie wir sie bislang<br />

kennen. Das dürfte bei einigen für Aufatmen<br />

sorgen, wobei das nur dann der Fall sein dürfte,<br />

wenn die CRTs nicht mehr als reine Hinterbänkler<br />

mitfahren. Doch trotz der nicht gerade großen<br />

Konkurrenzfähigkeit haben die CRTs neben der<br />

Vergrößerung des Starterfeldes noch etwas Positives<br />

gehabt. Ein Talent wie etwa Danilo Petrucci hätte<br />

ohne sie wohl nur schwer oder über viele Umwege<br />

den Weg in die MotoGP gefunden. So aber fiel er<br />

Ducati auf und erhielt dort eine Chance mit einem<br />

Test, bei dem er sich bewies.<br />

Vor allem weil die Werke selbst gut einschätzen<br />

können, wie stark die CRT-Maschinen sind und<br />

was die Fahrer aus ihnen herausholen, bietet sich<br />

dort die Chance auf Höheres, wenn das fahrerische<br />

Talent stimmt. So sah das auch der Schweizer<br />

Dominique Aegerter, der gegenüber dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

meinte: »Ich glaube, wenn man auf<br />

einem CRT-Bike ansprechende Leistungen zeigt,<br />

gehen die Türen für einen Prototyp schnell auf.«<br />

Damit stehen die noch negativen Seiten auch ein<br />

paar positiven Dingen gegenüber. Für IRTA-Chef<br />

Poncharal war das Gesamtresümee daher auch<br />

eindeutig zweideutig: »Für mich funktioniert das.<br />

Sicher kann man es noch besser machen, aber das<br />

gilt für alles. Auf jeden Fall ist das weit davon entfernt,<br />

lächerlich zu sein.«<br />

»Diese Maschinen entwickeln<br />

sich noch und<br />

haben bislang nicht<br />

besonders viel Kraft. Wir<br />

wissen, dass es in diesem<br />

Jahr nicht das Ziel war,<br />

ebenbürtig mit den MotoGP-Maschinen<br />

zu sein.«<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 97


98 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


Fotos: milagro<br />

Geschmeidiger<br />

Kämpfer<br />

Andrea Dovizioso hat sich in der MotoGP-Saison 2012 neu gefunden und<br />

gezeigt, was er kann. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> hat mit ihm über ein Jahr<br />

gesprochen, in dem alles anders wurde.<br />

Text: Maria Pohlmann & Falko Schoklitsch<br />

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MSM: Du fährst gut, holst Podeste, zeigst gute<br />

Leistungen. War es das, was du dir vorgestellt<br />

hast, als du zu Tech 3 kamst?<br />

ANDREA DOVIZIOSO: Mein Gefühl, als ich<br />

hierher kam, war wirklich gut. Es war schön, mit<br />

viel Selbstvertrauen herzukommen. Ich bin mit<br />

den Leistungen zufrieden, ich hole Podeste und<br />

in Silverstone war die Pole drin. Ich bin mit dem<br />

Team und der Maschine zufrieden.<br />

Die Yamaha ist anders als die Honda. Wie weit<br />

bist du deiner Meinung, wenn es um das Meistern<br />

der M1 geht?<br />

Das ist unmöglich zu wissen. Der gute Punkt ist<br />

aber, dass ich schneller gute Ergebnisse hole als<br />

voriges Jahr. Ich spüre aber noch Luft nach oben,<br />

ich habe also das Gefühl, ich kann besser sein.<br />

Das gibt mir viel Selbstvertrauen.<br />

Die Ergebnisse sehen aber jetzt schon gut aus...<br />

Ja, niemand hatte diese Ergebnisse von mir auf<br />

der Kunden-Yamaha erwartet. Das ist etwas sehr<br />

Wichtiges für mich, denn ich bin immer Honda<br />

gefahren und wollte ihnen eigentlich auch treu<br />

bleiben. Ich bin wirklich glücklich, jetzt auf der<br />

Yamaha zu sitzen und echt gute Ergebnisse zu<br />

holen, die teilweise sogar besser sind als das, was<br />

ich letztes Jahr bei Honda erreicht habe. Das<br />

Team arbeitet super, das Bike ist gut und ich<br />

denke, meine Arbeitsstrategie ist gut genug, um<br />

diese Rennergebnisse zu erzielen. Im Training ist<br />

es immer schwierig für uns, aber wir arbeiten auf<br />

die Rennen hin und im Rennen kommen zum<br />

Glück auch die Resultate.<br />

Was könnte vielleicht am Bike noch verbessert<br />

werden, um noch näher an die Werks-Yamaha<br />

heranzukommen?<br />

Mein Motorrad ist sehr dicht an den Werksbikes<br />

dran. Ich bin also sehr glücklich über die Unterstützung<br />

von Yamaha. Sicherlich können wir uns,<br />

was die Ergebnisse angeht, auch mit dem Motorrad<br />

noch verbessern, das ist aber sehr schwierig.<br />

Besonders weil Tech 3 nicht wirklich eine Möglichkeit<br />

hat, das Bike weiterzuentwickeln. Wir<br />

geben nur unser Feedback ab und im Werksteam<br />

wird entwickelt.<br />

Was könntest du an dir verbessern?<br />

Der Fahrstil ist ein Punkt, den ich verbessern<br />

kann. Das ist aber sehr, sehr schwer, denn seinen<br />

Fahrstil zu verbessern, ist kompliziert und wir<br />

haben keine Zeit, um daran zu arbeiten. Während<br />

der Rennwochenenden muss man zwar arbeiten,<br />

aber man hat nie einen Tag dazu Zeit, um einfach<br />

das zu tun, was man gerne möchte. Außerdem<br />

denke ich, dass ich mein Training in den letzten<br />

beiden Jahren wirklich verbessert habe. Damit<br />

bin ich jetzt glücklich, aber ich muss noch immer<br />

Fotos: milagro<br />

100 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


näher an mein Limit gehen. Es ist noch nicht so<br />

leicht für mich, die ganze Zeit am körperlichen<br />

Limit zu sein, das ist aber etwas sehr Wichtiges,<br />

um ein richtig gutes Ergebnis in der Weltmeisterschaft<br />

einzufahren.<br />

Sowohl du als auch Cal Crutchlow sind gut<br />

unterwegs. Siehst du es als Vorteil, dass ihr euch<br />

gegenseitig antreibt?<br />

Ja, sicher. Das finde ich schon viele Jahre so.<br />

Wenn zwei sehr schnelle Fahrer im gleichen<br />

Team sind, dann ist das besser, hundertprozentig.<br />

Man kann leichter Fehler machen, aber man<br />

pusht auch mehr, das ist gut.<br />

Du bist vom Honda-Werksteam zu Tech 3<br />

gekommen. Wie unterschiedlich ist die<br />

Atmosphäre?<br />

Oh, das ist ein riesiger Unterschied. Ich hatte bei<br />

HRC eine echt nette Crew, aber alle Leute in diesem<br />

Team sind wie eine Familie. Sie arbeiten auch<br />

im Werk alle eng zusammen, daher kennen sie<br />

sich sehr gut. Das macht auch bei der Arbeit am<br />

Wochenende einen großen Unterschied.<br />

Abgesehen vom Hersteller-Wechsel bei dir gab<br />

es auch den Wechsel<br />

auf 1000cc. Hat das<br />

für dich auch einen<br />

Unterschied gemacht?<br />

Nicht wirklich. Oft<br />

vergesse ich, dass ich<br />

auf einer 1000er sitze.<br />

Es gibt beinahe keinen<br />

Unterschied zwischen<br />

den Maschinen.<br />

Liegt das daran, dass<br />

die Elektronik so eine<br />

große Rolle spielt?<br />

Die Elektronik ist<br />

gleich geblieben. Der<br />

Unterschied ist nur<br />

das Drehmoment des<br />

Motors. Aber es ist<br />

alles sehr ähnlich oder<br />

eigentlich gleich.<br />

Neben der Maschine<br />

wirkst du meist recht<br />

ruhig, auf der Maschine bist du ein echter Kämpfer.<br />

Gibt es zwei verschiedene Dovis, den neben<br />

und den auf der Maschine?<br />

Ich bin auf der Maschine ein Kämpfer, aber ich<br />

bin ein geschmeidiger Kämpfer, so wie mein<br />

Charakter. Das ist sehr ähnlich.<br />

Aber wenn du verteidigst oder angreifst, machst<br />

du das schon mit Nachdruck...<br />

Ja, ich bin gut auf der Bremse, ich kämpfe gerne,<br />

da bin ich stark. Aber wie ich die Maschine<br />

bewege, wie ich die Linien wähle, da bin ich<br />

weich und geschmeidig. Das ist so wie mein<br />

Charakter.<br />

Und wie sehr genießt du deine Arbeit?<br />

Dieses Jahr sehr. Voriges Jahr war ich in einem<br />

Team, wo ich die Ergebnisse erzielen musste und<br />

wenn man nicht das hundertprozentige Gefühl<br />

hat, dann ist es schwierig, das Ergebnis zu erreichen.<br />

Dieses Jahr hat niemand viel erwartet und<br />

mein Gefühl ist viel besser als erhofft. Daher<br />

kann ich das durchaus genießen.<br />

Wer wäre dein Lieblingsteamkollege?<br />

Mein Verhältnis zu Pedrosa ist gut, wir verstehen<br />

uns ziemlich gut. Eigentlich interessiert es mich<br />

nicht, wer mein Teamkollege ist, denn das trägt<br />

nicht zu meinem Rennergebnis bei und hat auch<br />

nichts mit der Entwicklung des Motorrads zu<br />

tun. Es ändert also nichts am Ergebnis oder am<br />

Team.<br />

Was ist dein größter Traum?<br />

Ich habe viele, nicht nur einen. Davon ist aber<br />

keiner unbedingt der Größte, aber sicherlich will<br />

ich unbedingt die<br />

MotoGP-Meisterschaft<br />

gewinnen. Das<br />

ist etwas, was ich<br />

wirklich will. Ich habe<br />

aber auch eine wirklich<br />

wunder volle<br />

Tochter, das ist etwas<br />

Besonderes für mich.<br />

Ich habe schon ein<br />

bisschen Angst davor,<br />

was wird, wenn sie<br />

älter ist, wie sie sein<br />

wird, was sie tun wird.<br />

Ich sollte darüber vielleicht<br />

nicht nachdenken,<br />

aber ich hoffe,<br />

dass sie einen starken<br />

Charakter hat und mit<br />

Charakter alles tun<br />

kann, was sie will. Das<br />

ist mir wichtig.<br />

»Ich bin gut auf<br />

der Bremse, ich<br />

kämpfe gerne,<br />

da bin ich stark.<br />

Aber wie ich die<br />

Maschine bewege,<br />

wie ich die Linien<br />

wähle, da bin ich<br />

weich und geschmeidig.«<br />

Hast du jemals darüber<br />

nachgedacht mit dem Rennsport aufzuhören,<br />

als deine Tochter geboren wurde?<br />

Nein, die Geburt meiner Tochter gab mir sogar<br />

noch mehr Motivation, bessere Ergebnisse einzufahren.<br />

Vielleicht liegt es daran, dass ich jung<br />

bin und ich nicht wirklich darüber nachdenke,<br />

was passieren könnte, wenn ich stürze, schwer<br />

verletzt bin und was dann mit meiner Tochter<br />

passiert. Ich will eine wichtige Person für meine<br />

Tochter sein. Wenn sie älter ist, kann sie sich<br />

meine Ergebnisse ansehen und zu mir aufblicken,<br />

darüber denke ich nach.<br />

Was würdest du sagen, wenn deine Tochter später<br />

auch Rennfahrerin werden will?<br />

Puh... wie ich schon zuvor gesagt habe, will ich<br />

sie wirklich nicht dazu zwingen, irgendetwas<br />

Bestimmtes zu tun. Ich möchte, dass sie das tut,<br />

was sie will und das mit Charakter. Man sieht nur<br />

wenige Mädchen oder auch Jungen mit echtem<br />

Charakter und das ist so wichtig im Leben.<br />

Wie oft trainierst du zu Hause?<br />

Viel. Ich glaube wirklich, dass das hilft und es<br />

macht mir auch Spaß. Ich fahre oft Fahrrad, gehe<br />

Laufen oder ins Fitnessstudio. Unglücklicherweise<br />

haben wir keine Möglichkeiten, um mit<br />

dem Motorrad zu trainieren. Meine Leidenschaft<br />

ist Motocross und ich fahre auch oft Motocross,<br />

aber das ist wirklich etwas ganz anderes als das<br />

Straßenmotorrad.<br />

Was ist für dich der perfekte Ausgleich zu den<br />

Rennen und zum Training?<br />

Ich liebe den Sport. Ich muss einfach Sport treiben,<br />

wenn ich das nicht mache, dann kann ich<br />

nicht entspannen. Dabei ist Motocross das Beste<br />

für mich, denn obwohl es wirklich hartes Training<br />

ist, bedeutet ein Tag mit Motocross für<br />

mich einen wichtigen Ausgleich.<br />

Was war das schlimmste Erlebnis während deiner<br />

Karriere?<br />

Der größte Sturz war 2005, das war echt hart.<br />

Die schlimmste Saison für mich war aber glaube<br />

ich 2006. Wenn man ein schlechtes Gefühl für<br />

das Motorrad hat, dann macht es dir das Leben<br />

schwer. Denn schließlich lebst du mit dem Bike<br />

und überhaupt kein anständiges Ergebnis auf<br />

die Reihe zu bekommen, war wirklich<br />

schwierig.<br />

Wo siehst du die Zukunft der MotoGP?<br />

Das kann niemand wissen. Es sieht so aus, als<br />

würden sich die Regeln 2014 sehr ändern. Wenn<br />

das passiert, müssen wir genau sehen, was sich<br />

ändert. Momentan will Carmelo [Ezpeleta]<br />

ziemlich viel ändern, aber die Hersteller wollen<br />

wieder etwas anderes. Wir müssen abwarten,<br />

was sie entscheiden.<br />

Du gibst deinen Motorrädern Namen. Wie heißen<br />

die beiden M1?<br />

Ich wechsle jedes Jahr. In dieser Saison heißen<br />

sie Lorita und Antonietta. Ich benenne sie<br />

immer weiblich. Mein Vater heißt Antonio und<br />

die weibliche Form davon ist eben Antonietta.<br />

Loris Reggiani ist ein ehemaliger Rennfahrer.<br />

Lorita habe ich ausgesucht, weil sie ihn in der<br />

Vergangenheit immer Lorita nannten.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 101


quo<br />

Text: Maria Pohlmann<br />

vadis<br />

Moto2?<br />

Ungläubige Gesichter in der Moto2: Leistung und<br />

Talent scheinen nichts mehr wert zu sein. Die<br />

Teams wollen lieber Cash sehen. Wohin soll das<br />

führen? Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> hat sich im<br />

Paddock umgehört.


www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 103<br />

Fotos: milagro


Geld regiert die Welt. Natürlich<br />

fahren auch Motorräder<br />

nicht ohne Sprit und Prototypen-Chassis<br />

können nicht<br />

ohne die nötigen finanziellen<br />

Mittel entwickelt werden,<br />

aber obwohl uns einige Fahrer wie Außerirdische<br />

vorkommen - sie brauchen Geld, um sich<br />

zu ernähren. Doch aktuell stecken einige Moto2-<br />

Piloten arg in der Klemme. So bangt zum Beispiel<br />

Claudio Corti um sein Budget. »Wir haben ziemlich<br />

große Schwierigkeiten. In Italien sieht es wirtschaftlich<br />

momentan sowieso schlecht aus, nicht nur bei<br />

den Sponsoren in unserem Sport«, gesteht er dem<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Momentan sei nicht einmal<br />

sicher, ob der Italiener im Italtrans Team das Ende<br />

der Saison noch miterlebt. »Das Team hat das Budget,<br />

um die Saison zu Ende zu fahren, aber wir<br />

Fahrer müssen ja immer bezahlen und es ist schwer,<br />

das Geld zusammen zu bekommen. Mir fehlen die<br />

Sponsoren«, gibt er zu bedenken. Dabei stand Corti<br />

in Le Mans bereits auf dem Podium und zeigte in<br />

der ersten Halbzeit 2012 definitiv weder schlechte<br />

Leistungen noch mangelnde Motivation.<br />

Es gibt aber tatsächlich Fahrer, die noch schlimmer<br />

dran sind. Anthony West war vor der Saison kurz<br />

davor, den Helm an den Nagel zu hängen. Alle<br />

Teams wollten nur Geld vom Australier sehen, das<br />

er schlichtweg nicht hat. »Ich dachte schon in diesem<br />

Jahr, dass ich keine Rennen mehr fahren kann,<br />

denn jedes Team will viel Geld vom Fahrer sehen,<br />

wirklich jedes! Ich habe aber keine Sponsoren aus<br />

Australien oder irgendwelches Geld. Ich fahre<br />

momentan kostenlos, ich werde also nicht bezahlt«,<br />

sagt der 31-Jährige ohne Umschweife. Jedes Moto2-<br />

Team wolle mindestens 300.000 Euro pro Saison<br />

sehen. Dabei meint West, dass er noch Glück hat,<br />

denn obwohl er gratis fährt, müsse er bei QMMF<br />

wenigstens nichts bezahlen. »Es ist wirklich schwer,<br />

für die Teams ist es hart und für die Fahrer ist es<br />

noch viel schwerer.«<br />

In der Moto2 ist Geld<br />

mehr wert als Speed<br />

Außerdem ist sich West sicher, dass beim Finanzproblem<br />

auch seine Herkunft eine Rolle spielt.<br />

Spanier hätten es da leichter. »Sie finden viel schneller<br />

Sponsoren, sogar Firmen, von denen man in<br />

Australien nicht mal ahnen würde, dass sie den<br />

Rennsport unterstützen würden«, sagt er. »Es gibt<br />

so viele seltsame spanische Sponsoren, aber in Australien<br />

ist das unmöglich. Selbst als ich MotoGP<br />

fahren sollte, konnte ich zu Hause keine Unterstützer<br />

finden, in der Moto2 ist das natürlich noch viel<br />

schwieriger.«<br />

Haben es die Spanier wirklich leichter? Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong><br />

geht der Sache auf den Grund und<br />

fragt bei den spanischen Moto2-Piloten nach.<br />

»Nein, ich habe Glück und einige Sponsoren, die<br />

mich und das Team unbedingt wollen. Ich denke<br />

und hoffe, dass es so weitergeht«, sagt Pol Espargaro.<br />

Selbst Sieger müssen<br />

in der Moto2 um ihren<br />

Platz bangen<br />

Auch Marc Marquez geht es recht gut. »Ich weiß,<br />

dass es momentan mit der Weltwirtschaftskrise<br />

schwierig ist. Dabei habe ich wirklich sehr, sehr viel<br />

Glück, denn ich habe große Sponsoren, die mir<br />

vertrauen. Ich gebe in jedem Training 100 Prozent,<br />

um vorne zu sein, das sehen sie gerne.« Toni Elias<br />

ist nach seiner Trennung vom Aspar Team zwar<br />

zunächst arbeitslos, musste sich aber auch noch<br />

nicht mit derartigen Sorgen rumplagen. »Unsere<br />

Situation ist gut«, heißt es.<br />

Viele Moto2-Fahrer würden es West gleichtun und<br />

auch ohne Gehalt an den Start gehen - aus purer<br />

Leidenschaft. »Ich bekomme zum Glück Geld und<br />

habe eine gute Vita, was mir sehr hilft. Vor vier oder<br />

fünf Jahren bin ich auch einmal ohne Bezahlung<br />

gefahren. Auch vor zwei Jahren habe ich das<br />

gemacht, als mein Team mich einfach nicht bezah-<br />

104 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com


len wollte«, erinnert sich Alex de Angelis. Espargaro<br />

ist es in der spanischen Meisterschaft genauso<br />

ergangen. »Dort gibt es nicht so viele Sponsoren<br />

wie hier [im GP-Fahrerlager] und es ist so schwierig,<br />

ein Team mit so wenig Geld aufzubauen.«<br />

Selbst Marquez würde das Risiko eingehen: »Es<br />

ist die Leidenschaft. Ein Motorrad zu fahren muss<br />

man einfach genießen und wenn man es richtig<br />

genießt, dann kommen die Ergebnisse von ganz<br />

alleine«, begründet er.<br />

Für Scott Redding steht hingegen fest: Ohne<br />

Gehalt ja, aber nicht drauflegen. Am Ende ist es<br />

das Leben des Briten, der in jedem Rennen ans<br />

Limit geht und seine Gesundheit aufs Spiel setzt.<br />

Dafür noch zu bezahlen käme für ihn nicht in<br />

Frage. »Das verstehe ich nicht. Ende 2009 war<br />

meine Karriere fast vorüber, weil ich nicht dafür<br />

bezahlen wollte, fahren zu können. Am Ende kam<br />

ich ins Marc VDS Team und das ist zum Glück<br />

super«, freut er sich.<br />

»Man weiß nie, was man tun muss«, meint Elias,<br />

der sich ohne Bezahlung aber trotzdem aus dem<br />

Fahrerlager <strong>zurück</strong>ziehen würde. »Wenn man<br />

fahren will und dafür kein Geld bekommt, dann<br />

muss man aufhören.« Mika Kallio betrachtet auch<br />

die Ursprünge der Geschichte. Schließlich sei jeder<br />

Pilot zu Beginn seiner Karriere nur aus Spaß<br />

gefahren und hatte das Motorradfahren nur als<br />

Hobby betrachtet. »Sicherlich können es sich<br />

einige Fahrer leisten, für umsonst zu fahren. In<br />

meinem Alter muss man aber so viele Dinge im<br />

Privatleben bezahlen. Es ist nicht so leicht, zu<br />

sagen, dass man gratis fährt, schließlich muss man<br />

Anthony West hat kein<br />

Geld, um einen Platz<br />

zu bezahlen<br />

seine Rechnungen begleichen. Wenn ich das entscheiden<br />

müsste, würde ich sagen, dass das<br />

momentan nicht möglich ist und ich mich dann<br />

nach etwas anderem umsehen müsste«, schätzt<br />

der 29-jährige Familienvater realistisch ein.<br />

Außerdem meint Kallio: »Das ist wirklich traurig<br />

und momentan auch etwas komisch im Fahrerlager,<br />

denn viele Teams denken, dass die Fahrer<br />

dafür bezahlen müssten, diese Bikes zu fahren und<br />

das ist wirklich dumm und genau das Gegenteil<br />

von dem, was es eigentlich sein sollte. Die Fahrer<br />

riskieren ihr Leben auf den Motorrädern und niemand<br />

will sie bezahlen.« Das sei aber auch Problem<br />

der Teams, weil die keine Sponsoren finden<br />

und die Fahrer nicht bezahlen könnten. »Ich<br />

denke aber auch, dass es ein Problem der Dorna<br />

ist. Sie müssen etwas tun, die Teams unterstützen;<br />

es kann so nicht weitergehen.« Der Finne ist überzeugt,<br />

dass das Niveau der Fahrer sinkt. »Wir<br />

haben Piloten, die zwar gut dafür bezahlen können,<br />

um hier zu fahren, die aber nicht auf dem<br />

Level der Weltmeisterschaft sind. Wenn die guten<br />

Fahrer keine Bezahlung bekommen, müssen sie<br />

aufhören und sich einen anderen Job suchen.<br />

Dadurch sinkt das Meisterschaftsniveau.« Das sei<br />

definitiv nicht der richtige Weg. Kallio selbst ist<br />

schon seit elf Jahren im GP-Zirkus und bemerkt<br />

daher, dass die Löhne im Vergleich zu früher<br />

extrem gesunken sind.<br />

Auch West ist sich darüber im Klaren, dass er<br />

dringend Sponsoren finden muss, wenn er 2013<br />

weiterfahren will. »Dann kann ich regelrecht aussuchen,<br />

für welches Team ich fahren will. Wenn<br />

Damals musstest<br />

du noch gute Ergebnisse<br />

bringen,<br />

um in einem guten<br />

Team unterzukommen.<br />

du Geld hast, kannst du in jedem Team fahren. Es<br />

ist anders als früher. Damals musstest du noch<br />

gute Ergebnisse bringen, um in einem guten Team<br />

unterzukommen. Heute findest du nur noch mit<br />

viel Geld ein gutes Team.«<br />

Die Situation ist klar und fest steht: So kann es nicht<br />

weitergehen. Aber wo setzt man an? »Eine Lösung<br />

wäre, dass Spanien aus der Krise rauskommt. Das<br />

ist allerdings ein weiter Weg. Ich bin ein Fahrer und<br />

muss mich zum Glück nicht ernsthaft mit solchen<br />

Dingen beschäftigen«, schätzt sich Espargaro<br />

glücklich. Auch de Angelis macht die weltweite<br />

Wirtschaft für die Sorgen der Moto2-Fahrer verantwortlich.<br />

»Ich weiß nicht, wie wir das verbessern<br />

können. Es ist schließlich nicht nur ein kleines<br />

Problem. Aber ich glaube, es ist nur eine vorübergehende<br />

Phase, wir müssen abwarten«, meint der<br />

Forward-Pilot. Allerdings findet der San Marinese<br />

es auch positiv, dass die Rennen regelmäßig im TV<br />

übertragen werden, wodurch mehr<br />

Sponsoren angelockt werden könnten<br />

als in weniger medienpräsenten<br />

Rennserien. Redding hält fest: »Überall<br />

fehlt das Geld, die Leute müssen bezahlen.<br />

Wenn sich die Weltwirtschaft verbessert,<br />

wird sich das sicherlich auch<br />

bei uns verbessern, aber wenn es so<br />

bleibt, dann wird sich auch hier nicht<br />

viel regen.«<br />

Fotos: milagro<br />

Auch Marc Marquez<br />

blickt besorgt auf die<br />

Entwicklung<br />

Kallio ist überzeugt, dass der Tiefpunkt<br />

in der Moto2 erreicht ist. Es könne also<br />

nur noch nach oben gehen. »Zurück zu<br />

den Standards, die wir vor ein paar Jahren<br />

hatten.« Wie schnell sich dieser<br />

Zustand einfinden wird, weiß er allerdings<br />

nicht. »Sicherlich wird es ein paar<br />

Jahre dauern. Ich denke sogar, dass es<br />

zehn Jahre brauchen könnte, um wieder<br />

dahin zu kommen, wo wir vor ein paar<br />

Jahren waren. Die Situation ist momentan<br />

nicht gut, keiner weiß, was passieren<br />

wird. Das Niveau sinkt, viele Teams<br />

nehmen nur die Fahrer mit Geld, die<br />

nicht auf dem gleichen Level sind.« Eine<br />

Lösung muss her, schnell.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 105


Fotos: ktm


Text: Maria Pohlmann<br />

Ready to Win<br />

Nach der ersten Hälfte der Moto3-Saison zieht KTM ein<br />

positives Fazit. Sandro Cortese könnte ktm sogar den<br />

ersten Titel in der neuen Kategorie bescheren. Das<br />

<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> wirft einen Blick auf die Rückkehrer.<br />

KTM mischt die neue Moto3 als<br />

Rückkehrer gehörig auf. Einen großen<br />

Anteil daran hat auch Testfahrer Joan<br />

Olive. Er arbeitet unermüdlich daran,<br />

die Maschine von Sandro Cortese<br />

weiter zu verbessern<br />

Zwei Siege, sieben weitere Podestplätze,<br />

fünf schnellste Rennrunden und vier<br />

Pole Positions können sich durchaus<br />

sehen lassen. Nach dem Wiedereinstieg<br />

in die Motorrad-WM weist KTM in der Moto3<br />

eine starke Bilanz zur ersten Saisonhalbzeit auf.<br />

»Wir sind glücklich über die Ergebnisse. Es war<br />

natürlich unser Ziel, an der Spitze zu sein, aber<br />

man weiß nie, wie die Rennen ausgehen und<br />

momentan stehen wir mit all diesen Podestplätzen<br />

und Siegen sehr gut da«, schätzt Testfahrer Joan<br />

Olive ein. »Wir müssen versuchen, dieses Niveau<br />

die ganze Saison zu halten und alle KTM-Fahrer<br />

weiter so motivieren wie bisher.«<br />

Für diesen Erfolg hatten sich die Österreicher<br />

mächtig ins Zeug gelegt. »Den ersten Test hatten<br />

wir im März 2011«, bestätigt Olive, der von<br />

Beginn an intensiv an der Entwicklung der neuen<br />

Maschine beteiligt war. Zunächst habe er nur<br />

einen Prototypen getestet, der mit dem aktuellen<br />

Moto3-Bike kaum noch etwas gemeinsam hätte.<br />

»Im ersten Teil des Jahres entwickelten wir den<br />

Rahmen. Dabei konzentriere ich mich immer<br />

darauf, zu versuchen, dass das Bike richtig gut<br />

einzulenken ist, denn beim Straßenrennen lenkst<br />

du ein, bevor du wieder Gas geben kannst und<br />

dabei ist auch die Stabilität des Bikes wichtig«,<br />

erklärt er. In dieser ersten Testphase wurde mit<br />

einem Motocross-Motor gefahren, da KTM das<br />

Moto3-Triebwerk erst im Sommer des letzten<br />

Jahres lieferte. »Es war nicht so leicht, wie es jetzt<br />

aussieht. Wir hatten Ende des Jahres vor der<br />

Weihnachtspause auch ein paar Probleme, aber<br />

alle Leute von KTM haben sehr hart gearbeitet<br />

und wir konnten 2012 mit einem starken Paket<br />

beginnen«, sagt der Spanier stolz.<br />

Allein Maverick Vinales, Romano Fenati und Louis<br />

Rossi konnten KTM auf der FTR Honda in den<br />

ersten neun Rennen die Stirn bieten. »Alle wissen,<br />

dass Honda eine sehr große Firma ist und sie viel<br />

Erfahrung aufweist. Sie haben wie wir ein sehr<br />

starkes Gesamtpaket und nach Estoril beobachteten<br />

wir zum Beispiel, dass sie ihren Top-Fahrern neue<br />

Motorenteile geliefert haben. Es scheint, als seien<br />

sie bereit, schnell zu reagieren«, hat der KTM-<br />

Testfahrer erforscht, der beim Portugal GP mit einer<br />

Wildcard einen noch tieferen Einblick erhielt. Den<br />

FTR-Rahmen schätzt Olive als Vorteil ein. »Sie<br />

haben ein sehr schmales Bike und es scheint, als sei<br />

das Handling einer der starken Punkte, genauso<br />

wie der Grip am Hinterrad. In Mugello haben wir<br />

gesehen, dass auch der Top-Speed passt.«<br />

Sandro Cortese steht nach zwei Rennsiegen und<br />

sechs Podestplätzen zur Saisonhalbzeit an der<br />

Spitze der Meisterschaft. »Sandro arbeitet sehr gut<br />

und sehr ruhig. Er hat eine Menge Erfahrung und<br />

ich kenne ihn schon seit vielen Jahren. Dieses Jahr<br />

ist bisher sein bestes. Er fühlt sich im Team richtig<br />

wohl und merkt, dass das Werk für ihn arbeitet<br />

und nach vielen Jahren in der Meisterschaft ist er<br />

mit dieser Situation glücklich. Er kämpft mit<br />

einem sehr guten und jungen Fahrer wie Maverick,<br />

aber wenn ich mich entscheiden müsste,<br />

dann würde ich die Erfahrung wählen und wir<br />

sahen in den letzten Rennen, dass Sandro immer<br />

sehr konstant ist«, urteilt Olive. Auch Danny Kent<br />

sieht der 27-Jährige als schnellen Fahrer an. Der<br />

Brite bestätigte dies mit einem Sprung aufs Treppchen.<br />

»Er hat einen guten Speed und mit etwas<br />

mehr Erfahrung wird er konstant an der Spitze<br />

sein. Er ist einer der Schnellsten in dieser Kategorie.«<br />

Der Dritte im Bunde ist Arthur Sissis. »Arthur<br />

hat alle mit seinen ersten Ergebnissen überrascht;<br />

er ist ein sehr talentierter Fahrer und ein perfekter<br />

Teamkollege für die anderen.« Niklas Ajo und<br />

Zulfahmi Khairuddin werden ebenfalls von KTM<br />

beliefert und haben laut Olive beide einen großen<br />

Schritt nach vorn gemacht. »Mittlerweile schaffen<br />

sie es in die Top-10 und ich hoffe, dass wir sie<br />

schon bald auf dem Podest feiern können.«<br />

Um die Chance auf den ersten Moto3-Titel zu wahren,<br />

sind sich die KTM-Jungs sicher, dass sie auch<br />

in der zweiten Saisonhälfte nicht nachlassen dürfen<br />

und weiter hart arbeiten müssen. Olive erklärt:<br />

»Nach dem Rennen in Mugello haben wir neue<br />

Teile getestet und bis Aragon werden wir weiter ans<br />

Rennteam denken, versuchen ihnen zu helfen und<br />

ihnen das geben, was sie brauchen, um diesen Level<br />

zu halten.« Aber schon bald beginnt in Österreich<br />

die Arbeit am Motorrad für 2013.<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 107


Fotos: WSBK


Ein Römer auf<br />

Text: Maria Pohlmann<br />

Titelfeldzug<br />

Max Biaggi hat es mit der Aprilia in diesem Jahr nicht leicht, aber er kämpft.<br />

Er kämpft um seine zweite Superbike-Krone und die römische Ehre - ganz nach<br />

dem Motto: Was wir zu Lebzeiten tun, hallt bis in die Ewigkeit.<br />

Ehre und Stärke. Genau diese Eigenschaften zeigt Max Biaggi<br />

- auch noch in der Saison 2012. Mit 41 Jahren hätten die<br />

meisten Fahrer ihren Helm längst an den Nagel gehängt,<br />

ein ruhiges Leben geführt und das verdiente Geld entspannt<br />

ausgegeben. Ein Römer wie Biaggi findet nach dem verlorenen Titel 2011<br />

in diesen Tagen aber erst wieder richtig zur Bestform <strong>zurück</strong>. Eine Dominanz<br />

wie im Superbike-Titeljahr 2010 gelingt ihm bisher allerdings nicht<br />

und das nicht nur, weil dem Römer die nötige Konstanz fehlt, sondern<br />

besonders aufgrund des starken Starterfelds. Dazu kommen Probleme<br />

mit seiner Aprilia. »Derzeit ist ein sehr harmonisches Gleichgewicht<br />

eingetreten, es gibt keinen Hersteller, der in irgendeiner Art und Weise<br />

hervorsticht«, formulierte es BMW Motorrad <strong>Motorsport</strong> Chef Bernhard<br />

Gobmeier. Dabei galt Biaggis Aprilia jahrelang als eine der stärksten<br />

Maschinen im Feld, doch speziell Kawasaki, Honda und BMW haben<br />

ordentlich nachgelegt und gefährden den römischen Durchmarsch.<br />

Vor Saisonbeginn stand Biaggi sogar allein auf dem Superbike-Schlachtfeld.<br />

Seine Crew wollte sich umorientieren, der Italiener musste nach<br />

neuen fähigen Leuten Ausschau halten, die die Teile seiner Aprilia zusammenhalten<br />

und ihm ein gutes Gesamtpaket hinstellen. Mit einem Sieg<br />

auf Phillip Island bewies er allerdings: Rot ist die Farbe der Götter. Denn<br />

auf seiner RSV4 dominierte Biaggi das erste Rennen - mit der neuen<br />

Crew. »Das Team ist neu, mein Geist ist frisch, meine Motivation groß<br />

und wir arbeiten gut zusammen. Die Aprilia ist ein tolles Bike, ich bin<br />

glücklich«, sagte er. Bis Großbritannien verzeichnete Biaggi nicht einen<br />

Ausfall, regelmäßige Podestplätze und sogar einen Doppelsieg in San<br />

Marino. Zäh und kampfeslustig baute er seine Führung aus, doch auch<br />

seine Gegner schliefen nicht.<br />

wertvolle Punkte mitnehmen, obwohl Melandri beide Rennen gewann.<br />

Das Tempo der Spitzengruppe konnte der Römer in der Tschechischen<br />

Republik nicht halten, die italienische Maschine machte ungekannte<br />

Probleme. »Ich war schon die ganze Zeit so am Limit als wäre es die letzte<br />

Runde. Wir konnten noch nicht ausfindig machen, was genau das Problem<br />

ist, denn Bike und Setup waren dem, was wir in Aragon genutzt haben,<br />

sehr ähnlich.«<br />

Staub und Schatten für Aprilia? Die Probleme nahmen ihren Lauf. Während<br />

Melandri weiter munter Punkte gutmachte, versuchte es Biaggis<br />

Team mit anderen Mitteln. Weniger als drei Minuten vor dem ersten<br />

Rennen in Silverstone schraubte die BMW-Crew noch an Melandris Reifen<br />

herum, das Aprilia Team bemerkte die Regelwidrigkeit und legte<br />

Protest ein. Die Italiener machten den Eindruck, als versuchten sie die<br />

Titelchance um jeden Preis zu wahren. »Die Rennleitung hat entschieden,<br />

den Fahrer Marco Melandri (Italien) mit einer schriftlichen Verwarnung<br />

und einer Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro zu belegen, da gegen Artikel<br />

1.19.7 verstoßen wurde.« Auch wenn die FIM die Entscheidung bestätigte<br />

- Aprilia hatte wenig davon, Biaggi war im ersten Rennen ausgefallen.<br />

»Das war bitter«, lautete sein Kommentar. Doch die Spiele gingen weiter.<br />

Dabei war ihm klar: Der Vorteil ist knapp, die Aprilia RSV4 Factory muss<br />

verbessert werden, damit sich Biaggi mit vier 250ccm-Grand-Prix-Titeln<br />

und zwei Superbike-Kronen in die Annalen der Weltmeisterschaft eintragen<br />

kann. Der Mann aus Latium wird kämpfen. Auf dass man sich<br />

seiner Taten in der Ewigkeit erinnert.<br />

In seinen schwachen Momenten schlug Hauptrivale Melandri zu, unter<br />

anderem in Brünn, auf einem der Lieblingskurse Biaggis. »Wir haben<br />

einige Probleme zu lösen. Es fühlt sich beinahe an, als würde ich auf einer<br />

anderen Strecke fahren und das ist seltsam, weil das Bike eigentlich nicht<br />

radikal verändert wurde seit dem letzten Rennen. Wir haben damit zu<br />

kämpfen in die Kurven zu kommen. Wir verlieren wirklich viel Zeit, aus<br />

ihnen rauszukommen. Vielleicht haben wir etwas im Setup vergessen«,<br />

rätselte der Italiener schon am ersten Tag. Mit Talent zum Überleben<br />

konnte Biaggi mit einem sechsten und einem vierten Platz trotzdem noch<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 107


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Der Traum vom<br />

Freestyle-Gold<br />

Text: Maria Pohlmann<br />

Dany Torres konnte die Red Bull X-Fighters 2011 nach Startschwierigkeiten für sich<br />

entscheiden. Das <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong> behielt den amtierenden Champ beim vorletzten<br />

Stopp der diesjährigen Tour in München genau im Auge.<br />

Die KTM 250 SX hebt vom Boden ab, Dany Torres<br />

lehnt sich mit dem Bike in der Luft nach hinten,<br />

klemmt beide Oberschenkel unter den Lenker und<br />

legt sich im Laufe der Rotation der Länge nach auf<br />

die Sitzbank seines Motorrads. Während er wieder<br />

in die Waagerechte kommt, greift er zum Lenker<br />

und setzt mit beiden Rädern der KTM sanft auf<br />

dem Boden auf. 30.000 Augenpaare verfolgen jede<br />

einzelne seiner Bewegungen atemlos und brechen<br />

im Münchner Olympiastadion in tosenden Jubel<br />

aus, als der Spanier wieder auf dem Dirt aufkommt.<br />

Seine Sprünge im Finale des Red Bull X-Fighters<br />

Tour-Stopp in München reichen zwar nur für Platz<br />

zwei, trotzdem kann sich Torres mit den gewonnen<br />

80 Punkten auf Rang drei der Klassifikation verbessern.<br />

»Dieses Jahr ist es wirklich schwer, denn<br />

ich wurde am Anfang des Jahres am Knöchel operiert.<br />

Nun fühle ich mich aber besser, ich würde<br />

sogar behaupten, dass ich in München wieder zu<br />

100 Prozent fit war. Jetzt will ich einfach mein Bestes<br />

geben«, erklärt er dem <strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>. Ziel<br />

Nummer eins sei allerdings nicht der unerbittliche<br />

Kampf um den Titel. »Ich will einfach Spaß haben<br />

und die Events genießen.«<br />

Vor einem Jahr konnte sich Torres die X-Fighters-<br />

Krone beim Finale in Australien aufsetzen. Doch<br />

auch 2011 hatte schwierig begonnen. »Denn ich<br />

bin beim Training zu Hause heftig gestürzt und als<br />

ich den Titel in Sydney dann gewinnen konnte, war<br />

das natürlich eine riesen Überraschung«, gestand<br />

er. Nach neun Jahren Freestyle Motocross feierte er<br />

damit seinen größten Erfolg. Vor seiner FMX-<br />

Karriere war der 25-Jährige bei Motocross- und<br />

Supercross-Rennen in Spanien angetreten und auch<br />

heute hält er der Heimat die Treue. Sein liebster<br />

Veranstaltungsort der Red Bull X-Fighters ist ohne<br />

Frage Madrid. »Für mich ist Las Ventas der beste<br />

Ort der Welt, denn das ist meine Heimat, da sind<br />

meine Fans und meine Familie. Das wird sich wohl<br />

nicht ändern«, lacht er. Torres tritt nur bei ausgewählten<br />

Veranstaltungen an. »Ich fahre in der spanischen<br />

Meisterschaft und einer anderen Show in<br />

Spanien mit, aber das war‘s dann neben den Red<br />

Bull X-Fighters auch schon.« Bei der Night of the<br />

Jumps war das Ausnahmetalent bisher nicht dabei.<br />

Warum weiß er selbst nicht genau. »Ich könnte mir<br />

aber gut vorstellen, da zu fahren, besonders weil<br />

mein bester Freund Maikel Melero dabei ist. Ich<br />

würde gern dabei sein.« Das Trick-Repertoire des<br />

KTM-Fahrers schreit auf jeden Fall nach einem<br />

Podest in der Weltmeisterschaft. Am liebsten<br />

springt er Flip-Kombinationen: »Der Bar Flip Double<br />

Grab ist der Beste!« Am härtesten sei aktuell der<br />

Double Backflip, den Torres fleißig übt. »Den trainiere<br />

ich schon eine ganze Weile. Ich bin ihn bisher<br />

aber nur im Foampit gesprungen und noch nie auf<br />

Dirt. Ich würde ihn gern mal zeigen.«<br />

Beim Training lässt sich Torres wahrlich nicht lumpen.<br />

Am liebsten würde er 24 Stunden am Tag auf<br />

seinem Bike verbringen. »In meiner Freizeit fahre<br />

ich mit meinem Bruder BMX und verbringe Zeit<br />

mit meiner Familie. Ich würde am liebsten in jeder<br />

Minute auf meinem Bike sitzen. Das ist natürlich<br />

schwierig, deshalb suche ich mir einfach einen Ausgleichssport«,<br />

erklärt er. Ein Leben ohne Motorrad<br />

kann sich der Freestyler aus El Arahal nicht vorstellen.<br />

»Keine Ahnung was ich ohne MX gemacht<br />

hätte. Ich habe mir über solche Dinge noch nie<br />

Gedanken gemacht. Ich wäre auf jeden Fall im<br />

<strong>Motorsport</strong> gelandet, vielleicht wäre ich sogar ein<br />

Straßenmotorrad gefahren.« Torres ist eben Motorradfahrer<br />

durch und durch. Vor einem Run versucht<br />

er, alle störenden Gedanken auszublenden.<br />

»Bevor ich beginne, denke ich maximal an den<br />

ersten Trick und konzentriere mich ganz auf meinen<br />

Run.« Ab und an denkt der erfahrene Spanier<br />

auch an die Gefahren im Freestyle-Sport. »Besonders<br />

wenn ich einen neuen oder anderen Trick<br />

mache, dann denke ich schon über das Risiko beim<br />

Freestyle nach.« Normalerweise versucht er aber,<br />

die Risiken auszublenden. »Wenn man in der Luft<br />

ist, denkt man sowieso an nichts.«<br />

Auch beim Lazy Boy Backflip im Münchner Olympiastadion<br />

denkt Torres wenig nach, er hat einfach<br />

Spaß. »Ich war zum ersten Mal in Deutschland und<br />

es gefiel mir wirklich. Ich hatte Zeit, in die Berge zu<br />

fahren, ich mag die Umgebung.« Nach seiner Bronzemedaille<br />

bei den X-Games 2011 hat Torres noch<br />

einen großen Traum, den er sich vor dem Münchner<br />

Publikum ab 2013 erfüllen könnte. »Ich würde<br />

gern eine Goldmedaille bei den X-Games gewinnen.<br />

Ich weiß, dass das sehr hochgegriffen ist, aber<br />

ich werde dafür wirklich hart trainieren.«<br />

Torres würde am<br />

liebsten 24h am<br />

Tag Motorrad<br />

fahren<br />

Dany Torres ist<br />

gerne in der<br />

Heimat<br />

Fotos: red bull content pool<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 111


James Hunt wusste<br />

nicht nur, mit einem<br />

schnellen Auto<br />

umzugehen...<br />

drahtesel<br />

Marussia-Pilot Timo Glock hat sein<br />

Fahrrad immer dabei<br />

Sauber arbeitet mit dem FC<br />

Chelsea zusammen - nur<br />

wie weiß keiner so genau<br />

112 www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com<br />

mclaren<br />

duell<br />

Lewis Hamilton und Heikki<br />

Kovalainen lieferten sich auch<br />

im kühlen Nass heiße Duelle<br />

ping pong<br />

Niki Lauda bewies auch an der<br />

Tischtennisplatte großes Geschick<br />

Fotos: adrivo/Sutton


olympia<br />

in der f1<br />

Egal ob beim Laufen, Schwimmen<br />

oder Radfahren - die Formel-1-<br />

Piloten sind auch ohne Olympia<br />

immer sportlich unterwegs.<br />

Damon Hill wagte sich<br />

1999 in Australien<br />

auf das Surfboard<br />

Michael Schumacher<br />

greift gerne einmal zum<br />

Tennisschläger<br />

spaSS<br />

am strand<br />

Rubens Barrichello wollte<br />

zumindest beim Beach<br />

Volleyball die Nummer 1 A<br />

bei Ferrari sein<br />

www.<strong>Motorsport</strong>-<strong>Magazin</strong>.com 113


Die zeit der<br />

champions naht:<br />

motorsport-magazin<br />

ausgabe 27 erscheint<br />

am 25.10.2012<br />

foto: mclaren<br />

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