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Innere Schulentwicklung in Bayern

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Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für<br />

Unterricht und Kultus<br />

<strong>Innere</strong><br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Aus der Praxis – für die Praxis


Die Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isteriums für Unterricht<br />

und Kultus am Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) vom<br />

Arbeitskreis »Schul<strong>in</strong>novation« erstellt.<br />

Leitung und Redaktion: Ralf Kaulfuß, ISB München<br />

Mitglieder:<br />

Eva M. Borns (Wilhelm-Sattler-Realschule Schwe<strong>in</strong>furt)<br />

Dr. Wolfgang Eckart (Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg)<br />

Christian Fritsche (Leopold-Ullste<strong>in</strong>-Realschule Fürth)<br />

Dr. Bernhard Gruber (Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen)<br />

Dr. Gerald Klenk (Johannes-Heim-Schule (GTH) Schwabach)<br />

Theodor Laugsch (Staatl. Berufsschule III BBZ Schwe<strong>in</strong>furt)<br />

Dieter L<strong>in</strong>ck (Hans-Sachs-Gymnasium Nürnberg)<br />

Dipl.-Psych. He<strong>in</strong>z Schlegel (Staatl. Schulberatungsstelle für Obb./West, München)<br />

Reane Strüb<strong>in</strong>g (Städt. Peter-Vischer-Schule Nürnberg)<br />

Dr. Ernst Wagner (Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht und Kultus, München)<br />

Ernst Weidl (Simon-Marius-Gymnasium Gunzenhausen)<br />

Franz Ziegler (Kaufm. Berufsbildungszentrum Würzburg)<br />

Gestaltung: Agentur2 GmbH, München<br />

Illustrationen: Manfred Leeb, Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen<br />

Fotos: Peter Bauernsachs (24, 27, 43, 46), Daniel Biskup (18, 20, 21, 57, 61, 63, 67, 73, 74),<br />

Klaus Brenn<strong>in</strong>ger (24, 25, 32, 34, 38, 49), Anton Fuchs (8, 11, 15, 16, 29, 74, 79),<br />

Walter Pichler/»forum schule heute« (82), Rolf Poss (24, 53, 82), bbw – Bildungswerk<br />

der Bayerischen Wirtschaft e. V. (83)<br />

Herausgeber: Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht und Kultus<br />

Dank gilt den Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen aus dem Staats<strong>in</strong>stitut für hilfreiche Unterstützung,<br />

<strong>in</strong>sbesondere Wolfgang Ambros, Sigrid B<strong>in</strong>der, Annemarie Hruza-Mayer,<br />

Dr. Franz Huber und Claudia Romer, ebenso Bett<strong>in</strong>a Rupp<strong>in</strong> (Maria-Theresia-Gymnasium<br />

München).<br />

Wegen der leichteren Lesbarkeit umfassen Bezeichnungen von Personengruppen<br />

<strong>in</strong> der Regel weibliche und männliche Personen.<br />

Die L<strong>in</strong>ks geben den Stand von Juli 2001 wieder.<br />

Für den Inhalt der L<strong>in</strong>ks wird ke<strong>in</strong>e Verantwortung übernommen.<br />

© Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht und Kultus, München 2001<br />

<strong>Innere</strong><br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Aus der Praxis – für die Praxis<br />

Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für<br />

Unterricht und Kultus


ZUM ANLIEGEN<br />

4<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Die vorliegende Publikation will knapp und konkret über zentrale<br />

Felder der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong> <strong>in</strong>formieren und damit e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

Diskussionsgrundlage schaffen. Vorhandene Aktivitäten<br />

an den Schulen sollen gestützt, möglichst viele Impulse zur weiteren<br />

Beschäftigung mit <strong>Schulentwicklung</strong> sollen ausgelöst werden. Deshalb<br />

fehlen verb<strong>in</strong>dliche Handlungsanweisungen oder »Rezepte« – <strong>in</strong>nerhalb<br />

des skizzierten Rahmens können Schulen unterschiedliche Wege<br />

gehen.<br />

Natürlich kann e<strong>in</strong> Orientierungsrahmen ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Vollständigkeit<br />

oder gleichmäßige Berücksichtigung aller Schularten beanspruchen.<br />

Für e<strong>in</strong>e umfassendere Beschäftigung liefern die Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

und L<strong>in</strong>ks erste Anregungen. Schulen brauchen auf ihrem<br />

Weg aber ebenfalls Beratung und Hilfe von außen. H<strong>in</strong>weise auf<br />

Unterstützungsangebote sowie Informationen über Ansprechpartner<br />

runden somit die Schrift ab.<br />

Das Anliegen der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong> wird nicht zuletzt durch<br />

die Bildungskongresse <strong>in</strong> allen Regionen <strong>Bayern</strong>s <strong>in</strong> die Schulen getragen.<br />

Die Dokumentationen zum Kongress <strong>in</strong> Augsburg (im April<br />

2000) und zu den Regionalkongressen ermöglichen vielfältige anregende<br />

E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> Aktivitäten von Schulen. Das <strong>Schulentwicklung</strong>sportal<br />

des Staatsm<strong>in</strong>isteriums (www.km.bayern.de/schulentwicklung)<br />

bietet den zentralen Zugang zu allen relevanten Informationen.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

INHALT<br />

Vorwort<br />

1 Was ist »<strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong>«?<br />

2 Standards für die <strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong><br />

3 Zentrale Handlungsfelder<br />

3.1 Vom Leitbild zum Schulprogramm<br />

3.2 Neue Lernkultur<br />

3.3 Schülerrolle<br />

3.4 Teamentwicklung im Kollegium<br />

3.5 Gesprächskultur<br />

3.6 Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule<br />

3.7 Mitwirkung und Mitgestaltung<br />

3.8 Öffnung der Schule<br />

3.9 Neue Medien<br />

4 Evaluation und Qualitätsentwicklung<br />

5 Unterstützung <strong>in</strong>nerer <strong>Schulentwicklung</strong><br />

5<br />

6<br />

8<br />

18<br />

24<br />

25<br />

32<br />

38<br />

43<br />

49<br />

53<br />

57<br />

63<br />

67<br />

74<br />

82


6<br />

VORWORT<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Unsere Gesellschaft und unsere Arbeitswelt erleben heute e<strong>in</strong>en<br />

tiefgreifenden Wandel. Der epochale Umbruch von der Industrie-<br />

zur Wissensgesellschaft stellt die Schule vor anspruchsvolle<br />

Aufgaben: Sie muss junge Menschen auf e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

dynamischen und komplexen Welt so vorbereiten, dass sie kompetent,<br />

flexibel und verantwortungsbewusst die Zukunft gestalten<br />

können. Sie muss Heranwachsenden fundiertes Wissen,<br />

klare Wertvorstellungen, Selbstständigkeit und Selbstvertrauen,<br />

Kommunikations- und Teamfähigkeit, Flexibilität und die Fähigkeit<br />

zu vernetztem Denken vermitteln.<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund verändern sich unsere Schulen. Auf der<br />

e<strong>in</strong>en Seite unterstützen strukturelle Maßnahmen diesen Wandel,<br />

wie etwa die E<strong>in</strong>führung der Sechsstufigen Realschule (R 6)<br />

oder der M- und P-Züge <strong>in</strong> der Hauptschule, die Veränderungen<br />

<strong>in</strong> der Stundentafel – z. B. des Gymnasiums –, der Umbau von<br />

Berufsschulen <strong>in</strong> Kompetenzzentren oder die Errichtung von<br />

Förderzentren im Bereich der Förderschulen. Auf der anderen<br />

Seite muss e<strong>in</strong> Wandel <strong>in</strong> den Schulen selbst e<strong>in</strong>setzen. Die sich<br />

selbst entwickelnde Schule ist das Ziel e<strong>in</strong>es solchen Prozesses.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> ist e<strong>in</strong> systemischer, strukturierter und<br />

auf Dauer angelegter Prozess <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>zelschulen. Jede Schule<br />

muss prüfen, wo ihre Stärken und Schwächen liegen; aus den<br />

Ergebnissen zieht sie die notwendigen Konsequenzen, entwickelt<br />

Perspektiven, probiert Neues aus. Kurz: Sie begreift sich<br />

als »lernende Organisation«.<br />

Solche Aktivitäten s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Selbstzweck; sie tragen vielmehr<br />

dazu bei, die Bildungs- und Erziehungsziele effizienter zu verwirklichen.<br />

<strong>Schulentwicklung</strong> hat immer Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler im Auge: Sie s<strong>in</strong>d es, die motivierter, erfolgreicher und<br />

nachhaltiger lernen sollen.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

E<strong>in</strong> Veränderungsprozess soll von der Eigen<strong>in</strong>itiative der Schule<br />

getragen werden, und das im Konsens aller am Schulleben<br />

Beteiligten. »Von oben« kann er nicht angeordnet, aber er kann<br />

unterstützt und anerkannt werden, z. B. dadurch, dass der<br />

Handlungsspielraum der Schulen erweitert wird. So wird e<strong>in</strong>e<br />

selbst verantwortete Profilierung möglich. Erst e<strong>in</strong> größerer<br />

Freiraum lässt an den e<strong>in</strong>zelnen Schulen die Kompetenzen<br />

wirksam werden, die bei Lehrern, Eltern und <strong>in</strong> ihrem Umfeld<br />

vorhanden s<strong>in</strong>d: Vor Ort können die unterschiedlichen Anforderungen<br />

und Problemlagen am besten bewältigt werden. Hier<br />

wird die Verknüpfung von <strong>in</strong>nerer <strong>Schulentwicklung</strong> und<br />

Gesellschaftsentwicklung sichtbar: E<strong>in</strong>e »aktive Bürgergesellschaft«<br />

baut auch auf Mitbeteiligung und Mitwirkung im schulischen<br />

Bereich.<br />

So gesehen ist <strong>Schulentwicklung</strong> ke<strong>in</strong>e zusätzliche, sondern<br />

eigentlich e<strong>in</strong>e genu<strong>in</strong>e Aufgabe und e<strong>in</strong> Kernanliegen aller<br />

Lehrkräfte: Das Streben nach Verbesserung der Unterrichtsqualität<br />

ist e<strong>in</strong> unverzichtbarer Teil ihrer Professionalität, gleichzeitig<br />

e<strong>in</strong>e wesentliche Garantie für Anerkennung und Berufszufriedenheit.<br />

Unterrichtsentwicklung kann allerd<strong>in</strong>gs nicht isoliert<br />

erfolgen – Qualität <strong>in</strong> diesem Bereich bedarf geeigneter flankierender<br />

Maßnahmen <strong>in</strong> der Schulorganisation und <strong>in</strong> der Personalentwicklung<br />

(z. B. Teamarbeit).<br />

Damit ist ke<strong>in</strong>e Pauschalkritik am bisher Erreichten verbunden:<br />

Schule hat sich immer an Qualität orientiert weiterentwickelt,<br />

viele Lehrkräfte haben sich hervorragend engagiert, Bewährtes<br />

soll beibehalten und stabilisiert werden. Aber das Bemühen,<br />

besser zu werden, erhält im Konzept der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong><br />

e<strong>in</strong>e neue Qualität.<br />

Monika Hohlmeier,<br />

Bayerische Staatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> für Unterricht und Kultus<br />

7


1<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />

1. Was ist »<strong>in</strong>nere<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>«?<br />

Der Begriff »<strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong>« wird als Oberbegriff<br />

verwendet, wenn es um langfristig angelegte Projekte geht, die<br />

zu e<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung der jeweiligen Schule als<br />

Ganzes führen. Dabei wird vor allem der rapide Wandel <strong>in</strong> Wirtschaft<br />

und Gesellschaft als Auslöser für diese Prozesse gesehen.<br />

Im Mittelpunkt steht die fortlaufende Steigerung der Qualität<br />

von Schule und Unterricht: Sie ist das eigentliche Kernthema<br />

9<br />

Schule als Ganzes


Leitbild und<br />

Schulprogramm<br />

Lernen im Team<br />

Was ist das? <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

von <strong>Schulentwicklung</strong>, die sich stets daran messen lassen muss,<br />

ob sie die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler erreicht. Es gilt, diese optimal<br />

zu fördern, Orientierungen zu schaffen und die Eigenverantwortung<br />

aller Beteiligten zu stärken.<br />

E<strong>in</strong>e so verstandene <strong>Schulentwicklung</strong> kann nicht als Reform<br />

von oben verordnet werden. Zu den Leitideen von <strong>Schulentwicklung</strong><br />

zählt, dass von der e<strong>in</strong>zelnen Schule her gedacht wird:<br />

Die Schule ist der Motor (Per Dal<strong>in</strong>), sie muss deshalb gestärkt<br />

werden. <strong>Schulentwicklung</strong> f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> der Schule statt: nur dort –<br />

oder überhaupt nicht. Anders gesagt: Wandel kann nicht angeordnet,<br />

sondern nur ermöglicht werden. Dazu gehört es, dass<br />

sich Kollegium und Leitung e<strong>in</strong>er Schule unter E<strong>in</strong>beziehung<br />

von Eltern und Schülern über ihre pädagogischen Grundsätze<br />

verständigen und sie zu e<strong>in</strong>em Leitbild und Schulprogramm bündeln<br />

(vgl. Kapitel 3.1). Diese s<strong>in</strong>d somit Ausdruck des geme<strong>in</strong>samen<br />

Verständnisses über Zielsetzungen, die die Schule verfolgt.<br />

Beide dienen als Richtschnur für das alltägliche Handeln. Mit<br />

Leben erfüllt werden e<strong>in</strong> Leitbild oder e<strong>in</strong> Schulprogramm also<br />

nur, wenn e<strong>in</strong> Kollegium wirklich »dah<strong>in</strong>ter steht«.<br />

E<strong>in</strong> zweiter Grundgedanke ist: <strong>Schulentwicklung</strong> ist e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />

Aufgabe aller Lehrkräfte. In ihr zeigt sich ihr verantwortungsvolles<br />

und professionelles Handeln, da sie wissen, dass man<br />

als E<strong>in</strong>zelner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em System, wie es die Schule darstellt, nichts<br />

wirklich verändern kann. Geme<strong>in</strong>sames Vorgehen ist angesagt.<br />

So gesehen gehören auch die mit <strong>Schulentwicklung</strong> verbundenen<br />

Innovationsaufgaben zu den genu<strong>in</strong>en Aufgaben der Lehrkräfte.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs müssen sie sich für die z. T. neuen Aufgaben<br />

qualifizieren, am besten dort, wo die Probleme entstehen: am<br />

Arbeitsplatz Schule, der – so verstanden – auch zunehmend zum<br />

Lernort für Lehrkräfte wird. Geme<strong>in</strong>sames Lernen im Team, ob<br />

<strong>in</strong> der Fachschaft, im Klassenteam oder im ganzen Kollegium,<br />

bekommt damit immer mehr Gewicht.<br />

10<br />

Schule im Umbruch<br />

Globalisierung: TIMSS-Schock<br />

Medien- und<br />

Konsumgesellschaft<br />

➔<br />

geändertes Lernverhalten<br />

von Schüler(n)/<strong>in</strong>nen<br />

➔<br />

BILDUNG<br />

UND ERZIEHUNG<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

High Tech/neue Anforderungen<br />

am Arbeitsplatz<br />

➔<br />

»Wissensexplosion«<br />

Arbeitsmarkt: Wettbewerb,<br />

Flexibilität, Mobilität<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />

Teambildung im Kollegium<br />

(am Beispiel e<strong>in</strong>er größeren Schule)<br />

Gesamtkollegium<br />

Fachteams<br />

(Fachschaften)<br />

Koord<strong>in</strong>ierungs-/<br />

Steuergruppe<br />

(mit Schulleitung)<br />

Klassenteams<br />

(ca. 3 Lehrkräfte)<br />

Unter dem Gesichtspunkt von <strong>Schulentwicklung</strong> wird es deshalb<br />

immer wichtiger, dass Lehrerfortbildung <strong>in</strong> die Schule geht,<br />

zu den Kollegien: schul<strong>in</strong>terne Lehrerfortbildung (SCHILF). Das<br />

heißt aber auch, dass jede Schule e<strong>in</strong> eigenes Fortbildungskonzept<br />

sowie e<strong>in</strong>en eigenen Fortbildungsetat braucht und folglich e<strong>in</strong>e<br />

eigene Nachfrage entwickelt nach passgenauen Team-Fortbildungen<br />

ebenso wie nach »schul<strong>in</strong>dividueller« Beratung, nach<br />

Betreuung (Coach<strong>in</strong>g), nach Prozessbegleitung.<br />

11<br />

Fortbildungskonzept


Unterstützungsrahmen<br />

Feedback und Evaluation<br />

Beispiel<br />

Unterrichtsevaluation:<br />

Unterrichtsevaluation muss …<br />

➔ e<strong>in</strong>fach zu handhaben se<strong>in</strong><br />

und mit ger<strong>in</strong>gem Zeitaufwand<br />

zu bewerkstelligen se<strong>in</strong>,<br />

➔ den Lehrkräften dabei<br />

helfen, die Wahl ihrer Unterrichtsmethoden<br />

besser<br />

begründen und vertreten zu<br />

können,<br />

➔ die Sichtweise von<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern<br />

e<strong>in</strong>beziehen.<br />

Ziel: Auf Grundlage von Daten<br />

den Unterricht reflektieren und<br />

gezielt verbessern.<br />

Felder der <strong>in</strong>neren<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

Was ist das? <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Damit verändert sich auch der Unterstützungsrahmen von Schule.<br />

Standen bisher der e<strong>in</strong>zelne Lehrer bzw. die e<strong>in</strong>zelne Lehrer<strong>in</strong> im<br />

Blickpunkt der Angebote beispielsweise der Lehrerfortbildung,<br />

so muss sich jetzt e<strong>in</strong>e Angebotsstruktur entwickeln, die auf die<br />

Schulen und ihre je unterschiedlichen Bedürfnisse zugeschnitten<br />

ist. Da <strong>Schulentwicklung</strong> »vor Ort« stattf<strong>in</strong>det, muss diese Unterstützung<br />

regional angesiedelt se<strong>in</strong> und e<strong>in</strong> ganzes Bündel von<br />

Angeboten bereit halten (vgl. auch Kapitel 5).<br />

In e<strong>in</strong>er Schule, die Qualitätsverbesserung im Auge hat, müssen<br />

Feedback und Evaluation Bestandteil der Arbeitskultur werden<br />

(vgl. Kapitel 4). Bei »Feedback« geht es um den Aufbau e<strong>in</strong>es<br />

Systems von Rückmeldungen, die Auskunft darüber geben, wie<br />

gut oder schlecht das ist, was Lehrer gerade tun, oder wie es<br />

ankommt.<br />

Dabei ist e<strong>in</strong> pädagogischer Qualitätsbegriff zu entwickeln, der<br />

nicht nur den »Input« (<strong>in</strong> Form von Ressourcen, Organisation<br />

etc.) und die Lernleistungen als »Output« erfasst, sondern auch<br />

und besonders die »dazwischenliegenden« Prozesse (z. B. wie im<br />

Unterricht gelernt wird). Maxime sollte se<strong>in</strong>, dass die Qualitätsarbeit<br />

bei den Lehrkräften selbst praxisnah und <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Schritten<br />

e<strong>in</strong>setzt. Selbstevaluation heißt somit nichts anderes, als<br />

dass Lehrer ihre E<strong>in</strong>stellungen und ihre eigene Praxis beleuchten<br />

und reflektieren, um (noch) besser zu werden. Externe Evaluation<br />

liefert weitere wertvolle H<strong>in</strong>weise aus der Sicht von außerhalb<br />

und hilft so, »bl<strong>in</strong>de Flecken« <strong>in</strong> der Wahrnehmung zu<br />

schließen.<br />

Aus alldem ergibt sich, dass sich auch Schulleitung und Schulaufsicht<br />

teilweise neu orientieren müssen. Deutlich stärker als bisher<br />

gehört zu den Aufgaben der Schulleitung die Förderung der<br />

Teamarbeit im Kollegium ebenso wie die engagierte Unterstützung<br />

von <strong>in</strong>nerschulischen Reformprojekten. So wird es künftig<br />

vermutlich zu den selbstverständlichen Erwartungen gehören,<br />

dass e<strong>in</strong>e Schulleitung oder e<strong>in</strong> Schulrat neue D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> die Wege<br />

leiten und dabei über das entsprechende Know-how (z. B. <strong>in</strong><br />

Form von Projektmanagement) verfügen. Nicht zuletzt gehört<br />

auch die Öffnung der Schule durch die E<strong>in</strong>beziehung von Eltern,<br />

Stadtteil, Wirtschaftsbetrieben und Vere<strong>in</strong>en zu ihren zentralen<br />

Aufgaben.<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>, die Qualitätsverbesserung im S<strong>in</strong>n hat, muss<br />

verschiedene Bereiche im Auge haben. Hier erfolgt e<strong>in</strong>e Konzentration<br />

auf die drei Felder Personalentwicklung, Unterrichtsentwicklung<br />

und Organisationsentwicklung (vgl. Grafik). Pr<strong>in</strong>zipiell<br />

s<strong>in</strong>d alle drei Bereiche gleich wichtig, stehen sie doch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

12<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />

systemischen Zusammenhang. Letztlich steht jedoch die Weiterentwicklung<br />

des Unterrichts im Mittelpunkt: Unterricht ist der zentrale<br />

Ort für Erziehung und Lernen – dem eigentlichen Zweck von<br />

Schule. Was enthalten nun die drei Begriffe im E<strong>in</strong>zelnen?<br />

Schule als lernende Organisation<br />

Die drei Felder der <strong>Schulentwicklung</strong><br />

➔<br />

Organisationsentwicklung<br />

UNTERRICHTS-<br />

ENTWICKLUNG<br />

Personalentwicklung<br />

Unterrichtsentwicklung zielt auf e<strong>in</strong>en verbesserten, nachhaltigen<br />

Lernerfolg, ohne die Persönlichkeitsbildung und <strong>in</strong>dividuelle<br />

Förderung aus den Augen zu verlieren. Daher muss nicht nur<br />

die Art und Weise des Lehrens und Lernens überprüft und an<br />

den Erkenntnissen der Wissenschaft orientiert weiterentwickelt<br />

werden – gleichermaßen stehen auch die Inhalte des Unterrichts<br />

auf dem Prüfstand:<br />

➔ Welches (Grund-)Wissen benötigen Jugendliche, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

zunehmend komplexeren Welt bestehen und diese gestalten zu<br />

können?<br />

➔ Welche Handlungskompetenzen, die <strong>in</strong> wichtigen Anwendungssituationen<br />

sachgerechtes Handeln ermöglichen, und welche<br />

Metakompetenzen, die zur Selbstreflexion befähigen, sollen<br />

gelernt werden?<br />

➔ Welche Themen oder Gegenstände bieten die besten Ansatzpunkte<br />

für Werteerziehung und personale Bildung?<br />

➔<br />

13<br />

Unterrichtsentwicklung


Organisationsentwicklung<br />

Personalentwicklung<br />

Was ist das? <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Der Fragenkatalog ließe sich unschwer fortsetzen. E<strong>in</strong>e grundsätzliche<br />

Orientierung <strong>in</strong> diesen Fragen bieten Lehrpläne, Handreichungen<br />

usw. Trotzdem bleiben für das Kollegium oder für<br />

Fachschaften vor Ort große Gestaltungsaufgaben, wenn es etwa<br />

darum geht, geeignete Verfahren zur Vermittlung »<strong>in</strong>telligenten<br />

Wissens« abgestimmt zu erproben, den Handlungs- und Praxisbezug<br />

des Lernens zu verstärken oder eigenverantwortliches,<br />

selbstständiges Lernen durch Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und Unterrichtsformen<br />

wie Freiarbeit, Wochenplanarbeit und Projektarbeit<br />

zu fördern. Konsequenz ist die Entwicklung e<strong>in</strong>er neuen Lernkultur<br />

<strong>in</strong> allen Fächern, die dem ganzheitlichen Bildungsbegriff<br />

verpflichtet ist.<br />

Organisationsentwicklung geht davon aus, dass auch Organisationen<br />

lernen können. Auf die Schule übertragen heißt das, dass<br />

sich e<strong>in</strong> Kollegium zusammensetzt, um geme<strong>in</strong>same Ziele zu<br />

formulieren: Wo wollen wir h<strong>in</strong>? Worauf zielt unsere Tätigkeit?<br />

Dies kann z. B. <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Leitbildes geschehen, das wiederum<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Handlungsprogramm – auch Schulprogramm genannt<br />

– übertragen werden muss. Wurden die Ziele im Laufe<br />

e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit erreicht? Hier setzt die Evaluation an, die<br />

dies durch geeignete Methoden herauszuf<strong>in</strong>den sucht. Zur Organisationsentwicklung<br />

gehört aber ebenfalls die gezielte Elternarbeit<br />

e<strong>in</strong>er Schule. Grundlegend ist stets die systematische E<strong>in</strong>beziehung<br />

aller Beteiligten. Von großer Bedeutung ist natürlich<br />

auch die Gestaltung der äußeren Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, etwa<br />

der Ausstattung der Schule, des f<strong>in</strong>anziellen Budgets, ebenso die<br />

Umsetzung zentraler Richtl<strong>in</strong>ien und Vorgaben.<br />

Personalentwicklung zielt darauf, Menschen für die Arbeitsweise<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er »lernenden Organisation« zu gew<strong>in</strong>nen und fortzubilden.<br />

E<strong>in</strong>e Organisation kann nicht ohne die <strong>in</strong> ihr arbeitenden<br />

Menschen weiterentwickelt werden, denn nur Menschen können<br />

Organisationen verändern. Dazu müssen sie von ihrer<br />

Haltung her bereit und motiviert se<strong>in</strong>, sich aber auch gegenüber<br />

den neuen Aufgaben gerüstet fühlen.<br />

Die Personalentwicklung <strong>in</strong> der Schule beg<strong>in</strong>nt deshalb mit der<br />

Weiterqualifizierung für neue Aufgaben und bezieht dabei das<br />

Lernen <strong>in</strong> Teams mit e<strong>in</strong>. So gesehen, ist schul<strong>in</strong>terne Lehrerfortbildung<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Personalentwicklung. H<strong>in</strong>zu kommen<br />

Mitarbeitergespräche (mit Zielvere<strong>in</strong>barungen), Hospitationen<br />

(wechselseitige Unterrichtsbesuche) durch Kolleg<strong>in</strong>nen und<br />

Kollegen und Supervision (im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er professionellen Reflexion<br />

der eigenen Arbeit). Auch an der Auswahl neuer Kolleg<strong>in</strong>nen<br />

und Kollegen wird sich die Schule zunehmend beteiligen.<br />

14<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />

Ohne e<strong>in</strong>e Veränderung von Rahmenbed<strong>in</strong>gungen ist Personalentwicklung<br />

also nicht möglich.<br />

In der Praxis lassen sich die dargestellten Bereiche der <strong>Schulentwicklung</strong><br />

nicht trennen. E<strong>in</strong>e <strong>Schulentwicklung</strong>, die im Verlauf<br />

des Prozesses nicht auch den »normalen«, täglich Schulstunde<br />

für Schulstunde stattf<strong>in</strong>denden Unterricht erreicht, verdient diesen<br />

Namen nicht. Folglich gilt: E<strong>in</strong>e Personalentwicklung, die<br />

den Unterricht aus den Augen verliert, wird zu kurz greifen.<br />

Gleichermaßen wird e<strong>in</strong>e Modernisierung des Unterrichts bald<br />

an ihre Grenzen stoßen, wenn sie sich alle<strong>in</strong> am Geschehen im<br />

Klassenzimmer orientiert und die anderen Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren<br />

ausklammert. Neue Formen des Lehrens und Lernens erfordern<br />

nun e<strong>in</strong>mal über kurz oder lang flexiblere Organisationsstrukturen<br />

der Schule.<br />

Bilanziert man die Erfahrungen, die <strong>in</strong> den letzten Jahren mit<br />

<strong>Schulentwicklung</strong> gemacht wurden, so spricht vieles dafür, dass<br />

die den größten Erfolg versprechende »Schlüsselstrategie« <strong>in</strong><br />

der Unterrichtsentwicklung zu suchen ist. Hier setzt das Konzept<br />

der Pädagogischen <strong>Schulentwicklung</strong> an: Sie stellt die Modernisierung<br />

des Unterrichts mit dem Ziel e<strong>in</strong>er Ausgestaltung der Lernkultur<br />

e<strong>in</strong>er Schule an den Anfang aller Bemühungen. Dabei soll<br />

das eigenverantwortliche Lernen und Handeln der Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler systematisch gefördert werden. Zur <strong>Schulentwicklung</strong><br />

wird dieser Ansatz dadurch, dass er auf die Lernkultur und<br />

das soziale Klima der ganzen Schule ausstrahlt, <strong>in</strong>sbesondere<br />

da er zu e<strong>in</strong>er verstärkten E<strong>in</strong>beziehung der Schüler, zu e<strong>in</strong>er<br />

besseren Kommunikation und Zusammenarbeit im Kollegium<br />

und schließlich auch zur aktiven Eltern- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

beizutragen vermag. So kann letztlich aus dem Ansatz<br />

»Entwicklung e<strong>in</strong>er neuen Lernkultur« e<strong>in</strong> ganzes Schulprogramm<br />

werden.<br />

15<br />

Pädagogische<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>


Systemische<br />

Qualitätsentwicklung<br />

➔<br />

Fazit<br />

Was ist das? <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Aber auch andere Vorgehensweisen können durchaus erfolgreich<br />

se<strong>in</strong>. Derzeit wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schulversuch an bayerischen<br />

Gymnasien überprüft, <strong>in</strong>wieweit Erfahrungen mit der Organisationsentwicklung<br />

<strong>in</strong> der Wirtschaft für den schulischen Bereich<br />

adaptiert werden können. Grundlage ist das Modell der »European<br />

Foundation for Quality Management« (EFQM). Dieses unterstützt<br />

e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche, umfassende und systematische bzw.<br />

»systemische« Qualitätsentwicklung. Gerade auch bei Veränderungen<br />

im komplexen System Schule sollten isolierte oder sprunghafte<br />

E<strong>in</strong>zelmaßnahmen unterbleiben; der Blick aufs Ganze darf<br />

nicht verloren gehen.<br />

EFQM-Modell – Bereiche der Qualitätsentwicklung<br />

BEFÄHIGER<br />

Mitarbeiter<br />

Politik<br />

Führung Prozesse<br />

und Strategie<br />

Partnerschaften<br />

und Ressourcen<br />

16<br />

➔<br />

INNOVATION UND LERNEN<br />

Mitarbeiterbezogene<br />

Ergebnisse<br />

Kundenbezogene<br />

Ergebnisse<br />

Gesellschaftsbezogene<br />

Ergebnisse<br />

ERGEBNISSE<br />

Wichtige<br />

Ergebnisse der<br />

Organisation<br />

Die Maßnahmen der Qualitätsentwicklung nach dem EFQM-<br />

Modell orientieren sich an 9 Bereichen (vgl. Grafik), die schulartspezifisch<br />

aufbereitet werden müssen. Am Anfang steht e<strong>in</strong>e<br />

Bestandsaufnahme der Stärken und Schwächen der Schule.<br />

Anschließend erfolgt e<strong>in</strong>e Festlegung, <strong>in</strong> welcher Reihenfolge<br />

die Maßnahmen angepackt werden sollen. Dabei werden<br />

Kriterien def<strong>in</strong>iert, mit denen man den Erfolg des Vorgehens<br />

überprüfen kann.<br />

Grundsätzlich gilt: E<strong>in</strong>e Schule sollte mit dem Entwicklungsprozess<br />

dort anfangen, wo die Mehrheit des Kollegiums »der Schuh<br />

drückt«, wo e<strong>in</strong> zügiges Anpacken möglich ist und wo nicht alle<br />

schwierigen Probleme auf e<strong>in</strong>mal behandelt werden müssen.<br />

Bei allen Prozessen darf die Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität<br />

als eigentlicher Zweck nicht aus den Augen verloren<br />

werden.<br />

➔<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />

Altrichter, H./Schley, W./Schratz, M. (Hrsg.): Handbuch zur <strong>Schulentwicklung</strong>.<br />

Innsbruck, Wien 1998<br />

Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht und Kultus (Hrsg.):<br />

Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum Bildungskongress.<br />

München 1998<br />

Eckart, W. (Hrsg.): Pädagogische <strong>Schulentwicklung</strong>. Konzept und Praxis.<br />

Nürnberg 22001 Eckart, W.: <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> konkret – Welchen Beitrag kann die Lehrerfortbildung<br />

für e<strong>in</strong>e neue Lernkultur an unseren Schulen leisten?<br />

In: Schulverwaltung <strong>Bayern</strong> 11/2000<br />

Eikenbusch, G.: Praxishandbuch <strong>Schulentwicklung</strong>. Berl<strong>in</strong> 1998<br />

Fullan, M.: Die Schule als lernendes Unternehmen. Stuttgart 1999<br />

Keller, G.: Wir entwickeln unsere Schule weiter. Donauwörth 1997<br />

Klippert, H.: Pädagogische <strong>Schulentwicklung</strong>. We<strong>in</strong>heim und Basel 2000<br />

Miller, R. (Hrsg.): Schule selbst gestalten. We<strong>in</strong>heim und Basel 1996<br />

Rolff, H.-G. u. a.: Manual <strong>Schulentwicklung</strong>. We<strong>in</strong>heim und Basel 2 1999<br />

Schratz, M./Ste<strong>in</strong>er-Löffler, U.: Die lernende Schule.<br />

Praxisleitfaden zur <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong>. We<strong>in</strong>heim und Basel 1998<br />

Schule gestalten – Wege pädagogischer <strong>Schulentwicklung</strong>, hrsg. vom Staats<strong>in</strong>stitut<br />

für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB). Donauwörth 1999<br />

»Schule gestalten«. Ergebnisse der empirischen Erhebungen zum Schulversuch.<br />

E<strong>in</strong> Beitrag zur Analyse <strong>in</strong>nerer <strong>Schulentwicklung</strong>, hrsg. vom Staats<strong>in</strong>stitut für<br />

Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB). Donauwörth 2001<br />

»<strong>Schulentwicklung</strong> 2000«. Dokumentation zum Bildungskongress <strong>in</strong> Augsburg.<br />

CD-ROM (Bezug: ISB)<br />

Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.): Interne <strong>Schulentwicklung</strong><br />

durch externe Beratung (ISEB). Tagungsbericht zum Projekt. München 2001<br />

Wie gut ist unser Gymnasium? Bestandsaufnahme. Impulse zur Weiterentwicklung.<br />

(ISB, <strong>in</strong> Bearbeitung)<br />

www.km.bayern.de/schulentwicklung (<strong>Schulentwicklung</strong>sportal des Bayerischen<br />

Staatsm<strong>in</strong>isteriums für Unterricht und Kultus)<br />

www.isb.bayern.de (Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung<br />

München)<br />

www.bildungspakt-bayern.de (Stiftung Bildungspakt <strong>Bayern</strong> u. a.)<br />

www.qis.at (Qualität <strong>in</strong> Schulen, Österreichisches Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung)<br />

www.alp.dill<strong>in</strong>gen.de (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dill<strong>in</strong>gen)<br />

www.schulberatung.bayern.de (Staatliche Schulberatung <strong>Bayern</strong>)<br />

www.s<strong>in</strong>n.uni-erlangen.de (Schulisches Innovations-Netz Nürnberg)<br />

www.ifs.uni-dortmund.de (Institut für <strong>Schulentwicklung</strong>sforschung der Universität<br />

Dortmund)<br />

www.kubiss.de/pi (Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg)<br />

www.pi.mus<strong>in</strong>.de (Pädagogisches Institut der Landeshauptstadt München)<br />

www.iplbayern.de (Homepage der Initiative Praktisches Lernen e. V.)<br />

www.<strong>in</strong>is.stiftung.bertelsmann.de (Internationales Netzwerk <strong>in</strong>novativer Schulen<br />

der Bertelsmann Stiftung (INIS))<br />

17<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks


2<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Standards<br />

2. Standards für<br />

die <strong>in</strong>nere<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

Der Begriff Standard ist mehrdeutig: Zum e<strong>in</strong>en vermittelt er<br />

Assoziationen wie »Maß« und »Norm«, zum anderen bezeichnet<br />

er z. B. im Jazz das Repertoire e<strong>in</strong>er Gruppe, vor allem das<br />

Repertoire der wichtigsten, zentralen Stücke, die für das Selbstverständnis<br />

der Gruppe von größter musikalischer Bedeutung<br />

s<strong>in</strong>d. Diese werden bei Auftritten aber nicht e<strong>in</strong>fach vom Blatt<br />

gespielt, sondern immer wieder neu <strong>in</strong>terpretiert und durch<br />

Improvisationen variiert. Das im Folgenden zugrunde liegende<br />

Verständnis schließt genau da an: Die <strong>Schulentwicklung</strong>sstandards<br />

bezeichnen die Grundthemen, Grundmodule oder Grundpr<strong>in</strong>zipien,<br />

die bei jeder »Aufführung« neu komb<strong>in</strong>iert, <strong>in</strong>terpretiert,<br />

angepasst und variiert werden müssen. Insofern handelt<br />

es sich dabei vorwiegend um Kriterien für Verfahren, an denen<br />

sich <strong>Schulentwicklung</strong>saktivitäten e<strong>in</strong>er konkreten Schule orientieren<br />

können. Diese Kriterien erlauben e<strong>in</strong>e Bewertung, ohne<br />

e<strong>in</strong>e starre Norm zu def<strong>in</strong>ieren.<br />

19<br />

»Maß« und »Norm«


<strong>Schulentwicklung</strong><br />

betrifft die gesamte<br />

Schule<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

verb<strong>in</strong>det Unterrichtsentwicklung<br />

mit<br />

Organisations- und<br />

Personalentwicklung<br />

Standards <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Auslöser von <strong>Schulentwicklung</strong> s<strong>in</strong>d häufig kle<strong>in</strong>e Gruppen,<br />

die wertvolle Pionierarbeit leisten und wichtige Träger des Prozesses<br />

s<strong>in</strong>d. Grundsätzlich jedoch gilt, dass e<strong>in</strong> <strong>Schulentwicklung</strong>sprojekt<br />

mehrheitlich von der gesamten Schule def<strong>in</strong>iert<br />

und getragen wird. Auf diese Weise entwickelt die Schule e<strong>in</strong>e<br />

eigene Schulidentität, die gezielt »nach <strong>in</strong>nen« und »nach<br />

außen« kommuniziert werden kann. Schulleitung, Lehrerkollegium,<br />

Eltern und Schüler müssen dabei gleichermaßen mitwirken,<br />

um das geme<strong>in</strong>same Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> für<br />

die ganze Schule zu aktivieren. E<strong>in</strong>richtungen wie das Schulforum<br />

werden als wichtige Beratungsgremien respektiert und<br />

bei Entscheidungen ernsthaft beteiligt. Weitere Partner der<br />

Schule (Kommune, Vere<strong>in</strong>e, Kirchen ...) sollten ebenfalls e<strong>in</strong>bezogen<br />

werden.<br />

E<strong>in</strong>e langfristig angelegte und nachhaltige <strong>Schulentwicklung</strong><br />

misst der kont<strong>in</strong>uierlichen Arbeit an der laufenden Verbesserung<br />

der Unterrichtsqualität e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert bei. Hierzu<br />

gehört etwa die Reflexion über die optimale Umsetzung von<br />

Lehrplänen und Vorgaben oder die geeigneten Unterrichtsverfahren,<br />

die den Aufbau e<strong>in</strong>er »<strong>in</strong>telligenten« Wissensbasis fördern<br />

und e<strong>in</strong>e nachhaltige Lernmotivation stützen. Schüleraktivierende<br />

Verfahren und Unterrichtsformen wie Teamarbeit,<br />

20<br />

Die <strong>Schulentwicklung</strong>sstandards<br />

➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />

betrifft die<br />

gesamte Schule<br />

➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />

legt Wert auf<br />

Transparenz und<br />

Kommunikation<br />

➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />

gel<strong>in</strong>gt nur <strong>in</strong> »stimmiger«<br />

Atmosphäre<br />

➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />

verb<strong>in</strong>det Unterrichtsentwicklung<br />

mit<br />

Organisations- und<br />

Personalentwicklung<br />

➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />

ist dem ganzheitlichen<br />

Bildungsauftrag<br />

verpflichtet<br />

➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />

muss gelernt werden<br />

➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />

braucht klare Vere<strong>in</strong>barungen<br />

und<br />

Zielformulierungen<br />

➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />

erfordert Projektmanagement<br />

➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />

sichert und überprüft<br />

ihre Ergebnisse<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Standards<br />

Freiarbeit, Stationenlernen und Projektarbeit werden erprobt<br />

und e<strong>in</strong>geführt. Auch die digitalen Medien werden verstärkt<br />

und kreativ genutzt. Doch e<strong>in</strong> guter Unterricht braucht passende<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, die durch Maßnahmen im Bereich<br />

der Organisations- und Personalentwicklung (vgl. Kapitel 1)<br />

geschaffen werden. Schule versteht sich deshalb als e<strong>in</strong>e systemisch<br />

funktionierende, lernende Organisation, die laufend an<br />

der Verbesserung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen und der Ergebnisse<br />

arbeitet.<br />

E<strong>in</strong>e Schule, die <strong>in</strong> den Prozess der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong><br />

e<strong>in</strong>steigt, braucht e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sam erstelltes, den Bedürfnissen<br />

der Beteiligten entsprechendes Entwicklungsziel, das def<strong>in</strong>ierten<br />

Qualitätsstandards genügt und zur Entwicklung von mehr<br />

Professionalität anregt. Dies erfordert am Anfang des Prozesses<br />

die E<strong>in</strong>igung aller Beteiligten auf e<strong>in</strong>en Arbeitsplan oder e<strong>in</strong><br />

Schulprogramm oder e<strong>in</strong>e Formulierung, die den Konsens der<br />

geme<strong>in</strong>samen Ziele beschreibt. Dieser Vorgang darf jedoch nicht<br />

zu viel Zeit und Energie kosten. Wichtig ist, relativ rasch zu<br />

konkreten Maßnahmen und damit auch zu ersten Erfolgen zu<br />

gelangen.<br />

Von zentraler Bedeutung ist der Weg, wie e<strong>in</strong> Schulprogramm<br />

oder e<strong>in</strong> Maßnahmenkatalog entsteht: Zum Gel<strong>in</strong>gen trägt<br />

entscheidend bei, wenn alle Beteiligten <strong>in</strong> angemessener Weise<br />

<strong>in</strong> diese Prozesse e<strong>in</strong>bezogen werden, wenn die Entscheidungsf<strong>in</strong>dung<br />

transparent ist und wenn sich die große Mehrheit mit<br />

den getroffenen Zielvere<strong>in</strong>barungen identifizieren kann. E<strong>in</strong>e<br />

maßgebliche Rolle hat hierbei die Schulleitung, etwa um e<strong>in</strong>en<br />

verlässlichen Informationsfluss sowie Transparenz bei Entscheidungen<br />

herzustellen. Die neuen Medien können zur Optimierung<br />

der <strong>in</strong>ternen Kommunikation und der schulischen Abläufe<br />

genutzt werden.<br />

Voraussetzung für e<strong>in</strong>e effektive Gestaltung der <strong>in</strong>neren Abläufe<br />

ist e<strong>in</strong>e gut funktionierende <strong>in</strong>terne Kommunikationsstruktur<br />

und e<strong>in</strong>e bewusste »Öffentlichkeitsarbeit« gegenüber den<br />

»Betroffenen«, z. B. der Kommune, dem Sachaufwandsträger,<br />

der Schulaufsicht.<br />

E<strong>in</strong> längerfristig angelegter, systematischer Weiterentwicklungsprozess<br />

bedarf der Steuerung. Das Projektmanagement muss<br />

effizient und transparent se<strong>in</strong>. Dazu werden <strong>in</strong> der Regel schriftlich<br />

festgelegte Arbeitspläne benötigt, die die Ziele beschreiben,<br />

die »Meilenste<strong>in</strong>e« (angestrebte Ergebnisse und Term<strong>in</strong>e)<br />

def<strong>in</strong>ieren, den Umgang mit Ressourcen planen, die Ergebnisse<br />

sichern und Folgeaktivitäten darstellen. Besonders <strong>in</strong> größeren<br />

21<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

braucht klare Vere<strong>in</strong>barungen<br />

und<br />

Zielformulierungen<br />

<strong>Schulentwicklung</strong> legt<br />

Wert auf Transparenz<br />

und Kommunikation<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

erfordert<br />

Projektmanagement


<strong>Schulentwicklung</strong><br />

gel<strong>in</strong>gt nur <strong>in</strong> »stimmiger«<br />

Atmosphäre<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

muss gelernt werden<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

sichert und überprüft<br />

ihre Ergebnisse<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

ist dem ganzheitlichen<br />

Bildungsauftrag<br />

verpflichtet<br />

Standards <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Kollegien und <strong>in</strong> komplexen Situationen empfiehlt sich die<br />

E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Steuergruppe.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> kann nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er positiven, motivierenden<br />

und produktiven Atmosphäre gedeihen. Dazu gehört,<br />

dass die Beteiligten sich darum bemühen, partnerschaftlich und<br />

fair mite<strong>in</strong>ander umzugehen, dass die Beziehungen von gegenseitiger<br />

Wertschätzung geprägt s<strong>in</strong>d und dass Formen konstruktiver<br />

Konfliktlösung praktiziert werden. Ablesbar wird der konstruktive<br />

Umgang mite<strong>in</strong>ander z. B. auch an der Gestaltung der<br />

Konferenzen oder <strong>in</strong> der Akzeptanz von Teamarbeit.<br />

<strong>Schulentwicklung</strong> ist e<strong>in</strong>e komplexe Aufgabe, die e<strong>in</strong> Können<br />

aller Beteiligten erfordert, das <strong>in</strong> der Ausbildung von Lehrern<br />

und Schulleitern oder <strong>in</strong> Qualifizierungslehrgängen für die<br />

Schulaufsicht bisher e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle gespielt hat.<br />

Daher müssen sich <strong>in</strong> der Regel Teams oder ganze Kollegien<br />

diese Kompetenz durch Fortbildung aneignen. Das Know-how<br />

kann aber auch zusätzlich durch die Zusammenarbeit mit<br />

externen Partnern <strong>in</strong> die Schulen kommen.<br />

Doch es geht nicht nur um Können. Damit nicht jede Schule<br />

»das Rad wieder neu erf<strong>in</strong>det«, s<strong>in</strong>d Kenntnisse und Informationen<br />

über den aktuellen Stand der <strong>Schulentwicklung</strong>sdiskussion<br />

wichtig. Dies geschieht durch Sichtung der Literatur, des Internet,<br />

durch Vernetzung mit anderen Schulen und Auswertung<br />

bereits vorhandener Erfahrungen, aber auch durch Teilnahme<br />

an e<strong>in</strong>schlägigen Veranstaltungen.<br />

Wichtig für <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesse s<strong>in</strong>d Verfahren, die e<strong>in</strong>e<br />

ehrliche Diagnose der jeweiligen Situation oder die Erfolgskontrolle<br />

der letzten Schritte ermöglichen, um s<strong>in</strong>nvoll die nächste<br />

Phase planen zu können. Zur E<strong>in</strong>schätzung der Qualität der<br />

Bildungs- und Erziehungsarbeit oder des Standorts auf dem Weg<br />

zur lernenden Organisation s<strong>in</strong>d aufwändige empirische Untersuchungen<br />

meist nicht nötig. Mit Feedback- und Bilanzierungsmethoden,<br />

Befragungen und Interviews stehen weniger arbeits<strong>in</strong>tensive,<br />

aber durchaus ertragreiche Methoden der <strong>in</strong>ternen<br />

Evaluation zur Verfügung. Auch hier ist wieder die allgeme<strong>in</strong>e<br />

Akzeptanz des jeweiligen Vorgehens bei allen Beteiligten (Lehrern,<br />

Eltern, Schülern) von Bedeutung.<br />

<strong>Schulentwicklung</strong> wird daran gemessen, ob bei den Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schülern die angestrebte Qualitätsverbesserung der<br />

Schule ankommt. Der Unterricht stellt als zentraler Ort von<br />

Bildung und Erziehung den Kern <strong>in</strong>nerer <strong>Schulentwicklung</strong> dar.<br />

Er ist dann qualitativ hochwertig, wenn er durch die Vermittlung<br />

von Sach-, Methoden- und Sozialkompetenz sowie von<br />

22<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Standards<br />

klaren Wertvorstellungen die Schüler bei der Entwicklung von<br />

Urteilsfähigkeit, Selbst- und Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> unterstützt<br />

und auf diese Weise zur möglichst umfassenden Ausbildung<br />

der Persönlichkeit jedes e<strong>in</strong>zelnen Schülers beiträgt. Damit<br />

ist <strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong> e<strong>in</strong>em ganzheitlichen Bildungsverständnis<br />

verpflichtet: »Die Schulen sollen nicht nur Wissen und<br />

Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.«<br />

(Art. 131 (1) Bayerische Verfassung)<br />

Ganzheitliches Bildungsverständnis<br />

muttersprachliche<br />

und fremdsprachliche<br />

Bildung<br />

➔<br />

➔<br />

historische<br />

und gesellschaftswissenschaftliche<br />

Bildung<br />

Mitter, W. (Hrsg.): Schulen und Qualität. E<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationaler OECD-Bericht.<br />

Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 1991<br />

Fend, H.: Qualität im Bildungswesen. We<strong>in</strong>heim/München 1998<br />

Fullan, M.: Schule als lernendes Unternehmen. Stuttgart 1999<br />

Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schul<strong>in</strong>ternen Evaluation.<br />

CD-ROM (Bezug: ISB)<br />

INNERE<br />

SCHULENTWICKLUNG<br />

mathematische, naturwissenschaftliche,<br />

technologische<br />

Bildung<br />

musische<br />

und ästhetische<br />

Bildung<br />

www.bildungsserver.de (Deutscher Bildungsserver; e<strong>in</strong>e Suche ist mit dem<br />

Begriff »<strong>Schulentwicklung</strong>« möglich.)<br />

➔<br />

➔<br />

23<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

Arbeitshilfe<br />

L<strong>in</strong>ks


Neue Lernkultur<br />

3<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schulprogramm<br />

3. Zentrale<br />

Handlungsfelder<br />

3.1 Vom<br />

Leitbild zum<br />

Schulprogramm<br />

Blättert man die Jahresberichte bayerischer Schulen durch, so<br />

f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e Vielzahl herausragender Aktivitäten: Theateroder<br />

Instrumentalgruppen feierten große Erfolge bei ihren Auftritten,<br />

die verschiedenen Sportteams konnten auf Geme<strong>in</strong>de-,<br />

Stadt-, Kreis- oder Landesebene Siege und vordere Plätze err<strong>in</strong>gen,<br />

Klassenfahrten fanden statt ... Das Schiff »Schule« brauste<br />

also mit geblähten Segeln voran. Kapitän und Offiziere (= Schulleitung<br />

und Lehrerkollegium) können stolz auf ihre Leistungen<br />

se<strong>in</strong>, die Mannschaft (= Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler) hat Grund<br />

zur Zufriedenheit.<br />

E<strong>in</strong> kritischer Rückblick auf die Gesamtsituation könnte aber<br />

unter Umständen widersprechende Befunde ergeben: Vielleicht<br />

waren die Kommandos von der Brücke widersprüchlich, klapp-<br />

25<br />

Kursbestimmung


Schulprofil<br />

Leitbild<br />

Schulprogramm<br />

Schulprogramm <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

ten manche Absprachen nicht, wurden wichtige Ziele aufgegeben<br />

oder nicht erreicht. Womöglich weiß man gar nicht, ob man<br />

überhaupt vorangekommen ist und wo man steht.<br />

Jede Schule steuert <strong>in</strong>nerhalb der vorgegebenen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

e<strong>in</strong>en bestimmten Kurs. Wäre es da nicht s<strong>in</strong>nvoll, den<br />

Kurs vorab geme<strong>in</strong>sam festzulegen und alle darauf zu verpflichten?<br />

Denn nur, wenn e<strong>in</strong> stimmiges Konzept h<strong>in</strong>ter all den<br />

Aktivitäten steht und im Handeln aller sichtbar wird, ergibt sich<br />

e<strong>in</strong> klares Profil der Schule!<br />

3.1.1 »Schulprofil« – »Leitbild« – »Schulprogramm«<br />

Die genannten Begriffe tauchen häufig <strong>in</strong> Diskussionen um die<br />

<strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong> auf und werden bisweilen sogar synonym<br />

verwendet. Folgende Beschreibungen sollen ihre Unterschiede<br />

verdeutlichen:<br />

Das Schulprofil ist das, was die Mitglieder der Schule, aber auch<br />

die Außenstehenden als das Besondere an der jeweiligen Schule<br />

wahrnehmen. Es bildet sich durch die besonderen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

an der e<strong>in</strong>zelnen Schule (Aktivitäten, Umfeld, Personal und Ausstattung)<br />

im Lauf der Zeit heraus.<br />

Vom Schulprofil unterscheidet sich das Leitbild dadurch, dass <strong>in</strong><br />

ihm von allen Beteiligten (Schulleitung und Lehrer, Eltern,<br />

Schüler) e<strong>in</strong>e »Vision« (etwa für die nächsten 5 Jahre) davon<br />

entwickelt wird, was die Schule kennzeichnen und im Mittelpunkt<br />

der Bemühungen stehen soll. Es geht also um Fragen wie:<br />

Woh<strong>in</strong> wollen wir? Welche Werte s<strong>in</strong>d uns wichtig? Wie formulieren<br />

wir unser pädagogisches Selbstverständnis? Was macht<br />

die Qualität unseres Unterricht aus? Wie wollen wir Schüler mitwirken<br />

und mitgestalten? Das Schulleitbild ist der verb<strong>in</strong>dliche<br />

Orientierungsrahmen für die Entwicklung der Schule.<br />

Ist das Leitbild formuliert, geht es an die Umsetzung. Um im e<strong>in</strong>gangs<br />

verwendeten Bild zu bleiben: Der Zielhafen ist bekannt,<br />

nun geht es um die Frage: Wie kommen wir dorth<strong>in</strong> und welche<br />

Ausrüstung benötigt das Schiff? Das Schulprogramm ist also e<strong>in</strong><br />

geme<strong>in</strong>sam entwickeltes Handlungskonzept e<strong>in</strong>er Schule. Die<br />

Ideen und Ideale des Leitbilds werden <strong>in</strong> konkrete Aktionen und<br />

Handlungsschritte überführt. Wichtig ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

e<strong>in</strong>e exakte Navigation, d. h. man benötigt klar def<strong>in</strong>ierte<br />

und überprüfbare Teilziele, damit man jederzeit weiß, ob der<br />

Kurs noch e<strong>in</strong>gehalten wird. Diese Teilziele werden als sog.<br />

Leitl<strong>in</strong>ien formuliert. Die Schwerpunkte der schulischen Arbeit<br />

für die nächsten e<strong>in</strong> bis zwei Jahre werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em konkreten<br />

Arbeitsprogramm festgeschrieben.<br />

26<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schulprogramm<br />

Schulprogrammarbeit<br />

Ausstattung ■<br />

Personalentwicklung ■<br />

Tradition ■<br />

Handlungsspielraum ■<br />

Normen (Lehrpläne/Vorgaben) ■<br />

Gesprächskultur ■<br />

Professionalität ■<br />

Fortbildungsbereitschaft ■<br />

Aufgabenverteilung ■<br />

Erwartungen ■<br />

Planung und Reflexion ■<br />

Organisationserfahrung ■<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

und E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />

SCHULPROGRAMM-<br />

ARBEIT<br />

Arbeitsfelder<br />

3.1.2 Phasen der Leitbild- und Schulprogrammarbeit<br />

Der hier vorgestellte Ablauf ist nicht der e<strong>in</strong>zig mögliche. So gibt<br />

es unterschiedlich aufwändige Möglichkeiten, den Ist-Zustand<br />

zu erheben. Es hat sich vor allem <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Schulen bewährt,<br />

zu Beg<strong>in</strong>n von e<strong>in</strong>er umfassenden Diagnose des Ist-Zustands<br />

abzusehen und je nach Bedarf <strong>in</strong> der Umsetzungsphase nur zum<br />

jeweiligen Arbeitsschwerpunkt e<strong>in</strong>e Analyse durchzuführen. Bei<br />

allen Vorgehensweisen ist aber wichtig, dass sich alle Beteiligten<br />

e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen können.<br />

Aus dem Dargestellten wird deutlich, dass – entsprechend<br />

ihren Möglichkeiten – möglichst alle Beteiligten (Schulleitung,<br />

Lehrerkollegium, Eltern und Schüler) geme<strong>in</strong>sam das Leitbild<br />

erstellen sollten und dass es sich um e<strong>in</strong>en Prozess handelt, der<br />

e<strong>in</strong>en langen Atem benötigt. E<strong>in</strong>e positive Grundstimmung <strong>in</strong><br />

der Schule und die Gewissheit über die Unterstützung des<br />

Prozesses durch die Schulleitung bilden die Basis. E<strong>in</strong> Vorberei-<br />

➔<br />

➔<br />

27<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

■<br />

Ziele und Kriterien<br />

der pädagogischen Arbeit<br />

Lern- und Arbeitskultur<br />

Unterrichtsverteilung und<br />

Stundenplan<br />

Fächerangebot<br />

Beratungsangebot<br />

Elternarbeit<br />

Evaluation<br />

Leitungsarbeit<br />

Teamarbeit<br />

Fördermaßnahmen<br />

Leistungsbewertung<br />

fächerübergreifendes Arbeiten<br />

Unterrichtsgestaltung<br />

erzieherisches<br />

Grundverständnis<br />

Sensibilisierung und<br />

Beschlussfassung


Am Anfang des Schulprogramms<br />

stand e<strong>in</strong> großer Leidensdruck<br />

im Kollegium, der sich <strong>in</strong> »Ratlosigkeit<br />

bei immer schwierigeren<br />

schulischen Anforderungen<br />

bis h<strong>in</strong> zu Frustration und Burnout«<br />

äußerte und der durch<br />

die zusätzlichen Belastungen<br />

der Umstrukturierung der bisherigen<br />

Teilhauptschule so<br />

verstärkt wurde, dass »der Ruf<br />

Bildung e<strong>in</strong>er<br />

Organisationsstruktur<br />

Schulprogramm <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

tungsteam von <strong>in</strong>teressierten Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen kann<br />

für das Vorhaben werben.<br />

Das »Schiff« wird nur gut <strong>in</strong> Fahrt kommen, wenn die Lehrkräfte<br />

motiviert s<strong>in</strong>d. Ihr Engagement ist die Grundlage für e<strong>in</strong>en<br />

Erfolg: »Schulprogrammarbeit ist lehrerorientiert!« Am Anfang<br />

steht deshalb e<strong>in</strong>e offene Information des Kollegiums (<strong>in</strong> Fachkonferenzen,<br />

Lehrerkonferenzen, Mitteilungen am Schwarzen<br />

Brett usw.). In E<strong>in</strong>zelgesprächen ist mit Geduld und E<strong>in</strong>fühlungsvermögen<br />

auf Bedenken von Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />

e<strong>in</strong>zugehen und der praktische Nutzen des Schulprogramms<br />

zu verdeutlichen: Leitbild und Schulprogramm s<strong>in</strong>d als Basis<br />

für die geme<strong>in</strong>same pädagogische Orientierung, die Unterrichtsgestaltung,<br />

das Wir-Gefühl und die Außendarstellung wünschenswert<br />

und notwendig. Es empfiehlt sich, den relativ langfristig<br />

angelegten Prozess e<strong>in</strong>er Leitbild- und Schulprogrammentwicklung<br />

erst dann zu beg<strong>in</strong>nen, wenn die Lehrerkonferenz<br />

mit Mehrheit e<strong>in</strong>en entsprechenden Beschluss gefasst hat.<br />

Der Weg der Bismarckschule Volksschule Memm<strong>in</strong>gen (HS) –<br />

»Wir nehmen unsere Schule <strong>in</strong> die Hand«<br />

nach Innovationen unüberhörbar«<br />

wurde. Die Lehrer beschlossen,<br />

die Entwicklung der Schule<br />

systematisch anzugehen.<br />

Von der ersten Pädagogischen<br />

Konferenz im Oktober 1996 mit<br />

e<strong>in</strong>er Stärken-Schwächen-Bilanz,<br />

über die Bildung von Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

»Hausordnung«,<br />

»Verhalten« sowie »Schulhausgestaltung«<br />

und e<strong>in</strong>e Schüler-<br />

28<br />

und Elternbefragung mündete<br />

der Entwicklungsprozess <strong>in</strong><br />

konkrete Maßnahmen:<br />

Entwicklung e<strong>in</strong>er neuen Hausund<br />

Pausenordnung, Schulhausgestaltung,<br />

Umgestaltung<br />

der Lehrerarbeitsräume,<br />

Entstehung e<strong>in</strong>es Schulcafés<br />

und Gründung des Fördervere<strong>in</strong>s<br />

Bismarckschule Memm<strong>in</strong>gen<br />

(FBM e. V.).<br />

Informationen auf der CD-ROM »Schul<strong>in</strong>novation 2000« und aktuell im Internet: http://home.primusnetz.de/bismk-mm<br />

Damit das Schiff auf dem richtigen Kurs bleibt, bedarf es e<strong>in</strong>es<br />

»Steuermanns«, der <strong>in</strong> Abstimmung mit der Schulleitung,<br />

dem Kollegium sowie den Schülern und Eltern das festgelegte<br />

Arbeitsprogramm im Auge behält, den Prozess organisiert, e<strong>in</strong>zelne<br />

Arbeitsphasen moderiert und bei entstehenden Konflikten<br />

vermittelt. Für diese Aufgabe ist es günstig, e<strong>in</strong>e Steuergruppe zu<br />

bilden. Anzustreben ist, dass <strong>in</strong> der Steuergruppe die Schulleitung,<br />

alle relevanten Fachgruppen, die Eltern und Schüler vertreten<br />

s<strong>in</strong>d. Grundsätzlich kann es sich als nützlich erweisen,<br />

e<strong>in</strong>en »Lotsen« (= e<strong>in</strong>en externen Berater, z. B. e<strong>in</strong>e(n) Moderator/-<strong>in</strong><br />

für <strong>Schulentwicklung</strong>) an Bord zu holen. Er verfügt<br />

über die Kompetenz, der jeweiligen Situation entsprechend<br />

professionelle Methoden e<strong>in</strong>zusetzen, und kann bei Konflikten<br />

neutral moderieren und steuern.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schulprogramm<br />

Der Weg der Realschule am Judenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Regensburg – »Verantwortung<br />

jedes e<strong>in</strong>zelnen Schülers und Lehrers«<br />

Die Realschule am Judenste<strong>in</strong><br />

hat im April 1997 mit e<strong>in</strong>em<br />

systematischen Entwicklungsprozess<br />

begonnen, der vom<br />

Lehrstuhl für Schulpädagogik<br />

(Dr. Girg) an der Universität<br />

Regensburg begleitet wird.<br />

In Zusammenarbeit mit e<strong>in</strong>er<br />

Steuerungsgruppe (<strong>Schulentwicklung</strong>steam)<br />

und der Schulleitung<br />

wurde die Ist-Situation<br />

aus Lehrer- und Schülersicht erhoben,<br />

e<strong>in</strong>e Zielklärung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

pädagogischen Konferenz her-<br />

beigeführt, vier Arbeitsgruppen<br />

(Neue Unterrichtsmethoden,<br />

Verwaltungsvere<strong>in</strong>fachungen,<br />

Umgang mit Diszipl<strong>in</strong>schwierigkeiten,<br />

Arbeits- und Lerntechniken)<br />

gegründet und im Schuljahr<br />

1998/99 mit der Umsetzung<br />

der Arbeitsgruppenergebnisse<br />

begonnen (»Lernen lernen« <strong>in</strong><br />

Jahrgangsstufe 7, Freiarbeit <strong>in</strong><br />

Jahrgangsstufe 8). Schwerpunkt<br />

ist die Unterrichtsentwicklung<br />

nach den Bauste<strong>in</strong>en von Dr.<br />

Klippert. Entsprechende Schul<strong>in</strong>-<br />

Informationen auf der CD-ROM »Schul<strong>in</strong>novation 2000« und aktuell im Internet:<br />

www.schulen.regensburg.de/rsaj/schulfil.htm<br />

Erstellung und Umsetzung von Leitbild und Schulprogramm<br />

orientieren sich an typischen Phasen der Organisationsentwicklung<br />

(vgl. Kapitel 5). Die konkreten Schritte könnten so<br />

aussehen:<br />

In e<strong>in</strong>er anonymen Befragung (z. B. Kartenabfrage, Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g,<br />

Fragebogen) wird der Ist-Zustand ermittelt.<br />

Die Ergebnisse werden nach Schwerpunkten geordnet (z. B.<br />

Unterricht, Lehrer-Schüler-Verhältnis, Schulmanagement,<br />

Lehrer-Lehrer-Verhältnis, Schülerverhalten, Lehrerfortbildung<br />

usw.), von allen Beteiligten analysiert (z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stärken-<br />

Schwächen-Analyse) und dann <strong>in</strong> ihren Konsequenzen für<br />

die »ideale Schule« diskutiert. Aus dieser Ist-Soll-Spannung<br />

entsteht <strong>in</strong> mehreren Schritten die geme<strong>in</strong>same Vision der<br />

Schule.<br />

terne Lehrerfortbildungen durch<br />

das Pädagogische Institut der<br />

Stadt Nürnberg und die systematische<br />

E<strong>in</strong>führung der Methoden<br />

<strong>in</strong> allen Jahrgangsstufen<br />

s<strong>in</strong>d bereits bis zum Schuljahr<br />

2003/2004 geplant. Als Ergebnisse<br />

der <strong>Schulentwicklung</strong><br />

werden die Änderung der Rolle<br />

des Schulleiters, Betonung der<br />

Verantwortung jedes e<strong>in</strong>zelnen<br />

Schülers und Lehrers sowie e<strong>in</strong>e<br />

bewusste Gestaltung des schulischen<br />

Freiraums festgestellt.<br />

29<br />

Vom Leitbild über das<br />

Schulprogramm<br />

zur Evaluation<br />

1. Geme<strong>in</strong>same<br />

Diagnose<br />

2. Erstellung e<strong>in</strong>es<br />

Leitbilds


3. Entwicklung des<br />

Schulprogramms<br />

4. Umsetzung<br />

der Maßnahmen<br />

5. Evaluation<br />

Der Weg des Staatlichen Berufsbildungszentrums Schwe<strong>in</strong>furt –<br />

»Qualitätssicherung für e<strong>in</strong>e zukunftsorientierte Gestaltung der Schule«<br />

E<strong>in</strong>e 1997 durchgeführte standardisierte<br />

Lehrerbefragung,<br />

die von der Schulleitung <strong>in</strong>itiiert<br />

wurde, ergab, dass Verbesserungsbedarf<br />

<strong>in</strong> Teilbereichen bestand,<br />

<strong>in</strong>sbesondere wurde e<strong>in</strong>e<br />

Abstimmung der vielfältigen<br />

Schulaktivitäten gewünscht. E<strong>in</strong>zelne<br />

<strong>in</strong>teressierte Kollegen und<br />

die Schulleitung fassten e<strong>in</strong>e<br />

systematische <strong>Schulentwicklung</strong><br />

<strong>in</strong>s Auge, die nach e<strong>in</strong>er Informationsphase<br />

von der Lehrerkonferenz<br />

im September 1998 beschlossen<br />

wurde.<br />

Sowohl die Umfrageergebnisse<br />

als auch die komplexe Organisationsstruktur<br />

des BBZ legten<br />

nahe, neben der Unterrichtsentwicklung<br />

auch gleichzeitig Maßnahmen<br />

der Organisationsentwicklung<br />

anzugehen. Als Ziel<br />

wurde def<strong>in</strong>iert: »Qualitätssicherung<br />

für e<strong>in</strong>e zukunftsorientierte<br />

Gestaltung der Schule als lernende<br />

und erziehende Organisation«.<br />

Die Bildung e<strong>in</strong>er Steuergruppe(<strong>Schulentwicklung</strong>s-<br />

Schulprogramm <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Bei der Erstellung des Schulprogramms sollten sich die Akteure<br />

nicht überfordern: Wenige, aber gründlich vorbereitete Schwerpunkte<br />

br<strong>in</strong>gen mehr als e<strong>in</strong> nur oberflächlich abgestimmtes<br />

Bündel von vielen Maßnahmen. Am Ende sollte für jeden<br />

Schwerpunkt e<strong>in</strong> Aktionsplan mit genau abgegrenzten Kompetenzen<br />

stehen: Wer macht was mit wem bis wann?<br />

In dieser Phase geht es an die praktische Umsetzung. Die Steuergruppe<br />

achtet darauf, dass der Kurs e<strong>in</strong>gehalten wird. Ist man<br />

mit dem Zeitplan <strong>in</strong> Verzug oder tauchen unerwartete Widerstände<br />

auf, wird das Vorgehen den neuen Bed<strong>in</strong>gungen angepasst,<br />

ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.<br />

Wenn e<strong>in</strong>e Maßnahme durchgeführt worden ist, stellen sich<br />

folgende Fragen: S<strong>in</strong>d die Zielsetzungen erreicht worden?<br />

Welche Schwächen s<strong>in</strong>d aufgetreten? Welche Verfahrensabläufe<br />

müssen <strong>in</strong> Zukunft verbessert werden? Um diese Fragen, die<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses immer wieder auftauchen,<br />

klären zu können, kann man Methoden der <strong>in</strong>ternen<br />

Evaluation anwenden (vgl. Kapitel 4). Wichtig ist, bereits <strong>in</strong><br />

der Planungsphase Kriterien zu vere<strong>in</strong>baren, anhand derer der<br />

Erfolg gemessen werden soll.<br />

kernteam = SEKT) als auch e<strong>in</strong>es<br />

Didaktischen Arbeitskreises<br />

(= DA - »Wir s<strong>in</strong>d didaktisch<br />

DA, aktuell«) verankerte organisatorisch<br />

die Integration von<br />

Unterrichts- und Organisationsentwicklung.<br />

Der Koord<strong>in</strong>ator<br />

für die <strong>Schulentwicklung</strong> br<strong>in</strong>gt<br />

langjährige Erfahrungen mit<br />

systemischen Methoden e<strong>in</strong>.<br />

Beide Arbeitskreise führen ihre<br />

Aktivitäten <strong>in</strong> gegenseitiger<br />

Abstimmung durch. Nach e<strong>in</strong>er<br />

umfassenden Diagnose mit<br />

90%-iger Beteiligung erfolgte<br />

über e<strong>in</strong>e Stärken-Schwächen-<br />

Analyse die Formulierung der<br />

Leitl<strong>in</strong>ien. Die Lehrerkonferenz<br />

verabschiedete die Leitl<strong>in</strong>ien<br />

und legte den Schwerpunkt auf<br />

den Entwicklungsbereich<br />

»Kooperation«.<br />

Die Steuergruppe sorgte <strong>in</strong> ihren<br />

Sitzungen (= »SEKT-Empfängen«)<br />

für die Abstimmung der<br />

Fachbereichsaktivitäten, e<strong>in</strong>e<br />

Eltern- und Schülerbefragung,<br />

die F<strong>in</strong>dung des Schulnamens,<br />

30<br />

die Lehrerzimmerausstattung<br />

und für e<strong>in</strong>e sukzessive Begleitung<br />

des <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses<br />

<strong>in</strong> Abstimmung mit der<br />

Schulleitung und dem Didaktischen<br />

Arbeitskreis. Wenn die<br />

Vorstellungen der Schüler, Eltern<br />

und des Berufsschulbeirats<br />

vorliegen, kann das Leitbild<br />

formuliert werden. Danach steht<br />

die <strong>in</strong>terne Evaluation auf dem<br />

Programm. Der didaktische<br />

Arbeitskreis hat – entsprechend<br />

dem Schwerpunkt »Kooperation«<br />

– Methoden der Teamentwicklung<br />

im Klassenzimmer erprobt,<br />

entsprechende SchiLF-<br />

Veranstaltungen organisiert<br />

sowie mit anderen <strong>in</strong>teressierten<br />

Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen Unterrichtsmodelle<br />

zu den Zielen der<br />

Agenda 21 fächer- und abteilungsübergreifend<br />

entwickelt<br />

und im Unterricht durchgeführt.<br />

Neben der Methodenentwicklung<br />

beg<strong>in</strong>nt der DA mit konzeptionellen<br />

Überlegungen zur <strong>in</strong>ternen<br />

Evaluation des Unterrichts.<br />

Informationen auf der CD-ROM »Schul<strong>in</strong>novation 2000«. E<strong>in</strong>e CD-ROM der Schule ist erhältlich unter verwalt@bs3.sw<strong>in</strong>.de.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schulprogramm<br />

Praxisbeispiele f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong>: Pädagogik Heft 2/1998, Heft 11/1999 und Heft 10/2000<br />

Emm<strong>in</strong>ger, E.: <strong>Schulentwicklung</strong> als geme<strong>in</strong>samer Prozess.<br />

In: unterrichten/erziehen, Heft 1/2000, S. 18-22<br />

Hannemann, U.: Mit Schulprogrammen »gute« Schule machen?<br />

In: Schulmanagement, Heft 5/1998, S. 14-17<br />

Philipp, E./Rolff, H.-G.: Leitbilder und Schulprogramme entwickeln.<br />

We<strong>in</strong>heim und Basel 1999<br />

Rolff, H.-G. u. a.: Manual <strong>Schulentwicklung</strong> – Handlungskonzept zur pädagogischen<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>sberatung (SchuB). We<strong>in</strong>heim und Basel 1999<br />

Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schul<strong>in</strong>ternen Evaluation.<br />

CD-ROM (Bezug: ISB)<br />

Die Internet-Suche mit Begriffen wie »Schulprogramm« und »Schulleitbild« ist<br />

ergiebig.<br />

www.kubiss.de/schulen/pvs/pvs4nbg/ (Auf den Internetseiten der Städt. Peter-<br />

Vischer-Schule Nürnberg f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong> Schulprofil und Schulleitbild.)<br />

www.ifs.uni-dortmund.de (Homepage des Instituts für <strong>Schulentwicklung</strong>sforschung<br />

der Universität Dortmund; Materialien zum Herunterladen bef<strong>in</strong>den sich im »Werkzeugkasten«<br />

unter »Folien« und »Module«.)<br />

www.<strong>in</strong>is.stiftung.bertelsmann.de (Homepage der Netzwerke <strong>in</strong>novativer Schulen<br />

und Schulsysteme der Bertelsmann-Stiftung. Zum nationalen Netzwerk (NIS), <strong>in</strong> dem<br />

der Wissenstransfer zwischen Schulen <strong>in</strong> Deutschland gefördert wird, besteht e<strong>in</strong>e<br />

Schul-Datenbank, mit deren Suchmasch<strong>in</strong>e unter dem Innovationsschwerpunkt<br />

»Schulprogramm« zahlreiche Schulen zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d. Außerdem s<strong>in</strong>d Materialien<br />

zum Herunterladen unter »Veröffentlichungen« erhältlich.)<br />

www.qis.at (Homepage des Österreichischen Bildungsm<strong>in</strong>isteriums zum Projekt<br />

»Qualität <strong>in</strong> Schulen« (Q.I.S.); hier s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere die L<strong>in</strong>ks »Leitfaden«/<br />

»Der Weg zum Schulprogramm« <strong>in</strong>teressant.)<br />

http://nibis.ni.schule.de (Im Niedersächsischen Bildungsserver (NiBiS) f<strong>in</strong>den sich<br />

Schulprogramme aus unterschiedlichen Schulen verschiedener Bundesländer und<br />

es wird u. a. e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung zum Zusammenhang von Schulprogrammentwicklung<br />

und Evaluation geboten.)<br />

31<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

Arbeitshilfe<br />

L<strong>in</strong>ks


Neue Lernkultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

3.2 Neue<br />

Lernkultur<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Lernkultur<br />

Auch heute noch ist die Erfahrung vieler Lernender quer durch<br />

alle Bildungse<strong>in</strong>richtungen davon geprägt, dass Unterricht zu<br />

häufig als Frontalunterricht erfolgt. Es ist jedoch offenkundig,<br />

dass diese Art darbietenden Unterrichts nicht automatisch zu den<br />

erhofften Lernergebnissen führt: Motivationsverlust, Wissenslücken,<br />

ger<strong>in</strong>ge Nachhaltigkeit des Lernens, »träges Wissen«,<br />

das nicht flexibel <strong>in</strong> neuen Zusammenhängen angewendet werden<br />

kann, ger<strong>in</strong>ge Problemlösefähigkeit und zu wenig ausgeprägte<br />

Handlungskompetenz bei den Schülern s<strong>in</strong>d – trotz aller<br />

Erfolge des Schulsystems – alarmierende Befunde. Gleichzeitig<br />

verlangen die veränderten globalen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen (vgl.<br />

Kapitel 1) nach Konsequenzen im Schulwesen.<br />

3.2.1 Verständnis des Lehrens und Lernens<br />

Grundlage des lehrerzentrierten Frontalunterrichts ist die Auffassung<br />

des Lehr-/Lerngeschehens als e<strong>in</strong>es Prozesses, bei dem<br />

es dem Lehrenden gel<strong>in</strong>gt, Inhalte so darzubieten, dass der<br />

Lernende am Ende des »Wissenstransports« den vermittelten<br />

Lerngegenstand <strong>in</strong> gleicher Form »im Kopf hat«, also beherrscht,<br />

wie der Lehrende. Diese Vorstellung ist nicht mehr haltbar, neue<br />

Erkenntnisse der Forschung verlangen e<strong>in</strong> anderes Verständnis<br />

des Lehrens und Lernens: Unterricht kann nicht wie bisher von<br />

der Wissensvermittlung (dem Lehren bzw. der Instruktion) her<br />

strukturiert se<strong>in</strong>, sondern muss vom Lernen her (der Wissenskonstruktion)<br />

gedacht werden (He<strong>in</strong>z Mandl). Denn lernen, sich<br />

Wissen zu Eigen machen, also Wissen <strong>in</strong> die <strong>in</strong>dividuelle kognitive<br />

Struktur zu <strong>in</strong>tegrieren, muss jeder E<strong>in</strong>zelne selbst. Dies<br />

bedeutet u. a., dass Unterricht aktive Lernprozesse – e<strong>in</strong>zeln, <strong>in</strong><br />

Tandems, <strong>in</strong> Gruppen – ermöglicht.<br />

E<strong>in</strong> solches Lernen wird stärker fächerübergreifende Fähigkeiten<br />

und Handlungskompetenzen fördern und die Kluft zwischen<br />

Wissen und Handeln verr<strong>in</strong>gern. Geeignete Lernarrangements<br />

wecken die Neugier und die Entdeckerfreude. Aber jeder Lernende<br />

muss auch durch hilfreiche Instruktionen orientiert, angeleitet<br />

und unterstützend begleitet werden. Insofern geht es<br />

nicht um e<strong>in</strong>e völlige Ablösung bisheriger Unterrichtsformen,<br />

sondern darum, e<strong>in</strong>e neue Balance zwischen Phasen der Instruktion<br />

durch den Lehrer und Phasen der Eigenaktivität der Schüler<br />

zu f<strong>in</strong>den.<br />

Guter Unterricht kann also auf sehr verschiedene, aber nicht<br />

auf beliebige Weise gestaltet und gehalten werden, wie überzeugend<br />

wissenschaftlich bewiesen ist. Kennzeichnend ist e<strong>in</strong><br />

Wechsel zwischen systematischem und situativem Lernen sowie<br />

32 33<br />

Verständnis<br />

von Lernprozessen<br />

Instruktion und<br />

Eigenaktivität<br />

Methodenvielfalt


Offene<br />

Unterrichtsformen<br />

Neue Lernkultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

metakognitiver Reflexion. Diesen methodisch variablen Unterricht<br />

muss e<strong>in</strong> Lernklima auszeichnen, das viele entspannte<br />

Gelegenheiten zum <strong>in</strong>tensiven Lernen und genügend anspruchsvolle<br />

Leistungssituationen bietet, und zwar beides im Bewusstse<strong>in</strong><br />

der Schüler klar getrennt. (Franz E. We<strong>in</strong>ert)<br />

3.2.2 Eigenverantwortliches Lernen<br />

als Teil der neuen Lernkultur<br />

Zum Kern der wünschenswerten Lernkultur gehören Verfahrensweisen<br />

im Unterricht, die die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zu<br />

eigenverantwortlichem, selbstständigem Lernen anregen und<br />

befähigen: offene Unterrichtsformen (Freiarbeit, Projekte),<br />

wechselnde Sozialformen (Partner- und Gruppenarbeit), lebenspraktische<br />

Bezüge (Zusammenarbeit mit außerschulischen<br />

E<strong>in</strong>richtungen) u. a. m. Der Lehrkraft kommt dabei verstärkt<br />

die Rolle des Beobachters, Organisators und Moderators von<br />

Lernprozessen zu. Solche Ansätze s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>eswegs neu, schon<br />

die Reformpädagogik entwickelte hierzu verschiedene Modelle.<br />

E<strong>in</strong> modernes Konzept, das Lehren und Lernen systematisch<br />

entwickelt und <strong>in</strong> den Ansatz der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong><br />

<strong>in</strong>tegriert, liefert z. B. He<strong>in</strong>z Klippert mit se<strong>in</strong>en Überlegungen<br />

zum eigenverantwortlichen Arbeiten und Lernen.<br />

34<br />

Eigenverantwortliches Lernen und Arbeiten<br />

➔<br />

Fachkompetenz<br />

➔<br />

➔<br />

Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

PERSÖNLICHE KOMPETENZ<br />

➔<br />

Methodenkompetenz Sozialkompetenz<br />

➔<br />

EIGENVERANTWORTLICHES LERNEN<br />

➔<br />

Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

der Teamfähigkeit<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Lernkultur<br />

Schülerzentriertes, eigenverantwortliches Lernen setzt e<strong>in</strong>erseits<br />

das systematische E<strong>in</strong>üben der notwendigen Kompetenzen<br />

voraus, erfordert andererseits <strong>in</strong> der Folge die systematische<br />

Anwendung des Gelernten im Unterricht. Folgende Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gse<strong>in</strong>heiten<br />

erweisen sich als wesentlich:<br />

Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g bedeutet <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die<br />

schwerpunktmäßige E<strong>in</strong>übung von Arbeitstechniken. Damit<br />

kann bereits <strong>in</strong> der Grundschule begonnen werden. Das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

muss dann sukzessive erweitert werden, z. B. um Techniken<br />

der Informationsbeschaffung (Bibliotheken, Internet usw.), Techniken<br />

der Filmanalyse oder Techniken der Präsentation (Referat,<br />

Folie, computergestütztes Präsentationsprogramm).<br />

Mit Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g ist die systematische E<strong>in</strong>führung<br />

<strong>in</strong> Techniken der Kommunikation <strong>in</strong> entsprechenden Sozialformen<br />

geme<strong>in</strong>t, z. B.: Wie argumentiere ich überzeugend? Wie<br />

höre ich aktiv zu und frage gezielt nach? Welche Formen der<br />

effektiven Arbeitsteilung bei Gruppenarbeiten gibt es?<br />

Teamentwicklung im Klassenzimmer bildet e<strong>in</strong>en dritten grundlegenden<br />

Bauste<strong>in</strong>, da die Partner- oder Teamarbeit <strong>in</strong> diesen<br />

Arbeitsphasen als angemessenste und effektivste Arbeitsform<br />

e<strong>in</strong>e große Rolle spielt. Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler erfahren,<br />

dass komplexe Aufgaben im Team besser bearbeitet werden<br />

können als <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelarbeit. Allerd<strong>in</strong>gs kann die Teamentwicklung<br />

nicht auf die Schüler beschränkt werden – auch Lehrer<strong>in</strong>nen<br />

und Lehrer müssen neue Formen der Zusammenarbeit<br />

entwickeln (vgl. Kapitel 3.4).<br />

3.2.3 Rollenverständnis der Lehrer<br />

Schülerzentrierter Unterricht setzt e<strong>in</strong> entsprechendes Rollenverständnis<br />

der Lehrenden voraus bzw. bewirkt e<strong>in</strong>en Wandel<br />

der bisherigen Rolle. Zwar wird der Lehrer als »Instruktor«<br />

immer nötig se<strong>in</strong>, wesentlich deutlicher wird er aber als Organisator<br />

und Moderator von Lernprozessen <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten.<br />

Für die Lehrkräfte bedeutet dies zunächst Mehraufwand: e<strong>in</strong><br />

Mehr an Zeit für Koord<strong>in</strong>ierungsgespräche mit Kollegen, e<strong>in</strong><br />

Mehr an Arbeit für das Arrangement des Unterrichtsmaterials<br />

für e<strong>in</strong>e offene Lernumgebung. Allerd<strong>in</strong>gs wird dies teilweise<br />

durch den effektiveren, entspannteren Unterrichtsverlauf und<br />

e<strong>in</strong>e höhere Arbeitszufriedenheit aller Beteiligten wieder aufgewogen.<br />

Systematisches Methoden- und Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g setzt<br />

auch voraus, dass e<strong>in</strong>e Teamentwicklung im Kollegium der<br />

Schule stattf<strong>in</strong>det: Die Fachschaften oder die Lehrkräfte e<strong>in</strong>er<br />

35<br />

Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

Teamentwicklung<br />

Teamarbeit


Gesamtkonzept<br />

Strategien zur<br />

Förderung e<strong>in</strong>er<br />

neuen Lernkultur:<br />

➔ Methodenkompetenz stärken<br />

z. B. durch spezifische E<strong>in</strong>heiten<br />

➔ Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs für Lehrkräfte<br />

z. B. im Rahmen schul<strong>in</strong>terner<br />

Lehrerfortbildung<br />

➔ Teambildung im Kollegium<br />

z. B. Klassen- und Fachteams<br />

➔ Bündelung der Aktivitäten<br />

z. B. durch Akzentuierung im<br />

Schulprogramm<br />

Neue Lernkultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Klasse oder Jahrgangsstufe stimmen sich ab, <strong>in</strong> welchem Fach<br />

welche Methode e<strong>in</strong>geübt wird (Beispiel: In welchen Fächern<br />

wird anhand von Schulbuchtexten geübt, wie die wichtigsten<br />

Informationen aus e<strong>in</strong>em Text herausgearbeitet werden?).<br />

Der konkrete E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> den Bereich »neue Lernformen«, z. B.<br />

Stationenlernen, kann dabei so aussehen, dass die Fachschaften<br />

e<strong>in</strong>er Schule (oder Jahrgangsteams, Klassenteams) zu Beg<strong>in</strong>n<br />

des Schuljahres e<strong>in</strong>en Zeitraum absprechen, <strong>in</strong> dem das Methoden-<br />

und Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g schwerpunktmäßig <strong>in</strong> den<br />

entsprechenden Klassen durchgeführt wird. In den höheren<br />

Jahrgangsstufen empfiehlt sich die »Methodenpflege«, um das<br />

Gelernte aufzufrischen und zu vertiefen.<br />

Wichtig ist, dass an der Schule e<strong>in</strong> Gesamtkonzept gefunden<br />

wird, damit die E<strong>in</strong>führung neuer Lehr- und Lernformen nicht<br />

auf dem Engagement weniger beruht, sondern dass – zum<strong>in</strong>dest<br />

nach und nach – e<strong>in</strong> Großteil des Kollegiums e<strong>in</strong>gebunden<br />

werden kann. <strong>Schulentwicklung</strong> lebt von der Akzeptanz e<strong>in</strong>er<br />

breiten Mehrheit im Kollegium.<br />

Diese Zustimmung kann auf verschiedene Weise e<strong>in</strong>geholt werden;<br />

folgende Schritte haben sich als erfolgreich erwiesen:<br />

➔ In Pädagogischen Konferenzen verständigt sich e<strong>in</strong><br />

Kollegium auf die Ziele der Unterrichtsentwicklung.<br />

➔ E<strong>in</strong>e Rahmenplanung (Wer macht was mit wem?) wird<br />

entwickelt.<br />

➔ Durch e<strong>in</strong>e schul<strong>in</strong>terne Lehrerfortbildung – u. U. <strong>in</strong> Kooperation<br />

mit der Akademie <strong>in</strong> Dill<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>em Pädagogischen<br />

Institut oder anderen E<strong>in</strong>richtungen – werden die Lehrkräfte auf<br />

das Vorhaben vorbereitet (vgl. Kapitel 5).<br />

Die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er neuen Lernkultur erfordert auch Veränderungen<br />

<strong>in</strong> der Organisation und im rechtlichen Rahmen von<br />

Schule. Die Schulleitung sollte nach Möglichkeit Lehrkräfte, die<br />

<strong>in</strong> der oben geschilderten Weise kooperieren, geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er bestimmten Klasse oder Jahrgangsstufe e<strong>in</strong>setzen. Ideal<br />

wäre auch e<strong>in</strong>e im Stundenplan festgelegte geme<strong>in</strong>same Stunde<br />

für Absprachen während des Schuljahres. Der Unterricht sollte<br />

fallweise flexibilisiert und rhythmisiert werden können, um<br />

längere Arbeitsphasen zu ermöglichen etc. Ebenso ist e<strong>in</strong>e klare<br />

Trennung zwischen Lern- und Prüfungsphasen nötig, damit<br />

etwa bei anspruchsvollen Problemlöseaufgaben zunächst angstfrei<br />

verschiedene Wege ausprobiert werden können, bevor bei<br />

e<strong>in</strong>er Leistungserhebung der Lernerfolg geprüft wird. Die Bewertung<br />

von im Team erstellten Arbeiten bedarf noch e<strong>in</strong>er<br />

befriedigenden Lösung ... Aber man muss nicht warten, bis alles<br />

36<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Lernkultur<br />

»von oben« geregelt ist – Freiräume, um anzufangen, gibt es<br />

bereits jetzt.<br />

Wenn selbstgesteuertes, handlungsorientiertes Arbeiten den<br />

Schulalltag bestimmt, wird sich auch die Rolle der Lernenden<br />

wandeln (vgl. Kapitel 3.3). Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />

werden erkennen, dass sie (Mit-)Verantwortung für das Erzielen<br />

e<strong>in</strong>es Lernerfolgs haben und sich aktiv mit dem Unterrichtsgegenstand<br />

ause<strong>in</strong>ander setzen müssen. Diese Formen des Unterrichts<br />

s<strong>in</strong>d oft anstrengender, aber auch effektiver und für<br />

alle letztlich mit größeren Erfolgserlebnissen verbunden.<br />

Klippert, H.: Methoden-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Übungsbauste<strong>in</strong>e für den Unterricht.<br />

We<strong>in</strong>heim 2000<br />

Ders.: Kommunikations-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Übungsbauste<strong>in</strong>e für den Unterricht.<br />

We<strong>in</strong>heim, 2000<br />

Ders.: Teamentwicklung im Klassenraum. Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht.<br />

We<strong>in</strong>heim 2001<br />

Klippert, H. und Lohre, W. (Hrsg.): Auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er neuen Lernkultur.<br />

Gütersloh 1999<br />

Mandl, H./Re<strong>in</strong>mann-Rothmeier, G.: Unterrichten und Lernumgebungen gestalten<br />

(= Forschungsbericht Nr. 60). Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl<br />

für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie 1995<br />

Meyer, H.: Unterrichtsmethoden: Band I (Theorie) und Band II (Praxisband).<br />

We<strong>in</strong>heim und Basel 1997<br />

Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.):<br />

Selbständiges Arbeiten und Lernen <strong>in</strong> den Jahrgangsstufen 5 - 10. Band 1.<br />

Donauwörth 2001<br />

We<strong>in</strong>ert, Franz E.: Neue Unterrichtskonzepte zwischen gesellschaftlichen<br />

Notwendigkeiten, pädagogischen Visionen und psychologischen Möglichkeiten,<br />

<strong>in</strong>: Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und<br />

Kunst (Hrsg.): Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum<br />

Bildungskongress, München 1998, S. 101-125<br />

www.gym.moosburg.org/lehrer/lernen_lernen.html (L<strong>in</strong>k-Liste zum »Lernen<br />

lernen«)<br />

www.alp.dill<strong>in</strong>gen.de/projekte/freiarbeit/ (Netzwerk Freies Arbeiten)<br />

www.netzwerk-lernkultur.de/doc/segl<strong>in</strong>ks.htm (kommentierte L<strong>in</strong>ks zum Thema)<br />

www.schulnetz.ch/unterrichten/kontaktforum-ELF (Schweizer Kontaktforum<br />

für Erweiterte Lehr- und Lernformen)<br />

www.iplbayern.de (Initiative Praktisches Lernen e. V.)<br />

www.ullste<strong>in</strong>-realschule-fuerth.de (unter »Unterrichtsmodelle« Beispiele für<br />

Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und handlungsorientierten Unterricht)<br />

www.berufsschulen.de (unter Modellversuch »MUT« Unterrichtskonzepte und<br />

Ideen für den beruflichen Bereich)<br />

http://home.t-onl<strong>in</strong>e.de/home/Paul.Weeger/ue.htm<br />

(Unterrichtsgestaltung nach Klippert)<br />

37<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks


Selbstständigkeit<br />

und Verantwortung<br />

Schülerrolle <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

3.3 Schülerrolle<br />

3.3.1 Der Schüler als Handelnder im Lernprozess<br />

In e<strong>in</strong>er Schule, die unter Lernen e<strong>in</strong>en aktiv-konstruktiven<br />

Prozess versteht, verändert sich auch die Rolle des Schülers. Die<br />

diesem Verständnis von Lernen zugehörigen Formen des Lernens<br />

und Lehrens verlangen von ihm Aktivität, Selbstständigkeit<br />

und Verantwortung. In besonderer Weise trifft dies natürlich<br />

auf die offenen Unterrichtsformen zu:<br />

➔ Das vom Lehrer didaktisch aufbereitete Material erfordert<br />

vom Schüler große Eigenständigkeit bei der Aneignung der<br />

Inhalte.<br />

➔ Für das Ergebnis se<strong>in</strong>es Lernens trägt der Schüler e<strong>in</strong>e<br />

größere Verantwortung als bisher.<br />

➔ Der Lernprozess gel<strong>in</strong>gt nur unter gegenseitiger Rücksichtnahme,<br />

da er häufig <strong>in</strong> Gruppen oder Tandems abläuft.<br />

E<strong>in</strong>en Wandel der Schülerrolle verlangen aber auch andere Entwicklungen:<br />

Das Lernen von Wissen »auf Vorrat« verliert an<br />

Bedeutung gegenüber dem Aufbau von Kompetenzen, die mehr<br />

umfassen als die sog. »Schlüsselqualifikationen«. Verschiedene<br />

gesellschaftliche Entwicklungen weisen der Schule e<strong>in</strong>e bedeutende<br />

Aufgabe bei der Persönlichkeitsbildung junger Menschen<br />

zu. Beide Anliegen bedürfen lebensnaher, handlungsorientierter<br />

38<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schülerrolle<br />

Unterrichtskonzepte, die aktiv beteiligte Schüler voraussetzen.<br />

<strong>Schulentwicklung</strong> verlangt also auch vom Schüler e<strong>in</strong> hohes<br />

Maß an E<strong>in</strong>satz und Anstrengungsbereitschaft. Dies kann nicht<br />

von heute auf morgen erwartet werden. Im Veränderungsprozess,<br />

<strong>in</strong> dem aus e<strong>in</strong>em »Betroffenen« e<strong>in</strong> »Beteiligter« wird,<br />

muss der Schüler Stationen der Veränderung durchlaufen. Es ist<br />

Aufgabe der Schule, ihn dabei zu begleiten und zu unterstützen;<br />

<strong>in</strong>dividuelle Förderung gew<strong>in</strong>nt folglich an Bedeutung.<br />

3.3.2 Schüleraktivierender Unterricht<br />

Eigenverantwortliches Lernen fordert den Schüler, denn die<br />

angewandten Unterrichtsmethoden aktivieren ihn. Von der<br />

Strukturierung e<strong>in</strong>es Textes bis zur Informationsbeschaffung zu<br />

e<strong>in</strong>em Thema, von der Erstellung e<strong>in</strong>es übersichtlichen Hefte<strong>in</strong>trags<br />

bis zur Präsentation von Projektergebnissen, vom Durchlaufen<br />

e<strong>in</strong>es Lernzirkels bis h<strong>in</strong> zur Wochenplanarbeit – der Umgang<br />

mit kle<strong>in</strong>en wie großen Bauste<strong>in</strong>en offenen Lernens verlangt<br />

vom Schüler E<strong>in</strong>satz und Anstrengung.<br />

E<strong>in</strong> Lehrerverhalten, welches auf Problemlösungshilfe, nicht<br />

aber auf das Bereitstellen der Problemlösung an sich gerichtet ist,<br />

zw<strong>in</strong>gt den Schüler zur Selbstorganisation se<strong>in</strong>es Lernprozesses.<br />

Stärker als bisher ist er dazu aufgerufen, für ihn passende Lernund<br />

Arbeitstechniken herauszuf<strong>in</strong>den. Die dabei zu lösenden<br />

Fragen der <strong>in</strong>dividuellen Zeite<strong>in</strong>teilung, der Planung der Hausaufgaben,<br />

der E<strong>in</strong>richtung des Arbeitsplatzes, der Führung e<strong>in</strong>es<br />

Lerntagebuchs etc. haben an vielen Schulen <strong>in</strong> Angeboten zu<br />

»Lernen lernen« bereits E<strong>in</strong>gang gefunden. E<strong>in</strong>em Missverständnis<br />

ist allerd<strong>in</strong>gs vorzubeugen: Im Zeitalter der wachsenden<br />

Informations- und Wissensflut wird gelegentlich <strong>in</strong> der Vermittlung<br />

des lernmethodischen Know-how e<strong>in</strong>e Alternative zur<br />

Aneignung von u. U. kurzfristig veraltenden Kenntnissen gesehen.<br />

Beides ist jedoch wichtig – fundiertes Wissen und formale<br />

Lernkompetenzen (Franz E. We<strong>in</strong>ert).<br />

Lassen die Aufgabenstellungen Raum für <strong>in</strong>dividuelle Arbeitsund<br />

Lösungsstrategien der Schüler sowie Spielraum, der die<br />

Balance zwischen Fordern und Überfordern wahrt, wird e<strong>in</strong>e<br />

solche Aneignung des Lerngegenstands auch Spaß und Freude<br />

machen. Von e<strong>in</strong>er Verwöhnung der Schüler, die angeblich mit<br />

der Individualisierung des Lernprozesses verbunden ist, kann<br />

dabei ke<strong>in</strong>e Rede se<strong>in</strong>. Und die Lehrkräfte erfahren zum<strong>in</strong>dest<br />

e<strong>in</strong>e angenehme Verschiebung ihrer Aktivitäten, oft sogar e<strong>in</strong>e<br />

Entlastung, wenn sie Alternativen zu frontalen Unterrichtsstrukturen<br />

umsetzen.<br />

39<br />

Selbstorganisation<br />

des Lernprozesses<br />

Individualisierung des<br />

Lernprozesses


Verantwortung für<br />

die Arbeit <strong>in</strong> Gruppen<br />

Verantwortung für<br />

Aufgaben im Klassenverband<br />

Verantwortung für<br />

Aufgaben <strong>in</strong>nerhalb der<br />

Schulfamilie<br />

Schülerrolle <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

3.3.3 Persönlichkeitsbildung durch Übernahme<br />

von Verantwortung<br />

Persönlichkeitsbildung braucht die Bewährung <strong>in</strong> Alltagssituationen.<br />

In der Schule ist dies <strong>in</strong> folgenden Feldern möglich:<br />

Zeitgemäßer Unterricht setzt stark auf Gruppen- und Teamarbeit.<br />

Die Schüler müssen allerd<strong>in</strong>gs mit den spezifischen Anforderungen<br />

e<strong>in</strong>er solchen Arbeitsweise vertraut se<strong>in</strong>, bevor sie verantwortlich<br />

Aufgaben <strong>in</strong> der Gruppe erledigen oder e<strong>in</strong>e solche<br />

leiten. So hat es sich bewährt, <strong>in</strong> gezielten Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gse<strong>in</strong>heiten zu<br />

Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es Schuljahres die verschiedenen Organisationsformen<br />

von Gruppenarbeit zu üben, wie sie für längere Stationenarbeit<br />

oder Projekte erforderlich s<strong>in</strong>d. Der hohe Zeitaufwand,<br />

den e<strong>in</strong> Lehrerteam <strong>in</strong> diesem Bereich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Klasse <strong>in</strong>vestiert,<br />

wirkt sich positiv auf den folgenden Unterricht aus.<br />

Die verstärkte Zusammenarbeit der Schüler <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen<br />

wird sich nicht alle<strong>in</strong> auf den Unterricht beschränken, zumal<br />

auch der Klassenverband durch e<strong>in</strong>e neue Lernkultur e<strong>in</strong>e Veränderung<br />

erfährt. Da kann e<strong>in</strong>e Schülergruppe die Programmgestaltung<br />

e<strong>in</strong>es Schullandheimaufenthalts übernehmen, während<br />

e<strong>in</strong>e andere e<strong>in</strong>en moderierten Elternabend vorbereitet. Da<br />

sorgt e<strong>in</strong>e Gruppe für die tägliche Ordnung im Klassenzimmer,<br />

während e<strong>in</strong>e andere die selbstständige Ausarbeitung e<strong>in</strong>es Projekts<br />

übernimmt. Dem (Klassen)lehrer(team) obliegt die Aufgabe<br />

der Beratung und der Bündelung der Aktivitäten; die <strong>in</strong>haltliche<br />

Gestaltung und organisatorische Durchführung kann – unter Beachtung<br />

der rechtlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen – zunehmend den<br />

Schülern übertragen werden. Bei der engeren Zusammen-arbeit<br />

der Schüler <strong>in</strong> Unterricht und Klassenverband ändert sich die<br />

Rolle der Klassensprecher: Sie moderieren Klassenversammlungen,<br />

koord<strong>in</strong>ieren geme<strong>in</strong>sames Handeln und greifen bei Unstimmigkeiten<br />

vermittelnd e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e entsprechende Schulung für<br />

dieses und <strong>in</strong> diesem Amt ist deshalb besonders wichtig.<br />

Vielfältige Aufgaben können auch im Raum der Schule übernommen<br />

werden. Zur Stärkung der eigenen Verantwortung der<br />

Schüler s<strong>in</strong>d etwa die Konfliktlösungsansätze zu sehen, denen<br />

sich Mediations- oder Streitschlichtergruppen an den Schulen<br />

verschreiben (vgl. Kapitel 3.7). Allerd<strong>in</strong>gs bedarf die Befähigung<br />

zur Selbstorganisation der Schüler e<strong>in</strong>er Schulung und Qualifizierung.<br />

Lehrerteams, Betreuungslehrer und Verb<strong>in</strong>dungslehrer<br />

könnten sich <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht als Multiplikatoren und Tra<strong>in</strong>er<br />

verstehen, damit wertvolles Engagement mancher Schüler<br />

nicht deswegen <strong>in</strong>s Leere läuft, weil sich die Bed<strong>in</strong>gungen ihrer<br />

Zusammenarbeit <strong>in</strong> der Gruppe chaotisch gestalteten.<br />

40<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schülerrolle<br />

Zwei Streitschlichter (Mediatoren) berichten über ihre Arbeit ...<br />

»Stellen Sie sich vor: Tim und<br />

N<strong>in</strong>a aus der 6. Klasse können<br />

sich nicht riechen. E<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der<br />

Pause zerrt Tim an N<strong>in</strong>as Jacke<br />

und reißt e<strong>in</strong> Stück e<strong>in</strong>. Nach<br />

der Pause rächt sich N<strong>in</strong>a und<br />

schmeißt Tims Federmäppchen<br />

aus dem 3. Stock. Dabei geht der<br />

Füller kaputt. Was würde ohne<br />

uns geschehen? Wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

erhielten beide e<strong>in</strong>e Schulstrafe,<br />

die Sachen blieben kaputt, und<br />

N<strong>in</strong>a und Tim wären nach wie<br />

vor aufe<strong>in</strong>ander wütend.<br />

Die Konfliktlösung mit Streitschlichtern<br />

sieht anders aus:<br />

Der Lehrer schickt Tim und N<strong>in</strong>a<br />

zu uns und man kommt zu folgendem<br />

Ergebnis: Tim kümmert<br />

sich um die Reparatur von N<strong>in</strong>as<br />

Jacke, N<strong>in</strong>a ersetzt den Füller.<br />

Jetzt s<strong>in</strong>d beide Sieger, ganz<br />

ohne Verweis!<br />

Was wir Mediatoren dabei tun:<br />

Zuerst begrüßen wir die beiden,<br />

sichern ihnen zu, dass niemand<br />

etwas von dieser Unterredung<br />

erfährt, und weisen sie auf<br />

bestimmte Gesprächsregeln h<strong>in</strong>.<br />

Dann erzählt jeder den Streit aus<br />

se<strong>in</strong>er Sicht. Das gibt beiden<br />

die Möglichkeit, die Gefühle und<br />

das Motiv des Gegners zu verstehen.<br />

Nach dieser längsten<br />

Phase kommt das Schwierigste<br />

von allem: Jeder <strong>in</strong> der Runde<br />

lässt sich Lösungen für den<br />

Konflikt e<strong>in</strong>fallen und geme<strong>in</strong>sam<br />

werden nun die herausgesucht,<br />

mit welchen beide (!)<br />

e<strong>in</strong>verstanden s<strong>in</strong>d. Die beste<br />

Lösung halten wir schriftlich <strong>in</strong><br />

Form e<strong>in</strong>es Vertrags fest. Nachdem<br />

beide Streithähne unterschrieben<br />

haben, vere<strong>in</strong>baren<br />

wir e<strong>in</strong> Nachtreffen, um festzu-<br />

3.3.4 Aufbau konstruktiver Beziehungen<br />

Die Entwicklung e<strong>in</strong>er Schule macht vor der Beziehungsebene<br />

nicht Halt, das gilt für die Beziehungen unter den Schülern wie<br />

auch zwischen Schülern und Lehrern. Die Achtung vor dem<br />

Andersdenkenden, das Respektieren der persönlichen Distanz,<br />

aber auch der Wunsch nach sozialem Kontakt und der Nähe<br />

zum Anderen bestimmen das Mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Klasse und Schule.<br />

In e<strong>in</strong>er »Zwangssozietät« wie e<strong>in</strong>er Schulklasse ist es deshalb<br />

für den E<strong>in</strong>zelnen wichtig, dass den Formen des Umgangs<br />

mite<strong>in</strong>ander große Beachtung zugemessen wird. Umgangsformen<br />

können auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em »Sozialtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g« (wie es e<strong>in</strong>zelne<br />

Moderatoren und pädagogische Institute anbieten), thematisiert<br />

und geübt werden. Gegenstand können u. a. se<strong>in</strong>:<br />

➔ Geme<strong>in</strong>sames Erstellen von verb<strong>in</strong>dlichen Regeln für den<br />

Umgang <strong>in</strong> der Klasse, sowohl das Gespräch wie auch das soziale<br />

Mite<strong>in</strong>ander betreffend; dabei s<strong>in</strong>d Vorkehrungen für die E<strong>in</strong>haltung<br />

zu treffen.<br />

➔ Visualisierungsformen für Konfliktfelder <strong>in</strong> der Klasse, z. B.<br />

e<strong>in</strong>e »Kummerwand« oder e<strong>in</strong>en »Sorgenbriefkasten« (Was<br />

stört mich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Klasse? Welches Verhalten verletzt mich?)<br />

➔ E<strong>in</strong>führung von Formen der gegenseitigen Wertschätzung<br />

(Welche positiven D<strong>in</strong>ge kann ich eigentlich über me<strong>in</strong>en<br />

Mitschüler sagen? Welche Geme<strong>in</strong>samkeiten verb<strong>in</strong>den uns?)<br />

Das konstruktive Mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse kann z. B. <strong>in</strong><br />

stellen, ob der Vertrag e<strong>in</strong>gehalten<br />

wurde. Tim und N<strong>in</strong>a<br />

geben ihrem Lehrer e<strong>in</strong>e schriftliche<br />

Mitteilung, dass e<strong>in</strong>e<br />

Schlichtung erfolgt sei. Also<br />

alles bestens!<br />

Warum es uns überhaupt gibt:<br />

Klar, dass es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse<br />

immer wieder Streit unter<br />

Mitschülern gibt. Normalerweise<br />

fällt das ja nicht besonders auf,<br />

denn im Unterricht geht man<br />

sich aus dem Weg und muss<br />

ja nicht mit dem anderen zusammenarbeiten.<br />

Das ist aber<br />

anders, wenn im Unterricht<br />

häufiger <strong>in</strong> Gruppen gearbeitet<br />

wird und man zu e<strong>in</strong>em guten<br />

Ergebnis kommen soll. Da<br />

wird es schwierig, wenn irgendwelche<br />

Konflikte im Raum<br />

stehen und die geme<strong>in</strong>same<br />

Arbeit bee<strong>in</strong>trächtigen.«<br />

41<br />

Umgangsformen


Vertrauen<br />

und Fehlertoleranz<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks<br />

Schülerrolle <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

e<strong>in</strong>em Jahrbuch festgehalten werden, welches die Schüler selbst<br />

herstellen.<br />

➔ Benennung von Erwartungen h<strong>in</strong>sichtlich der Gestaltung<br />

des Lernprozesses und der Gruppen (Mit welchen Arbeitsmaterialien<br />

würde ich gern arbeiten? Welche Hilfe werde ich<br />

wohl benötigen? Wie wünsche ich mir die Arbeit <strong>in</strong> der Organisationsgruppe?<br />

Für welchen Verantwortungsbereich fühle ich<br />

mich geeignet? etc.). Es ist hilfreich, wenn im Verlauf des<br />

Schuljahres immer wieder Reflexionsphasen erfolgen, <strong>in</strong> welchen<br />

die Schüler ihren Arbeitsprozess an den eigenen Erwartungen<br />

messen.<br />

Schüler werden e<strong>in</strong>e neue, aktive Rolle <strong>in</strong>sbesondere auch dann<br />

gern annehmen, wenn sie von Lehrern begleitet werden, die<br />

ihnen etwas zutrauen und als Vorbild agieren. In e<strong>in</strong>er solchen<br />

Atmosphäre, die auch (gegenseitig) Fehler zulässt, gel<strong>in</strong>gt der<br />

Wissenserwerb nach allem, was die Forschung weiß, besser, und<br />

der junge Mensch lernt, se<strong>in</strong>en eigenen Bereich verantwortlich<br />

zu gestalten. Diese fachliche und personale Kompetenz der<br />

Schüler ist letztlich der entscheidende Gradmesser e<strong>in</strong>es gelungenen<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses.<br />

Cube, F. von: Fordern statt verwöhnen. Die Erkenntnisse der Verhaltensbiologie<br />

<strong>in</strong> der Erziehung. München 2000<br />

Grom, B.: Methoden für Religionsunterricht, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.<br />

Düsseldorf 1996<br />

Klippert, H.: Teamentwicklung im Klassenraum. 4., neu ausgestattete Aufl.,<br />

We<strong>in</strong>heim 2000<br />

Kliebisch, U.: Kommunikation und Selbstsicherheit. Interaktionsspiele für<br />

Jugendliche. Mülheim 1995<br />

Ders.: Kooperation und Werthaltung. Interaktionsspiele für Jugendliche.<br />

Mülheim 1995<br />

www.schulberatung.bayern.de/bshag.htm#4 (Erläuterungen zu verschiedenen<br />

Konfliktlösungsmodellen)<br />

www.kubiss.de/schulen/pvs/pvs2nbg/pvsmed00.htm (E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Arbeit e<strong>in</strong>er<br />

Streitschlichtergruppe)<br />

www.hsha.de/ (VS Hauzenberg zur Schulsozialarbeit)<br />

www.member.uni-oldenburg.de/wilhelm.topsch/grundschule/<br />

(Texte zur Rolle der Schüler <strong>in</strong> offenen Unterrichtsformen, zum Klassenrat u. a.)<br />

www.teachsam.de/<strong>in</strong>dex.htm (Lehren & lernen onl<strong>in</strong>e; Portal, u. a. mit e<strong>in</strong>em<br />

Angebot zu Arbeitstechniken)<br />

www.lions-clubs.de (u. a. Lions-Quest-Programm »Erwachsen werden«)<br />

42<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Teamentwicklung<br />

3.4 Teamentwicklung<br />

im Lehrerkollegium<br />

3.4.1 Warum ist Teamentwicklung notwendig?<br />

Lehrkräfte erleben an den Schulen seit Jahren e<strong>in</strong>en beschleunigten<br />

Wandel. So f<strong>in</strong>den sie e<strong>in</strong>erseits veränderte Bed<strong>in</strong>gungen<br />

für Unterricht und Erziehung vor: Schüler, die immer stärker<br />

zum Konsum als zum eigenen Tun neigen, die unter dem E<strong>in</strong>fluss<br />

der Medien andere Bedürfnisse und Interessen entwickeln<br />

als früher, Familien, die <strong>in</strong> ihrer Erziehungsaufgabe teilweise<br />

überfordert ersche<strong>in</strong>en. Auf der anderen Seite ist die Schule<br />

43<br />

Wandel der Ansprüche


»Wir-Gefühl«<br />

Teamentwicklung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

heute auch mit e<strong>in</strong>em Wandel der Ansprüche konfrontiert: mit<br />

höheren Qualitätsansprüchen an den Unterricht und mit Forderungen,<br />

Schülern statt e<strong>in</strong>er großen Menge an Wissen die Fähigkeiten<br />

und die Ich-Stärke zu vermitteln, um sich dem raschen<br />

beruflichen und wirtschaftlichen Wandel anpassen zu können.<br />

Und schließlich haben Schulen heute wesentlich stärker mit<br />

Problemen fertig zu werden, z. B. mit der Integration von<br />

K<strong>in</strong>dern aus unterschiedlichen Kulturkreisen, mit Gewalt oder<br />

Drogen.<br />

Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, hat all dies zu e<strong>in</strong>er<br />

höheren psychischen und physischen Belastung und zum Teil<br />

sogar zur Überforderung der Lehrkräfte geführt. Diese Belastungen<br />

hängen auch zusammen mit dem traditionellen Selbstverständnis<br />

der Lehrkräfte, h<strong>in</strong>ter verschlossener Klassenzimmertür<br />

alles selbst bewältigen und lösen zu müssen, eigene Probleme<br />

eher für sich zu behalten statt sie mit Kollegen zu besprechen.<br />

Die Angst ist immer noch weit verbreitet, nach e<strong>in</strong>em offenen<br />

Gespräch über Schwierigkeiten mit e<strong>in</strong>em Schüler oder e<strong>in</strong>er<br />

Klasse als schlechte Lehrkraft zu gelten.<br />

Was diese E<strong>in</strong>stellung betrifft, zeichnet sich an vielen Schulen<br />

bereits e<strong>in</strong> deutlicher Wandel ab: Die Lehrkräfte haben erkannt,<br />

dass die bestehenden Probleme bisweilen durch den E<strong>in</strong>zelnen<br />

gar nicht zu lösen s<strong>in</strong>d, wohl aber mite<strong>in</strong>ander Verbesserungen<br />

geschaffen werden können. Das setzt voraus, dass Probleme im<br />

Kollegium als geme<strong>in</strong>same Aufgabe und Herausforderung der<br />

gesamten Schule begriffen werden, dass geme<strong>in</strong>sam nach Lösungen<br />

und Perspektiven gesucht und dass gegebenenfalls Hilfe<br />

von außen angenommen wird.<br />

Sich diese Haltung zu Eigen zu machen, bed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> den Kollegien<br />

e<strong>in</strong>en längeren Lernprozess. Lehrkräfte verstehen sich vielerorts<br />

persönlich gut und sprechen viel mite<strong>in</strong>ander, oft auch sehr<br />

kontrovers. Diese gute Ausgangsbasis sollte viel <strong>in</strong>tensiver als<br />

bisher zur konstruktiven Bewältigung schulischer Aufgaben genutzt<br />

werden. Teamentwicklung <strong>in</strong> den Kollegien kann dazu<br />

führen, aus e<strong>in</strong>em Nebene<strong>in</strong>ander (oder sogar Gegene<strong>in</strong>ander)<br />

e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames »Wir-Gefühl« und Mite<strong>in</strong>ander zu entwickeln.<br />

Nicht immer wird man dabei mit dem »heißesten Eisen« anfangen.<br />

E<strong>in</strong> guter Beg<strong>in</strong>n kann die Bearbeitung e<strong>in</strong>es Sachthemas<br />

im Team se<strong>in</strong> (z. B. die Ausarbeitung e<strong>in</strong>es fächerübergreifenden<br />

Projekts).<br />

Teamentwicklung ist immanenter Bestandteil aller Bemühungen<br />

um <strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong>, z. B. der Verwirklichung fächerübergreifenden<br />

und <strong>in</strong>novativen Unterrichts, der Stärkung der<br />

44<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Teamentwicklung<br />

pädagogischen Kompetenz der Schule, der pädagogischen<br />

Schwerpunktsetzung und Profilbildung, der Stärkung der Zusammenarbeit<br />

mit Eltern, der Öffnung gegenüber dem Umfeld<br />

sowie für schul<strong>in</strong>terne und externe Evaluation des Unterrichts<br />

und der Schule. Weiterentwicklung gel<strong>in</strong>gt nachhaltig und<br />

glaubwürdig nur auf der geschilderten Basis.<br />

Viele Erfahrungen belegen, dass es <strong>in</strong> Kollegien, die sich auf<br />

den Weg machen, sehr s<strong>in</strong>nvoll und notwendig se<strong>in</strong> kann, am<br />

Anfang des <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses e<strong>in</strong>e Intensivierung der<br />

Kommunikation und die Bereitschaft zur Kooperation <strong>in</strong> den<br />

Blick zu nehmen. Denn nicht ausgesprochene und nicht geklärte<br />

Konflikte, Probleme zwischen Kollegium und Schulleitung,<br />

häufig aber e<strong>in</strong>fach nur undurchsichtige Abläufe und Entscheidungen<br />

h<strong>in</strong>dern an der Konzentration auf die Aufgabe und an<br />

deren geme<strong>in</strong>samer Bewältigung (vgl. Fallbeispiel).<br />

Fallbeispiel<br />

Kollegium und Schulleitung<br />

e<strong>in</strong>er Hauptschule haben sich<br />

dafür entschieden, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Pädagogischen Konferenz zu<br />

klären, welcher Weg zur Weiterentwicklung<br />

beschritten werden<br />

soll. Man e<strong>in</strong>igt sich im Vorfeld<br />

mit e<strong>in</strong>em externen Moderator,<br />

die neuen Ziele auf der<br />

Grundlage e<strong>in</strong>er Bestandsaufnahme<br />

der aktuellen Situation<br />

geme<strong>in</strong>sam zu erarbeiten.<br />

Nachdem <strong>in</strong> Gruppen zwei<br />

Leitfragen diskutiert wurden:<br />

»Worauf s<strong>in</strong>d wir an unserer<br />

Schule stolz?« und »Was haben<br />

wir bisher versäumt?«, ergibt<br />

die auf der P<strong>in</strong>wand sichtbare<br />

Sammlung der Ergebnisse<br />

mehrere Schwerpunkte:<br />

Stolz s<strong>in</strong>d die Lehrkräfte u. a. auf<br />

das neu gestaltete Schulhaus,<br />

mit dem die Schüler wesentlich<br />

achtsamer umgehen als früher.<br />

Zufrieden s<strong>in</strong>d sie auch mit dem<br />

regen Schulleben und den Ergebnissen<br />

der Projektwochen.<br />

Unzufriedenheit dagegen wird<br />

vor allem geäußert über die<br />

mangelnden Absprachen bei<br />

Problemen <strong>in</strong> den Klassen, die<br />

schlechte Information und E<strong>in</strong>beziehung<br />

der Fachlehrer <strong>in</strong> Entscheidungen.<br />

Bisher versäumt<br />

habe man auch, sich auf geme<strong>in</strong>same<br />

Regeln für die Schüler<br />

zu e<strong>in</strong>igen, da dies immer an<br />

fruchtlosen und kontroversen<br />

Diskussionen gescheitert sei.<br />

In der darauf folgenden Phase<br />

3.4.2 Was bedeutet Teamentwicklung?<br />

E<strong>in</strong> Team zeichnet sich – im Unterschied zur Gruppe – dadurch<br />

aus, dass die Mitglieder e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Ziel haben und über<br />

e<strong>in</strong>e längere Zeitspanne <strong>in</strong> direkter Interaktion und Kommunikation<br />

mite<strong>in</strong>ander stehen. Weitere wichtige Merkmale s<strong>in</strong>d die<br />

Differenzierung der Rollen zwischen den Team-Mitgliedern, geme<strong>in</strong>same<br />

Normen und e<strong>in</strong> Wir-Gefühl.<br />

So gesehen ist nicht jedes Kollegium automatisch e<strong>in</strong> Team. Zu<br />

e<strong>in</strong>em »Team« werden bedeutet daher, sich anderen gegenüber<br />

zu öffnen und Geme<strong>in</strong>samkeit zu lernen: sich über den Berufsalltag,<br />

die tägliche Unterrichts- und Erziehungsarbeit auszutau-<br />

werden die Lehrkräfte vom Moderator<br />

gebeten, zwei Themenbereiche<br />

zu markieren, an denen<br />

sie selbst unbed<strong>in</strong>gt Verbesserungen<br />

erreichen möchten.<br />

Das Ergebnis zeigt, dass e<strong>in</strong>e<br />

große Mehrheit der Kollegen<br />

zwei Veränderungsziele favorisiert:<br />

die Verbesserung der<br />

Absprachen untere<strong>in</strong>ander vor<br />

allem bei Problemen und die<br />

bessere Information und stärkere<br />

Kooperation zwischen Klassenund<br />

Fachlehrern.<br />

Es wird beschlossen, am<br />

nächsten Pädagogischen Tag<br />

diese beiden Zielperspektiven<br />

<strong>in</strong>tensiv zu bearbeiten und<br />

zu befriedigenden Lösungen für<br />

alle zu kommen.<br />

45<br />

Intensivierung der<br />

Kommunikation<br />

»Team«


Vorteile von Teamentwicklung<br />

Teamentwicklung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

schen, unterschiedliche Me<strong>in</strong>ungen und Rollen zu akzeptieren,<br />

Absprachen zu treffen und e<strong>in</strong>zuhalten, sich um Konsens zu<br />

bemühen und sich gegenseitig zu unterstützen. Konflikte offen<br />

und konstruktiv auszutragen gehört genauso dazu, wie sich gegenüber<br />

dem Umfeld solidarisch und offen zu geben. Teamentwicklung<br />

ist also e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlicher Wachstumsprozess e<strong>in</strong>er<br />

Gruppe, der nie abgeschlossen ist.<br />

3.4.3 Was gew<strong>in</strong>nen Schulen durch<br />

Teamentwicklung?<br />

Teamentwicklung führt zu e<strong>in</strong>em besseren Schulklima und<br />

zu größerer pädagogischer Wirksamkeit. Sie kommt daher letztlich<br />

den Schülern zugute, aber auch dem Image der Schule<br />

nach außen.<br />

46<br />

■ Berufszufriedenheit<br />

■ emot<strong>in</strong>ale Entlastung<br />

■ Engagement<br />

■ E<strong>in</strong>fühlungsvermögen<br />

PERSÖNLICHER<br />

WEITERENT-<br />

WICKLUNG<br />

➔<br />

➔<br />

BESSEREN<br />

BEZIEHUNGEN<br />

■ mehr Offenheit<br />

■ mehr Ehrlichkeit<br />

■ Achtung und Respekt<br />

■ Toleranz<br />

■ Vertrauen<br />

TEAMENTWICKLUNG<br />

IM KOLLEGIUM<br />

FÜHRT ZU …<br />

VERSTÄRKTEM<br />

KONSENS<br />

➔<br />

➔<br />

INTENSIVER<br />

KOOPERATION<br />

Ziele ■<br />

Normen ■<br />

Werte ■<br />

Information ■<br />

Absprache ■<br />

Aktion ■<br />

Feedback ■<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Teamentwicklung<br />

3.4.4 Wie kann Teamentwicklung <strong>in</strong><br />

Kollegien gefördert werden?<br />

Teamentwicklung<br />

kann gefördert<br />

werden durch:<br />

➔ Kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Förderung von Kommunikation<br />

und Kooperation<br />

➔ Zielklarheit und e<strong>in</strong>e<br />

geme<strong>in</strong>same Arbeitsaufgabe<br />

für alle Mitglieder<br />

➔ Unterstützung durch<br />

die Schulaufsicht<br />

➔ Klare und kooperative<br />

Führung<br />

➔ Externe Beratung<br />

und Moderation<br />

Schule als geme<strong>in</strong>same Aufgabe zu begreifen bedeutet, geme<strong>in</strong>same<br />

Ziele und Visionen zu entwickeln, die Richtung der Veränderungen<br />

und Innovationen zu def<strong>in</strong>ieren und diese systematisch<br />

und konsequent zu verfolgen.<br />

Beispiele dafür s<strong>in</strong>d die geme<strong>in</strong>same Gestaltung von Projekten<br />

und Projektwochen, e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Bemühen um schülerorientierte<br />

Unterrichtsformen, Praktizieren von Teamteach<strong>in</strong>g,<br />

die geme<strong>in</strong>same Entwicklung von Regeln und Normen oder die<br />

E<strong>in</strong>igung auf e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Konzept für die Elternarbeit.<br />

Teamentwicklung wird maßgeblich ermöglicht durch die Schulleitung.<br />

Voraussetzungen für förderliche Führung s<strong>in</strong>d gegeben, wenn<br />

Schulleiter selbst teamorientiert s<strong>in</strong>d, die unterschiedlichen<br />

Kompetenzen der Lehrkräfte wahrnehmen und wertschätzen,<br />

Kollegen <strong>in</strong> Problemlösungen und Entscheidungen e<strong>in</strong>beziehen,<br />

Aufgaben delegieren und alle nötigen und möglichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

für das Arbeiten <strong>in</strong> Teams schaffen.<br />

Beispiele s<strong>in</strong>d die Aktivierung der Kollegen durch die E<strong>in</strong>führung<br />

teamorientierter Konferenzen und Besprechungen, die Durchführung<br />

klassenbezogener Teamsitzungen und Fachkonferenzen,<br />

die Führung von Mitarbeitergesprächen mit dem Ziel, die Zusammenarbeit<br />

im Kollegium zu steigern, die Zusammenstellung<br />

von Klassenlehrerteams, die Ermöglichung von Teamarbeit<br />

durch günstige Stundenplangestaltung sowie das Schaffen von<br />

Leistungsanreizen.<br />

Teamentwicklung heißt, »ständig im Gespräch bleiben«. Dazu<br />

gehört, <strong>in</strong> regelmäßigen Teamsitzungen die Arbeit an der Schule<br />

geme<strong>in</strong>sam zu reflektieren, Spielregeln für die Zusammenarbeit<br />

47<br />

Zielklarheit und e<strong>in</strong>e<br />

geme<strong>in</strong>same Arbeitsaufgabe<br />

für alle Mitglieder<br />

Klare und kooperative<br />

Führung<br />

Kont<strong>in</strong>uierliche<br />

Förderung von Kommunikation<br />

und Kooperation


Unterstützung durch<br />

die Schulaufsicht<br />

Externe Beratung und<br />

Moderation<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks<br />

Teamentwicklung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

zu erarbeiten und zu modifizieren, Konflikte im Kollegium zu<br />

thematisieren und zu lösen, sich gegenseitig Feedback zu geben<br />

sowie den Entwicklungsprozess zu evaluieren. Erfahrungen an<br />

Schulen zeigen, dass die Kollegien dann e<strong>in</strong>en Prozess durchlaufen,<br />

der von zunehmender Offenheit und <strong>in</strong>tensiverem H<strong>in</strong>terfragen<br />

geprägt ist. Besonders lang gepflegte verdeckte Konflikte<br />

oder Probleme mit der Schulleitung werden selten sofort thematisiert.<br />

Man beg<strong>in</strong>nt besser mit Sachthemen, erst im Verlauf e<strong>in</strong>er<br />

positiven Teamentwicklung werden »heiße Eisen« angepackt.<br />

Beispiel für Anfangsstadium: Thema: »Wie können wir Schüler<br />

besser unterrichten, die schlecht deutsch sprechen?<br />

Beispiel für fortgeschrittenes Stadium: Thema: »Wie können wir<br />

uns im Kollegium gegenseitig mehr respektieren?«<br />

Systematische Maßnahmen der Personalentwicklung können<br />

der Kommunikation und Kooperation an Schulen den Boden<br />

bereiten. Dazu gehören die Berücksichtigung teamförderlicher<br />

Aspekte bei der Zusammensetzung von Lehrerkollegien, die Förderung<br />

und Auswahl von Führungskräften mit Teamführungskompetenzen<br />

sowie die Schaffung der notwendigen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

(Zeit, f<strong>in</strong>anzielle Ressourcen).<br />

Weil Teamentwicklung mit e<strong>in</strong>er Veränderung der persönlichen<br />

E<strong>in</strong>stellungen und mit der Veränderung von Beziehungen<br />

zwischen den Team-Mitgliedern e<strong>in</strong>hergeht, weil deshalb jeder<br />

Beteiligte auch persönlich betroffen ist, kann Unterstützung<br />

oder Supervision von außen sehr hilfreich se<strong>in</strong>. So kann die<br />

Moderation e<strong>in</strong>es Pädagogischen Tages zur Intensivierung der<br />

Kommunikation und Kooperation oder die Mediation bei<br />

Konflikten durch Fachleute, die persönlich nicht <strong>in</strong>volviert s<strong>in</strong>d<br />

und zur Schule <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er unabhängigen Beziehung stehen,<br />

leichter se<strong>in</strong> und zu weitreichenden Entwicklungen führen,<br />

ohne dass die Führungskompetenz des Schulleiters geschwächt<br />

wird (siehe auch Kap. 5). Beratung (»Coach<strong>in</strong>g«) des Schulleiters<br />

kann ausreichen, damit er Teamentwicklungsmaßnahmen<br />

selbst zu steuern vermag.<br />

Holz/Schlamp: Gebrauchsanleitung für erfolgreiche Teamarbeit.<br />

In: SchulVerwaltung <strong>Bayern</strong>, 9/2000<br />

Holz/Schlamp: Von der Chefsache zur Teamsache. In: SchulVerwaltung <strong>Bayern</strong>, 4/2001<br />

Langmaack, B./Braune-Krickau, M.: Wie die Gruppe laufen lernt. We<strong>in</strong>heim 1989<br />

Philipp, E.: Teamentwicklung <strong>in</strong> der Schule. We<strong>in</strong>heim und Basel 1998<br />

www.gym.moosburg.org/ (unter »Lehrer« Beispiele zur <strong>Schulentwicklung</strong>)<br />

www.isb.bayern.de/ghs/<strong>in</strong>dex.htm (Projektdokumentation »Team 2000«)<br />

48<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Gesprächskultur<br />

3.5 Gesprächskultur<br />

Die H<strong>in</strong>wendung zu neuen Formen des Lernens und Lehrens,<br />

die Intensivierung der Elternarbeit oder die Entwicklung e<strong>in</strong>es<br />

Schulprogramms führen zwangsläufig zu e<strong>in</strong>er Veränderung der<br />

Kommunikation <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Schule. Die Entwicklung des<br />

Lehrers vom E<strong>in</strong>zelkämpfer zum Teamkollegen, die <strong>in</strong>tensive<br />

Kooperation des e<strong>in</strong>zelnen (Fach-)Lehrers mit se<strong>in</strong>en Kollegen,<br />

sei es z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahrgangsstufenteam, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fachschaft<br />

oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Steuergruppe, setzt e<strong>in</strong>e konstruktive, an Lösungen<br />

orientierte Kommunikation voraus. Bei geme<strong>in</strong>samem Handeln<br />

s<strong>in</strong>d Toleranz und Wertschätzung angesichts unterschiedlicher<br />

Standpunkte wichtiger denn je, gleichermaßen ist Wissen im<br />

Umgang mit Konflikten notwendig. Die Qualität der Entwicklung<br />

an der Schule hängt auch von der Professionalität des<br />

Lehrerkollegiums <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht ab.<br />

Doch nicht nur unter den Kollegen verlangen die geme<strong>in</strong>same<br />

Entwicklung und Arbeit an Projekten enge Abstimmung und<br />

Koord<strong>in</strong>ation, auch mit den Schülern und Eltern gilt es, auf<br />

kommunikativem Weg Übere<strong>in</strong>stimmung zu erzielen. Wenn<br />

49<br />

»Wertschätzende«<br />

Kommunikation


Kommunikations- und<br />

Konfliktfähigkeit<br />

Zukunftswerkstätten s<strong>in</strong>d Veranstaltungen<br />

zum kooperativen<br />

und kreativen Lösen von Problemen,<br />

wobei die Teilnehmer mit<br />

Unterstützung von Moderatoren<br />

die Inhalte und den Prozess bestimmen.<br />

Zukunftswerkstätten<br />

eröffnen als soziales Problemlösungsverfahren<br />

Chancen, möglichst<br />

viele, ob Lehrer, Eltern,<br />

Schüler oder Mitarbeiter <strong>in</strong> der<br />

Verwaltung, bezogen auf e<strong>in</strong> konkretes<br />

Thema an der Gestaltung<br />

des Kommenden zu beteiligen.<br />

Gesprächskultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

sich e<strong>in</strong>e Schule verändern will, so gel<strong>in</strong>gt das nur auf der Basis<br />

offener und von gegenseitigem Vertrauen getragener Beziehungen<br />

zwischen allen am Schulleben beteiligten Personen.<br />

Aus diesem Grunde ist es notwendig, an jeder Schule Formen<br />

der Kommunikation zu fördern, die trotz der Vielfalt von<br />

Ansichten und Standpunkten dazu führen, dass geme<strong>in</strong>same<br />

Lösungen gefunden werden und das Arbeitsklima gut bleibt.<br />

3.5.1 Was der e<strong>in</strong>zelne Lehrer tun kann ...<br />

Nachhaltige Veränderung setzt auch bei der eigenen Person an.<br />

Ausgangspunkt kann e<strong>in</strong>e schriftliche Befragung der Schüler<br />

(vgl. Kapitel 4) oder die Selbstbeobachtung durch Videoaufzeichnung<br />

während des Unterrichts se<strong>in</strong>. Verschiedene Vorgehensweisen<br />

können helfen, die eigene Kommunikations- und Konfliktfähigkeit<br />

auszubauen, was zu verbesserter Handlungskompetenz<br />

führt. Dabei spielt es ke<strong>in</strong>e Rolle, welchem kommunikationstheoretischen<br />

Ansatz man folgen will, entscheidend ist die<br />

Umsetzung im Alltag.<br />

Günstiger als die Lektüre e<strong>in</strong>schlägiger Publikationen ist das<br />

Lernen durch eigenes Tun. Dass Fortbildungsangebote z. B. aus<br />

folgenden Bereichen wahrgenommen werden, gehört zur Professionalität<br />

der Lehrer:<br />

➔ Gesprächsführung/Rhetorik (z. B. Gordon-Gesprächsführung)<br />

➔ Themenzentrierte Interaktion (TZI)<br />

➔ Moderationsmethode<br />

➔ Konstanzer-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmodell<br />

➔ Teamarbeit<br />

➔ Mediation/Konfliktmanagement<br />

Angebote f<strong>in</strong>den sich im Programm z. B. der Akademie für<br />

Lehrerfortbildung und Personalführung, der Volkshochschulen<br />

und verschiedener Akademien.<br />

Zukunftswerkstatt – e<strong>in</strong> Instrument kreativer Teamarbeit<br />

Vorgegangen wird nach e<strong>in</strong>em<br />

Drei-Phasen-Modell: Nach der<br />

Bestandsaufnahme <strong>in</strong> der Beschwerde-<br />

bzw. Kritikphase werden<br />

Utopien entwickelt, die<br />

schließlich <strong>in</strong> der Verwirklichungsund<br />

Praxisphase auf ihre Realisierbarkeit<br />

h<strong>in</strong> überprüft werden.<br />

Projekte, die umsetzbar s<strong>in</strong>d, werden<br />

ausgewählt und bearbeitet.<br />

Alle an der Schule Beteiligten<br />

können mitwirken. Zukunftswerkstätten<br />

können sich über<br />

e<strong>in</strong>en Tag als schul<strong>in</strong>terne Fortbil-<br />

50<br />

dung, aber auch als Klausurtagung<br />

über mehrere Tage<br />

erstrecken. Gegenstand s<strong>in</strong>d<br />

aktuelle Themen wie »Neue<br />

Schüler – alte Schule«, »Lernwerkstatt<br />

für Klassensprecher«,<br />

»Verbesserungen für den<br />

Schulalltag an der eigenen<br />

Schule« etc. In jedem Falle werden<br />

nicht zuletzt durch den<br />

ganzheitlichen Ansatz umfassend<br />

Perspektiven für die Zukunft<br />

der eigenen Schule oder des<br />

Unterrichts entwickelt.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Gesprächskultur<br />

3.5.2 Was Teams, Kle<strong>in</strong>gruppen und Kollegien<br />

tun können ...<br />

Bewährte Selbsthilfemaßnahmen beim Umgang mit Kommunikationsstörungen<br />

und Konflikten stellen kollegiale Beratung<br />

und offenes Mite<strong>in</strong>ander dar:<br />

➔ offene Gespräche zwischen den Betroffenen (nicht über sie)<br />

bei Unstimmigkeiten, Streit oder e<strong>in</strong>em Konflikt, evtl. im Beise<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>es neutralen Dritten;<br />

➔ E<strong>in</strong>haltung des »offiziellen Beschwerdeweges« für Schüler<br />

und Eltern (Fachlehrer, Klassenlehrer, Verb<strong>in</strong>dungslehrer, Schulleitung)<br />

<strong>in</strong>nerhalb der Schule;<br />

➔ Unterrichtshospitationen mit e<strong>in</strong>em Beobachtungsschwerpunkt,<br />

z. B. Gesprächsverhalten des Lehrers unter Zuhilfenahme<br />

e<strong>in</strong>es Beobachtungsbogens (vgl. Konstanzer Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmodell);<br />

➔ E<strong>in</strong>richten e<strong>in</strong>er Intervisionsgruppe, um durch problem- und<br />

ergebnisorientierte Kommunikation mit Kollegen zur Optimierung<br />

der täglichen Arbeitsaufgaben zu gelangen.<br />

Systematische Entwicklung von Kommunikationsstrukturen<br />

Ziel ist es, bereits bestehende<br />

schulische E<strong>in</strong>richtungen und<br />

neu gegründete Initiativen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em ganzheitlichen Kommunikationskonzeptzusammenwirken<br />

zu lassen. Schüler, Eltern,<br />

Elternbeirat, Schulleitung und<br />

Lehrer können gleichermaßen<br />

Adressaten des Projekts wie<br />

Beteiligte se<strong>in</strong>. Sie f<strong>in</strong>den durch<br />

Tra<strong>in</strong>er, Konfliktmanager und<br />

externe Berater Unterstützung.<br />

Durch Orientierungshilfen,<br />

Konfliktprävention, thematische<br />

Projekttage und kommunikationsfördernde<br />

Maßnahmen<br />

kann sich allmählich e<strong>in</strong>e<br />

spezifische Kommunikationskultur<br />

und Identität <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er<br />

Schule entwickeln.<br />

Bereiche möglicher Aktivitäten<br />

➔ Lehrersem<strong>in</strong>ar – Konfliktgespräche:<br />

Gleichermaßen für<br />

Studienreferendare, für Berufsanfänger<br />

oder erfahrene Kollegen<br />

geeignet – das Durchexerzieren<br />

von Konfliktsituationen<br />

im Gespräch mit Unterstützung<br />

e<strong>in</strong>es Experten, z. B. im Rollenspiel<br />

mit Nachbesprechung.<br />

➔ Elternsem<strong>in</strong>ar – Offene<br />

Gespräche: Den Eltern der E<strong>in</strong>gangsklassen<br />

wird e<strong>in</strong> thematischer<br />

Info- bzw. Gesprächs-<br />

Gesprächstechniken und Verständnis lassen sich gezielt <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en<br />

Lehrerteams, Steuergruppen, Arbeitskreisen oder ganzen<br />

Kollegien sowohl auf freiwilliger als auch verpflichtender Basis<br />

schulen. Das geschieht entweder <strong>in</strong>tern bei Pädagogischen Tagen,<br />

Klausurtagungen mit Fachleuten aus dem Schulwesen, der<br />

Wirtschaft oder Hochschule (Schulpsychologen, Tra<strong>in</strong>ern oder<br />

Moderatoren usw.) oder extern <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen der Lehrerfortbildung,<br />

Bildungsakademien, Volkshochschulen etc.<br />

Die Weiterentwicklung der Gesprächs- und Streitkultur an<br />

Schulen kann durch moderierte Konferenzen, Arbeitskreissitzungen<br />

und Teambesprechungen gefördert werden. Nicht nur<br />

abend angeboten, an dem <strong>in</strong><br />

Theorie und Praxis unter Anleitung<br />

e<strong>in</strong>es Fachmannes (evtl.<br />

aus der Elternschaft) Gesprächsführung,<br />

offene Gespräche oder<br />

auch Konfliktgespräche<br />

erprobt werden.<br />

➔ Schülersem<strong>in</strong>ar – Mediation:<br />

Schüler aller Altersstufen<br />

erhalten die Gelegenheit, e<strong>in</strong><br />

»Konfliktmanagement-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g«<br />

zu absolvieren, um so ihre soziale<br />

Kompetenz zu stärken<br />

und untere<strong>in</strong>ander Konflikte<br />

auf verträgliche Art auszutragen.<br />

51<br />

Selbsthilfemaßnahmen<br />

Streitkultur


Störung als Chance<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks<br />

Gesprächskultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

das E<strong>in</strong>gehen auf andere und das Geltenlassen der Me<strong>in</strong>ung der<br />

Kollegen werden hier geübt, sondern auch das ziel- und ergebnisorientierte<br />

Kooperieren.<br />

Wenn e<strong>in</strong>e Schule sich auf den Weg macht, bleiben Konflikte<br />

nicht aus. Jede Störung birgt aber auch Chancen, eröffnet neue<br />

Perspektiven und <strong>in</strong>itiiert womöglich Kurskorrekturen. E<strong>in</strong>e<br />

Schule, die ihre Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> klarer Zielorientierung<br />

zu eigenverantwortlichen Menschen und mündigen<br />

Bürgern erziehen will, muss als Lebens-, Lern- und Begegnungsraum<br />

wertschätzende Kommunikation und kollegiale Konfliktlösung<br />

vorleben. Wenn Lehrer nicht zusammenarbeiten,<br />

können sie es von den Schülern nicht verlangen. Wenn Theorie<br />

und Praxis aber e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit bilden, wenn das Verhalten von<br />

Lehrer<strong>in</strong> und Lehrer den vermittelten Lern<strong>in</strong>halten entspricht,<br />

dann ist die beste Voraussetzung für überzeugendes Unterrichten<br />

und Erziehen gegeben.<br />

Besemer, Ch.: Mediation - Vermittlung <strong>in</strong> Konflikten. Darmstadt 1994<br />

Burow, O.-A./Neumann-Schönwetter, M. (Hrsg.):<br />

Zukunftswerkstatt <strong>in</strong> Schule und Unterricht. Hamburg 1997<br />

Glasl, F.: Konfliktmanagement. Handbuch für Führungskräfte und Berater. Bern 1994<br />

Hendriksen, J.: Intervision - Kollegiale Beratung <strong>in</strong> Sozialer Arbeit und Schule.<br />

We<strong>in</strong>heim und Basel 2000<br />

Höher, P./Höher, F.: Konfliktmanagement – Konflikte kompetent erkennen und lösen.<br />

Freiburg 2000<br />

Miller, R. (Hrsg.): Schule gestalten. We<strong>in</strong>heim u. Basel 1996<br />

Pädagogik 10/1997: Konflikte <strong>in</strong> der Schule<br />

www.klg.mus<strong>in</strong>.de/ (Klenze-Gymnasium München: Zukunftswerkstatt)<br />

www.ullste<strong>in</strong>-realschule-fuerth.de (Leopold-Ullste<strong>in</strong>-Realschule: Leitbild)<br />

www.schulen.regensburg.de/rsaj/ (Realschule am Judenste<strong>in</strong>)<br />

52<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Zusammenarbeit mit Eltern<br />

3.6 Zusammenarbeit<br />

zwischen<br />

Eltern und Schule<br />

3.6.1 Gegenwärtige Bed<strong>in</strong>gungen<br />

der Zusammenarbeit<br />

Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus ist e<strong>in</strong>e<br />

entscheidende Bed<strong>in</strong>gung für die Schulqualität. Insofern ist<br />

es nur konsequent, wenn <strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong> dieses<br />

Mite<strong>in</strong>ander stark betont. Handlungsbedarf resultiert aus mehreren<br />

Entwicklungen:<br />

➔ Das Nebene<strong>in</strong>ander unterschiedlicher Lebensstile sowie die<br />

veränderten Familienstrukturen wirken sich direkt auf die<br />

Schule aus. E<strong>in</strong>e Neubestimmung des Zusammenspiels zwischen<br />

Eltern und Schule im Bereich Erziehung ist notwendig.<br />

➔ Die Balance zwischen »Wissensvermittlung« und »Erziehung«<br />

als den Aufgaben der Schule wird neu bestimmt, mit<br />

e<strong>in</strong>er stärkeren Akzentuierung des Erzieherischen. Dies be<strong>in</strong>haltet<br />

zum Teil e<strong>in</strong>e Neuorientierung der Lehrerrolle.<br />

➔ Schulleitung und Lehrkräfte sehen sich häufig sehr unterschiedlichen<br />

Erwartungen der Eltern gegenüber. Gleichzeitig<br />

wird die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrags an<br />

den Schulen, gerade auch durch e<strong>in</strong>zelne Lehrer, von e<strong>in</strong>em<br />

Teil der Eltern sehr <strong>in</strong>tensiv beobachtet, analysiert und bewertet.<br />

Für pädagogisches und unterrichtliches Wirken werden<br />

Erklärungen erbeten, zum Teil wird Mitsprache e<strong>in</strong>gefordert.<br />

53


Geme<strong>in</strong>sames<br />

Anliegen<br />

Zusammenarbeit mit Eltern <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Schule muss sich heute also auch <strong>in</strong> neuer Weise rechtfertigen.<br />

Diese Entwicklung darf sie aber nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Verteidigungsposition<br />

br<strong>in</strong>gen, im Gegenteil: Sie sollte offensiv als Chance<br />

begriffen werden, möglichst alle Eltern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Mitverantwortung<br />

für ihre K<strong>in</strong>der und für die Schule als Ganzes e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />

E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule<br />

führt zur Klärung der Rollen und Aufgaben sowie zu e<strong>in</strong>em besseren<br />

gegenseitigen Verständnis. Diese Kooperation zu entwickeln<br />

braucht e<strong>in</strong>en langen Atem und <strong>in</strong>tensives Bemühen auf beiden<br />

Seiten. Aber beide s<strong>in</strong>d am Gel<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>teressiert, da sie e<strong>in</strong><br />

geme<strong>in</strong>sames Anliegen e<strong>in</strong>t: K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen die bestmögliche<br />

Förderung und Bildung zu ermöglichen und sie so zu<br />

qualifizieren, dass sie für ihr zukünftiges Leben gut gerüstet s<strong>in</strong>d.<br />

3.6.2 Bereiche der Zusammenarbeit<br />

Die Bereiche der Zusammenarbeit leiten sich z. B. aus folgenden<br />

Fragestellungen ab:<br />

➔ Welche Wertvorstellungen vertreten und setzen wir um im<br />

schulischen Alltag und außerhalb der Schule? Gibt es <strong>in</strong> den<br />

Bereichen »Wertvorstellungen« und »Erziehung« e<strong>in</strong>en<br />

Konsens von Kollegium, Schulleitung, Eltern und Schülern?<br />

➔ Welche Aktivitäten haben sich im schulischen Alltag bewährt<br />

(z. B. die Mitgestaltung von schulischen Festen oder Exkursionen)<br />

und welche neuen Wege sollen beschritten werden (z. B.<br />

die Teilnahme von Eltern an Unterrichtsstunden zum Kennenlernen<br />

neuer Methoden, etwa am Tag der offenen Tür)?<br />

➔ Wäre e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Projektgestaltung denkbar? Die breite<br />

Palette von Möglichkeiten reicht von Projekten zur Pausen-,<br />

Exkursions- und Schulhausgestaltung über Sonderaktionen<br />

(z. B. autofreier Schultag an beruflichen Schulen) bis h<strong>in</strong> zur<br />

geme<strong>in</strong>samen Schuljahresplanung, etwa im H<strong>in</strong>blick auf<br />

außerunterrichtliche Aktivitäten wie Projekttage, Schüleraustausch<br />

usw.<br />

➔ Inwieweit besteht Bereitschaft für (f<strong>in</strong>anzielle) Unterstützung<br />

<strong>in</strong> Form von Zuwendungen für Preise, von sachbezogenen<br />

Spenden, <strong>in</strong>dividuellem Sponsor<strong>in</strong>g, aber auch im H<strong>in</strong>blick auf<br />

e<strong>in</strong>e Öffnung gegenüber Firmen, z. B. bei der E<strong>in</strong>führung von<br />

modernem Schulmanagement?<br />

➔ Welche Möglichkeiten bestehen, die berufliche und gesellschaftliche<br />

Kompetenz der Eltern e<strong>in</strong>zubeziehen, z. B. im Fachund<br />

Wahlunterricht, bei Veranstaltungen zur beruflichen<br />

Orientierung und bei der Kooperation zwischen Schule und<br />

Wirtschaftsunternehmen?<br />

54<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Zusammenarbeit mit Eltern<br />

3.6.3 Bauste<strong>in</strong>e der Elternarbeit<br />

Der Kommunikation <strong>in</strong> vorurteilsfreier Atmosphäre ohne<br />

Misstrauen und Ängste kommt große Bedeutung zu. »Vertrauensbildende<br />

Maßnahmen« können durch folgende Bauste<strong>in</strong>e<br />

der Elternarbeit gefördert werden:<br />

➔ Moderierte Elternabende, die möglichst mit Beteiligung der<br />

Schüler stattf<strong>in</strong>den und die Eltern <strong>in</strong> den Verlauf <strong>in</strong>tensiv e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den.<br />

Beispiel: E<strong>in</strong> moderierter Klassenelternabend der 8. Jahrgangsstufe,<br />

vorbereitet von e<strong>in</strong>er Schülergruppe. Am Flipchart hängt<br />

die Tagesordnung, durch das Programm führt die Klassensprecher<strong>in</strong>.<br />

An den Gruppentischen werden <strong>in</strong> aus Lehrer(n), Eltern<br />

und Schüler(n) bestehenden Gruppen die vere<strong>in</strong>barten Themen<br />

diskutiert, etwa: Wie können gute Schüler ihren schwächeren<br />

Mitschülern helfen? Welche Möglichkeiten gibt es, dass sich<br />

Eltern und Schüler über den Unterricht h<strong>in</strong>aus engagieren?<br />

Eltern präsentieren die Ergebnisse der Tischgruppen. Zum<br />

Abschluss werden die Maßnahmen zusammengestellt, die man<br />

geme<strong>in</strong>sam anpacken möchte (z. B. Hausaufgabendienst bei<br />

Erkrankungen bzw. begründeter Abwesenheit von Schülern).<br />

➔ Geme<strong>in</strong>same Pädagogische Abende für Lehrer und Eltern:<br />

Bewährt haben sich z. B. Gespräche mit Experten zu e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Thema, etwa »Veränderung der Eltern- und Lehrerrolle<br />

<strong>in</strong> der Pubertät der Schüler«.<br />

➔ Pädagogische Workshops für Eltern, die e<strong>in</strong>e aktive Beteiligung<br />

ermöglichen (z. B. Durchführung e<strong>in</strong>er Lernspirale zum Thema:<br />

»Wie bereitet e<strong>in</strong> Schüler e<strong>in</strong>e Klassenarbeit richtig vor?«).<br />

Dabei erleben Eltern Unterricht hautnah, <strong>in</strong>dem sie mit denselben<br />

Methoden arbeiten wie ihre K<strong>in</strong>der.<br />

➔ Geme<strong>in</strong>same Fortbildung von Lehrern und Eltern, beispielsweise<br />

zum Thema »Kommunikation und Konfliktlösung«;<br />

e<strong>in</strong> Bauste<strong>in</strong> könnten Techniken der Gesprächsführung <strong>in</strong> der<br />

Elternsprechstunde se<strong>in</strong>.<br />

➔ EPA-Elterntra<strong>in</strong><strong>in</strong>g (European Parents Association), <strong>in</strong> dem<br />

Eltern <strong>in</strong> Moderationsmethoden geschult werden, um geme<strong>in</strong>sam<br />

Problemlösungen zu f<strong>in</strong>den.<br />

3.6.4 Der strukturelle Rahmen<br />

der Zusammenarbeit<br />

Innerhalb des Schulbetriebs ist es s<strong>in</strong>nvoll, e<strong>in</strong>e offene Gesprächskultur<br />

zu pflegen und diese durch e<strong>in</strong>en strukturellen<br />

Rahmen zu verankern. Die genannten »Bauste<strong>in</strong>e« der Elternarbeit<br />

benötigen e<strong>in</strong> tragendes Fundament und müssen durch<br />

55<br />

»Vertrauensbildende<br />

Maßnahmen«<br />

Offene<br />

Gesprächskultur


Mitwirkung <strong>in</strong><br />

Gremien<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks<br />

Zusammenarbeit mit Eltern <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

organisatorische Klammern zusammengehalten werden, damit<br />

sich nachhaltige Zusammenarbeit verwirklichen lässt. Im Schulalltag<br />

kann diese zum Beispiel durch folgende Maßnahmen Gestalt<br />

annehmen:<br />

➔ Jour fixe des Elternbeirats mit der Schulleitung,<br />

➔ pädagogische Konferenz mit Beteiligung des Elternbeirats,<br />

➔ geme<strong>in</strong>sam von Schule und Eltern gestalteter, vom Schulleiter<br />

verantworteter regelmäßiger »Schulbrief« als Mitteilungsorgan<br />

aller Beteiligten,<br />

➔ regionale Vernetzung mit anderen Schulen und Institutionen,<br />

z. B. als »Forum Eltern-Lehrer-Schüler« (FELS).<br />

Für die Tragfähigkeit des <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses kommt<br />

aber auch der Gremienarbeit große Bedeutung zu. Hier gilt<br />

es u. a., die Funktion des Schulforums zu stärken. Überlegungen,<br />

diesem Gremium mehr Entscheidungskompetenz zu überantworten,<br />

zielen dabei ebenso <strong>in</strong> diese Richtung wie Vorschläge,<br />

die Mitwirkungsmöglichkeiten für die Eltern auszubauen (Mitarbeit<br />

der Eltern am Leitbild der Schule usw.).<br />

Unterstützung erhält diese Arbeit durch die Elternverbände oder<br />

die Fortbildungse<strong>in</strong>richtungen. Damit die Schulen – auch im<br />

H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e verstärkte Elternmitwirkung – vone<strong>in</strong>ander<br />

lernen und ihre Erfahrungen austauschen können, wäre die<br />

Nutzung des Internet hilfreich. E<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>stieg bietet das <strong>Schulentwicklung</strong>sportal<br />

(vgl. unten).<br />

Brandau, J.: Mite<strong>in</strong>ander geht’s besser. Wien 1984<br />

Hepp, G. (Hrsg.): Eltern als Partner und Miterzieher <strong>in</strong> der Schule.<br />

Wege und Möglichkeiten zu e<strong>in</strong>er pädagogischen Kooperation. Stuttgart 1990<br />

Kowalczyk, W./Ottich, K.: Erfolgreich starten: Elternabende mit Pfiff.<br />

In: Pädagogische Welt 47 (1993), S. 398-405<br />

Miller, R.: »Mit Lehrern kann man ja doch nicht reden!«<br />

»Eltern wissen immer alles besser!« Über den geduldigen Aufbau der<br />

Kommunikation. In: Pädagogik 44 (1992), S. 26-30<br />

www.km.bayern.de/eltern/<strong>in</strong>dex.html (Eltern-Seite des Staatsm<strong>in</strong>isteriums)<br />

www.km.bayern.de/schulentwicklung (<strong>Schulentwicklung</strong>sportal des<br />

Staatsm<strong>in</strong>isteriums)<br />

www.bildungsserver.de/ (unter »Eltern« L<strong>in</strong>ks zu Elternvere<strong>in</strong>igungen)<br />

www.epa-parents.org (European Parents’ Association)<br />

www.ph-heidelberg.de/org/ifw/lili/elternarbeit.htm (Literaturliste)<br />

56<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Mitwirkung<br />

3.7 Mitwirkung<br />

und Mitgestaltung<br />

In den letzten Jahrzehnten haben sich viele Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

mit großer Dynamik verändert und damit auch e<strong>in</strong>e andere<br />

Ausgangslage für Handeln im (staatlichen) Bildungssystem geschaffen.<br />

Insbesondere hat es sich herausgestellt, dass zahlreiche<br />

Aufgaben der Schule nicht mehr e<strong>in</strong>heitlich zentral geregelt<br />

werden müssen, sondern dass es günstiger ist, sie <strong>in</strong> die Verantwortung<br />

der E<strong>in</strong>richtung vor Ort zu legen. Die gleiche Entwicklung<br />

ist <strong>in</strong>nerhalb der E<strong>in</strong>zelschule notwendig: Aufgaben und<br />

Verantwortung werden von der Schulleitung an Teams oder<br />

E<strong>in</strong>zelne delegiert, die Lehrkräfte und – je nach Gegebenheit –<br />

auch die Eltern und Schüler werden <strong>in</strong> Entscheidungsprozesse<br />

e<strong>in</strong>bezogen. Folglich müssen die Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e<br />

solche Mitwirkung und Mitgestaltung, für »Demokratie <strong>in</strong> der<br />

57<br />

Demokratie <strong>in</strong> der Schule


Regelung im Konsens<br />

Übernahme von<br />

Verantwortung<br />

Mitwirkung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Schule«, ausgebaut werden. Zwei Felder, die <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander greifen<br />

und sich gegenseitig bed<strong>in</strong>gen, verdienen dabei besondere<br />

Aufmerksamkeit:<br />

➔ Pr<strong>in</strong>zipien der Gestaltung und der Verwaltung der Schule;<br />

➔ demokratische Pr<strong>in</strong>zipien als Leitgedanken <strong>in</strong> Unterricht<br />

und Erziehung.<br />

Demokratie <strong>in</strong> der Schule me<strong>in</strong>t etwas anderes als die spiegelbildliche<br />

Übertragung e<strong>in</strong>es parlamentarischen Systems bzw. der<br />

entsprechenden Verfahrensweisen auf den schulischen Bereich.<br />

In der modernen Schule müssen sich Prozesse und Gegebenheiten<br />

entwickeln, die über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum für alle<br />

Beteiligten gültige Arbeitsgrundlage s<strong>in</strong>d. Dies gel<strong>in</strong>gt nicht alle<strong>in</strong><br />

mit Mehrheitsentscheidungen. Möglichst alle – Lehrer, Schüler,<br />

Eltern – müssen e<strong>in</strong>bezogen und auf Dauer motiviert werden.<br />

Dazu bedarf es der Regelung im Konsens. Zu begründen ist dieser<br />

Anspruch zudem damit, dass die meisten Prozesse <strong>in</strong> der Schule<br />

kommunikative Beziehungen zwischen Menschen betreffen.<br />

Gerade deshalb bedarf es sensibler Vorgehensweisen, die auf<br />

Konsens und geme<strong>in</strong>same Vere<strong>in</strong>barung h<strong>in</strong> angelegt s<strong>in</strong>d.<br />

Demokratie <strong>in</strong> der Schule heißt also Entwicklung e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>barungskultur<br />

zwischen allen Beteiligten und zwischen allen<br />

Ebenen.<br />

Demokratisierungsprozesse im Bereich der Gestaltung und Verwaltung<br />

der e<strong>in</strong>zelnen Schule s<strong>in</strong>d durchaus möglich. E<strong>in</strong>e<br />

zentrale Rolle spielen dabei – wiederum auf allen Ebenen – die<br />

Übernahme (und damit verbunden auch die Übergabe) von<br />

Verantwortung sowie die Eigenständigkeit und Selbstbestimmtheit<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es bildungspolitisch und juristisch vorgegebenen<br />

Rahmens als Voraussetzung für die Selbstorganisation der<br />

Schule. In Verb<strong>in</strong>dung mit kont<strong>in</strong>uierlicher Evaluation kann<br />

dann die Schule ihre Arbeit entsprechend ausgestalten. In der<br />

Diskussion s<strong>in</strong>d u. a. folgende Ansätze:<br />

➔ Die Schule entscheidet – im vorgegebenen Rahmen – eigenständig<br />

über F<strong>in</strong>anz- und Zeitbudgets, z. B. über die Verteilung<br />

von Lehrerstunden; auch bei der E<strong>in</strong>stellung von Lehrkräften<br />

ist die Mitentscheidung der Schule gefragt.<br />

➔ Bestimmte pädagogische Belange der Schule werden <strong>in</strong> Teams<br />

bearbeitet. Die so vorbereiteten Entscheidungen werden geme<strong>in</strong>schaftlich<br />

getroffen und von Lehrern, Schülern und Eltern<br />

mitgetragen und mitverantwortet. Dazu werden geeignete<br />

Strukturen für die Zusammenarbeit geschaffen bzw. bestehende,<br />

gesetzlich vorgesehene Gremien der Lehrer, Schüler und<br />

Eltern stärker mite<strong>in</strong>ander vernetzt.<br />

58<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Mitwirkung<br />

➔ Die Schulleitung ist stärker auf kollegiale Zusammenarbeit<br />

und Unterstützung von <strong>in</strong>nen (»kollegiale Schulleitung« im<br />

Team) angelegt. Gleichermaßen gew<strong>in</strong>nt die Zusammenarbeit<br />

mit dem Sachaufwandsträger, mit der Schulaufsicht und den<br />

Partnern <strong>in</strong> der Region an Bedeutung.<br />

➔ Die lokale Kooperation mit den Kirchen, mit Wirtschaftsbetrieben,<br />

Vere<strong>in</strong>en, Behörden etc. öffnet die Schule und ermöglicht<br />

e<strong>in</strong>e Orientierung von Bildung und Erziehung am<br />

»Ernstfall Leben« (vgl. Kapitel 3.8).<br />

➔ Möglichst alle Beteiligten, vor allem auch die K<strong>in</strong>der und<br />

Jugendlichen, sollten <strong>in</strong> die Entscheidungsprozesse nach ihren<br />

jeweiligen Möglichkeiten e<strong>in</strong>bezogen werden, etwa im Rahmen<br />

von Schulparlamenten.<br />

Demokratische Schulkultur verlangt e<strong>in</strong> entsprechendes Rollenverständnis<br />

bei allen an Schule Beteiligten. Kommunikation<br />

und Kooperation s<strong>in</strong>d besonders wichtig, Abschottung und<br />

E<strong>in</strong>zelkämpfertum müssen überwunden werden. Folgende Beispiele<br />

sollen schlaglichtartig aufzeigen, was <strong>in</strong> der Praxis vor<br />

diesem H<strong>in</strong>tergrund möglich ist und z. T. auch bereits an e<strong>in</strong>zelnen<br />

Schulen vollzogen wird, wie man beim Bildungskongress<br />

<strong>in</strong> Augsburg im April 2000 sehen konnte. Es genügt nicht, über<br />

Demokratie zu reden, man muss sie leben. Dazu gibt es im<br />

schulischen Kontext e<strong>in</strong>e ganze Reihe von konkreten Handlungsbereichen.<br />

Handlungsbereiche<br />

➔ Aufbau e<strong>in</strong>es Vertrauensverhältnisses<br />

zwischen<br />

Elternhaus und Schule<br />

➔ Übernahme von<br />

Verantwortung für das<br />

gesamte Schulleben<br />

➔ Partnerschaftlicher Umgang<br />

mit Konflikten<br />

➔ Selbstbestimmtheit <strong>in</strong><br />

Lernprozessen<br />

Durch verstärkte Kommunikation zwischen Eltern, Lehrern<br />

und Schülern können mehr Transparenz, höheres Problembewusstse<strong>in</strong><br />

und konsequentes Handeln im alltäglichen Mite<strong>in</strong>ander<br />

erreicht werden. Unterstützt werden solche Prozesse u. a.<br />

durch das Angebot von Begegnungsmöglichkeiten bei Klassenfeiern,<br />

Elterncafés, Ausflügen und bei geme<strong>in</strong>samen Arbeiten<br />

für die Schule (Pausenhof, Schulhausgestaltung etc.).<br />

59<br />

Demokratische<br />

Schulkultur<br />

Aufbau e<strong>in</strong>es Vertrauensverhältnisses<br />

zwischen<br />

Elternhaus und Schule


Partnerschaftlicher<br />

Umgang mit Konflikten<br />

Obwohl wir <strong>in</strong> der Regel liebe, brave und ordentliche<br />

Schüler s<strong>in</strong>d, hielten es unsere Lehrer für s<strong>in</strong>nvoll, für den<br />

Fall der Fälle vorzusorgen. Deshalb überlegten wir <strong>in</strong> den<br />

Klassen geme<strong>in</strong>sam, welche »Maßnahme« im Bedarfsfall<br />

gerecht sei. In der Klassensprecherversammlung wurden<br />

Ordnungswidriges<br />

Verhalten<br />

1. Abfall liegen lassen<br />

2. Spucken im Hof, <strong>in</strong> den Toiletten,<br />

im Klassenzimmer<br />

4. Beschädigung fremder Sachen<br />

(Bei Beschädigung von Fahrrädern<br />

tritt wegen aktueller Anlässe sofort<br />

Maßnahme 1 <strong>in</strong> Kraft.)<br />

6. Aufsichtspersonen ärgern (Hausmeister,<br />

Mittagsaufsicht, Busbegleiter)<br />

Mitwirkung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Bekannte Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d das »Mamm<strong>in</strong>ger Schulrecht«<br />

(HS Mamm<strong>in</strong>g) sowie das Konfliktlotsen-Modell (z. B. VS Petersaurach,<br />

vgl. unten). Durch geme<strong>in</strong>same Beratung über die<br />

Regeln des Zusammenlebens an der Schule wächst die E<strong>in</strong>sicht<br />

<strong>in</strong> deren Notwendigkeit. Der persönliche E<strong>in</strong>satz für die Aufrechterhaltung<br />

und Weiterentwicklung der Regeln ermöglicht<br />

das E<strong>in</strong>üben demokratischer Verhaltensweisen <strong>in</strong> der täglichen<br />

Praxis. Entscheidend ist die geme<strong>in</strong>same, selbstbestimmte Arbeit<br />

an Verträgen, Problemlösungen und Sanktionen.<br />

Das Mamm<strong>in</strong>ger Schulrecht (Auszug)<br />

Was passiert, wenn wer was anstellt?<br />

60<br />

Folgen für dieses Verhalten im<br />

Wiederholungsfall mit verschärften<br />

Maßnahmen<br />

Während der Mittagspause Hofdienst<br />

bzw. Zimmerdienst<br />

1. Re<strong>in</strong>igen der betroffenen Sachen<br />

(Spiegel, Jacken) und Entschuldigung<br />

beim Mitschüler<br />

2. wie 1. und Mitteilung an die Eltern<br />

1. Schaden gutmachen durch Eigenleistung<br />

wo möglich, z. B. Wände<br />

streichen oder durch Bezahlen des<br />

Schadens<br />

2. wie 1.+ Mitteilung<br />

1. e<strong>in</strong>e Woche besonders höflich und<br />

nett se<strong>in</strong> (entfällt bei Beleidigung,<br />

dann sofort 2.) , Aufsatz über »Mamm<strong>in</strong>ger<br />

Schulrecht«<br />

2. Mitteilung an Eltern<br />

3. Schriftlicher Verweis<br />

(immer entschuldigen!)<br />

die Vorschläge gesammelt und im Schulforum besprochen<br />

und beschlossen. Zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es jeden Schuljahres<br />

wird unser Schulrecht <strong>in</strong> der Klassensprecherversammlung<br />

neu diskutiert und überarbeitet. Durch unsere Unterschrift<br />

können wir uns damit e<strong>in</strong>verstanden erklären.<br />

Kontrolle<br />

Schüler meldet sich beim Re<strong>in</strong>igungspersonal<br />

Lehrer verständigt Re<strong>in</strong>igungspersonal<br />

bzw. Hausmeister<br />

Lehrer verständigt Re<strong>in</strong>igungspersonal<br />

bzw. Hausmeister<br />

Klassleiter<br />

Klassleiter nach Rücksprache bei der<br />

Aufsichtsperson<br />

Diese Vorschläge wurden von der Klassensprecherversammlung erarbeitet und im Schulforum beschlossen.<br />

Name: _______________________________ Vorname: ____________________________ Klasse: _____________________________<br />

Ich b<strong>in</strong> mit den oben dargestellten Vorschlägen zur E<strong>in</strong>haltung unserer schulischen Ordnung e<strong>in</strong>verstanden<br />

und werde mich daran halten.<br />

Mamm<strong>in</strong>g, ____________________________________________________________________________________________________________<br />

Datum, Unterschrift des Schülers/der Schüler<strong>in</strong><br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Mitwirkung<br />

Durch (zunächst versuchsweise) E<strong>in</strong>führung von »Klassenräten«,<br />

»Schülerrat«, »Schulvollversammlung« und »Arbeitsausschüssen«<br />

erleben die Schüler zum e<strong>in</strong>en die Schwierigkeit<br />

und die Notwendigkeit, unterschiedliche Auffassungen zu diskutieren,<br />

Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten auszutragen und geme<strong>in</strong>sam<br />

Entscheidungen zu treffen, andererseits aber auch den<br />

Erfolg dieser oft sehr mühsamen Prozesse. Die Rücksichtnahme<br />

aufe<strong>in</strong>ander und das persönliche Zurückstecken werden dabei<br />

zu e<strong>in</strong>er Pflicht. Die Struktur der Gremien sollte Kont<strong>in</strong>uität <strong>in</strong><br />

der Arbeit ermöglichen. In höheren Jahrgangsstufen (z. B. im<br />

Gymnasium) s<strong>in</strong>d weiter differenzierte Formen der Mitwirkung<br />

und Mitverantwortung möglich.<br />

Die tagtägliche Lernarbeit leistet ebenfalls e<strong>in</strong>en Beitrag bei der<br />

Erziehung zur Demokratie. Schüler müssen heute vorrangig<br />

lernen, ihre Lernarbeit selbstständig und eigenverantwortlich<br />

durchzuführen. Dies muss aber auch bei der Gestaltung des<br />

Unterrichts durch den Lehrer zur selbstverständlichen Praxis<br />

werden. In diesem Bereich vollziehen sich gegenwärtig bedeutsame<br />

Umbrüche, <strong>in</strong>dem der Lehrer se<strong>in</strong>e Rolle erweitert und<br />

stärker als Lernberater gestaltet. Die Respektierung der Eigenverantwortlichkeit<br />

für den <strong>in</strong>dividuellen Lernprozess ist pr<strong>in</strong>zipiell<br />

<strong>in</strong> allen Jahrgangsstufen möglich (vgl. Kapitel 3.2).<br />

Demokratie muss Leitbild und Pr<strong>in</strong>zip der pädagogischen<br />

Arbeit se<strong>in</strong>. Zur Erfüllung dieses Anspruchs kann <strong>Schulentwicklung</strong><br />

e<strong>in</strong>en unverzichtbaren Beitrag leisten.<br />

61<br />

Übernahme von<br />

Verantwortung für das<br />

gesamte Schulleben<br />

Selbstbestimmtheit<br />

<strong>in</strong> Lernprozessen


Die Volksschule Petersaurach<br />

(Grund- und Hauptschule mit ca.<br />

400 Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern)<br />

begann 1998 im Rahmen ihres<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>sprogramms<br />

das Projekt »Gewaltfreie<br />

Schule«. Ziel war es, die Interaktion<br />

und Kommunikation<br />

zwischen Schülern, Lehrern und<br />

Eltern zu optimieren. Dazu sollte<br />

e<strong>in</strong> Höchstmaß an Transparenz,<br />

Mitbestimmung und Kooperation,<br />

aber auch Verantwortung<br />

und Selbsttätigkeit bei allen<br />

Beteiligten entwickelt werden.<br />

➔ Nach e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen<br />

Ideensammlung und -prüfung<br />

im Kollegium wurden sechs verschiedene<br />

Arbeitsgruppen e<strong>in</strong>gerichtet:<br />

1. Lehrervorstellung: Alle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Klasse unterrichtenden Lehrkräfte<br />

trafen sich am Schuljahresanfang<br />

mit den Schülern, um<br />

über die Erwartungen und Ziele<br />

zu sprechen und so e<strong>in</strong>e grundlegende<br />

Transparenz zu schaffen.<br />

2. Schulrecht: In dieser Arbeitsgruppe<br />

wurde über e<strong>in</strong>e Schul-<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks<br />

Mitwirkung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Die gewaltfreie Schule – E<strong>in</strong> Projekt an der VS Petersaurach<br />

Kontakt über: www.petersaurach.de/schule<br />

hausordnung im Konsens zwischen<br />

Eltern, Schülern und Lehrern<br />

verhandelt. In demokratischen<br />

Abklärungsverfahren (z. B.<br />

im Rahmen der Klassensprecherversammlung,<br />

des Kollegiums<br />

etc.) wurden sozial unverträgliche<br />

Verhaltensweisen benannt<br />

und mit Sanktionen belegt.<br />

3. Schlichtung: Schüler der Jahrgangsstufen<br />

8 und 9 wurden<br />

zu Streitschlichtern ausgebildet,<br />

die im Rahmen des Schulrechts<br />

bei Konflikten behilflich s<strong>in</strong>d.<br />

Dazu wurden 4 x 2 Schüler als<br />

Schlichterteams geschult. Weitere<br />

Schüler der Jahrgangsstufen<br />

4 und 9 dienen als Pausenordner.<br />

Die Helfer und Schlichter<br />

werden öffentlich vorgestellt.<br />

4. Benimmkurs: Prosoziale Verhaltensweisen<br />

(als Komplementierung<br />

des Schulrechts) wurden<br />

formuliert und <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Zusammenhängen auch tra<strong>in</strong>iert.<br />

Ältere Schüler übernehmen<br />

Patenschaften für jüngere.<br />

5. Zur Ruhe kommen: Es wurde<br />

e<strong>in</strong>e Meditationskiste herge-<br />

Founta<strong>in</strong>, S.: Wir haben Rechte ... und nehmen sie auch wahr. Mühlheim 1996<br />

Hövel, W.: Die Rechte der K<strong>in</strong>der – Fre<strong>in</strong>et-Pädagogik. Bremen o. J.<br />

Mücke – Unterrichtsreihe für die Grundschule: K<strong>in</strong>der mischen mit. Wiesbaden o. J.<br />

Voß, R. (Hrsg.): Die Schule neu erf<strong>in</strong>den. Systemisch-konstruktivistische<br />

Annäherungen an Schule und Pädagogik. Neuwied 1999<br />

www.demokratisch-handeln.de (Aktion »Demokratisch Handeln – E<strong>in</strong> Förderprogramm<br />

für Jugendliche«; Friedrich-Schiller-Universität Jena; mit weiterführenden<br />

L<strong>in</strong>ks)<br />

www.ahs.uni-osnabrueck.de (Aktion Humane Schule)<br />

www.fmi.uni-passau.de/schule/schulen/mamm<strong>in</strong>g/vsmhome.htm (HS Mamm<strong>in</strong>g)<br />

www.shuttle.de/m/g-h-r/ (HS am Gerhard-Hauptmann-R<strong>in</strong>g München)<br />

http://fre<strong>in</strong>et.paed.com/ (Fre<strong>in</strong>et-Kooperative e. V. - Bundesverband der<br />

Fre<strong>in</strong>et-Pädagogen)<br />

62<br />

stellt, die ausgeliehen werden<br />

kann und dazu dient, Übungen<br />

zum Aggressionsabbau <strong>in</strong> den<br />

Klassen und Gruppen durchzuführen.<br />

6. Pausengestaltung: Um die<br />

Aggressivität <strong>in</strong> der Pause zu<br />

m<strong>in</strong>dern, wurden Pausenkisten<br />

für s<strong>in</strong>nvolle Beschäftigungen<br />

gefüllt. Außerdem wurden im<br />

Sportunterricht alte Spiele<br />

vorgestellt und e<strong>in</strong>geübt. Die<br />

Klassenlehrkräfte propagierten<br />

diese Spiele auch <strong>in</strong> ihren<br />

Klassen.<br />

Das »Petersauracher Schulrecht«<br />

wurde im Mai 1999 im Schulforum<br />

verabschiedet und stieß<br />

bei den Eltern auf große Resonanz.<br />

Von se<strong>in</strong>em Wesen her ist<br />

es stets offen für Modifikationen;<br />

im März 2000 wurde es erstmals<br />

im Schulforum revidiert.<br />

Damit ist es zu e<strong>in</strong>em lebendigen<br />

Bestandteil demokratischen<br />

Lebens an der Schule geworden,<br />

der von allen Beteiligten akzeptiert<br />

wird und somit für allseitige<br />

»Rechtssicherheit« sorgt.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Öffnung der Schule<br />

3.8 Öffnung<br />

der Schule<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> und Öffnung von Schule bed<strong>in</strong>gen<br />

sich gegenseitig. <strong>Schulentwicklung</strong> hat lebensnahes, praktisches<br />

und nachhaltiges Lernen als Beitrag zur Qualitätssteigerung des<br />

Unterrichts zum Ziel. Lernen <strong>in</strong> der Praxis trägt Entscheiden<br />

des zur Persönlichkeitsbildung der jungen Menschen bei. E<strong>in</strong>e<br />

stärkere Profilbildung, die den Gegebenheiten des Umfelds entspricht,<br />

sowie e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Kooperation mit Partnern vor<br />

Ort ist Anliegen vieler Schulen. Für diese Ziele müssen sich die<br />

Schulen ihrem Umfeld gegenüber mehr als bisher öffnen.<br />

3.8.1 Was me<strong>in</strong>t »Öffnung der Schule«?<br />

Der Begriff »Öffnung der Schule« ist vielfältig und facettenreich;<br />

mit ihm werden Konzepte e<strong>in</strong>er »Stadtteilschule«,<br />

»offenen Schule«, »Nachbarschaftsschule« bis h<strong>in</strong> zur »Projektschule«<br />

abgedeckt. So unterschiedlich die jeweilige Ausprägung<br />

auch se<strong>in</strong> mag, im Kern me<strong>in</strong>t Öffnung der Schule vielfältige<br />

und <strong>in</strong>tensive Verknüpfungen des Lebens <strong>in</strong> der Schule mit<br />

dem <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de.<br />

Die Diskussion um das Konzept tätigt Anleihen aus dem weiten<br />

Feld der »Community Education«, deren Grundidee es ist, die<br />

bisher <strong>in</strong> der Regel nebene<strong>in</strong>ander existierenden Bereiche<br />

Bildungse<strong>in</strong>richtungen und »reales Leben« im Stadtteil, <strong>in</strong> der<br />

Geme<strong>in</strong>de oder <strong>in</strong> der Region auf der anderen Seite zu vernetzen,<br />

damit sich der alte pädagogische Leitspruch »non<br />

scholae sed vitae discimus« bewahrheiten kann. Kooperation<br />

63


»Projekt JUNIOR«<br />

Seit dem Schuljahr 1997/98 nehmen<br />

bayerische Schulen am<br />

»Projekt JUNIOR« (Junge Unternehmer<br />

Initiieren, Organisieren,<br />

Realisieren) teil, das vom Institut<br />

der Deutschen Wirtschaft (Köln)<br />

<strong>in</strong>itiiert wurde. In <strong>Bayern</strong> ist<br />

der Kooperationspartner das<br />

Bildungswerk der Bayerischen<br />

Wirtschaft (bbw). Im genannten<br />

Projekt haben Schüler ab der<br />

9. Jahrgangsstufe die Möglichkeit,<br />

sich als Unternehmer zu<br />

versuchen.<br />

Befristet auf e<strong>in</strong> Schuljahr gründen<br />

8–10 Jugendliche e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>iunternehmen<br />

und agieren damit –<br />

Motivation<br />

und Authentizität<br />

»Blick über den Zaun«<br />

Öffnung der Schule <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

mit Partnern vor Ort ermöglicht es, e<strong>in</strong>erseits das Wissen und<br />

die Erfahrung außerschulischer Experten Gew<strong>in</strong>n br<strong>in</strong>gend zu<br />

nutzen, andererseits kann auch die Schule gezielt(er) auf das<br />

schulische Umfeld e<strong>in</strong>wirken. Aus der Fülle der Beispiele werden<br />

hier e<strong>in</strong>ige herausgegriffen: Betriebspraktika und »Schnupperlehren«<br />

(z. B. im Rahmen der Vorbereitung auf die Berufswahl),<br />

das Projekt »Junior – Schüler gründen ihr eigenes Unternehmen<br />

und vermarkten ihr Produkt«, das <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem<br />

Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) durchgeführt<br />

werden kann, und der Schulsozialdienst.<br />

anders als bei Planspielen – im<br />

tatsächlichen Wirtschaftsleben.<br />

Sie beschaffen Kapital, produzieren<br />

und verkaufen Sachgüter<br />

oder erbr<strong>in</strong>gen Dienstleistungen,<br />

beschäftigen Mitarbeiter und<br />

entlohnen sie, erstellen Bilanzen<br />

und Geschäftsberichte. Damit<br />

können sie im Unterricht erworbene<br />

Kenntnisse <strong>in</strong> der Praxis<br />

anwenden.<br />

Nach e<strong>in</strong>em Schuljahr wird der<br />

Betrieb aufgelöst und e<strong>in</strong> möglicher<br />

Gew<strong>in</strong>n an die Anteilseigner<br />

ausgeschüttet. Das Institut<br />

der Deutschen Wirtschaft unterstützt<br />

die Schüler bei der Be-<br />

Wenn Schüler mit ihrem Lernergebnis an die Öffentlichkeit<br />

treten, ist damit sicherlich zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e höhere Motivation<br />

verbunden, zum anderen ist Authentizität gegeben. Dem Nachhaltigkeitsanspruch<br />

an das Lernen wird auf diese Weise <strong>in</strong> besonderer<br />

Form nachgekommen. Präsentiert z. B. e<strong>in</strong>e Schultheatergruppe<br />

ihr erarbeitetes Theaterstück oder Musical im Stadttheater,<br />

so liegt für die Beteiligten – aber auch für die gesamte<br />

Schule – mit Sicherheit e<strong>in</strong> besonderer Reiz und Anspruch dar<strong>in</strong>.<br />

Ähnlich ist dies, wenn Schüler »Radio machen« und im Lokalsender<br />

auf Sendung gehen oder <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der<br />

Zeitungsredaktion (regelmäßig) e<strong>in</strong>e Seite der (Lokal-)Zeitung<br />

gestalten. Dieser höhere Anspruch wird auch spürbar, wenn<br />

z. B. e<strong>in</strong> Teil der im Kunstunterricht erstellten Arbeiten für »E<strong>in</strong>e<br />

Welt-Aktionen« zur Verfügung gestellt wird.<br />

3.8.2 Welche Ziele verfolgt die Öffnung von Schule?<br />

Schulen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e »sozialen Inseln«. Der »Blick über den<br />

Zaun«, etwa <strong>in</strong> Form der Zusammenarbeit mit E<strong>in</strong>richtungen der<br />

Jugendhilfe, Altenarbeit oder anderen Institutionen des sozialen<br />

64<br />

treuung der Unternehmen und<br />

übernimmt z. T. die Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit. Im Schuljahr<br />

2000/2001 nahmen ca. 38<br />

bayerische M<strong>in</strong>iunternehmen<br />

aus unterschiedlichen Regionen<br />

und Schularten an JUNIOR<br />

teil. Die erfolgreichsten Unternehmen<br />

können sich jeweils<br />

(noch e<strong>in</strong>mal) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Landes-,<br />

Bundes- und Europawettbewerb<br />

messen. Ihre Aufgabe ist es,<br />

ihre Geschäftsideen und -strategien<br />

der Öffentlichkeit und<br />

e<strong>in</strong>er Jury <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Messestandes<br />

und e<strong>in</strong>er Kurzpräsentation<br />

vorzustellen.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Öffnung der Schule<br />

Umfelds, mit Unternehmen, politischen Organisationen, Verbänden<br />

und Kulture<strong>in</strong>richtungen (wie Theater, Kle<strong>in</strong>kunstbühnen,<br />

Museen usw.) kann den Unterricht und die Erziehungsarbeit, die<br />

an der Schule geleistet werden – besonders auch im H<strong>in</strong>blick auf<br />

Persönlichkeitsbildung und Werteerziehung – sehr bereichern.<br />

Durch derartige Maßnahmen kann der Schüler besser als alle<strong>in</strong><br />

durch theoretische Beschäftigung dazu befähigt werden, als<br />

mündiger Staatsbürger soziale Verantwortung zu übernehmen.<br />

In allen Schularten wird e<strong>in</strong> solches »Lernen vor Ort« <strong>in</strong> Fachlehrplänen<br />

(z. B. <strong>in</strong> Religionslehre, Ethik, Sozialkunde, Heimatund<br />

Sachkunde, Wirtschafts- und Rechtslehre bzw. Arbeitslehre)<br />

bereits explizit gefordert, jedoch ist es auch im S<strong>in</strong>ne des »Gesamtsystems<br />

Schule«, die Schüler möglichst früh auf die sie umgebende<br />

und sich stetig wandelnde Wirklichkeit vorzubereiten<br />

und h<strong>in</strong>zuführen.<br />

Beispiel: Damit Schüler nicht »nur« <strong>in</strong> der Theorie Lebens- und<br />

Problemfelder kennen lernen, bietet es sich an, ihnen durch<br />

e<strong>in</strong>en auf e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum (z. B. e<strong>in</strong> Schuljahr) angelegten<br />

Sozialdienst oder e<strong>in</strong> (freiwilliges) Sozialpraktikum praktische<br />

Erfahrungen zu ermöglichen. So gehört es z. B. zu den<br />

freiwillig übernommenen Aufgaben e<strong>in</strong>es Sozialdienstes im<br />

Rahmen der Nachbarschaftshilfe, für alte und/oder beh<strong>in</strong>derte<br />

Menschen e<strong>in</strong>zukaufen, ihnen bei alltäglichen Arbeiten zu<br />

helfen und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Dabei<br />

gilt es, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen. Die Schüler<br />

übernehmen für e<strong>in</strong>en gewissen Zeitraum Verantwortung für<br />

e<strong>in</strong>en Mitmenschen; sie werden dadurch zum Überdenken und<br />

H<strong>in</strong>terfragen ihrer eigenen Rolle und Position <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />

angeregt. Ohne Zweifel wird auf diese Weise der Reifeprozess<br />

der jungen Menschen positiv bee<strong>in</strong>flusst.<br />

3.8.3 Von der Idee zur Umsetzung<br />

ENTSCHEIDUNG FÜR DIE ART<br />

DES KONTAKTS<br />

➔ ➔ ➔ ➔<br />

KONTAKTAUFNAHME UND<br />

ERSTGESPRÄCH<br />

DETAILLIERTE VORBEREITUNG<br />

DER EINZELMASSNAHME<br />

DURCHFÜHRUNG DER<br />

MASSNAHME<br />

EVALUATION<br />

(z. B. wirtschaftlicher, politischer, sozialer oder künstlerischer Bereich)<br />

unter E<strong>in</strong>beziehung von Schulleitung, Lehrern, Schülern und Eltern<br />

65<br />

Sozialpraktikum<br />

Ziel: langfristig angelegte und <strong>in</strong>stitutionalisierte Kooperation von gleichberechtigten<br />

Partnern (evtl. sogar Vertragsabschluss)<br />

(unter E<strong>in</strong>beziehung der Partner, wenn möglich vor Ort), Ziel: handlungsorientierte<br />

Formen (z. B. Beobachtungsaufträge, Befragungen von Mitarbeitern)<br />

mit Dokumentation (evtl. filmisch) und abschließender Präsentation<br />

der E<strong>in</strong>zelmaßnahme und des Gesamtkontakts unter<br />

E<strong>in</strong>beziehung aller Beteiligten


E<strong>in</strong>beziehung der<br />

Partner <strong>in</strong>s Schulleben<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks<br />

Öffnung der Schule <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Der dargestellte Prozessverlauf lässt sich – z. T. mit leichten<br />

Veränderungen – auf die Zusammenarbeit mit vielen Institutionen<br />

(z. B. Unternehmen, Verbänden, Kulture<strong>in</strong>richtungen)<br />

anwenden.<br />

Um e<strong>in</strong>e bestmögliche Verankerung der Zusammenarbeit zu erreichen,<br />

empfiehlt es sich, die Partnere<strong>in</strong>richtung aktiv <strong>in</strong>s<br />

Schulleben e<strong>in</strong>zubeziehen, z. B. durch E<strong>in</strong>ladungen zu Schulveranstaltungen<br />

wie Konzerten, Schulfesten, Pädagogischen<br />

Tagen, schul<strong>in</strong>ternen Fortbildungsveranstaltungen und<br />

Konferenzen.<br />

Da solche Partnerschaften bisher weder für Unternehmen bzw.<br />

Institutionen noch für die meisten Schulen e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit<br />

s<strong>in</strong>d, ist am Anfang das gegenseitige Kennenlernen<br />

besonders wichtig, damit evtl. vorhandene Vorurteile oder<br />

Widerstände abgebaut werden. Kontakte sollten möglichst von<br />

Anfang an nicht (nur) auf den Aspekt F<strong>in</strong>anzen (Sponsor<strong>in</strong>g)<br />

reduziert werden.<br />

3.8.4 Wer unterstützt Schulen?<br />

Bei der Anbahnung von Kontakten zu sozialen E<strong>in</strong>richtungen<br />

können z. B. Caritas und Diakonisches Werk behilflich se<strong>in</strong>,<br />

bei Kontakten zur Wirtschaft bieten sich die zuständige Industrie-<br />

und Handelskammer, die Handwerkskammer sowie das<br />

Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft an. Auch die örtlichen<br />

Gruppen des Arbeitskreis(es) Schule/Wirtschaft können wertvolle<br />

Hilfe leisten.<br />

Kuld, L., Gönnheimer, St.: Compassion: sozialverpflichtetes Lernen und Handeln.<br />

Stuttgart 2000<br />

Landes<strong>in</strong>stitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Gestaltung des Schullebens<br />

und Öffnung von Schule – e<strong>in</strong> Beitrag zur Qualitätsverbesserung von Schule.<br />

Soest 1997<br />

Lanig, J.: Nürnberger Projektatlas – Angebote für e<strong>in</strong> handlungsorientiertes Lernen,<br />

hrsg. von der Stadt Nürnberg – Pädagogisches Institut. Nürnberg 1994<br />

Pädagogik, Das Leben <strong>in</strong> die Schule holen, Heft 2/ 1996<br />

http://home.t-onl<strong>in</strong>e.de/home/pkg-gersthofen/ (Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen:<br />

unter »Projekte« Dokumentation zum Sozialpraktikum)<br />

http://mgfuerstenzell.de/frameset/faecher.htm (Maristen-Gymnasium Fürstenzell:<br />

Beispiele für Öffnung der Schule im Bereich Wirtschaft, u. a. Projekt »Junior«)<br />

www.schulstiftung-freiburg.de/ (Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg: u. a.<br />

Dokumentation von »Compassion – e<strong>in</strong> Projekt sozialen Lernens«)<br />

www.gunnet.de/smg (Simon-Marius-Gymnasium Gunzenhausen: Sozialdienst)<br />

66<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Medien<br />

3.9 Neue Medien<br />

Die Schulen s<strong>in</strong>d mit Computern ausgestattet – natürlich nie<br />

ganz ausreichend und nie auf dem jeweils aktuellsten Stand –<br />

und sie s<strong>in</strong>d am Netz. Es gibt auch kaum noch Lehrer, die den<br />

Computere<strong>in</strong>satz öffentlich ablehnen. Und die Schüler pflegen<br />

mittlerweile e<strong>in</strong>e nüchterne Haltung zum oft genug lästigen<br />

Arbeitsmittel Computer. Die Euphorie der Pionierzeit ist ansche<strong>in</strong>end<br />

vorbei.<br />

Warum also den »Neuen Medien« e<strong>in</strong>e eigene Rolle <strong>in</strong> der<br />

<strong>Schulentwicklung</strong> e<strong>in</strong>räumen, zumal e<strong>in</strong>ige Entwicklungen sogar<br />

kontraproduktiv zu wirken drohen? Mit dem Beamer kann<br />

nämlich e<strong>in</strong> altbackener Frontalunterricht se<strong>in</strong>e Renaissance<br />

feiern, die mögliche Delegation medienpädagogischer Fragestellungen<br />

an e<strong>in</strong> isoliertes Fach »Informatik« könnte deren<br />

67<br />

Arbeitsmittel<br />

Computer<br />

Produktives<br />

Potenzial für <strong>Schulentwicklung</strong>


Bildungsserver<br />

und -portale<br />

»Quellenkritik«<br />

Neue Medien <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

fächerübergreifendes Potenzial zunichte machen. Gleichzeitig<br />

müssen auch Bedenken und Befürchtungen der Lehrer ernst<br />

genommen werden: So kann z. B. die automatische Protokollierung<br />

des Nutzerverhaltens von Kollegen im Schulnetz unkontrollierte,<br />

<strong>in</strong>transparente Überwachungs- und Machtsphären<br />

schaffen.<br />

Die Nutzung der Medien besitzt jedoch e<strong>in</strong> großes produktives<br />

Potenzial für die <strong>Schulentwicklung</strong> <strong>in</strong> den drei Handlungsfeldern<br />

Unterrichts-, Organisations- und Personalentwicklung<br />

(vgl. Kapitel 1).<br />

3.9.1 Neue Medien und Unterrichtsentwicklung<br />

Das Internet bietet bereits heute e<strong>in</strong>e Überfülle an Informationen.<br />

In Zukunft werden vermehrt schulbezogene Anbieter dazukommen:<br />

Private Anbieter sowie staatliche Stellen werden<br />

konkurrierende Bildungsserver und Fachportale betreiben.<br />

Auch das Angebot wird sich qualitativ verbessern, <strong>in</strong>haltlich<br />

und technisch (z. B. durch <strong>in</strong>teraktive Videos, 3D-Szenarien,<br />

neue Verteilungswege). Daneben werden die wild wuchernden<br />

Angebote von www.spickzettel.de bis www.nachhilfe.com weiter<br />

anwachsen.<br />

Gegenüber den traditionellen Medien, sei es das autorisierte<br />

Schulbuch oder das Arbeitsblatt des Lehrers, macht die Fülle von<br />

Ergebnissen bei Internetrecherchen die kritische Beurteilung<br />

der Informationen unerlässlich. »Quellenkritik« bekommt so<br />

e<strong>in</strong>en neue Bedeutung: In der täglichen Unterrichtspraxis wird<br />

sie e<strong>in</strong> absolut notwendiger Teil des Arbeitsprozesses bereits <strong>in</strong><br />

der Grundschule.<br />

68<br />

Gymnasium Ottobrunn<br />

Medien- und Methoden-Curriculum<br />

Grundlagen Informatik Klasse 6<br />

L<strong>in</strong>eare Präsentation von<br />

Information<br />

Klasse 7<br />

Informationsdesign Klasse 8<br />

Beschaffungswege für Information,<br />

Bewertung und<br />

Selektion von Information;<br />

Vernetzung von Information<br />

➔<br />

Klasse 5<br />

Klasse 9<br />

Klasse 10<br />

➔<br />

Präsentationstechnik I<br />

Kommunikationtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g I<br />

Projektabwicklung I<br />

Teamentwicklung I<br />

Präsentationstechnik II<br />

Kommunikationtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g II<br />

Projektabwicklung II<br />

Teamentwicklung II<br />

Vorhandene Kompetenzen <strong>in</strong> der Oberstufe e<strong>in</strong>setzen<br />

ALF-Programm,<br />

Grundlagen,<br />

Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Medien<br />

Historische<br />

Quellenbewertung<br />

(G)<br />

Konfliktbewältigung<br />

(Rk/Ev/Eth<br />

oder D)<br />

Gymnasium Ottobrunn<br />

Medien- und Methoden-Curriculum<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

Internetrecherche<br />

(E oder D)<br />

➔<br />

➔<br />

PROJEKT<br />

z. B. Betriebswirtschaft<br />

(WR)<br />

➔<br />

➔<br />

Entwicklung<br />

e<strong>in</strong>er den<br />

Inhalt unterstützenden<br />

Grafik (Ku)<br />

➔<br />

Präsentation<br />

von vernetzten<br />

Inhalten<br />

(z. B. D)<br />

➔<br />

➔<br />

Informationsdarstellung<br />

<strong>in</strong> vernetzten<br />

Strukturen<br />

(M)<br />

Doch nicht nur die E<strong>in</strong>beziehung des Internet macht e<strong>in</strong>e Veränderung<br />

im Unterricht nötig. Neue Formen des Lehrens und<br />

Lernens (s. Kapitel 3.2) setzen immer mehr auf »eigenverantwortliches<br />

Arbeiten«, die Visualisierung von gedanklichen Zusammenhängen<br />

oder die Präsentation von Ergebnissen. Hierfür<br />

bietet Computersoftware viele nützliche Werkzeuge. Die<br />

Präsentationen beim jährlichen bayerischen »Landesfestival Neue<br />

Medien« zeigen, dass ältere Schüler heute noch e<strong>in</strong>en Schritt<br />

weiter gehen und komplexe, anspruchsvolle Lernsoftware<br />

schreiben.<br />

Unterricht mit den Neuen Medien wird also effizienter, weil<br />

neue und motivierende Ressourcen genutzt werden und weil sie<br />

den Zugriff auf alle nur möglichen Informations- und Wissensbestände<br />

eröffnen. Er wird reicher und vielfältiger und er verändert<br />

sich <strong>in</strong>novativ <strong>in</strong> Richtung eigenverantwortliches Arbeiten.<br />

Entscheidend aber ist, dass die Arbeit am Computer der neuen<br />

»Philosophie« des Lernens entspricht: Sie erlaubt e<strong>in</strong>en hohen<br />

Grad an Individualisierung, ermöglicht bzw. fordert e<strong>in</strong>e experimentelle,<br />

Variationen erprobende Haltung. »Modellierung<br />

von Wissen« wird so s<strong>in</strong>nlich erlebt. Dies wird den Unterricht<br />

verändern.<br />

Der Lehrer muss dabei – wie sonst wohl <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em anderem<br />

Bereich – als Begleiter der Arbeitsprozesse fungieren. Der Unterricht<br />

gew<strong>in</strong>nt aber nachhaltig nur dann, wenn die Schule <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Entscheidungsprozess e<strong>in</strong>en Plan erarbeitet,<br />

wann <strong>in</strong> welcher Klasse und <strong>in</strong> welchem Bereich der Rechner<br />

e<strong>in</strong>gesetzt wird (vgl. unten »Medienplan«).<br />

69<br />

Werkzeuge<br />

Individualisierung<br />

des Lernens<br />

»Medienplan«


Transparenz und<br />

Effizienz<br />

Typische Netzstruktur<br />

Arbeitsplattformen<br />

im Netz<br />

Neue Medien <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

3.9.2 Neue Medien und Organisationsentwicklung<br />

Auch im Bereich Organisationsentwicklung kann die Nutzung<br />

der Neuen Medien für <strong>Schulentwicklung</strong> e<strong>in</strong> positives Potenzial<br />

entfalten, wenn sie <strong>in</strong> den Bereichen Kooperation, Führung und<br />

Kommunikation folgende Ergebnisse gewährleistet:<br />

➔ Erhöhung der Effizienz von Arbeitsabläufen,<br />

➔ Schonung menschlicher und ökonomischer Ressourcen,<br />

➔ Zunahme der Transparenz von Prozessen, v. a. von Entscheidungsprozessen,<br />

die für die Schule als Ganzes von Bedeutung<br />

s<strong>in</strong>d,<br />

➔ Entwicklung von Beteiligungsformen zur Stärkung der Identifikation<br />

mit der e<strong>in</strong>zelnen Schule.<br />

Bei der Überlegung, wie Computernetze und -programme im<br />

Bereich Organisationsentwicklung s<strong>in</strong>nvoll genutzt werden können,<br />

ist von bestehenden technischen Lösungen auszugehen.<br />

Zum Beispiel können Projektplanungssysteme <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />

Intranetlösungen e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Perspektive eröffnen: Virtuelle<br />

Diskussionsforen machen Diskussionsverläufe transparent,<br />

»schwarze Bretter« und »Newsgroups« mit automatisierter Benachrichtigung<br />

schaffen e<strong>in</strong> Optimum an Information. Über verteilte<br />

Lese- und Schreibrechte können Schüler und Lehrer an<br />

70<br />

Computerraum<br />

➔<br />

➔<br />

Medien- und<br />

Methodencurriculum<br />

➔➔<br />

➔<br />

➔<br />

Lehrerfortbildung<br />

Schulhausvernetzung,<br />

Anbau<br />

➔<br />

STEUER-<br />

GRUPPE<br />

➔<br />

➔<br />

Kuratorium<br />

➔<br />

Intra-Net<br />

➔<br />

Adm<strong>in</strong>istration<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

Werbung<br />

➔<br />

Design und<br />

Inhalt<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Medien<br />

geme<strong>in</strong>samen Dokumenten arbeiten, es können komplexe,<br />

geme<strong>in</strong>same Arbeitsplattformen entstehen. Jede Schule muss<br />

hier Modelle entwickeln, wie solche Werkzeuge und Netzstrukturen<br />

für Organisationsentwicklung genutzt werden können.<br />

Wissensmanagement an der Franz-von-Lenbach-Schule Schrobenhausen<br />

(Staatliche Realschule) – Ausschnitt aus der<br />

Projektbeschreibung im Rahmen des Schulversuchs SEMIK<br />

➔ SIS – Schul-Informations-<br />

System<br />

Das SIS ist e<strong>in</strong>e <strong>Schulentwicklung</strong>smaßnahme.<br />

Über das Internet<br />

(www.fvls.de) werden nämlich<br />

alle relevanten Informationen<br />

der Schule an Schüler,<br />

Eltern, Partnerschulen, das<br />

Netzwerk der Realschulen und<br />

die <strong>in</strong>teressierte Öffentlichkeit<br />

weitergegeben, z. B. Projektergebnisse,<br />

zusätzliche Hausaufgaben,<br />

täglicher Vertretungsplan,<br />

aktueller Term<strong>in</strong>plan,<br />

Adressen, Lageplan, Schülerzeitung,<br />

Jahresbericht, Aktuelles<br />

zu Schulveranstaltungen. Darüber<br />

h<strong>in</strong>aus existiert e<strong>in</strong> Schüler-<br />

Diskussionsforum u. a. m.<br />

➔ SIN – Schul-Intra-Net<br />

Im SIN – Schul-Intra-Net werden<br />

u. a. ergänzende Lehrmaterialien<br />

(z. B. Mathematik-Vorbereitun-<br />

gen zum Programm Euklid)<br />

und Programme angeboten, die<br />

von Schülern und Lehrern <strong>in</strong>dividuell<br />

und je nach Bedürfnis<br />

genutzt werden können. Außerdem<br />

dient das Intranet als geme<strong>in</strong>same<br />

Arbeitsplattform<br />

für Projektarbeiten der Schüler.<br />

Im Intranet bef<strong>in</strong>den sich<br />

Prüfungsarbeiten, notwendige<br />

Daten und Arbeitsmaterialien.<br />

Von jedem Raum der Schule<br />

kann auf die Daten des SIN zugegriffen<br />

werden. Dazu s<strong>in</strong>d<br />

mobile Rechner-/Video-/Beamer-<br />

E<strong>in</strong>heiten vorhanden. Für die<br />

Schüler stehen frei zugängliche<br />

Rechner zur Verfügung. Der<br />

Datenzugriff auf das SIN ist nur<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Schulhauses<br />

möglich.<br />

Die Kollegen haben die Möglichkeit,<br />

mittels e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen<br />

3.9.3 Neue Medien und Personalentwicklung<br />

Zentraler Ansatzpunkt der Personalentwicklung ist die Lehrerfortbildung.<br />

Die rasanten Entwicklungen im Bereich Multimedia<br />

und Telekommunikation erfordern e<strong>in</strong> großes Engagement im<br />

Fortbildungsbereich. Hier s<strong>in</strong>d vor allem <strong>in</strong>novative Instrumente<br />

des Telelernens zu beachten, wie sie die Akademie für Lehrerfortbildung<br />

und Personalführung (ALP) bereits <strong>in</strong> Pilotprojekten<br />

anwendet. In der schul<strong>in</strong>ternen Lehrerfortbildung (SCHILF)<br />

können ebenfalls die neuen Technologien e<strong>in</strong>e wichtige Rolle<br />

wahrnehmen. Gleichzeitig wird <strong>in</strong> Zukunft die Vermittlung von<br />

Medienkompetenz <strong>in</strong>nerhalb der Lehrerausbildung e<strong>in</strong>e entscheidende<br />

Dimension darstellen.<br />

Heute noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Versuchsstadium, morgen wohl selbstverständlich:<br />

Stellenbörsen auch für Lehrer an öffentlichen Schulen<br />

werden bald im Internet zu f<strong>in</strong>den se<strong>in</strong>. Anbieter (Schulen)<br />

und Nachfrager (Lehrer) können dann dort ihre Profile veröffentlichen,<br />

um möglichst passgenaue Anstellungen zu ermöglichen.<br />

Datenpools (der z. B. Klassenarbeiten,<br />

digitalisierte Dias,<br />

MP3-Files, Textdateien, sonstige<br />

Materialien enthält) ihren<br />

Unterricht effektiver vorzubereiten<br />

und zu gestalten.<br />

➔ SELF – Schüler-Eltern-Lehrer-<br />

Fortbildung<br />

Schüler, Eltern und Lehrer sollen<br />

dazu befähigt werden, die angebotenen<br />

Projekte effektiv<br />

zu nutzen. Während die Schüler<br />

diesen Inhalten im Rahmen des<br />

Unterrichts begegnen, müssen<br />

für Lehrer und besonders<br />

auch für Eltern eigene Fortbildungsveranstaltungenangeboten<br />

werden. Dabei s<strong>in</strong>d die<br />

Praxisnähe und Anwendbarkeit<br />

des Gelernten oberstes Ziel.<br />

(www.fvls.de/semik.html)<br />

71<br />

Medienkompetenz<br />

durch Fortbildung<br />

Stellenbörse


Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

Neue Medien <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

72<br />

Neue Medien<br />

im Bereich der<br />

drei Felder<br />

der <strong>Schulentwicklung</strong><br />

➔ ORGANISATIONS-<br />

ENTWICKLUNG<br />

Effizienz und Transparenz bei<br />

<strong>in</strong>ternen Abläufen mit Hilfe von z. B.<br />

■ Intranet<br />

■ W-LAN (Wireless Local Area<br />

Network)<br />

■ Projektplanungssystemen<br />

■ Diskussionsforen<br />

Effizienter Umgang mit Ressourcen<br />

durch<br />

■ Stundenplanprogramme<br />

■ Systembetreuung<br />

■ ...<br />

3.9.4 Resümee<br />

➔ UNTERRICHTS-<br />

ENTWICKLUNG<br />

Qualitätssteigerung durch e<strong>in</strong> breites<br />

Angebot u. a. an<br />

■ Lernsoftware<br />

■ Präsentationsprogrammen<br />

■ Bildungsportalen<br />

■ <strong>in</strong>teraktiven Videos<br />

■ Unterrichtsmaterialien im Netz<br />

Qualitätssteigerung durch neue<br />

Methoden<br />

■ erprobendes Arbeiten<br />

(»Modellierung von Wissen«)<br />

■ eigenverantwortliches Lernen<br />

■ ...<br />

➔ PERSONAL-<br />

ENTWICKLUNG<br />

Ausbildung<br />

■ Medienkompetenz für alle Lehrer<br />

Fortbildung (Telelernen und SCHILF)<br />

■ Hardwareschulung<br />

■ Softwareschulung<br />

■ CBT (Computer-Based-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g)<br />

■ veränderte Lehrerrolle<br />

Nutzung für Personale<strong>in</strong>stellungen<br />

■ ...<br />

Ohne die Nutzung der digitalen Medien ist die Schule der Zukunft<br />

nicht vorstellbar. Es müssen jedoch unterstützende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

geschaffen werden. Der Schulversuch MUT<br />

(= Multimedia- und Telekommunikation) des Staats<strong>in</strong>stituts<br />

für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) hat ergeben,<br />

dass für den E<strong>in</strong>satz der Neuen Medien folgende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

notwendig s<strong>in</strong>d:<br />

➔ kont<strong>in</strong>uierliche Fortbildung des Kollegiums,<br />

➔ Professionalisierung der Systembetreuung (Fachkraft, Qualifizierungsangebote,<br />

Zeitbudget),<br />

➔ technische und didaktische Kompetenzen der Lehrkräfte,<br />

➔ technische Infrastruktur, die aus Sicht der Lehrkräfte stabil<br />

und verlässlich ist,<br />

➔ hohes Engagement der Lehrkräfte,<br />

➔ konstruktive Unterstützung durch die Schulleitung.<br />

Die Verwendung der Neuen Medien setzt bei allen Beteiligten<br />

großes Engagement und Veränderungen auf unterschiedlichsten<br />

Ebenen voraus. Natürlich s<strong>in</strong>d nicht alle Maßnahmen kurzfristig<br />

realisierbar. Benötigt werden e<strong>in</strong> offenes, kommunikatives<br />

Klima, Fehlertoleranz <strong>in</strong> den Kollegien wie auch genügend<br />

Freiräume <strong>in</strong> den Lehrplänen.<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Medien<br />

Beispiel e<strong>in</strong>es Medienplans<br />

IST-ANALYSE<br />

■ Welches Know-how ist an der Schule vorhanden?<br />

■ Welche Ausstattung steht zur Verfügung?<br />

■ Welche Erwartungen existieren bei Schülern, Eltern, im Umfeld der Schule?<br />

■ Welche externen Ressourcen stehen zur Verfügung?<br />

➔<br />

ZIELFORMULIERUNG<br />

■ In welchem Feld der <strong>Schulentwicklung</strong><br />

soll gearbeitet werden?<br />

■ Def<strong>in</strong>ition von Meilenste<strong>in</strong>en<br />

➔<br />

PLANUNGSPHASE<br />

■ Erstellung von: 1. Technologieplan,<br />

2. F<strong>in</strong>anzplan und 3. Fortbildungsplan<br />

■ Projektplanung für die Umsetzung<br />

■ E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Steuerungsgruppe<br />

➔<br />

UMSETZUNGSPHASE<br />

■ Unterrichtsentwicklung (Wann soll <strong>in</strong> welcher Klasse und <strong>in</strong> welchem Bereich der Rechner<br />

e<strong>in</strong>gesetzt werden?)<br />

■ Personalentwicklung (An welcher Stelle werden welche Qualifikationen benötigt<br />

und wie kann gewährleistet werden, dass diese auch zur Verfügung stehen?)<br />

■ Organisationsentwicklung (Welche Prozesse können computergestützt optimiert werden?)<br />

Bertelsmann Stiftung, He<strong>in</strong>z Nixdorf Stiftung (Hrsg.): Bildungs<strong>in</strong>novation<br />

durch Medien. Gütersloh 1997<br />

Langen, C. (Hrsg.): Schul<strong>in</strong>novation durch neue Medien. Gütersloh 1999<br />

Tulodziecki, G.: Medien <strong>in</strong> Erziehung und Unterricht. Bad Heilbrunn 1997<br />

Tulodziecki, G./Blömeke, S. (Hrsg.): Neue Medien – Neue Aufgaben für<br />

die Lehrerausbildung. Tagungsdokumentation. Gütersloh 1997<br />

Wagner, E.: <strong>Schulentwicklung</strong> mit Neuen Medien, <strong>in</strong>: SchulVerwaltung BY 7/8/2000<br />

www.schule.bayern.de/ (Bayerischer Schulserver)<br />

www.alp.dill<strong>in</strong>gen.de/ (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung<br />

Dill<strong>in</strong>gen)<br />

www.isb.bayern.de/bf/mvwissen/aufruf.htm (ISB zum Modellversuch<br />

SEMIK – Systematische E<strong>in</strong>beziehung von Medien, Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien <strong>in</strong> Lehr- und Lernprozesse)<br />

www.bildungsserver.de/ (Deutscher Bildungsserver)<br />

www.<strong>in</strong>is.stiftung.bertelsmann.de/set.htm (Netzwerk <strong>in</strong>novativer Schulen <strong>in</strong><br />

Deutschland (NIS) und Internationales Netzwerk Innovativer Schulsysteme (INIS))<br />

www.netzwerk-medienschulen.de/ (Netzwerk Medienschulen)<br />

www.fvls.de/semik.htm (Projekte an der Franz-von-Lenbach-Schule<br />

Schrobenhausen (Staatliche Realschule) zum Modellversuch SEMIK)<br />

www.m.shuttle.de/m/go/schulentwicklung/go<br />

(Gymnasium Ottobrunn: goWEB-Lernen mit neuen Medien)<br />

www.schulweb.neu-ulm.de (Schulversuch Multimedia und Telekommunikation)<br />

➔<br />

AKTUALISIERUNG<br />

UND WEITERENTWICKLUNG<br />

DES MEDIENPLANS<br />

➔<br />

➔<br />

EVALUATION<br />

73<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks


4<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Evaluation<br />

4.Evaluation und<br />

Qualitätsentwicklung<br />

»Qualität ist, wenn der Kunde wieder kommt und nicht das<br />

Produkt.« – Diese griffige Def<strong>in</strong>ition aus der Wirtschaft zeigt,<br />

wie ähnlich und zugleich wie verschieden der Qualitätsbegriff <strong>in</strong><br />

Wirtschaft und Schule <strong>in</strong>terpretiert werden kann. Wer s<strong>in</strong>d die<br />

Kunden, was ist das Produkt der Schule?<br />

Verschieden ist, dass Erziehung und Bildung äußerst komplexe<br />

Prozesse s<strong>in</strong>d, deren Qualitäten sich nicht e<strong>in</strong>fach am wettbewerbsorientierten<br />

Marktgeschehen messen lassen, sondern <strong>in</strong>sbesondere<br />

an Werten, Bildungskonzeptionen, Erziehungszielen<br />

und kulturellen Traditionen.<br />

Ähnlich ist, dass Schule ke<strong>in</strong> Selbstzweck ist, sondern dienende<br />

Funktion hat und Rechenschaft über ihre Leistung(en) ablegen<br />

muss: Kern der schulischen Arbeit ist die Bildung der Schüler.<br />

Als so verstandener »Dienstleistungsbetrieb« wird Schule zunehmend<br />

an Qualitätsmaßstäben gemessen und muss sich selbst<br />

die stetige Prüfung von Qualität zur Aufgabe machen. Die<br />

75<br />

Qualität <strong>in</strong> Wirtschaft<br />

und Schule


Befunde<br />

Auffassung<br />

von Schulqualität<br />

Evaluation <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

bereits dargestellten zentralen Handlungsfelder (vgl. Teil 3) s<strong>in</strong>d<br />

übrigens wichtige Kriterien für Schulqualität.<br />

4.1 Schulqualität auf dem Prüfstand<br />

Galt bis vor kurzem noch als ausgemacht, dass deutsche, <strong>in</strong>sbesondere<br />

bayerische Schulen, <strong>in</strong> punkto Schulqualität Spitze<br />

s<strong>in</strong>d, so haben die Ergebnisse von TIMSS (Third International<br />

Mathematics and Science Study) hierzulande e<strong>in</strong>en heilsamen<br />

Schock ausgelöst. Das wichtigste Ergebnis ist bekannt: Deutsche<br />

Schüler schnitten im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich <strong>in</strong> Mathematik<br />

und Naturwissenschaften nur mittelmäßig ab. Dieser – für<br />

viele desillusionierende – Befund wurde mittlerweile bestätigt<br />

durch andere Analysen (u. a. der zentralen Jahrgangsstufentests<br />

<strong>in</strong> Mathematik und Deutsch an bayerischen Schulen). Auch<br />

deren Fazit lautet: Zu viele Schüler haben deutliche Wissensund<br />

Könnensdefizite, vor allem <strong>in</strong> den Bereichen Grundlagenkenntnisse<br />

sowie problemlösendes und selbstständiges Denken<br />

und Arbeiten.<br />

Die Frage, was Schulqualität ist, ist allerd<strong>in</strong>gs nicht so leicht zu<br />

beantworten. So wird man diese kaum alle<strong>in</strong> vom Stand schulfachlicher<br />

Leistungen her (wie bei TIMSS) def<strong>in</strong>ieren können.<br />

Fragt man Schüler, so könnte die Antwort vielleicht lauten:<br />

»E<strong>in</strong>e Schule, <strong>in</strong> der ich viele Freunde habe und <strong>in</strong> der ich nicht<br />

so viele Hausaufgaben bekomme.« Lehrkräfte mögen sagen »E<strong>in</strong><br />

Ort, wo ich gerne arbeite und mich wohlfühle.« Eltern dagegen<br />

könnten anführen: »E<strong>in</strong>e gute Schule führt me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d zu guten<br />

Noten und sicheren Abschlüssen.« Fragt man von außen nach,<br />

z. B. e<strong>in</strong>en Steuerzahler, so wird dieser vielleicht vordr<strong>in</strong>glich<br />

Effizienz e<strong>in</strong>fordern; schließlich kostet e<strong>in</strong>e Lehrerstunde aufs<br />

Jahr gerechnet 4.000 bis 5.000 DM.<br />

76<br />

Was ist Schulqualität?<br />

Gesellschaft/Wirtschaft Gesetzgeber,<br />

z. B. Lehrpläne<br />

➔<br />

➔<br />

Wissenschaft, z. B.<br />

Pädagogik/Bildungstheorie<br />

QUALITÄT<br />

»was den Anforderungen<br />

von … entspricht«<br />

➔<br />

➔<br />

E<strong>in</strong>zelschule, z. B. Leitbild,<br />

Schulprogramm<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Evaluation<br />

Es gilt also: Was Schulqualität ist, kann nicht e<strong>in</strong>fach verordnet<br />

werden. Darüber entscheiden die Akteure, <strong>in</strong>dem sie sich über<br />

geme<strong>in</strong>same Kriterien von Qualität verständigen. Deshalb kann<br />

Schule zunächst ihre Qualität selbst am besten bestimmen – <strong>in</strong>terne<br />

Qualitätssicherung.<br />

Schulqualität kann sicher unterschiedlich <strong>in</strong>terpretiert werden.<br />

Dies heißt aber nicht, dass der Begriff deshalb beliebig ist und<br />

Qualitätsprozesse künftig ganz <strong>in</strong>s Belieben der e<strong>in</strong>zelnen Schulen<br />

gestellt s<strong>in</strong>d. Vielmehr werden etwa verstärkt Maßnahmen<br />

der externen Qualitätssicherung, wie die Formulierung von M<strong>in</strong>deststandards<br />

(z. B. beim Grundwissen) und jahrgangsbezogene<br />

Tests (z. B. zur Fach- und Methodenkompetenz), für Vergleichbarkeit<br />

der Unterrichtsqualität sorgen. Beides ist s<strong>in</strong>nvoll und<br />

notwendig: Die eigene Schule selbst unter die Lupe zu nehmen,<br />

ebenso aber auch den Blick von außerhalb als Chance zur Weiterentwicklung<br />

zu begreifen.<br />

Der vorrangige Qualitätsbereich von Schule ist klar umrissen: Es<br />

ist der Unterricht und hier wiederum die Qualität der Förderung<br />

der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler. Dies gilt sowohl <strong>in</strong> fachlicher<br />

als auch <strong>in</strong> persönlichkeitsbildender H<strong>in</strong>sicht. Alle Verbesserungen<br />

müssen die e<strong>in</strong>zelnen Schüler erreichen. Ausgangspunkt<br />

für die Steigerung der Unterrichtsqualität ist die an Qualitätskriterien<br />

orientierte Evaluation.<br />

4.2 Woran lässt sich Qualität erkennen?<br />

Drei Fragen helfen weiter, wenn schul<strong>in</strong>tern Qualität ermittelt<br />

werden soll:<br />

➔ Was wollen wir?<br />

➔ Wo stehen wir?<br />

➔ Wie erreichen wir unsere Ziele?<br />

Wurde e<strong>in</strong> Leitbild oder Schulprogramm entwickelt (vgl.<br />

Kapitel 3.1), stellt sich rasch die Frage: »Wie können wir das<br />

<strong>in</strong>s praktische Handeln umsetzen?« Dazu müssen den oft noch<br />

globalen, allgeme<strong>in</strong>en Leitzielen konkrete Inhalte gegeben<br />

werden, <strong>in</strong>dem man Kriterien (Merkmale von Qualität) und<br />

Indikatoren (Kennzeichen) bildet.<br />

Soll z. B. das eigenverantwortliche Lernen und Arbeiten der<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler gefördert werden, so ist zunächst<br />

genauer zu klären:<br />

➔ Was ist darunter zu verstehen?<br />

Kriterien (Merkmale) könnten das selbstständige Planen von<br />

Lernprozessen, Teamarbeit und die Beherrschung bestimmter<br />

Methoden se<strong>in</strong>.<br />

77<br />

Interne<br />

Qualitätssicherung<br />

Externe<br />

Qualitätssicherung<br />

Vorrang der<br />

Unterrichtsqualität<br />

Kriterien und Indikatoren


Selbstevaluation<br />

Evaluation <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

➔ Woran kann man den Vorgang jeweils erkennen?<br />

E<strong>in</strong> Indikator wäre z. B. die Zeitdauer, die Schüler für die selbstständige<br />

Strukturierung arbeitsteiligen Vorgehens benötigen.<br />

➔ Wie kann der Erfolg gemessen werden?<br />

Hier kommen Methoden/Instrumente wie Zeitmessung, Beobachtungs-<br />

und Fragebögen, Testaufgaben usw. zum E<strong>in</strong>satz.<br />

Entscheidend ist dabei immer die Frage: Woran lässt sich<br />

Qualität erkennen?<br />

4.3 Evaluation <strong>in</strong> der schulischen Praxis<br />

Die Ergebnisse der Evaluation bilden die Basis für jede konkrete<br />

Maßnahme zur Steigerung der Unterrichtsqualität (»Ke<strong>in</strong>e<br />

Maßnahme ohne Diagnose«). Allerd<strong>in</strong>gs ist Evaluation für viele<br />

Lehrkräfte e<strong>in</strong> derzeit noch hoch problematischer Begriff. Noch<br />

ist vielen nicht klar: Bedeutet das mehr Kontrolle oder ist es<br />

hilfreich für die Arbeit? Es hat sich deshalb als s<strong>in</strong>nvoll erwiesen,<br />

mit der Selbstevaluation des Unterrichts zu beg<strong>in</strong>nen, z. B. durch<br />

den E<strong>in</strong>bau regelmäßiger Schüler-Rückmeldungen im Unterricht.<br />

Die Schlüsselfrage könnte etwa lauten: »Sollten wir Lehrkräfte<br />

nicht selbst e<strong>in</strong> großes Interesse daran haben zu erfahren, was<br />

unser Unterricht bei unseren Schülern bewirkt und wie wir<br />

das Lernen fördern können?« Mit Selbstevaluation beg<strong>in</strong>nen<br />

heißt also, zunächst den eigenen Unterricht unter die Lupe zu<br />

nehmen. Das Handlungsfeld Unterricht ist äußerst komplex.<br />

Umso mehr brauchen Lehrkräfte Informationen darüber,<br />

z. B. beg<strong>in</strong>nend mit der Frage: »Wie nehmen die Schüler/<strong>in</strong>nen<br />

me<strong>in</strong>en Unterricht wahr?« Diese Rückmeldung muss, soll das<br />

Vorgehen erfolgreich se<strong>in</strong>, ohne Kontrolle von außen erfolgen<br />

können. Lehrer und Schüler handeln hier als Lernpartner<br />

autonom. Die Eltern werden natürlich über den Vorgang an sich<br />

<strong>in</strong>formiert.<br />

78<br />

Qualitätsarbeit konkret: Woran lässt<br />

sich Qualität überhaupt erkennen?<br />

Was wollen wir? ➔ QUALITÄTSLEITZIELE<br />

Was s<strong>in</strong>d die Merkmale? ➔ KRITERIEN<br />

Woran erkennen wir<br />

Entwicklungen?<br />

Womit können wir messen<br />

und überprüfen?<br />

➔ INDIKATOREN<br />

➔ METHODEN/INSTRUMENTE<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Evaluation<br />

Kartenabfrage<br />

Was hat bei der Gruppenarbeit de<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach …<br />

gut geklappt?<br />

nicht gut geklappt?<br />

Die Evaluation kann auf verschiedene Weise durchgeführt<br />

werden:<br />

➔ Reflexion des eigenen Unterrichts (siehe Beispiel der<br />

Schülerrückmeldung oben);<br />

➔ Unterrichtsbeobachtung durch andere Lehrkräfte mit vorher<br />

vere<strong>in</strong>barten, gezielten Beobachtungsaufgaben, wie z. B. Frageformen,<br />

Verteilung der Lehrer-Schüler-Kontakte, und<br />

Feedback-Gespräche darüber;<br />

➔ standardisierte Leistungserhebungen und Tests (z. B. Vergleichsarbeiten<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Jahrgangsstufe als Aufgabe der<br />

Fachschaft);<br />

➔ Befragungen von Schülern, Eltern, Lehrkräften (Fragebögen).<br />

Im Kern geht es darum, im eigenen Unterricht und an der<br />

Schule e<strong>in</strong>e »Feedback-Kultur« aufzubauen durch systematische<br />

und kont<strong>in</strong>uierliche Formen der Rückmeldung. Fremdevaluation<br />

79<br />

Defizit- und<br />

»Schatzsuche«


Evaluation <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

ergänzt die Innenansicht und verh<strong>in</strong>dert selektive Wahrnehmung.<br />

Auch sie muss <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie entwicklungsorientiert se<strong>in</strong>,<br />

d. h. nicht e<strong>in</strong>seitig auf Defizit- und Fehlersuche gerichtet se<strong>in</strong>,<br />

sondern auf geme<strong>in</strong>same »Schatzsuche«. Dafür spricht auch,<br />

dass gerade für Neues e<strong>in</strong>e feste Basis der Argumentation nötig<br />

ist. Nicht alles, was im Bereich der neuen Lernformen praktiziert<br />

wird, ist an sich schon gut. Deshalb ist z. B. zu fragen: »Was taugt<br />

unsere Freiarbeit? Erreichen wir mit dem Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g die<br />

angestrebten Ziele bei den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern?« Zur<br />

angepeilten »neuen Lernkultur« gehört eben auch, dass Lehrkräfte<br />

selbstkritisch nachfragen. Damit erfüllen sie e<strong>in</strong>e Vorbildfunktion:<br />

Schließlich muss die Schule e<strong>in</strong> Modell dafür se<strong>in</strong>,<br />

wozu sie erzieht.<br />

Die Erfahrungen, die Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer beispielsweise<br />

mit regelmäßigen Befragungen bei ihren Schülern gemacht<br />

haben, mit Lerntagebüchern und anderen Rückmelde-Methoden,<br />

zeigen jedenfalls: Es lohnt sich!<br />

»Sp<strong>in</strong>nennetz« – Visualisierung von Evaluationsergebnissen<br />

»Sp<strong>in</strong>nennetz« als<br />

e<strong>in</strong>e Möglichkeit der<br />

grafischen Darstellung<br />

von Ergebnissen der<br />

Evaluation<br />

6 = sehr hoch<br />

1 = sehr niedrig<br />

80<br />

Kooperation<br />

der Lehrer<br />

Neue Lehrmethoden<br />

Informationsfluss<br />

Führung durch<br />

Fachbetreuer<br />

Führung durch den<br />

Schulleiter<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Abiturerfolge<br />

Durchfallerquoten<br />

gleiche<br />

Anforderungen<br />

<strong>in</strong> Parallelklassen<br />

Kontakte<br />

mit lokaler<br />

Wirtschaft<br />

Schülerorientierung<br />

Zufriedenheit<br />

der Eltern<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Evaluation<br />

Baumert, J./Lehmann, R. u. a.: TIMSS – Mathematisch-naturwissenschaftlicher<br />

Unterricht im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich. Deskriptive Befunde. Opladen 1997<br />

Buhren, C. G. u. a.: Qualitäts<strong>in</strong>dikatoren für Schule und Unterricht.<br />

E<strong>in</strong> Arbeitsbuch für Kollegien und Schulleitungen. Dortmund 1999<br />

Cz<strong>in</strong>zcoll, B.: Auf der Suche nach Kriterien für die Qualität von Schulen,<br />

<strong>in</strong>: SchulVerwaltung BY 1/2001<br />

Fend, H.: Qualität im Bildungswesen. We<strong>in</strong>heim/München 1998<br />

Herrmann, J./Höfer, Ch.: Evaluation <strong>in</strong> der Schule – Unterrichtsevaluation.<br />

Berichte und Materialien aus der Praxis. Gütersloh 1999<br />

Institut für <strong>Schulentwicklung</strong>sforschung (Hrsg.): IFS-Schulbarometer. Dortmund 1996<br />

Kempfert, G./Rolff, H.-G.: Pädagogische Qualitätsentwicklung. We<strong>in</strong>heim 1999<br />

Landes<strong>in</strong>stitut für Schule und Weiterbildung: Evaluation und <strong>Schulentwicklung</strong>.<br />

Bönen 1996<br />

Stern, C./Döbrich, P. (Hrsg.): Wie gut ist unsere Schule? Gütersloh 1999<br />

Süddeutsche Zeitung (Hrsg.): Was leisten oberbayerische Gymnasien? München 2001<br />

Wie gut ist unser Gymnasium? Bestandsaufnahme. Impulse zur Weiterentwicklung.<br />

(ISB, <strong>in</strong> Bearbeitung)<br />

Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schul<strong>in</strong>ternen Evaluation.<br />

CD-ROM des ISB (kostenloser Bezug ab Ende 2001)<br />

www.timss.mpg.de/ (Ergebnisse der TIMS-Studien)<br />

www.mpib-berl<strong>in</strong>.mpg.de/Pisa (Informationen zum Leistungstest PISA)<br />

www.ifs.uni-dortmund.de (Institut für <strong>Schulentwicklung</strong>sforschung der Universität<br />

Dortmund mit vielen »Werkzeugen« zur praktischen Evaluation)<br />

www.oberschulamt-stuttgart.de/ (Oberschulamt Stuttgart; unter »Forum<br />

Schule« u. a. praktische Beispiele zur Evaluation des Unterrichts)<br />

www.qis.at (Österreichisches Bildungsm<strong>in</strong>isterium zum Projekt »Qualität <strong>in</strong> Schulen«)<br />

81<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

Arbeitshilfe<br />

L<strong>in</strong>ks


5<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Unterstützung<br />

5. Unterstützung<br />

<strong>in</strong>nerer<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

Warum brauchen Schulen Unterstützung? S<strong>in</strong>d sie nicht seit<br />

langem professionell genug, um ihr »Geschäft« – den Unterricht<br />

– h<strong>in</strong>reichend gut zu führen? Das Bild der Schule als e<strong>in</strong>es<br />

lernenden Systems fordert von allen Beteiligten, Neuland zu<br />

betreten. Neben der Stabilisierung und Optimierung von<br />

Bewährtem steht jetzt Veränderung auf der Tagesordnung. Der<br />

Prozess der Veränderung birgt Unsicherheiten und Risiken,<br />

fordert aber auch neue Fähigkeiten und Fertigkeiten. Soweit<br />

Schule diese Veränderungen nicht aus eigener Kraft bewältigen<br />

kann, werden neue Formen der Unterstützung nötig. Die<br />

beiden Felder dafür s<strong>in</strong>d:<br />

83<br />

Qualifizierung,<br />

Beratung, Begleitung


E<strong>in</strong> Beispiel aus e<strong>in</strong>er Grundschule <strong>in</strong> A.<br />

Nach e<strong>in</strong>em Bericht von zwei<br />

Kolleg<strong>in</strong>nen über e<strong>in</strong>e sehr überzeugende<br />

Fortbildung zu neuen,<br />

<strong>in</strong>dividualisierenden Unterrichtsformen<br />

im Grundlegenden<br />

Unterricht hat sich e<strong>in</strong> Teil des<br />

Kollegiums entschlossen, den<br />

Unterricht zu verändern. Die<br />

Lehrer<strong>in</strong>nen der ersten Klassen<br />

erarbeiten und erproben <strong>in</strong><br />

ständiger Kooperation e<strong>in</strong> neues<br />

Konzept. Nach und nach werden<br />

Unterstützung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

➔ Qualifizierung, z. B. <strong>in</strong> Form von Fortbildungen durch<br />

externe Tra<strong>in</strong>er, und<br />

➔ Beratung und Begleitung, z. B. <strong>in</strong> Form von <strong>Schulentwicklung</strong>sberatung<br />

durch ausgebildete Experten.<br />

wegen der positiven Resonanz<br />

bei den Schülern und der teils<br />

zufriedenen, teils skeptischen<br />

Elternreaktionen immer mehr<br />

kontroverse Gespräche im<br />

Kollegium geführt. Das Lager<br />

der Befürworter neuer Unterrichtsformen<br />

wächst, gleichzeitig<br />

aber auch das der Kritiker,<br />

die große Bedenken haben,<br />

ob diese neuen Methoden wirklich<br />

besser s<strong>in</strong>d oder nur mehr<br />

Die Zwischenbilanz der Grundschule <strong>in</strong> A. zeigt, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Entwicklungsprozess unter E<strong>in</strong>beziehung e<strong>in</strong>es externen Beraters<br />

<strong>in</strong> zwei Jahren mehr passieren kann als nur die anfangs angestrebte<br />

Veränderung der Unterrichtsformen. Es ist e<strong>in</strong> umfassender,<br />

»systemischer« <strong>Schulentwicklung</strong>sprozess angestoßen worden,<br />

der <strong>in</strong> oft kle<strong>in</strong>en Schritten Veränderungen auf verschiedenen<br />

Ebenen gebracht hat und ke<strong>in</strong>eswegs zu Ende ist: Der externe<br />

Berater hat durch Gespräche mit der Schulleitung, mit<br />

e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>eren Gruppe aus dem Kollegium und schließlich durch<br />

die Moderation mehrerer schul<strong>in</strong>terner Fortbildungsveranstaltungen,<br />

darunter auch e<strong>in</strong>es Pädagogischen Tages, dazu beigetragen,<br />

dass an der Schule e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Erfahrungsaustausch über<br />

die pädagogische Arbeit möglich wurde, aus dem die Bereitschaft<br />

zu e<strong>in</strong>em Veränderungsprozess entstand. In der Folge entwickelte<br />

sich daraus e<strong>in</strong> teils von der Schule selbst gesteuerter, teils von<br />

außen unterstützter systematischer Prozess des Wandels<br />

84<br />

Arbeit machen. Die Schulleiter<strong>in</strong><br />

merkt, dass dieser latente<br />

Konflikt im Kollegium viele<br />

Energien b<strong>in</strong>det, möchte selbst<br />

für ke<strong>in</strong>e der beiden Gruppen<br />

Partei ergreifen, strebt aber e<strong>in</strong>e<br />

konstruktive Lösung an. Sie<br />

gew<strong>in</strong>nt das Kollegium dafür,<br />

diesen Prozess mit Hilfe e<strong>in</strong>es<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>sberaters<br />

von außerhalb der Schule zu<br />

steuern.<br />

Entwicklungen an der Grundschule <strong>in</strong> A. –<br />

Zwischenbilanz nach zwei Jahren <strong>Schulentwicklung</strong><br />

UNTERRICHTS-<br />

ENTWICKLUNG<br />

■ E<strong>in</strong>führung von Freiarbeit<br />

<strong>in</strong> den Jahrgangsstufen 1 und 2<br />

■ Entwicklung und Anpassung<br />

neuer Verfahren für die Leistungsmessung<br />

(Lernzielkontrollen)<br />

■ kle<strong>in</strong>e Projekte zu Unterrichtsthemen<br />

im Heimat- und Sachunterricht<br />

■ Abnahme der Erziehungsprobleme<br />

im Unterricht<br />

Beraterrolle<br />

ORGANISATIONS-<br />

ENTWICKLUNG<br />

■ regelmäßige Teamsitzungen<br />

für die Kollegen e<strong>in</strong>er Klassenstufe<br />

■ schrittweise Entwicklung e<strong>in</strong>er<br />

Team- und Kooperationskultur<br />

■ Intensivierung der Elternarbeit<br />

■ regelmäßige schul<strong>in</strong>terne<br />

Lehrerfortbildung zu neuen<br />

Unterrichtsformen<br />

PERSONAL-<br />

ENTWICKLUNG<br />

■ wachsende Methodenkompetenz<br />

der Lehrkräfte<br />

■ Steigerung der Kooperationsund<br />

Konfliktfähigkeit<br />

■ zunehmende Motivation<br />

und Berufszufriedenheit<br />

■ offenere E<strong>in</strong>stellung gegenüber<br />

Eltern<br />

■ Erweiterung der Mitwirkung<br />

des Kollegiums durch die<br />

Schulleitung<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Unterstützung<br />

(vgl. Prozessmodell unten). Schulleitung und Lehrkräfte konnten<br />

dabei ihre eigenen Vorstellungen von »guter Schule« schrittweise<br />

realisieren und erfuhren, wie befriedigend und emotional<br />

entlastend das aktive und geme<strong>in</strong>same Bemühen se<strong>in</strong> kann. Aufgrund<br />

der grundsätzlich positiven Erfahrungen wurde es <strong>in</strong> der<br />

Folge selbstverständlich, verschiedene Experten von außen zur<br />

Fortbildung <strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlichen Fragen (Unterrichtsmethoden, Fragen<br />

der Leistungserhebung u. a. m.) e<strong>in</strong>zuladen.<br />

5.1 Wann ist externe Unterstützung<br />

empfehlenswert?<br />

Lehrerkollegien setzen sich aus Persönlichkeiten mit unterschiedlichen<br />

Erfahrungen und Kompetenzen zusammen. Möglichst<br />

alle ernst zu nehmen, zu gew<strong>in</strong>nen und sie e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Veränderungsprozess, ist notwendig, aber aus eigener<br />

Kraft nicht immer zu schaffen. E<strong>in</strong> für solche Unterstützungsprozesse<br />

qualifizierter Fachmann, der nicht <strong>in</strong> das Beziehungsgeflecht<br />

der Schule e<strong>in</strong>gebunden ist, hat oft überraschend gute<br />

Chancen. Voraussetzung ist allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e grundsätzliche Bereitschaft<br />

e<strong>in</strong>er größeren Gruppe des Lehrerkollegiums, Veränderungen<br />

aktiv anzustreben, egal, ob diese auf e<strong>in</strong>em begrenzten<br />

Gebiet, z. B. dem Unterricht, stattf<strong>in</strong>den sollen oder das Gesamtsystem<br />

der jeweiligen Schule berühren (vgl. Kapitel 2). E<strong>in</strong>e<br />

solche Unterstützung ist an den Bedürfnissen der Schule ausgerichtet,<br />

von Anfang an zeitlich term<strong>in</strong>iert und <strong>in</strong>haltlich def<strong>in</strong>iert.<br />

Sie hat stets das Ziel, Kompetenzen zu vermitteln und<br />

Ergebnisse zu erreichen, die die Schule <strong>in</strong> die Lage versetzen,<br />

eigenständig weiterzuarbeiten.<br />

5.2 Was kann externe Unterstützung von<br />

<strong>Schulentwicklung</strong> anbieten?<br />

Externe Unterstützung kann zum Beispiel<br />

➔ e<strong>in</strong>er Schule helfen, neue Perspektiven und Schwerpunkte<br />

zu f<strong>in</strong>den und ihr Profil zu def<strong>in</strong>ieren (z. B. <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />

Schulprogramms),<br />

➔ geme<strong>in</strong>sames Lernen im Kollegium unterstützen,<br />

➔ den längerfristigen pädagogischen Entwicklungsprozess<br />

e<strong>in</strong>er Schule systematisch beratend begleiten und damit<br />

effektiver machen,<br />

➔ helfen, <strong>in</strong>terne Probleme und Konflikte zu lösen und<br />

Energien für die Weiterentwicklung freizusetzen,<br />

➔ Anstöße geben, den Schulalltag zu reflektieren und zu<br />

evaluieren, und hierzu geeignete Verfahren bereitstellen,<br />

85<br />

Voraussetzungen<br />

und Ziele<br />

Angebote


Das folgende Prozessmodell<br />

verdeutlicht e<strong>in</strong>en möglichen<br />

Ablauf:<br />

Punktuelle Fortbildungsangebote<br />

Unterstützung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

➔ Schulleiter unterstützen, ihre Führungsrolle weiterzuentwickeln.<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

5.3 Welche Formen von externer Unterstützung<br />

s<strong>in</strong>d möglich?<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>sprozesse erfordern zweierlei: die geme<strong>in</strong>same<br />

Gestaltung von Veränderungen durch e<strong>in</strong>e Mobilisierung der im<br />

Kollegium vorhandenen Interessen und Ressourcen, aber auch<br />

die Erweiterung der personalen, kommunikativen, fachlichen,<br />

methodischen und sozialen Kompetenzen von Lehrkräften und<br />

Schulleitung. Grundsätzlich kann Unterstützung von außerhalb<br />

der Schule Folgendes umfassen:<br />

Sie bietet punktuelle bedarfsorientierte Fortbildungsangebote für<br />

alle Lehrkräfte e<strong>in</strong>er Schule oder für Teile des Kollegiums (z. B.<br />

für Steuergruppen oder Fachschaften), die der ersten Annäherung<br />

an <strong>Schulentwicklung</strong> oder der Kompetenzerweiterung<br />

dienen: Thematische Schwerpunkte s<strong>in</strong>d z. B. Methoden der<br />

86<br />

Prozessmodell externer Unterstützung<br />

FOLGEAKTIVITÄTEN<br />

Evaluation der durchgeführten<br />

Maßnahmen, ggf.<br />

Planung weiterer Schritte<br />

HANDLUNGSPHASE<br />

Umsetzung des Handlungsplans,<br />

Durchführung der<br />

beschlossenen Maßnahmen<br />

KONKRETISIERUNGSPHASE<br />

Sammlung von Ideen, Entwicklung<br />

von Handlungsstrategien, konkrete Pläne<br />

für die Umsetzung<br />

ENTWICKLUNG VON VERÄNDERUNGSZIELEN<br />

Formulierung von erreichbaren und kontrollierbaren<br />

Zielen, Gewichtung der Ziele nach Bedeutsamkeit,<br />

Festlegung der Reihenfolge des Vorgehens<br />

DIAGNOSEPHASE<br />

Ist-Analyse – Erhebung der Stärken und Schwächen, E<strong>in</strong>igung<br />

auf Schwerpunkte für Veränderungen und Weiterentwicklungen<br />

(Ausbau der Stärken und Abbau der Schwächen)<br />

ENTSCHEIDUNGS- UND KONTAKTPHASE<br />

Klärung der Ziele des Kollegiums, Treffen von<br />

Vere<strong>in</strong>barungen und Regelungen, E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er<br />

Steuergruppe o. Ä.<br />

VORBEREITUNGS- UND KONTAKTPHASE<br />

Klären der Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e<br />

Beratung (Thematik, Dr<strong>in</strong>glichkeit etc.) sowie Prüfen<br />

der Eignung des Beraters<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Unterstützung<br />

Freiarbeit, Projektunterricht, Lernen durch Lehren, Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g der<br />

Sozialkompetenz bei Schülern, Moderationsmethoden, Streitschlichtung<br />

usw.<br />

Sie be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>e längerfristige Begleitung von Schulen bei der<br />

E<strong>in</strong>führung von Innovationen <strong>in</strong> Teilbereichen. Hierbei kann die<br />

externe Unterstützung sowohl e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensives und handlungsorientiertes<br />

Fortbildungsprogramm (z. B. Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, soziales<br />

Kompetenztra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Ausbildung von Streitschlichtern, Evaluation<br />

von Unterricht) umfassen als auch die Unterstützung der<br />

Schule bei der praktischen Umsetzung im Schulalltag.<br />

Durch externe <strong>Schulentwicklung</strong>sberater erfolgt e<strong>in</strong>e längerfristige<br />

Beratung und Begleitung des <strong>in</strong>dividuellen <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses.<br />

Dabei helfen die Prozessberater der Schule bei der<br />

Entwicklung neuer Perspektiven, bei der Weiterentwicklung der<br />

Kommunikation und Kooperation, bei Konfliktlösung usw.<br />

durch Moderation, Mediation, Supervision und Evaluation. Andere<br />

Experten s<strong>in</strong>d für <strong>in</strong>haltliche Fragen (z. B. Unterrichtsmethoden,<br />

Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Umsetzung des Lehrplans, Fragen<br />

der Leistungserhebung) zuständig.<br />

Supervision und <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Was ist Supervision?<br />

Supervision ist e<strong>in</strong>e berufsbezogene<br />

Reflexion und Beratung,<br />

die dazu dient, konkrete Fragestellungen,<br />

Probleme und Herausforderungen<br />

geme<strong>in</strong>sam mit<br />

Hilfe e<strong>in</strong>es Supervisors zu lösen.<br />

Supervision dient der Qualitätssicherung<br />

und hat nichts zu tun<br />

mit Therapie.<br />

Was kennzeichnet Supervision?<br />

1. Supervision ist konkret und<br />

personbezogen,<br />

2. sie nutzt das kreative Potenzial<br />

der Gruppe,<br />

3. bietet Alternativen an<br />

und lässt die Entscheidung beim<br />

Supervisanden.<br />

Formen der Supervision zur<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>:<br />

➔ E<strong>in</strong>zelsupervision (Coach<strong>in</strong>g)<br />

von Schulleitern und -aufsicht<br />

➔ Team-Supervision <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Kollegium oder <strong>in</strong> Teilen<br />

des Kollegiums<br />

➔ Organisationsentwicklung<br />

zur Bearbeitung von Themen und<br />

Konflikten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Schule<br />

Beispiel e<strong>in</strong>er Supervision im<br />

Kollegium:<br />

E<strong>in</strong> Kollegium bearbeitet mit<br />

Hilfe e<strong>in</strong>es Supervisors die konkreten<br />

Schwierigkeiten mit<br />

Eltern, die sich beschwert haben,<br />

dass ihre K<strong>in</strong>der von Mitschülern<br />

an der Schule »gemobbt« werden.<br />

In der Supervision reflektieren<br />

die Lehrkräfte die Situation aus<br />

ihrer eigenen Sicht, wechseln<br />

die Perspektive, d. h. sie fühlen<br />

sich <strong>in</strong> die Situation der betroffenen<br />

Schüler und der Eltern<br />

e<strong>in</strong>. Aus diesen Erfahrungen<br />

heraus erkennen sie die Zusam-<br />

Sie unterstützt die Vernetzung mit anderen Schulen, die e<strong>in</strong><br />

ähnliches <strong>Schulentwicklung</strong>sprojekt durchführen. Ziel ist, dass<br />

nicht jede Schule »das Rad neu erf<strong>in</strong>det«, sondern dass Schulen<br />

vone<strong>in</strong>ander lernen, Gelungenes übernehmen, aber auch aus<br />

den Erfahrungen und Problemen der anderen Konsequenzen<br />

ziehen.<br />

menhänge der Problematik und<br />

entwickeln daraus geme<strong>in</strong>sam<br />

Lösungsmöglichkeiten, dem<br />

Mobb<strong>in</strong>g unter den Schülern<br />

vorzubeugen und bei Mobb<strong>in</strong>g<br />

konsequent zu handeln. Sie<br />

beschließen, die Eltern aktiv <strong>in</strong><br />

die Lösung e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Außerdem wird von Mobb<strong>in</strong>g<br />

betroffenen Schülern e<strong>in</strong><br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g zur Förderung der<br />

Selbstsicherheit angeboten, das<br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der<br />

Aktion Jugendschutz durchgeführt<br />

wird.<br />

87<br />

Längerfristige<br />

Begleitung<br />

Prozessberatung und<br />

-begleitung<br />

Vernetzung


Seit mehr als zwei Jahren wird<br />

im Bereich der Schulen für Erziehungshilfe<br />

e<strong>in</strong> Modell erprobt<br />

und mit durch externe Evaluation<br />

nachgewiesenem Erfolg praktiziert:<br />

»Interne <strong>Schulentwicklung</strong><br />

durch externe Beratung« (ISEB)<br />

Dieses Modell, das ermöglicht<br />

wurde durch das Staatsm<strong>in</strong>isterium<br />

für Unterricht und Kultus,<br />

das Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik<br />

und Bildungsforschung,<br />

die Akademie für Lehrer-<br />

Unterstützung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Moderation von <strong>Schulentwicklung</strong>sprozessen – am Beispiel ISEB<br />

Freiwilligkeit<br />

Unabhängigkeit<br />

fortbildung und Personalführung<br />

und den Verband deutscher Sonderschullehrer<br />

(VdS), ist<br />

➔ e<strong>in</strong> freiwilliges Angebot an<br />

Förderschulen und Förderzentren,<br />

➔ e<strong>in</strong> von den Schulen selbst gesteuerter<br />

Entwicklungsprozess,<br />

➔ e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terner, von Vertraulichkeit<br />

gekennzeichneter Kommunikationsprozess,<br />

➔ professionell begleitet durch<br />

e<strong>in</strong> Beratertandem, bestehend<br />

aus e<strong>in</strong>em Schulpsychologen<br />

Schulen nehmen Unterstützung und Hilfestellung gern an, wenn<br />

sie es selbst wünschen. Ausgangspunkt für e<strong>in</strong>e Unterstützung<br />

von außen ist dann die Initiative e<strong>in</strong>er Schule, die Entscheidung<br />

e<strong>in</strong>es Kollegiums. Impulse und Anregungen zu e<strong>in</strong>em solchen<br />

Schritt kommen auch von der Schulaufsicht. Schulen akzeptieren<br />

externe Unterstützung <strong>in</strong>sbesondere dann, wenn sie freiwillig,<br />

unabhängig, vertraulich und professionell ist. Dies ist umso<br />

bedeutsamer, je längerfristiger und <strong>in</strong>tensiver die Zusammenarbeit<br />

mit den externen Beratern und Unterstützern ist und je<br />

<strong>in</strong>tensiver der Entwicklungsprozess begleitet wird. Nicht selten<br />

s<strong>in</strong>d die Kollegen überrascht, welche Freiräume für Veränderungen<br />

<strong>in</strong>nerhalb des rechtlichen Rahmens durch externe Beratung<br />

erschlossen werden können.<br />

Freiwilligkeit ist gegeben, wenn ...<br />

➔ sich die Schule die Experten selbst wählen kann (Zusammenstellungen<br />

von Ansprechpartnern entstehen <strong>in</strong> Zusammenhang<br />

mit den e<strong>in</strong>zelnen Regionalkongressen, auch die <strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren<br />

können weiterhelfen),<br />

➔ sich die externe Unterstützung im Rahmen der rechtlichen<br />

Vorgaben und Richtl<strong>in</strong>ien an den Bedürfnissen und Zielen der<br />

Schule orientiert,<br />

➔ ke<strong>in</strong> Zwang für Schule und Berater besteht, die Unterstützung<br />

entgegen dem eigenen Wunsch weiterzuführen.<br />

Unabhängigkeit ist gegeben, wenn ...<br />

➔ sich externe Unterstützer am Beratungsauftrag orientieren<br />

und ke<strong>in</strong>e eigenen Ziele e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen,<br />

➔ sie bei Konflikten Klärung anstreben, statt Druck <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Richtung zu machen,<br />

➔ sie sich nicht mit Teilen des Kollegiums solidarisieren (z. B.<br />

mit den »Fortschrittlichen« gegen die »Unbeweglichen«).<br />

88<br />

bzw. Supervisor (Beratungskompetenz)<br />

und e<strong>in</strong>em Sonderschullehrer<br />

(Feldkompetenz).<br />

Die Rolle der externen Beratertandems<br />

be<strong>in</strong>haltet die Moderation<br />

von Sitzungen, die Beratung<br />

der Schulleitungen, die Arbeit<br />

mit der Steuergruppe (wenn<br />

e<strong>in</strong>gerichtet) sowie die Zusammenarbeit<br />

mit der Schulaufsicht<br />

zur Unterstützung der Schule.<br />

5.4 Woran erkennt man qualifizierte<br />

Unterstützung?<br />

<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Unterstützung<br />

Vertraulichkeit ist gegeben, wenn ...<br />

➔ die Unterstützung am Vertrauensverhältnis zum Kollegium<br />

orientiert ist und Vertraulichkeit im Beratungsvertrag zugesichert<br />

wird,<br />

➔ Störungen im Vertrauensverhältnis und Zweifel an der<br />

E<strong>in</strong>haltung der Vertraulichkeit ernst genommen und umgehend<br />

geklärt werden,<br />

➔ klare Vere<strong>in</strong>barungen für den Fall getroffen werden, dass<br />

Dritte, d. h. weitere Personen von außerhalb der Schule, e<strong>in</strong>bezogen<br />

werden.<br />

Professionalität ist gegeben, wenn ...<br />

➔ die Berater hohes Fach- und Methodenwissen besitzen,<br />

➔ sie die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Unterstützungskompetenz<br />

kennen und offen legen,<br />

➔ sie die Rolle als Unterstützer und Berater wahren, wertschätzend<br />

mit dem Kollegium umgehen und nicht mit der Schulleitung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Führungskonflikt kommen,<br />

➔ sie die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen mit der Schule klären und<br />

e<strong>in</strong>halten (z. B. Zeitdauer der Unterstützung, Bed<strong>in</strong>gungen für<br />

den Abbruch der Unterstützung).<br />

5.5 Konkrete Unterstützungsmöglichkeiten<br />

Die Stiftung »Bildungspakt <strong>Bayern</strong>« fördert modellhafte Projekte<br />

zur <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong> unter besonderer Berücksichtigung<br />

der neuen Informations- und Kommunikationstechniken.<br />

Die Modelle werden über e<strong>in</strong> Stiftungsnetz allen <strong>in</strong>teressierten<br />

Schulen zugänglich gemacht. Der <strong>Schulentwicklung</strong>spreis<br />

i.s.i. wird jährlich von der Stiftung »Bildungspakt<br />

<strong>Bayern</strong>« an die Schulen vergeben, die e<strong>in</strong> rundum überzeugendes<br />

Schulprofil vorstellen und vorzügliche <strong>Schulentwicklung</strong>sarbeit<br />

leisten. Diese Schulen werden von e<strong>in</strong>er Jury prämiert und<br />

mit dem Bildungspakt-Siegel zertifiziert.<br />

Aktionen zur <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong>, wie Pädagogische<br />

Tage, können im Rahmen der schul<strong>in</strong>ternen Lehrerfortbildung<br />

f<strong>in</strong>anziell unterstützt werden. Anträge s<strong>in</strong>d über die dienstvorgesetzten<br />

Stellen e<strong>in</strong>zureichen. Inzwischen fördern auch Schulträger<br />

die Entwicklung ihrer Schulen.<br />

Relevante Informationen s<strong>in</strong>d über das »<strong>Schulentwicklung</strong>sportal«<br />

des Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isteriums für Unterricht und<br />

Kultus abrufbar (www.km.bayern.de/schulentwicklung).<br />

Für Informationen und Kontakte h<strong>in</strong>sichtlich der konkreten<br />

Möglichkeiten der Vernetzung und Unterstützung <strong>in</strong> den<br />

Regionen s<strong>in</strong>d die <strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren die besten<br />

89<br />

Vertraulichkeit<br />

Professionalität<br />

Stiftung<br />

»Bildungspakt<br />

<strong>Bayern</strong>«<br />

<strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren


Zentrale und regionale<br />

Ansprechpartner<br />

Literaturh<strong>in</strong>weise<br />

L<strong>in</strong>ks<br />

Unterstützung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />

Ansprechpartner. Diese <strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren s<strong>in</strong>d<br />

➔ im Volks-, Förder- und Berufsschulbereich Mitarbeiter bei<br />

der Schulabteilung der Bezirksregierung,<br />

➔ im Gymnasial-, Realschul- und Fachoberschul-/Berufsoberschulbereich<br />

Mitarbeiter bei den jeweiligen M<strong>in</strong>isterialbeauftragten.<br />

Zentrale und regionale Ansprechpartner s<strong>in</strong>d außerdem:<br />

➔ Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung<br />

(ISB), www.isb.bayern.de<br />

➔ Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung <strong>in</strong><br />

Dill<strong>in</strong>gen (ALP), www.alp.dill<strong>in</strong>gen.de<br />

➔ Staatliche Schulberatungsstellen, www.schulberatung.bayern.de<br />

➔ Pädagogisches Institut, München, www.pi.mus<strong>in</strong>.de<br />

➔ Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg, www.kubiss.de/pi<br />

In verschiedenen Regionen haben sich – auch <strong>in</strong> Zusammenhang<br />

mit den Regionalkongressen – Netzwerke gebildet. Weitere<br />

Unterstützungsmöglichkeiten bieten die Universitäten, die entsprechende<br />

Netze aufbauen. Diese zielen vor allem darauf, Schulen,<br />

die sich auf den Weg machen, den Austausch mit anderen<br />

<strong>in</strong>novativen Schulen zu ermöglichen. Beispielhaft seien genannt:<br />

Forum Eltern Lehrer Schüler (FELS) <strong>in</strong> Würzburg und das<br />

Schulische Innovationsnetzwerk Nordbayern (SINN) und das<br />

Regionale Netzwerk Oberpfalz (RENIS). L<strong>in</strong>ks zu diesen und<br />

weiteren Netzwerken f<strong>in</strong>den sich im <strong>Schulentwicklung</strong>sportal.<br />

Daneben gibt es unabhängig vom staatlichen Schulwesen<br />

Vere<strong>in</strong>e, Verbände, Unternehmensberatungen, Organisationsberater,<br />

Tra<strong>in</strong>er, Supervisoren etc., die den Schulen ihre Dienste<br />

anbieten. Es liegt im Ermessen der Schule, <strong>in</strong>wieweit solche<br />

Angebote wahrgenommen werden. Nähere Informationen s<strong>in</strong>d<br />

bei den <strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren zu erfahren.<br />

Interne <strong>Schulentwicklung</strong> durch externe Beratung, hrsg. vom Staats<strong>in</strong>stitut für<br />

Schulpädagogik und Bildungsforschung. Tagungsbericht zum Projekt. München 2001<br />

www.km.bayern.de/schulentwicklung (<strong>Schulentwicklung</strong>sportal des<br />

Staatsm<strong>in</strong>isteriums)<br />

www.bildungspakt-bayern.de (Stiftung Bildungspakt <strong>Bayern</strong>)<br />

90<br />

1.<br />

E<strong>in</strong>e stärkere Flexibilisierung bei der Gestaltung der Stundentafel<br />

verschafft gestalterische Freiräume.<br />

2. Schulen, die bei der Auswahl ihrer Lehrkräfte mitwirken, können<br />

leichter ihr Profil entwickeln.<br />

3. Im Vordergrund der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong> steht die Steigerung<br />

der Unterrichtsqualität.<br />

4. Die Lehrerfortbildung soll zielgenauer auf die Bedürfnisse der<br />

e<strong>in</strong>zelnen Schule ausgerichtet werden; nur so können die Schulen<br />

e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Profil entwickeln.<br />

5. Das Schulforum, e<strong>in</strong> gewähltes Team aus allen am Schulleben<br />

beteiligten Gruppen, bietet zahlreiche Möglichkeiten, dem Schulleben<br />

wesentliche Impulse zu geben; es soll <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Funktion gestärkt<br />

werden.<br />

6. E<strong>in</strong> Schulprogramm, an dem Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, Eltern<br />

und Lehrkräfte mitarbeiten, fixiert den pädagogischen Konsens e<strong>in</strong>er<br />

Schule schriftlich und schafft die Grundlage für jegliche<br />

Weiterentwicklung.<br />

7.<br />

12 Augsburger Thesen<br />

zur <strong>in</strong>neren<br />

<strong>Schulentwicklung</strong><br />

Für den Augsburger Bildungskongress<br />

»Schul<strong>in</strong>novation 2000 – Schulen auf dem Weg«<br />

im April 2000 formulierte die Kultusm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />

Monika Hohlmeier 12 Thesen. Sie s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>e Richtschnur des bildungspolitischen<br />

Handelns <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>.<br />

Schulen sollen sich gegenüber ihrem Umfeld mehr öffnen.<br />

8. E<strong>in</strong>e erweiterte Methodenkompetenz der Lehrkräfte bildet die<br />

Grundlage für e<strong>in</strong>en qualitätvollen und modernen Unterricht.<br />

9. Unterrichtsgestaltung und Leistungserhebungen sollen Nachhaltigkeit<br />

und vernetztes Denken <strong>in</strong> den Vordergrund rücken.<br />

10. Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer sollen sich nicht als E<strong>in</strong>zelkämpfer, sondern<br />

als Mitglieder e<strong>in</strong>es leistungsfähigen pädagogischen Teams erleben.<br />

11. Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollen mehr als bisher eigenverantwortliches<br />

Arbeiten lernen.<br />

12. Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollen zu ihrer Verantwortung für die<br />

eigene Schule stehen und sie aktiv wahrnehmen.


<strong>Schulentwicklung</strong><br />

braucht große Gedanken,<br />

kle<strong>in</strong>e Schritte<br />

und e<strong>in</strong>en langen Atem.<br />

Hartmut von Hentig<br />

www.km.bayern.de

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