Innere Schulentwicklung in Bayern
Innere Schulentwicklung in Bayern
Innere Schulentwicklung in Bayern
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Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für<br />
Unterricht und Kultus<br />
<strong>Innere</strong><br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Aus der Praxis – für die Praxis
Die Publikation wurde im Auftrag des Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isteriums für Unterricht<br />
und Kultus am Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) vom<br />
Arbeitskreis »Schul<strong>in</strong>novation« erstellt.<br />
Leitung und Redaktion: Ralf Kaulfuß, ISB München<br />
Mitglieder:<br />
Eva M. Borns (Wilhelm-Sattler-Realschule Schwe<strong>in</strong>furt)<br />
Dr. Wolfgang Eckart (Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg)<br />
Christian Fritsche (Leopold-Ullste<strong>in</strong>-Realschule Fürth)<br />
Dr. Bernhard Gruber (Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen)<br />
Dr. Gerald Klenk (Johannes-Heim-Schule (GTH) Schwabach)<br />
Theodor Laugsch (Staatl. Berufsschule III BBZ Schwe<strong>in</strong>furt)<br />
Dieter L<strong>in</strong>ck (Hans-Sachs-Gymnasium Nürnberg)<br />
Dipl.-Psych. He<strong>in</strong>z Schlegel (Staatl. Schulberatungsstelle für Obb./West, München)<br />
Reane Strüb<strong>in</strong>g (Städt. Peter-Vischer-Schule Nürnberg)<br />
Dr. Ernst Wagner (Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht und Kultus, München)<br />
Ernst Weidl (Simon-Marius-Gymnasium Gunzenhausen)<br />
Franz Ziegler (Kaufm. Berufsbildungszentrum Würzburg)<br />
Gestaltung: Agentur2 GmbH, München<br />
Illustrationen: Manfred Leeb, Schyren-Gymnasium Pfaffenhofen<br />
Fotos: Peter Bauernsachs (24, 27, 43, 46), Daniel Biskup (18, 20, 21, 57, 61, 63, 67, 73, 74),<br />
Klaus Brenn<strong>in</strong>ger (24, 25, 32, 34, 38, 49), Anton Fuchs (8, 11, 15, 16, 29, 74, 79),<br />
Walter Pichler/»forum schule heute« (82), Rolf Poss (24, 53, 82), bbw – Bildungswerk<br />
der Bayerischen Wirtschaft e. V. (83)<br />
Herausgeber: Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht und Kultus<br />
Dank gilt den Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen aus dem Staats<strong>in</strong>stitut für hilfreiche Unterstützung,<br />
<strong>in</strong>sbesondere Wolfgang Ambros, Sigrid B<strong>in</strong>der, Annemarie Hruza-Mayer,<br />
Dr. Franz Huber und Claudia Romer, ebenso Bett<strong>in</strong>a Rupp<strong>in</strong> (Maria-Theresia-Gymnasium<br />
München).<br />
Wegen der leichteren Lesbarkeit umfassen Bezeichnungen von Personengruppen<br />
<strong>in</strong> der Regel weibliche und männliche Personen.<br />
Die L<strong>in</strong>ks geben den Stand von Juli 2001 wieder.<br />
Für den Inhalt der L<strong>in</strong>ks wird ke<strong>in</strong>e Verantwortung übernommen.<br />
© Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht und Kultus, München 2001<br />
<strong>Innere</strong><br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Aus der Praxis – für die Praxis<br />
Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für<br />
Unterricht und Kultus
ZUM ANLIEGEN<br />
4<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Die vorliegende Publikation will knapp und konkret über zentrale<br />
Felder der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong> <strong>in</strong>formieren und damit e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />
Diskussionsgrundlage schaffen. Vorhandene Aktivitäten<br />
an den Schulen sollen gestützt, möglichst viele Impulse zur weiteren<br />
Beschäftigung mit <strong>Schulentwicklung</strong> sollen ausgelöst werden. Deshalb<br />
fehlen verb<strong>in</strong>dliche Handlungsanweisungen oder »Rezepte« – <strong>in</strong>nerhalb<br />
des skizzierten Rahmens können Schulen unterschiedliche Wege<br />
gehen.<br />
Natürlich kann e<strong>in</strong> Orientierungsrahmen ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Vollständigkeit<br />
oder gleichmäßige Berücksichtigung aller Schularten beanspruchen.<br />
Für e<strong>in</strong>e umfassendere Beschäftigung liefern die Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
und L<strong>in</strong>ks erste Anregungen. Schulen brauchen auf ihrem<br />
Weg aber ebenfalls Beratung und Hilfe von außen. H<strong>in</strong>weise auf<br />
Unterstützungsangebote sowie Informationen über Ansprechpartner<br />
runden somit die Schrift ab.<br />
Das Anliegen der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong> wird nicht zuletzt durch<br />
die Bildungskongresse <strong>in</strong> allen Regionen <strong>Bayern</strong>s <strong>in</strong> die Schulen getragen.<br />
Die Dokumentationen zum Kongress <strong>in</strong> Augsburg (im April<br />
2000) und zu den Regionalkongressen ermöglichen vielfältige anregende<br />
E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong> Aktivitäten von Schulen. Das <strong>Schulentwicklung</strong>sportal<br />
des Staatsm<strong>in</strong>isteriums (www.km.bayern.de/schulentwicklung)<br />
bietet den zentralen Zugang zu allen relevanten Informationen.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
INHALT<br />
Vorwort<br />
1 Was ist »<strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong>«?<br />
2 Standards für die <strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong><br />
3 Zentrale Handlungsfelder<br />
3.1 Vom Leitbild zum Schulprogramm<br />
3.2 Neue Lernkultur<br />
3.3 Schülerrolle<br />
3.4 Teamentwicklung im Kollegium<br />
3.5 Gesprächskultur<br />
3.6 Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule<br />
3.7 Mitwirkung und Mitgestaltung<br />
3.8 Öffnung der Schule<br />
3.9 Neue Medien<br />
4 Evaluation und Qualitätsentwicklung<br />
5 Unterstützung <strong>in</strong>nerer <strong>Schulentwicklung</strong><br />
5<br />
6<br />
8<br />
18<br />
24<br />
25<br />
32<br />
38<br />
43<br />
49<br />
53<br />
57<br />
63<br />
67<br />
74<br />
82
6<br />
VORWORT<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Unsere Gesellschaft und unsere Arbeitswelt erleben heute e<strong>in</strong>en<br />
tiefgreifenden Wandel. Der epochale Umbruch von der Industrie-<br />
zur Wissensgesellschaft stellt die Schule vor anspruchsvolle<br />
Aufgaben: Sie muss junge Menschen auf e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
dynamischen und komplexen Welt so vorbereiten, dass sie kompetent,<br />
flexibel und verantwortungsbewusst die Zukunft gestalten<br />
können. Sie muss Heranwachsenden fundiertes Wissen,<br />
klare Wertvorstellungen, Selbstständigkeit und Selbstvertrauen,<br />
Kommunikations- und Teamfähigkeit, Flexibilität und die Fähigkeit<br />
zu vernetztem Denken vermitteln.<br />
Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund verändern sich unsere Schulen. Auf der<br />
e<strong>in</strong>en Seite unterstützen strukturelle Maßnahmen diesen Wandel,<br />
wie etwa die E<strong>in</strong>führung der Sechsstufigen Realschule (R 6)<br />
oder der M- und P-Züge <strong>in</strong> der Hauptschule, die Veränderungen<br />
<strong>in</strong> der Stundentafel – z. B. des Gymnasiums –, der Umbau von<br />
Berufsschulen <strong>in</strong> Kompetenzzentren oder die Errichtung von<br />
Förderzentren im Bereich der Förderschulen. Auf der anderen<br />
Seite muss e<strong>in</strong> Wandel <strong>in</strong> den Schulen selbst e<strong>in</strong>setzen. Die sich<br />
selbst entwickelnde Schule ist das Ziel e<strong>in</strong>es solchen Prozesses.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> ist e<strong>in</strong> systemischer, strukturierter und<br />
auf Dauer angelegter Prozess <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>zelschulen. Jede Schule<br />
muss prüfen, wo ihre Stärken und Schwächen liegen; aus den<br />
Ergebnissen zieht sie die notwendigen Konsequenzen, entwickelt<br />
Perspektiven, probiert Neues aus. Kurz: Sie begreift sich<br />
als »lernende Organisation«.<br />
Solche Aktivitäten s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong> Selbstzweck; sie tragen vielmehr<br />
dazu bei, die Bildungs- und Erziehungsziele effizienter zu verwirklichen.<br />
<strong>Schulentwicklung</strong> hat immer Schüler<strong>in</strong>nen und<br />
Schüler im Auge: Sie s<strong>in</strong>d es, die motivierter, erfolgreicher und<br />
nachhaltiger lernen sollen.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
E<strong>in</strong> Veränderungsprozess soll von der Eigen<strong>in</strong>itiative der Schule<br />
getragen werden, und das im Konsens aller am Schulleben<br />
Beteiligten. »Von oben« kann er nicht angeordnet, aber er kann<br />
unterstützt und anerkannt werden, z. B. dadurch, dass der<br />
Handlungsspielraum der Schulen erweitert wird. So wird e<strong>in</strong>e<br />
selbst verantwortete Profilierung möglich. Erst e<strong>in</strong> größerer<br />
Freiraum lässt an den e<strong>in</strong>zelnen Schulen die Kompetenzen<br />
wirksam werden, die bei Lehrern, Eltern und <strong>in</strong> ihrem Umfeld<br />
vorhanden s<strong>in</strong>d: Vor Ort können die unterschiedlichen Anforderungen<br />
und Problemlagen am besten bewältigt werden. Hier<br />
wird die Verknüpfung von <strong>in</strong>nerer <strong>Schulentwicklung</strong> und<br />
Gesellschaftsentwicklung sichtbar: E<strong>in</strong>e »aktive Bürgergesellschaft«<br />
baut auch auf Mitbeteiligung und Mitwirkung im schulischen<br />
Bereich.<br />
So gesehen ist <strong>Schulentwicklung</strong> ke<strong>in</strong>e zusätzliche, sondern<br />
eigentlich e<strong>in</strong>e genu<strong>in</strong>e Aufgabe und e<strong>in</strong> Kernanliegen aller<br />
Lehrkräfte: Das Streben nach Verbesserung der Unterrichtsqualität<br />
ist e<strong>in</strong> unverzichtbarer Teil ihrer Professionalität, gleichzeitig<br />
e<strong>in</strong>e wesentliche Garantie für Anerkennung und Berufszufriedenheit.<br />
Unterrichtsentwicklung kann allerd<strong>in</strong>gs nicht isoliert<br />
erfolgen – Qualität <strong>in</strong> diesem Bereich bedarf geeigneter flankierender<br />
Maßnahmen <strong>in</strong> der Schulorganisation und <strong>in</strong> der Personalentwicklung<br />
(z. B. Teamarbeit).<br />
Damit ist ke<strong>in</strong>e Pauschalkritik am bisher Erreichten verbunden:<br />
Schule hat sich immer an Qualität orientiert weiterentwickelt,<br />
viele Lehrkräfte haben sich hervorragend engagiert, Bewährtes<br />
soll beibehalten und stabilisiert werden. Aber das Bemühen,<br />
besser zu werden, erhält im Konzept der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong><br />
e<strong>in</strong>e neue Qualität.<br />
Monika Hohlmeier,<br />
Bayerische Staatsm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> für Unterricht und Kultus<br />
7
1<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />
1. Was ist »<strong>in</strong>nere<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>«?<br />
Der Begriff »<strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong>« wird als Oberbegriff<br />
verwendet, wenn es um langfristig angelegte Projekte geht, die<br />
zu e<strong>in</strong>er nachhaltigen Entwicklung der jeweiligen Schule als<br />
Ganzes führen. Dabei wird vor allem der rapide Wandel <strong>in</strong> Wirtschaft<br />
und Gesellschaft als Auslöser für diese Prozesse gesehen.<br />
Im Mittelpunkt steht die fortlaufende Steigerung der Qualität<br />
von Schule und Unterricht: Sie ist das eigentliche Kernthema<br />
9<br />
Schule als Ganzes
Leitbild und<br />
Schulprogramm<br />
Lernen im Team<br />
Was ist das? <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
von <strong>Schulentwicklung</strong>, die sich stets daran messen lassen muss,<br />
ob sie die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler erreicht. Es gilt, diese optimal<br />
zu fördern, Orientierungen zu schaffen und die Eigenverantwortung<br />
aller Beteiligten zu stärken.<br />
E<strong>in</strong>e so verstandene <strong>Schulentwicklung</strong> kann nicht als Reform<br />
von oben verordnet werden. Zu den Leitideen von <strong>Schulentwicklung</strong><br />
zählt, dass von der e<strong>in</strong>zelnen Schule her gedacht wird:<br />
Die Schule ist der Motor (Per Dal<strong>in</strong>), sie muss deshalb gestärkt<br />
werden. <strong>Schulentwicklung</strong> f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> der Schule statt: nur dort –<br />
oder überhaupt nicht. Anders gesagt: Wandel kann nicht angeordnet,<br />
sondern nur ermöglicht werden. Dazu gehört es, dass<br />
sich Kollegium und Leitung e<strong>in</strong>er Schule unter E<strong>in</strong>beziehung<br />
von Eltern und Schülern über ihre pädagogischen Grundsätze<br />
verständigen und sie zu e<strong>in</strong>em Leitbild und Schulprogramm bündeln<br />
(vgl. Kapitel 3.1). Diese s<strong>in</strong>d somit Ausdruck des geme<strong>in</strong>samen<br />
Verständnisses über Zielsetzungen, die die Schule verfolgt.<br />
Beide dienen als Richtschnur für das alltägliche Handeln. Mit<br />
Leben erfüllt werden e<strong>in</strong> Leitbild oder e<strong>in</strong> Schulprogramm also<br />
nur, wenn e<strong>in</strong> Kollegium wirklich »dah<strong>in</strong>ter steht«.<br />
E<strong>in</strong> zweiter Grundgedanke ist: <strong>Schulentwicklung</strong> ist e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same<br />
Aufgabe aller Lehrkräfte. In ihr zeigt sich ihr verantwortungsvolles<br />
und professionelles Handeln, da sie wissen, dass man<br />
als E<strong>in</strong>zelner <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em System, wie es die Schule darstellt, nichts<br />
wirklich verändern kann. Geme<strong>in</strong>sames Vorgehen ist angesagt.<br />
So gesehen gehören auch die mit <strong>Schulentwicklung</strong> verbundenen<br />
Innovationsaufgaben zu den genu<strong>in</strong>en Aufgaben der Lehrkräfte.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs müssen sie sich für die z. T. neuen Aufgaben<br />
qualifizieren, am besten dort, wo die Probleme entstehen: am<br />
Arbeitsplatz Schule, der – so verstanden – auch zunehmend zum<br />
Lernort für Lehrkräfte wird. Geme<strong>in</strong>sames Lernen im Team, ob<br />
<strong>in</strong> der Fachschaft, im Klassenteam oder im ganzen Kollegium,<br />
bekommt damit immer mehr Gewicht.<br />
10<br />
Schule im Umbruch<br />
Globalisierung: TIMSS-Schock<br />
Medien- und<br />
Konsumgesellschaft<br />
➔<br />
geändertes Lernverhalten<br />
von Schüler(n)/<strong>in</strong>nen<br />
➔<br />
BILDUNG<br />
UND ERZIEHUNG<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
High Tech/neue Anforderungen<br />
am Arbeitsplatz<br />
➔<br />
»Wissensexplosion«<br />
Arbeitsmarkt: Wettbewerb,<br />
Flexibilität, Mobilität<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />
Teambildung im Kollegium<br />
(am Beispiel e<strong>in</strong>er größeren Schule)<br />
Gesamtkollegium<br />
Fachteams<br />
(Fachschaften)<br />
Koord<strong>in</strong>ierungs-/<br />
Steuergruppe<br />
(mit Schulleitung)<br />
Klassenteams<br />
(ca. 3 Lehrkräfte)<br />
Unter dem Gesichtspunkt von <strong>Schulentwicklung</strong> wird es deshalb<br />
immer wichtiger, dass Lehrerfortbildung <strong>in</strong> die Schule geht,<br />
zu den Kollegien: schul<strong>in</strong>terne Lehrerfortbildung (SCHILF). Das<br />
heißt aber auch, dass jede Schule e<strong>in</strong> eigenes Fortbildungskonzept<br />
sowie e<strong>in</strong>en eigenen Fortbildungsetat braucht und folglich e<strong>in</strong>e<br />
eigene Nachfrage entwickelt nach passgenauen Team-Fortbildungen<br />
ebenso wie nach »schul<strong>in</strong>dividueller« Beratung, nach<br />
Betreuung (Coach<strong>in</strong>g), nach Prozessbegleitung.<br />
11<br />
Fortbildungskonzept
Unterstützungsrahmen<br />
Feedback und Evaluation<br />
Beispiel<br />
Unterrichtsevaluation:<br />
Unterrichtsevaluation muss …<br />
➔ e<strong>in</strong>fach zu handhaben se<strong>in</strong><br />
und mit ger<strong>in</strong>gem Zeitaufwand<br />
zu bewerkstelligen se<strong>in</strong>,<br />
➔ den Lehrkräften dabei<br />
helfen, die Wahl ihrer Unterrichtsmethoden<br />
besser<br />
begründen und vertreten zu<br />
können,<br />
➔ die Sichtweise von<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern<br />
e<strong>in</strong>beziehen.<br />
Ziel: Auf Grundlage von Daten<br />
den Unterricht reflektieren und<br />
gezielt verbessern.<br />
Felder der <strong>in</strong>neren<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
Was ist das? <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Damit verändert sich auch der Unterstützungsrahmen von Schule.<br />
Standen bisher der e<strong>in</strong>zelne Lehrer bzw. die e<strong>in</strong>zelne Lehrer<strong>in</strong> im<br />
Blickpunkt der Angebote beispielsweise der Lehrerfortbildung,<br />
so muss sich jetzt e<strong>in</strong>e Angebotsstruktur entwickeln, die auf die<br />
Schulen und ihre je unterschiedlichen Bedürfnisse zugeschnitten<br />
ist. Da <strong>Schulentwicklung</strong> »vor Ort« stattf<strong>in</strong>det, muss diese Unterstützung<br />
regional angesiedelt se<strong>in</strong> und e<strong>in</strong> ganzes Bündel von<br />
Angeboten bereit halten (vgl. auch Kapitel 5).<br />
In e<strong>in</strong>er Schule, die Qualitätsverbesserung im Auge hat, müssen<br />
Feedback und Evaluation Bestandteil der Arbeitskultur werden<br />
(vgl. Kapitel 4). Bei »Feedback« geht es um den Aufbau e<strong>in</strong>es<br />
Systems von Rückmeldungen, die Auskunft darüber geben, wie<br />
gut oder schlecht das ist, was Lehrer gerade tun, oder wie es<br />
ankommt.<br />
Dabei ist e<strong>in</strong> pädagogischer Qualitätsbegriff zu entwickeln, der<br />
nicht nur den »Input« (<strong>in</strong> Form von Ressourcen, Organisation<br />
etc.) und die Lernleistungen als »Output« erfasst, sondern auch<br />
und besonders die »dazwischenliegenden« Prozesse (z. B. wie im<br />
Unterricht gelernt wird). Maxime sollte se<strong>in</strong>, dass die Qualitätsarbeit<br />
bei den Lehrkräften selbst praxisnah und <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Schritten<br />
e<strong>in</strong>setzt. Selbstevaluation heißt somit nichts anderes, als<br />
dass Lehrer ihre E<strong>in</strong>stellungen und ihre eigene Praxis beleuchten<br />
und reflektieren, um (noch) besser zu werden. Externe Evaluation<br />
liefert weitere wertvolle H<strong>in</strong>weise aus der Sicht von außerhalb<br />
und hilft so, »bl<strong>in</strong>de Flecken« <strong>in</strong> der Wahrnehmung zu<br />
schließen.<br />
Aus alldem ergibt sich, dass sich auch Schulleitung und Schulaufsicht<br />
teilweise neu orientieren müssen. Deutlich stärker als bisher<br />
gehört zu den Aufgaben der Schulleitung die Förderung der<br />
Teamarbeit im Kollegium ebenso wie die engagierte Unterstützung<br />
von <strong>in</strong>nerschulischen Reformprojekten. So wird es künftig<br />
vermutlich zu den selbstverständlichen Erwartungen gehören,<br />
dass e<strong>in</strong>e Schulleitung oder e<strong>in</strong> Schulrat neue D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> die Wege<br />
leiten und dabei über das entsprechende Know-how (z. B. <strong>in</strong><br />
Form von Projektmanagement) verfügen. Nicht zuletzt gehört<br />
auch die Öffnung der Schule durch die E<strong>in</strong>beziehung von Eltern,<br />
Stadtteil, Wirtschaftsbetrieben und Vere<strong>in</strong>en zu ihren zentralen<br />
Aufgaben.<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>, die Qualitätsverbesserung im S<strong>in</strong>n hat, muss<br />
verschiedene Bereiche im Auge haben. Hier erfolgt e<strong>in</strong>e Konzentration<br />
auf die drei Felder Personalentwicklung, Unterrichtsentwicklung<br />
und Organisationsentwicklung (vgl. Grafik). Pr<strong>in</strong>zipiell<br />
s<strong>in</strong>d alle drei Bereiche gleich wichtig, stehen sie doch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
12<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />
systemischen Zusammenhang. Letztlich steht jedoch die Weiterentwicklung<br />
des Unterrichts im Mittelpunkt: Unterricht ist der zentrale<br />
Ort für Erziehung und Lernen – dem eigentlichen Zweck von<br />
Schule. Was enthalten nun die drei Begriffe im E<strong>in</strong>zelnen?<br />
Schule als lernende Organisation<br />
Die drei Felder der <strong>Schulentwicklung</strong><br />
➔<br />
Organisationsentwicklung<br />
UNTERRICHTS-<br />
ENTWICKLUNG<br />
Personalentwicklung<br />
Unterrichtsentwicklung zielt auf e<strong>in</strong>en verbesserten, nachhaltigen<br />
Lernerfolg, ohne die Persönlichkeitsbildung und <strong>in</strong>dividuelle<br />
Förderung aus den Augen zu verlieren. Daher muss nicht nur<br />
die Art und Weise des Lehrens und Lernens überprüft und an<br />
den Erkenntnissen der Wissenschaft orientiert weiterentwickelt<br />
werden – gleichermaßen stehen auch die Inhalte des Unterrichts<br />
auf dem Prüfstand:<br />
➔ Welches (Grund-)Wissen benötigen Jugendliche, um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
zunehmend komplexeren Welt bestehen und diese gestalten zu<br />
können?<br />
➔ Welche Handlungskompetenzen, die <strong>in</strong> wichtigen Anwendungssituationen<br />
sachgerechtes Handeln ermöglichen, und welche<br />
Metakompetenzen, die zur Selbstreflexion befähigen, sollen<br />
gelernt werden?<br />
➔ Welche Themen oder Gegenstände bieten die besten Ansatzpunkte<br />
für Werteerziehung und personale Bildung?<br />
➔<br />
13<br />
Unterrichtsentwicklung
Organisationsentwicklung<br />
Personalentwicklung<br />
Was ist das? <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Der Fragenkatalog ließe sich unschwer fortsetzen. E<strong>in</strong>e grundsätzliche<br />
Orientierung <strong>in</strong> diesen Fragen bieten Lehrpläne, Handreichungen<br />
usw. Trotzdem bleiben für das Kollegium oder für<br />
Fachschaften vor Ort große Gestaltungsaufgaben, wenn es etwa<br />
darum geht, geeignete Verfahren zur Vermittlung »<strong>in</strong>telligenten<br />
Wissens« abgestimmt zu erproben, den Handlungs- und Praxisbezug<br />
des Lernens zu verstärken oder eigenverantwortliches,<br />
selbstständiges Lernen durch Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und Unterrichtsformen<br />
wie Freiarbeit, Wochenplanarbeit und Projektarbeit<br />
zu fördern. Konsequenz ist die Entwicklung e<strong>in</strong>er neuen Lernkultur<br />
<strong>in</strong> allen Fächern, die dem ganzheitlichen Bildungsbegriff<br />
verpflichtet ist.<br />
Organisationsentwicklung geht davon aus, dass auch Organisationen<br />
lernen können. Auf die Schule übertragen heißt das, dass<br />
sich e<strong>in</strong> Kollegium zusammensetzt, um geme<strong>in</strong>same Ziele zu<br />
formulieren: Wo wollen wir h<strong>in</strong>? Worauf zielt unsere Tätigkeit?<br />
Dies kann z. B. <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Leitbildes geschehen, das wiederum<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Handlungsprogramm – auch Schulprogramm genannt<br />
– übertragen werden muss. Wurden die Ziele im Laufe<br />
e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit erreicht? Hier setzt die Evaluation an, die<br />
dies durch geeignete Methoden herauszuf<strong>in</strong>den sucht. Zur Organisationsentwicklung<br />
gehört aber ebenfalls die gezielte Elternarbeit<br />
e<strong>in</strong>er Schule. Grundlegend ist stets die systematische E<strong>in</strong>beziehung<br />
aller Beteiligten. Von großer Bedeutung ist natürlich<br />
auch die Gestaltung der äußeren Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, etwa<br />
der Ausstattung der Schule, des f<strong>in</strong>anziellen Budgets, ebenso die<br />
Umsetzung zentraler Richtl<strong>in</strong>ien und Vorgaben.<br />
Personalentwicklung zielt darauf, Menschen für die Arbeitsweise<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er »lernenden Organisation« zu gew<strong>in</strong>nen und fortzubilden.<br />
E<strong>in</strong>e Organisation kann nicht ohne die <strong>in</strong> ihr arbeitenden<br />
Menschen weiterentwickelt werden, denn nur Menschen können<br />
Organisationen verändern. Dazu müssen sie von ihrer<br />
Haltung her bereit und motiviert se<strong>in</strong>, sich aber auch gegenüber<br />
den neuen Aufgaben gerüstet fühlen.<br />
Die Personalentwicklung <strong>in</strong> der Schule beg<strong>in</strong>nt deshalb mit der<br />
Weiterqualifizierung für neue Aufgaben und bezieht dabei das<br />
Lernen <strong>in</strong> Teams mit e<strong>in</strong>. So gesehen, ist schul<strong>in</strong>terne Lehrerfortbildung<br />
<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Personalentwicklung. H<strong>in</strong>zu kommen<br />
Mitarbeitergespräche (mit Zielvere<strong>in</strong>barungen), Hospitationen<br />
(wechselseitige Unterrichtsbesuche) durch Kolleg<strong>in</strong>nen und<br />
Kollegen und Supervision (im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er professionellen Reflexion<br />
der eigenen Arbeit). Auch an der Auswahl neuer Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen wird sich die Schule zunehmend beteiligen.<br />
14<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />
Ohne e<strong>in</strong>e Veränderung von Rahmenbed<strong>in</strong>gungen ist Personalentwicklung<br />
also nicht möglich.<br />
In der Praxis lassen sich die dargestellten Bereiche der <strong>Schulentwicklung</strong><br />
nicht trennen. E<strong>in</strong>e <strong>Schulentwicklung</strong>, die im Verlauf<br />
des Prozesses nicht auch den »normalen«, täglich Schulstunde<br />
für Schulstunde stattf<strong>in</strong>denden Unterricht erreicht, verdient diesen<br />
Namen nicht. Folglich gilt: E<strong>in</strong>e Personalentwicklung, die<br />
den Unterricht aus den Augen verliert, wird zu kurz greifen.<br />
Gleichermaßen wird e<strong>in</strong>e Modernisierung des Unterrichts bald<br />
an ihre Grenzen stoßen, wenn sie sich alle<strong>in</strong> am Geschehen im<br />
Klassenzimmer orientiert und die anderen Bed<strong>in</strong>gungsfaktoren<br />
ausklammert. Neue Formen des Lehrens und Lernens erfordern<br />
nun e<strong>in</strong>mal über kurz oder lang flexiblere Organisationsstrukturen<br />
der Schule.<br />
Bilanziert man die Erfahrungen, die <strong>in</strong> den letzten Jahren mit<br />
<strong>Schulentwicklung</strong> gemacht wurden, so spricht vieles dafür, dass<br />
die den größten Erfolg versprechende »Schlüsselstrategie« <strong>in</strong><br />
der Unterrichtsentwicklung zu suchen ist. Hier setzt das Konzept<br />
der Pädagogischen <strong>Schulentwicklung</strong> an: Sie stellt die Modernisierung<br />
des Unterrichts mit dem Ziel e<strong>in</strong>er Ausgestaltung der Lernkultur<br />
e<strong>in</strong>er Schule an den Anfang aller Bemühungen. Dabei soll<br />
das eigenverantwortliche Lernen und Handeln der Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schüler systematisch gefördert werden. Zur <strong>Schulentwicklung</strong><br />
wird dieser Ansatz dadurch, dass er auf die Lernkultur und<br />
das soziale Klima der ganzen Schule ausstrahlt, <strong>in</strong>sbesondere<br />
da er zu e<strong>in</strong>er verstärkten E<strong>in</strong>beziehung der Schüler, zu e<strong>in</strong>er<br />
besseren Kommunikation und Zusammenarbeit im Kollegium<br />
und schließlich auch zur aktiven Eltern- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
beizutragen vermag. So kann letztlich aus dem Ansatz<br />
»Entwicklung e<strong>in</strong>er neuen Lernkultur« e<strong>in</strong> ganzes Schulprogramm<br />
werden.<br />
15<br />
Pädagogische<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>
Systemische<br />
Qualitätsentwicklung<br />
➔<br />
Fazit<br />
Was ist das? <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Aber auch andere Vorgehensweisen können durchaus erfolgreich<br />
se<strong>in</strong>. Derzeit wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schulversuch an bayerischen<br />
Gymnasien überprüft, <strong>in</strong>wieweit Erfahrungen mit der Organisationsentwicklung<br />
<strong>in</strong> der Wirtschaft für den schulischen Bereich<br />
adaptiert werden können. Grundlage ist das Modell der »European<br />
Foundation for Quality Management« (EFQM). Dieses unterstützt<br />
e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche, umfassende und systematische bzw.<br />
»systemische« Qualitätsentwicklung. Gerade auch bei Veränderungen<br />
im komplexen System Schule sollten isolierte oder sprunghafte<br />
E<strong>in</strong>zelmaßnahmen unterbleiben; der Blick aufs Ganze darf<br />
nicht verloren gehen.<br />
EFQM-Modell – Bereiche der Qualitätsentwicklung<br />
BEFÄHIGER<br />
Mitarbeiter<br />
Politik<br />
Führung Prozesse<br />
und Strategie<br />
Partnerschaften<br />
und Ressourcen<br />
16<br />
➔<br />
INNOVATION UND LERNEN<br />
Mitarbeiterbezogene<br />
Ergebnisse<br />
Kundenbezogene<br />
Ergebnisse<br />
Gesellschaftsbezogene<br />
Ergebnisse<br />
ERGEBNISSE<br />
Wichtige<br />
Ergebnisse der<br />
Organisation<br />
Die Maßnahmen der Qualitätsentwicklung nach dem EFQM-<br />
Modell orientieren sich an 9 Bereichen (vgl. Grafik), die schulartspezifisch<br />
aufbereitet werden müssen. Am Anfang steht e<strong>in</strong>e<br />
Bestandsaufnahme der Stärken und Schwächen der Schule.<br />
Anschließend erfolgt e<strong>in</strong>e Festlegung, <strong>in</strong> welcher Reihenfolge<br />
die Maßnahmen angepackt werden sollen. Dabei werden<br />
Kriterien def<strong>in</strong>iert, mit denen man den Erfolg des Vorgehens<br />
überprüfen kann.<br />
Grundsätzlich gilt: E<strong>in</strong>e Schule sollte mit dem Entwicklungsprozess<br />
dort anfangen, wo die Mehrheit des Kollegiums »der Schuh<br />
drückt«, wo e<strong>in</strong> zügiges Anpacken möglich ist und wo nicht alle<br />
schwierigen Probleme auf e<strong>in</strong>mal behandelt werden müssen.<br />
Bei allen Prozessen darf die Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität<br />
als eigentlicher Zweck nicht aus den Augen verloren<br />
werden.<br />
➔<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Was ist das?<br />
Altrichter, H./Schley, W./Schratz, M. (Hrsg.): Handbuch zur <strong>Schulentwicklung</strong>.<br />
Innsbruck, Wien 1998<br />
Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht und Kultus (Hrsg.):<br />
Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum Bildungskongress.<br />
München 1998<br />
Eckart, W. (Hrsg.): Pädagogische <strong>Schulentwicklung</strong>. Konzept und Praxis.<br />
Nürnberg 22001 Eckart, W.: <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> konkret – Welchen Beitrag kann die Lehrerfortbildung<br />
für e<strong>in</strong>e neue Lernkultur an unseren Schulen leisten?<br />
In: Schulverwaltung <strong>Bayern</strong> 11/2000<br />
Eikenbusch, G.: Praxishandbuch <strong>Schulentwicklung</strong>. Berl<strong>in</strong> 1998<br />
Fullan, M.: Die Schule als lernendes Unternehmen. Stuttgart 1999<br />
Keller, G.: Wir entwickeln unsere Schule weiter. Donauwörth 1997<br />
Klippert, H.: Pädagogische <strong>Schulentwicklung</strong>. We<strong>in</strong>heim und Basel 2000<br />
Miller, R. (Hrsg.): Schule selbst gestalten. We<strong>in</strong>heim und Basel 1996<br />
Rolff, H.-G. u. a.: Manual <strong>Schulentwicklung</strong>. We<strong>in</strong>heim und Basel 2 1999<br />
Schratz, M./Ste<strong>in</strong>er-Löffler, U.: Die lernende Schule.<br />
Praxisleitfaden zur <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong>. We<strong>in</strong>heim und Basel 1998<br />
Schule gestalten – Wege pädagogischer <strong>Schulentwicklung</strong>, hrsg. vom Staats<strong>in</strong>stitut<br />
für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB). Donauwörth 1999<br />
»Schule gestalten«. Ergebnisse der empirischen Erhebungen zum Schulversuch.<br />
E<strong>in</strong> Beitrag zur Analyse <strong>in</strong>nerer <strong>Schulentwicklung</strong>, hrsg. vom Staats<strong>in</strong>stitut für<br />
Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB). Donauwörth 2001<br />
»<strong>Schulentwicklung</strong> 2000«. Dokumentation zum Bildungskongress <strong>in</strong> Augsburg.<br />
CD-ROM (Bezug: ISB)<br />
Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.): Interne <strong>Schulentwicklung</strong><br />
durch externe Beratung (ISEB). Tagungsbericht zum Projekt. München 2001<br />
Wie gut ist unser Gymnasium? Bestandsaufnahme. Impulse zur Weiterentwicklung.<br />
(ISB, <strong>in</strong> Bearbeitung)<br />
www.km.bayern.de/schulentwicklung (<strong>Schulentwicklung</strong>sportal des Bayerischen<br />
Staatsm<strong>in</strong>isteriums für Unterricht und Kultus)<br />
www.isb.bayern.de (Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung<br />
München)<br />
www.bildungspakt-bayern.de (Stiftung Bildungspakt <strong>Bayern</strong> u. a.)<br />
www.qis.at (Qualität <strong>in</strong> Schulen, Österreichisches Bundesm<strong>in</strong>isterium für Bildung)<br />
www.alp.dill<strong>in</strong>gen.de (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dill<strong>in</strong>gen)<br />
www.schulberatung.bayern.de (Staatliche Schulberatung <strong>Bayern</strong>)<br />
www.s<strong>in</strong>n.uni-erlangen.de (Schulisches Innovations-Netz Nürnberg)<br />
www.ifs.uni-dortmund.de (Institut für <strong>Schulentwicklung</strong>sforschung der Universität<br />
Dortmund)<br />
www.kubiss.de/pi (Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg)<br />
www.pi.mus<strong>in</strong>.de (Pädagogisches Institut der Landeshauptstadt München)<br />
www.iplbayern.de (Homepage der Initiative Praktisches Lernen e. V.)<br />
www.<strong>in</strong>is.stiftung.bertelsmann.de (Internationales Netzwerk <strong>in</strong>novativer Schulen<br />
der Bertelsmann Stiftung (INIS))<br />
17<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks
2<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Standards<br />
2. Standards für<br />
die <strong>in</strong>nere<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
Der Begriff Standard ist mehrdeutig: Zum e<strong>in</strong>en vermittelt er<br />
Assoziationen wie »Maß« und »Norm«, zum anderen bezeichnet<br />
er z. B. im Jazz das Repertoire e<strong>in</strong>er Gruppe, vor allem das<br />
Repertoire der wichtigsten, zentralen Stücke, die für das Selbstverständnis<br />
der Gruppe von größter musikalischer Bedeutung<br />
s<strong>in</strong>d. Diese werden bei Auftritten aber nicht e<strong>in</strong>fach vom Blatt<br />
gespielt, sondern immer wieder neu <strong>in</strong>terpretiert und durch<br />
Improvisationen variiert. Das im Folgenden zugrunde liegende<br />
Verständnis schließt genau da an: Die <strong>Schulentwicklung</strong>sstandards<br />
bezeichnen die Grundthemen, Grundmodule oder Grundpr<strong>in</strong>zipien,<br />
die bei jeder »Aufführung« neu komb<strong>in</strong>iert, <strong>in</strong>terpretiert,<br />
angepasst und variiert werden müssen. Insofern handelt<br />
es sich dabei vorwiegend um Kriterien für Verfahren, an denen<br />
sich <strong>Schulentwicklung</strong>saktivitäten e<strong>in</strong>er konkreten Schule orientieren<br />
können. Diese Kriterien erlauben e<strong>in</strong>e Bewertung, ohne<br />
e<strong>in</strong>e starre Norm zu def<strong>in</strong>ieren.<br />
19<br />
»Maß« und »Norm«
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
betrifft die gesamte<br />
Schule<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
verb<strong>in</strong>det Unterrichtsentwicklung<br />
mit<br />
Organisations- und<br />
Personalentwicklung<br />
Standards <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Auslöser von <strong>Schulentwicklung</strong> s<strong>in</strong>d häufig kle<strong>in</strong>e Gruppen,<br />
die wertvolle Pionierarbeit leisten und wichtige Träger des Prozesses<br />
s<strong>in</strong>d. Grundsätzlich jedoch gilt, dass e<strong>in</strong> <strong>Schulentwicklung</strong>sprojekt<br />
mehrheitlich von der gesamten Schule def<strong>in</strong>iert<br />
und getragen wird. Auf diese Weise entwickelt die Schule e<strong>in</strong>e<br />
eigene Schulidentität, die gezielt »nach <strong>in</strong>nen« und »nach<br />
außen« kommuniziert werden kann. Schulleitung, Lehrerkollegium,<br />
Eltern und Schüler müssen dabei gleichermaßen mitwirken,<br />
um das geme<strong>in</strong>same Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> für<br />
die ganze Schule zu aktivieren. E<strong>in</strong>richtungen wie das Schulforum<br />
werden als wichtige Beratungsgremien respektiert und<br />
bei Entscheidungen ernsthaft beteiligt. Weitere Partner der<br />
Schule (Kommune, Vere<strong>in</strong>e, Kirchen ...) sollten ebenfalls e<strong>in</strong>bezogen<br />
werden.<br />
E<strong>in</strong>e langfristig angelegte und nachhaltige <strong>Schulentwicklung</strong><br />
misst der kont<strong>in</strong>uierlichen Arbeit an der laufenden Verbesserung<br />
der Unterrichtsqualität e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert bei. Hierzu<br />
gehört etwa die Reflexion über die optimale Umsetzung von<br />
Lehrplänen und Vorgaben oder die geeigneten Unterrichtsverfahren,<br />
die den Aufbau e<strong>in</strong>er »<strong>in</strong>telligenten« Wissensbasis fördern<br />
und e<strong>in</strong>e nachhaltige Lernmotivation stützen. Schüleraktivierende<br />
Verfahren und Unterrichtsformen wie Teamarbeit,<br />
20<br />
Die <strong>Schulentwicklung</strong>sstandards<br />
➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />
betrifft die<br />
gesamte Schule<br />
➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />
legt Wert auf<br />
Transparenz und<br />
Kommunikation<br />
➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />
gel<strong>in</strong>gt nur <strong>in</strong> »stimmiger«<br />
Atmosphäre<br />
➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />
verb<strong>in</strong>det Unterrichtsentwicklung<br />
mit<br />
Organisations- und<br />
Personalentwicklung<br />
➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />
ist dem ganzheitlichen<br />
Bildungsauftrag<br />
verpflichtet<br />
➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />
muss gelernt werden<br />
➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />
braucht klare Vere<strong>in</strong>barungen<br />
und<br />
Zielformulierungen<br />
➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />
erfordert Projektmanagement<br />
➔ <strong>Schulentwicklung</strong><br />
sichert und überprüft<br />
ihre Ergebnisse<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Standards<br />
Freiarbeit, Stationenlernen und Projektarbeit werden erprobt<br />
und e<strong>in</strong>geführt. Auch die digitalen Medien werden verstärkt<br />
und kreativ genutzt. Doch e<strong>in</strong> guter Unterricht braucht passende<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, die durch Maßnahmen im Bereich<br />
der Organisations- und Personalentwicklung (vgl. Kapitel 1)<br />
geschaffen werden. Schule versteht sich deshalb als e<strong>in</strong>e systemisch<br />
funktionierende, lernende Organisation, die laufend an<br />
der Verbesserung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen und der Ergebnisse<br />
arbeitet.<br />
E<strong>in</strong>e Schule, die <strong>in</strong> den Prozess der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong><br />
e<strong>in</strong>steigt, braucht e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sam erstelltes, den Bedürfnissen<br />
der Beteiligten entsprechendes Entwicklungsziel, das def<strong>in</strong>ierten<br />
Qualitätsstandards genügt und zur Entwicklung von mehr<br />
Professionalität anregt. Dies erfordert am Anfang des Prozesses<br />
die E<strong>in</strong>igung aller Beteiligten auf e<strong>in</strong>en Arbeitsplan oder e<strong>in</strong><br />
Schulprogramm oder e<strong>in</strong>e Formulierung, die den Konsens der<br />
geme<strong>in</strong>samen Ziele beschreibt. Dieser Vorgang darf jedoch nicht<br />
zu viel Zeit und Energie kosten. Wichtig ist, relativ rasch zu<br />
konkreten Maßnahmen und damit auch zu ersten Erfolgen zu<br />
gelangen.<br />
Von zentraler Bedeutung ist der Weg, wie e<strong>in</strong> Schulprogramm<br />
oder e<strong>in</strong> Maßnahmenkatalog entsteht: Zum Gel<strong>in</strong>gen trägt<br />
entscheidend bei, wenn alle Beteiligten <strong>in</strong> angemessener Weise<br />
<strong>in</strong> diese Prozesse e<strong>in</strong>bezogen werden, wenn die Entscheidungsf<strong>in</strong>dung<br />
transparent ist und wenn sich die große Mehrheit mit<br />
den getroffenen Zielvere<strong>in</strong>barungen identifizieren kann. E<strong>in</strong>e<br />
maßgebliche Rolle hat hierbei die Schulleitung, etwa um e<strong>in</strong>en<br />
verlässlichen Informationsfluss sowie Transparenz bei Entscheidungen<br />
herzustellen. Die neuen Medien können zur Optimierung<br />
der <strong>in</strong>ternen Kommunikation und der schulischen Abläufe<br />
genutzt werden.<br />
Voraussetzung für e<strong>in</strong>e effektive Gestaltung der <strong>in</strong>neren Abläufe<br />
ist e<strong>in</strong>e gut funktionierende <strong>in</strong>terne Kommunikationsstruktur<br />
und e<strong>in</strong>e bewusste »Öffentlichkeitsarbeit« gegenüber den<br />
»Betroffenen«, z. B. der Kommune, dem Sachaufwandsträger,<br />
der Schulaufsicht.<br />
E<strong>in</strong> längerfristig angelegter, systematischer Weiterentwicklungsprozess<br />
bedarf der Steuerung. Das Projektmanagement muss<br />
effizient und transparent se<strong>in</strong>. Dazu werden <strong>in</strong> der Regel schriftlich<br />
festgelegte Arbeitspläne benötigt, die die Ziele beschreiben,<br />
die »Meilenste<strong>in</strong>e« (angestrebte Ergebnisse und Term<strong>in</strong>e)<br />
def<strong>in</strong>ieren, den Umgang mit Ressourcen planen, die Ergebnisse<br />
sichern und Folgeaktivitäten darstellen. Besonders <strong>in</strong> größeren<br />
21<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
braucht klare Vere<strong>in</strong>barungen<br />
und<br />
Zielformulierungen<br />
<strong>Schulentwicklung</strong> legt<br />
Wert auf Transparenz<br />
und Kommunikation<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
erfordert<br />
Projektmanagement
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
gel<strong>in</strong>gt nur <strong>in</strong> »stimmiger«<br />
Atmosphäre<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
muss gelernt werden<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
sichert und überprüft<br />
ihre Ergebnisse<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
ist dem ganzheitlichen<br />
Bildungsauftrag<br />
verpflichtet<br />
Standards <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Kollegien und <strong>in</strong> komplexen Situationen empfiehlt sich die<br />
E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Steuergruppe.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> kann nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er positiven, motivierenden<br />
und produktiven Atmosphäre gedeihen. Dazu gehört,<br />
dass die Beteiligten sich darum bemühen, partnerschaftlich und<br />
fair mite<strong>in</strong>ander umzugehen, dass die Beziehungen von gegenseitiger<br />
Wertschätzung geprägt s<strong>in</strong>d und dass Formen konstruktiver<br />
Konfliktlösung praktiziert werden. Ablesbar wird der konstruktive<br />
Umgang mite<strong>in</strong>ander z. B. auch an der Gestaltung der<br />
Konferenzen oder <strong>in</strong> der Akzeptanz von Teamarbeit.<br />
<strong>Schulentwicklung</strong> ist e<strong>in</strong>e komplexe Aufgabe, die e<strong>in</strong> Können<br />
aller Beteiligten erfordert, das <strong>in</strong> der Ausbildung von Lehrern<br />
und Schulleitern oder <strong>in</strong> Qualifizierungslehrgängen für die<br />
Schulaufsicht bisher e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle gespielt hat.<br />
Daher müssen sich <strong>in</strong> der Regel Teams oder ganze Kollegien<br />
diese Kompetenz durch Fortbildung aneignen. Das Know-how<br />
kann aber auch zusätzlich durch die Zusammenarbeit mit<br />
externen Partnern <strong>in</strong> die Schulen kommen.<br />
Doch es geht nicht nur um Können. Damit nicht jede Schule<br />
»das Rad wieder neu erf<strong>in</strong>det«, s<strong>in</strong>d Kenntnisse und Informationen<br />
über den aktuellen Stand der <strong>Schulentwicklung</strong>sdiskussion<br />
wichtig. Dies geschieht durch Sichtung der Literatur, des Internet,<br />
durch Vernetzung mit anderen Schulen und Auswertung<br />
bereits vorhandener Erfahrungen, aber auch durch Teilnahme<br />
an e<strong>in</strong>schlägigen Veranstaltungen.<br />
Wichtig für <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesse s<strong>in</strong>d Verfahren, die e<strong>in</strong>e<br />
ehrliche Diagnose der jeweiligen Situation oder die Erfolgskontrolle<br />
der letzten Schritte ermöglichen, um s<strong>in</strong>nvoll die nächste<br />
Phase planen zu können. Zur E<strong>in</strong>schätzung der Qualität der<br />
Bildungs- und Erziehungsarbeit oder des Standorts auf dem Weg<br />
zur lernenden Organisation s<strong>in</strong>d aufwändige empirische Untersuchungen<br />
meist nicht nötig. Mit Feedback- und Bilanzierungsmethoden,<br />
Befragungen und Interviews stehen weniger arbeits<strong>in</strong>tensive,<br />
aber durchaus ertragreiche Methoden der <strong>in</strong>ternen<br />
Evaluation zur Verfügung. Auch hier ist wieder die allgeme<strong>in</strong>e<br />
Akzeptanz des jeweiligen Vorgehens bei allen Beteiligten (Lehrern,<br />
Eltern, Schülern) von Bedeutung.<br />
<strong>Schulentwicklung</strong> wird daran gemessen, ob bei den Schüler<strong>in</strong>nen<br />
und Schülern die angestrebte Qualitätsverbesserung der<br />
Schule ankommt. Der Unterricht stellt als zentraler Ort von<br />
Bildung und Erziehung den Kern <strong>in</strong>nerer <strong>Schulentwicklung</strong> dar.<br />
Er ist dann qualitativ hochwertig, wenn er durch die Vermittlung<br />
von Sach-, Methoden- und Sozialkompetenz sowie von<br />
22<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Standards<br />
klaren Wertvorstellungen die Schüler bei der Entwicklung von<br />
Urteilsfähigkeit, Selbst- und Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> unterstützt<br />
und auf diese Weise zur möglichst umfassenden Ausbildung<br />
der Persönlichkeit jedes e<strong>in</strong>zelnen Schülers beiträgt. Damit<br />
ist <strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong> e<strong>in</strong>em ganzheitlichen Bildungsverständnis<br />
verpflichtet: »Die Schulen sollen nicht nur Wissen und<br />
Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.«<br />
(Art. 131 (1) Bayerische Verfassung)<br />
Ganzheitliches Bildungsverständnis<br />
muttersprachliche<br />
und fremdsprachliche<br />
Bildung<br />
➔<br />
➔<br />
historische<br />
und gesellschaftswissenschaftliche<br />
Bildung<br />
Mitter, W. (Hrsg.): Schulen und Qualität. E<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationaler OECD-Bericht.<br />
Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 1991<br />
Fend, H.: Qualität im Bildungswesen. We<strong>in</strong>heim/München 1998<br />
Fullan, M.: Schule als lernendes Unternehmen. Stuttgart 1999<br />
Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schul<strong>in</strong>ternen Evaluation.<br />
CD-ROM (Bezug: ISB)<br />
INNERE<br />
SCHULENTWICKLUNG<br />
mathematische, naturwissenschaftliche,<br />
technologische<br />
Bildung<br />
musische<br />
und ästhetische<br />
Bildung<br />
www.bildungsserver.de (Deutscher Bildungsserver; e<strong>in</strong>e Suche ist mit dem<br />
Begriff »<strong>Schulentwicklung</strong>« möglich.)<br />
➔<br />
➔<br />
23<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
Arbeitshilfe<br />
L<strong>in</strong>ks
Neue Lernkultur<br />
3<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schulprogramm<br />
3. Zentrale<br />
Handlungsfelder<br />
3.1 Vom<br />
Leitbild zum<br />
Schulprogramm<br />
Blättert man die Jahresberichte bayerischer Schulen durch, so<br />
f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e Vielzahl herausragender Aktivitäten: Theateroder<br />
Instrumentalgruppen feierten große Erfolge bei ihren Auftritten,<br />
die verschiedenen Sportteams konnten auf Geme<strong>in</strong>de-,<br />
Stadt-, Kreis- oder Landesebene Siege und vordere Plätze err<strong>in</strong>gen,<br />
Klassenfahrten fanden statt ... Das Schiff »Schule« brauste<br />
also mit geblähten Segeln voran. Kapitän und Offiziere (= Schulleitung<br />
und Lehrerkollegium) können stolz auf ihre Leistungen<br />
se<strong>in</strong>, die Mannschaft (= Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler) hat Grund<br />
zur Zufriedenheit.<br />
E<strong>in</strong> kritischer Rückblick auf die Gesamtsituation könnte aber<br />
unter Umständen widersprechende Befunde ergeben: Vielleicht<br />
waren die Kommandos von der Brücke widersprüchlich, klapp-<br />
25<br />
Kursbestimmung
Schulprofil<br />
Leitbild<br />
Schulprogramm<br />
Schulprogramm <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
ten manche Absprachen nicht, wurden wichtige Ziele aufgegeben<br />
oder nicht erreicht. Womöglich weiß man gar nicht, ob man<br />
überhaupt vorangekommen ist und wo man steht.<br />
Jede Schule steuert <strong>in</strong>nerhalb der vorgegebenen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
e<strong>in</strong>en bestimmten Kurs. Wäre es da nicht s<strong>in</strong>nvoll, den<br />
Kurs vorab geme<strong>in</strong>sam festzulegen und alle darauf zu verpflichten?<br />
Denn nur, wenn e<strong>in</strong> stimmiges Konzept h<strong>in</strong>ter all den<br />
Aktivitäten steht und im Handeln aller sichtbar wird, ergibt sich<br />
e<strong>in</strong> klares Profil der Schule!<br />
3.1.1 »Schulprofil« – »Leitbild« – »Schulprogramm«<br />
Die genannten Begriffe tauchen häufig <strong>in</strong> Diskussionen um die<br />
<strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong> auf und werden bisweilen sogar synonym<br />
verwendet. Folgende Beschreibungen sollen ihre Unterschiede<br />
verdeutlichen:<br />
Das Schulprofil ist das, was die Mitglieder der Schule, aber auch<br />
die Außenstehenden als das Besondere an der jeweiligen Schule<br />
wahrnehmen. Es bildet sich durch die besonderen Bed<strong>in</strong>gungen<br />
an der e<strong>in</strong>zelnen Schule (Aktivitäten, Umfeld, Personal und Ausstattung)<br />
im Lauf der Zeit heraus.<br />
Vom Schulprofil unterscheidet sich das Leitbild dadurch, dass <strong>in</strong><br />
ihm von allen Beteiligten (Schulleitung und Lehrer, Eltern,<br />
Schüler) e<strong>in</strong>e »Vision« (etwa für die nächsten 5 Jahre) davon<br />
entwickelt wird, was die Schule kennzeichnen und im Mittelpunkt<br />
der Bemühungen stehen soll. Es geht also um Fragen wie:<br />
Woh<strong>in</strong> wollen wir? Welche Werte s<strong>in</strong>d uns wichtig? Wie formulieren<br />
wir unser pädagogisches Selbstverständnis? Was macht<br />
die Qualität unseres Unterricht aus? Wie wollen wir Schüler mitwirken<br />
und mitgestalten? Das Schulleitbild ist der verb<strong>in</strong>dliche<br />
Orientierungsrahmen für die Entwicklung der Schule.<br />
Ist das Leitbild formuliert, geht es an die Umsetzung. Um im e<strong>in</strong>gangs<br />
verwendeten Bild zu bleiben: Der Zielhafen ist bekannt,<br />
nun geht es um die Frage: Wie kommen wir dorth<strong>in</strong> und welche<br />
Ausrüstung benötigt das Schiff? Das Schulprogramm ist also e<strong>in</strong><br />
geme<strong>in</strong>sam entwickeltes Handlungskonzept e<strong>in</strong>er Schule. Die<br />
Ideen und Ideale des Leitbilds werden <strong>in</strong> konkrete Aktionen und<br />
Handlungsschritte überführt. Wichtig ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />
e<strong>in</strong>e exakte Navigation, d. h. man benötigt klar def<strong>in</strong>ierte<br />
und überprüfbare Teilziele, damit man jederzeit weiß, ob der<br />
Kurs noch e<strong>in</strong>gehalten wird. Diese Teilziele werden als sog.<br />
Leitl<strong>in</strong>ien formuliert. Die Schwerpunkte der schulischen Arbeit<br />
für die nächsten e<strong>in</strong> bis zwei Jahre werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em konkreten<br />
Arbeitsprogramm festgeschrieben.<br />
26<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schulprogramm<br />
Schulprogrammarbeit<br />
Ausstattung ■<br />
Personalentwicklung ■<br />
Tradition ■<br />
Handlungsspielraum ■<br />
Normen (Lehrpläne/Vorgaben) ■<br />
Gesprächskultur ■<br />
Professionalität ■<br />
Fortbildungsbereitschaft ■<br />
Aufgabenverteilung ■<br />
Erwartungen ■<br />
Planung und Reflexion ■<br />
Organisationserfahrung ■<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
und E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />
SCHULPROGRAMM-<br />
ARBEIT<br />
Arbeitsfelder<br />
3.1.2 Phasen der Leitbild- und Schulprogrammarbeit<br />
Der hier vorgestellte Ablauf ist nicht der e<strong>in</strong>zig mögliche. So gibt<br />
es unterschiedlich aufwändige Möglichkeiten, den Ist-Zustand<br />
zu erheben. Es hat sich vor allem <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Schulen bewährt,<br />
zu Beg<strong>in</strong>n von e<strong>in</strong>er umfassenden Diagnose des Ist-Zustands<br />
abzusehen und je nach Bedarf <strong>in</strong> der Umsetzungsphase nur zum<br />
jeweiligen Arbeitsschwerpunkt e<strong>in</strong>e Analyse durchzuführen. Bei<br />
allen Vorgehensweisen ist aber wichtig, dass sich alle Beteiligten<br />
e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen können.<br />
Aus dem Dargestellten wird deutlich, dass – entsprechend<br />
ihren Möglichkeiten – möglichst alle Beteiligten (Schulleitung,<br />
Lehrerkollegium, Eltern und Schüler) geme<strong>in</strong>sam das Leitbild<br />
erstellen sollten und dass es sich um e<strong>in</strong>en Prozess handelt, der<br />
e<strong>in</strong>en langen Atem benötigt. E<strong>in</strong>e positive Grundstimmung <strong>in</strong><br />
der Schule und die Gewissheit über die Unterstützung des<br />
Prozesses durch die Schulleitung bilden die Basis. E<strong>in</strong> Vorberei-<br />
➔<br />
➔<br />
27<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Ziele und Kriterien<br />
der pädagogischen Arbeit<br />
Lern- und Arbeitskultur<br />
Unterrichtsverteilung und<br />
Stundenplan<br />
Fächerangebot<br />
Beratungsangebot<br />
Elternarbeit<br />
Evaluation<br />
Leitungsarbeit<br />
Teamarbeit<br />
Fördermaßnahmen<br />
Leistungsbewertung<br />
fächerübergreifendes Arbeiten<br />
Unterrichtsgestaltung<br />
erzieherisches<br />
Grundverständnis<br />
Sensibilisierung und<br />
Beschlussfassung
Am Anfang des Schulprogramms<br />
stand e<strong>in</strong> großer Leidensdruck<br />
im Kollegium, der sich <strong>in</strong> »Ratlosigkeit<br />
bei immer schwierigeren<br />
schulischen Anforderungen<br />
bis h<strong>in</strong> zu Frustration und Burnout«<br />
äußerte und der durch<br />
die zusätzlichen Belastungen<br />
der Umstrukturierung der bisherigen<br />
Teilhauptschule so<br />
verstärkt wurde, dass »der Ruf<br />
Bildung e<strong>in</strong>er<br />
Organisationsstruktur<br />
Schulprogramm <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
tungsteam von <strong>in</strong>teressierten Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen kann<br />
für das Vorhaben werben.<br />
Das »Schiff« wird nur gut <strong>in</strong> Fahrt kommen, wenn die Lehrkräfte<br />
motiviert s<strong>in</strong>d. Ihr Engagement ist die Grundlage für e<strong>in</strong>en<br />
Erfolg: »Schulprogrammarbeit ist lehrerorientiert!« Am Anfang<br />
steht deshalb e<strong>in</strong>e offene Information des Kollegiums (<strong>in</strong> Fachkonferenzen,<br />
Lehrerkonferenzen, Mitteilungen am Schwarzen<br />
Brett usw.). In E<strong>in</strong>zelgesprächen ist mit Geduld und E<strong>in</strong>fühlungsvermögen<br />
auf Bedenken von Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen<br />
e<strong>in</strong>zugehen und der praktische Nutzen des Schulprogramms<br />
zu verdeutlichen: Leitbild und Schulprogramm s<strong>in</strong>d als Basis<br />
für die geme<strong>in</strong>same pädagogische Orientierung, die Unterrichtsgestaltung,<br />
das Wir-Gefühl und die Außendarstellung wünschenswert<br />
und notwendig. Es empfiehlt sich, den relativ langfristig<br />
angelegten Prozess e<strong>in</strong>er Leitbild- und Schulprogrammentwicklung<br />
erst dann zu beg<strong>in</strong>nen, wenn die Lehrerkonferenz<br />
mit Mehrheit e<strong>in</strong>en entsprechenden Beschluss gefasst hat.<br />
Der Weg der Bismarckschule Volksschule Memm<strong>in</strong>gen (HS) –<br />
»Wir nehmen unsere Schule <strong>in</strong> die Hand«<br />
nach Innovationen unüberhörbar«<br />
wurde. Die Lehrer beschlossen,<br />
die Entwicklung der Schule<br />
systematisch anzugehen.<br />
Von der ersten Pädagogischen<br />
Konferenz im Oktober 1996 mit<br />
e<strong>in</strong>er Stärken-Schwächen-Bilanz,<br />
über die Bildung von Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaften<br />
»Hausordnung«,<br />
»Verhalten« sowie »Schulhausgestaltung«<br />
und e<strong>in</strong>e Schüler-<br />
28<br />
und Elternbefragung mündete<br />
der Entwicklungsprozess <strong>in</strong><br />
konkrete Maßnahmen:<br />
Entwicklung e<strong>in</strong>er neuen Hausund<br />
Pausenordnung, Schulhausgestaltung,<br />
Umgestaltung<br />
der Lehrerarbeitsräume,<br />
Entstehung e<strong>in</strong>es Schulcafés<br />
und Gründung des Fördervere<strong>in</strong>s<br />
Bismarckschule Memm<strong>in</strong>gen<br />
(FBM e. V.).<br />
Informationen auf der CD-ROM »Schul<strong>in</strong>novation 2000« und aktuell im Internet: http://home.primusnetz.de/bismk-mm<br />
Damit das Schiff auf dem richtigen Kurs bleibt, bedarf es e<strong>in</strong>es<br />
»Steuermanns«, der <strong>in</strong> Abstimmung mit der Schulleitung,<br />
dem Kollegium sowie den Schülern und Eltern das festgelegte<br />
Arbeitsprogramm im Auge behält, den Prozess organisiert, e<strong>in</strong>zelne<br />
Arbeitsphasen moderiert und bei entstehenden Konflikten<br />
vermittelt. Für diese Aufgabe ist es günstig, e<strong>in</strong>e Steuergruppe zu<br />
bilden. Anzustreben ist, dass <strong>in</strong> der Steuergruppe die Schulleitung,<br />
alle relevanten Fachgruppen, die Eltern und Schüler vertreten<br />
s<strong>in</strong>d. Grundsätzlich kann es sich als nützlich erweisen,<br />
e<strong>in</strong>en »Lotsen« (= e<strong>in</strong>en externen Berater, z. B. e<strong>in</strong>e(n) Moderator/-<strong>in</strong><br />
für <strong>Schulentwicklung</strong>) an Bord zu holen. Er verfügt<br />
über die Kompetenz, der jeweiligen Situation entsprechend<br />
professionelle Methoden e<strong>in</strong>zusetzen, und kann bei Konflikten<br />
neutral moderieren und steuern.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schulprogramm<br />
Der Weg der Realschule am Judenste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Regensburg – »Verantwortung<br />
jedes e<strong>in</strong>zelnen Schülers und Lehrers«<br />
Die Realschule am Judenste<strong>in</strong><br />
hat im April 1997 mit e<strong>in</strong>em<br />
systematischen Entwicklungsprozess<br />
begonnen, der vom<br />
Lehrstuhl für Schulpädagogik<br />
(Dr. Girg) an der Universität<br />
Regensburg begleitet wird.<br />
In Zusammenarbeit mit e<strong>in</strong>er<br />
Steuerungsgruppe (<strong>Schulentwicklung</strong>steam)<br />
und der Schulleitung<br />
wurde die Ist-Situation<br />
aus Lehrer- und Schülersicht erhoben,<br />
e<strong>in</strong>e Zielklärung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
pädagogischen Konferenz her-<br />
beigeführt, vier Arbeitsgruppen<br />
(Neue Unterrichtsmethoden,<br />
Verwaltungsvere<strong>in</strong>fachungen,<br />
Umgang mit Diszipl<strong>in</strong>schwierigkeiten,<br />
Arbeits- und Lerntechniken)<br />
gegründet und im Schuljahr<br />
1998/99 mit der Umsetzung<br />
der Arbeitsgruppenergebnisse<br />
begonnen (»Lernen lernen« <strong>in</strong><br />
Jahrgangsstufe 7, Freiarbeit <strong>in</strong><br />
Jahrgangsstufe 8). Schwerpunkt<br />
ist die Unterrichtsentwicklung<br />
nach den Bauste<strong>in</strong>en von Dr.<br />
Klippert. Entsprechende Schul<strong>in</strong>-<br />
Informationen auf der CD-ROM »Schul<strong>in</strong>novation 2000« und aktuell im Internet:<br />
www.schulen.regensburg.de/rsaj/schulfil.htm<br />
Erstellung und Umsetzung von Leitbild und Schulprogramm<br />
orientieren sich an typischen Phasen der Organisationsentwicklung<br />
(vgl. Kapitel 5). Die konkreten Schritte könnten so<br />
aussehen:<br />
In e<strong>in</strong>er anonymen Befragung (z. B. Kartenabfrage, Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g,<br />
Fragebogen) wird der Ist-Zustand ermittelt.<br />
Die Ergebnisse werden nach Schwerpunkten geordnet (z. B.<br />
Unterricht, Lehrer-Schüler-Verhältnis, Schulmanagement,<br />
Lehrer-Lehrer-Verhältnis, Schülerverhalten, Lehrerfortbildung<br />
usw.), von allen Beteiligten analysiert (z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stärken-<br />
Schwächen-Analyse) und dann <strong>in</strong> ihren Konsequenzen für<br />
die »ideale Schule« diskutiert. Aus dieser Ist-Soll-Spannung<br />
entsteht <strong>in</strong> mehreren Schritten die geme<strong>in</strong>same Vision der<br />
Schule.<br />
terne Lehrerfortbildungen durch<br />
das Pädagogische Institut der<br />
Stadt Nürnberg und die systematische<br />
E<strong>in</strong>führung der Methoden<br />
<strong>in</strong> allen Jahrgangsstufen<br />
s<strong>in</strong>d bereits bis zum Schuljahr<br />
2003/2004 geplant. Als Ergebnisse<br />
der <strong>Schulentwicklung</strong><br />
werden die Änderung der Rolle<br />
des Schulleiters, Betonung der<br />
Verantwortung jedes e<strong>in</strong>zelnen<br />
Schülers und Lehrers sowie e<strong>in</strong>e<br />
bewusste Gestaltung des schulischen<br />
Freiraums festgestellt.<br />
29<br />
Vom Leitbild über das<br />
Schulprogramm<br />
zur Evaluation<br />
1. Geme<strong>in</strong>same<br />
Diagnose<br />
2. Erstellung e<strong>in</strong>es<br />
Leitbilds
3. Entwicklung des<br />
Schulprogramms<br />
4. Umsetzung<br />
der Maßnahmen<br />
5. Evaluation<br />
Der Weg des Staatlichen Berufsbildungszentrums Schwe<strong>in</strong>furt –<br />
»Qualitätssicherung für e<strong>in</strong>e zukunftsorientierte Gestaltung der Schule«<br />
E<strong>in</strong>e 1997 durchgeführte standardisierte<br />
Lehrerbefragung,<br />
die von der Schulleitung <strong>in</strong>itiiert<br />
wurde, ergab, dass Verbesserungsbedarf<br />
<strong>in</strong> Teilbereichen bestand,<br />
<strong>in</strong>sbesondere wurde e<strong>in</strong>e<br />
Abstimmung der vielfältigen<br />
Schulaktivitäten gewünscht. E<strong>in</strong>zelne<br />
<strong>in</strong>teressierte Kollegen und<br />
die Schulleitung fassten e<strong>in</strong>e<br />
systematische <strong>Schulentwicklung</strong><br />
<strong>in</strong>s Auge, die nach e<strong>in</strong>er Informationsphase<br />
von der Lehrerkonferenz<br />
im September 1998 beschlossen<br />
wurde.<br />
Sowohl die Umfrageergebnisse<br />
als auch die komplexe Organisationsstruktur<br />
des BBZ legten<br />
nahe, neben der Unterrichtsentwicklung<br />
auch gleichzeitig Maßnahmen<br />
der Organisationsentwicklung<br />
anzugehen. Als Ziel<br />
wurde def<strong>in</strong>iert: »Qualitätssicherung<br />
für e<strong>in</strong>e zukunftsorientierte<br />
Gestaltung der Schule als lernende<br />
und erziehende Organisation«.<br />
Die Bildung e<strong>in</strong>er Steuergruppe(<strong>Schulentwicklung</strong>s-<br />
Schulprogramm <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Bei der Erstellung des Schulprogramms sollten sich die Akteure<br />
nicht überfordern: Wenige, aber gründlich vorbereitete Schwerpunkte<br />
br<strong>in</strong>gen mehr als e<strong>in</strong> nur oberflächlich abgestimmtes<br />
Bündel von vielen Maßnahmen. Am Ende sollte für jeden<br />
Schwerpunkt e<strong>in</strong> Aktionsplan mit genau abgegrenzten Kompetenzen<br />
stehen: Wer macht was mit wem bis wann?<br />
In dieser Phase geht es an die praktische Umsetzung. Die Steuergruppe<br />
achtet darauf, dass der Kurs e<strong>in</strong>gehalten wird. Ist man<br />
mit dem Zeitplan <strong>in</strong> Verzug oder tauchen unerwartete Widerstände<br />
auf, wird das Vorgehen den neuen Bed<strong>in</strong>gungen angepasst,<br />
ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.<br />
Wenn e<strong>in</strong>e Maßnahme durchgeführt worden ist, stellen sich<br />
folgende Fragen: S<strong>in</strong>d die Zielsetzungen erreicht worden?<br />
Welche Schwächen s<strong>in</strong>d aufgetreten? Welche Verfahrensabläufe<br />
müssen <strong>in</strong> Zukunft verbessert werden? Um diese Fragen, die<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses immer wieder auftauchen,<br />
klären zu können, kann man Methoden der <strong>in</strong>ternen<br />
Evaluation anwenden (vgl. Kapitel 4). Wichtig ist, bereits <strong>in</strong><br />
der Planungsphase Kriterien zu vere<strong>in</strong>baren, anhand derer der<br />
Erfolg gemessen werden soll.<br />
kernteam = SEKT) als auch e<strong>in</strong>es<br />
Didaktischen Arbeitskreises<br />
(= DA - »Wir s<strong>in</strong>d didaktisch<br />
DA, aktuell«) verankerte organisatorisch<br />
die Integration von<br />
Unterrichts- und Organisationsentwicklung.<br />
Der Koord<strong>in</strong>ator<br />
für die <strong>Schulentwicklung</strong> br<strong>in</strong>gt<br />
langjährige Erfahrungen mit<br />
systemischen Methoden e<strong>in</strong>.<br />
Beide Arbeitskreise führen ihre<br />
Aktivitäten <strong>in</strong> gegenseitiger<br />
Abstimmung durch. Nach e<strong>in</strong>er<br />
umfassenden Diagnose mit<br />
90%-iger Beteiligung erfolgte<br />
über e<strong>in</strong>e Stärken-Schwächen-<br />
Analyse die Formulierung der<br />
Leitl<strong>in</strong>ien. Die Lehrerkonferenz<br />
verabschiedete die Leitl<strong>in</strong>ien<br />
und legte den Schwerpunkt auf<br />
den Entwicklungsbereich<br />
»Kooperation«.<br />
Die Steuergruppe sorgte <strong>in</strong> ihren<br />
Sitzungen (= »SEKT-Empfängen«)<br />
für die Abstimmung der<br />
Fachbereichsaktivitäten, e<strong>in</strong>e<br />
Eltern- und Schülerbefragung,<br />
die F<strong>in</strong>dung des Schulnamens,<br />
30<br />
die Lehrerzimmerausstattung<br />
und für e<strong>in</strong>e sukzessive Begleitung<br />
des <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses<br />
<strong>in</strong> Abstimmung mit der<br />
Schulleitung und dem Didaktischen<br />
Arbeitskreis. Wenn die<br />
Vorstellungen der Schüler, Eltern<br />
und des Berufsschulbeirats<br />
vorliegen, kann das Leitbild<br />
formuliert werden. Danach steht<br />
die <strong>in</strong>terne Evaluation auf dem<br />
Programm. Der didaktische<br />
Arbeitskreis hat – entsprechend<br />
dem Schwerpunkt »Kooperation«<br />
– Methoden der Teamentwicklung<br />
im Klassenzimmer erprobt,<br />
entsprechende SchiLF-<br />
Veranstaltungen organisiert<br />
sowie mit anderen <strong>in</strong>teressierten<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen Unterrichtsmodelle<br />
zu den Zielen der<br />
Agenda 21 fächer- und abteilungsübergreifend<br />
entwickelt<br />
und im Unterricht durchgeführt.<br />
Neben der Methodenentwicklung<br />
beg<strong>in</strong>nt der DA mit konzeptionellen<br />
Überlegungen zur <strong>in</strong>ternen<br />
Evaluation des Unterrichts.<br />
Informationen auf der CD-ROM »Schul<strong>in</strong>novation 2000«. E<strong>in</strong>e CD-ROM der Schule ist erhältlich unter verwalt@bs3.sw<strong>in</strong>.de.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schulprogramm<br />
Praxisbeispiele f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong>: Pädagogik Heft 2/1998, Heft 11/1999 und Heft 10/2000<br />
Emm<strong>in</strong>ger, E.: <strong>Schulentwicklung</strong> als geme<strong>in</strong>samer Prozess.<br />
In: unterrichten/erziehen, Heft 1/2000, S. 18-22<br />
Hannemann, U.: Mit Schulprogrammen »gute« Schule machen?<br />
In: Schulmanagement, Heft 5/1998, S. 14-17<br />
Philipp, E./Rolff, H.-G.: Leitbilder und Schulprogramme entwickeln.<br />
We<strong>in</strong>heim und Basel 1999<br />
Rolff, H.-G. u. a.: Manual <strong>Schulentwicklung</strong> – Handlungskonzept zur pädagogischen<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>sberatung (SchuB). We<strong>in</strong>heim und Basel 1999<br />
Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schul<strong>in</strong>ternen Evaluation.<br />
CD-ROM (Bezug: ISB)<br />
Die Internet-Suche mit Begriffen wie »Schulprogramm« und »Schulleitbild« ist<br />
ergiebig.<br />
www.kubiss.de/schulen/pvs/pvs4nbg/ (Auf den Internetseiten der Städt. Peter-<br />
Vischer-Schule Nürnberg f<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong> Beispiel für e<strong>in</strong> Schulprofil und Schulleitbild.)<br />
www.ifs.uni-dortmund.de (Homepage des Instituts für <strong>Schulentwicklung</strong>sforschung<br />
der Universität Dortmund; Materialien zum Herunterladen bef<strong>in</strong>den sich im »Werkzeugkasten«<br />
unter »Folien« und »Module«.)<br />
www.<strong>in</strong>is.stiftung.bertelsmann.de (Homepage der Netzwerke <strong>in</strong>novativer Schulen<br />
und Schulsysteme der Bertelsmann-Stiftung. Zum nationalen Netzwerk (NIS), <strong>in</strong> dem<br />
der Wissenstransfer zwischen Schulen <strong>in</strong> Deutschland gefördert wird, besteht e<strong>in</strong>e<br />
Schul-Datenbank, mit deren Suchmasch<strong>in</strong>e unter dem Innovationsschwerpunkt<br />
»Schulprogramm« zahlreiche Schulen zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d. Außerdem s<strong>in</strong>d Materialien<br />
zum Herunterladen unter »Veröffentlichungen« erhältlich.)<br />
www.qis.at (Homepage des Österreichischen Bildungsm<strong>in</strong>isteriums zum Projekt<br />
»Qualität <strong>in</strong> Schulen« (Q.I.S.); hier s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondere die L<strong>in</strong>ks »Leitfaden«/<br />
»Der Weg zum Schulprogramm« <strong>in</strong>teressant.)<br />
http://nibis.ni.schule.de (Im Niedersächsischen Bildungsserver (NiBiS) f<strong>in</strong>den sich<br />
Schulprogramme aus unterschiedlichen Schulen verschiedener Bundesländer und<br />
es wird u. a. e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung zum Zusammenhang von Schulprogrammentwicklung<br />
und Evaluation geboten.)<br />
31<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
Arbeitshilfe<br />
L<strong>in</strong>ks
Neue Lernkultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
3.2 Neue<br />
Lernkultur<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Lernkultur<br />
Auch heute noch ist die Erfahrung vieler Lernender quer durch<br />
alle Bildungse<strong>in</strong>richtungen davon geprägt, dass Unterricht zu<br />
häufig als Frontalunterricht erfolgt. Es ist jedoch offenkundig,<br />
dass diese Art darbietenden Unterrichts nicht automatisch zu den<br />
erhofften Lernergebnissen führt: Motivationsverlust, Wissenslücken,<br />
ger<strong>in</strong>ge Nachhaltigkeit des Lernens, »träges Wissen«,<br />
das nicht flexibel <strong>in</strong> neuen Zusammenhängen angewendet werden<br />
kann, ger<strong>in</strong>ge Problemlösefähigkeit und zu wenig ausgeprägte<br />
Handlungskompetenz bei den Schülern s<strong>in</strong>d – trotz aller<br />
Erfolge des Schulsystems – alarmierende Befunde. Gleichzeitig<br />
verlangen die veränderten globalen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen (vgl.<br />
Kapitel 1) nach Konsequenzen im Schulwesen.<br />
3.2.1 Verständnis des Lehrens und Lernens<br />
Grundlage des lehrerzentrierten Frontalunterrichts ist die Auffassung<br />
des Lehr-/Lerngeschehens als e<strong>in</strong>es Prozesses, bei dem<br />
es dem Lehrenden gel<strong>in</strong>gt, Inhalte so darzubieten, dass der<br />
Lernende am Ende des »Wissenstransports« den vermittelten<br />
Lerngegenstand <strong>in</strong> gleicher Form »im Kopf hat«, also beherrscht,<br />
wie der Lehrende. Diese Vorstellung ist nicht mehr haltbar, neue<br />
Erkenntnisse der Forschung verlangen e<strong>in</strong> anderes Verständnis<br />
des Lehrens und Lernens: Unterricht kann nicht wie bisher von<br />
der Wissensvermittlung (dem Lehren bzw. der Instruktion) her<br />
strukturiert se<strong>in</strong>, sondern muss vom Lernen her (der Wissenskonstruktion)<br />
gedacht werden (He<strong>in</strong>z Mandl). Denn lernen, sich<br />
Wissen zu Eigen machen, also Wissen <strong>in</strong> die <strong>in</strong>dividuelle kognitive<br />
Struktur zu <strong>in</strong>tegrieren, muss jeder E<strong>in</strong>zelne selbst. Dies<br />
bedeutet u. a., dass Unterricht aktive Lernprozesse – e<strong>in</strong>zeln, <strong>in</strong><br />
Tandems, <strong>in</strong> Gruppen – ermöglicht.<br />
E<strong>in</strong> solches Lernen wird stärker fächerübergreifende Fähigkeiten<br />
und Handlungskompetenzen fördern und die Kluft zwischen<br />
Wissen und Handeln verr<strong>in</strong>gern. Geeignete Lernarrangements<br />
wecken die Neugier und die Entdeckerfreude. Aber jeder Lernende<br />
muss auch durch hilfreiche Instruktionen orientiert, angeleitet<br />
und unterstützend begleitet werden. Insofern geht es<br />
nicht um e<strong>in</strong>e völlige Ablösung bisheriger Unterrichtsformen,<br />
sondern darum, e<strong>in</strong>e neue Balance zwischen Phasen der Instruktion<br />
durch den Lehrer und Phasen der Eigenaktivität der Schüler<br />
zu f<strong>in</strong>den.<br />
Guter Unterricht kann also auf sehr verschiedene, aber nicht<br />
auf beliebige Weise gestaltet und gehalten werden, wie überzeugend<br />
wissenschaftlich bewiesen ist. Kennzeichnend ist e<strong>in</strong><br />
Wechsel zwischen systematischem und situativem Lernen sowie<br />
32 33<br />
Verständnis<br />
von Lernprozessen<br />
Instruktion und<br />
Eigenaktivität<br />
Methodenvielfalt
Offene<br />
Unterrichtsformen<br />
Neue Lernkultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
metakognitiver Reflexion. Diesen methodisch variablen Unterricht<br />
muss e<strong>in</strong> Lernklima auszeichnen, das viele entspannte<br />
Gelegenheiten zum <strong>in</strong>tensiven Lernen und genügend anspruchsvolle<br />
Leistungssituationen bietet, und zwar beides im Bewusstse<strong>in</strong><br />
der Schüler klar getrennt. (Franz E. We<strong>in</strong>ert)<br />
3.2.2 Eigenverantwortliches Lernen<br />
als Teil der neuen Lernkultur<br />
Zum Kern der wünschenswerten Lernkultur gehören Verfahrensweisen<br />
im Unterricht, die die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zu<br />
eigenverantwortlichem, selbstständigem Lernen anregen und<br />
befähigen: offene Unterrichtsformen (Freiarbeit, Projekte),<br />
wechselnde Sozialformen (Partner- und Gruppenarbeit), lebenspraktische<br />
Bezüge (Zusammenarbeit mit außerschulischen<br />
E<strong>in</strong>richtungen) u. a. m. Der Lehrkraft kommt dabei verstärkt<br />
die Rolle des Beobachters, Organisators und Moderators von<br />
Lernprozessen zu. Solche Ansätze s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>eswegs neu, schon<br />
die Reformpädagogik entwickelte hierzu verschiedene Modelle.<br />
E<strong>in</strong> modernes Konzept, das Lehren und Lernen systematisch<br />
entwickelt und <strong>in</strong> den Ansatz der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong><br />
<strong>in</strong>tegriert, liefert z. B. He<strong>in</strong>z Klippert mit se<strong>in</strong>en Überlegungen<br />
zum eigenverantwortlichen Arbeiten und Lernen.<br />
34<br />
Eigenverantwortliches Lernen und Arbeiten<br />
➔<br />
Fachkompetenz<br />
➔<br />
➔<br />
Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
PERSÖNLICHE KOMPETENZ<br />
➔<br />
Methodenkompetenz Sozialkompetenz<br />
➔<br />
EIGENVERANTWORTLICHES LERNEN<br />
➔<br />
Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
der Teamfähigkeit<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Lernkultur<br />
Schülerzentriertes, eigenverantwortliches Lernen setzt e<strong>in</strong>erseits<br />
das systematische E<strong>in</strong>üben der notwendigen Kompetenzen<br />
voraus, erfordert andererseits <strong>in</strong> der Folge die systematische<br />
Anwendung des Gelernten im Unterricht. Folgende Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gse<strong>in</strong>heiten<br />
erweisen sich als wesentlich:<br />
Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g bedeutet <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die<br />
schwerpunktmäßige E<strong>in</strong>übung von Arbeitstechniken. Damit<br />
kann bereits <strong>in</strong> der Grundschule begonnen werden. Das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
muss dann sukzessive erweitert werden, z. B. um Techniken<br />
der Informationsbeschaffung (Bibliotheken, Internet usw.), Techniken<br />
der Filmanalyse oder Techniken der Präsentation (Referat,<br />
Folie, computergestütztes Präsentationsprogramm).<br />
Mit Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g ist die systematische E<strong>in</strong>führung<br />
<strong>in</strong> Techniken der Kommunikation <strong>in</strong> entsprechenden Sozialformen<br />
geme<strong>in</strong>t, z. B.: Wie argumentiere ich überzeugend? Wie<br />
höre ich aktiv zu und frage gezielt nach? Welche Formen der<br />
effektiven Arbeitsteilung bei Gruppenarbeiten gibt es?<br />
Teamentwicklung im Klassenzimmer bildet e<strong>in</strong>en dritten grundlegenden<br />
Bauste<strong>in</strong>, da die Partner- oder Teamarbeit <strong>in</strong> diesen<br />
Arbeitsphasen als angemessenste und effektivste Arbeitsform<br />
e<strong>in</strong>e große Rolle spielt. Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler erfahren,<br />
dass komplexe Aufgaben im Team besser bearbeitet werden<br />
können als <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelarbeit. Allerd<strong>in</strong>gs kann die Teamentwicklung<br />
nicht auf die Schüler beschränkt werden – auch Lehrer<strong>in</strong>nen<br />
und Lehrer müssen neue Formen der Zusammenarbeit<br />
entwickeln (vgl. Kapitel 3.4).<br />
3.2.3 Rollenverständnis der Lehrer<br />
Schülerzentrierter Unterricht setzt e<strong>in</strong> entsprechendes Rollenverständnis<br />
der Lehrenden voraus bzw. bewirkt e<strong>in</strong>en Wandel<br />
der bisherigen Rolle. Zwar wird der Lehrer als »Instruktor«<br />
immer nötig se<strong>in</strong>, wesentlich deutlicher wird er aber als Organisator<br />
und Moderator von Lernprozessen <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten.<br />
Für die Lehrkräfte bedeutet dies zunächst Mehraufwand: e<strong>in</strong><br />
Mehr an Zeit für Koord<strong>in</strong>ierungsgespräche mit Kollegen, e<strong>in</strong><br />
Mehr an Arbeit für das Arrangement des Unterrichtsmaterials<br />
für e<strong>in</strong>e offene Lernumgebung. Allerd<strong>in</strong>gs wird dies teilweise<br />
durch den effektiveren, entspannteren Unterrichtsverlauf und<br />
e<strong>in</strong>e höhere Arbeitszufriedenheit aller Beteiligten wieder aufgewogen.<br />
Systematisches Methoden- und Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g setzt<br />
auch voraus, dass e<strong>in</strong>e Teamentwicklung im Kollegium der<br />
Schule stattf<strong>in</strong>det: Die Fachschaften oder die Lehrkräfte e<strong>in</strong>er<br />
35<br />
Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
Teamentwicklung<br />
Teamarbeit
Gesamtkonzept<br />
Strategien zur<br />
Förderung e<strong>in</strong>er<br />
neuen Lernkultur:<br />
➔ Methodenkompetenz stärken<br />
z. B. durch spezifische E<strong>in</strong>heiten<br />
➔ Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs für Lehrkräfte<br />
z. B. im Rahmen schul<strong>in</strong>terner<br />
Lehrerfortbildung<br />
➔ Teambildung im Kollegium<br />
z. B. Klassen- und Fachteams<br />
➔ Bündelung der Aktivitäten<br />
z. B. durch Akzentuierung im<br />
Schulprogramm<br />
Neue Lernkultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Klasse oder Jahrgangsstufe stimmen sich ab, <strong>in</strong> welchem Fach<br />
welche Methode e<strong>in</strong>geübt wird (Beispiel: In welchen Fächern<br />
wird anhand von Schulbuchtexten geübt, wie die wichtigsten<br />
Informationen aus e<strong>in</strong>em Text herausgearbeitet werden?).<br />
Der konkrete E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> den Bereich »neue Lernformen«, z. B.<br />
Stationenlernen, kann dabei so aussehen, dass die Fachschaften<br />
e<strong>in</strong>er Schule (oder Jahrgangsteams, Klassenteams) zu Beg<strong>in</strong>n<br />
des Schuljahres e<strong>in</strong>en Zeitraum absprechen, <strong>in</strong> dem das Methoden-<br />
und Kommunikationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g schwerpunktmäßig <strong>in</strong> den<br />
entsprechenden Klassen durchgeführt wird. In den höheren<br />
Jahrgangsstufen empfiehlt sich die »Methodenpflege«, um das<br />
Gelernte aufzufrischen und zu vertiefen.<br />
Wichtig ist, dass an der Schule e<strong>in</strong> Gesamtkonzept gefunden<br />
wird, damit die E<strong>in</strong>führung neuer Lehr- und Lernformen nicht<br />
auf dem Engagement weniger beruht, sondern dass – zum<strong>in</strong>dest<br />
nach und nach – e<strong>in</strong> Großteil des Kollegiums e<strong>in</strong>gebunden<br />
werden kann. <strong>Schulentwicklung</strong> lebt von der Akzeptanz e<strong>in</strong>er<br />
breiten Mehrheit im Kollegium.<br />
Diese Zustimmung kann auf verschiedene Weise e<strong>in</strong>geholt werden;<br />
folgende Schritte haben sich als erfolgreich erwiesen:<br />
➔ In Pädagogischen Konferenzen verständigt sich e<strong>in</strong><br />
Kollegium auf die Ziele der Unterrichtsentwicklung.<br />
➔ E<strong>in</strong>e Rahmenplanung (Wer macht was mit wem?) wird<br />
entwickelt.<br />
➔ Durch e<strong>in</strong>e schul<strong>in</strong>terne Lehrerfortbildung – u. U. <strong>in</strong> Kooperation<br />
mit der Akademie <strong>in</strong> Dill<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>em Pädagogischen<br />
Institut oder anderen E<strong>in</strong>richtungen – werden die Lehrkräfte auf<br />
das Vorhaben vorbereitet (vgl. Kapitel 5).<br />
Die E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er neuen Lernkultur erfordert auch Veränderungen<br />
<strong>in</strong> der Organisation und im rechtlichen Rahmen von<br />
Schule. Die Schulleitung sollte nach Möglichkeit Lehrkräfte, die<br />
<strong>in</strong> der oben geschilderten Weise kooperieren, geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er bestimmten Klasse oder Jahrgangsstufe e<strong>in</strong>setzen. Ideal<br />
wäre auch e<strong>in</strong>e im Stundenplan festgelegte geme<strong>in</strong>same Stunde<br />
für Absprachen während des Schuljahres. Der Unterricht sollte<br />
fallweise flexibilisiert und rhythmisiert werden können, um<br />
längere Arbeitsphasen zu ermöglichen etc. Ebenso ist e<strong>in</strong>e klare<br />
Trennung zwischen Lern- und Prüfungsphasen nötig, damit<br />
etwa bei anspruchsvollen Problemlöseaufgaben zunächst angstfrei<br />
verschiedene Wege ausprobiert werden können, bevor bei<br />
e<strong>in</strong>er Leistungserhebung der Lernerfolg geprüft wird. Die Bewertung<br />
von im Team erstellten Arbeiten bedarf noch e<strong>in</strong>er<br />
befriedigenden Lösung ... Aber man muss nicht warten, bis alles<br />
36<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Lernkultur<br />
»von oben« geregelt ist – Freiräume, um anzufangen, gibt es<br />
bereits jetzt.<br />
Wenn selbstgesteuertes, handlungsorientiertes Arbeiten den<br />
Schulalltag bestimmt, wird sich auch die Rolle der Lernenden<br />
wandeln (vgl. Kapitel 3.3). Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
werden erkennen, dass sie (Mit-)Verantwortung für das Erzielen<br />
e<strong>in</strong>es Lernerfolgs haben und sich aktiv mit dem Unterrichtsgegenstand<br />
ause<strong>in</strong>ander setzen müssen. Diese Formen des Unterrichts<br />
s<strong>in</strong>d oft anstrengender, aber auch effektiver und für<br />
alle letztlich mit größeren Erfolgserlebnissen verbunden.<br />
Klippert, H.: Methoden-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Übungsbauste<strong>in</strong>e für den Unterricht.<br />
We<strong>in</strong>heim 2000<br />
Ders.: Kommunikations-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. Übungsbauste<strong>in</strong>e für den Unterricht.<br />
We<strong>in</strong>heim, 2000<br />
Ders.: Teamentwicklung im Klassenraum. Bauste<strong>in</strong>e für den Unterricht.<br />
We<strong>in</strong>heim 2001<br />
Klippert, H. und Lohre, W. (Hrsg.): Auf dem Weg zu e<strong>in</strong>er neuen Lernkultur.<br />
Gütersloh 1999<br />
Mandl, H./Re<strong>in</strong>mann-Rothmeier, G.: Unterrichten und Lernumgebungen gestalten<br />
(= Forschungsbericht Nr. 60). Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl<br />
für Empirische Pädagogik und Pädagogische Psychologie 1995<br />
Meyer, H.: Unterrichtsmethoden: Band I (Theorie) und Band II (Praxisband).<br />
We<strong>in</strong>heim und Basel 1997<br />
Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Hrsg.):<br />
Selbständiges Arbeiten und Lernen <strong>in</strong> den Jahrgangsstufen 5 - 10. Band 1.<br />
Donauwörth 2001<br />
We<strong>in</strong>ert, Franz E.: Neue Unterrichtskonzepte zwischen gesellschaftlichen<br />
Notwendigkeiten, pädagogischen Visionen und psychologischen Möglichkeiten,<br />
<strong>in</strong>: Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und<br />
Kunst (Hrsg.): Wissen und Werte für die Welt von morgen. Dokumentation zum<br />
Bildungskongress, München 1998, S. 101-125<br />
www.gym.moosburg.org/lehrer/lernen_lernen.html (L<strong>in</strong>k-Liste zum »Lernen<br />
lernen«)<br />
www.alp.dill<strong>in</strong>gen.de/projekte/freiarbeit/ (Netzwerk Freies Arbeiten)<br />
www.netzwerk-lernkultur.de/doc/segl<strong>in</strong>ks.htm (kommentierte L<strong>in</strong>ks zum Thema)<br />
www.schulnetz.ch/unterrichten/kontaktforum-ELF (Schweizer Kontaktforum<br />
für Erweiterte Lehr- und Lernformen)<br />
www.iplbayern.de (Initiative Praktisches Lernen e. V.)<br />
www.ullste<strong>in</strong>-realschule-fuerth.de (unter »Unterrichtsmodelle« Beispiele für<br />
Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und handlungsorientierten Unterricht)<br />
www.berufsschulen.de (unter Modellversuch »MUT« Unterrichtskonzepte und<br />
Ideen für den beruflichen Bereich)<br />
http://home.t-onl<strong>in</strong>e.de/home/Paul.Weeger/ue.htm<br />
(Unterrichtsgestaltung nach Klippert)<br />
37<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks
Selbstständigkeit<br />
und Verantwortung<br />
Schülerrolle <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
3.3 Schülerrolle<br />
3.3.1 Der Schüler als Handelnder im Lernprozess<br />
In e<strong>in</strong>er Schule, die unter Lernen e<strong>in</strong>en aktiv-konstruktiven<br />
Prozess versteht, verändert sich auch die Rolle des Schülers. Die<br />
diesem Verständnis von Lernen zugehörigen Formen des Lernens<br />
und Lehrens verlangen von ihm Aktivität, Selbstständigkeit<br />
und Verantwortung. In besonderer Weise trifft dies natürlich<br />
auf die offenen Unterrichtsformen zu:<br />
➔ Das vom Lehrer didaktisch aufbereitete Material erfordert<br />
vom Schüler große Eigenständigkeit bei der Aneignung der<br />
Inhalte.<br />
➔ Für das Ergebnis se<strong>in</strong>es Lernens trägt der Schüler e<strong>in</strong>e<br />
größere Verantwortung als bisher.<br />
➔ Der Lernprozess gel<strong>in</strong>gt nur unter gegenseitiger Rücksichtnahme,<br />
da er häufig <strong>in</strong> Gruppen oder Tandems abläuft.<br />
E<strong>in</strong>en Wandel der Schülerrolle verlangen aber auch andere Entwicklungen:<br />
Das Lernen von Wissen »auf Vorrat« verliert an<br />
Bedeutung gegenüber dem Aufbau von Kompetenzen, die mehr<br />
umfassen als die sog. »Schlüsselqualifikationen«. Verschiedene<br />
gesellschaftliche Entwicklungen weisen der Schule e<strong>in</strong>e bedeutende<br />
Aufgabe bei der Persönlichkeitsbildung junger Menschen<br />
zu. Beide Anliegen bedürfen lebensnaher, handlungsorientierter<br />
38<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schülerrolle<br />
Unterrichtskonzepte, die aktiv beteiligte Schüler voraussetzen.<br />
<strong>Schulentwicklung</strong> verlangt also auch vom Schüler e<strong>in</strong> hohes<br />
Maß an E<strong>in</strong>satz und Anstrengungsbereitschaft. Dies kann nicht<br />
von heute auf morgen erwartet werden. Im Veränderungsprozess,<br />
<strong>in</strong> dem aus e<strong>in</strong>em »Betroffenen« e<strong>in</strong> »Beteiligter« wird,<br />
muss der Schüler Stationen der Veränderung durchlaufen. Es ist<br />
Aufgabe der Schule, ihn dabei zu begleiten und zu unterstützen;<br />
<strong>in</strong>dividuelle Förderung gew<strong>in</strong>nt folglich an Bedeutung.<br />
3.3.2 Schüleraktivierender Unterricht<br />
Eigenverantwortliches Lernen fordert den Schüler, denn die<br />
angewandten Unterrichtsmethoden aktivieren ihn. Von der<br />
Strukturierung e<strong>in</strong>es Textes bis zur Informationsbeschaffung zu<br />
e<strong>in</strong>em Thema, von der Erstellung e<strong>in</strong>es übersichtlichen Hefte<strong>in</strong>trags<br />
bis zur Präsentation von Projektergebnissen, vom Durchlaufen<br />
e<strong>in</strong>es Lernzirkels bis h<strong>in</strong> zur Wochenplanarbeit – der Umgang<br />
mit kle<strong>in</strong>en wie großen Bauste<strong>in</strong>en offenen Lernens verlangt<br />
vom Schüler E<strong>in</strong>satz und Anstrengung.<br />
E<strong>in</strong> Lehrerverhalten, welches auf Problemlösungshilfe, nicht<br />
aber auf das Bereitstellen der Problemlösung an sich gerichtet ist,<br />
zw<strong>in</strong>gt den Schüler zur Selbstorganisation se<strong>in</strong>es Lernprozesses.<br />
Stärker als bisher ist er dazu aufgerufen, für ihn passende Lernund<br />
Arbeitstechniken herauszuf<strong>in</strong>den. Die dabei zu lösenden<br />
Fragen der <strong>in</strong>dividuellen Zeite<strong>in</strong>teilung, der Planung der Hausaufgaben,<br />
der E<strong>in</strong>richtung des Arbeitsplatzes, der Führung e<strong>in</strong>es<br />
Lerntagebuchs etc. haben an vielen Schulen <strong>in</strong> Angeboten zu<br />
»Lernen lernen« bereits E<strong>in</strong>gang gefunden. E<strong>in</strong>em Missverständnis<br />
ist allerd<strong>in</strong>gs vorzubeugen: Im Zeitalter der wachsenden<br />
Informations- und Wissensflut wird gelegentlich <strong>in</strong> der Vermittlung<br />
des lernmethodischen Know-how e<strong>in</strong>e Alternative zur<br />
Aneignung von u. U. kurzfristig veraltenden Kenntnissen gesehen.<br />
Beides ist jedoch wichtig – fundiertes Wissen und formale<br />
Lernkompetenzen (Franz E. We<strong>in</strong>ert).<br />
Lassen die Aufgabenstellungen Raum für <strong>in</strong>dividuelle Arbeitsund<br />
Lösungsstrategien der Schüler sowie Spielraum, der die<br />
Balance zwischen Fordern und Überfordern wahrt, wird e<strong>in</strong>e<br />
solche Aneignung des Lerngegenstands auch Spaß und Freude<br />
machen. Von e<strong>in</strong>er Verwöhnung der Schüler, die angeblich mit<br />
der Individualisierung des Lernprozesses verbunden ist, kann<br />
dabei ke<strong>in</strong>e Rede se<strong>in</strong>. Und die Lehrkräfte erfahren zum<strong>in</strong>dest<br />
e<strong>in</strong>e angenehme Verschiebung ihrer Aktivitäten, oft sogar e<strong>in</strong>e<br />
Entlastung, wenn sie Alternativen zu frontalen Unterrichtsstrukturen<br />
umsetzen.<br />
39<br />
Selbstorganisation<br />
des Lernprozesses<br />
Individualisierung des<br />
Lernprozesses
Verantwortung für<br />
die Arbeit <strong>in</strong> Gruppen<br />
Verantwortung für<br />
Aufgaben im Klassenverband<br />
Verantwortung für<br />
Aufgaben <strong>in</strong>nerhalb der<br />
Schulfamilie<br />
Schülerrolle <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
3.3.3 Persönlichkeitsbildung durch Übernahme<br />
von Verantwortung<br />
Persönlichkeitsbildung braucht die Bewährung <strong>in</strong> Alltagssituationen.<br />
In der Schule ist dies <strong>in</strong> folgenden Feldern möglich:<br />
Zeitgemäßer Unterricht setzt stark auf Gruppen- und Teamarbeit.<br />
Die Schüler müssen allerd<strong>in</strong>gs mit den spezifischen Anforderungen<br />
e<strong>in</strong>er solchen Arbeitsweise vertraut se<strong>in</strong>, bevor sie verantwortlich<br />
Aufgaben <strong>in</strong> der Gruppe erledigen oder e<strong>in</strong>e solche<br />
leiten. So hat es sich bewährt, <strong>in</strong> gezielten Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gse<strong>in</strong>heiten zu<br />
Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es Schuljahres die verschiedenen Organisationsformen<br />
von Gruppenarbeit zu üben, wie sie für längere Stationenarbeit<br />
oder Projekte erforderlich s<strong>in</strong>d. Der hohe Zeitaufwand,<br />
den e<strong>in</strong> Lehrerteam <strong>in</strong> diesem Bereich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Klasse <strong>in</strong>vestiert,<br />
wirkt sich positiv auf den folgenden Unterricht aus.<br />
Die verstärkte Zusammenarbeit der Schüler <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen<br />
wird sich nicht alle<strong>in</strong> auf den Unterricht beschränken, zumal<br />
auch der Klassenverband durch e<strong>in</strong>e neue Lernkultur e<strong>in</strong>e Veränderung<br />
erfährt. Da kann e<strong>in</strong>e Schülergruppe die Programmgestaltung<br />
e<strong>in</strong>es Schullandheimaufenthalts übernehmen, während<br />
e<strong>in</strong>e andere e<strong>in</strong>en moderierten Elternabend vorbereitet. Da<br />
sorgt e<strong>in</strong>e Gruppe für die tägliche Ordnung im Klassenzimmer,<br />
während e<strong>in</strong>e andere die selbstständige Ausarbeitung e<strong>in</strong>es Projekts<br />
übernimmt. Dem (Klassen)lehrer(team) obliegt die Aufgabe<br />
der Beratung und der Bündelung der Aktivitäten; die <strong>in</strong>haltliche<br />
Gestaltung und organisatorische Durchführung kann – unter Beachtung<br />
der rechtlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen – zunehmend den<br />
Schülern übertragen werden. Bei der engeren Zusammen-arbeit<br />
der Schüler <strong>in</strong> Unterricht und Klassenverband ändert sich die<br />
Rolle der Klassensprecher: Sie moderieren Klassenversammlungen,<br />
koord<strong>in</strong>ieren geme<strong>in</strong>sames Handeln und greifen bei Unstimmigkeiten<br />
vermittelnd e<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e entsprechende Schulung für<br />
dieses und <strong>in</strong> diesem Amt ist deshalb besonders wichtig.<br />
Vielfältige Aufgaben können auch im Raum der Schule übernommen<br />
werden. Zur Stärkung der eigenen Verantwortung der<br />
Schüler s<strong>in</strong>d etwa die Konfliktlösungsansätze zu sehen, denen<br />
sich Mediations- oder Streitschlichtergruppen an den Schulen<br />
verschreiben (vgl. Kapitel 3.7). Allerd<strong>in</strong>gs bedarf die Befähigung<br />
zur Selbstorganisation der Schüler e<strong>in</strong>er Schulung und Qualifizierung.<br />
Lehrerteams, Betreuungslehrer und Verb<strong>in</strong>dungslehrer<br />
könnten sich <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht als Multiplikatoren und Tra<strong>in</strong>er<br />
verstehen, damit wertvolles Engagement mancher Schüler<br />
nicht deswegen <strong>in</strong>s Leere läuft, weil sich die Bed<strong>in</strong>gungen ihrer<br />
Zusammenarbeit <strong>in</strong> der Gruppe chaotisch gestalteten.<br />
40<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Schülerrolle<br />
Zwei Streitschlichter (Mediatoren) berichten über ihre Arbeit ...<br />
»Stellen Sie sich vor: Tim und<br />
N<strong>in</strong>a aus der 6. Klasse können<br />
sich nicht riechen. E<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> der<br />
Pause zerrt Tim an N<strong>in</strong>as Jacke<br />
und reißt e<strong>in</strong> Stück e<strong>in</strong>. Nach<br />
der Pause rächt sich N<strong>in</strong>a und<br />
schmeißt Tims Federmäppchen<br />
aus dem 3. Stock. Dabei geht der<br />
Füller kaputt. Was würde ohne<br />
uns geschehen? Wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
erhielten beide e<strong>in</strong>e Schulstrafe,<br />
die Sachen blieben kaputt, und<br />
N<strong>in</strong>a und Tim wären nach wie<br />
vor aufe<strong>in</strong>ander wütend.<br />
Die Konfliktlösung mit Streitschlichtern<br />
sieht anders aus:<br />
Der Lehrer schickt Tim und N<strong>in</strong>a<br />
zu uns und man kommt zu folgendem<br />
Ergebnis: Tim kümmert<br />
sich um die Reparatur von N<strong>in</strong>as<br />
Jacke, N<strong>in</strong>a ersetzt den Füller.<br />
Jetzt s<strong>in</strong>d beide Sieger, ganz<br />
ohne Verweis!<br />
Was wir Mediatoren dabei tun:<br />
Zuerst begrüßen wir die beiden,<br />
sichern ihnen zu, dass niemand<br />
etwas von dieser Unterredung<br />
erfährt, und weisen sie auf<br />
bestimmte Gesprächsregeln h<strong>in</strong>.<br />
Dann erzählt jeder den Streit aus<br />
se<strong>in</strong>er Sicht. Das gibt beiden<br />
die Möglichkeit, die Gefühle und<br />
das Motiv des Gegners zu verstehen.<br />
Nach dieser längsten<br />
Phase kommt das Schwierigste<br />
von allem: Jeder <strong>in</strong> der Runde<br />
lässt sich Lösungen für den<br />
Konflikt e<strong>in</strong>fallen und geme<strong>in</strong>sam<br />
werden nun die herausgesucht,<br />
mit welchen beide (!)<br />
e<strong>in</strong>verstanden s<strong>in</strong>d. Die beste<br />
Lösung halten wir schriftlich <strong>in</strong><br />
Form e<strong>in</strong>es Vertrags fest. Nachdem<br />
beide Streithähne unterschrieben<br />
haben, vere<strong>in</strong>baren<br />
wir e<strong>in</strong> Nachtreffen, um festzu-<br />
3.3.4 Aufbau konstruktiver Beziehungen<br />
Die Entwicklung e<strong>in</strong>er Schule macht vor der Beziehungsebene<br />
nicht Halt, das gilt für die Beziehungen unter den Schülern wie<br />
auch zwischen Schülern und Lehrern. Die Achtung vor dem<br />
Andersdenkenden, das Respektieren der persönlichen Distanz,<br />
aber auch der Wunsch nach sozialem Kontakt und der Nähe<br />
zum Anderen bestimmen das Mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Klasse und Schule.<br />
In e<strong>in</strong>er »Zwangssozietät« wie e<strong>in</strong>er Schulklasse ist es deshalb<br />
für den E<strong>in</strong>zelnen wichtig, dass den Formen des Umgangs<br />
mite<strong>in</strong>ander große Beachtung zugemessen wird. Umgangsformen<br />
können auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em »Sozialtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g« (wie es e<strong>in</strong>zelne<br />
Moderatoren und pädagogische Institute anbieten), thematisiert<br />
und geübt werden. Gegenstand können u. a. se<strong>in</strong>:<br />
➔ Geme<strong>in</strong>sames Erstellen von verb<strong>in</strong>dlichen Regeln für den<br />
Umgang <strong>in</strong> der Klasse, sowohl das Gespräch wie auch das soziale<br />
Mite<strong>in</strong>ander betreffend; dabei s<strong>in</strong>d Vorkehrungen für die E<strong>in</strong>haltung<br />
zu treffen.<br />
➔ Visualisierungsformen für Konfliktfelder <strong>in</strong> der Klasse, z. B.<br />
e<strong>in</strong>e »Kummerwand« oder e<strong>in</strong>en »Sorgenbriefkasten« (Was<br />
stört mich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Klasse? Welches Verhalten verletzt mich?)<br />
➔ E<strong>in</strong>führung von Formen der gegenseitigen Wertschätzung<br />
(Welche positiven D<strong>in</strong>ge kann ich eigentlich über me<strong>in</strong>en<br />
Mitschüler sagen? Welche Geme<strong>in</strong>samkeiten verb<strong>in</strong>den uns?)<br />
Das konstruktive Mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse kann z. B. <strong>in</strong><br />
stellen, ob der Vertrag e<strong>in</strong>gehalten<br />
wurde. Tim und N<strong>in</strong>a<br />
geben ihrem Lehrer e<strong>in</strong>e schriftliche<br />
Mitteilung, dass e<strong>in</strong>e<br />
Schlichtung erfolgt sei. Also<br />
alles bestens!<br />
Warum es uns überhaupt gibt:<br />
Klar, dass es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Klasse<br />
immer wieder Streit unter<br />
Mitschülern gibt. Normalerweise<br />
fällt das ja nicht besonders auf,<br />
denn im Unterricht geht man<br />
sich aus dem Weg und muss<br />
ja nicht mit dem anderen zusammenarbeiten.<br />
Das ist aber<br />
anders, wenn im Unterricht<br />
häufiger <strong>in</strong> Gruppen gearbeitet<br />
wird und man zu e<strong>in</strong>em guten<br />
Ergebnis kommen soll. Da<br />
wird es schwierig, wenn irgendwelche<br />
Konflikte im Raum<br />
stehen und die geme<strong>in</strong>same<br />
Arbeit bee<strong>in</strong>trächtigen.«<br />
41<br />
Umgangsformen
Vertrauen<br />
und Fehlertoleranz<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks<br />
Schülerrolle <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
e<strong>in</strong>em Jahrbuch festgehalten werden, welches die Schüler selbst<br />
herstellen.<br />
➔ Benennung von Erwartungen h<strong>in</strong>sichtlich der Gestaltung<br />
des Lernprozesses und der Gruppen (Mit welchen Arbeitsmaterialien<br />
würde ich gern arbeiten? Welche Hilfe werde ich<br />
wohl benötigen? Wie wünsche ich mir die Arbeit <strong>in</strong> der Organisationsgruppe?<br />
Für welchen Verantwortungsbereich fühle ich<br />
mich geeignet? etc.). Es ist hilfreich, wenn im Verlauf des<br />
Schuljahres immer wieder Reflexionsphasen erfolgen, <strong>in</strong> welchen<br />
die Schüler ihren Arbeitsprozess an den eigenen Erwartungen<br />
messen.<br />
Schüler werden e<strong>in</strong>e neue, aktive Rolle <strong>in</strong>sbesondere auch dann<br />
gern annehmen, wenn sie von Lehrern begleitet werden, die<br />
ihnen etwas zutrauen und als Vorbild agieren. In e<strong>in</strong>er solchen<br />
Atmosphäre, die auch (gegenseitig) Fehler zulässt, gel<strong>in</strong>gt der<br />
Wissenserwerb nach allem, was die Forschung weiß, besser, und<br />
der junge Mensch lernt, se<strong>in</strong>en eigenen Bereich verantwortlich<br />
zu gestalten. Diese fachliche und personale Kompetenz der<br />
Schüler ist letztlich der entscheidende Gradmesser e<strong>in</strong>es gelungenen<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses.<br />
Cube, F. von: Fordern statt verwöhnen. Die Erkenntnisse der Verhaltensbiologie<br />
<strong>in</strong> der Erziehung. München 2000<br />
Grom, B.: Methoden für Religionsunterricht, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung.<br />
Düsseldorf 1996<br />
Klippert, H.: Teamentwicklung im Klassenraum. 4., neu ausgestattete Aufl.,<br />
We<strong>in</strong>heim 2000<br />
Kliebisch, U.: Kommunikation und Selbstsicherheit. Interaktionsspiele für<br />
Jugendliche. Mülheim 1995<br />
Ders.: Kooperation und Werthaltung. Interaktionsspiele für Jugendliche.<br />
Mülheim 1995<br />
www.schulberatung.bayern.de/bshag.htm#4 (Erläuterungen zu verschiedenen<br />
Konfliktlösungsmodellen)<br />
www.kubiss.de/schulen/pvs/pvs2nbg/pvsmed00.htm (E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> die Arbeit e<strong>in</strong>er<br />
Streitschlichtergruppe)<br />
www.hsha.de/ (VS Hauzenberg zur Schulsozialarbeit)<br />
www.member.uni-oldenburg.de/wilhelm.topsch/grundschule/<br />
(Texte zur Rolle der Schüler <strong>in</strong> offenen Unterrichtsformen, zum Klassenrat u. a.)<br />
www.teachsam.de/<strong>in</strong>dex.htm (Lehren & lernen onl<strong>in</strong>e; Portal, u. a. mit e<strong>in</strong>em<br />
Angebot zu Arbeitstechniken)<br />
www.lions-clubs.de (u. a. Lions-Quest-Programm »Erwachsen werden«)<br />
42<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Teamentwicklung<br />
3.4 Teamentwicklung<br />
im Lehrerkollegium<br />
3.4.1 Warum ist Teamentwicklung notwendig?<br />
Lehrkräfte erleben an den Schulen seit Jahren e<strong>in</strong>en beschleunigten<br />
Wandel. So f<strong>in</strong>den sie e<strong>in</strong>erseits veränderte Bed<strong>in</strong>gungen<br />
für Unterricht und Erziehung vor: Schüler, die immer stärker<br />
zum Konsum als zum eigenen Tun neigen, die unter dem E<strong>in</strong>fluss<br />
der Medien andere Bedürfnisse und Interessen entwickeln<br />
als früher, Familien, die <strong>in</strong> ihrer Erziehungsaufgabe teilweise<br />
überfordert ersche<strong>in</strong>en. Auf der anderen Seite ist die Schule<br />
43<br />
Wandel der Ansprüche
»Wir-Gefühl«<br />
Teamentwicklung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
heute auch mit e<strong>in</strong>em Wandel der Ansprüche konfrontiert: mit<br />
höheren Qualitätsansprüchen an den Unterricht und mit Forderungen,<br />
Schülern statt e<strong>in</strong>er großen Menge an Wissen die Fähigkeiten<br />
und die Ich-Stärke zu vermitteln, um sich dem raschen<br />
beruflichen und wirtschaftlichen Wandel anpassen zu können.<br />
Und schließlich haben Schulen heute wesentlich stärker mit<br />
Problemen fertig zu werden, z. B. mit der Integration von<br />
K<strong>in</strong>dern aus unterschiedlichen Kulturkreisen, mit Gewalt oder<br />
Drogen.<br />
Wie verschiedene Untersuchungen zeigen, hat all dies zu e<strong>in</strong>er<br />
höheren psychischen und physischen Belastung und zum Teil<br />
sogar zur Überforderung der Lehrkräfte geführt. Diese Belastungen<br />
hängen auch zusammen mit dem traditionellen Selbstverständnis<br />
der Lehrkräfte, h<strong>in</strong>ter verschlossener Klassenzimmertür<br />
alles selbst bewältigen und lösen zu müssen, eigene Probleme<br />
eher für sich zu behalten statt sie mit Kollegen zu besprechen.<br />
Die Angst ist immer noch weit verbreitet, nach e<strong>in</strong>em offenen<br />
Gespräch über Schwierigkeiten mit e<strong>in</strong>em Schüler oder e<strong>in</strong>er<br />
Klasse als schlechte Lehrkraft zu gelten.<br />
Was diese E<strong>in</strong>stellung betrifft, zeichnet sich an vielen Schulen<br />
bereits e<strong>in</strong> deutlicher Wandel ab: Die Lehrkräfte haben erkannt,<br />
dass die bestehenden Probleme bisweilen durch den E<strong>in</strong>zelnen<br />
gar nicht zu lösen s<strong>in</strong>d, wohl aber mite<strong>in</strong>ander Verbesserungen<br />
geschaffen werden können. Das setzt voraus, dass Probleme im<br />
Kollegium als geme<strong>in</strong>same Aufgabe und Herausforderung der<br />
gesamten Schule begriffen werden, dass geme<strong>in</strong>sam nach Lösungen<br />
und Perspektiven gesucht und dass gegebenenfalls Hilfe<br />
von außen angenommen wird.<br />
Sich diese Haltung zu Eigen zu machen, bed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> den Kollegien<br />
e<strong>in</strong>en längeren Lernprozess. Lehrkräfte verstehen sich vielerorts<br />
persönlich gut und sprechen viel mite<strong>in</strong>ander, oft auch sehr<br />
kontrovers. Diese gute Ausgangsbasis sollte viel <strong>in</strong>tensiver als<br />
bisher zur konstruktiven Bewältigung schulischer Aufgaben genutzt<br />
werden. Teamentwicklung <strong>in</strong> den Kollegien kann dazu<br />
führen, aus e<strong>in</strong>em Nebene<strong>in</strong>ander (oder sogar Gegene<strong>in</strong>ander)<br />
e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames »Wir-Gefühl« und Mite<strong>in</strong>ander zu entwickeln.<br />
Nicht immer wird man dabei mit dem »heißesten Eisen« anfangen.<br />
E<strong>in</strong> guter Beg<strong>in</strong>n kann die Bearbeitung e<strong>in</strong>es Sachthemas<br />
im Team se<strong>in</strong> (z. B. die Ausarbeitung e<strong>in</strong>es fächerübergreifenden<br />
Projekts).<br />
Teamentwicklung ist immanenter Bestandteil aller Bemühungen<br />
um <strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong>, z. B. der Verwirklichung fächerübergreifenden<br />
und <strong>in</strong>novativen Unterrichts, der Stärkung der<br />
44<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Teamentwicklung<br />
pädagogischen Kompetenz der Schule, der pädagogischen<br />
Schwerpunktsetzung und Profilbildung, der Stärkung der Zusammenarbeit<br />
mit Eltern, der Öffnung gegenüber dem Umfeld<br />
sowie für schul<strong>in</strong>terne und externe Evaluation des Unterrichts<br />
und der Schule. Weiterentwicklung gel<strong>in</strong>gt nachhaltig und<br />
glaubwürdig nur auf der geschilderten Basis.<br />
Viele Erfahrungen belegen, dass es <strong>in</strong> Kollegien, die sich auf<br />
den Weg machen, sehr s<strong>in</strong>nvoll und notwendig se<strong>in</strong> kann, am<br />
Anfang des <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses e<strong>in</strong>e Intensivierung der<br />
Kommunikation und die Bereitschaft zur Kooperation <strong>in</strong> den<br />
Blick zu nehmen. Denn nicht ausgesprochene und nicht geklärte<br />
Konflikte, Probleme zwischen Kollegium und Schulleitung,<br />
häufig aber e<strong>in</strong>fach nur undurchsichtige Abläufe und Entscheidungen<br />
h<strong>in</strong>dern an der Konzentration auf die Aufgabe und an<br />
deren geme<strong>in</strong>samer Bewältigung (vgl. Fallbeispiel).<br />
Fallbeispiel<br />
Kollegium und Schulleitung<br />
e<strong>in</strong>er Hauptschule haben sich<br />
dafür entschieden, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Pädagogischen Konferenz zu<br />
klären, welcher Weg zur Weiterentwicklung<br />
beschritten werden<br />
soll. Man e<strong>in</strong>igt sich im Vorfeld<br />
mit e<strong>in</strong>em externen Moderator,<br />
die neuen Ziele auf der<br />
Grundlage e<strong>in</strong>er Bestandsaufnahme<br />
der aktuellen Situation<br />
geme<strong>in</strong>sam zu erarbeiten.<br />
Nachdem <strong>in</strong> Gruppen zwei<br />
Leitfragen diskutiert wurden:<br />
»Worauf s<strong>in</strong>d wir an unserer<br />
Schule stolz?« und »Was haben<br />
wir bisher versäumt?«, ergibt<br />
die auf der P<strong>in</strong>wand sichtbare<br />
Sammlung der Ergebnisse<br />
mehrere Schwerpunkte:<br />
Stolz s<strong>in</strong>d die Lehrkräfte u. a. auf<br />
das neu gestaltete Schulhaus,<br />
mit dem die Schüler wesentlich<br />
achtsamer umgehen als früher.<br />
Zufrieden s<strong>in</strong>d sie auch mit dem<br />
regen Schulleben und den Ergebnissen<br />
der Projektwochen.<br />
Unzufriedenheit dagegen wird<br />
vor allem geäußert über die<br />
mangelnden Absprachen bei<br />
Problemen <strong>in</strong> den Klassen, die<br />
schlechte Information und E<strong>in</strong>beziehung<br />
der Fachlehrer <strong>in</strong> Entscheidungen.<br />
Bisher versäumt<br />
habe man auch, sich auf geme<strong>in</strong>same<br />
Regeln für die Schüler<br />
zu e<strong>in</strong>igen, da dies immer an<br />
fruchtlosen und kontroversen<br />
Diskussionen gescheitert sei.<br />
In der darauf folgenden Phase<br />
3.4.2 Was bedeutet Teamentwicklung?<br />
E<strong>in</strong> Team zeichnet sich – im Unterschied zur Gruppe – dadurch<br />
aus, dass die Mitglieder e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Ziel haben und über<br />
e<strong>in</strong>e längere Zeitspanne <strong>in</strong> direkter Interaktion und Kommunikation<br />
mite<strong>in</strong>ander stehen. Weitere wichtige Merkmale s<strong>in</strong>d die<br />
Differenzierung der Rollen zwischen den Team-Mitgliedern, geme<strong>in</strong>same<br />
Normen und e<strong>in</strong> Wir-Gefühl.<br />
So gesehen ist nicht jedes Kollegium automatisch e<strong>in</strong> Team. Zu<br />
e<strong>in</strong>em »Team« werden bedeutet daher, sich anderen gegenüber<br />
zu öffnen und Geme<strong>in</strong>samkeit zu lernen: sich über den Berufsalltag,<br />
die tägliche Unterrichts- und Erziehungsarbeit auszutau-<br />
werden die Lehrkräfte vom Moderator<br />
gebeten, zwei Themenbereiche<br />
zu markieren, an denen<br />
sie selbst unbed<strong>in</strong>gt Verbesserungen<br />
erreichen möchten.<br />
Das Ergebnis zeigt, dass e<strong>in</strong>e<br />
große Mehrheit der Kollegen<br />
zwei Veränderungsziele favorisiert:<br />
die Verbesserung der<br />
Absprachen untere<strong>in</strong>ander vor<br />
allem bei Problemen und die<br />
bessere Information und stärkere<br />
Kooperation zwischen Klassenund<br />
Fachlehrern.<br />
Es wird beschlossen, am<br />
nächsten Pädagogischen Tag<br />
diese beiden Zielperspektiven<br />
<strong>in</strong>tensiv zu bearbeiten und<br />
zu befriedigenden Lösungen für<br />
alle zu kommen.<br />
45<br />
Intensivierung der<br />
Kommunikation<br />
»Team«
Vorteile von Teamentwicklung<br />
Teamentwicklung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
schen, unterschiedliche Me<strong>in</strong>ungen und Rollen zu akzeptieren,<br />
Absprachen zu treffen und e<strong>in</strong>zuhalten, sich um Konsens zu<br />
bemühen und sich gegenseitig zu unterstützen. Konflikte offen<br />
und konstruktiv auszutragen gehört genauso dazu, wie sich gegenüber<br />
dem Umfeld solidarisch und offen zu geben. Teamentwicklung<br />
ist also e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>uierlicher Wachstumsprozess e<strong>in</strong>er<br />
Gruppe, der nie abgeschlossen ist.<br />
3.4.3 Was gew<strong>in</strong>nen Schulen durch<br />
Teamentwicklung?<br />
Teamentwicklung führt zu e<strong>in</strong>em besseren Schulklima und<br />
zu größerer pädagogischer Wirksamkeit. Sie kommt daher letztlich<br />
den Schülern zugute, aber auch dem Image der Schule<br />
nach außen.<br />
46<br />
■ Berufszufriedenheit<br />
■ emot<strong>in</strong>ale Entlastung<br />
■ Engagement<br />
■ E<strong>in</strong>fühlungsvermögen<br />
PERSÖNLICHER<br />
WEITERENT-<br />
WICKLUNG<br />
➔<br />
➔<br />
BESSEREN<br />
BEZIEHUNGEN<br />
■ mehr Offenheit<br />
■ mehr Ehrlichkeit<br />
■ Achtung und Respekt<br />
■ Toleranz<br />
■ Vertrauen<br />
TEAMENTWICKLUNG<br />
IM KOLLEGIUM<br />
FÜHRT ZU …<br />
VERSTÄRKTEM<br />
KONSENS<br />
➔<br />
➔<br />
INTENSIVER<br />
KOOPERATION<br />
Ziele ■<br />
Normen ■<br />
Werte ■<br />
Information ■<br />
Absprache ■<br />
Aktion ■<br />
Feedback ■<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Teamentwicklung<br />
3.4.4 Wie kann Teamentwicklung <strong>in</strong><br />
Kollegien gefördert werden?<br />
Teamentwicklung<br />
kann gefördert<br />
werden durch:<br />
➔ Kont<strong>in</strong>uierliche<br />
Förderung von Kommunikation<br />
und Kooperation<br />
➔ Zielklarheit und e<strong>in</strong>e<br />
geme<strong>in</strong>same Arbeitsaufgabe<br />
für alle Mitglieder<br />
➔ Unterstützung durch<br />
die Schulaufsicht<br />
➔ Klare und kooperative<br />
Führung<br />
➔ Externe Beratung<br />
und Moderation<br />
Schule als geme<strong>in</strong>same Aufgabe zu begreifen bedeutet, geme<strong>in</strong>same<br />
Ziele und Visionen zu entwickeln, die Richtung der Veränderungen<br />
und Innovationen zu def<strong>in</strong>ieren und diese systematisch<br />
und konsequent zu verfolgen.<br />
Beispiele dafür s<strong>in</strong>d die geme<strong>in</strong>same Gestaltung von Projekten<br />
und Projektwochen, e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Bemühen um schülerorientierte<br />
Unterrichtsformen, Praktizieren von Teamteach<strong>in</strong>g,<br />
die geme<strong>in</strong>same Entwicklung von Regeln und Normen oder die<br />
E<strong>in</strong>igung auf e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Konzept für die Elternarbeit.<br />
Teamentwicklung wird maßgeblich ermöglicht durch die Schulleitung.<br />
Voraussetzungen für förderliche Führung s<strong>in</strong>d gegeben, wenn<br />
Schulleiter selbst teamorientiert s<strong>in</strong>d, die unterschiedlichen<br />
Kompetenzen der Lehrkräfte wahrnehmen und wertschätzen,<br />
Kollegen <strong>in</strong> Problemlösungen und Entscheidungen e<strong>in</strong>beziehen,<br />
Aufgaben delegieren und alle nötigen und möglichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
für das Arbeiten <strong>in</strong> Teams schaffen.<br />
Beispiele s<strong>in</strong>d die Aktivierung der Kollegen durch die E<strong>in</strong>führung<br />
teamorientierter Konferenzen und Besprechungen, die Durchführung<br />
klassenbezogener Teamsitzungen und Fachkonferenzen,<br />
die Führung von Mitarbeitergesprächen mit dem Ziel, die Zusammenarbeit<br />
im Kollegium zu steigern, die Zusammenstellung<br />
von Klassenlehrerteams, die Ermöglichung von Teamarbeit<br />
durch günstige Stundenplangestaltung sowie das Schaffen von<br />
Leistungsanreizen.<br />
Teamentwicklung heißt, »ständig im Gespräch bleiben«. Dazu<br />
gehört, <strong>in</strong> regelmäßigen Teamsitzungen die Arbeit an der Schule<br />
geme<strong>in</strong>sam zu reflektieren, Spielregeln für die Zusammenarbeit<br />
47<br />
Zielklarheit und e<strong>in</strong>e<br />
geme<strong>in</strong>same Arbeitsaufgabe<br />
für alle Mitglieder<br />
Klare und kooperative<br />
Führung<br />
Kont<strong>in</strong>uierliche<br />
Förderung von Kommunikation<br />
und Kooperation
Unterstützung durch<br />
die Schulaufsicht<br />
Externe Beratung und<br />
Moderation<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks<br />
Teamentwicklung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
zu erarbeiten und zu modifizieren, Konflikte im Kollegium zu<br />
thematisieren und zu lösen, sich gegenseitig Feedback zu geben<br />
sowie den Entwicklungsprozess zu evaluieren. Erfahrungen an<br />
Schulen zeigen, dass die Kollegien dann e<strong>in</strong>en Prozess durchlaufen,<br />
der von zunehmender Offenheit und <strong>in</strong>tensiverem H<strong>in</strong>terfragen<br />
geprägt ist. Besonders lang gepflegte verdeckte Konflikte<br />
oder Probleme mit der Schulleitung werden selten sofort thematisiert.<br />
Man beg<strong>in</strong>nt besser mit Sachthemen, erst im Verlauf e<strong>in</strong>er<br />
positiven Teamentwicklung werden »heiße Eisen« angepackt.<br />
Beispiel für Anfangsstadium: Thema: »Wie können wir Schüler<br />
besser unterrichten, die schlecht deutsch sprechen?<br />
Beispiel für fortgeschrittenes Stadium: Thema: »Wie können wir<br />
uns im Kollegium gegenseitig mehr respektieren?«<br />
Systematische Maßnahmen der Personalentwicklung können<br />
der Kommunikation und Kooperation an Schulen den Boden<br />
bereiten. Dazu gehören die Berücksichtigung teamförderlicher<br />
Aspekte bei der Zusammensetzung von Lehrerkollegien, die Förderung<br />
und Auswahl von Führungskräften mit Teamführungskompetenzen<br />
sowie die Schaffung der notwendigen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
(Zeit, f<strong>in</strong>anzielle Ressourcen).<br />
Weil Teamentwicklung mit e<strong>in</strong>er Veränderung der persönlichen<br />
E<strong>in</strong>stellungen und mit der Veränderung von Beziehungen<br />
zwischen den Team-Mitgliedern e<strong>in</strong>hergeht, weil deshalb jeder<br />
Beteiligte auch persönlich betroffen ist, kann Unterstützung<br />
oder Supervision von außen sehr hilfreich se<strong>in</strong>. So kann die<br />
Moderation e<strong>in</strong>es Pädagogischen Tages zur Intensivierung der<br />
Kommunikation und Kooperation oder die Mediation bei<br />
Konflikten durch Fachleute, die persönlich nicht <strong>in</strong>volviert s<strong>in</strong>d<br />
und zur Schule <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er unabhängigen Beziehung stehen,<br />
leichter se<strong>in</strong> und zu weitreichenden Entwicklungen führen,<br />
ohne dass die Führungskompetenz des Schulleiters geschwächt<br />
wird (siehe auch Kap. 5). Beratung (»Coach<strong>in</strong>g«) des Schulleiters<br />
kann ausreichen, damit er Teamentwicklungsmaßnahmen<br />
selbst zu steuern vermag.<br />
Holz/Schlamp: Gebrauchsanleitung für erfolgreiche Teamarbeit.<br />
In: SchulVerwaltung <strong>Bayern</strong>, 9/2000<br />
Holz/Schlamp: Von der Chefsache zur Teamsache. In: SchulVerwaltung <strong>Bayern</strong>, 4/2001<br />
Langmaack, B./Braune-Krickau, M.: Wie die Gruppe laufen lernt. We<strong>in</strong>heim 1989<br />
Philipp, E.: Teamentwicklung <strong>in</strong> der Schule. We<strong>in</strong>heim und Basel 1998<br />
www.gym.moosburg.org/ (unter »Lehrer« Beispiele zur <strong>Schulentwicklung</strong>)<br />
www.isb.bayern.de/ghs/<strong>in</strong>dex.htm (Projektdokumentation »Team 2000«)<br />
48<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Gesprächskultur<br />
3.5 Gesprächskultur<br />
Die H<strong>in</strong>wendung zu neuen Formen des Lernens und Lehrens,<br />
die Intensivierung der Elternarbeit oder die Entwicklung e<strong>in</strong>es<br />
Schulprogramms führen zwangsläufig zu e<strong>in</strong>er Veränderung der<br />
Kommunikation <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Schule. Die Entwicklung des<br />
Lehrers vom E<strong>in</strong>zelkämpfer zum Teamkollegen, die <strong>in</strong>tensive<br />
Kooperation des e<strong>in</strong>zelnen (Fach-)Lehrers mit se<strong>in</strong>en Kollegen,<br />
sei es z. B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahrgangsstufenteam, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fachschaft<br />
oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Steuergruppe, setzt e<strong>in</strong>e konstruktive, an Lösungen<br />
orientierte Kommunikation voraus. Bei geme<strong>in</strong>samem Handeln<br />
s<strong>in</strong>d Toleranz und Wertschätzung angesichts unterschiedlicher<br />
Standpunkte wichtiger denn je, gleichermaßen ist Wissen im<br />
Umgang mit Konflikten notwendig. Die Qualität der Entwicklung<br />
an der Schule hängt auch von der Professionalität des<br />
Lehrerkollegiums <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht ab.<br />
Doch nicht nur unter den Kollegen verlangen die geme<strong>in</strong>same<br />
Entwicklung und Arbeit an Projekten enge Abstimmung und<br />
Koord<strong>in</strong>ation, auch mit den Schülern und Eltern gilt es, auf<br />
kommunikativem Weg Übere<strong>in</strong>stimmung zu erzielen. Wenn<br />
49<br />
»Wertschätzende«<br />
Kommunikation
Kommunikations- und<br />
Konfliktfähigkeit<br />
Zukunftswerkstätten s<strong>in</strong>d Veranstaltungen<br />
zum kooperativen<br />
und kreativen Lösen von Problemen,<br />
wobei die Teilnehmer mit<br />
Unterstützung von Moderatoren<br />
die Inhalte und den Prozess bestimmen.<br />
Zukunftswerkstätten<br />
eröffnen als soziales Problemlösungsverfahren<br />
Chancen, möglichst<br />
viele, ob Lehrer, Eltern,<br />
Schüler oder Mitarbeiter <strong>in</strong> der<br />
Verwaltung, bezogen auf e<strong>in</strong> konkretes<br />
Thema an der Gestaltung<br />
des Kommenden zu beteiligen.<br />
Gesprächskultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
sich e<strong>in</strong>e Schule verändern will, so gel<strong>in</strong>gt das nur auf der Basis<br />
offener und von gegenseitigem Vertrauen getragener Beziehungen<br />
zwischen allen am Schulleben beteiligten Personen.<br />
Aus diesem Grunde ist es notwendig, an jeder Schule Formen<br />
der Kommunikation zu fördern, die trotz der Vielfalt von<br />
Ansichten und Standpunkten dazu führen, dass geme<strong>in</strong>same<br />
Lösungen gefunden werden und das Arbeitsklima gut bleibt.<br />
3.5.1 Was der e<strong>in</strong>zelne Lehrer tun kann ...<br />
Nachhaltige Veränderung setzt auch bei der eigenen Person an.<br />
Ausgangspunkt kann e<strong>in</strong>e schriftliche Befragung der Schüler<br />
(vgl. Kapitel 4) oder die Selbstbeobachtung durch Videoaufzeichnung<br />
während des Unterrichts se<strong>in</strong>. Verschiedene Vorgehensweisen<br />
können helfen, die eigene Kommunikations- und Konfliktfähigkeit<br />
auszubauen, was zu verbesserter Handlungskompetenz<br />
führt. Dabei spielt es ke<strong>in</strong>e Rolle, welchem kommunikationstheoretischen<br />
Ansatz man folgen will, entscheidend ist die<br />
Umsetzung im Alltag.<br />
Günstiger als die Lektüre e<strong>in</strong>schlägiger Publikationen ist das<br />
Lernen durch eigenes Tun. Dass Fortbildungsangebote z. B. aus<br />
folgenden Bereichen wahrgenommen werden, gehört zur Professionalität<br />
der Lehrer:<br />
➔ Gesprächsführung/Rhetorik (z. B. Gordon-Gesprächsführung)<br />
➔ Themenzentrierte Interaktion (TZI)<br />
➔ Moderationsmethode<br />
➔ Konstanzer-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmodell<br />
➔ Teamarbeit<br />
➔ Mediation/Konfliktmanagement<br />
Angebote f<strong>in</strong>den sich im Programm z. B. der Akademie für<br />
Lehrerfortbildung und Personalführung, der Volkshochschulen<br />
und verschiedener Akademien.<br />
Zukunftswerkstatt – e<strong>in</strong> Instrument kreativer Teamarbeit<br />
Vorgegangen wird nach e<strong>in</strong>em<br />
Drei-Phasen-Modell: Nach der<br />
Bestandsaufnahme <strong>in</strong> der Beschwerde-<br />
bzw. Kritikphase werden<br />
Utopien entwickelt, die<br />
schließlich <strong>in</strong> der Verwirklichungsund<br />
Praxisphase auf ihre Realisierbarkeit<br />
h<strong>in</strong> überprüft werden.<br />
Projekte, die umsetzbar s<strong>in</strong>d, werden<br />
ausgewählt und bearbeitet.<br />
Alle an der Schule Beteiligten<br />
können mitwirken. Zukunftswerkstätten<br />
können sich über<br />
e<strong>in</strong>en Tag als schul<strong>in</strong>terne Fortbil-<br />
50<br />
dung, aber auch als Klausurtagung<br />
über mehrere Tage<br />
erstrecken. Gegenstand s<strong>in</strong>d<br />
aktuelle Themen wie »Neue<br />
Schüler – alte Schule«, »Lernwerkstatt<br />
für Klassensprecher«,<br />
»Verbesserungen für den<br />
Schulalltag an der eigenen<br />
Schule« etc. In jedem Falle werden<br />
nicht zuletzt durch den<br />
ganzheitlichen Ansatz umfassend<br />
Perspektiven für die Zukunft<br />
der eigenen Schule oder des<br />
Unterrichts entwickelt.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Gesprächskultur<br />
3.5.2 Was Teams, Kle<strong>in</strong>gruppen und Kollegien<br />
tun können ...<br />
Bewährte Selbsthilfemaßnahmen beim Umgang mit Kommunikationsstörungen<br />
und Konflikten stellen kollegiale Beratung<br />
und offenes Mite<strong>in</strong>ander dar:<br />
➔ offene Gespräche zwischen den Betroffenen (nicht über sie)<br />
bei Unstimmigkeiten, Streit oder e<strong>in</strong>em Konflikt, evtl. im Beise<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>es neutralen Dritten;<br />
➔ E<strong>in</strong>haltung des »offiziellen Beschwerdeweges« für Schüler<br />
und Eltern (Fachlehrer, Klassenlehrer, Verb<strong>in</strong>dungslehrer, Schulleitung)<br />
<strong>in</strong>nerhalb der Schule;<br />
➔ Unterrichtshospitationen mit e<strong>in</strong>em Beobachtungsschwerpunkt,<br />
z. B. Gesprächsverhalten des Lehrers unter Zuhilfenahme<br />
e<strong>in</strong>es Beobachtungsbogens (vgl. Konstanzer Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmodell);<br />
➔ E<strong>in</strong>richten e<strong>in</strong>er Intervisionsgruppe, um durch problem- und<br />
ergebnisorientierte Kommunikation mit Kollegen zur Optimierung<br />
der täglichen Arbeitsaufgaben zu gelangen.<br />
Systematische Entwicklung von Kommunikationsstrukturen<br />
Ziel ist es, bereits bestehende<br />
schulische E<strong>in</strong>richtungen und<br />
neu gegründete Initiativen <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em ganzheitlichen Kommunikationskonzeptzusammenwirken<br />
zu lassen. Schüler, Eltern,<br />
Elternbeirat, Schulleitung und<br />
Lehrer können gleichermaßen<br />
Adressaten des Projekts wie<br />
Beteiligte se<strong>in</strong>. Sie f<strong>in</strong>den durch<br />
Tra<strong>in</strong>er, Konfliktmanager und<br />
externe Berater Unterstützung.<br />
Durch Orientierungshilfen,<br />
Konfliktprävention, thematische<br />
Projekttage und kommunikationsfördernde<br />
Maßnahmen<br />
kann sich allmählich e<strong>in</strong>e<br />
spezifische Kommunikationskultur<br />
und Identität <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er<br />
Schule entwickeln.<br />
Bereiche möglicher Aktivitäten<br />
➔ Lehrersem<strong>in</strong>ar – Konfliktgespräche:<br />
Gleichermaßen für<br />
Studienreferendare, für Berufsanfänger<br />
oder erfahrene Kollegen<br />
geeignet – das Durchexerzieren<br />
von Konfliktsituationen<br />
im Gespräch mit Unterstützung<br />
e<strong>in</strong>es Experten, z. B. im Rollenspiel<br />
mit Nachbesprechung.<br />
➔ Elternsem<strong>in</strong>ar – Offene<br />
Gespräche: Den Eltern der E<strong>in</strong>gangsklassen<br />
wird e<strong>in</strong> thematischer<br />
Info- bzw. Gesprächs-<br />
Gesprächstechniken und Verständnis lassen sich gezielt <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en<br />
Lehrerteams, Steuergruppen, Arbeitskreisen oder ganzen<br />
Kollegien sowohl auf freiwilliger als auch verpflichtender Basis<br />
schulen. Das geschieht entweder <strong>in</strong>tern bei Pädagogischen Tagen,<br />
Klausurtagungen mit Fachleuten aus dem Schulwesen, der<br />
Wirtschaft oder Hochschule (Schulpsychologen, Tra<strong>in</strong>ern oder<br />
Moderatoren usw.) oder extern <strong>in</strong> E<strong>in</strong>richtungen der Lehrerfortbildung,<br />
Bildungsakademien, Volkshochschulen etc.<br />
Die Weiterentwicklung der Gesprächs- und Streitkultur an<br />
Schulen kann durch moderierte Konferenzen, Arbeitskreissitzungen<br />
und Teambesprechungen gefördert werden. Nicht nur<br />
abend angeboten, an dem <strong>in</strong><br />
Theorie und Praxis unter Anleitung<br />
e<strong>in</strong>es Fachmannes (evtl.<br />
aus der Elternschaft) Gesprächsführung,<br />
offene Gespräche oder<br />
auch Konfliktgespräche<br />
erprobt werden.<br />
➔ Schülersem<strong>in</strong>ar – Mediation:<br />
Schüler aller Altersstufen<br />
erhalten die Gelegenheit, e<strong>in</strong><br />
»Konfliktmanagement-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g«<br />
zu absolvieren, um so ihre soziale<br />
Kompetenz zu stärken<br />
und untere<strong>in</strong>ander Konflikte<br />
auf verträgliche Art auszutragen.<br />
51<br />
Selbsthilfemaßnahmen<br />
Streitkultur
Störung als Chance<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks<br />
Gesprächskultur <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
das E<strong>in</strong>gehen auf andere und das Geltenlassen der Me<strong>in</strong>ung der<br />
Kollegen werden hier geübt, sondern auch das ziel- und ergebnisorientierte<br />
Kooperieren.<br />
Wenn e<strong>in</strong>e Schule sich auf den Weg macht, bleiben Konflikte<br />
nicht aus. Jede Störung birgt aber auch Chancen, eröffnet neue<br />
Perspektiven und <strong>in</strong>itiiert womöglich Kurskorrekturen. E<strong>in</strong>e<br />
Schule, die ihre Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> klarer Zielorientierung<br />
zu eigenverantwortlichen Menschen und mündigen<br />
Bürgern erziehen will, muss als Lebens-, Lern- und Begegnungsraum<br />
wertschätzende Kommunikation und kollegiale Konfliktlösung<br />
vorleben. Wenn Lehrer nicht zusammenarbeiten,<br />
können sie es von den Schülern nicht verlangen. Wenn Theorie<br />
und Praxis aber e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit bilden, wenn das Verhalten von<br />
Lehrer<strong>in</strong> und Lehrer den vermittelten Lern<strong>in</strong>halten entspricht,<br />
dann ist die beste Voraussetzung für überzeugendes Unterrichten<br />
und Erziehen gegeben.<br />
Besemer, Ch.: Mediation - Vermittlung <strong>in</strong> Konflikten. Darmstadt 1994<br />
Burow, O.-A./Neumann-Schönwetter, M. (Hrsg.):<br />
Zukunftswerkstatt <strong>in</strong> Schule und Unterricht. Hamburg 1997<br />
Glasl, F.: Konfliktmanagement. Handbuch für Führungskräfte und Berater. Bern 1994<br />
Hendriksen, J.: Intervision - Kollegiale Beratung <strong>in</strong> Sozialer Arbeit und Schule.<br />
We<strong>in</strong>heim und Basel 2000<br />
Höher, P./Höher, F.: Konfliktmanagement – Konflikte kompetent erkennen und lösen.<br />
Freiburg 2000<br />
Miller, R. (Hrsg.): Schule gestalten. We<strong>in</strong>heim u. Basel 1996<br />
Pädagogik 10/1997: Konflikte <strong>in</strong> der Schule<br />
www.klg.mus<strong>in</strong>.de/ (Klenze-Gymnasium München: Zukunftswerkstatt)<br />
www.ullste<strong>in</strong>-realschule-fuerth.de (Leopold-Ullste<strong>in</strong>-Realschule: Leitbild)<br />
www.schulen.regensburg.de/rsaj/ (Realschule am Judenste<strong>in</strong>)<br />
52<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Zusammenarbeit mit Eltern<br />
3.6 Zusammenarbeit<br />
zwischen<br />
Eltern und Schule<br />
3.6.1 Gegenwärtige Bed<strong>in</strong>gungen<br />
der Zusammenarbeit<br />
Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus ist e<strong>in</strong>e<br />
entscheidende Bed<strong>in</strong>gung für die Schulqualität. Insofern ist<br />
es nur konsequent, wenn <strong>in</strong>nere <strong>Schulentwicklung</strong> dieses<br />
Mite<strong>in</strong>ander stark betont. Handlungsbedarf resultiert aus mehreren<br />
Entwicklungen:<br />
➔ Das Nebene<strong>in</strong>ander unterschiedlicher Lebensstile sowie die<br />
veränderten Familienstrukturen wirken sich direkt auf die<br />
Schule aus. E<strong>in</strong>e Neubestimmung des Zusammenspiels zwischen<br />
Eltern und Schule im Bereich Erziehung ist notwendig.<br />
➔ Die Balance zwischen »Wissensvermittlung« und »Erziehung«<br />
als den Aufgaben der Schule wird neu bestimmt, mit<br />
e<strong>in</strong>er stärkeren Akzentuierung des Erzieherischen. Dies be<strong>in</strong>haltet<br />
zum Teil e<strong>in</strong>e Neuorientierung der Lehrerrolle.<br />
➔ Schulleitung und Lehrkräfte sehen sich häufig sehr unterschiedlichen<br />
Erwartungen der Eltern gegenüber. Gleichzeitig<br />
wird die Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrags an<br />
den Schulen, gerade auch durch e<strong>in</strong>zelne Lehrer, von e<strong>in</strong>em<br />
Teil der Eltern sehr <strong>in</strong>tensiv beobachtet, analysiert und bewertet.<br />
Für pädagogisches und unterrichtliches Wirken werden<br />
Erklärungen erbeten, zum Teil wird Mitsprache e<strong>in</strong>gefordert.<br />
53
Geme<strong>in</strong>sames<br />
Anliegen<br />
Zusammenarbeit mit Eltern <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Schule muss sich heute also auch <strong>in</strong> neuer Weise rechtfertigen.<br />
Diese Entwicklung darf sie aber nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e Verteidigungsposition<br />
br<strong>in</strong>gen, im Gegenteil: Sie sollte offensiv als Chance<br />
begriffen werden, möglichst alle Eltern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Mitverantwortung<br />
für ihre K<strong>in</strong>der und für die Schule als Ganzes e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />
E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule<br />
führt zur Klärung der Rollen und Aufgaben sowie zu e<strong>in</strong>em besseren<br />
gegenseitigen Verständnis. Diese Kooperation zu entwickeln<br />
braucht e<strong>in</strong>en langen Atem und <strong>in</strong>tensives Bemühen auf beiden<br />
Seiten. Aber beide s<strong>in</strong>d am Gel<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>teressiert, da sie e<strong>in</strong><br />
geme<strong>in</strong>sames Anliegen e<strong>in</strong>t: K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen die bestmögliche<br />
Förderung und Bildung zu ermöglichen und sie so zu<br />
qualifizieren, dass sie für ihr zukünftiges Leben gut gerüstet s<strong>in</strong>d.<br />
3.6.2 Bereiche der Zusammenarbeit<br />
Die Bereiche der Zusammenarbeit leiten sich z. B. aus folgenden<br />
Fragestellungen ab:<br />
➔ Welche Wertvorstellungen vertreten und setzen wir um im<br />
schulischen Alltag und außerhalb der Schule? Gibt es <strong>in</strong> den<br />
Bereichen »Wertvorstellungen« und »Erziehung« e<strong>in</strong>en<br />
Konsens von Kollegium, Schulleitung, Eltern und Schülern?<br />
➔ Welche Aktivitäten haben sich im schulischen Alltag bewährt<br />
(z. B. die Mitgestaltung von schulischen Festen oder Exkursionen)<br />
und welche neuen Wege sollen beschritten werden (z. B.<br />
die Teilnahme von Eltern an Unterrichtsstunden zum Kennenlernen<br />
neuer Methoden, etwa am Tag der offenen Tür)?<br />
➔ Wäre e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Projektgestaltung denkbar? Die breite<br />
Palette von Möglichkeiten reicht von Projekten zur Pausen-,<br />
Exkursions- und Schulhausgestaltung über Sonderaktionen<br />
(z. B. autofreier Schultag an beruflichen Schulen) bis h<strong>in</strong> zur<br />
geme<strong>in</strong>samen Schuljahresplanung, etwa im H<strong>in</strong>blick auf<br />
außerunterrichtliche Aktivitäten wie Projekttage, Schüleraustausch<br />
usw.<br />
➔ Inwieweit besteht Bereitschaft für (f<strong>in</strong>anzielle) Unterstützung<br />
<strong>in</strong> Form von Zuwendungen für Preise, von sachbezogenen<br />
Spenden, <strong>in</strong>dividuellem Sponsor<strong>in</strong>g, aber auch im H<strong>in</strong>blick auf<br />
e<strong>in</strong>e Öffnung gegenüber Firmen, z. B. bei der E<strong>in</strong>führung von<br />
modernem Schulmanagement?<br />
➔ Welche Möglichkeiten bestehen, die berufliche und gesellschaftliche<br />
Kompetenz der Eltern e<strong>in</strong>zubeziehen, z. B. im Fachund<br />
Wahlunterricht, bei Veranstaltungen zur beruflichen<br />
Orientierung und bei der Kooperation zwischen Schule und<br />
Wirtschaftsunternehmen?<br />
54<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Zusammenarbeit mit Eltern<br />
3.6.3 Bauste<strong>in</strong>e der Elternarbeit<br />
Der Kommunikation <strong>in</strong> vorurteilsfreier Atmosphäre ohne<br />
Misstrauen und Ängste kommt große Bedeutung zu. »Vertrauensbildende<br />
Maßnahmen« können durch folgende Bauste<strong>in</strong>e<br />
der Elternarbeit gefördert werden:<br />
➔ Moderierte Elternabende, die möglichst mit Beteiligung der<br />
Schüler stattf<strong>in</strong>den und die Eltern <strong>in</strong> den Verlauf <strong>in</strong>tensiv e<strong>in</strong>b<strong>in</strong>den.<br />
Beispiel: E<strong>in</strong> moderierter Klassenelternabend der 8. Jahrgangsstufe,<br />
vorbereitet von e<strong>in</strong>er Schülergruppe. Am Flipchart hängt<br />
die Tagesordnung, durch das Programm führt die Klassensprecher<strong>in</strong>.<br />
An den Gruppentischen werden <strong>in</strong> aus Lehrer(n), Eltern<br />
und Schüler(n) bestehenden Gruppen die vere<strong>in</strong>barten Themen<br />
diskutiert, etwa: Wie können gute Schüler ihren schwächeren<br />
Mitschülern helfen? Welche Möglichkeiten gibt es, dass sich<br />
Eltern und Schüler über den Unterricht h<strong>in</strong>aus engagieren?<br />
Eltern präsentieren die Ergebnisse der Tischgruppen. Zum<br />
Abschluss werden die Maßnahmen zusammengestellt, die man<br />
geme<strong>in</strong>sam anpacken möchte (z. B. Hausaufgabendienst bei<br />
Erkrankungen bzw. begründeter Abwesenheit von Schülern).<br />
➔ Geme<strong>in</strong>same Pädagogische Abende für Lehrer und Eltern:<br />
Bewährt haben sich z. B. Gespräche mit Experten zu e<strong>in</strong>em<br />
bestimmten Thema, etwa »Veränderung der Eltern- und Lehrerrolle<br />
<strong>in</strong> der Pubertät der Schüler«.<br />
➔ Pädagogische Workshops für Eltern, die e<strong>in</strong>e aktive Beteiligung<br />
ermöglichen (z. B. Durchführung e<strong>in</strong>er Lernspirale zum Thema:<br />
»Wie bereitet e<strong>in</strong> Schüler e<strong>in</strong>e Klassenarbeit richtig vor?«).<br />
Dabei erleben Eltern Unterricht hautnah, <strong>in</strong>dem sie mit denselben<br />
Methoden arbeiten wie ihre K<strong>in</strong>der.<br />
➔ Geme<strong>in</strong>same Fortbildung von Lehrern und Eltern, beispielsweise<br />
zum Thema »Kommunikation und Konfliktlösung«;<br />
e<strong>in</strong> Bauste<strong>in</strong> könnten Techniken der Gesprächsführung <strong>in</strong> der<br />
Elternsprechstunde se<strong>in</strong>.<br />
➔ EPA-Elterntra<strong>in</strong><strong>in</strong>g (European Parents Association), <strong>in</strong> dem<br />
Eltern <strong>in</strong> Moderationsmethoden geschult werden, um geme<strong>in</strong>sam<br />
Problemlösungen zu f<strong>in</strong>den.<br />
3.6.4 Der strukturelle Rahmen<br />
der Zusammenarbeit<br />
Innerhalb des Schulbetriebs ist es s<strong>in</strong>nvoll, e<strong>in</strong>e offene Gesprächskultur<br />
zu pflegen und diese durch e<strong>in</strong>en strukturellen<br />
Rahmen zu verankern. Die genannten »Bauste<strong>in</strong>e« der Elternarbeit<br />
benötigen e<strong>in</strong> tragendes Fundament und müssen durch<br />
55<br />
»Vertrauensbildende<br />
Maßnahmen«<br />
Offene<br />
Gesprächskultur
Mitwirkung <strong>in</strong><br />
Gremien<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks<br />
Zusammenarbeit mit Eltern <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
organisatorische Klammern zusammengehalten werden, damit<br />
sich nachhaltige Zusammenarbeit verwirklichen lässt. Im Schulalltag<br />
kann diese zum Beispiel durch folgende Maßnahmen Gestalt<br />
annehmen:<br />
➔ Jour fixe des Elternbeirats mit der Schulleitung,<br />
➔ pädagogische Konferenz mit Beteiligung des Elternbeirats,<br />
➔ geme<strong>in</strong>sam von Schule und Eltern gestalteter, vom Schulleiter<br />
verantworteter regelmäßiger »Schulbrief« als Mitteilungsorgan<br />
aller Beteiligten,<br />
➔ regionale Vernetzung mit anderen Schulen und Institutionen,<br />
z. B. als »Forum Eltern-Lehrer-Schüler« (FELS).<br />
Für die Tragfähigkeit des <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses kommt<br />
aber auch der Gremienarbeit große Bedeutung zu. Hier gilt<br />
es u. a., die Funktion des Schulforums zu stärken. Überlegungen,<br />
diesem Gremium mehr Entscheidungskompetenz zu überantworten,<br />
zielen dabei ebenso <strong>in</strong> diese Richtung wie Vorschläge,<br />
die Mitwirkungsmöglichkeiten für die Eltern auszubauen (Mitarbeit<br />
der Eltern am Leitbild der Schule usw.).<br />
Unterstützung erhält diese Arbeit durch die Elternverbände oder<br />
die Fortbildungse<strong>in</strong>richtungen. Damit die Schulen – auch im<br />
H<strong>in</strong>blick auf e<strong>in</strong>e verstärkte Elternmitwirkung – vone<strong>in</strong>ander<br />
lernen und ihre Erfahrungen austauschen können, wäre die<br />
Nutzung des Internet hilfreich. E<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>stieg bietet das <strong>Schulentwicklung</strong>sportal<br />
(vgl. unten).<br />
Brandau, J.: Mite<strong>in</strong>ander geht’s besser. Wien 1984<br />
Hepp, G. (Hrsg.): Eltern als Partner und Miterzieher <strong>in</strong> der Schule.<br />
Wege und Möglichkeiten zu e<strong>in</strong>er pädagogischen Kooperation. Stuttgart 1990<br />
Kowalczyk, W./Ottich, K.: Erfolgreich starten: Elternabende mit Pfiff.<br />
In: Pädagogische Welt 47 (1993), S. 398-405<br />
Miller, R.: »Mit Lehrern kann man ja doch nicht reden!«<br />
»Eltern wissen immer alles besser!« Über den geduldigen Aufbau der<br />
Kommunikation. In: Pädagogik 44 (1992), S. 26-30<br />
www.km.bayern.de/eltern/<strong>in</strong>dex.html (Eltern-Seite des Staatsm<strong>in</strong>isteriums)<br />
www.km.bayern.de/schulentwicklung (<strong>Schulentwicklung</strong>sportal des<br />
Staatsm<strong>in</strong>isteriums)<br />
www.bildungsserver.de/ (unter »Eltern« L<strong>in</strong>ks zu Elternvere<strong>in</strong>igungen)<br />
www.epa-parents.org (European Parents’ Association)<br />
www.ph-heidelberg.de/org/ifw/lili/elternarbeit.htm (Literaturliste)<br />
56<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Mitwirkung<br />
3.7 Mitwirkung<br />
und Mitgestaltung<br />
In den letzten Jahrzehnten haben sich viele Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
mit großer Dynamik verändert und damit auch e<strong>in</strong>e andere<br />
Ausgangslage für Handeln im (staatlichen) Bildungssystem geschaffen.<br />
Insbesondere hat es sich herausgestellt, dass zahlreiche<br />
Aufgaben der Schule nicht mehr e<strong>in</strong>heitlich zentral geregelt<br />
werden müssen, sondern dass es günstiger ist, sie <strong>in</strong> die Verantwortung<br />
der E<strong>in</strong>richtung vor Ort zu legen. Die gleiche Entwicklung<br />
ist <strong>in</strong>nerhalb der E<strong>in</strong>zelschule notwendig: Aufgaben und<br />
Verantwortung werden von der Schulleitung an Teams oder<br />
E<strong>in</strong>zelne delegiert, die Lehrkräfte und – je nach Gegebenheit –<br />
auch die Eltern und Schüler werden <strong>in</strong> Entscheidungsprozesse<br />
e<strong>in</strong>bezogen. Folglich müssen die Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e<br />
solche Mitwirkung und Mitgestaltung, für »Demokratie <strong>in</strong> der<br />
57<br />
Demokratie <strong>in</strong> der Schule
Regelung im Konsens<br />
Übernahme von<br />
Verantwortung<br />
Mitwirkung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Schule«, ausgebaut werden. Zwei Felder, die <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander greifen<br />
und sich gegenseitig bed<strong>in</strong>gen, verdienen dabei besondere<br />
Aufmerksamkeit:<br />
➔ Pr<strong>in</strong>zipien der Gestaltung und der Verwaltung der Schule;<br />
➔ demokratische Pr<strong>in</strong>zipien als Leitgedanken <strong>in</strong> Unterricht<br />
und Erziehung.<br />
Demokratie <strong>in</strong> der Schule me<strong>in</strong>t etwas anderes als die spiegelbildliche<br />
Übertragung e<strong>in</strong>es parlamentarischen Systems bzw. der<br />
entsprechenden Verfahrensweisen auf den schulischen Bereich.<br />
In der modernen Schule müssen sich Prozesse und Gegebenheiten<br />
entwickeln, die über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum für alle<br />
Beteiligten gültige Arbeitsgrundlage s<strong>in</strong>d. Dies gel<strong>in</strong>gt nicht alle<strong>in</strong><br />
mit Mehrheitsentscheidungen. Möglichst alle – Lehrer, Schüler,<br />
Eltern – müssen e<strong>in</strong>bezogen und auf Dauer motiviert werden.<br />
Dazu bedarf es der Regelung im Konsens. Zu begründen ist dieser<br />
Anspruch zudem damit, dass die meisten Prozesse <strong>in</strong> der Schule<br />
kommunikative Beziehungen zwischen Menschen betreffen.<br />
Gerade deshalb bedarf es sensibler Vorgehensweisen, die auf<br />
Konsens und geme<strong>in</strong>same Vere<strong>in</strong>barung h<strong>in</strong> angelegt s<strong>in</strong>d.<br />
Demokratie <strong>in</strong> der Schule heißt also Entwicklung e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>barungskultur<br />
zwischen allen Beteiligten und zwischen allen<br />
Ebenen.<br />
Demokratisierungsprozesse im Bereich der Gestaltung und Verwaltung<br />
der e<strong>in</strong>zelnen Schule s<strong>in</strong>d durchaus möglich. E<strong>in</strong>e<br />
zentrale Rolle spielen dabei – wiederum auf allen Ebenen – die<br />
Übernahme (und damit verbunden auch die Übergabe) von<br />
Verantwortung sowie die Eigenständigkeit und Selbstbestimmtheit<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es bildungspolitisch und juristisch vorgegebenen<br />
Rahmens als Voraussetzung für die Selbstorganisation der<br />
Schule. In Verb<strong>in</strong>dung mit kont<strong>in</strong>uierlicher Evaluation kann<br />
dann die Schule ihre Arbeit entsprechend ausgestalten. In der<br />
Diskussion s<strong>in</strong>d u. a. folgende Ansätze:<br />
➔ Die Schule entscheidet – im vorgegebenen Rahmen – eigenständig<br />
über F<strong>in</strong>anz- und Zeitbudgets, z. B. über die Verteilung<br />
von Lehrerstunden; auch bei der E<strong>in</strong>stellung von Lehrkräften<br />
ist die Mitentscheidung der Schule gefragt.<br />
➔ Bestimmte pädagogische Belange der Schule werden <strong>in</strong> Teams<br />
bearbeitet. Die so vorbereiteten Entscheidungen werden geme<strong>in</strong>schaftlich<br />
getroffen und von Lehrern, Schülern und Eltern<br />
mitgetragen und mitverantwortet. Dazu werden geeignete<br />
Strukturen für die Zusammenarbeit geschaffen bzw. bestehende,<br />
gesetzlich vorgesehene Gremien der Lehrer, Schüler und<br />
Eltern stärker mite<strong>in</strong>ander vernetzt.<br />
58<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Mitwirkung<br />
➔ Die Schulleitung ist stärker auf kollegiale Zusammenarbeit<br />
und Unterstützung von <strong>in</strong>nen (»kollegiale Schulleitung« im<br />
Team) angelegt. Gleichermaßen gew<strong>in</strong>nt die Zusammenarbeit<br />
mit dem Sachaufwandsträger, mit der Schulaufsicht und den<br />
Partnern <strong>in</strong> der Region an Bedeutung.<br />
➔ Die lokale Kooperation mit den Kirchen, mit Wirtschaftsbetrieben,<br />
Vere<strong>in</strong>en, Behörden etc. öffnet die Schule und ermöglicht<br />
e<strong>in</strong>e Orientierung von Bildung und Erziehung am<br />
»Ernstfall Leben« (vgl. Kapitel 3.8).<br />
➔ Möglichst alle Beteiligten, vor allem auch die K<strong>in</strong>der und<br />
Jugendlichen, sollten <strong>in</strong> die Entscheidungsprozesse nach ihren<br />
jeweiligen Möglichkeiten e<strong>in</strong>bezogen werden, etwa im Rahmen<br />
von Schulparlamenten.<br />
Demokratische Schulkultur verlangt e<strong>in</strong> entsprechendes Rollenverständnis<br />
bei allen an Schule Beteiligten. Kommunikation<br />
und Kooperation s<strong>in</strong>d besonders wichtig, Abschottung und<br />
E<strong>in</strong>zelkämpfertum müssen überwunden werden. Folgende Beispiele<br />
sollen schlaglichtartig aufzeigen, was <strong>in</strong> der Praxis vor<br />
diesem H<strong>in</strong>tergrund möglich ist und z. T. auch bereits an e<strong>in</strong>zelnen<br />
Schulen vollzogen wird, wie man beim Bildungskongress<br />
<strong>in</strong> Augsburg im April 2000 sehen konnte. Es genügt nicht, über<br />
Demokratie zu reden, man muss sie leben. Dazu gibt es im<br />
schulischen Kontext e<strong>in</strong>e ganze Reihe von konkreten Handlungsbereichen.<br />
Handlungsbereiche<br />
➔ Aufbau e<strong>in</strong>es Vertrauensverhältnisses<br />
zwischen<br />
Elternhaus und Schule<br />
➔ Übernahme von<br />
Verantwortung für das<br />
gesamte Schulleben<br />
➔ Partnerschaftlicher Umgang<br />
mit Konflikten<br />
➔ Selbstbestimmtheit <strong>in</strong><br />
Lernprozessen<br />
Durch verstärkte Kommunikation zwischen Eltern, Lehrern<br />
und Schülern können mehr Transparenz, höheres Problembewusstse<strong>in</strong><br />
und konsequentes Handeln im alltäglichen Mite<strong>in</strong>ander<br />
erreicht werden. Unterstützt werden solche Prozesse u. a.<br />
durch das Angebot von Begegnungsmöglichkeiten bei Klassenfeiern,<br />
Elterncafés, Ausflügen und bei geme<strong>in</strong>samen Arbeiten<br />
für die Schule (Pausenhof, Schulhausgestaltung etc.).<br />
59<br />
Demokratische<br />
Schulkultur<br />
Aufbau e<strong>in</strong>es Vertrauensverhältnisses<br />
zwischen<br />
Elternhaus und Schule
Partnerschaftlicher<br />
Umgang mit Konflikten<br />
Obwohl wir <strong>in</strong> der Regel liebe, brave und ordentliche<br />
Schüler s<strong>in</strong>d, hielten es unsere Lehrer für s<strong>in</strong>nvoll, für den<br />
Fall der Fälle vorzusorgen. Deshalb überlegten wir <strong>in</strong> den<br />
Klassen geme<strong>in</strong>sam, welche »Maßnahme« im Bedarfsfall<br />
gerecht sei. In der Klassensprecherversammlung wurden<br />
Ordnungswidriges<br />
Verhalten<br />
1. Abfall liegen lassen<br />
2. Spucken im Hof, <strong>in</strong> den Toiletten,<br />
im Klassenzimmer<br />
4. Beschädigung fremder Sachen<br />
(Bei Beschädigung von Fahrrädern<br />
tritt wegen aktueller Anlässe sofort<br />
Maßnahme 1 <strong>in</strong> Kraft.)<br />
6. Aufsichtspersonen ärgern (Hausmeister,<br />
Mittagsaufsicht, Busbegleiter)<br />
Mitwirkung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Bekannte Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d das »Mamm<strong>in</strong>ger Schulrecht«<br />
(HS Mamm<strong>in</strong>g) sowie das Konfliktlotsen-Modell (z. B. VS Petersaurach,<br />
vgl. unten). Durch geme<strong>in</strong>same Beratung über die<br />
Regeln des Zusammenlebens an der Schule wächst die E<strong>in</strong>sicht<br />
<strong>in</strong> deren Notwendigkeit. Der persönliche E<strong>in</strong>satz für die Aufrechterhaltung<br />
und Weiterentwicklung der Regeln ermöglicht<br />
das E<strong>in</strong>üben demokratischer Verhaltensweisen <strong>in</strong> der täglichen<br />
Praxis. Entscheidend ist die geme<strong>in</strong>same, selbstbestimmte Arbeit<br />
an Verträgen, Problemlösungen und Sanktionen.<br />
Das Mamm<strong>in</strong>ger Schulrecht (Auszug)<br />
Was passiert, wenn wer was anstellt?<br />
60<br />
Folgen für dieses Verhalten im<br />
Wiederholungsfall mit verschärften<br />
Maßnahmen<br />
Während der Mittagspause Hofdienst<br />
bzw. Zimmerdienst<br />
1. Re<strong>in</strong>igen der betroffenen Sachen<br />
(Spiegel, Jacken) und Entschuldigung<br />
beim Mitschüler<br />
2. wie 1. und Mitteilung an die Eltern<br />
1. Schaden gutmachen durch Eigenleistung<br />
wo möglich, z. B. Wände<br />
streichen oder durch Bezahlen des<br />
Schadens<br />
2. wie 1.+ Mitteilung<br />
1. e<strong>in</strong>e Woche besonders höflich und<br />
nett se<strong>in</strong> (entfällt bei Beleidigung,<br />
dann sofort 2.) , Aufsatz über »Mamm<strong>in</strong>ger<br />
Schulrecht«<br />
2. Mitteilung an Eltern<br />
3. Schriftlicher Verweis<br />
(immer entschuldigen!)<br />
die Vorschläge gesammelt und im Schulforum besprochen<br />
und beschlossen. Zu Beg<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>es jeden Schuljahres<br />
wird unser Schulrecht <strong>in</strong> der Klassensprecherversammlung<br />
neu diskutiert und überarbeitet. Durch unsere Unterschrift<br />
können wir uns damit e<strong>in</strong>verstanden erklären.<br />
Kontrolle<br />
Schüler meldet sich beim Re<strong>in</strong>igungspersonal<br />
Lehrer verständigt Re<strong>in</strong>igungspersonal<br />
bzw. Hausmeister<br />
Lehrer verständigt Re<strong>in</strong>igungspersonal<br />
bzw. Hausmeister<br />
Klassleiter<br />
Klassleiter nach Rücksprache bei der<br />
Aufsichtsperson<br />
Diese Vorschläge wurden von der Klassensprecherversammlung erarbeitet und im Schulforum beschlossen.<br />
Name: _______________________________ Vorname: ____________________________ Klasse: _____________________________<br />
Ich b<strong>in</strong> mit den oben dargestellten Vorschlägen zur E<strong>in</strong>haltung unserer schulischen Ordnung e<strong>in</strong>verstanden<br />
und werde mich daran halten.<br />
Mamm<strong>in</strong>g, ____________________________________________________________________________________________________________<br />
Datum, Unterschrift des Schülers/der Schüler<strong>in</strong><br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Mitwirkung<br />
Durch (zunächst versuchsweise) E<strong>in</strong>führung von »Klassenräten«,<br />
»Schülerrat«, »Schulvollversammlung« und »Arbeitsausschüssen«<br />
erleben die Schüler zum e<strong>in</strong>en die Schwierigkeit<br />
und die Notwendigkeit, unterschiedliche Auffassungen zu diskutieren,<br />
Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten auszutragen und geme<strong>in</strong>sam<br />
Entscheidungen zu treffen, andererseits aber auch den<br />
Erfolg dieser oft sehr mühsamen Prozesse. Die Rücksichtnahme<br />
aufe<strong>in</strong>ander und das persönliche Zurückstecken werden dabei<br />
zu e<strong>in</strong>er Pflicht. Die Struktur der Gremien sollte Kont<strong>in</strong>uität <strong>in</strong><br />
der Arbeit ermöglichen. In höheren Jahrgangsstufen (z. B. im<br />
Gymnasium) s<strong>in</strong>d weiter differenzierte Formen der Mitwirkung<br />
und Mitverantwortung möglich.<br />
Die tagtägliche Lernarbeit leistet ebenfalls e<strong>in</strong>en Beitrag bei der<br />
Erziehung zur Demokratie. Schüler müssen heute vorrangig<br />
lernen, ihre Lernarbeit selbstständig und eigenverantwortlich<br />
durchzuführen. Dies muss aber auch bei der Gestaltung des<br />
Unterrichts durch den Lehrer zur selbstverständlichen Praxis<br />
werden. In diesem Bereich vollziehen sich gegenwärtig bedeutsame<br />
Umbrüche, <strong>in</strong>dem der Lehrer se<strong>in</strong>e Rolle erweitert und<br />
stärker als Lernberater gestaltet. Die Respektierung der Eigenverantwortlichkeit<br />
für den <strong>in</strong>dividuellen Lernprozess ist pr<strong>in</strong>zipiell<br />
<strong>in</strong> allen Jahrgangsstufen möglich (vgl. Kapitel 3.2).<br />
Demokratie muss Leitbild und Pr<strong>in</strong>zip der pädagogischen<br />
Arbeit se<strong>in</strong>. Zur Erfüllung dieses Anspruchs kann <strong>Schulentwicklung</strong><br />
e<strong>in</strong>en unverzichtbaren Beitrag leisten.<br />
61<br />
Übernahme von<br />
Verantwortung für das<br />
gesamte Schulleben<br />
Selbstbestimmtheit<br />
<strong>in</strong> Lernprozessen
Die Volksschule Petersaurach<br />
(Grund- und Hauptschule mit ca.<br />
400 Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern)<br />
begann 1998 im Rahmen ihres<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>sprogramms<br />
das Projekt »Gewaltfreie<br />
Schule«. Ziel war es, die Interaktion<br />
und Kommunikation<br />
zwischen Schülern, Lehrern und<br />
Eltern zu optimieren. Dazu sollte<br />
e<strong>in</strong> Höchstmaß an Transparenz,<br />
Mitbestimmung und Kooperation,<br />
aber auch Verantwortung<br />
und Selbsttätigkeit bei allen<br />
Beteiligten entwickelt werden.<br />
➔ Nach e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen<br />
Ideensammlung und -prüfung<br />
im Kollegium wurden sechs verschiedene<br />
Arbeitsgruppen e<strong>in</strong>gerichtet:<br />
1. Lehrervorstellung: Alle <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Klasse unterrichtenden Lehrkräfte<br />
trafen sich am Schuljahresanfang<br />
mit den Schülern, um<br />
über die Erwartungen und Ziele<br />
zu sprechen und so e<strong>in</strong>e grundlegende<br />
Transparenz zu schaffen.<br />
2. Schulrecht: In dieser Arbeitsgruppe<br />
wurde über e<strong>in</strong>e Schul-<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks<br />
Mitwirkung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Die gewaltfreie Schule – E<strong>in</strong> Projekt an der VS Petersaurach<br />
Kontakt über: www.petersaurach.de/schule<br />
hausordnung im Konsens zwischen<br />
Eltern, Schülern und Lehrern<br />
verhandelt. In demokratischen<br />
Abklärungsverfahren (z. B.<br />
im Rahmen der Klassensprecherversammlung,<br />
des Kollegiums<br />
etc.) wurden sozial unverträgliche<br />
Verhaltensweisen benannt<br />
und mit Sanktionen belegt.<br />
3. Schlichtung: Schüler der Jahrgangsstufen<br />
8 und 9 wurden<br />
zu Streitschlichtern ausgebildet,<br />
die im Rahmen des Schulrechts<br />
bei Konflikten behilflich s<strong>in</strong>d.<br />
Dazu wurden 4 x 2 Schüler als<br />
Schlichterteams geschult. Weitere<br />
Schüler der Jahrgangsstufen<br />
4 und 9 dienen als Pausenordner.<br />
Die Helfer und Schlichter<br />
werden öffentlich vorgestellt.<br />
4. Benimmkurs: Prosoziale Verhaltensweisen<br />
(als Komplementierung<br />
des Schulrechts) wurden<br />
formuliert und <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Zusammenhängen auch tra<strong>in</strong>iert.<br />
Ältere Schüler übernehmen<br />
Patenschaften für jüngere.<br />
5. Zur Ruhe kommen: Es wurde<br />
e<strong>in</strong>e Meditationskiste herge-<br />
Founta<strong>in</strong>, S.: Wir haben Rechte ... und nehmen sie auch wahr. Mühlheim 1996<br />
Hövel, W.: Die Rechte der K<strong>in</strong>der – Fre<strong>in</strong>et-Pädagogik. Bremen o. J.<br />
Mücke – Unterrichtsreihe für die Grundschule: K<strong>in</strong>der mischen mit. Wiesbaden o. J.<br />
Voß, R. (Hrsg.): Die Schule neu erf<strong>in</strong>den. Systemisch-konstruktivistische<br />
Annäherungen an Schule und Pädagogik. Neuwied 1999<br />
www.demokratisch-handeln.de (Aktion »Demokratisch Handeln – E<strong>in</strong> Förderprogramm<br />
für Jugendliche«; Friedrich-Schiller-Universität Jena; mit weiterführenden<br />
L<strong>in</strong>ks)<br />
www.ahs.uni-osnabrueck.de (Aktion Humane Schule)<br />
www.fmi.uni-passau.de/schule/schulen/mamm<strong>in</strong>g/vsmhome.htm (HS Mamm<strong>in</strong>g)<br />
www.shuttle.de/m/g-h-r/ (HS am Gerhard-Hauptmann-R<strong>in</strong>g München)<br />
http://fre<strong>in</strong>et.paed.com/ (Fre<strong>in</strong>et-Kooperative e. V. - Bundesverband der<br />
Fre<strong>in</strong>et-Pädagogen)<br />
62<br />
stellt, die ausgeliehen werden<br />
kann und dazu dient, Übungen<br />
zum Aggressionsabbau <strong>in</strong> den<br />
Klassen und Gruppen durchzuführen.<br />
6. Pausengestaltung: Um die<br />
Aggressivität <strong>in</strong> der Pause zu<br />
m<strong>in</strong>dern, wurden Pausenkisten<br />
für s<strong>in</strong>nvolle Beschäftigungen<br />
gefüllt. Außerdem wurden im<br />
Sportunterricht alte Spiele<br />
vorgestellt und e<strong>in</strong>geübt. Die<br />
Klassenlehrkräfte propagierten<br />
diese Spiele auch <strong>in</strong> ihren<br />
Klassen.<br />
Das »Petersauracher Schulrecht«<br />
wurde im Mai 1999 im Schulforum<br />
verabschiedet und stieß<br />
bei den Eltern auf große Resonanz.<br />
Von se<strong>in</strong>em Wesen her ist<br />
es stets offen für Modifikationen;<br />
im März 2000 wurde es erstmals<br />
im Schulforum revidiert.<br />
Damit ist es zu e<strong>in</strong>em lebendigen<br />
Bestandteil demokratischen<br />
Lebens an der Schule geworden,<br />
der von allen Beteiligten akzeptiert<br />
wird und somit für allseitige<br />
»Rechtssicherheit« sorgt.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Öffnung der Schule<br />
3.8 Öffnung<br />
der Schule<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> und Öffnung von Schule bed<strong>in</strong>gen<br />
sich gegenseitig. <strong>Schulentwicklung</strong> hat lebensnahes, praktisches<br />
und nachhaltiges Lernen als Beitrag zur Qualitätssteigerung des<br />
Unterrichts zum Ziel. Lernen <strong>in</strong> der Praxis trägt Entscheiden<br />
des zur Persönlichkeitsbildung der jungen Menschen bei. E<strong>in</strong>e<br />
stärkere Profilbildung, die den Gegebenheiten des Umfelds entspricht,<br />
sowie e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensivere Kooperation mit Partnern vor<br />
Ort ist Anliegen vieler Schulen. Für diese Ziele müssen sich die<br />
Schulen ihrem Umfeld gegenüber mehr als bisher öffnen.<br />
3.8.1 Was me<strong>in</strong>t »Öffnung der Schule«?<br />
Der Begriff »Öffnung der Schule« ist vielfältig und facettenreich;<br />
mit ihm werden Konzepte e<strong>in</strong>er »Stadtteilschule«,<br />
»offenen Schule«, »Nachbarschaftsschule« bis h<strong>in</strong> zur »Projektschule«<br />
abgedeckt. So unterschiedlich die jeweilige Ausprägung<br />
auch se<strong>in</strong> mag, im Kern me<strong>in</strong>t Öffnung der Schule vielfältige<br />
und <strong>in</strong>tensive Verknüpfungen des Lebens <strong>in</strong> der Schule mit<br />
dem <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de.<br />
Die Diskussion um das Konzept tätigt Anleihen aus dem weiten<br />
Feld der »Community Education«, deren Grundidee es ist, die<br />
bisher <strong>in</strong> der Regel nebene<strong>in</strong>ander existierenden Bereiche<br />
Bildungse<strong>in</strong>richtungen und »reales Leben« im Stadtteil, <strong>in</strong> der<br />
Geme<strong>in</strong>de oder <strong>in</strong> der Region auf der anderen Seite zu vernetzen,<br />
damit sich der alte pädagogische Leitspruch »non<br />
scholae sed vitae discimus« bewahrheiten kann. Kooperation<br />
63
»Projekt JUNIOR«<br />
Seit dem Schuljahr 1997/98 nehmen<br />
bayerische Schulen am<br />
»Projekt JUNIOR« (Junge Unternehmer<br />
Initiieren, Organisieren,<br />
Realisieren) teil, das vom Institut<br />
der Deutschen Wirtschaft (Köln)<br />
<strong>in</strong>itiiert wurde. In <strong>Bayern</strong> ist<br />
der Kooperationspartner das<br />
Bildungswerk der Bayerischen<br />
Wirtschaft (bbw). Im genannten<br />
Projekt haben Schüler ab der<br />
9. Jahrgangsstufe die Möglichkeit,<br />
sich als Unternehmer zu<br />
versuchen.<br />
Befristet auf e<strong>in</strong> Schuljahr gründen<br />
8–10 Jugendliche e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>iunternehmen<br />
und agieren damit –<br />
Motivation<br />
und Authentizität<br />
»Blick über den Zaun«<br />
Öffnung der Schule <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
mit Partnern vor Ort ermöglicht es, e<strong>in</strong>erseits das Wissen und<br />
die Erfahrung außerschulischer Experten Gew<strong>in</strong>n br<strong>in</strong>gend zu<br />
nutzen, andererseits kann auch die Schule gezielt(er) auf das<br />
schulische Umfeld e<strong>in</strong>wirken. Aus der Fülle der Beispiele werden<br />
hier e<strong>in</strong>ige herausgegriffen: Betriebspraktika und »Schnupperlehren«<br />
(z. B. im Rahmen der Vorbereitung auf die Berufswahl),<br />
das Projekt »Junior – Schüler gründen ihr eigenes Unternehmen<br />
und vermarkten ihr Produkt«, das <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem<br />
Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) durchgeführt<br />
werden kann, und der Schulsozialdienst.<br />
anders als bei Planspielen – im<br />
tatsächlichen Wirtschaftsleben.<br />
Sie beschaffen Kapital, produzieren<br />
und verkaufen Sachgüter<br />
oder erbr<strong>in</strong>gen Dienstleistungen,<br />
beschäftigen Mitarbeiter und<br />
entlohnen sie, erstellen Bilanzen<br />
und Geschäftsberichte. Damit<br />
können sie im Unterricht erworbene<br />
Kenntnisse <strong>in</strong> der Praxis<br />
anwenden.<br />
Nach e<strong>in</strong>em Schuljahr wird der<br />
Betrieb aufgelöst und e<strong>in</strong> möglicher<br />
Gew<strong>in</strong>n an die Anteilseigner<br />
ausgeschüttet. Das Institut<br />
der Deutschen Wirtschaft unterstützt<br />
die Schüler bei der Be-<br />
Wenn Schüler mit ihrem Lernergebnis an die Öffentlichkeit<br />
treten, ist damit sicherlich zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e höhere Motivation<br />
verbunden, zum anderen ist Authentizität gegeben. Dem Nachhaltigkeitsanspruch<br />
an das Lernen wird auf diese Weise <strong>in</strong> besonderer<br />
Form nachgekommen. Präsentiert z. B. e<strong>in</strong>e Schultheatergruppe<br />
ihr erarbeitetes Theaterstück oder Musical im Stadttheater,<br />
so liegt für die Beteiligten – aber auch für die gesamte<br />
Schule – mit Sicherheit e<strong>in</strong> besonderer Reiz und Anspruch dar<strong>in</strong>.<br />
Ähnlich ist dies, wenn Schüler »Radio machen« und im Lokalsender<br />
auf Sendung gehen oder <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der<br />
Zeitungsredaktion (regelmäßig) e<strong>in</strong>e Seite der (Lokal-)Zeitung<br />
gestalten. Dieser höhere Anspruch wird auch spürbar, wenn<br />
z. B. e<strong>in</strong> Teil der im Kunstunterricht erstellten Arbeiten für »E<strong>in</strong>e<br />
Welt-Aktionen« zur Verfügung gestellt wird.<br />
3.8.2 Welche Ziele verfolgt die Öffnung von Schule?<br />
Schulen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e »sozialen Inseln«. Der »Blick über den<br />
Zaun«, etwa <strong>in</strong> Form der Zusammenarbeit mit E<strong>in</strong>richtungen der<br />
Jugendhilfe, Altenarbeit oder anderen Institutionen des sozialen<br />
64<br />
treuung der Unternehmen und<br />
übernimmt z. T. die Presse- und<br />
Öffentlichkeitsarbeit. Im Schuljahr<br />
2000/2001 nahmen ca. 38<br />
bayerische M<strong>in</strong>iunternehmen<br />
aus unterschiedlichen Regionen<br />
und Schularten an JUNIOR<br />
teil. Die erfolgreichsten Unternehmen<br />
können sich jeweils<br />
(noch e<strong>in</strong>mal) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Landes-,<br />
Bundes- und Europawettbewerb<br />
messen. Ihre Aufgabe ist es,<br />
ihre Geschäftsideen und -strategien<br />
der Öffentlichkeit und<br />
e<strong>in</strong>er Jury <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Messestandes<br />
und e<strong>in</strong>er Kurzpräsentation<br />
vorzustellen.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Öffnung der Schule<br />
Umfelds, mit Unternehmen, politischen Organisationen, Verbänden<br />
und Kulture<strong>in</strong>richtungen (wie Theater, Kle<strong>in</strong>kunstbühnen,<br />
Museen usw.) kann den Unterricht und die Erziehungsarbeit, die<br />
an der Schule geleistet werden – besonders auch im H<strong>in</strong>blick auf<br />
Persönlichkeitsbildung und Werteerziehung – sehr bereichern.<br />
Durch derartige Maßnahmen kann der Schüler besser als alle<strong>in</strong><br />
durch theoretische Beschäftigung dazu befähigt werden, als<br />
mündiger Staatsbürger soziale Verantwortung zu übernehmen.<br />
In allen Schularten wird e<strong>in</strong> solches »Lernen vor Ort« <strong>in</strong> Fachlehrplänen<br />
(z. B. <strong>in</strong> Religionslehre, Ethik, Sozialkunde, Heimatund<br />
Sachkunde, Wirtschafts- und Rechtslehre bzw. Arbeitslehre)<br />
bereits explizit gefordert, jedoch ist es auch im S<strong>in</strong>ne des »Gesamtsystems<br />
Schule«, die Schüler möglichst früh auf die sie umgebende<br />
und sich stetig wandelnde Wirklichkeit vorzubereiten<br />
und h<strong>in</strong>zuführen.<br />
Beispiel: Damit Schüler nicht »nur« <strong>in</strong> der Theorie Lebens- und<br />
Problemfelder kennen lernen, bietet es sich an, ihnen durch<br />
e<strong>in</strong>en auf e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum (z. B. e<strong>in</strong> Schuljahr) angelegten<br />
Sozialdienst oder e<strong>in</strong> (freiwilliges) Sozialpraktikum praktische<br />
Erfahrungen zu ermöglichen. So gehört es z. B. zu den<br />
freiwillig übernommenen Aufgaben e<strong>in</strong>es Sozialdienstes im<br />
Rahmen der Nachbarschaftshilfe, für alte und/oder beh<strong>in</strong>derte<br />
Menschen e<strong>in</strong>zukaufen, ihnen bei alltäglichen Arbeiten zu<br />
helfen und als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Dabei<br />
gilt es, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen. Die Schüler<br />
übernehmen für e<strong>in</strong>en gewissen Zeitraum Verantwortung für<br />
e<strong>in</strong>en Mitmenschen; sie werden dadurch zum Überdenken und<br />
H<strong>in</strong>terfragen ihrer eigenen Rolle und Position <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />
angeregt. Ohne Zweifel wird auf diese Weise der Reifeprozess<br />
der jungen Menschen positiv bee<strong>in</strong>flusst.<br />
3.8.3 Von der Idee zur Umsetzung<br />
ENTSCHEIDUNG FÜR DIE ART<br />
DES KONTAKTS<br />
➔ ➔ ➔ ➔<br />
KONTAKTAUFNAHME UND<br />
ERSTGESPRÄCH<br />
DETAILLIERTE VORBEREITUNG<br />
DER EINZELMASSNAHME<br />
DURCHFÜHRUNG DER<br />
MASSNAHME<br />
EVALUATION<br />
(z. B. wirtschaftlicher, politischer, sozialer oder künstlerischer Bereich)<br />
unter E<strong>in</strong>beziehung von Schulleitung, Lehrern, Schülern und Eltern<br />
65<br />
Sozialpraktikum<br />
Ziel: langfristig angelegte und <strong>in</strong>stitutionalisierte Kooperation von gleichberechtigten<br />
Partnern (evtl. sogar Vertragsabschluss)<br />
(unter E<strong>in</strong>beziehung der Partner, wenn möglich vor Ort), Ziel: handlungsorientierte<br />
Formen (z. B. Beobachtungsaufträge, Befragungen von Mitarbeitern)<br />
mit Dokumentation (evtl. filmisch) und abschließender Präsentation<br />
der E<strong>in</strong>zelmaßnahme und des Gesamtkontakts unter<br />
E<strong>in</strong>beziehung aller Beteiligten
E<strong>in</strong>beziehung der<br />
Partner <strong>in</strong>s Schulleben<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks<br />
Öffnung der Schule <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Der dargestellte Prozessverlauf lässt sich – z. T. mit leichten<br />
Veränderungen – auf die Zusammenarbeit mit vielen Institutionen<br />
(z. B. Unternehmen, Verbänden, Kulture<strong>in</strong>richtungen)<br />
anwenden.<br />
Um e<strong>in</strong>e bestmögliche Verankerung der Zusammenarbeit zu erreichen,<br />
empfiehlt es sich, die Partnere<strong>in</strong>richtung aktiv <strong>in</strong>s<br />
Schulleben e<strong>in</strong>zubeziehen, z. B. durch E<strong>in</strong>ladungen zu Schulveranstaltungen<br />
wie Konzerten, Schulfesten, Pädagogischen<br />
Tagen, schul<strong>in</strong>ternen Fortbildungsveranstaltungen und<br />
Konferenzen.<br />
Da solche Partnerschaften bisher weder für Unternehmen bzw.<br />
Institutionen noch für die meisten Schulen e<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit<br />
s<strong>in</strong>d, ist am Anfang das gegenseitige Kennenlernen<br />
besonders wichtig, damit evtl. vorhandene Vorurteile oder<br />
Widerstände abgebaut werden. Kontakte sollten möglichst von<br />
Anfang an nicht (nur) auf den Aspekt F<strong>in</strong>anzen (Sponsor<strong>in</strong>g)<br />
reduziert werden.<br />
3.8.4 Wer unterstützt Schulen?<br />
Bei der Anbahnung von Kontakten zu sozialen E<strong>in</strong>richtungen<br />
können z. B. Caritas und Diakonisches Werk behilflich se<strong>in</strong>,<br />
bei Kontakten zur Wirtschaft bieten sich die zuständige Industrie-<br />
und Handelskammer, die Handwerkskammer sowie das<br />
Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft an. Auch die örtlichen<br />
Gruppen des Arbeitskreis(es) Schule/Wirtschaft können wertvolle<br />
Hilfe leisten.<br />
Kuld, L., Gönnheimer, St.: Compassion: sozialverpflichtetes Lernen und Handeln.<br />
Stuttgart 2000<br />
Landes<strong>in</strong>stitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.): Gestaltung des Schullebens<br />
und Öffnung von Schule – e<strong>in</strong> Beitrag zur Qualitätsverbesserung von Schule.<br />
Soest 1997<br />
Lanig, J.: Nürnberger Projektatlas – Angebote für e<strong>in</strong> handlungsorientiertes Lernen,<br />
hrsg. von der Stadt Nürnberg – Pädagogisches Institut. Nürnberg 1994<br />
Pädagogik, Das Leben <strong>in</strong> die Schule holen, Heft 2/ 1996<br />
http://home.t-onl<strong>in</strong>e.de/home/pkg-gersthofen/ (Paul-Klee-Gymnasium Gersthofen:<br />
unter »Projekte« Dokumentation zum Sozialpraktikum)<br />
http://mgfuerstenzell.de/frameset/faecher.htm (Maristen-Gymnasium Fürstenzell:<br />
Beispiele für Öffnung der Schule im Bereich Wirtschaft, u. a. Projekt »Junior«)<br />
www.schulstiftung-freiburg.de/ (Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg: u. a.<br />
Dokumentation von »Compassion – e<strong>in</strong> Projekt sozialen Lernens«)<br />
www.gunnet.de/smg (Simon-Marius-Gymnasium Gunzenhausen: Sozialdienst)<br />
66<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Medien<br />
3.9 Neue Medien<br />
Die Schulen s<strong>in</strong>d mit Computern ausgestattet – natürlich nie<br />
ganz ausreichend und nie auf dem jeweils aktuellsten Stand –<br />
und sie s<strong>in</strong>d am Netz. Es gibt auch kaum noch Lehrer, die den<br />
Computere<strong>in</strong>satz öffentlich ablehnen. Und die Schüler pflegen<br />
mittlerweile e<strong>in</strong>e nüchterne Haltung zum oft genug lästigen<br />
Arbeitsmittel Computer. Die Euphorie der Pionierzeit ist ansche<strong>in</strong>end<br />
vorbei.<br />
Warum also den »Neuen Medien« e<strong>in</strong>e eigene Rolle <strong>in</strong> der<br />
<strong>Schulentwicklung</strong> e<strong>in</strong>räumen, zumal e<strong>in</strong>ige Entwicklungen sogar<br />
kontraproduktiv zu wirken drohen? Mit dem Beamer kann<br />
nämlich e<strong>in</strong> altbackener Frontalunterricht se<strong>in</strong>e Renaissance<br />
feiern, die mögliche Delegation medienpädagogischer Fragestellungen<br />
an e<strong>in</strong> isoliertes Fach »Informatik« könnte deren<br />
67<br />
Arbeitsmittel<br />
Computer<br />
Produktives<br />
Potenzial für <strong>Schulentwicklung</strong>
Bildungsserver<br />
und -portale<br />
»Quellenkritik«<br />
Neue Medien <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
fächerübergreifendes Potenzial zunichte machen. Gleichzeitig<br />
müssen auch Bedenken und Befürchtungen der Lehrer ernst<br />
genommen werden: So kann z. B. die automatische Protokollierung<br />
des Nutzerverhaltens von Kollegen im Schulnetz unkontrollierte,<br />
<strong>in</strong>transparente Überwachungs- und Machtsphären<br />
schaffen.<br />
Die Nutzung der Medien besitzt jedoch e<strong>in</strong> großes produktives<br />
Potenzial für die <strong>Schulentwicklung</strong> <strong>in</strong> den drei Handlungsfeldern<br />
Unterrichts-, Organisations- und Personalentwicklung<br />
(vgl. Kapitel 1).<br />
3.9.1 Neue Medien und Unterrichtsentwicklung<br />
Das Internet bietet bereits heute e<strong>in</strong>e Überfülle an Informationen.<br />
In Zukunft werden vermehrt schulbezogene Anbieter dazukommen:<br />
Private Anbieter sowie staatliche Stellen werden<br />
konkurrierende Bildungsserver und Fachportale betreiben.<br />
Auch das Angebot wird sich qualitativ verbessern, <strong>in</strong>haltlich<br />
und technisch (z. B. durch <strong>in</strong>teraktive Videos, 3D-Szenarien,<br />
neue Verteilungswege). Daneben werden die wild wuchernden<br />
Angebote von www.spickzettel.de bis www.nachhilfe.com weiter<br />
anwachsen.<br />
Gegenüber den traditionellen Medien, sei es das autorisierte<br />
Schulbuch oder das Arbeitsblatt des Lehrers, macht die Fülle von<br />
Ergebnissen bei Internetrecherchen die kritische Beurteilung<br />
der Informationen unerlässlich. »Quellenkritik« bekommt so<br />
e<strong>in</strong>en neue Bedeutung: In der täglichen Unterrichtspraxis wird<br />
sie e<strong>in</strong> absolut notwendiger Teil des Arbeitsprozesses bereits <strong>in</strong><br />
der Grundschule.<br />
68<br />
Gymnasium Ottobrunn<br />
Medien- und Methoden-Curriculum<br />
Grundlagen Informatik Klasse 6<br />
L<strong>in</strong>eare Präsentation von<br />
Information<br />
Klasse 7<br />
Informationsdesign Klasse 8<br />
Beschaffungswege für Information,<br />
Bewertung und<br />
Selektion von Information;<br />
Vernetzung von Information<br />
➔<br />
Klasse 5<br />
Klasse 9<br />
Klasse 10<br />
➔<br />
Präsentationstechnik I<br />
Kommunikationtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g I<br />
Projektabwicklung I<br />
Teamentwicklung I<br />
Präsentationstechnik II<br />
Kommunikationtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g II<br />
Projektabwicklung II<br />
Teamentwicklung II<br />
Vorhandene Kompetenzen <strong>in</strong> der Oberstufe e<strong>in</strong>setzen<br />
ALF-Programm,<br />
Grundlagen,<br />
Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Medien<br />
Historische<br />
Quellenbewertung<br />
(G)<br />
Konfliktbewältigung<br />
(Rk/Ev/Eth<br />
oder D)<br />
Gymnasium Ottobrunn<br />
Medien- und Methoden-Curriculum<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
Internetrecherche<br />
(E oder D)<br />
➔<br />
➔<br />
PROJEKT<br />
z. B. Betriebswirtschaft<br />
(WR)<br />
➔<br />
➔<br />
Entwicklung<br />
e<strong>in</strong>er den<br />
Inhalt unterstützenden<br />
Grafik (Ku)<br />
➔<br />
Präsentation<br />
von vernetzten<br />
Inhalten<br />
(z. B. D)<br />
➔<br />
➔<br />
Informationsdarstellung<br />
<strong>in</strong> vernetzten<br />
Strukturen<br />
(M)<br />
Doch nicht nur die E<strong>in</strong>beziehung des Internet macht e<strong>in</strong>e Veränderung<br />
im Unterricht nötig. Neue Formen des Lehrens und<br />
Lernens (s. Kapitel 3.2) setzen immer mehr auf »eigenverantwortliches<br />
Arbeiten«, die Visualisierung von gedanklichen Zusammenhängen<br />
oder die Präsentation von Ergebnissen. Hierfür<br />
bietet Computersoftware viele nützliche Werkzeuge. Die<br />
Präsentationen beim jährlichen bayerischen »Landesfestival Neue<br />
Medien« zeigen, dass ältere Schüler heute noch e<strong>in</strong>en Schritt<br />
weiter gehen und komplexe, anspruchsvolle Lernsoftware<br />
schreiben.<br />
Unterricht mit den Neuen Medien wird also effizienter, weil<br />
neue und motivierende Ressourcen genutzt werden und weil sie<br />
den Zugriff auf alle nur möglichen Informations- und Wissensbestände<br />
eröffnen. Er wird reicher und vielfältiger und er verändert<br />
sich <strong>in</strong>novativ <strong>in</strong> Richtung eigenverantwortliches Arbeiten.<br />
Entscheidend aber ist, dass die Arbeit am Computer der neuen<br />
»Philosophie« des Lernens entspricht: Sie erlaubt e<strong>in</strong>en hohen<br />
Grad an Individualisierung, ermöglicht bzw. fordert e<strong>in</strong>e experimentelle,<br />
Variationen erprobende Haltung. »Modellierung<br />
von Wissen« wird so s<strong>in</strong>nlich erlebt. Dies wird den Unterricht<br />
verändern.<br />
Der Lehrer muss dabei – wie sonst wohl <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em anderem<br />
Bereich – als Begleiter der Arbeitsprozesse fungieren. Der Unterricht<br />
gew<strong>in</strong>nt aber nachhaltig nur dann, wenn die Schule <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Entscheidungsprozess e<strong>in</strong>en Plan erarbeitet,<br />
wann <strong>in</strong> welcher Klasse und <strong>in</strong> welchem Bereich der Rechner<br />
e<strong>in</strong>gesetzt wird (vgl. unten »Medienplan«).<br />
69<br />
Werkzeuge<br />
Individualisierung<br />
des Lernens<br />
»Medienplan«
Transparenz und<br />
Effizienz<br />
Typische Netzstruktur<br />
Arbeitsplattformen<br />
im Netz<br />
Neue Medien <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
3.9.2 Neue Medien und Organisationsentwicklung<br />
Auch im Bereich Organisationsentwicklung kann die Nutzung<br />
der Neuen Medien für <strong>Schulentwicklung</strong> e<strong>in</strong> positives Potenzial<br />
entfalten, wenn sie <strong>in</strong> den Bereichen Kooperation, Führung und<br />
Kommunikation folgende Ergebnisse gewährleistet:<br />
➔ Erhöhung der Effizienz von Arbeitsabläufen,<br />
➔ Schonung menschlicher und ökonomischer Ressourcen,<br />
➔ Zunahme der Transparenz von Prozessen, v. a. von Entscheidungsprozessen,<br />
die für die Schule als Ganzes von Bedeutung<br />
s<strong>in</strong>d,<br />
➔ Entwicklung von Beteiligungsformen zur Stärkung der Identifikation<br />
mit der e<strong>in</strong>zelnen Schule.<br />
Bei der Überlegung, wie Computernetze und -programme im<br />
Bereich Organisationsentwicklung s<strong>in</strong>nvoll genutzt werden können,<br />
ist von bestehenden technischen Lösungen auszugehen.<br />
Zum Beispiel können Projektplanungssysteme <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />
Intranetlösungen e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle Perspektive eröffnen: Virtuelle<br />
Diskussionsforen machen Diskussionsverläufe transparent,<br />
»schwarze Bretter« und »Newsgroups« mit automatisierter Benachrichtigung<br />
schaffen e<strong>in</strong> Optimum an Information. Über verteilte<br />
Lese- und Schreibrechte können Schüler und Lehrer an<br />
70<br />
Computerraum<br />
➔<br />
➔<br />
Medien- und<br />
Methodencurriculum<br />
➔➔<br />
➔<br />
➔<br />
Lehrerfortbildung<br />
Schulhausvernetzung,<br />
Anbau<br />
➔<br />
STEUER-<br />
GRUPPE<br />
➔<br />
➔<br />
Kuratorium<br />
➔<br />
Intra-Net<br />
➔<br />
Adm<strong>in</strong>istration<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
Werbung<br />
➔<br />
Design und<br />
Inhalt<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Medien<br />
geme<strong>in</strong>samen Dokumenten arbeiten, es können komplexe,<br />
geme<strong>in</strong>same Arbeitsplattformen entstehen. Jede Schule muss<br />
hier Modelle entwickeln, wie solche Werkzeuge und Netzstrukturen<br />
für Organisationsentwicklung genutzt werden können.<br />
Wissensmanagement an der Franz-von-Lenbach-Schule Schrobenhausen<br />
(Staatliche Realschule) – Ausschnitt aus der<br />
Projektbeschreibung im Rahmen des Schulversuchs SEMIK<br />
➔ SIS – Schul-Informations-<br />
System<br />
Das SIS ist e<strong>in</strong>e <strong>Schulentwicklung</strong>smaßnahme.<br />
Über das Internet<br />
(www.fvls.de) werden nämlich<br />
alle relevanten Informationen<br />
der Schule an Schüler,<br />
Eltern, Partnerschulen, das<br />
Netzwerk der Realschulen und<br />
die <strong>in</strong>teressierte Öffentlichkeit<br />
weitergegeben, z. B. Projektergebnisse,<br />
zusätzliche Hausaufgaben,<br />
täglicher Vertretungsplan,<br />
aktueller Term<strong>in</strong>plan,<br />
Adressen, Lageplan, Schülerzeitung,<br />
Jahresbericht, Aktuelles<br />
zu Schulveranstaltungen. Darüber<br />
h<strong>in</strong>aus existiert e<strong>in</strong> Schüler-<br />
Diskussionsforum u. a. m.<br />
➔ SIN – Schul-Intra-Net<br />
Im SIN – Schul-Intra-Net werden<br />
u. a. ergänzende Lehrmaterialien<br />
(z. B. Mathematik-Vorbereitun-<br />
gen zum Programm Euklid)<br />
und Programme angeboten, die<br />
von Schülern und Lehrern <strong>in</strong>dividuell<br />
und je nach Bedürfnis<br />
genutzt werden können. Außerdem<br />
dient das Intranet als geme<strong>in</strong>same<br />
Arbeitsplattform<br />
für Projektarbeiten der Schüler.<br />
Im Intranet bef<strong>in</strong>den sich<br />
Prüfungsarbeiten, notwendige<br />
Daten und Arbeitsmaterialien.<br />
Von jedem Raum der Schule<br />
kann auf die Daten des SIN zugegriffen<br />
werden. Dazu s<strong>in</strong>d<br />
mobile Rechner-/Video-/Beamer-<br />
E<strong>in</strong>heiten vorhanden. Für die<br />
Schüler stehen frei zugängliche<br />
Rechner zur Verfügung. Der<br />
Datenzugriff auf das SIN ist nur<br />
<strong>in</strong>nerhalb des Schulhauses<br />
möglich.<br />
Die Kollegen haben die Möglichkeit,<br />
mittels e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen<br />
3.9.3 Neue Medien und Personalentwicklung<br />
Zentraler Ansatzpunkt der Personalentwicklung ist die Lehrerfortbildung.<br />
Die rasanten Entwicklungen im Bereich Multimedia<br />
und Telekommunikation erfordern e<strong>in</strong> großes Engagement im<br />
Fortbildungsbereich. Hier s<strong>in</strong>d vor allem <strong>in</strong>novative Instrumente<br />
des Telelernens zu beachten, wie sie die Akademie für Lehrerfortbildung<br />
und Personalführung (ALP) bereits <strong>in</strong> Pilotprojekten<br />
anwendet. In der schul<strong>in</strong>ternen Lehrerfortbildung (SCHILF)<br />
können ebenfalls die neuen Technologien e<strong>in</strong>e wichtige Rolle<br />
wahrnehmen. Gleichzeitig wird <strong>in</strong> Zukunft die Vermittlung von<br />
Medienkompetenz <strong>in</strong>nerhalb der Lehrerausbildung e<strong>in</strong>e entscheidende<br />
Dimension darstellen.<br />
Heute noch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Versuchsstadium, morgen wohl selbstverständlich:<br />
Stellenbörsen auch für Lehrer an öffentlichen Schulen<br />
werden bald im Internet zu f<strong>in</strong>den se<strong>in</strong>. Anbieter (Schulen)<br />
und Nachfrager (Lehrer) können dann dort ihre Profile veröffentlichen,<br />
um möglichst passgenaue Anstellungen zu ermöglichen.<br />
Datenpools (der z. B. Klassenarbeiten,<br />
digitalisierte Dias,<br />
MP3-Files, Textdateien, sonstige<br />
Materialien enthält) ihren<br />
Unterricht effektiver vorzubereiten<br />
und zu gestalten.<br />
➔ SELF – Schüler-Eltern-Lehrer-<br />
Fortbildung<br />
Schüler, Eltern und Lehrer sollen<br />
dazu befähigt werden, die angebotenen<br />
Projekte effektiv<br />
zu nutzen. Während die Schüler<br />
diesen Inhalten im Rahmen des<br />
Unterrichts begegnen, müssen<br />
für Lehrer und besonders<br />
auch für Eltern eigene Fortbildungsveranstaltungenangeboten<br />
werden. Dabei s<strong>in</strong>d die<br />
Praxisnähe und Anwendbarkeit<br />
des Gelernten oberstes Ziel.<br />
(www.fvls.de/semik.html)<br />
71<br />
Medienkompetenz<br />
durch Fortbildung<br />
Stellenbörse
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
Neue Medien <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
72<br />
Neue Medien<br />
im Bereich der<br />
drei Felder<br />
der <strong>Schulentwicklung</strong><br />
➔ ORGANISATIONS-<br />
ENTWICKLUNG<br />
Effizienz und Transparenz bei<br />
<strong>in</strong>ternen Abläufen mit Hilfe von z. B.<br />
■ Intranet<br />
■ W-LAN (Wireless Local Area<br />
Network)<br />
■ Projektplanungssystemen<br />
■ Diskussionsforen<br />
Effizienter Umgang mit Ressourcen<br />
durch<br />
■ Stundenplanprogramme<br />
■ Systembetreuung<br />
■ ...<br />
3.9.4 Resümee<br />
➔ UNTERRICHTS-<br />
ENTWICKLUNG<br />
Qualitätssteigerung durch e<strong>in</strong> breites<br />
Angebot u. a. an<br />
■ Lernsoftware<br />
■ Präsentationsprogrammen<br />
■ Bildungsportalen<br />
■ <strong>in</strong>teraktiven Videos<br />
■ Unterrichtsmaterialien im Netz<br />
Qualitätssteigerung durch neue<br />
Methoden<br />
■ erprobendes Arbeiten<br />
(»Modellierung von Wissen«)<br />
■ eigenverantwortliches Lernen<br />
■ ...<br />
➔ PERSONAL-<br />
ENTWICKLUNG<br />
Ausbildung<br />
■ Medienkompetenz für alle Lehrer<br />
Fortbildung (Telelernen und SCHILF)<br />
■ Hardwareschulung<br />
■ Softwareschulung<br />
■ CBT (Computer-Based-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g)<br />
■ veränderte Lehrerrolle<br />
Nutzung für Personale<strong>in</strong>stellungen<br />
■ ...<br />
Ohne die Nutzung der digitalen Medien ist die Schule der Zukunft<br />
nicht vorstellbar. Es müssen jedoch unterstützende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
geschaffen werden. Der Schulversuch MUT<br />
(= Multimedia- und Telekommunikation) des Staats<strong>in</strong>stituts<br />
für Schulpädagogik und Bildungsforschung (ISB) hat ergeben,<br />
dass für den E<strong>in</strong>satz der Neuen Medien folgende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
notwendig s<strong>in</strong>d:<br />
➔ kont<strong>in</strong>uierliche Fortbildung des Kollegiums,<br />
➔ Professionalisierung der Systembetreuung (Fachkraft, Qualifizierungsangebote,<br />
Zeitbudget),<br />
➔ technische und didaktische Kompetenzen der Lehrkräfte,<br />
➔ technische Infrastruktur, die aus Sicht der Lehrkräfte stabil<br />
und verlässlich ist,<br />
➔ hohes Engagement der Lehrkräfte,<br />
➔ konstruktive Unterstützung durch die Schulleitung.<br />
Die Verwendung der Neuen Medien setzt bei allen Beteiligten<br />
großes Engagement und Veränderungen auf unterschiedlichsten<br />
Ebenen voraus. Natürlich s<strong>in</strong>d nicht alle Maßnahmen kurzfristig<br />
realisierbar. Benötigt werden e<strong>in</strong> offenes, kommunikatives<br />
Klima, Fehlertoleranz <strong>in</strong> den Kollegien wie auch genügend<br />
Freiräume <strong>in</strong> den Lehrplänen.<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Neue Medien<br />
Beispiel e<strong>in</strong>es Medienplans<br />
IST-ANALYSE<br />
■ Welches Know-how ist an der Schule vorhanden?<br />
■ Welche Ausstattung steht zur Verfügung?<br />
■ Welche Erwartungen existieren bei Schülern, Eltern, im Umfeld der Schule?<br />
■ Welche externen Ressourcen stehen zur Verfügung?<br />
➔<br />
ZIELFORMULIERUNG<br />
■ In welchem Feld der <strong>Schulentwicklung</strong><br />
soll gearbeitet werden?<br />
■ Def<strong>in</strong>ition von Meilenste<strong>in</strong>en<br />
➔<br />
PLANUNGSPHASE<br />
■ Erstellung von: 1. Technologieplan,<br />
2. F<strong>in</strong>anzplan und 3. Fortbildungsplan<br />
■ Projektplanung für die Umsetzung<br />
■ E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Steuerungsgruppe<br />
➔<br />
UMSETZUNGSPHASE<br />
■ Unterrichtsentwicklung (Wann soll <strong>in</strong> welcher Klasse und <strong>in</strong> welchem Bereich der Rechner<br />
e<strong>in</strong>gesetzt werden?)<br />
■ Personalentwicklung (An welcher Stelle werden welche Qualifikationen benötigt<br />
und wie kann gewährleistet werden, dass diese auch zur Verfügung stehen?)<br />
■ Organisationsentwicklung (Welche Prozesse können computergestützt optimiert werden?)<br />
Bertelsmann Stiftung, He<strong>in</strong>z Nixdorf Stiftung (Hrsg.): Bildungs<strong>in</strong>novation<br />
durch Medien. Gütersloh 1997<br />
Langen, C. (Hrsg.): Schul<strong>in</strong>novation durch neue Medien. Gütersloh 1999<br />
Tulodziecki, G.: Medien <strong>in</strong> Erziehung und Unterricht. Bad Heilbrunn 1997<br />
Tulodziecki, G./Blömeke, S. (Hrsg.): Neue Medien – Neue Aufgaben für<br />
die Lehrerausbildung. Tagungsdokumentation. Gütersloh 1997<br />
Wagner, E.: <strong>Schulentwicklung</strong> mit Neuen Medien, <strong>in</strong>: SchulVerwaltung BY 7/8/2000<br />
www.schule.bayern.de/ (Bayerischer Schulserver)<br />
www.alp.dill<strong>in</strong>gen.de/ (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung<br />
Dill<strong>in</strong>gen)<br />
www.isb.bayern.de/bf/mvwissen/aufruf.htm (ISB zum Modellversuch<br />
SEMIK – Systematische E<strong>in</strong>beziehung von Medien, Informations- und<br />
Kommunikationstechnologien <strong>in</strong> Lehr- und Lernprozesse)<br />
www.bildungsserver.de/ (Deutscher Bildungsserver)<br />
www.<strong>in</strong>is.stiftung.bertelsmann.de/set.htm (Netzwerk <strong>in</strong>novativer Schulen <strong>in</strong><br />
Deutschland (NIS) und Internationales Netzwerk Innovativer Schulsysteme (INIS))<br />
www.netzwerk-medienschulen.de/ (Netzwerk Medienschulen)<br />
www.fvls.de/semik.htm (Projekte an der Franz-von-Lenbach-Schule<br />
Schrobenhausen (Staatliche Realschule) zum Modellversuch SEMIK)<br />
www.m.shuttle.de/m/go/schulentwicklung/go<br />
(Gymnasium Ottobrunn: goWEB-Lernen mit neuen Medien)<br />
www.schulweb.neu-ulm.de (Schulversuch Multimedia und Telekommunikation)<br />
➔<br />
AKTUALISIERUNG<br />
UND WEITERENTWICKLUNG<br />
DES MEDIENPLANS<br />
➔<br />
➔<br />
EVALUATION<br />
73<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks
4<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Evaluation<br />
4.Evaluation und<br />
Qualitätsentwicklung<br />
»Qualität ist, wenn der Kunde wieder kommt und nicht das<br />
Produkt.« – Diese griffige Def<strong>in</strong>ition aus der Wirtschaft zeigt,<br />
wie ähnlich und zugleich wie verschieden der Qualitätsbegriff <strong>in</strong><br />
Wirtschaft und Schule <strong>in</strong>terpretiert werden kann. Wer s<strong>in</strong>d die<br />
Kunden, was ist das Produkt der Schule?<br />
Verschieden ist, dass Erziehung und Bildung äußerst komplexe<br />
Prozesse s<strong>in</strong>d, deren Qualitäten sich nicht e<strong>in</strong>fach am wettbewerbsorientierten<br />
Marktgeschehen messen lassen, sondern <strong>in</strong>sbesondere<br />
an Werten, Bildungskonzeptionen, Erziehungszielen<br />
und kulturellen Traditionen.<br />
Ähnlich ist, dass Schule ke<strong>in</strong> Selbstzweck ist, sondern dienende<br />
Funktion hat und Rechenschaft über ihre Leistung(en) ablegen<br />
muss: Kern der schulischen Arbeit ist die Bildung der Schüler.<br />
Als so verstandener »Dienstleistungsbetrieb« wird Schule zunehmend<br />
an Qualitätsmaßstäben gemessen und muss sich selbst<br />
die stetige Prüfung von Qualität zur Aufgabe machen. Die<br />
75<br />
Qualität <strong>in</strong> Wirtschaft<br />
und Schule
Befunde<br />
Auffassung<br />
von Schulqualität<br />
Evaluation <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
bereits dargestellten zentralen Handlungsfelder (vgl. Teil 3) s<strong>in</strong>d<br />
übrigens wichtige Kriterien für Schulqualität.<br />
4.1 Schulqualität auf dem Prüfstand<br />
Galt bis vor kurzem noch als ausgemacht, dass deutsche, <strong>in</strong>sbesondere<br />
bayerische Schulen, <strong>in</strong> punkto Schulqualität Spitze<br />
s<strong>in</strong>d, so haben die Ergebnisse von TIMSS (Third International<br />
Mathematics and Science Study) hierzulande e<strong>in</strong>en heilsamen<br />
Schock ausgelöst. Das wichtigste Ergebnis ist bekannt: Deutsche<br />
Schüler schnitten im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich <strong>in</strong> Mathematik<br />
und Naturwissenschaften nur mittelmäßig ab. Dieser – für<br />
viele desillusionierende – Befund wurde mittlerweile bestätigt<br />
durch andere Analysen (u. a. der zentralen Jahrgangsstufentests<br />
<strong>in</strong> Mathematik und Deutsch an bayerischen Schulen). Auch<br />
deren Fazit lautet: Zu viele Schüler haben deutliche Wissensund<br />
Könnensdefizite, vor allem <strong>in</strong> den Bereichen Grundlagenkenntnisse<br />
sowie problemlösendes und selbstständiges Denken<br />
und Arbeiten.<br />
Die Frage, was Schulqualität ist, ist allerd<strong>in</strong>gs nicht so leicht zu<br />
beantworten. So wird man diese kaum alle<strong>in</strong> vom Stand schulfachlicher<br />
Leistungen her (wie bei TIMSS) def<strong>in</strong>ieren können.<br />
Fragt man Schüler, so könnte die Antwort vielleicht lauten:<br />
»E<strong>in</strong>e Schule, <strong>in</strong> der ich viele Freunde habe und <strong>in</strong> der ich nicht<br />
so viele Hausaufgaben bekomme.« Lehrkräfte mögen sagen »E<strong>in</strong><br />
Ort, wo ich gerne arbeite und mich wohlfühle.« Eltern dagegen<br />
könnten anführen: »E<strong>in</strong>e gute Schule führt me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d zu guten<br />
Noten und sicheren Abschlüssen.« Fragt man von außen nach,<br />
z. B. e<strong>in</strong>en Steuerzahler, so wird dieser vielleicht vordr<strong>in</strong>glich<br />
Effizienz e<strong>in</strong>fordern; schließlich kostet e<strong>in</strong>e Lehrerstunde aufs<br />
Jahr gerechnet 4.000 bis 5.000 DM.<br />
76<br />
Was ist Schulqualität?<br />
Gesellschaft/Wirtschaft Gesetzgeber,<br />
z. B. Lehrpläne<br />
➔<br />
➔<br />
Wissenschaft, z. B.<br />
Pädagogik/Bildungstheorie<br />
QUALITÄT<br />
»was den Anforderungen<br />
von … entspricht«<br />
➔<br />
➔<br />
E<strong>in</strong>zelschule, z. B. Leitbild,<br />
Schulprogramm<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Evaluation<br />
Es gilt also: Was Schulqualität ist, kann nicht e<strong>in</strong>fach verordnet<br />
werden. Darüber entscheiden die Akteure, <strong>in</strong>dem sie sich über<br />
geme<strong>in</strong>same Kriterien von Qualität verständigen. Deshalb kann<br />
Schule zunächst ihre Qualität selbst am besten bestimmen – <strong>in</strong>terne<br />
Qualitätssicherung.<br />
Schulqualität kann sicher unterschiedlich <strong>in</strong>terpretiert werden.<br />
Dies heißt aber nicht, dass der Begriff deshalb beliebig ist und<br />
Qualitätsprozesse künftig ganz <strong>in</strong>s Belieben der e<strong>in</strong>zelnen Schulen<br />
gestellt s<strong>in</strong>d. Vielmehr werden etwa verstärkt Maßnahmen<br />
der externen Qualitätssicherung, wie die Formulierung von M<strong>in</strong>deststandards<br />
(z. B. beim Grundwissen) und jahrgangsbezogene<br />
Tests (z. B. zur Fach- und Methodenkompetenz), für Vergleichbarkeit<br />
der Unterrichtsqualität sorgen. Beides ist s<strong>in</strong>nvoll und<br />
notwendig: Die eigene Schule selbst unter die Lupe zu nehmen,<br />
ebenso aber auch den Blick von außerhalb als Chance zur Weiterentwicklung<br />
zu begreifen.<br />
Der vorrangige Qualitätsbereich von Schule ist klar umrissen: Es<br />
ist der Unterricht und hier wiederum die Qualität der Förderung<br />
der Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler. Dies gilt sowohl <strong>in</strong> fachlicher<br />
als auch <strong>in</strong> persönlichkeitsbildender H<strong>in</strong>sicht. Alle Verbesserungen<br />
müssen die e<strong>in</strong>zelnen Schüler erreichen. Ausgangspunkt<br />
für die Steigerung der Unterrichtsqualität ist die an Qualitätskriterien<br />
orientierte Evaluation.<br />
4.2 Woran lässt sich Qualität erkennen?<br />
Drei Fragen helfen weiter, wenn schul<strong>in</strong>tern Qualität ermittelt<br />
werden soll:<br />
➔ Was wollen wir?<br />
➔ Wo stehen wir?<br />
➔ Wie erreichen wir unsere Ziele?<br />
Wurde e<strong>in</strong> Leitbild oder Schulprogramm entwickelt (vgl.<br />
Kapitel 3.1), stellt sich rasch die Frage: »Wie können wir das<br />
<strong>in</strong>s praktische Handeln umsetzen?« Dazu müssen den oft noch<br />
globalen, allgeme<strong>in</strong>en Leitzielen konkrete Inhalte gegeben<br />
werden, <strong>in</strong>dem man Kriterien (Merkmale von Qualität) und<br />
Indikatoren (Kennzeichen) bildet.<br />
Soll z. B. das eigenverantwortliche Lernen und Arbeiten der<br />
Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler gefördert werden, so ist zunächst<br />
genauer zu klären:<br />
➔ Was ist darunter zu verstehen?<br />
Kriterien (Merkmale) könnten das selbstständige Planen von<br />
Lernprozessen, Teamarbeit und die Beherrschung bestimmter<br />
Methoden se<strong>in</strong>.<br />
77<br />
Interne<br />
Qualitätssicherung<br />
Externe<br />
Qualitätssicherung<br />
Vorrang der<br />
Unterrichtsqualität<br />
Kriterien und Indikatoren
Selbstevaluation<br />
Evaluation <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
➔ Woran kann man den Vorgang jeweils erkennen?<br />
E<strong>in</strong> Indikator wäre z. B. die Zeitdauer, die Schüler für die selbstständige<br />
Strukturierung arbeitsteiligen Vorgehens benötigen.<br />
➔ Wie kann der Erfolg gemessen werden?<br />
Hier kommen Methoden/Instrumente wie Zeitmessung, Beobachtungs-<br />
und Fragebögen, Testaufgaben usw. zum E<strong>in</strong>satz.<br />
Entscheidend ist dabei immer die Frage: Woran lässt sich<br />
Qualität erkennen?<br />
4.3 Evaluation <strong>in</strong> der schulischen Praxis<br />
Die Ergebnisse der Evaluation bilden die Basis für jede konkrete<br />
Maßnahme zur Steigerung der Unterrichtsqualität (»Ke<strong>in</strong>e<br />
Maßnahme ohne Diagnose«). Allerd<strong>in</strong>gs ist Evaluation für viele<br />
Lehrkräfte e<strong>in</strong> derzeit noch hoch problematischer Begriff. Noch<br />
ist vielen nicht klar: Bedeutet das mehr Kontrolle oder ist es<br />
hilfreich für die Arbeit? Es hat sich deshalb als s<strong>in</strong>nvoll erwiesen,<br />
mit der Selbstevaluation des Unterrichts zu beg<strong>in</strong>nen, z. B. durch<br />
den E<strong>in</strong>bau regelmäßiger Schüler-Rückmeldungen im Unterricht.<br />
Die Schlüsselfrage könnte etwa lauten: »Sollten wir Lehrkräfte<br />
nicht selbst e<strong>in</strong> großes Interesse daran haben zu erfahren, was<br />
unser Unterricht bei unseren Schülern bewirkt und wie wir<br />
das Lernen fördern können?« Mit Selbstevaluation beg<strong>in</strong>nen<br />
heißt also, zunächst den eigenen Unterricht unter die Lupe zu<br />
nehmen. Das Handlungsfeld Unterricht ist äußerst komplex.<br />
Umso mehr brauchen Lehrkräfte Informationen darüber,<br />
z. B. beg<strong>in</strong>nend mit der Frage: »Wie nehmen die Schüler/<strong>in</strong>nen<br />
me<strong>in</strong>en Unterricht wahr?« Diese Rückmeldung muss, soll das<br />
Vorgehen erfolgreich se<strong>in</strong>, ohne Kontrolle von außen erfolgen<br />
können. Lehrer und Schüler handeln hier als Lernpartner<br />
autonom. Die Eltern werden natürlich über den Vorgang an sich<br />
<strong>in</strong>formiert.<br />
78<br />
Qualitätsarbeit konkret: Woran lässt<br />
sich Qualität überhaupt erkennen?<br />
Was wollen wir? ➔ QUALITÄTSLEITZIELE<br />
Was s<strong>in</strong>d die Merkmale? ➔ KRITERIEN<br />
Woran erkennen wir<br />
Entwicklungen?<br />
Womit können wir messen<br />
und überprüfen?<br />
➔ INDIKATOREN<br />
➔ METHODEN/INSTRUMENTE<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Evaluation<br />
Kartenabfrage<br />
Was hat bei der Gruppenarbeit de<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach …<br />
gut geklappt?<br />
nicht gut geklappt?<br />
Die Evaluation kann auf verschiedene Weise durchgeführt<br />
werden:<br />
➔ Reflexion des eigenen Unterrichts (siehe Beispiel der<br />
Schülerrückmeldung oben);<br />
➔ Unterrichtsbeobachtung durch andere Lehrkräfte mit vorher<br />
vere<strong>in</strong>barten, gezielten Beobachtungsaufgaben, wie z. B. Frageformen,<br />
Verteilung der Lehrer-Schüler-Kontakte, und<br />
Feedback-Gespräche darüber;<br />
➔ standardisierte Leistungserhebungen und Tests (z. B. Vergleichsarbeiten<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Jahrgangsstufe als Aufgabe der<br />
Fachschaft);<br />
➔ Befragungen von Schülern, Eltern, Lehrkräften (Fragebögen).<br />
Im Kern geht es darum, im eigenen Unterricht und an der<br />
Schule e<strong>in</strong>e »Feedback-Kultur« aufzubauen durch systematische<br />
und kont<strong>in</strong>uierliche Formen der Rückmeldung. Fremdevaluation<br />
79<br />
Defizit- und<br />
»Schatzsuche«
Evaluation <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
ergänzt die Innenansicht und verh<strong>in</strong>dert selektive Wahrnehmung.<br />
Auch sie muss <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie entwicklungsorientiert se<strong>in</strong>,<br />
d. h. nicht e<strong>in</strong>seitig auf Defizit- und Fehlersuche gerichtet se<strong>in</strong>,<br />
sondern auf geme<strong>in</strong>same »Schatzsuche«. Dafür spricht auch,<br />
dass gerade für Neues e<strong>in</strong>e feste Basis der Argumentation nötig<br />
ist. Nicht alles, was im Bereich der neuen Lernformen praktiziert<br />
wird, ist an sich schon gut. Deshalb ist z. B. zu fragen: »Was taugt<br />
unsere Freiarbeit? Erreichen wir mit dem Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g die<br />
angestrebten Ziele bei den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern?« Zur<br />
angepeilten »neuen Lernkultur« gehört eben auch, dass Lehrkräfte<br />
selbstkritisch nachfragen. Damit erfüllen sie e<strong>in</strong>e Vorbildfunktion:<br />
Schließlich muss die Schule e<strong>in</strong> Modell dafür se<strong>in</strong>,<br />
wozu sie erzieht.<br />
Die Erfahrungen, die Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer beispielsweise<br />
mit regelmäßigen Befragungen bei ihren Schülern gemacht<br />
haben, mit Lerntagebüchern und anderen Rückmelde-Methoden,<br />
zeigen jedenfalls: Es lohnt sich!<br />
»Sp<strong>in</strong>nennetz« – Visualisierung von Evaluationsergebnissen<br />
»Sp<strong>in</strong>nennetz« als<br />
e<strong>in</strong>e Möglichkeit der<br />
grafischen Darstellung<br />
von Ergebnissen der<br />
Evaluation<br />
6 = sehr hoch<br />
1 = sehr niedrig<br />
80<br />
Kooperation<br />
der Lehrer<br />
Neue Lehrmethoden<br />
Informationsfluss<br />
Führung durch<br />
Fachbetreuer<br />
Führung durch den<br />
Schulleiter<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Abiturerfolge<br />
Durchfallerquoten<br />
gleiche<br />
Anforderungen<br />
<strong>in</strong> Parallelklassen<br />
Kontakte<br />
mit lokaler<br />
Wirtschaft<br />
Schülerorientierung<br />
Zufriedenheit<br />
der Eltern<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Evaluation<br />
Baumert, J./Lehmann, R. u. a.: TIMSS – Mathematisch-naturwissenschaftlicher<br />
Unterricht im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich. Deskriptive Befunde. Opladen 1997<br />
Buhren, C. G. u. a.: Qualitäts<strong>in</strong>dikatoren für Schule und Unterricht.<br />
E<strong>in</strong> Arbeitsbuch für Kollegien und Schulleitungen. Dortmund 1999<br />
Cz<strong>in</strong>zcoll, B.: Auf der Suche nach Kriterien für die Qualität von Schulen,<br />
<strong>in</strong>: SchulVerwaltung BY 1/2001<br />
Fend, H.: Qualität im Bildungswesen. We<strong>in</strong>heim/München 1998<br />
Herrmann, J./Höfer, Ch.: Evaluation <strong>in</strong> der Schule – Unterrichtsevaluation.<br />
Berichte und Materialien aus der Praxis. Gütersloh 1999<br />
Institut für <strong>Schulentwicklung</strong>sforschung (Hrsg.): IFS-Schulbarometer. Dortmund 1996<br />
Kempfert, G./Rolff, H.-G.: Pädagogische Qualitätsentwicklung. We<strong>in</strong>heim 1999<br />
Landes<strong>in</strong>stitut für Schule und Weiterbildung: Evaluation und <strong>Schulentwicklung</strong>.<br />
Bönen 1996<br />
Stern, C./Döbrich, P. (Hrsg.): Wie gut ist unsere Schule? Gütersloh 1999<br />
Süddeutsche Zeitung (Hrsg.): Was leisten oberbayerische Gymnasien? München 2001<br />
Wie gut ist unser Gymnasium? Bestandsaufnahme. Impulse zur Weiterentwicklung.<br />
(ISB, <strong>in</strong> Bearbeitung)<br />
Bilanz ziehen – Fragenbogen mit Auswertungshilfen zur schul<strong>in</strong>ternen Evaluation.<br />
CD-ROM des ISB (kostenloser Bezug ab Ende 2001)<br />
www.timss.mpg.de/ (Ergebnisse der TIMS-Studien)<br />
www.mpib-berl<strong>in</strong>.mpg.de/Pisa (Informationen zum Leistungstest PISA)<br />
www.ifs.uni-dortmund.de (Institut für <strong>Schulentwicklung</strong>sforschung der Universität<br />
Dortmund mit vielen »Werkzeugen« zur praktischen Evaluation)<br />
www.oberschulamt-stuttgart.de/ (Oberschulamt Stuttgart; unter »Forum<br />
Schule« u. a. praktische Beispiele zur Evaluation des Unterrichts)<br />
www.qis.at (Österreichisches Bildungsm<strong>in</strong>isterium zum Projekt »Qualität <strong>in</strong> Schulen«)<br />
81<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
Arbeitshilfe<br />
L<strong>in</strong>ks
5<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Unterstützung<br />
5. Unterstützung<br />
<strong>in</strong>nerer<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
Warum brauchen Schulen Unterstützung? S<strong>in</strong>d sie nicht seit<br />
langem professionell genug, um ihr »Geschäft« – den Unterricht<br />
– h<strong>in</strong>reichend gut zu führen? Das Bild der Schule als e<strong>in</strong>es<br />
lernenden Systems fordert von allen Beteiligten, Neuland zu<br />
betreten. Neben der Stabilisierung und Optimierung von<br />
Bewährtem steht jetzt Veränderung auf der Tagesordnung. Der<br />
Prozess der Veränderung birgt Unsicherheiten und Risiken,<br />
fordert aber auch neue Fähigkeiten und Fertigkeiten. Soweit<br />
Schule diese Veränderungen nicht aus eigener Kraft bewältigen<br />
kann, werden neue Formen der Unterstützung nötig. Die<br />
beiden Felder dafür s<strong>in</strong>d:<br />
83<br />
Qualifizierung,<br />
Beratung, Begleitung
E<strong>in</strong> Beispiel aus e<strong>in</strong>er Grundschule <strong>in</strong> A.<br />
Nach e<strong>in</strong>em Bericht von zwei<br />
Kolleg<strong>in</strong>nen über e<strong>in</strong>e sehr überzeugende<br />
Fortbildung zu neuen,<br />
<strong>in</strong>dividualisierenden Unterrichtsformen<br />
im Grundlegenden<br />
Unterricht hat sich e<strong>in</strong> Teil des<br />
Kollegiums entschlossen, den<br />
Unterricht zu verändern. Die<br />
Lehrer<strong>in</strong>nen der ersten Klassen<br />
erarbeiten und erproben <strong>in</strong><br />
ständiger Kooperation e<strong>in</strong> neues<br />
Konzept. Nach und nach werden<br />
Unterstützung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
➔ Qualifizierung, z. B. <strong>in</strong> Form von Fortbildungen durch<br />
externe Tra<strong>in</strong>er, und<br />
➔ Beratung und Begleitung, z. B. <strong>in</strong> Form von <strong>Schulentwicklung</strong>sberatung<br />
durch ausgebildete Experten.<br />
wegen der positiven Resonanz<br />
bei den Schülern und der teils<br />
zufriedenen, teils skeptischen<br />
Elternreaktionen immer mehr<br />
kontroverse Gespräche im<br />
Kollegium geführt. Das Lager<br />
der Befürworter neuer Unterrichtsformen<br />
wächst, gleichzeitig<br />
aber auch das der Kritiker,<br />
die große Bedenken haben,<br />
ob diese neuen Methoden wirklich<br />
besser s<strong>in</strong>d oder nur mehr<br />
Die Zwischenbilanz der Grundschule <strong>in</strong> A. zeigt, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Entwicklungsprozess unter E<strong>in</strong>beziehung e<strong>in</strong>es externen Beraters<br />
<strong>in</strong> zwei Jahren mehr passieren kann als nur die anfangs angestrebte<br />
Veränderung der Unterrichtsformen. Es ist e<strong>in</strong> umfassender,<br />
»systemischer« <strong>Schulentwicklung</strong>sprozess angestoßen worden,<br />
der <strong>in</strong> oft kle<strong>in</strong>en Schritten Veränderungen auf verschiedenen<br />
Ebenen gebracht hat und ke<strong>in</strong>eswegs zu Ende ist: Der externe<br />
Berater hat durch Gespräche mit der Schulleitung, mit<br />
e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>eren Gruppe aus dem Kollegium und schließlich durch<br />
die Moderation mehrerer schul<strong>in</strong>terner Fortbildungsveranstaltungen,<br />
darunter auch e<strong>in</strong>es Pädagogischen Tages, dazu beigetragen,<br />
dass an der Schule e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Erfahrungsaustausch über<br />
die pädagogische Arbeit möglich wurde, aus dem die Bereitschaft<br />
zu e<strong>in</strong>em Veränderungsprozess entstand. In der Folge entwickelte<br />
sich daraus e<strong>in</strong> teils von der Schule selbst gesteuerter, teils von<br />
außen unterstützter systematischer Prozess des Wandels<br />
84<br />
Arbeit machen. Die Schulleiter<strong>in</strong><br />
merkt, dass dieser latente<br />
Konflikt im Kollegium viele<br />
Energien b<strong>in</strong>det, möchte selbst<br />
für ke<strong>in</strong>e der beiden Gruppen<br />
Partei ergreifen, strebt aber e<strong>in</strong>e<br />
konstruktive Lösung an. Sie<br />
gew<strong>in</strong>nt das Kollegium dafür,<br />
diesen Prozess mit Hilfe e<strong>in</strong>es<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>sberaters<br />
von außerhalb der Schule zu<br />
steuern.<br />
Entwicklungen an der Grundschule <strong>in</strong> A. –<br />
Zwischenbilanz nach zwei Jahren <strong>Schulentwicklung</strong><br />
UNTERRICHTS-<br />
ENTWICKLUNG<br />
■ E<strong>in</strong>führung von Freiarbeit<br />
<strong>in</strong> den Jahrgangsstufen 1 und 2<br />
■ Entwicklung und Anpassung<br />
neuer Verfahren für die Leistungsmessung<br />
(Lernzielkontrollen)<br />
■ kle<strong>in</strong>e Projekte zu Unterrichtsthemen<br />
im Heimat- und Sachunterricht<br />
■ Abnahme der Erziehungsprobleme<br />
im Unterricht<br />
Beraterrolle<br />
ORGANISATIONS-<br />
ENTWICKLUNG<br />
■ regelmäßige Teamsitzungen<br />
für die Kollegen e<strong>in</strong>er Klassenstufe<br />
■ schrittweise Entwicklung e<strong>in</strong>er<br />
Team- und Kooperationskultur<br />
■ Intensivierung der Elternarbeit<br />
■ regelmäßige schul<strong>in</strong>terne<br />
Lehrerfortbildung zu neuen<br />
Unterrichtsformen<br />
PERSONAL-<br />
ENTWICKLUNG<br />
■ wachsende Methodenkompetenz<br />
der Lehrkräfte<br />
■ Steigerung der Kooperationsund<br />
Konfliktfähigkeit<br />
■ zunehmende Motivation<br />
und Berufszufriedenheit<br />
■ offenere E<strong>in</strong>stellung gegenüber<br />
Eltern<br />
■ Erweiterung der Mitwirkung<br />
des Kollegiums durch die<br />
Schulleitung<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Unterstützung<br />
(vgl. Prozessmodell unten). Schulleitung und Lehrkräfte konnten<br />
dabei ihre eigenen Vorstellungen von »guter Schule« schrittweise<br />
realisieren und erfuhren, wie befriedigend und emotional<br />
entlastend das aktive und geme<strong>in</strong>same Bemühen se<strong>in</strong> kann. Aufgrund<br />
der grundsätzlich positiven Erfahrungen wurde es <strong>in</strong> der<br />
Folge selbstverständlich, verschiedene Experten von außen zur<br />
Fortbildung <strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlichen Fragen (Unterrichtsmethoden, Fragen<br />
der Leistungserhebung u. a. m.) e<strong>in</strong>zuladen.<br />
5.1 Wann ist externe Unterstützung<br />
empfehlenswert?<br />
Lehrerkollegien setzen sich aus Persönlichkeiten mit unterschiedlichen<br />
Erfahrungen und Kompetenzen zusammen. Möglichst<br />
alle ernst zu nehmen, zu gew<strong>in</strong>nen und sie e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Veränderungsprozess, ist notwendig, aber aus eigener<br />
Kraft nicht immer zu schaffen. E<strong>in</strong> für solche Unterstützungsprozesse<br />
qualifizierter Fachmann, der nicht <strong>in</strong> das Beziehungsgeflecht<br />
der Schule e<strong>in</strong>gebunden ist, hat oft überraschend gute<br />
Chancen. Voraussetzung ist allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e grundsätzliche Bereitschaft<br />
e<strong>in</strong>er größeren Gruppe des Lehrerkollegiums, Veränderungen<br />
aktiv anzustreben, egal, ob diese auf e<strong>in</strong>em begrenzten<br />
Gebiet, z. B. dem Unterricht, stattf<strong>in</strong>den sollen oder das Gesamtsystem<br />
der jeweiligen Schule berühren (vgl. Kapitel 2). E<strong>in</strong>e<br />
solche Unterstützung ist an den Bedürfnissen der Schule ausgerichtet,<br />
von Anfang an zeitlich term<strong>in</strong>iert und <strong>in</strong>haltlich def<strong>in</strong>iert.<br />
Sie hat stets das Ziel, Kompetenzen zu vermitteln und<br />
Ergebnisse zu erreichen, die die Schule <strong>in</strong> die Lage versetzen,<br />
eigenständig weiterzuarbeiten.<br />
5.2 Was kann externe Unterstützung von<br />
<strong>Schulentwicklung</strong> anbieten?<br />
Externe Unterstützung kann zum Beispiel<br />
➔ e<strong>in</strong>er Schule helfen, neue Perspektiven und Schwerpunkte<br />
zu f<strong>in</strong>den und ihr Profil zu def<strong>in</strong>ieren (z. B. <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />
Schulprogramms),<br />
➔ geme<strong>in</strong>sames Lernen im Kollegium unterstützen,<br />
➔ den längerfristigen pädagogischen Entwicklungsprozess<br />
e<strong>in</strong>er Schule systematisch beratend begleiten und damit<br />
effektiver machen,<br />
➔ helfen, <strong>in</strong>terne Probleme und Konflikte zu lösen und<br />
Energien für die Weiterentwicklung freizusetzen,<br />
➔ Anstöße geben, den Schulalltag zu reflektieren und zu<br />
evaluieren, und hierzu geeignete Verfahren bereitstellen,<br />
85<br />
Voraussetzungen<br />
und Ziele<br />
Angebote
Das folgende Prozessmodell<br />
verdeutlicht e<strong>in</strong>en möglichen<br />
Ablauf:<br />
Punktuelle Fortbildungsangebote<br />
Unterstützung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
➔ Schulleiter unterstützen, ihre Führungsrolle weiterzuentwickeln.<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
5.3 Welche Formen von externer Unterstützung<br />
s<strong>in</strong>d möglich?<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>sprozesse erfordern zweierlei: die geme<strong>in</strong>same<br />
Gestaltung von Veränderungen durch e<strong>in</strong>e Mobilisierung der im<br />
Kollegium vorhandenen Interessen und Ressourcen, aber auch<br />
die Erweiterung der personalen, kommunikativen, fachlichen,<br />
methodischen und sozialen Kompetenzen von Lehrkräften und<br />
Schulleitung. Grundsätzlich kann Unterstützung von außerhalb<br />
der Schule Folgendes umfassen:<br />
Sie bietet punktuelle bedarfsorientierte Fortbildungsangebote für<br />
alle Lehrkräfte e<strong>in</strong>er Schule oder für Teile des Kollegiums (z. B.<br />
für Steuergruppen oder Fachschaften), die der ersten Annäherung<br />
an <strong>Schulentwicklung</strong> oder der Kompetenzerweiterung<br />
dienen: Thematische Schwerpunkte s<strong>in</strong>d z. B. Methoden der<br />
86<br />
Prozessmodell externer Unterstützung<br />
FOLGEAKTIVITÄTEN<br />
Evaluation der durchgeführten<br />
Maßnahmen, ggf.<br />
Planung weiterer Schritte<br />
HANDLUNGSPHASE<br />
Umsetzung des Handlungsplans,<br />
Durchführung der<br />
beschlossenen Maßnahmen<br />
KONKRETISIERUNGSPHASE<br />
Sammlung von Ideen, Entwicklung<br />
von Handlungsstrategien, konkrete Pläne<br />
für die Umsetzung<br />
ENTWICKLUNG VON VERÄNDERUNGSZIELEN<br />
Formulierung von erreichbaren und kontrollierbaren<br />
Zielen, Gewichtung der Ziele nach Bedeutsamkeit,<br />
Festlegung der Reihenfolge des Vorgehens<br />
DIAGNOSEPHASE<br />
Ist-Analyse – Erhebung der Stärken und Schwächen, E<strong>in</strong>igung<br />
auf Schwerpunkte für Veränderungen und Weiterentwicklungen<br />
(Ausbau der Stärken und Abbau der Schwächen)<br />
ENTSCHEIDUNGS- UND KONTAKTPHASE<br />
Klärung der Ziele des Kollegiums, Treffen von<br />
Vere<strong>in</strong>barungen und Regelungen, E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er<br />
Steuergruppe o. Ä.<br />
VORBEREITUNGS- UND KONTAKTPHASE<br />
Klären der Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e<br />
Beratung (Thematik, Dr<strong>in</strong>glichkeit etc.) sowie Prüfen<br />
der Eignung des Beraters<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
➔<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Unterstützung<br />
Freiarbeit, Projektunterricht, Lernen durch Lehren, Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g der<br />
Sozialkompetenz bei Schülern, Moderationsmethoden, Streitschlichtung<br />
usw.<br />
Sie be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>e längerfristige Begleitung von Schulen bei der<br />
E<strong>in</strong>führung von Innovationen <strong>in</strong> Teilbereichen. Hierbei kann die<br />
externe Unterstützung sowohl e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensives und handlungsorientiertes<br />
Fortbildungsprogramm (z. B. Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, soziales<br />
Kompetenztra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Ausbildung von Streitschlichtern, Evaluation<br />
von Unterricht) umfassen als auch die Unterstützung der<br />
Schule bei der praktischen Umsetzung im Schulalltag.<br />
Durch externe <strong>Schulentwicklung</strong>sberater erfolgt e<strong>in</strong>e längerfristige<br />
Beratung und Begleitung des <strong>in</strong>dividuellen <strong>Schulentwicklung</strong>sprozesses.<br />
Dabei helfen die Prozessberater der Schule bei der<br />
Entwicklung neuer Perspektiven, bei der Weiterentwicklung der<br />
Kommunikation und Kooperation, bei Konfliktlösung usw.<br />
durch Moderation, Mediation, Supervision und Evaluation. Andere<br />
Experten s<strong>in</strong>d für <strong>in</strong>haltliche Fragen (z. B. Unterrichtsmethoden,<br />
Methodentra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Umsetzung des Lehrplans, Fragen<br />
der Leistungserhebung) zuständig.<br />
Supervision und <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Was ist Supervision?<br />
Supervision ist e<strong>in</strong>e berufsbezogene<br />
Reflexion und Beratung,<br />
die dazu dient, konkrete Fragestellungen,<br />
Probleme und Herausforderungen<br />
geme<strong>in</strong>sam mit<br />
Hilfe e<strong>in</strong>es Supervisors zu lösen.<br />
Supervision dient der Qualitätssicherung<br />
und hat nichts zu tun<br />
mit Therapie.<br />
Was kennzeichnet Supervision?<br />
1. Supervision ist konkret und<br />
personbezogen,<br />
2. sie nutzt das kreative Potenzial<br />
der Gruppe,<br />
3. bietet Alternativen an<br />
und lässt die Entscheidung beim<br />
Supervisanden.<br />
Formen der Supervision zur<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>:<br />
➔ E<strong>in</strong>zelsupervision (Coach<strong>in</strong>g)<br />
von Schulleitern und -aufsicht<br />
➔ Team-Supervision <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Kollegium oder <strong>in</strong> Teilen<br />
des Kollegiums<br />
➔ Organisationsentwicklung<br />
zur Bearbeitung von Themen und<br />
Konflikten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Schule<br />
Beispiel e<strong>in</strong>er Supervision im<br />
Kollegium:<br />
E<strong>in</strong> Kollegium bearbeitet mit<br />
Hilfe e<strong>in</strong>es Supervisors die konkreten<br />
Schwierigkeiten mit<br />
Eltern, die sich beschwert haben,<br />
dass ihre K<strong>in</strong>der von Mitschülern<br />
an der Schule »gemobbt« werden.<br />
In der Supervision reflektieren<br />
die Lehrkräfte die Situation aus<br />
ihrer eigenen Sicht, wechseln<br />
die Perspektive, d. h. sie fühlen<br />
sich <strong>in</strong> die Situation der betroffenen<br />
Schüler und der Eltern<br />
e<strong>in</strong>. Aus diesen Erfahrungen<br />
heraus erkennen sie die Zusam-<br />
Sie unterstützt die Vernetzung mit anderen Schulen, die e<strong>in</strong><br />
ähnliches <strong>Schulentwicklung</strong>sprojekt durchführen. Ziel ist, dass<br />
nicht jede Schule »das Rad neu erf<strong>in</strong>det«, sondern dass Schulen<br />
vone<strong>in</strong>ander lernen, Gelungenes übernehmen, aber auch aus<br />
den Erfahrungen und Problemen der anderen Konsequenzen<br />
ziehen.<br />
menhänge der Problematik und<br />
entwickeln daraus geme<strong>in</strong>sam<br />
Lösungsmöglichkeiten, dem<br />
Mobb<strong>in</strong>g unter den Schülern<br />
vorzubeugen und bei Mobb<strong>in</strong>g<br />
konsequent zu handeln. Sie<br />
beschließen, die Eltern aktiv <strong>in</strong><br />
die Lösung e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />
Außerdem wird von Mobb<strong>in</strong>g<br />
betroffenen Schülern e<strong>in</strong><br />
Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g zur Förderung der<br />
Selbstsicherheit angeboten, das<br />
<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der<br />
Aktion Jugendschutz durchgeführt<br />
wird.<br />
87<br />
Längerfristige<br />
Begleitung<br />
Prozessberatung und<br />
-begleitung<br />
Vernetzung
Seit mehr als zwei Jahren wird<br />
im Bereich der Schulen für Erziehungshilfe<br />
e<strong>in</strong> Modell erprobt<br />
und mit durch externe Evaluation<br />
nachgewiesenem Erfolg praktiziert:<br />
»Interne <strong>Schulentwicklung</strong><br />
durch externe Beratung« (ISEB)<br />
Dieses Modell, das ermöglicht<br />
wurde durch das Staatsm<strong>in</strong>isterium<br />
für Unterricht und Kultus,<br />
das Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik<br />
und Bildungsforschung,<br />
die Akademie für Lehrer-<br />
Unterstützung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Moderation von <strong>Schulentwicklung</strong>sprozessen – am Beispiel ISEB<br />
Freiwilligkeit<br />
Unabhängigkeit<br />
fortbildung und Personalführung<br />
und den Verband deutscher Sonderschullehrer<br />
(VdS), ist<br />
➔ e<strong>in</strong> freiwilliges Angebot an<br />
Förderschulen und Förderzentren,<br />
➔ e<strong>in</strong> von den Schulen selbst gesteuerter<br />
Entwicklungsprozess,<br />
➔ e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terner, von Vertraulichkeit<br />
gekennzeichneter Kommunikationsprozess,<br />
➔ professionell begleitet durch<br />
e<strong>in</strong> Beratertandem, bestehend<br />
aus e<strong>in</strong>em Schulpsychologen<br />
Schulen nehmen Unterstützung und Hilfestellung gern an, wenn<br />
sie es selbst wünschen. Ausgangspunkt für e<strong>in</strong>e Unterstützung<br />
von außen ist dann die Initiative e<strong>in</strong>er Schule, die Entscheidung<br />
e<strong>in</strong>es Kollegiums. Impulse und Anregungen zu e<strong>in</strong>em solchen<br />
Schritt kommen auch von der Schulaufsicht. Schulen akzeptieren<br />
externe Unterstützung <strong>in</strong>sbesondere dann, wenn sie freiwillig,<br />
unabhängig, vertraulich und professionell ist. Dies ist umso<br />
bedeutsamer, je längerfristiger und <strong>in</strong>tensiver die Zusammenarbeit<br />
mit den externen Beratern und Unterstützern ist und je<br />
<strong>in</strong>tensiver der Entwicklungsprozess begleitet wird. Nicht selten<br />
s<strong>in</strong>d die Kollegen überrascht, welche Freiräume für Veränderungen<br />
<strong>in</strong>nerhalb des rechtlichen Rahmens durch externe Beratung<br />
erschlossen werden können.<br />
Freiwilligkeit ist gegeben, wenn ...<br />
➔ sich die Schule die Experten selbst wählen kann (Zusammenstellungen<br />
von Ansprechpartnern entstehen <strong>in</strong> Zusammenhang<br />
mit den e<strong>in</strong>zelnen Regionalkongressen, auch die <strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren<br />
können weiterhelfen),<br />
➔ sich die externe Unterstützung im Rahmen der rechtlichen<br />
Vorgaben und Richtl<strong>in</strong>ien an den Bedürfnissen und Zielen der<br />
Schule orientiert,<br />
➔ ke<strong>in</strong> Zwang für Schule und Berater besteht, die Unterstützung<br />
entgegen dem eigenen Wunsch weiterzuführen.<br />
Unabhängigkeit ist gegeben, wenn ...<br />
➔ sich externe Unterstützer am Beratungsauftrag orientieren<br />
und ke<strong>in</strong>e eigenen Ziele e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen,<br />
➔ sie bei Konflikten Klärung anstreben, statt Druck <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte Richtung zu machen,<br />
➔ sie sich nicht mit Teilen des Kollegiums solidarisieren (z. B.<br />
mit den »Fortschrittlichen« gegen die »Unbeweglichen«).<br />
88<br />
bzw. Supervisor (Beratungskompetenz)<br />
und e<strong>in</strong>em Sonderschullehrer<br />
(Feldkompetenz).<br />
Die Rolle der externen Beratertandems<br />
be<strong>in</strong>haltet die Moderation<br />
von Sitzungen, die Beratung<br />
der Schulleitungen, die Arbeit<br />
mit der Steuergruppe (wenn<br />
e<strong>in</strong>gerichtet) sowie die Zusammenarbeit<br />
mit der Schulaufsicht<br />
zur Unterstützung der Schule.<br />
5.4 Woran erkennt man qualifizierte<br />
Unterstützung?<br />
<strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong> Unterstützung<br />
Vertraulichkeit ist gegeben, wenn ...<br />
➔ die Unterstützung am Vertrauensverhältnis zum Kollegium<br />
orientiert ist und Vertraulichkeit im Beratungsvertrag zugesichert<br />
wird,<br />
➔ Störungen im Vertrauensverhältnis und Zweifel an der<br />
E<strong>in</strong>haltung der Vertraulichkeit ernst genommen und umgehend<br />
geklärt werden,<br />
➔ klare Vere<strong>in</strong>barungen für den Fall getroffen werden, dass<br />
Dritte, d. h. weitere Personen von außerhalb der Schule, e<strong>in</strong>bezogen<br />
werden.<br />
Professionalität ist gegeben, wenn ...<br />
➔ die Berater hohes Fach- und Methodenwissen besitzen,<br />
➔ sie die Möglichkeiten und Grenzen ihrer Unterstützungskompetenz<br />
kennen und offen legen,<br />
➔ sie die Rolle als Unterstützer und Berater wahren, wertschätzend<br />
mit dem Kollegium umgehen und nicht mit der Schulleitung<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Führungskonflikt kommen,<br />
➔ sie die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen mit der Schule klären und<br />
e<strong>in</strong>halten (z. B. Zeitdauer der Unterstützung, Bed<strong>in</strong>gungen für<br />
den Abbruch der Unterstützung).<br />
5.5 Konkrete Unterstützungsmöglichkeiten<br />
Die Stiftung »Bildungspakt <strong>Bayern</strong>« fördert modellhafte Projekte<br />
zur <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong> unter besonderer Berücksichtigung<br />
der neuen Informations- und Kommunikationstechniken.<br />
Die Modelle werden über e<strong>in</strong> Stiftungsnetz allen <strong>in</strong>teressierten<br />
Schulen zugänglich gemacht. Der <strong>Schulentwicklung</strong>spreis<br />
i.s.i. wird jährlich von der Stiftung »Bildungspakt<br />
<strong>Bayern</strong>« an die Schulen vergeben, die e<strong>in</strong> rundum überzeugendes<br />
Schulprofil vorstellen und vorzügliche <strong>Schulentwicklung</strong>sarbeit<br />
leisten. Diese Schulen werden von e<strong>in</strong>er Jury prämiert und<br />
mit dem Bildungspakt-Siegel zertifiziert.<br />
Aktionen zur <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong>, wie Pädagogische<br />
Tage, können im Rahmen der schul<strong>in</strong>ternen Lehrerfortbildung<br />
f<strong>in</strong>anziell unterstützt werden. Anträge s<strong>in</strong>d über die dienstvorgesetzten<br />
Stellen e<strong>in</strong>zureichen. Inzwischen fördern auch Schulträger<br />
die Entwicklung ihrer Schulen.<br />
Relevante Informationen s<strong>in</strong>d über das »<strong>Schulentwicklung</strong>sportal«<br />
des Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isteriums für Unterricht und<br />
Kultus abrufbar (www.km.bayern.de/schulentwicklung).<br />
Für Informationen und Kontakte h<strong>in</strong>sichtlich der konkreten<br />
Möglichkeiten der Vernetzung und Unterstützung <strong>in</strong> den<br />
Regionen s<strong>in</strong>d die <strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren die besten<br />
89<br />
Vertraulichkeit<br />
Professionalität<br />
Stiftung<br />
»Bildungspakt<br />
<strong>Bayern</strong>«<br />
<strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren
Zentrale und regionale<br />
Ansprechpartner<br />
Literaturh<strong>in</strong>weise<br />
L<strong>in</strong>ks<br />
Unterstützung <strong>Innere</strong> <strong>Schulentwicklung</strong><br />
Ansprechpartner. Diese <strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren s<strong>in</strong>d<br />
➔ im Volks-, Förder- und Berufsschulbereich Mitarbeiter bei<br />
der Schulabteilung der Bezirksregierung,<br />
➔ im Gymnasial-, Realschul- und Fachoberschul-/Berufsoberschulbereich<br />
Mitarbeiter bei den jeweiligen M<strong>in</strong>isterialbeauftragten.<br />
Zentrale und regionale Ansprechpartner s<strong>in</strong>d außerdem:<br />
➔ Staats<strong>in</strong>stitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung<br />
(ISB), www.isb.bayern.de<br />
➔ Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung <strong>in</strong><br />
Dill<strong>in</strong>gen (ALP), www.alp.dill<strong>in</strong>gen.de<br />
➔ Staatliche Schulberatungsstellen, www.schulberatung.bayern.de<br />
➔ Pädagogisches Institut, München, www.pi.mus<strong>in</strong>.de<br />
➔ Pädagogisches Institut der Stadt Nürnberg, www.kubiss.de/pi<br />
In verschiedenen Regionen haben sich – auch <strong>in</strong> Zusammenhang<br />
mit den Regionalkongressen – Netzwerke gebildet. Weitere<br />
Unterstützungsmöglichkeiten bieten die Universitäten, die entsprechende<br />
Netze aufbauen. Diese zielen vor allem darauf, Schulen,<br />
die sich auf den Weg machen, den Austausch mit anderen<br />
<strong>in</strong>novativen Schulen zu ermöglichen. Beispielhaft seien genannt:<br />
Forum Eltern Lehrer Schüler (FELS) <strong>in</strong> Würzburg und das<br />
Schulische Innovationsnetzwerk Nordbayern (SINN) und das<br />
Regionale Netzwerk Oberpfalz (RENIS). L<strong>in</strong>ks zu diesen und<br />
weiteren Netzwerken f<strong>in</strong>den sich im <strong>Schulentwicklung</strong>sportal.<br />
Daneben gibt es unabhängig vom staatlichen Schulwesen<br />
Vere<strong>in</strong>e, Verbände, Unternehmensberatungen, Organisationsberater,<br />
Tra<strong>in</strong>er, Supervisoren etc., die den Schulen ihre Dienste<br />
anbieten. Es liegt im Ermessen der Schule, <strong>in</strong>wieweit solche<br />
Angebote wahrgenommen werden. Nähere Informationen s<strong>in</strong>d<br />
bei den <strong>Schulentwicklung</strong>skoord<strong>in</strong>atoren zu erfahren.<br />
Interne <strong>Schulentwicklung</strong> durch externe Beratung, hrsg. vom Staats<strong>in</strong>stitut für<br />
Schulpädagogik und Bildungsforschung. Tagungsbericht zum Projekt. München 2001<br />
www.km.bayern.de/schulentwicklung (<strong>Schulentwicklung</strong>sportal des<br />
Staatsm<strong>in</strong>isteriums)<br />
www.bildungspakt-bayern.de (Stiftung Bildungspakt <strong>Bayern</strong>)<br />
90<br />
1.<br />
E<strong>in</strong>e stärkere Flexibilisierung bei der Gestaltung der Stundentafel<br />
verschafft gestalterische Freiräume.<br />
2. Schulen, die bei der Auswahl ihrer Lehrkräfte mitwirken, können<br />
leichter ihr Profil entwickeln.<br />
3. Im Vordergrund der <strong>in</strong>neren <strong>Schulentwicklung</strong> steht die Steigerung<br />
der Unterrichtsqualität.<br />
4. Die Lehrerfortbildung soll zielgenauer auf die Bedürfnisse der<br />
e<strong>in</strong>zelnen Schule ausgerichtet werden; nur so können die Schulen<br />
e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Profil entwickeln.<br />
5. Das Schulforum, e<strong>in</strong> gewähltes Team aus allen am Schulleben<br />
beteiligten Gruppen, bietet zahlreiche Möglichkeiten, dem Schulleben<br />
wesentliche Impulse zu geben; es soll <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Funktion gestärkt<br />
werden.<br />
6. E<strong>in</strong> Schulprogramm, an dem Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, Eltern<br />
und Lehrkräfte mitarbeiten, fixiert den pädagogischen Konsens e<strong>in</strong>er<br />
Schule schriftlich und schafft die Grundlage für jegliche<br />
Weiterentwicklung.<br />
7.<br />
12 Augsburger Thesen<br />
zur <strong>in</strong>neren<br />
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
Für den Augsburger Bildungskongress<br />
»Schul<strong>in</strong>novation 2000 – Schulen auf dem Weg«<br />
im April 2000 formulierte die Kultusm<strong>in</strong>ister<strong>in</strong><br />
Monika Hohlmeier 12 Thesen. Sie s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong>e Richtschnur des bildungspolitischen<br />
Handelns <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>.<br />
Schulen sollen sich gegenüber ihrem Umfeld mehr öffnen.<br />
8. E<strong>in</strong>e erweiterte Methodenkompetenz der Lehrkräfte bildet die<br />
Grundlage für e<strong>in</strong>en qualitätvollen und modernen Unterricht.<br />
9. Unterrichtsgestaltung und Leistungserhebungen sollen Nachhaltigkeit<br />
und vernetztes Denken <strong>in</strong> den Vordergrund rücken.<br />
10. Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer sollen sich nicht als E<strong>in</strong>zelkämpfer, sondern<br />
als Mitglieder e<strong>in</strong>es leistungsfähigen pädagogischen Teams erleben.<br />
11. Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollen mehr als bisher eigenverantwortliches<br />
Arbeiten lernen.<br />
12. Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollen zu ihrer Verantwortung für die<br />
eigene Schule stehen und sie aktiv wahrnehmen.
<strong>Schulentwicklung</strong><br />
braucht große Gedanken,<br />
kle<strong>in</strong>e Schritte<br />
und e<strong>in</strong>en langen Atem.<br />
Hartmut von Hentig<br />
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