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BASTIAN BAKER - Finanz Und Wirtschaft

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| STYLE |<br />

Der aus Neonröhren gebildete Slogan von Claude<br />

Levêque steht im Kontrast zur zarten, zittrigen<br />

Handschrift, die der verstorbenen Mutter des<br />

Künstlers gehörte. Levêque hatte Frankreich 2009<br />

an der Biennale von Venedig vertreten. Daneben<br />

eine schwimmende Katze mit ratlosem Gesichtsausdruck.<br />

Das Tier nimmt in Alain Séchas Parodie<br />

der Gesellschaft eine Schlüsselrolle ein.<br />

Enkel beobachten können, wenn sie mit<br />

dem Boot auf dem See unterwegs sind.<br />

In dem grossen, weissen Raum stehen<br />

neben einem weissen Sofa unzählige<br />

Bücher und Kunstwerke in allen Formen<br />

und Farben. Durch ihre ironischen,<br />

spöttischen Botschaften nehmen sie indirekt<br />

Bezug zueinander. Eine Lichtinstallation<br />

von Claude Levêque springt durch<br />

ihr unmissverständliches «mon cul, ma<br />

vie, mes couilles» (mein Arsch, mein Leben,<br />

meine Eier) ins Auge, daneben steht<br />

eine katzenförmige Skulptur von Alain<br />

Séchas, die mit Flossen und Rettungsring<br />

bestückt wurde. Ob sich die beiden französischen<br />

Künstler wohl von ihrem Namen<br />

haben inspirieren lassen? Bei Séchas<br />

(phonetisch für ses chats – seine Katzen)<br />

sind Katzen omnipräsent und Lêveque<br />

(êveque heisst Bischof ) ist bekannt für<br />

seine systemkritische, respektlose Einstellung.<br />

Eine auf Leinwand gedruckte<br />

Aufnahme aus dem Jahr 1989 zeigt eine<br />

90 | <strong>Finanz</strong> und <strong>Wirtschaft</strong> LUXE<br />

gemeinsame Performance des russischbulgarischen<br />

Künstlers Oroschakoff und<br />

des Schweizer Schauspielers und Regisseurs<br />

Robert Hunger-Bühler.<br />

Oroschakoff hinterfragt mit seinen Installationen,<br />

Performances und Videos<br />

die Beziehungen zwischen der Kunst<br />

des Westens und des Ostens. Er ist ein<br />

enger Freund von Marietta, die er während<br />

ihres Pharmaziestudiums in Wien<br />

kennengelernt hatte und die von ihrer<br />

Mutter später eine der ältesten Apotheken<br />

Deutschlands erbte, bevor sie in die<br />

Forschung ging. Diese Begegnung sollte<br />

für ihre Kunstleidenschaft entscheidend<br />

sein. Seither hatte sie zu vielen Künstlern<br />

Kontakt, hat sie unterstützt und mit grossen<br />

Namen der internationalen Kunstszene<br />

Bekanntschaft geschlossen, wie<br />

1982 mit Andy Warhol.<br />

Marietta ist eine engagierte Frau. Neben<br />

ihrer Tätigkeit als Kommunikationsleiterin<br />

der neun Marken der Shiseido-Gruppe<br />

sitzt sie im Ausschuss der<br />

Freunde des Genfer Museums für moderne<br />

und zeitgenössische Kunst. Bei unserem<br />

Treff en ist sie gerade intensiv mit der<br />

bevorstehenden Vernissage der Ausstellung<br />

«Art & Beauty» beschäftigt, für die<br />

Plakate und Objekte aus der 140-jährigen<br />

Geschichte von Shiseido von Tokio nach<br />

Genf gebracht wurden. «Es ist kompliziert,<br />

aber sehr aufregend. Diese Objekte<br />

haben nämlich Japan noch nie zuvor verlassen.<br />

Es ist eine schöne Premiere», erklärt<br />

sie voller Begeisterung.<br />

BASTION DER EINFACHHEIT<br />

Die vielbeschäftigte Frau Budiner – sie<br />

hat ihren Mädchennamen stets behalten<br />

– kommt trotz ihres vollen Terminkalenders<br />

nicht ohne ihren Blackberry aus, mit<br />

dem sie eine fast symbiotische Beziehung<br />

verbindet. Herr Dutertre hingegen will<br />

sich nicht von Kommunikationsgadgets<br />

vereinnahmen lassen. Er schaue zu Hause<br />

nur einmal pro Tag auf sein iPad, nämlich<br />

abends, um die Verkaufsergebnisse von<br />

Nuxe zu überprüfen, die seit dem Joint<br />

Venture über 50% gestiegen sind.<br />

Ihr Privatleben schützen Marietta und<br />

Henri-Jack vor der Hektik der Aussenwelt.<br />

Es ist geprägt durch Einfachheit<br />

und gemeinsam verbrachte Zeit, die ihre<br />

Beziehung festigt. In ihren Ritualen vermischen<br />

sich die österreichische und die<br />

französische Kultur, der Kult des Neuen<br />

und der Respekt vor Gewohnheiten. Dazu<br />

gehören auch der obligate Marktbesuch<br />

am Samstagmorgen und die Lektüre der<br />

Tageszeitungen und Zeitschriften in allen<br />

möglichen Sprachen.<br />

Im Tagesbereich im oberen Stock sind Weiss und kräftige<br />

Farben tonangebend. Im Schlafzimmer hingegen<br />

liegt der Schwerpunkt auf Beige- und Brauntönen,<br />

die von ein paar schwarzen Elementen durchbrochen<br />

werden. Über dem Bett sorgen bunte Federn aus Brasilien<br />

unter Glas für eine originelle Dekoration.<br />

Der Stuhl LC1 gehört zusammen mit der Liege LC4<br />

zu den repräsentativsten Möbeln von Le Corbusier.<br />

Er wurde 1928 entworfen und ist mit seinem<br />

minimalistischen Gestell aus Stahlrohren und der<br />

beweglichen Rückenlehne von den Stühlen der englischen<br />

Offi ziere inspiriert. An der Wand hängt eine<br />

Zeichnung von Elga Heinzen. Die deutsche Malerin<br />

und Fotografi n befasst sich mit Falten aller Art – in<br />

Draperien, Stoff en, Haut und Landschaften.<br />

Als ehemaliger Rugbyspieler und aktiver<br />

Golfer verfolgt Henri-Jack das Sportgeschehen<br />

mit Interesse und vertieft sich<br />

deshalb wie jeder Franzose, der etwas auf<br />

sich hält, regelmässig in die Sportzeitung<br />

«L’Equipe». Im Schlafzimmer weist ein<br />

alter Degen auf die lange Militärtradition<br />

der Familie hin. Da Erbstück gehörte<br />

seinem Grossvater, der die renommierte<br />

Militärschule Saint-Cyr besuchte hatte.<br />

Seinem Vater wurde ein Orden verliehen,<br />

weil er während der deutschen<br />

Besatzungszeit in der französischen Widerstandsbewegung<br />

kämpfte und nach<br />

Mauthausen deportiert worden war.<br />

In der Wohnung laufen die Vorbereitungen<br />

für die morgige Geburtstagsfeier<br />

auf Hochtouren. Auf die Frage, über welches<br />

Geschenk er sich am meisten freuen<br />

würde, zögert Dutertre keine Sekunde. Er<br />

wünsche sich nichts mehr. «Ich brauche<br />

wirklich nichts. Je älter man wird, desto<br />

mehr gibt man sich mit dem zufrieden,<br />

was man hat», sagt er. Einen off enen<br />

Wunsch gäbe es genau genommen doch,<br />

aber den kann ihm niemand mehr erfüllen.<br />

Er bedauert, dass es ihm nie vergönnt<br />

war, Charles de Gaulle zu treff en. Der legendäre<br />

General pfl egte zu sagen: «Nehmen<br />

Sie immer die höchste Position ein,<br />

die ist in der Regel nicht so überfüllt.» |<br />

<strong>Finanz</strong> und <strong>Wirtschaft</strong> LUXE | 91

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