Download PDF (1.2 MB) - Schweizerischer Burgenverein
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3: Zeitgenössische Darstellung eines Steinmetzen<br />
und Baumeisters auf einem Schlussstein im<br />
Berner Münster.<br />
4: Satt gestrickte, rot gefärbte Schutzkappe, gefunden<br />
im Lettnergewölbe der Leonhardskirche Basel.<br />
5: Zimmermann beim Einrichten eines Werkstückes<br />
mit der eingeschwärzten Schnur 5 .<br />
6: Zimmerleute beim Schlichten eines aufgebockten<br />
Stammes. Dies ermöglichte ein präzises Einhalten der<br />
Schnur. Man beachte, wie der Baumeister auf die<br />
Schnur und das Schwärzfässlein hinweist, als wolle<br />
er die Gesellen zur Exaktheit mahnen 7 .<br />
neal und Winkel. Das Lineal dient<br />
zur Begradigung der Steinkante<br />
und diese wiederum dem Winkel<br />
als Anschlag. Die sauber geformten<br />
Steinquader sind elementare Voraussetzung<br />
eines statisch sicheren<br />
Bauens. Lineal und Winkel können<br />
damit Hilfsinstrumente in der Entwurfsphase<br />
sein wie in handfesterer<br />
Form Grundwerkzeuge des<br />
einfachen Steinhauers. Abgesehen<br />
von gewissen typologischen Unterschieden<br />
ist das Instrumentarium<br />
der Bauleute im Mittelalter 5 das<br />
gleiche geblieben wie in der Antike.<br />
Der Steinmetz – sofern er<br />
nicht zugleich als Baumeister oder<br />
Architekt fungierte – präsentiert<br />
sich als stolzer Berufsstand (Abb. 3<br />
und 4) 6 .<br />
Zusammenfassend darf festgehalten<br />
werden: Im Bau beherrscht die<br />
Schnur – wenn auch nicht immer<br />
direkt erkennbar – vom Entwurf bis<br />
zum einzelnen Stein die Denkweise<br />
und den Arbeitsgang aller Beteiligten.<br />
Am besten beleuchtet der<br />
Umstand, dass funem ducere «die<br />
Schnur führen» den Sinn von<br />
«befehlen, anordnen» gewinnen<br />
konnte und dass umgekehrt funem<br />
sequi «der Schnur folgen» die Bedeutung<br />
von «sich unterordnen,<br />
gehorchen» angenommen hat.<br />
2<br />
Die Axt im Haus erspart<br />
den Zimmermann<br />
Genau so wie oben sich die Ausdrücke<br />
funem ducere und funem sequi<br />
weiten, gewinnt auch der Begriff<br />
amussis – womit das Lineal des Zimmermanns<br />
gemeint war – über ad<br />
amussim die überhöhte Bedeutung<br />
von «regelrecht, fachgerecht» und<br />
«genau». Ohne näher auf den<br />
Profanbau einzugehen, wo Holzbau<br />
und Lehmfachwerk eine dominierende<br />
Rolle spielten, sei lediglich<br />
auf die verballhornte Redewendung<br />
«schlecht und recht» hingewiesen.<br />
Ursprünglich meinte sie<br />
die mit der Axt «geschlichteten»<br />
Balken und das «rechtwinklig»<br />
gefügte Holzgerüst des Zimmermanns.<br />
Die Abbildung 5 7 zeigt, wie der<br />
Zimmermann die Schnur über<br />
dem Werkstück ausspannt. Zuvor<br />
wurde sie im Schwärzkübel<br />
(Abb. 7) 8 mit Russ – selten mit Rötel<br />
– eingefärbt und straff über das<br />
Werkstück gespannt, dann angehoben.<br />
Herunterschnellend schlug sie<br />
sich als farbiger Strich nieder. Bildhaft<br />
übersetzt: Die Leine wird zur<br />
Linie. Davon leitet sich für übermütiges<br />
Benehmen die Redewendung<br />
«über die Schnur hauen» ab.<br />
Der rechte Winkel mit der Anschlagleiste<br />
gehört – wie gesagt –<br />
zusammen mit Schnur und Senkel<br />
genauso zum Instrumentarium des<br />
Zimmermanns wie zu jenem des<br />
Steinmetzen und Architekten.<br />
7: Frei umgezeichnetes Schwärzfässlein (vgl. Abb. 6). Mit einer Gabel wurde die Schnur in den Russ getaucht<br />
und durchgezogen 8 .